Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 VJ 1285/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VJ 2133/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine entschädigungsrechtliche Versorgung wegen eines geltend gemachten Impfschadens.
Die Klägerin ist im Januar 2004 geboren, deutsche Staatsangehörige und wohnt im Inland.
Ihre Eltern beantragten im Juli 2007 bei dem Beklagten die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB). Sie gaben an, die Klägerin leide seit dem 9. März 2007 an einer "Hemiparese", deren Ursache unbekannt sei. Sie legten einen Arztbrief des Klinikums S. (O.hospital) vor, wo sich die Klägerin ab dem 9. März 2007 wegen akuter progredienter Ataxie in stationärer Behandlung befunden hatte. Darin war ausgeführt, ab dem Mittag des Aufnahmetages habe die Klägerin einen Kopfschiefstand sowie eine Fallneigung nach rechts im Sitzen und Stehen entwickelt und könne nur breitbeinig stehen. Bei der Entlassung am 28. März 2007 war als Diagnose der "Verdacht auf eine mitochondriale Stoffwechselstörung, z.B. Leigh-Syndrom" geäußert worden. Auf Grund dieses Attests stellte der Beklagte mit Bescheid vom 18. September 2007 einen GdB von 80 fest.
Die Klägerin bezog von dem für sie zuständigen Träger der Sozialhilfe Eingliederungshilfen zur Integration in den Regelkindergarten. Am 26. Oktober 2007 teilte der Sozialhilfeträger dem beklagten Land als Träger der Versorgungsverwaltung mit, die Eltern hätten den Verdacht auf einen Impfschaden geäußert, da die Störungen (Halbseitenlähmung, Ataxie) einige Zeit nach einer Masernimpfung aufgetreten seien. Der Sozialhilfeträger machte Erstattungsansprüche geltend.
Auf Aufforderung des Beklagten hin beantragte die Klägerin über ihre Eltern sodann am 27. März 2008 Beschädigtenversorgung. Sie führten die Schädigungen auf eine Impfung am 9. Januar 2007 bzw. einen leichten Sturz auf das Kinn am 8. März 2007 zurück. Sie legten den Impfausweis der Klägerin vor, in dem für den 9. Januar 2007 eine Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR, Impfstoff Priorix, Ch.-B. [Chargen-Bezeichnung] A69CA623A, S. 4 f.) und gegen Meningokokken (Impfstoff Meningitec, Ch.-B. 21135, S. 11) sowie für den 2. Juli 2007 eine Impfung gegen Pneumokokken (Prevenar, Ch.-B. 25680) aufgeführt waren, jeweils durchgeführt von dem behandelnden Kinder- und Jugendarzt Dr. C ... Aus der Patientenkartei dieses Arztes ergab sich ferner, dass die Klägerin am 2. Juni und 30. Dezember 2004 sowie am 4. August 2006 FSME-Impfungen erhalten hatte, wobei die Impfung am 4. August 2006 als "Zweite FSME-Impfung" verzeichnet war und die Einträge zu dieser Impfung im Impfausweis mit Tipp-Ex teilweise abgedeckt waren (erkennbar nur die Ch.-B. 063041A). In der Patientenkartei waren ferner für den 24. Februar 2005 "Impfmasern" verzeichnet, nach einer Untersuchung am 4. Januar 2006 hatte Dr. C. u.a. ein verwaschenes Sprechen festgestellt und "A.e. (am ehesten)" eine Entwicklungsverzögerung gemutmaßt, vom 9. Februar bis 1. März 2007 hatte ein Infekt der oberen Luftwege bzw. eine eitrige Konjunktivitis bestanden. Ferner legten die Eltern der Klägerin Kopien der gesamten Behandlungsakte des O.-Hospitals über den Aufenthalt vom 9. bis 28. März 2007 vor. Darunter befanden sich der handschriftliche Befund mit den Angaben der Eltern über das Auftreten der Symptome bei der Aufnahme, die Ergebnisse von Blut-, Urin-, MRT- und EEG-Untersuchungen sowie die Ergebnisse einer neuropathologischen Untersuchung von entnommenem Muskelgewebe (Muskelbiopsie) vom 20. März 2007, wonach sich in zahlreichen Muskelfasern ausgeprägt Fetttröpfchen abgelagert hätten und die Mitochondrien gebläht seien, ohne dass sich jedoch hier oder in den Kapillarendothelzellen richtungsweisende pathologische Einschlüsse gezeigt hätten. Dr. C. teilte außerdem mit, bei der Klägerin liege eine noch nicht genau klassifizierte mitochondriale Stoffwechselstörung mit bislang einmaliger Entgleisung in die Laktatazidose am 9. März 2007 vor. Die Klägerin sei am 31. Oktober 2006 wegen Kopfschmerzen neurologisch untersucht worden, dabei habe sich ein unauffälliger Befund ergeben. Die Impfung am 9. Januar sei von der STIKO (Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts) empfohlen gewesen.
