Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
15
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 29 VS 10/98
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 VS 25/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
rotz der Bindungswirkung, die die Feststellung der Höhe der MdE durch die Bundeswehrverwaltung auch für die Versorgungsverwaltung hat, ist diese nicht gehindert, die MdE wegen einer Änderung der Bewertungskriterien in den "Anhaltspunkten" herabzusetzen.
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.10.1998 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 03.11.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.02. 1996 abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist es streitbefangen, ob dem Kläger wegen einer bei ihm vorliegenden Sarkoidose weiterhin Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. gewährt werden kann.
Dem Kläger, der vom 01.04.1963 bis 30.09.1984 als Berufssoldat Dienst in der Bundeswehr geleistet hat, gewährte das Wehrbereichsgebührnisamt V mit Bescheid vom 13.08.1980 wegen einer "Sarkoidose" ab 01.04.1979 einen Ausgleich nach - damals - § 85 Abs.3 i.V.m. § 81 Abs.5 Satz 2 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) im Wege der Kannversorgung nach einer MdE um 40 v.H. ab 01.04. 1979 und 30 v.H. ab 01.05.1980. Den Versorgungsantrag vom 6./7.08.1984 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.02.1985 ab, weil eine Lungenfunktionsminderung nicht mehr nachweisbar und deshalb eine rentenberechtigende MdE von wenigstens 25. v.H. nicht mehr gegeben sei.
Am 19./23.10.1995 beantragte der Kläger erneut die Festsetzung einer MdE um 30 v.H ... Er begründete dies unter Bezugnahme auf Informationen in der Tagespresse über eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.05.1995 (9 RV 1/94) damit, dass der Beklagte an die durch das Wehrbereichsgebührnisamt getroffene Feststellung der MdE mit 30 v.H. gebunden und der Bescheid vom 13.02.1985 deshalb rechtswidrig gewesen sei. Mit Bescheid vom 03.11.1995 lehnte der Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 13.02.1985 nach § 44 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) ab, weil der Entscheidung des Bundessozialgerichts insoweit nicht gefolgt werde. Den Widerspruch des Klägers wies er mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.1996 zurück. Das hiergegen angerufene Sozialgericht München (Az.: S 30/V 40/96.SVG) ordnete mit Beschluss vom 27.09.1996 das Ruhen des Verfahrens an und führte dieses nach Ergehen des Urteils des Bundessozialgerichts am 02.07.1997 in der Streitsache 9 RV 21/95 wieder fort (S 29 VS 10/98). Der Beklagte hielt an der bisherigen Entscheidung fest und verwies auf die Nichtfeststellbarkeit einer Lungenfunktionsminderung. Der Kläger hat mit Nichtwissen bestritten, dass der Sarkoidose durch die Wehrverwaltung eine Lungenfunktionsminderung zugrunde gelegt worden sei.
Mit Urteil vom 28.10.1998 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Bescheid vom 13.02.1985 dahingehend abgeändert, dass die WDB-Folge mit einer MdE von 30 v.H. bewertet wird. In den Urteilsgründen hat es darauf abgestellt, dass § 88 Abs.3 Satz 1 SVG die Versorgungsverwaltung nur dann von einer Entscheidung der Wehrbereichsverwaltung abzuweichen berechtige, wenn die Voraussetzungen der §§ 44, 45 oder 48 SGB X gegeben seien. Dies habe die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergeben, die die richtige Auslegung des schon 1985 geltenden Rechts festgestellt habe. Eine Überprüfung des Bescheids vom 13.02.1985 im Rahmen des § 44 SGB X sei sohin eröffnet gewesen. Der Beklagte hätte damit nicht von der MdE-Festlegung des Bundeswehrbescheides vom 13.08.1980 abweichen dürfen, zumal bereits der frühere Bescheid weder klinische noch lungenphysiologische Symptome ausweise. Demgegenüber sei zum Bescheid vom 13.02.1985 durch einen Facharzt für Lungenkrankheiten festgestellt worden, dass keine Befundveränderung gegenüber den Verhältnissen nachzuweisen sei, die dem Prüfungsvermerk der Bundeswehrverwaltung vom 10. Juli 1980 zugrunde gelegen hätten. Mangels medizinischen Nachweises habe daher keine Möglichkeit bestanden, wegen einer Besserung der anerkannten Wehrdienstbeschädigung § 48 Abs.1 SGB X anzuwenden. Der Beklagte hätte daher beim Bescheid vom 13.02.1985 keine Möglichkeit gehabt, den MdE-Wert von 30 herabzusetzen. Damit sei der Klage aber in vollem Umfang stattzugeben.
