Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 39 RJ 142/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 RJ 96/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.04.2003 wird zurückgewiesen. Kosten der Klägerin werden auch im Berufungsverfahren nicht erstattet. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Altersruhegeld (ARG).
Die am 00.00.1927 geborene Klägerin ist jüdischer Abstammung und als Verfolgte i.S.d. § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) anerkannt. Beim Einmarsch der deutschen/rumänischen Truppen in D/ Bukowina besuchte die Klägerin die Schule. Sie wurde in das Ghetto D eingewiesen und im Oktober 1941 mit ihren Eltern über B/Bessarabien und N/Transnistrien nach A/ Transnistrien deportiert. Nach ihrer Befreiung Ende März 1944 hielt sie sich zunächst in Waisenhäusern in Rumänien auf und wanderte 1947/1948 über Zypern nach Israel aus.
Im Entschädigungsverfahren gab die Klägerin 1956 an, dass sie im Oktober 1941 aus dem Ghetto D nach dem Lager/Ghetto A bei T deportiert worden sei, in dem sie sich bis Ende März 1944 aufgehalten habe. Dort habe sie Zwangsarbeiten auf den Tabakfeldern verrichten müssen. Die Zeuginnen N C und T C bestätigten die Angaben der Klägerin. Im Feststellungsbescheid C aus 1963 wurde bei der Klägerin ein Schaden an Freiheit in der Zeit vom 01.08.1941 bis zum 18.03.1944 im Umfang von 31 Kalendermonaten festgestellt.
Im November 1998 beantragte die Kl. bei der Beklagten die Gewährung von ARG unter Anerkennung von Beitragszeiten im Ghetto. Sie gab an, sie habe von 1941 bis 1944 Feldarbeiten auf Tabakfeldern geleistet.
Von 1941 bis 1947 sei sie von den Deutschen verfolgt und zur Feldarbeit geschickt worden. Es seien ihr Geld, Kleider und Essen sowie ärztliche Behandlung versprochen worden, sie habe jedoch nichts bekommen. Nach Beiziehung der Entschädigungsakte des Amtes für Wiedergutmachung in Saarburg lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.1999 die Gewährung des ARG wegen Nichterfüllung der erforderlichen Wartezeit ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe keine anrechenbaren Versicherunszeiten zurückgelegt. Die Anerkennung der geltend gemachten Arbeitseinsätze von Oktober 1941 bis 18.03.1944 als Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten nach §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) werde abgelehnt. Die Voraussetzungen für die Anrechnung von Arbeitszeiten in einem Ghetto seien nicht erfüllt. Voraussetzung sei das Vorliegen eines aus freiem Willen aufgenommenen Beschäftigungsverhältnisses gegen Entgelt. Nach eigenen Angaben der Klägerin habe es sich bei der Beschäftigung im Ghetto um eine unentgeltliche schwere Zwangsarbeit auf den Tabakfeldern gehandelt. Damit seien die Kriterien für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht erfüllt.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte am 03.08.1999 als unbegründet zurück.
Im November 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung eines ARG unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Maßgabe des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) ab dem 01.07.1997. Bei der Beschäftigung im Ghetto habe es sich um eine Tätigkeit mit Entgeltleistungen gehandelt. Mit Bescheid vom 01.09.2003 lehnte die Beklagte den Antrag vom 07.11.2002 auf Bewilligung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Maßgabe des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto ab. Die Voraussetzungen für die Anwendung des ZRBG lägen nicht vor, weil nicht glaubhaft sei, dass die Klägerin eine Beschäftigung in einem Ghetto aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt ausgeübt habe. Im übrigen finde das ZRBG keine Anwendung für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto, welches sich auf dem Gebiet des Deutschen Reiches (Stand 31.12.1937) und eines mit dem ehemaligen Deutschen Reich verbündeten Staates befunden habe. Das Ghetto A habe sich in der Nähe des Ortes T in Transnistrien befunden, das zum damaligen Zeitpunkt Rumänien, einem mit dem ehemaligen Deutschen Reich verbündeten Staat, angegliedert gewesen sei.