Nach einer versorgungsärztlichen Auswertung dieser Unterlagen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13. Mai 2008 die Gewährung einer Beschädigtenversorgung wegen eines Impfschadens ab. Nach den beigezogenen ärztlichen Unterlagen sei eine außergewöhnliche Impfreaktion mit Einschluss des peripheren oder zentralen Nervensystems nicht wahrscheinlich. Die Klägerin sei vom 9. Februar bis 1. März 2007 wegen Infekten der oberen Atemwege behandelt worden. Nach der Aufnahme in das O.-Hospital am 9. März 2007, acht Wochen nach der Impfung, seien die akuten Gleichgewichtsstörungen mit Fallneigung als anlagebedingte Stoffwechselstörung (Leigh-Syndrom) gedeutet worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und einer "halbseitigen Lähmung" sei daher unwahrscheinlich.
Die Eltern erhoben für die Klägerin Widerspruch. Sie führten aus, die Klägerin sei bis zur Impfung am 9. Januar 2007 ein gesundes Kind gewesen. Im Nachhinein betrachtet habe sie schon zuvor heftig auf Impfungen reagiert, so seien nach der zweiten FSME-Impfung extreme Reaktionen aufgetreten. Die Verdachtsdiagnose "Leigh-Syndrom" habe sich nicht bestätigt. Gegen diese Diagnose spreche auch, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin nach einer anthroposophischen und chiropraktischen Behandlung wesentlich verbessert habe. Hierzu legten die Eltern weitere ärztliche Unterlagen vor, darunter den Befundbericht von Prof. Dr. W. vom 5. April 2007, wonach auf Grund einer Analyse der im O.-Hospital entnommen mtDNA (mitchondrialen DNA) der Klägerin drei häufige Punktmutationen (MERRF, MELAS und NARP) ausgeschlossen worden waren. Die Nachfrage des Beklagten nach den Anschriften der behandelnden Ärzte und Vorlage einer Schweigepflichtentbindung für weitere Ermittlungen beantworteten die Eltern der Klägerin nicht.
Der Beklagte erließ daraufhin den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2009. Nach den zusätzlich vorgelegten Unterlagen sei ein Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung am 9. Januar 2007 und der Erkrankung nicht wahrscheinlich. Auch bei einer Stoffwechselstörung, von der auszugehen sei, sei eine teilweise Besserung des klinischen Befundes denkbar, eine Beweiskraft für einen Impfschaden habe eine solche jedoch nicht. Weitere Ermittlungen hätten nicht durchgeführt werden können.
