L 10 R 4560/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 296/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4560/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25.09.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung streitig.

Die am 1965 geborene Klägerin ist nach eigenen Angaben seit August 2005 bei ihrem Ehemann, der als selbständiger Fliesenlegermeister ein Fliesengeschäft mit Montage führt, als Bürokraft (Büroarbeiten, Buchhaltung, Auftragsbearbeitung, Kundenverkehr, Kundenakquisition, vgl. Bl. 53 Verwaltungsakte - VA -) versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt im Umfang von neun Stunden die Woche (vgl. Bl. 74 Rückseite VA). Nebenher war sie von 2010 bis Juli 2014 als Auslieferungsfahrerin für Bioprodukte zweimal die Woche (ca. sieben Stunden wöchentlich) geringfügig beschäftigt (vgl. Bl. 25 und Bl. 74 Rückseite LSG-Akte).

Seit April 2010 leidet die Klägerin an Beschwerden der Lendenwirbelsäule (LWS) bei Bandscheibenvorfall L 4/5, der im Oktober 2010 operativ ausgeräumt wurde. Die Klägerin befand sich anschließend im November und Dezember 2010 zur stationären Rehabilitation in der B. -Klinik Überlingen (Leistungsfähigkeit für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bürokraft und für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr).

Auf Grund fortbestehender LWS-Beschwerden beantragte sie bei der Beklagten im April 2012 Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste Begutachtungen durch den Facharzt u.a. für Orthopädie Dr. H. (Diagnosen: Bizepstendinose links, degeneratives LWS-Syndrom mit Fehlstatik, Bandscheibenschäden L4 bis S1, Baastrupp-Phänomen, Postnukleotomie-Syndrom nach Nukleotomie L4/5, Sakroiliakalgelenksblockierung rechts mit variabler Beinlängendifferenz, verkürzte lumbosakrale/pelvitrochantäre Muskulatur rechts, femurpatellares Schmerzsyndrom rechts, Blockierung proximales Fibulo-Tibial-Gelenk rechts, Instabilität linkes oberes Sprunggelenk, alimentäre Adipositas [BMI 27,5]; Leistungsfähigkeit von sechs Stunden und mehr für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bürokraft und für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus zwischen sitzender, stehender und gehender Haltung unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen) und den Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. W. (Diagnosen: Postnukleotomie-Syndrom; Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen von sechs Stunden und mehr) und lehnte den Rentenantrag der Klägerin, gestützt auf die eingeholten Gutachten, mit Bescheid vom 11.07.2012 und Widerspruchsbescheid vom 14.01.2013 ab.

Hiergegen hat die Klägerin am 07.02.2013 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben und geltend gemacht, dass sie nach der Bandscheibenoperation und der daraufhin gebildeten Narben an erheblichen Schmerzen leide. Sie sei auf betriebsunübliche Pausen angewiesen und zudem bestehe eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes.

Das Sozialgericht hat zunächst Auskünfte der behandelnden Ärzte eingeholt. Der Hausarzt Dr. H. und der Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. F. haben von Untersuchungen der Klägerin seit 2012 primär im Zusammenhang mit LWS-Beschwerden berichtet. Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. hat von zwei Vorstellungen der Klägerin wegen LWS-Beschwerden berichtet und das maßgebliche Leiden auf neurochirurgischem und orthopädischem bzw. schmerztherapeutischem Fachgebiet gesehen.

Das Sozialgericht hat anschließend ein Gutachten bei dem Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Chirotherapie und Naturheilverfahren Dr. H. eingeholt. Dieser hat auf Grund Untersuchung der Klägerin im Oktober 2013 eine schmerzhafte Funktionsstörung der LWS nach Bandscheibenoperation L4/L5 bei diskreten bis mäßiggradigen Bandscheibendegenerationen L3/L4, L4/L5 und L5/S1 mit diskreter Fußheberschwäche links, funktionelle Schmerzen in beiden Kniegelenken ohne Nachweis eines bedeutsamen Strukturschadens und variable Beschwerden im Mittelgelenk des linken Mittelfingers bei Zeichen einer minimalen Fingergelenksarthrose diagnostiziert und die Klägerin noch für fähig erachtet, ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Bürokraft und leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung zwischen Stehen, Gehen und Sitzen unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen (kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung oder über 5 kg in Rumpfvor- oder -seitneigung, keine Zwangshaltungen der Wirbelsäule, kein häufiges Bücken, kein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen, keine Tätigkeiten unter Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft ohne geeignete Schutzkleidung, keine Arbeiten auf vibrierenden Fahrzeugen, keine Arbeiten im Knien oder in Hockstellung, keine Arbeiten mit ständigem Treppensteigen oder dem Ersteigen von Leitern und Gerüsten, keine grob- oder feinmechanisch besonders belastende Arbeiten und keine Arbeiten in nasskalter Umgebung) sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten.