Mit Schreiben vom 11.10.1999, adressiert an die Beklagte, hat die Klägerin Klage gegen den rentenablehnenden Bescheid erhoben. Sie hat vorgetragen, sie sei zur Aufnahme der Feldarbeit im Ghetto gezwungen worden. Sie habe kein Entgelt erhalten.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Entschädigungsakte der Klägerin beigezogen.
Mit Urteil vom 02.04.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Anerkennung der geltend gemachten Arbeitseinsätze von Oktober 1941 bis 18.03.1944 während des Aufenthaltes im Ghetto A als Beitrags-Beschäftigungszeiten nach §§ 15, 16 FRG habe die Beklagte zu Recht abgelehnt. Voraussetzung für die Anrechnung von Arbeitszeiten in einem Ghetto sei, dass es sich um ein aus freiem Willen aufgenommenes Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt handele. Zur Überzeugung der Kammer erfülle die Klägerin die Kriterien der freiwilligen Arbeitsaufnahme sowie der Entlohnung ihrer Tätigkeit nicht. Die durchgehenden Angaben der Klägerin im Renten- und Entschädigungsverfahren über den Zwang zur Arbeitsaufnahme, der Bewachung während der Feldarbeit und der fehlenden Entgeltzahlung spächen für das Vorliegen von Zwangsarbeit und gegen die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Wegen der nicht glaubhaft gemachten versicherungspflichtigen Beschäftigung im Ghetto gegen Entgelt fehle es an anrechenbaren (fiktiven) Beitragszeiten, so dass auch die Anrechnung von Ersatzzeiten nicht in Betracht komme. Ebenfalls stehe der Klägerin kein Anspruch auf Gewährung des ARG nach dem ZRBG zu. § 1 Abs. 1 ZRBG fordere für die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in einem Ghetto ebenfalls, dass die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen und sie gegen Entgelt ausgeübt worden sei. Diese Voraussetzung seien nach den eigenen Angaben der Klägerin nicht gegeben. Das Urteil wurde der Klägerin im Juli 2003 mit Einschreiben gegen Rückschein zugestellt.
Mit Schreiben vom 25.07.2003, eingegangen bei dem SG Düsseldorf am 13.08.2003, hat die Klägerin Berufung beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eingelegt. Sie verfolgt ihr Begehren weiter. Ergänzend trägt die Klägerin vor, Transuistrien sei von der deutschen Armee mit Hilfe von rumänischen Truppen erobert worden und anschließend vom Deutschen Reich besetzt worden. Es sei unklar, welches Entgelt die Juden in Transuistrien erhalten hätten. Dies könne jedoch nicht als Ablehnungsgrund verwendet werden.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.04.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.03.1999 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 03.08.1999 und des Bescheides vom 01.09.2003 zu verurteilen, ihr ARG unter Anerkennung von Beitragszeiten für die Zeit von Oktober 1941 bis 18.03.1944 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Sie ist der Auffassung, dass der Bescheid vom 01.09.2003 nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist.
Auf Aufforderung des Senates hat die Beklagte Auszüge aus der Encyclopaedia Judaica unter dem Stichwort "Transnistria" übersandt. Der Senat hat den Beteiligten Kopien aus Jäckel, Longerich, Schoeps, Encyclopädie des Holocaust (Stichwort "Transnistria" S. 1421 - 1425) übersandt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Entschädigungsakte des Amtes für Widergutmachung in Saarburg Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache in der Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden, §§ 110 Abs. 1 S. 2, 126 SGG. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat nach Unterrichtung über die anberaumte mündliche Verhandlung mitgeteilt, dass er nicht erscheinen wird.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 17.03.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.08.1999, in dem die Beklagte den Antrag der Klägerin aus 1998 auf Gewährung von ARG unter Berufung auf § 34 SGB VI i.V.m. §§ 15,16 FRG abgelehnt hat. Gegenstand des Verfahrens ist somit das Begehren der Klägerin auf Feststellung des Stammrechts auf ARG aus § 35 SGB VI, insbesondere unter Anerkennung einer Beitragszeit in der Zeit von Oktober 1941 - März 1944, sowie des monatlichen Zahlungsanspruches nach §§ 64, 110 ff SGB VI (BSG, Urteil vom 14.5.2003, B 4 RA 6/03R).
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung von ARG aus § 35 SGB VI wegen Nichterfüllung der Wartezeit abgelehnt.
