L 11 KA 31/02

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 161/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 31/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.01.2002 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Klägerin zu gewährenden Honorars für die Quartale IV/1997, II/1998 bis IV/1998.

Die Klägerin ist Anästhesistin und in E zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Gegen die Quartalskonto/Abrechnungsbescheide für die Quartale IV/1997 sowie II/1998 bis IV/1998 legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie wandt sich gegen die "Budgetierung im grünen Bereich". Die Beklagte wies die Widersprüche mit Bescheid vom 26.10.1999 zurück.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin vorgetragen, der Bewertungsausschuss habe durch die Vereinbarung der Praxisbudgets den Rahmen seiner gesetzlichen Legitimation verlassen, indem er eine gravierende Systemkorrektur und eine weitreichende Mengenbegrenzung vorgenommen habe. Dies habe zur Folge, dass jeder Arzt nunmehr gezwungen sei, seine ärztliche Tätigkeit und seine Arztpraxis faktisch ohne Gegenleistung zur Verfügung zu stellen, wenn er die Mengenbegrenzung erreiche. Für solch gravierende Vergütungsveränderungen sei der Bewertungsausschuss nicht zuständig. Aus der sich aus § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V ergebenden Leistungsbezogenheit der ärztlichen Vergütung ergebe sich ebenfalls die Rechtswidrigkeit der Praxisbudgets. Im Übrigen werde durch die Einführung der Praxisbudgets in das Recht der freien Berufswahl eingegriffen, denn Vertragsärzte müssten dauerhaft unterhalb der Kostendeckung arbeiten. Im Übrigen verletze die Einführung der Praxisbudgets auch die Grundrechte aus Art. 14 und 3 GG. Aus wissenschaftlichen Untersuchungen ergebe sich letztlich, dass die Praxiskostensätze für mehrere Arztgruppen falsch seien.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, die Abrechnungsbescheide für die Quartale IV/1997, II/1998 bis IV/1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.1999 aufzuheben und sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die Ausführungen in ihren Bescheiden verwiesen.

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 09.01.2002 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es halte unter Beachtung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 08.03.2000 - B 6 KA 7/99 R) die Einführung von Praxis- und Zusatzbudgets für rechtmäßig. Soweit die Klägerin rüge, die Kostensätze seien für mehrere Arztgruppen falsch, fehle es an einem substantiierten Vortrag zu einer behaupteten Fehlerhaftigkeit des Kostensatzes für die Arztgruppe der Anästhesisten.

Mit ihrer Berufung trägt die Klägerin vor, bei den Anästhesisten sei vom Bewertungsausschuss bundesweit ein Kostensatz von 62,8 % zu Grunde gelegt worden; dieser Kostensatz sei jedoch nicht nur falsch, sondern basiere auf einer Datengrundlage, die nicht ausreichend sei. Es sei kein ausreichendes Datenmaterial zu Grunde gelegt worden; lediglich die KPMG-Studie mache für das Jahr 1994 Aussagen; es wurden jedoch nur bei 19 von insgesamt 1443 Anästhesisten Erhebungen vorgenommen. Nach statistischen Maßstäben hätten jedoch 228 Teilnehmer befragt werden müssen. Dieses Datenmaterial sei derart mangelhaft, dass es als Grundlage nicht herangezogen werden konnte. Nach der Entscheidung des BSG vom 17.05.2002 (B 6 KA 11/01 R) ist die Festsetzung der Kostensätze der gerichtlichen Kontrolle nicht entzogen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.01.2002 abzuändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 153 Abs. 2, 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Honorarbescheide sind nicht rechtwidrig. Die Anwendung der Bestimmungen über das Praxisbudget beschwert die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG.

Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil des SG Düsseldorf, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).

Der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 15. Mai 2002 (SozR 3-2500, § 87 Nr. 34) ausgeführt, bei den Bestimmungen des EBM handele es sich um - den Partner der gemeinsamen Selbstverwaltung zuzurechnende - Normsetzung durch Vertrag. Die gerichtliche Kontrolle erstrecke sich in verfahrensrechtlicher Hinsicht insbesondere darauf, ob der Bewertungsausschuss bei der Festlegung der Kostensätze für alle Arztgruppen nach denselben Maßstäben verfahren ist, und inhaltlich darauf, ob seine Festsetzung frei von Willkür ist, d. h., ob er sich in sachgerechter Weise an Berechnungen des bundesdurchschnittlichen arztgruppenbezogenen Kostensatzes des Jahres 1994 orientiert hat, vor allem, ob sich seine Festsetzung innerhalb des Spektrums der verschiedenen Erhebungsergebnisse hält. Der Ansicht, es liege insoweit die Feststellung von Tatsachen durch den Bewertungsausschuss vor, so dass kein Normsetzungs- bzw. Gestaltungsspielraum bestehe und die Richtigkeit der Kostenfeststellung gerichtlich voll zu überprüfen sei - notfalls mit Hilfe von Sachverständigengutachten - sei nicht zu folgen.

Unter Berücksichtigung dieser Rechtsansicht, der sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage anschließt - ist die Festsetzung des Kostensatzes für Anästhesisten durch den Bewertungsausschuss nicht zu beanstanden. Denn nach dem Vortrag der Klägerin erfolgte die Festsetzung des Kostensatzes mit 62,8 % allein auf der Basis des KPMG-Gutachtens. Es mag zwar zutreffend sein, dass dieser KPMG-Studie kein ausreichendes Datenmaterial zu Grunde lag, jedoch vermag der Senat kein beurteilungsfehlerhaftes Verhalten des Bewertungsausschusses festzustellen, wenn er die einzig vorhandenen Daten seiner Beurteilung zur Festlegung des Kostensatzes für Anästhesisten zu Grunde legt. Dies gilt im Besonderen deshalb, weil der auf Grund der einzigen Studie bekannte Kostensatz von 62,8 % im Vergleich der Kostensätze aller Arztgruppen dem Mittelwert entspricht. Diese auf einem sehr begrenzten Datenmaterial basierende Festsetzung des Kostensatzes für Anästhesisten mag den Bewertungsausschuss und auch die Beklagte zu einer verstärkten Beobachtung verpflichten, jedoch nicht mit der Folge, dass für die streitigen Quartale des Jahres 1997 und 1998 bereits eine Anpassung hätte erfolgen müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der Fassung bis zum 01.01.2001.

Die Voraussetzungen für die Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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