Hiergegen hat die Klägerin, vertreten durch ihre Eltern, am 22. Februar 2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, zu deren Begründung sie behauptet hat, bereits nach der zweiten FSME-Impfung am 4. September 2006 habe sie nach wenigen Stunden hohes Fieber, Nackenschmerzen und Durchfall entwickelt. Die Symptome seien so heftig gewesen, dass ein Meningismus habe ausgeschlossen werden müssen. Ferner habe sie zwei Tage nach der Impfung vom 9. Januar 2007 Durchfall und Erbrechen entwickelt. Nach den aktenkundigen Behandlungen wegen Infekten vom 9. Februar bis 1. März 2007 sei ihre Haut am 6. März 2007 blass gewesen, bevor am 9. März 2007 jene Symptome aufgetreten seien, die zu der notfallmäßigen Einweisung in das O.-Krankenhaus geführt hätten. Auch nach der Pneumokokken-Impfung am 2. Juli 2007 seien Durchfall, Erbrechen und ein Infekt aufgetreten. Ab dem 7. Februar 2008 sei es erneut zu erheblichen Lähmungen gekommen, die Sprache sei verwaschen und das Gesicht blass gewesen. Ein Chiropraktiker habe am 11. Februar 2008 den Altlaswirbelbereich justiert, daraufhin sei der Kopf wieder durchblutet worden und sie habe wieder gehen und sprechen können. Allerdings seien noch Restlähmungen vorhanden, auch der Nervus (N.) peronäus sei dauerhaft geschädigt. Ferner hat die Klägerin vorgetragen, dass die zeitlichen Rahmen zwischen der Impfung und dem Auftreten der ersten Symptome, wie sie die medizinische Wissenschaft zu Grunde lege, erfüllt seien. Die Klägerin meint, die MMR-Impfung am 9. Januar 2007 bzw. auch die zweite FSME-Impfung zuvor seien wahrscheinlich die Ursache der Ausfallerscheinungen, zumal eine Grunderkrankung trotz umfangreicher differenzialdiagnostischer Untersuchungen nicht habe festgestellt werden können, insbesondere nicht das Leigh-Syndrom.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat vorgetragen, nach Meningokokken-Impfungen gebe es in der Wissenschaft keine Evidenz für einen Zusammenhang mit Erkrankungen des Nervensystems. Für Masernimpfungen seien zwar wenige Fälle mit Masern-Einschluss¬körperchen-Enzephalitis bei schweren Immundefekten beschrieben, jedoch fänden sich bei der Klägerin keine Hinweise für eine entzündliche Erkrankung des Gehirns.
Das SG hat zunächst die medizinischen Behandler der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. C. hat mitgeteilt, er sei womöglich befangen, da ihn die Eltern der Klägerin wegen angeblich fehlender Aufklärung über die Folgen der Impfungen und Körperverletzung zivilrechtlich in Anspruch nähmen. In der Sache hat er angegeben, die Klägerin leide an einer noch nicht genau klassifizierten, genetisch verursachten Mitochondriopathie, die nicht auf die Impfungen zurückzuführen sei. Er hat ferner Angaben zu dem weiteren Schub dieser Erkrankung Anfang Februar 2008 nach zwischenzeitlicher Verbesserung gemacht. Der Neuropädiater Dr. M. hat bekundet, die Klägerin Anfang und Mitte 2008 gesehen zu haben, er habe Entwicklungsverzögerungen im motorischen und sprachlichen Bereich festgestellt, ein Zusammenhang mit der Impfung am 9. Januar 2007 sei weder sicher auszuschließen noch zu bejahen. Die Symptome am 9. März 2007 und die Befunde im O.-Hospital hätten vielmehr auf eine mitochondriale Stoffwechselstörung und damit gegen einen Impfschaden gedeutet, jedoch hätten andere Befunde auch gegen diesen Verdacht gesprochen. Der erneute Einbruch im Februar 2008 und der zeitliche Abstand der erste Symptome nach der Impfung am 9. Januar 2007 sprächen gegen einen Impfschaden. Der Heil- und Chiropraktiker Mo. hat einen Behandlungsbericht vom 3. März 2010 vorgelegt, in dem er ausführt, ihm sei bekannt, dass weltweit Kinder Schäden durch Impfungen erlitten, denn das Nervensystem werde durch Zusatz- und Konservierungsstoffe in dem Impfstoff angegriffen. Er selbst habe durch eine Justierung des Altlaswirbels bei der Klägerin massive Verbesserungen erzielt, nach der weiteren krankengymnastischen Behandlung (bei einer anderen Behandlerin) habe sich die Genesung weiter beschleunigt, nunmehr sei die Klägerin zu fast 100 % wieder funktionsfähig, nur der Peronäusmuskel sei, vermutlich auf Grund der sinnlosen Muskelbiopsie im O.