Nach § 35 SGB VI hat eine Versicherte Anspruch auf ARG, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Die Versicherte muss zur Erfüllung der Wartezeit nach §§ 50,51 SGB VI 60 Kalendermonate mit anrechenbaren Zeiten - Beitrags- und/oder Ersatzzeiten - zurückgelegt haben. Beitragszeiten sind nach § 55 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Beitrags - und Beschäftigungszeiten nach § 15,16 FRG stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten i.S.v. § 55 SGB VI gleich.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Beitrags- oder Beschäftigungszeit nach §§ 15,16 FRG ist u.a. die Ausübung einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung durch die Versicherte. Nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des BSG zu den sog. "Ghettoarbeitszeiten" setzt die Annahme einer rentenversicherungsrechtlichen Beschäftigung auch unter Berücksichtigung der Zwangslage der Juden in Gebieten, auf die sich der nationalsozialistische Einflussbereich erstreckte, Grundelemente eines aus beidseitigen Willensentschluss begründeten Arbeitsverhältnisses voraus. Für die Abgrenzung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung von (nicht versicherter) Zwangsarbeit ist nicht entscheidend, welche Beweggründe jemanden zur Aufnahme einer Beschäftigung veranlasst haben. Ferner bleiben allgemeine sonstige Lebensumstände der Versicherten, die nicht die Arbeit und das Arbeitsentgelt als solche, sondern ihr häusliches, familiäres, wohn - und aufenthaltsbezogenes Umfeld betreffen, außer Betracht. Es muss ein aus eigenem Willensentschluss eingegangenes konkretes Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis sein, in dem tatsächlich einem Arbeitgeber geschuldete Arbeitsleistung erbracht und eine im Austausch den Umständen entsprechende angemessene Gegenleistung gewährt wurde (BSG, Urteil vom 14.7.1999, B 13 RJ 71/98 R, SozR 3-5070 §14 Nr.3; Urteil vom 14.7.1999, B 13 RJ 61/98 R, SozR 3-5070 §14 Nr.2; Urteil vom 21.4.1999, 5 RJ 66/95 SozR 3-2200 § 1248 Nr. 15). Nach § 4 FRG genügt für die Feststellung einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung, dass sie von der Versicherten glaubhaft gemacht ist. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist nicht glaubhaft, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum von Oktober 1941 bis 18.3.1944 eine Beschäftigung ausgeübt hat, die den Kriterien der Rechtssprechung des BSG zu den "Ghettoarbeitszeiten" entspricht. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts, die er sich nach Prüfung zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG). Insbesondere hat die Klägerin nach dem Hinweis des SG auf die Rechtsprechung des BSG zur Anerkennung von Ghettoarbeitszeiten als Beitragszeiten ihren Vortrag aufrechterhalten, dass sie zur Arbeitsaufnahme gezwungen worden sei und sie kein Entgelt erhalten habe. Auch aus den im Berufungsverfahren beigezogenen Unterlagen ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass die Tätigkeit auf den Tabakfeldern von der Klägerin aus eigenem Willensentschluss aufgenommen worden ist und sie ein Entgelt erhalten hat. Vielmehr wird der Vortrag der Klägerin bestätigt, dass ihr zwar ein Tageslohn versprochen worden ist, sie aber keine Bezahlung erhalten hat (Jäckel, Longerich, Schoeps, Enzyklopädie des Holocaust, Stichwort, Transnistrien).
Für Verfolgte, die nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden haben, ist weder eine rentenrechtliche Beitragsfiktion noch eine Entschädigungsleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehen (BSG, Urteil vom 14.7.1999, B 13 RJ 71/98 R, SozR 3-5070 § 14 Nr.3 ). Inwieweit der Klägerin wegen der im Lager/Ghetto Zakicha in den Jahren 1941 - 1944 geleisteten Arbeit wegen weiter oder verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden nach anderen Entschädigungsvorschriften eine Entschädigung zusteht, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Da keine anrechenbare Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten vorliegen, sind auch keine anrechenbare Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI gegeben. Denn eine Berücksichtigung von Ersatzzeiten kommt nur in Betracht, wenn die Klägerin als "Versicherte" anzusehen ist. Dies setzt voraus, dass die Klägerin einen Beitragsmonat zurückgelegt hat.