Seine dagegen eingelegte Berufung hat der Beklagte im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 44 SGB X für eine positive Bescheiderteilung nicht vorgelegen hätten. Der Senat hat zunächst mit Schreiben vom 21.05.1999 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, dem jedoch vom Beklagten nicht zugestimmt worden ist. In der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2000 hat der Senat die Auffassung vertreten, die mittlerweile eingetretene Änderung der "Anhaltspunkte" stütze offenbar den angefochtenen Bescheid. Den Beteiligten wurde hierzu eine Schriftsatzfrist bis 01.03.2000 gewährt. Während sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 11.02.2000 dieser Auffassung angeschlossen hat, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15.03.2000 darauf hingewiesen, der Bescheid vom 13.02.1985 sei offenbar ohne Zusammenhang mit einer Änderung der "Anhaltspunkte" ergangen.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.10.1998 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 03.11.1995 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 15.02.1996 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.10.1998 zurückzu- weisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Beschädigtenversorgungsakte des Beklagten, die WDB-Akte der Wehrbereichsverwaltung sowie die Akten der vorangegangenen Streitverfahren vor dem Sozialgericht München. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den übrigen Inhalt dieser Akten und insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist nach § 88 Abs.7 SVG i.V.m. § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; ein Berufungsausschließungsgrund im Sinne der §§ 144 Abs.1 Satz 1 SGG liegt im Hinblick auf Satz 2 dieser Vorschrift nicht vor (jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.01.1993). Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG), damit insgesamt zulässig und erweist sich auch als begründet.
Nach § 44 Abs.1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Zehntes Buch - (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auch nach seiner Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Für die Beschädigtenversorgung im Sinne des SVG ist dabei nach § 88 Abs.3 SVG die bekanntgegebene Entscheidung einer Behörde der Verwaltung im Sinne des Abs.1 Satz 1 und 2 sowie die rechtskräftige Entscheidung eines Gerichts der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten des § 88 Abs.1 SVG über eine Wehrdienstbeschädigung oder über eine gesundheitliche Schädigung im Sinne der §§ 81a bis 81d SVG und den ursächlichen Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einem Tatbestand der §§ 81 bis 81d SVG sowie über das Vorliegen einer Gesundheitsstörung im Sinne des § 81 Abs.6 Satz 2 SVG für die Behörde der jeweils anderen Verwaltung verbindlich.
Eine nach § 88 Abs.1 Satz 2 SVG zuständige Behörde kann darüber hinaus von der Entscheidung einer anderen nach Abs.1 Satz 1 zuständigen Behörde oder einer rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichts der Sozialgerichtsbarkeit unter den Voraussetzungen des § 48 des SGB X abweichen (§ 88 Abs.3 Satz 3 SVG).