Auf Antrag und Kosten der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Sozialgericht ein Gutachten bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. D. eingeholt, der auf Grund einer Untersuchung der Klägerin im März 2014 ein Postnukleotomie-Syndrom mit persistierenden neuropathischen Schmerzen im Bereich der LWS mit Fußheberschwäche links Grad 3 nach Bandscheibenvorfall L4/L5 und wiederkehrende Halswirbelsäulenblockierungen mit reaktiven Muskelverspannungen diagnostiziert hat. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit und Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne langes Stehen und Sitzen, ohne Arbeiten mit vorgebeugtem Oberkörper, ohne Heben und Tragen von Lasten über 5 bis 10 kg, ohne Tätigkeiten in kühlen und nassen Umgebungstemperaturen, ohne Akkord, nicht unter Zeitdruck, nicht mit häufigem Publikumsverkehr und nicht auf unebenem Gelände, Treppen, Leitern oder rutschigem Boden hat der Sachverständige noch drei bis unter sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet. Hierzu hat das Sozialgericht eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. H. eingeholt, der hinsichtlich der gestellten Diagnosen keine wesentlichen Differenzen gegenüber dem Sachverständigen Dr. D. gesehen und das Vorliegen einer zeitlichen Leistungseinschränkung mit dem erkennbaren Restleistungsvermögen der Klägerin im privaten Umfeld verneint hat.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 25.09.2014 abgewiesen und zur Begründung - gestützt auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. H. - ausgeführt, dass sich eine rentenrelevante quantitative Einschränkung für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus den bei der Klägerin vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht ableiten lasse. Die Leistungseinschätzung des Sachverständigen Dr. D. hat das Sozialgericht nicht für überzeugend erachtet, weil dem orthopädischen Befund durch qualitative Leistungseinschränkungen Rechnung getragen werden könne.

Gegen das ihren Bevollmächtigten am 19.10.2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 03.11.2014 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und Einwände gegen die Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. vorgebracht (keine vollständige, widerspruchsfreie und korrekte Aufnahme von Daten und tatsächlichen Gegebenheiten). Sie leide an unerträglichen Schmerzen auf Grund der LWS-Erkrankungen und hat auf die Ausführungen des Dr. D. verwiesen. Des Weiteren hat die Klägerin Schmerzen in den Knien und der rechten Leiste, eine Inkontinenz, ein Carpaltunnelsyndrom, auffällige TSH-Werte im Rahmen einer Blutuntersuchung und HWS-Beschwerden geltend gemacht und hierzu diverse ärztliche Unterlagen (Arztberichte des Dr. F. vom März 2015, April 2016 und Juni 2016, des Prof. Dr. M. vom Juli 2015, der Klinik T. vom September 2015, der Laborgemeinschaft W. vom Februar 2016, des Dr. S. vom April 2016, des Dr. S. vom April 2016 und September 2016, des Priv. Doz. Dr. B. vom April 2016, der O. vom August 2016 und des Krankenhauses 14 N. W. vom August 2016) vorgelegt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 25.09.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.07.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2013 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat zur weiteren Sachaufklärung ein Gutachten bei dem Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. B. eingeholt. Dieser hat auf Grund einer Untersuchung der Klägerin im März 2015 die bereits bekannten LWS-Beschwerden und daneben wiederkehrende Belastungsbeschwerden am Mittelgelenk des Mittelfingers, Knorpelschäden beider Kniegelenke, eine Instabilität des oberen Sprunggelenkes links und eine geringe Stressinkontinenz der Harnblase diagnostiziert (vgl. im Einzelnen Bl. 45 LSG-Akte). Leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen hat der Sachverständige auch unter Berücksichtigung qualitativer Leistungseinschränkungen (kein Heben und Tragen, keine Einnahme von Zwangshaltungen für Rumpf und Wirbelsäule, kein Bücken, kein Klettern und Steigen, keine Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten und/oder unter Absturzgefahr, keine Tätigkeiten unter besonderem Zeitdruck, keine Nacht- oder Wechselschicht, keine Arbeiten an laufenden Maschinen, keine taktgebundenen Arbeiten, kein Akkord, keine Arbeiten unter ungünstigen Witterungsverhältnissen mit Einfluss von großen Temperaturschwankungen, Zugluft, Kälte und/oder Nässe, keine Arbeiten mit besonderer Anforderung an die nervliche Belastbarkeit oder an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit) nur noch drei bis unter sechs Stunden täglich für zumutbar erachtet. Zudem hat der Sachverständige nach zwei Stunden Arbeitszeit betriebsunübliche Pausen von einer Viertelstunde mit der Möglichkeit zum Hinlegen für erforderlich gehalten.

Auf Einwendungen der Beklagten (die sozialmedizinische Würdigung sei u.a. deshalb nicht nachvollziehbar, weil die von Dr. B. erhobenen Befunde nicht wesentlich von den Vorbefunden der Vorgutachter abweichen würden und Haltung und Gang- und Standvarianten weitgehend unauffällig gewesen seien) hat der Senat eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. B. eingeholt, der an seiner Leistungsbeurteilung festgehalten hat.

Darüber hinaus hat der Senat ein Gutachten bei dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. W. eingeholt, der auf Grund einer Untersuchung der Klägerin im Februar 2016 auf neurologischem Fachgebiet eine mäßiggradige radikuläre Restsymptomatik nach Bandscheibenvorfall L4/5 mit diskreter Fußheberschwäche und Neigung zu Wadenkrämpfe links diagnostiziert und daher Tätigkeiten mit schwerem Heben und Tragen von Lasten, Zwangshaltungen sowie andauerndem Stehen nicht mehr für zumutbar erachtet hat. Auf psychiatrischem und schmerzmedizinischem Fachgebiet hat er - auf Grund geringer Kooperationsbereitschaft und Abwehr der Klägerin - lediglich die Verdachtsdiagnose somatoforme Schmerzstörung oder somatisierte Depression, alternativ Rentenwunsch auf dem Boden einer histrionische Persönlichkeitsstörung gestellt. Angesichts der Unmöglichkeit einer schlüssigen Krankheitsdiagnose hat der Sachverständige keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gesehen, dass die Klägerin nicht mehr in der Lage sei, leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich auszuüben.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 11.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihr steht daher weder Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung zu.

Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB VI) im Einzelnen dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Klägerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil sie trotz der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch in der Lage ist, leichte berufliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen (kein umfangreicheres Heben oder Tragen, kein längeres Stehen in Zwangshaltung der Wirbelsäule, kein häufiges Bücken, kein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen, keine Arbeiten auf vibrierenden Fahrzeugen, keine Tätigkeiten mit besonderen Kniebelastungen und keine Tätigkeiten mit dem Besteigen von Leitern und Gerüsten) zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung und auch keine rentenrelevante Einschränkung der Wegefähigkeit vorliegt. Zutreffend hat es einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI bereits auf Grund des Geburtsdatums der Klägerin verneint. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, das die Klägerin, gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. , zwar in ihrem beruflichen Leistungsvermögen beeinträchtigt sieht, aber nicht in einem rentenbegründenden Ausmaß. Soweit der Sachverständige Dr. D. demgegenüber ein Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich angenommen hat, hat das Sozialgericht zutreffend dargelegt, weshalb diese Einschätzung nicht überzeugt. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Die vom Sozialgericht festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind noch um die von Dr. H. genannten weiteren Leistungseinschränkungen - kein Heben und Tragen von Lasten über 10 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung oder über 5 kg in Rumpfvor- oder -seitneigung, keine Zwangshaltungen der Wirbelsäule, keine Tätigkeiten unter Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft ohne geeignete Schutzkleidung, keine grob- oder feinmechanisch besonders belastende Arbeiten und keine Arbeiten in nasskalter Umgebung - zu ergänzen.

Ebenso wie das Sozialgericht, die behandelnden Ärzte und die Klägerin selbst geht auch der Senat davon aus, dass das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin in erster Linie auf orthopädischem Fachgebiet auf Grund der LWS-Beschwerden beeinträchtigt ist. Allerdings hat das Sozialgericht - gestützt auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. - zutreffend dargelegt, dass die LWS-Beschwerden zwar qualitative Leistungseinschränkungen zur Folge haben, darüber hinaus jedoch keine quantitative Leistungseinschränkung bedingen. Zu Recht hat das Sozialgericht - unter Berufung auf das Gutachten des Dr. H. - dabei auch auf die Tages- und Freizeitgestaltung der Klägerin abgestellt, die auch aus Sicht des Senats zwar gewisse Einschränkungen erkennen lässt, dies aber nicht in einem derartigen Ausmaß, das den Rückschluss auf eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte berufliche Tätigkeiten auf unter sechs Stunden täglich zuließe. So hat die Klägerin angegeben, neben ihrer Bürotätigkeit im Fliesengeschäft ihres Ehemannes (vgl. Bl. 74 Rs. LSG-Akte) und der bis Ende Juli 2014 ausgeübten Auslieferungsfahrertätigkeit von Bioprodukten (Bl. 25 LSG-Akte) vormittags und nachmittags die anfallenden leichten Haushaltsarbeiten (z.B. Kochen, kleinere Einkäufe des täglichen Bedarfs zu Fuß im Umkreis von 200 oder 300 m, größere Einkäufe zusammen mit ihrem Ehemann) zu machen (Bl. 66 SG-Akte und Bl. 32 LSG-Akte) und nebenher den Telefondienst für das Fliesengeschäft (Bl. 32, 87 LSG-Akte) zu erledigen. Lediglich die körperlich belastenden Arbeiten (z.B. Fensterputzen) vergibt sie an Fremdfirmen (Bl. 65 SG-Akte). Sie geht regelmäßig zur Pediküre (vgl. Bl. 75 SG-Akte), zur Kosmetikerin (Bl. 95 SG-Akte) und ins Solarium (vgl. Bl. 91 LSG-Akte), einmal die Woche zum Reha-Sport (vgl. Bl. 32 LSG-Akte) und nimmt in der Regel drei Mal wöchentlich Arzttermine oder Therapie-Termine (Akkupunktur und Schröpfen) wahr (Bl. 32 LSG-Akte). Unter Berücksichtigung dieser Angaben der Klägerin erscheint es auch für den Senat nachvollziehbar, wenn der Sachverständige Dr. H. auf Grund des Restleistungsvermögens der Klägerin im privaten Umfeld eine zeitliche Leistungseinschränkung für leichte berufliche Tätigkeiten auf unter sechs Stunden täglich verneint.

Soweit die Klägerin Einwände gegen die Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. erhoben hat (keine vollständige, widerspruchsfreie und korrekte Aufnahme von Daten und tatsächlichen Gegebenheiten, vgl. Bl. 15 LSG-Akte), führen diese zu keinen durchschlagenden Zweifeln an der Richtigkeit der Leistungsbeurteilung des Sachverständigen. Soweit die Klägerin einwendet, sie habe im Jahr 2001 und nicht - wie von Dr. H. mitgeteilt (vgl. Bl. 62 SG-Akte) - im Jahr 2011 ein Schleudertrauma der HWS erlitten, ist dies für die von Dr. H. vorgenommene Leistungsbeurteilung von vornherein ohne Bedeutung. Denn maßgeblich für die vom Sachverständigen vorzunehmende Leistungsbeurteilung sind die im Rahmen der Untersuchung erhobenen Befunde und funktionellen Beeinträchtigungen, deren Ursachen sind hingegen irrelevant. Im Bereich der vom Schleudertrauma betroffenen HWS hat Dr. H. im Übrigen keine funktionellen Beeinträchtigungen erhoben (HWS und Kopfgelenke nach allen Richtungen frei beweglich, vgl. Bl. 70 SG-Akte). Lediglich am Rande ist noch anzumerken, dass auch der Sachverständige Dr. B. ein erneutes Schleudertrauma der HWS im Jahr 2011 - und nicht im Jahr 2001 - mitgeteilt hat (vgl. Bl. 32 LSG-Akte) und es aus Sicht des Senats äußerst unwahrscheinlich ist, dass beiden Sachverständigen unabhängig voneinander derselbe Mitteilungsfehler unterlaufen ist. Ob ein erneutes Schleudertrauma der HWS im Jahr 2001 oder im Jahr 2011 stattfand, ist letztlich jedoch - aus den bereits genannten Gründen - für die vorliegend vorzunehmende Beurteilung der Leistungsfähigkeit irrelevant.