Der Bescheid vom 1.9.2003, in dem die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 7.11.2002 auf Bewilligung eines ARG unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG abgelehnt hat, ist zwar unmittelbar nach §§ 96 Abs. 1, 153 Abs. 1 SGG nicht Gegenstand des Berufungsverfahren geworden. Danach wird ein neuer Verwaltungsakte Gegenstand des Berufungsverfahren, wenn nach Berufungseinlegung der angefochtene Verwaltungsakt durch den neuen Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt wird. Dies ist der Fall, wenn in die Regelung, den Verfügungssatz, des angefochtenen Verwaltungsaktes eingegriffen und damit die Beschwer der Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (BSG, Urteil vom 20.11.2003, B 13 RJ 43/02 R m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der Bescheid vom 17.03.1999 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 03.08.1999 durch den Bescheid vom 01.09.2003 weder ersetzt noch geändert. Beide Verwaltungsakte betreffen zwar den Anspruch einer Versicherten auf ARG aus § 35 SGB VI, also eine identische Rentenart, sowie den aus dem Stammrecht folgenden monatlichen Zahlungsanspruch und die Beurteilung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes - Tätigkeit der Klägerin in der Zeit von Oktober 1941 bis März 1944 -, als versicherungsrechtliche Voraussetzung des Rentenanspruches, jedoch wird durch den Bescheid vom 01.09.2003 die Beschwer der Klägerin - Ablehnung der Gewährung eines ARG - nicht vermehrt. Vielmehr wird die im Bescheid vom 17.03.1999 getroffene Regelung nur dahingehend ergänzt, dass auch nach den Vorschriften des SGB VI i.V.m. den Vorschriften des ZRBG kein Anspruch auf ARG besteht. Der Bescheid vom 01.09.2003 ist jedoch in entsprechender Anwendung des § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Eine solche ist geboten, wenn der neue Bescheid den Prozessstoff des bereits anhängigen Rechtstreites beeinflussen bzw. berühren kann, also ein innerer Zusammenhang besteht und der Gesichtspunkt der Prozessökonomie die Einbeziehung des neuen Verwaltungsaktes rechtfertigt (BSG, Urteil vom 24.11.1978, 11 RA 9/8; SozR 1500 § 96 Nr. 13; Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7 Aufl. § 96 Rdnr.4). Ein inneren Zusammenhang ist vorliegend gegeben. Denn die Vorschriften des ZRBG sehen zumindest hinsichtlich der Bewertung von Beitragsmonaten und der Auslandszahlung eines ARG erleichterte Voraussetzungen für Anspruchsberechtigte vor und ergänzen insoweit die Vorschriften der §§ 64, 110ff SGB VI. In beiden Bescheiden hat die Beklagte den Anspruch auf Bewilligung von ARG mit der Begründung, dass die Tätigkeit der Klägerin in der Zeit von Oktober 1941 bis März 1944 keine Beitragszeit darstellt, abgelehnt. Da die in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZRBG aufgestellten Kriterien zur Anerkennung von Ghettoarbeitszeiten nach § 2 ZRBG den von der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Kriterien zur Anerkennung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto als rentenversicherungsrechtlichen Beschäftigungszeiten entsprechen (BT-Drucks. 14/8583 S.5), ist aus Gründen der Prozessökonomie geboten, den Bescheid vom 01.09.2003 in das Verfahren einzubeziehen.
Der Bescheid vom 01.09.2003 ist rechtmäßig.
Voraussetzung für die Anerkennung von Beitragszeiten nach dem ZRBG ist u.a. nach § 1 Abs. 1, S. 1 Nr. 1 ZRBG, dass die Verfolgte in einem Ghetto, in dem sie sich zwangsweise aufgehalten hat, eine Beschäftigung, die aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, gegen Entgelt ausgeübt hat. Eine Freiwilligkeit der Arbeitsaufnahme oder der Bezug eines Entgeltes ist vorliegend weder erwiesen noch glaubhaft gemacht worden. Deshalb kann dahinstehen, ob die Beklagte des weiteren zutreffend die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG - Aufenthalt in einem Ghetto, das in einem vom Deutschen Reich besetzten oder angegliederten Gebiet gelegen war verneint hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Altersruhegeld (ARG).