Maßgeblich ist es damit, ob der Bescheid vom 13.02.1985, mit dem der Beklagte eine "Sarkoidose Stadium I" anerkannt und mit einer MdE von unter 25 v.H. bewertet hat, zu Recht ergangen ist. Der Senat bejaht dies unter Hinweis auf die 1983 eingetretene Änderung der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AP). Zwar hat der Kläger - an sich zutreffend - vorgetragen, die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 02.07.1997 (Az.: 9 RV 21/95) stelle heraus, dass die Bindungswirkung des § 88 Abs.3 Satz 1 SVG sich auch auf die Höhe der von der Wehrbereichsverwaltung festgesetzten MdE beziehe und daher die Versorgung nach § 80 SVG nicht niedriger bemessen werden dürfe als die mit Bescheid vom 13.08.1980 erfolgte Ausgleichsversorgung nach § 85 SVG, demzufolge auch der Bescheid vom 13.02.1985 eine MdE von 30 v.H. hätte festsetzen müssen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann dies jedoch dann nicht gelten, wenn eine mittlerweile eingetretene Änderung der AP eine Neubewertung des Versorgungsanspruchs rechtfertigt. Eine Änderung der AP ist nämlich eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.03.1995, 1 BvR 60/95 in SozR 3-3870 Nr.6 zu § 3 SchwbG) und ermächtigt den Beklagten daher grundsätzlich, nach § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X den Verwaltungsakt der Wehrbereichsverwaltung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben/abzuändern.
Die zum Zeitpunkt der Entscheidung vom 13.08.1980 für das Versorgungswesen geltenden AP 1973 haben für die Bewertung einer Sarkoidose ohne wesentliche Organbeteiligung noch die Festsetzung einer MdE von 20 bis 40 v. H. vorgeschrieben (vgl. S.191), die AP 1983 hingegen sehen für diese Erkrankung bei Vergrößerung der thorakalen Lymphknoten ohne klinische Symptomatik und ohne Funktionseinschränkung nur noch eine MdE von 0 v.H. vor (vgl. dort S.66). Eine hierdurch bedingte Änderung hat sich auch nicht nach den AP 1996 ergeben, da sich hiernach der MdE-Grad bei Sarkoidose nach der Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und nach den Auswirkungen an den verschiedenen Organen ergibt (vgl. dort S.86). Beim Kläger hat jedoch ausweislich des versorgungsärztlichen Prüfvermerks von Dr ... vom 10.07.1980 und der versorgungsärztlichen Untersuchung von Dr.Dr ... vom 06.12.1984 weder vor dem Bescheid vom 13.08.1980 noch vor demjenigen vom 13.02.1985 wegen einer Lungenfunktionseinschränkung eine Behandlungsbedürftigkeit bestanden, sondern lediglich eine Vergrößerung der Hilus-Lymph- knoten. Ab Geltung der AP 1983 war damit jedenfalls die Festsetzung eines MdE-Grades in nicht rentenberechtigenden Ausmaß gerechtfertigt, wie dies durch den Beklagten auch zutreffend erfolgt ist. Dass der Beklagte im Bescheid vom 13.02.1985 die Rentenberechtigung deshalb verneint hat, "weil die Lungenfunktionsminderung nicht mehr gegeben ist", hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit seiner Bewertung. In den Schreiben vom 20.04.1998/11.02.2000 an das Sozialgericht München bzw. das Bayerische Landessozialgericht hat er darauf hingewiesen, dass aufgrund der erhobenen Befunde kein rentenberechtigender MdE-Grad mehr vorliege. Seiner Pflicht zum Hinweis auf den Regelungsinhalt des Bescheides vom 13.02.1985 hat er damit ausreichend Rechnung getragen und damit auch eine für den Kläger verständliche Begründung seines Bescheids vom 13.02.1985 gegeben. Ein mit diesem Verhalten etwa verbundenes "Nachschieben von Gründen" ist unschädlich (vgl. Meyer-Ladewig, Komm.z.SGG, 6. Aufl.,Rdnr.3 zu §§ 157, 35 zu § 54).
Weitere Voraussetzungen sind daher im Verhältnis zu § 44 SGB X nicht mehr zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf die § 183, 193 SGG sowie dem Umstand, dass das sozialgerichtliche Urteil auf die Berufung des Beklagten hin ersatzlos aufzuheben ist.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist es streitbefangen, ob dem Kläger wegen einer bei ihm vorliegenden Sarkoidose weiterhin Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. gewährt werden kann.