Auch soweit die Klägerin behauptet, der Sachverständige Dr. H. habe fälschlicherweise die Einnahme von Magnesium mitgeteilt, erschließt sich dem Senat nicht, inwieweit sich dies auf die von Dr. H. vorgenommene und für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebliche Leistungsbeurteilung ausgewirkt haben soll. Dies behauptet im Übrigen auch die Klägerin selbst nicht.

Auch der Einwand der Klägerin, hinsichtlich des Einbeinstandes seien in dem Gutachten des Dr. H. Widersprüche vorhanden, überzeugt nicht. Es trifft zwar zu, dass Dr. H. einerseits einen Einbeinstand beim Ausziehen der Hose ohne Abstützen (vgl. Bl. 69 SG-Akte), andererseits im Rahmen der weiteren körperlichen Untersuchung bei der Prüfung der Gang- und Standvarianten einen beidseits unsicheren Einbeinstand beschrieben hat (vgl. Bl. 74 SG-Akte). Aus Sicht des Senats liegt hier bereits kein Widerspruch vor. Auch wenn die Klägerin ihre Hose im Einbeinstand ohne Abstützen hat ausziehen können, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass der Einbeinstand auch sicher gewesen ist. Nicht jeder unsichere Einbeinstand erfordert ein Abstützen. Doch selbst wenn die Durchführung des Einbeinstandes in verschiedenen Momenten unterschiedlich beschrieben worden ist, würde dies nicht zwangsläufig auf einem Mitteilungsfehler des Sachverständigen beruhen. Vielmehr ist es ein häufig in Begutachtungssituationen beobachtbares Phänomen, dass in scheinbar unbeobachteten Momenten bzw. unter Ablenkung - wie z.B. beim Entkleiden - funktionelle Einschränkungen nicht oder in geringerem Maße vorhanden sind als bei der konkreten und vom Probanden bewusst wahrgenommenen Überprüfung durch den Gutachter (zu den bei der Klägerin festzustellenden Aggravationstendenzen siehe später). Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Überprüfung der differenzierten Gang- und Standarten durch den Sachverständigen Dr. B. - und damit auch der Einbeinstand - einen weitgehend unauffälligen Befund ergeben hat (vgl. Bl. 34 LSG-Akte).

Soweit die Klägerin einwendet, dass Schmerzen in der unteren Lendenregion mit Ausstrahlung in den rechten Beckenkamm bestünden, trifft dies zu und ist auch von Dr. H. entsprechend erhoben und bei seiner Beurteilung berücksichtigt worden (vgl. Bl. 68 SG-Akte: "Dauerschmerz in der unteren Lendenregion rechtsseitig mit Ausstrahlung in den Beckenkamm rechts"). Soweit Dr. H. in der späteren Zusammenfassung Schmerzen in der unteren Lendenregion linksseitig mit Ausstrahlung in den linken Beckenkamm angeführt hat (vgl. Bl. 77 SG-Akte) handelt es sich leidglich um eine Übertragungsfehler. Dass dieser Einfluss auf die Leistungsbeurteilung durch den Sachverständigen gehabt hat, ist nicht erkennbar und wird im Übrigen auch von der Klägerin nicht behauptet.

Auch der Einwand der Klägerin, angesichts der beengten räumlichen Verhältnisse habe Dr. H. keine Beurteilung ihres Gangbildes abgeben können, da dieses einen längeren Zeitraum und ein kontinuierliches Gehen beinhalte, führt zu keinem für sie günstigen Ergebnis. Dr. H. hat - wie zuvor bereits Dr. H. (unauffälliges Gangbild, vgl. Bl. 54 VA) und Dr. W. (Stehen und Gehen normal, vgl. Bl. 105 VA) und im Anschluss Prof. Dr. Dr. W. (den Untersuchungsraum habe die Klägerin hinkend betreten, im weiteren Verlauf sei das Hinken dann nicht mehr ersichtlich gewesen, vgl. Bl. 92 LSG-Akte) - keine wesentliche Beeinträchtigung des Gangbildes gesehen, dieses vielmehr als sicher und mäßig flott ohne erkennbares Hinken beschrieben (vgl. Bl. 69 SG-Akte). Dass diese Beschreibung unrichtig ist, behauptet auch die Klägerin nicht. Sie macht folglich nicht die Unrichtigkeit des Gutachtens, sondern vielmehr geltend, dass sie - im Unterschied zu Dr. H. - unter dem "Gangbild" ein kontinuierliches Gehen über einen längeren Zeitraum verstehe. Jedoch führt auch dies nicht zum Erfolg. Zwar ist die Klägerin auch aus Sicht des Senats auf Grund ihrer LWS-Beschwerden in ihrer Gehfähigkeit beeinträchtigt, dies jedoch nicht in einem rentenrelevanten Ausmaße (täglich vier Mal 500 m innerhalb von unter 20 Minuten, vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2002, B 5 RJ 12/02 R m.w.N). Eine derartige Einschränkung der Gehfähigkeit hat keiner der Sachverständigen beschrieben und auch den eigenen Angaben der Klägerin, wonach sie in der Lage sei, 15 Minuten in gemächlichen Tempo ohne Pausen zu gehen (vgl. B. 67 SG-Akte und Bl. 33 LSG-Akte) ist eine solch gravierende Einschränkung nicht zu entnehmen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin überzeugen die Ausführungen des Sachverständigen Dr. D. aus den vom Sozialgericht dargelegten Gründen nicht. Auch soweit die Klägerin zur Berufungsbegründung auf die von Dr. D. beschriebenen Einschränkungen der Alltagsaktivitäten (schwerere Tätigkeiten im Haushalt würden von ihr nicht mehr ausgeführt, sie könne ohne Schmerzen nicht mehr längere Zeit stehen und sitzen, sie müsse haltungsfixierte Tätigkeiten meiden, vgl. Bl. 16 LSG-Akte) verweist, ergibt sich daraus kein für sie günstiges Ergebnis. Zwar ist die Klägerin auch zur Überzeugung des Senats in ihren Alltagsaktivitäten beeinträchtigt, dies jedoch - wie bereits dargelegt - nicht in einem Ausmaß, das die Annahme einer rentenberechtigenden zeitlichen Leistungseinschränkung rechtfertigt. Den vorhandenen Beeinträchtigungen wird - wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat - vielmehr dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass der Klägerin verschiedene Tätigkeiten nicht mehr zugemutet werden. So sind ihr insbesondere nur noch Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, ohne umfangreicheres Heben oder Tragen, insbesondere ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg in stabilisierter aufrechter Rumpfhaltung oder über 5 kg in Rumpfvor- oder -seitneigung und ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule zumutbar.

Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren auf unerträgliche Schmerzen im Zusammenhang mit den LWS-Beschwerden verweist und daraus eine zeitliche Leistungseinschränkung ableitet, überzeugt dies nicht. Der Senat kann sich auf Grund der im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren Sachaufklärung nicht davon überzeugen, dass das Ausmaß der Schmerzen der Ausübung einer leichten beruflichen Tätigkeit im Umfang von zumindest sechs Stunden täglich entgegensteht.

Eine quantitative, d.h. zeitlich und damit rentenberechtigende Leistungseinschränkung muss als anspruchsbegründende Tatsache erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsache als erbracht angesehen werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Ist ein solcher Nachweis nicht möglich, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11). Entsprechend geht die Nichterweislichkeit quantitativer Einschränkungen hier zu Lasten der Klägerin.

Hinsichtlich der von der Klägerin angegebenen Schmerzen (Schmerzen im Nackenbereich, im Bereich des Iliosacralgelenks und am linken Unterschenkel, vgl. Bl. 96 LSG-Akte) und Merk- und Konzentrationsstörungen hat Prof. Dr. Dr. W. lediglich die Verdachtsdiagnose somatoforme Schmerzstörung oder somatisierte Depression, alternativ einen im Vordergrund stehenden Rentenwunsch auf dem Boden einer histrionischen Persönlichkeit gestellt. Eine gesicherte Diagnosestellung ist ihm auf Grund der im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung gezeigten inkonsistenten Befunde und der abwehrenden Haltung der Klägerin nicht möglich gewesen. Entsprechend hat er keinen Grund für eine rentenrelevante Leistungseinschränkung gesehen und ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen bejaht. Dem schließt sich der Senat an.

Zwar hat die Klägerin gegenüber Prof. Dr. Dr. W. angegeben, nicht lange sitzen zu können (vgl. Bl. 87 LSG-Akte), wegen der Krämpfe im linken Bein vier bis fünf Mal nachts aus dem Bett zu müssen und müde und kaputt zu sein (vgl. Bl. 89 LSG-Akte). Beim Betreten des Untersuchungsraums hat die Klägerin auch ein Hinken gezeigt (vgl. Bl. 92 LSG-Akte). Die in der Beschwerde-Liste erfragten subjektiven Beeinträchtigungen haben bei der Klägerin zudem Werte ergeben, die deutlich über eine reine Schmerzstörung hinaus gehen und auf eine Somatisierungsstörung und/oder eine depressive Symptomatik hinweisen (vgl. Bl. 96 LSG-Akte).