Die am 00.00.1927 geborene Klägerin ist jüdischer Abstammung und als Verfolgte i.S.d. § 1 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) anerkannt. Beim Einmarsch der deutschen/rumänischen Truppen in D/ Bukowina besuchte die Klägerin die Schule. Sie wurde in das Ghetto D eingewiesen und im Oktober 1941 mit ihren Eltern über B/Bessarabien und N/Transnistrien nach A/ Transnistrien deportiert. Nach ihrer Befreiung Ende März 1944 hielt sie sich zunächst in Waisenhäusern in Rumänien auf und wanderte 1947/1948 über Zypern nach Israel aus.
Im Entschädigungsverfahren gab die Klägerin 1956 an, dass sie im Oktober 1941 aus dem Ghetto D nach dem Lager/Ghetto A bei T deportiert worden sei, in dem sie sich bis Ende März 1944 aufgehalten habe. Dort habe sie Zwangsarbeiten auf den Tabakfeldern verrichten müssen. Die Zeuginnen N C und T C bestätigten die Angaben der Klägerin. Im Feststellungsbescheid C aus 1963 wurde bei der Klägerin ein Schaden an Freiheit in der Zeit vom 01.08.1941 bis zum 18.03.1944 im Umfang von 31 Kalendermonaten festgestellt.
Im November 1998 beantragte die Kl. bei der Beklagten die Gewährung von ARG unter Anerkennung von Beitragszeiten im Ghetto. Sie gab an, sie habe von 1941 bis 1944 Feldarbeiten auf Tabakfeldern geleistet.
Von 1941 bis 1947 sei sie von den Deutschen verfolgt und zur Feldarbeit geschickt worden. Es seien ihr Geld, Kleider und Essen sowie ärztliche Behandlung versprochen worden, sie habe jedoch nichts bekommen. Nach Beiziehung der Entschädigungsakte des Amtes für Wiedergutmachung in Saarburg lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17.03.1999 die Gewährung des ARG wegen Nichterfüllung der erforderlichen Wartezeit ab. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe keine anrechenbaren Versicherunszeiten zurückgelegt. Die Anerkennung der geltend gemachten Arbeitseinsätze von Oktober 1941 bis 18.03.1944 als Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten nach §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) werde abgelehnt. Die Voraussetzungen für die Anrechnung von Arbeitszeiten in einem Ghetto seien nicht erfüllt. Voraussetzung sei das Vorliegen eines aus freiem Willen aufgenommenen Beschäftigungsverhältnisses gegen Entgelt. Nach eigenen Angaben der Klägerin habe es sich bei der Beschäftigung im Ghetto um eine unentgeltliche schwere Zwangsarbeit auf den Tabakfeldern gehandelt. Damit seien die Kriterien für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht erfüllt.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte am 03.08.1999 als unbegründet zurück.
Im November 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung eines ARG unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Maßgabe des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) ab dem 01.07.1997. Bei der Beschäftigung im Ghetto habe es sich um eine Tätigkeit mit Entgeltleistungen gehandelt. Mit Bescheid vom 01.09.2003 lehnte die Beklagte den Antrag vom 07.11.2002 auf Bewilligung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach Maßgabe des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto ab. Die Voraussetzungen für die Anwendung des ZRBG lägen nicht vor, weil nicht glaubhaft sei, dass die Klägerin eine Beschäftigung in einem Ghetto aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt ausgeübt habe. Im übrigen finde das ZRBG keine Anwendung für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto, welches sich auf dem Gebiet des Deutschen Reiches (Stand 31.12.1937) und eines mit dem ehemaligen Deutschen Reich verbündeten Staates befunden habe. Das Ghetto A habe sich in der Nähe des Ortes T in Transnistrien befunden, das zum damaligen Zeitpunkt Rumänien, einem mit dem ehemaligen Deutschen Reich verbündeten Staat, angegliedert gewesen sei.
Mit Schreiben vom 11.10.1999, adressiert an die Beklagte, hat die Klägerin Klage gegen den rentenablehnenden Bescheid erhoben. Sie hat vorgetragen, sie sei zur Aufnahme der Feldarbeit im Ghetto gezwungen worden. Sie habe kein Entgelt erhalten.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Entschädigungsakte der Klägerin beigezogen.