Dem Kläger, der vom 01.04.1963 bis 30.09.1984 als Berufssoldat Dienst in der Bundeswehr geleistet hat, gewährte das Wehrbereichsgebührnisamt V mit Bescheid vom 13.08.1980 wegen einer "Sarkoidose" ab 01.04.1979 einen Ausgleich nach - damals - § 85 Abs.3 i.V.m. § 81 Abs.5 Satz 2 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) im Wege der Kannversorgung nach einer MdE um 40 v.H. ab 01.04. 1979 und 30 v.H. ab 01.05.1980. Den Versorgungsantrag vom 6./7.08.1984 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.02.1985 ab, weil eine Lungenfunktionsminderung nicht mehr nachweisbar und deshalb eine rentenberechtigende MdE von wenigstens 25. v.H. nicht mehr gegeben sei.
Am 19./23.10.1995 beantragte der Kläger erneut die Festsetzung einer MdE um 30 v.H ... Er begründete dies unter Bezugnahme auf Informationen in der Tagespresse über eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.05.1995 (9 RV 1/94) damit, dass der Beklagte an die durch das Wehrbereichsgebührnisamt getroffene Feststellung der MdE mit 30 v.H. gebunden und der Bescheid vom 13.02.1985 deshalb rechtswidrig gewesen sei. Mit Bescheid vom 03.11.1995 lehnte der Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 13.02.1985 nach § 44 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) ab, weil der Entscheidung des Bundessozialgerichts insoweit nicht gefolgt werde. Den Widerspruch des Klägers wies er mit Widerspruchsbescheid vom 15.02.1996 zurück. Das hiergegen angerufene Sozialgericht München (Az.: S 30/V 40/96.SVG) ordnete mit Beschluss vom 27.09.1996 das Ruhen des Verfahrens an und führte dieses nach Ergehen des Urteils des Bundessozialgerichts am 02.07.1997 in der Streitsache 9 RV 21/95 wieder fort (S 29 VS 10/98). Der Beklagte hielt an der bisherigen Entscheidung fest und verwies auf die Nichtfeststellbarkeit einer Lungenfunktionsminderung. Der Kläger hat mit Nichtwissen bestritten, dass der Sarkoidose durch die Wehrverwaltung eine Lungenfunktionsminderung zugrunde gelegt worden sei.
Mit Urteil vom 28.10.1998 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Bescheid vom 13.02.1985 dahingehend abgeändert, dass die WDB-Folge mit einer MdE von 30 v.H. bewertet wird. In den Urteilsgründen hat es darauf abgestellt, dass § 88 Abs.3 Satz 1 SVG die Versorgungsverwaltung nur dann von einer Entscheidung der Wehrbereichsverwaltung abzuweichen berechtige, wenn die Voraussetzungen der §§ 44, 45 oder 48 SGB X gegeben seien. Dies habe die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergeben, die die richtige Auslegung des schon 1985 geltenden Rechts festgestellt habe. Eine Überprüfung des Bescheids vom 13.02.1985 im Rahmen des § 44 SGB X sei sohin eröffnet gewesen. Der Beklagte hätte damit nicht von der MdE-Festlegung des Bundeswehrbescheides vom 13.08.1980 abweichen dürfen, zumal bereits der frühere Bescheid weder klinische noch lungenphysiologische Symptome ausweise. Demgegenüber sei zum Bescheid vom 13.02.1985 durch einen Facharzt für Lungenkrankheiten festgestellt worden, dass keine Befundveränderung gegenüber den Verhältnissen nachzuweisen sei, die dem Prüfungsvermerk der Bundeswehrverwaltung vom 10. Juli 1980 zugrunde gelegen hätten. Mangels medizinischen Nachweises habe daher keine Möglichkeit bestanden, wegen einer Besserung der anerkannten Wehrdienstbeschädigung § 48 Abs.1 SGB X anzuwenden. Der Beklagte hätte daher beim Bescheid vom 13.02.1985 keine Möglichkeit gehabt, den MdE-Wert von 30 herabzusetzen. Damit sei der Klage aber in vollem Umfang stattzugeben.