Die von der Klägerin angegebenen und zu Beginn demonstrierten Beeinträchtigungen haben sich indes im Laufe der Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. W. nicht bestätigt. Im weiteren Verlauf ist kein Hinken mehr ersichtlich gewesen (vgl. Bl. 92 LSG-Akte). Die Klägerin hat während der gesamten Exploration unbeeinträchtigt und ohne entlastende Körperbewegungen auf dem Stuhl gesessen und ist lediglich kurzzeitig - erstmals nach rund einer halben Stunde - aufgestanden und etwas herum gelaufen (vgl. Bl. 92 f. LSG-Akte). Die Klägerin hat sich zum Teil gereizt und aggressiv gezeigt, in keiner Weise einen depressiven Eindruck vermittelt und Fragen des Sachverständigen (z.B. zur Medikamenteneinnahme, zur Möglichkeit einer psychosomatischen Rehabilitation und zu Verweisungstätigkeiten, vgl. Bl. 93 LSG-Akte) meist durch Gegenfragen gekontert (vgl. Bl. 101 LSG-Akte). Eine verstärkte Müdigkeit oder ein schwerwiegender Abfall der Konzentrationsfähigkeit ist dabei nicht erkennbar gewesen (vgl. Bl. 93 LSG-Akte). Korrespondierend hierzu hat der von Prof. Dr. Dr. W. zur Frage der Authentizität der von der Klägerin geklagten kognitiven Beeinträchtigungen durchgeführte Beschwerdevalidierungstest in allen Durchgängen ausgeprägt auffällige Werte knapp oberhalb der Ratewahrscheinlichkeit ergeben, die - so Prof. Dr. Dr. W. nachvollziehbar - eine mangelnde Anstrengungsbereitschaft der Klägerin nachweisen, da vergleichbare Ergebnisse lediglich bei völlig dementen Personen zu erwarten sind. Im Grunde hat die Klägerin ein solches Defizit in der Anstrengungsbereitschaft auch eingeräumt, wenn sie vorbringt, die Fragen zum Teil nicht ernst genommen zu haben (Bl. 109a LSG-Akte). Übereinstimmend hierzu hat auch die Auswertung der Befindlichkeitsskala, die Hinweise auf die Authentizität geklagter Beschwerden gibt, ein Ergebnis erbracht, welches nur durch Aggravation zu erklären ist (vgl. Bl. 97 LSG-Akte). In diesem Zusammenhang ist auf die bereits zuvor vom Sachverständige Dr. H. geäußerte Einschätzung hinzuweisen, dass die Klägerin subjektiv ihre Behinderung stärker wahrnimmt als sie sich einem neutralen Beobachter darstellen (vgl. Bl. 79 SG-Akte). Weitere Tests (z.B. Strukturierter Fragebogen simulierter Symptome) hat die Klägerin nur unvollständig bearbeitet, sodass dem Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. eine sinnvolle Auswertung nicht möglich gewesen ist (vgl. Bl. 97 LSG-Akte).

Nach alledem teilt der Senat die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. W. , der in Anbetracht der nachgewiesenen Aggravationstendenzen das tatsächliche Ausmaß der bei der Klägerin vorhandenen Schmerzsituation und damit auch eine quantitative und damit rentenberechtigende Leistungseinschränkung nicht hat feststellen können. Diese Nichterweislichkeit einer quantitativen Einschränkung geht - wie bereits dargelegt - zu Lasten der Klägerin.

Die Leistungseinschätzung des Sachverständigen Dr. B. überzeugt vor diesem Hintergrund nicht. Dieser hat die Klägerin lediglich noch für drei bis unter sechs Stunden täglich leistungsfähig erachtet und dies mit den Angaben der Klägerin begründet (sie könne maximal eine Viertelstunde ohne Unterbrechung sitzen, sie könne überhaupt nicht auf der Stelle stehen, die Gehfähigkeit sei gemindert, sie könne nicht länger als eine Viertelstunde Auto fahren, sie müsse sich auch in der häuslichen Umgebung schonen und sich wegen Rückenschmerzen immer wieder hinlegen, vgl. Bl. 47 LSG-Akte), ohne diese einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Die von Dr. B. angenommenen Einschränkungen sind schon deshalb nicht überzeugend, weil anderslautende Befunde bzw. Angaben der Klägerin im Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. und Dr. H. vorliegen. So hat die Klägerin bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Dr. W. während der gesamten Exploration unbeeinträchtigt und ohne entlastende Körperbewegungen auf dem Stuhl gesessen und ist lediglich kurzzeitig - erstmals nach rund einer halben Stunde - aufgestanden und etwas herum gelaufen (vgl. Bl. 92 f. LSG-Akte). Zu der Untersuchung zu Dr. H. ist die Klägerin mit dem Auto angereist, wobei die Fahrtzeit 45 Minuten betragen und die Klägerin lediglich eine Pause eingelegt hat (vgl. Bl. 67 SG-Akte). Insoweit hat Prof. Dr. Dr. W. zutreffend darauf hingewiesen, dass die subjektiven Angaben der Klägerin angesichts der von ihm nachgewiesenen Aggravationstendenzen nicht Grundlage einer belastbaren Leistungsbeurteilung sein können. Soweit Dr. B. mitgeteilt hat, die Angaben der Klägerin seien in Anbetracht der erhobenen Befunde in vollem Umfang nachvollziehbar, überzeugt dies nicht. Denn die von Dr. B. erhobenen objektiven Befunde - angedeutete Abschwächung im Hackengang links bei weitgehend unauffälligen Gang- und Standarten, Bewegungseinschränkungen im LWS-Bereich, Muskelverspannungen und Blockierungen im BWS-Bereich - , die mit den vom Sachverständigen Dr. H. erhobenen Befunden übereinstimmen (vgl. Bl. 78 SG-Akte), rechtfertigen, wie bereits dargelegt, eine quantitative Leistungseinschränkung gerade nicht.

Eine rentenberechtigende Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Klägerin lässt sich schließlich auch nicht mit den sonstigen von der Klägerin im Berufungsverfahren noch behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen - Kniebeschwerden, HWS-Syndrom, Schmerzen in der rechten Leiste, Karpaltunnelsyndrom, Belastungsharninkontinenz, auffällige TSH-Werte, (vgl. Bl. 21, 64, 65, 109, 112, 117, 124, 128, 133, 136 LSG-Akte) - begründen.