Mit Urteil vom 02.04.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Anerkennung der geltend gemachten Arbeitseinsätze von Oktober 1941 bis 18.03.1944 während des Aufenthaltes im Ghetto A als Beitrags-Beschäftigungszeiten nach §§ 15, 16 FRG habe die Beklagte zu Recht abgelehnt. Voraussetzung für die Anrechnung von Arbeitszeiten in einem Ghetto sei, dass es sich um ein aus freiem Willen aufgenommenes Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt handele. Zur Überzeugung der Kammer erfülle die Klägerin die Kriterien der freiwilligen Arbeitsaufnahme sowie der Entlohnung ihrer Tätigkeit nicht. Die durchgehenden Angaben der Klägerin im Renten- und Entschädigungsverfahren über den Zwang zur Arbeitsaufnahme, der Bewachung während der Feldarbeit und der fehlenden Entgeltzahlung spächen für das Vorliegen von Zwangsarbeit und gegen die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Wegen der nicht glaubhaft gemachten versicherungspflichtigen Beschäftigung im Ghetto gegen Entgelt fehle es an anrechenbaren (fiktiven) Beitragszeiten, so dass auch die Anrechnung von Ersatzzeiten nicht in Betracht komme. Ebenfalls stehe der Klägerin kein Anspruch auf Gewährung des ARG nach dem ZRBG zu. § 1 Abs. 1 ZRBG fordere für die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in einem Ghetto ebenfalls, dass die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen und sie gegen Entgelt ausgeübt worden sei. Diese Voraussetzung seien nach den eigenen Angaben der Klägerin nicht gegeben. Das Urteil wurde der Klägerin im Juli 2003 mit Einschreiben gegen Rückschein zugestellt.
Mit Schreiben vom 25.07.2003, eingegangen bei dem SG Düsseldorf am 13.08.2003, hat die Klägerin Berufung beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eingelegt. Sie verfolgt ihr Begehren weiter. Ergänzend trägt die Klägerin vor, Transuistrien sei von der deutschen Armee mit Hilfe von rumänischen Truppen erobert worden und anschließend vom Deutschen Reich besetzt worden. Es sei unklar, welches Entgelt die Juden in Transuistrien erhalten hätten. Dies könne jedoch nicht als Ablehnungsgrund verwendet werden.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.04.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.03.1999 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 03.08.1999 und des Bescheides vom 01.09.2003 zu verurteilen, ihr ARG unter Anerkennung von Beitragszeiten für die Zeit von Oktober 1941 bis 18.03.1944 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Sie ist der Auffassung, dass der Bescheid vom 01.09.2003 nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist.
Auf Aufforderung des Senates hat die Beklagte Auszüge aus der Encyclopaedia Judaica unter dem Stichwort "Transnistria" übersandt. Der Senat hat den Beteiligten Kopien aus Jäckel, Longerich, Schoeps, Encyclopädie des Holocaust (Stichwort "Transnistria" S. 1421 - 1425) übersandt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Entschädigungsakte des Amtes für Widergutmachung in Saarburg Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache in der Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden, §§ 110 Abs. 1 S. 2, 126 SGG. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat nach Unterrichtung über die anberaumte mündliche Verhandlung mitgeteilt, dass er nicht erscheinen wird.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 17.03.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.08.1999, in dem die Beklagte den Antrag der Klägerin aus 1998 auf Gewährung von ARG unter Berufung auf § 34 SGB VI i.V.m. §§ 15,16 FRG abgelehnt hat. Gegenstand des Verfahrens ist somit das Begehren der Klägerin auf Feststellung des Stammrechts auf ARG aus § 35 SGB VI, insbesondere unter Anerkennung einer Beitragszeit in der Zeit von Oktober 1941 - März 1944, sowie des monatlichen Zahlungsanspruches nach §§ 64, 110 ff SGB VI (BSG, Urteil vom 14.5.2003, B 4 RA 6/03R).
Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung von ARG aus § 35 SGB VI wegen Nichterfüllung der Wartezeit abgelehnt.