Seine dagegen eingelegte Berufung hat der Beklagte im Wesentlichen damit begründet, dass die Voraussetzungen des § 44 SGB X für eine positive Bescheiderteilung nicht vorgelegen hätten. Der Senat hat zunächst mit Schreiben vom 21.05.1999 einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, dem jedoch vom Beklagten nicht zugestimmt worden ist. In der mündlichen Verhandlung vom 01.02.2000 hat der Senat die Auffassung vertreten, die mittlerweile eingetretene Änderung der "Anhaltspunkte" stütze offenbar den angefochtenen Bescheid. Den Beteiligten wurde hierzu eine Schriftsatzfrist bis 01.03.2000 gewährt. Während sich der Beklagte mit Schriftsatz vom 11.02.2000 dieser Auffassung angeschlossen hat, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 15.03.2000 darauf hingewiesen, der Bescheid vom 13.02.1985 sei offenbar ohne Zusammenhang mit einer Änderung der "Anhaltspunkte" ergangen.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.10.1998 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 03.11.1995 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 15.02.1996 abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 28.10.1998 zurückzu- weisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Beschädigtenversorgungsakte des Beklagten, die WDB-Akte der Wehrbereichsverwaltung sowie die Akten der vorangegangenen Streitverfahren vor dem Sozialgericht München. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den übrigen Inhalt dieser Akten und insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist nach § 88 Abs.7 SVG i.V.m. § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft; ein Berufungsausschließungsgrund im Sinne der §§ 144 Abs.1 Satz 1 SGG liegt im Hinblick auf Satz 2 dieser Vorschrift nicht vor (jeweils in der Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.01.1993). Das Rechtsmittel ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG), damit insgesamt zulässig und erweist sich auch als begründet.
Nach § 44 Abs.1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches - Zehntes Buch - (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auch nach seiner Unanfechtbarkeit mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass dieses Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.
Für die Beschädigtenversorgung im Sinne des SVG ist dabei nach § 88 Abs.3 SVG die bekanntgegebene Entscheidung einer Behörde der Verwaltung im Sinne des Abs.1 Satz 1 und 2 sowie die rechtskräftige Entscheidung eines Gerichts der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten des § 88 Abs.1 SVG über eine Wehrdienstbeschädigung oder über eine gesundheitliche Schädigung im Sinne der §§ 81a bis 81d SVG und den ursächlichen Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einem Tatbestand der §§ 81 bis 81d SVG sowie über das Vorliegen einer Gesundheitsstörung im Sinne des § 81 Abs.6 Satz 2 SVG für die Behörde der jeweils anderen Verwaltung verbindlich.
Eine nach § 88 Abs.1 Satz 2 SVG zuständige Behörde kann darüber hinaus von der Entscheidung einer anderen nach Abs.1 Satz 1 zuständigen Behörde oder einer rechtskräftigen Entscheidung eines Gerichts der Sozialgerichtsbarkeit unter den Voraussetzungen des § 48 des SGB X abweichen (§ 88 Abs.3 Satz 3 SVG).