Hinsichtlich des zwischenzeitlich diagnostizierten HWS-Syndroms ergibt sich dies für den Senat aus dem Befundbericht des Dr. F. vom April 2016, dem keine wesentlichen funktionellen Beeinträchtigungen von Seiten der HWS zu entnehmen sind. So sind an der HWS selbst keine Schmerzen auslösbar gewesen und die Beweglichkeit der HWS ist lediglich etwas eingeschränkt gewesen (vgl. Bl. 114 LSG-Akte). Dementsprechend hat eine im April 2016 durchgeführte kernspintomographische Untersuchung der HWS auch lediglich beginnende degenerative Veränderungen im HWS-Bereich, insbesondere keinen Hinweis für einen Bandscheibenprolaps, keine relevante Bandscheibenprotrusion bezüglich einer Nervenwurzelirritation, keine auffällige Einengung des Sppinalkanals und keine Myelopathie ergeben (vgl. Bl. 113 LSG-Akte). Damit stimmt der von Dr. F. im April 2016 erhobene funktionelle Befund mit dem von Dr. B. bereits im März 2015 erhobenen Befund (leichtgradig eingeschränkte Beweglichkeit der HWS, vgl. Bl. 38 LSG-Akte) überein, dem Dr. B. nachvollziehbar keine rentenrechtliche Relevanz beigemessen hat (Einschränkung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht laut des Sachverständigen Dr. B. wegen der LWS-Beschwerden, vgl. Bl. 47 LSG-Akte).

Auch die seit Jahren bestehenden Kniebeschwerden führen nicht dazu, dass der Klägerin leichte berufliche Tätigkeiten nicht mehr sechs Stunden täglich zumutbar sind. Dies ergibt sich für den Senat - wie für das Sozialgericht - aus dem Gutachten von Dr. H. und auch aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. B. , der aus der bildgebend nachgewiesenen retropatellaren Gonarthrose der Kniegelenke, den Beschwerdeangaben der Klägerin (Schwellungen bei Belastungen, Treppensteigen sei besonders schlimm, noch schlimmer sei Treppabgehen, vgl. Bl. 35 LSG-Akte), der uneingeschränkten Beweglichkeit der Kniegelenke und bei fehlenden Hinweisen auf eine Instabilität oder ein Giving-way-Phänomen (= Wegknicken, Nachgeben beim Laufen und Gehen) keine zeitliche Leistungseinschränkung gefolgert hat. Diesen Beschwerden wird vielmehr dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass der Klägerin keine Tätigkeiten mit besonderen Kniebelastungen (z.B. keine Arbeiten im Knien und in der Hockstellung, nur noch gelegentliches Treppensteigen, so die vom Sachverständigen Dr. H. auf Grund der Kniebeschwerden vorgenommenen qualitativen Leistungseinschränkung, vgl. Bl. 80 SG-Akte) mehr zugemutet werden.

Soweit die Klägerin behauptet, ihre Kniebeschwerden hätten sich zwischenzeitlich verschlechtert und hierzu zuletzt auf den vom Orthopäden S. im August 2016 durchgeführten operativen Eingriff am rechten Kniegelenk verwiesen hat, ergibt sich auch daraus für die Klägerin kein günstiges Ergebnis. Ausweislich des Berichts des Orthopäden S. vom September 2016 ist zwar ein Erguss im rechten Knie tastbar gewesen, die Beweglichkeit im rechten Kniegelenk ist dabei aber nicht wesentlich eingeschränkt (Extension/Flexion 0-0-120) und die Bandführung stabil gewesen (vgl. Bl. 137 LSG-Akte). Hieraus hat der behandelnde Orthopäde S. keine zeitliche und damit rentenberechtigende Leistungseinschränkung abgeleitet. Er hat vielmehr nachvollziehbar Einschränkungen bei einer Dauerbelastung des Kniegelenks - insbesondere kein Heben von Gewichten über 15 kg, keine Arbeiten in Zwangshaltung oder im Knien - gesehen und damit die von Dr. H. genannten qualitativen Leistungseinschränkungen bestätigt.

Soweit die Klägerin Schmerzen in der rechten Leiste behauptet hat, hat der von ihr wegen dieser Beschwerden konsultierte Arzt Dr. F. keinen krankhaften Befund, insbesondere keinen Druck- und Stauchungsschmerz, keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen des rechten Hüftgelenks und keinen Hinweis für einen Leistenbruch beschrieben und ist daher von einer allenfalls beginnenden Coxarthrose ausgegangen (vgl. Befundbericht vom 19.03.2015 anlässlich einer Untersuchung am 09.03.2015, Bl. 22 LSG-Akte). In der nur wenige Tage später durchgeführten gutachtlichen Untersuchung durch Dr. B. am 23.03.2015 hat die Klägerin indes keine Schmerzen im Bereich der rechten Leiste angegeben und der Sachverständige Dr. B. hat insoweit lediglich eine rechts mehr als links endgradig schmerzhaft eingeschränkte Innenrotation der Hüftgelenk bei ansonsten aktiv und passiv freier Beweglichkeit festgestellt und diesem Befund nachvollziehbar keine rentenrelevante Bedeutung beigemessen. Dies wird bestätigt durch den von Prof. Dr. M. im Juni 2015 erhobenen Befund, der neben einer Druckempfindlichkeit weder klinisch (insbesondere keine Bewegungseinschränkung) noch bildgebend einen pathologischen Befund festgestellt hat (vgl. Befundbericht vom 01.07.2015, Bl. 68 LSG-Akte).