Nach § 35 SGB VI hat eine Versicherte Anspruch auf ARG, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Die Versicherte muss zur Erfüllung der Wartezeit nach §§ 50,51 SGB VI 60 Kalendermonate mit anrechenbaren Zeiten - Beitrags- und/oder Ersatzzeiten - zurückgelegt haben. Beitragszeiten sind nach § 55 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Beitrags - und Beschäftigungszeiten nach § 15,16 FRG stehen den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten i.S.v. § 55 SGB VI gleich.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Beitrags- oder Beschäftigungszeit nach §§ 15,16 FRG ist u.a. die Ausübung einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung durch die Versicherte. Nach der vom Senat geteilten Rechtsprechung des BSG zu den sog. "Ghettoarbeitszeiten" setzt die Annahme einer rentenversicherungsrechtlichen Beschäftigung auch unter Berücksichtigung der Zwangslage der Juden in Gebieten, auf die sich der nationalsozialistische Einflussbereich erstreckte, Grundelemente eines aus beidseitigen Willensentschluss begründeten Arbeitsverhältnisses voraus. Für die Abgrenzung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung von (nicht versicherter) Zwangsarbeit ist nicht entscheidend, welche Beweggründe jemanden zur Aufnahme einer Beschäftigung veranlasst haben. Ferner bleiben allgemeine sonstige Lebensumstände der Versicherten, die nicht die Arbeit und das Arbeitsentgelt als solche, sondern ihr häusliches, familiäres, wohn - und aufenthaltsbezogenes Umfeld betreffen, außer Betracht. Es muss ein aus eigenem Willensentschluss eingegangenes konkretes Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis sein, in dem tatsächlich einem Arbeitgeber geschuldete Arbeitsleistung erbracht und eine im Austausch den Umständen entsprechende angemessene Gegenleistung gewährt wurde (BSG, Urteil vom 14.7.1999, B 13 RJ 71/98 R, SozR 3-5070 §14 Nr.3; Urteil vom 14.7.1999, B 13 RJ 61/98 R, SozR 3-5070 §14 Nr.2; Urteil vom 21.4.1999, 5 RJ 66/95 SozR 3-2200 § 1248 Nr. 15). Nach § 4 FRG genügt für die Feststellung einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung, dass sie von der Versicherten glaubhaft gemacht ist. Eine Tatsache ist glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist nicht glaubhaft, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum von Oktober 1941 bis 18.3.1944 eine Beschäftigung ausgeübt hat, die den Kriterien der Rechtssprechung des BSG zu den "Ghettoarbeitszeiten" entspricht. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts, die er sich nach Prüfung zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG). Insbesondere hat die Klägerin nach dem Hinweis des SG auf die Rechtsprechung des BSG zur Anerkennung von Ghettoarbeitszeiten als Beitragszeiten ihren Vortrag aufrechterhalten, dass sie zur Arbeitsaufnahme gezwungen worden sei und sie kein Entgelt erhalten habe. Auch aus den im Berufungsverfahren beigezogenen Unterlagen ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass die Tätigkeit auf den Tabakfeldern von der Klägerin aus eigenem Willensentschluss aufgenommen worden ist und sie ein Entgelt erhalten hat. Vielmehr wird der Vortrag der Klägerin bestätigt, dass ihr zwar ein Tageslohn versprochen worden ist, sie aber keine Bezahlung erhalten hat (Jäckel, Longerich, Schoeps, Enzyklopädie des Holocaust, Stichwort, Transnistrien).
Für Verfolgte, die nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden haben, ist weder eine rentenrechtliche Beitragsfiktion noch eine Entschädigungsleistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehen (BSG, Urteil vom 14.7.1999, B 13 RJ 71/98 R, SozR 3-5070 § 14 Nr.3 ). Inwieweit der Klägerin wegen der im Lager/Ghetto Zakicha in den Jahren 1941 - 1944 geleisteten Arbeit wegen weiter oder verfolgungsbedingter Gesundheitsschäden nach anderen Entschädigungsvorschriften eine Entschädigung zusteht, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
Da keine anrechenbare Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten vorliegen, sind auch keine anrechenbare Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI gegeben. Denn eine Berücksichtigung von Ersatzzeiten kommt nur in Betracht, wenn die Klägerin als "Versicherte" anzusehen ist. Dies setzt voraus, dass die Klägerin einen Beitragsmonat zurückgelegt hat.