Maßgeblich ist es damit, ob der Bescheid vom 13.02.1985, mit dem der Beklagte eine "Sarkoidose Stadium I" anerkannt und mit einer MdE von unter 25 v.H. bewertet hat, zu Recht ergangen ist. Der Senat bejaht dies unter Hinweis auf die 1983 eingetretene Änderung der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AP). Zwar hat der Kläger - an sich zutreffend - vorgetragen, die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 02.07.1997 (Az.: 9 RV 21/95) stelle heraus, dass die Bindungswirkung des § 88 Abs.3 Satz 1 SVG sich auch auf die Höhe der von der Wehrbereichsverwaltung festgesetzten MdE beziehe und daher die Versorgung nach § 80 SVG nicht niedriger bemessen werden dürfe als die mit Bescheid vom 13.08.1980 erfolgte Ausgleichsversorgung nach § 85 SVG, demzufolge auch der Bescheid vom 13.02.1985 eine MdE von 30 v.H. hätte festsetzen müssen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts kann dies jedoch dann nicht gelten, wenn eine mittlerweile eingetretene Änderung der AP eine Neubewertung des Versorgungsanspruchs rechtfertigt. Eine Änderung der AP ist nämlich eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.03.1995, 1 BvR 60/95 in SozR 3-3870 Nr.6 zu § 3 SchwbG) und ermächtigt den Beklagten daher grundsätzlich, nach § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X den Verwaltungsakt der Wehrbereichsverwaltung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben/abzuändern.
Die zum Zeitpunkt der Entscheidung vom 13.08.1980 für das Versorgungswesen geltenden AP 1973 haben für die Bewertung einer Sarkoidose ohne wesentliche Organbeteiligung noch die Festsetzung einer MdE von 20 bis 40 v. H. vorgeschrieben (vgl. S.191), die AP 1983 hingegen sehen für diese Erkrankung bei Vergrößerung der thorakalen Lymphknoten ohne klinische Symptomatik und ohne Funktionseinschränkung nur noch eine MdE von 0 v.H. vor (vgl. dort S.66). Eine hierdurch bedingte Änderung hat sich auch nicht nach den AP 1996 ergeben, da sich hiernach der MdE-Grad bei Sarkoidose nach der Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und nach den Auswirkungen an den verschiedenen Organen ergibt (vgl. dort S.86). Beim Kläger hat jedoch ausweislich des versorgungsärztlichen Prüfvermerks von Dr ... vom 10.07.1980 und der versorgungsärztlichen Untersuchung von Dr.Dr ... vom 06.12.1984 weder vor dem Bescheid vom 13.08.1980 noch vor demjenigen vom 13.02.1985 wegen einer Lungenfunktionseinschränkung eine Behandlungsbedürftigkeit bestanden, sondern lediglich eine Vergrößerung der Hilus-Lymph- knoten. Ab Geltung der AP 1983 war damit jedenfalls die Festsetzung eines MdE-Grades in nicht rentenberechtigenden Ausmaß gerechtfertigt, wie dies durch den Beklagten auch zutreffend erfolgt ist. Dass der Beklagte im Bescheid vom 13.02.1985 die Rentenberechtigung deshalb verneint hat, "weil die Lungenfunktionsminderung nicht mehr gegeben ist", hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit seiner Bewertung. In den Schreiben vom 20.04.1998/11.02.2000 an das Sozialgericht München bzw. das Bayerische Landessozialgericht hat er darauf hingewiesen, dass aufgrund der erhobenen Befunde kein rentenberechtigender MdE-Grad mehr vorliege. Seiner Pflicht zum Hinweis auf den Regelungsinhalt des Bescheides vom 13.02.1985 hat er damit ausreichend Rechnung getragen und damit auch eine für den Kläger verständliche Begründung seines Bescheids vom 13.02.1985 gegeben. Ein mit diesem Verhalten etwa verbundenes "Nachschieben von Gründen" ist unschädlich (vgl. Meyer-Ladewig, Komm.z.SGG, 6. Aufl.,Rdnr.3 zu §§ 157, 35 zu § 54).
Weitere Voraussetzungen sind daher im Verhältnis zu § 44 SGB X nicht mehr zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf die § 183, 193 SGG sowie dem Umstand, dass das sozialgerichtliche Urteil auf die Berufung des Beklagten hin ersatzlos aufzuheben ist.
Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht.
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