Auch aus dem zwischenzeitlich diagnostizierten Karpaltunnelsyndrom lässt sich keine rentenberechtigende zeitliche Leistungseinschränkung für leichte körperliche Arbeiten ableiten. Dies ergibt sich für den Senat aus dem Befundbericht des Dr. F. vom April 2016, der keine Atrophie des Daumenballens, keine Sensibilitätsstörungen und lediglich eine mäßige rechtsbetonte Kraftminderung beschrieben hat (vgl. Bl. 118 LSG-Akte). Weiter hat er ausgeführt, dass die Klägerin mit Handgelenksbandagen versorgt sei und darunter die Beschwerden wieder verschwunden seien. Auch der von der Klägerin zuletzt noch vorlegte Befundbericht des Leitenden Oberarztes K. , Krankenhaus 14 N. W. , vom September 2016 lässt keine rentenrelevanten Beeinträchtigungen auf Grund des Karpaltunnelsyndroms erkennen. Demnach hat die Klägerin im Bereich der ersten drei Finger beider Hände über vor allem nächtliche Parästhesien und an der rechten Hand über nächtliche Schmerzen mit Ausstrahlung bis zum Oberarm geklagt (vgl. Bl. 134 LSG-Akte). Aus welchem Grund diese ausschließlich bzw. vor allem nachts - und damit während der körperlichen Ruhephase - auftretenden Parästhesien einer beruflichen Tätigkeit entgegenstehen sollen, erschließt sich dem Senat nicht. Im Übrigen wäre diesen Beschwerden - soweit sie tagsüber auftreten würden - mit den bereits genannten qualitativen Leistungseinschränkungen (keine grob- oder feinmechanisch besonders belastende Arbeiten und keine Arbeiten in nasskalter Umgebung, so die von Dr. H. wegen variablen Beschwerden im Mittelgelenk des linken Mittelfingers bei Zeichen einer minimalen Fingerarthrose vorgenommenen Einschränkungen) ausreichend Rechnung getragen, sodass diese keine darüber hinausgehende, insbesondere keine zeitliche und damit rentenberechtigende Leistungseinschränkung rechtfertigen würden.

Die Belastungsharninkontinenz ist zwischenzeitlich operativ (vgl. Arztbericht der Klinik T. vom 09.09.2015, Bl. 73 LSG-Akte, wonach die Klägerin postoperativ kontinent gewesen ist) bzw. mittels Einlagen (vgl. Bl. 87 LSG-Akte) versorgt. Dass sich hieraus eine zeitliche Leistungseinschränkung ergibt, ist für den Senat nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht behauptet.

Gleiches gilt für die im Rahmen einer im Februar 2016 durchgeführten Blutuntersuchung festgestellten auffälligen TSH-Werte (TSH basal 3,6 mE/l, was ein Hinweis auf eine latente Hypothyreose sein könne, vgl. Bl. 111a LSG-Akte). Soweit die Klägerin ihre behaupteten Konzentrationsprobleme damit erklären will, führt dies bereits deshalb nicht zu einem für die günstigen Ergebnis, weil bei der Klägerin keine rentenrelevanten Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit festzustellen sind (vgl. die Ausführungen des Prof. Dr. Dr. W. , Bl. 93 LSG-Akte). Soweit die Klägerin hierzu einwendet, sie habe sich bei der Untersuchung zusammengenommen, bestätigt die Klägerin eher, dass sie bei zumutbarer Willensanstrengung die abverlangten Leistungen (hier: Konzentration) erbringen kann. Keinesfalls aber lässt sich hieraus eine Leistungsminderung ableiten.

Nach alledem ist davon auszugehen, dass die Klägerin zumindest noch leichte berufliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnder Körperhaltung unter Beachtung der genannten qualitativen Einschränkungen zumindest sechs Stunden täglich ausüben kann. Sie ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeits-markt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie die Klägerin mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen. Nicht anders liegt der Fall der Klägerin. Auch bei ihr wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits dadurch Rechnung getragen, dass ihr nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. Im Übrigen hat der Sachverständigen Dr. H. überzeugend dargelegt, dass der Klägerin insbesondere weiterhin die Verrichtung leichter Bürotätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zumutbar ist und auch der Sachverständige Prof. Dr. Dr. W. hat keine qualitativen Leistungseinschränkungen beschrieben, die einer solchen Tätigkeit entgegen stehen.

Es liegen für den Senat auch keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass betriebsunübliche Pausen erforderlich sind, die die Einsatzfähigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausschließen (BSG, Urteil vom 19.10.2011, B 13 R 78/09 R in SozR 4-2600 § 43 Nr. 16). Dabei kann der Senat offen lassen, in welchem Umfang Pausen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt so genannter persönlicher Verteilzeiten (Zeiten, die in der Arbeitszeit liegen, aber für persönliche Belange wahrgenommen werden, zB für persönliche Verrichtungen, Toilettengänge, Erholungs- und Entspannungszeiten außerhalb der Pausen, vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2015, L 11 R 3871/14 in juris; Gürtner in KassKomm § 43 SGB VI Rdnr. 40), noch als üblich angesehen werden können. Denn es ist bereits nicht nachgewiesen, dass die Klägerin zusätzliche Pausen benötigt. Soweit der Sachverständige Dr. B. (Bl. 47 LSG-Akte) nach zwei Stunden Arbeitszeit eine Viertelstunde Pause mit der Möglichkeit zum Hinlegen für erforderlich gehalten hat, ist der Senat von der Notwendigkeit solcher Pausen nicht überzeugt. Auch diese Auffassung des Sachverständigen beruht auf den entsprechenden Angaben der Klägerin, wie sich der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen entnehmen lässt (Bl. 55 LSG-Akte). Eine eigenständige medizinische Begründung für seine Einschätzung hat Dr. B. nicht gegeben. Der Senat hat indessen bereits oben dargelegt, dass die Beschwerdeangaben der Klägerin angesichts der beschriebenen Inkonsistenzen der Leistungsbeurteilung nicht zu Grunde gelegt werden können. Die übrigen mit der Begutachtung der Klägerin betrauten Ärzte - Dr. Heilmann, Dr. H. , Dr. D. und Prof. Dr. Dr. W. - haben keine Notwendigkeit betriebsunüblicher Pausen gesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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