Der Bescheid vom 1.9.2003, in dem die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 7.11.2002 auf Bewilligung eines ARG unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG abgelehnt hat, ist zwar unmittelbar nach §§ 96 Abs. 1, 153 Abs. 1 SGG nicht Gegenstand des Berufungsverfahren geworden. Danach wird ein neuer Verwaltungsakte Gegenstand des Berufungsverfahren, wenn nach Berufungseinlegung der angefochtene Verwaltungsakt durch den neuen Verwaltungsakt abgeändert oder ersetzt wird. Dies ist der Fall, wenn in die Regelung, den Verfügungssatz, des angefochtenen Verwaltungsaktes eingegriffen und damit die Beschwer der Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (BSG, Urteil vom 20.11.2003, B 13 RJ 43/02 R m.w.N.). Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der Bescheid vom 17.03.1999 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 03.08.1999 durch den Bescheid vom 01.09.2003 weder ersetzt noch geändert. Beide Verwaltungsakte betreffen zwar den Anspruch einer Versicherten auf ARG aus § 35 SGB VI, also eine identische Rentenart, sowie den aus dem Stammrecht folgenden monatlichen Zahlungsanspruch und die Beurteilung eines einheitlichen Lebenssachverhaltes - Tätigkeit der Klägerin in der Zeit von Oktober 1941 bis März 1944 -, als versicherungsrechtliche Voraussetzung des Rentenanspruches, jedoch wird durch den Bescheid vom 01.09.2003 die Beschwer der Klägerin - Ablehnung der Gewährung eines ARG - nicht vermehrt. Vielmehr wird die im Bescheid vom 17.03.1999 getroffene Regelung nur dahingehend ergänzt, dass auch nach den Vorschriften des SGB VI i.V.m. den Vorschriften des ZRBG kein Anspruch auf ARG besteht. Der Bescheid vom 01.09.2003 ist jedoch in entsprechender Anwendung des § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Eine solche ist geboten, wenn der neue Bescheid den Prozessstoff des bereits anhängigen Rechtstreites beeinflussen bzw. berühren kann, also ein innerer Zusammenhang besteht und der Gesichtspunkt der Prozessökonomie die Einbeziehung des neuen Verwaltungsaktes rechtfertigt (BSG, Urteil vom 24.11.1978, 11 RA 9/8; SozR 1500 § 96 Nr. 13; Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 7 Aufl. § 96 Rdnr.4). Ein inneren Zusammenhang ist vorliegend gegeben. Denn die Vorschriften des ZRBG sehen zumindest hinsichtlich der Bewertung von Beitragsmonaten und der Auslandszahlung eines ARG erleichterte Voraussetzungen für Anspruchsberechtigte vor und ergänzen insoweit die Vorschriften der §§ 64, 110ff SGB VI. In beiden Bescheiden hat die Beklagte den Anspruch auf Bewilligung von ARG mit der Begründung, dass die Tätigkeit der Klägerin in der Zeit von Oktober 1941 bis März 1944 keine Beitragszeit darstellt, abgelehnt. Da die in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZRBG aufgestellten Kriterien zur Anerkennung von Ghettoarbeitszeiten nach § 2 ZRBG den von der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Kriterien zur Anerkennung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto als rentenversicherungsrechtlichen Beschäftigungszeiten entsprechen (BT-Drucks. 14/8583 S.5), ist aus Gründen der Prozessökonomie geboten, den Bescheid vom 01.09.2003 in das Verfahren einzubeziehen.
Der Bescheid vom 01.09.2003 ist rechtmäßig.
Voraussetzung für die Anerkennung von Beitragszeiten nach dem ZRBG ist u.a. nach § 1 Abs. 1, S. 1 Nr. 1 ZRBG, dass die Verfolgte in einem Ghetto, in dem sie sich zwangsweise aufgehalten hat, eine Beschäftigung, die aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, gegen Entgelt ausgeübt hat. Eine Freiwilligkeit der Arbeitsaufnahme oder der Bezug eines Entgeltes ist vorliegend weder erwiesen noch glaubhaft gemacht worden. Deshalb kann dahinstehen, ob die Beklagte des weiteren zutreffend die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZRBG - Aufenthalt in einem Ghetto, das in einem vom Deutschen Reich besetzten oder angegliederten Gebiet gelegen war verneint hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
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