-Hospital, dauerhaft geschädigt worden. Der Arzt für Allgemeinmedizin, Akupunktur und Naturheilverfahren Dr. Z. hat bekundet, der Zustand der Klägerin habe sich nach Impfungen jeweils eindeutig erheblich verschlechtert, der erste nur noch zum Teil reversible Impfschaden sei nach der Meningokokken-Impfung aufgetreten, trotz dieser Symptome sei weiter geimpft worden; er gehe auf Grund seiner langjährigen Erfahrung als Impfarzt von einem Impfschaden aus. Der Zustand der Klägerin habe sich erheblich verbessert. Der Allgemeinmediziner Dr. He. hat mitgeteilt, bei der Klägerin beständen noch eine Peronäusparese rechts mit Spitzfußstellung, eine Achsenabweichung im rechten Bein sowie Koordinations- und Gangstörungen der rechten Körperhälfte. Diese Symptome seien mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Impfung am 9. Januar 2007 zurückzuführen (Meningokokken), insbesondere weil dort noch neurologische Auffälligkeiten vorgelegen hätten, die ihrerseits mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die zweite FSME-Impfung am 4. August 2006 zurückzuführen gewesen seien. Dieser Arzt hat gemeint, bereits diese FSME-Impfung habe nicht durchgeführt werden dürfen, weil weniger als zwei Wochen davor, am 21. Juli 2006, noch ein Infekt vorgelegen habe. Außerdem sei eine Kombinationsimpfung gegen MMR und Meningokokken nicht erlaubt. Der Neuropädiater Dr. Ma. vom O.-Hospital S. hat Angaben zu dem stationären Aufenthalt der Klägerin ab dem 9. März 2007 gemacht, die Untersuchungen des bei der Muskelbiopsie entnommenen Gewebes hätten – nur – eine leichte Erniedrigung des Pyruvatdehydrogenase-Komplexes ergeben, die übrigen Werte für die Komplexe I bis VI (der Atmungskette bzw. des Zellstoffwechsels) seien normal gewesen. Punktmutationen in der mitochondrialen DNA hätten ausgeschlossen werden können. Eine Untersuchung an Fibroblasten (Bindegewebszellen) habe aber eine heterozygote Mutation im PDHB-Gen ergeben, das für eine Untereinheit des Pyruvatdehydrogenase-Komplexes verantwortlich sei. Ob von dieser Mutation sicher auf einen Pyruvatdehydrogenase-Mangel geschlossen werden könne, sei nur nach einer DNA-Untersuchung von Mutter und Vater möglich, die aber nicht erfolgt sei. Wegen dieser Befunde und der massiven Laktat-Azidose (Anstieg des Laktat-Gehalts in Blut und Gewebe mit Absinken des pH-Werts), die während des Aufenthalts aufgetreten sei, sei der dringende Verdacht auf eine mitochondriale Stoffwechselstörung geäußert worden, jedoch habe diese Diagnose genetisch nicht vollständig gesichert werden können. Die damaligen Symptome der Klägerin seien nicht auf eine Impfung gegen Masern, Mumps, Röteln oder Meningokokken zurückzuführen. Als Folge solcher Impfungen seien ein entzündliches Geschehen bzw. eine Autoimmunerkrankung zu erwarten, aber keine Stoffwechselstörung mit massiver Laktat-Azidose wie hier.
Das SG hat sodann von Amts wegen das kinderneurologische Gutachten/Impfgutachten bei Prof. Dr. R. vom 27. September 2011 erhoben.
Der Sachverständige hat nach Auswertung der vorhandenen ärztlichen Unterlagen und einer ambulanten Untersuchung der Klägerin mitgeteilt, diagnostisch liege ein Krankheitsbild aus dem Formenkreis der mitochondrialen Enzephalopathien mit einer rechtsseitigen Pyramidenbahnläsion, einer Störung der extrapyramidalen Motorik im Sinne einer dystonen Bewegungsstörung und unwillkürlichen Bewegungen, einer Ataxie der Extremitäten sowie ein Verdacht auf eine Polyneuropathie vor. Diese Erkrankung sei nicht mit Wahrscheinlichkeit auf eine der angeschuldigten Impfungen gegen FSME, MMR, Meningo- oder Pneumokokken zurückzuführen. Auf Grund des klinischen Bildes hätten die Ärzte noch vor einigen Jahren eine mitochondriale Erkrankung als gesichert diagnostiziert. Inzwischen werde aber für diese Diagnose zusätzlich ein genetischer Nachweis gefordert, der hier mangels genetischer Untersuchungen der Eltern noch nicht habe geführt werden können. Daher stellten die behandelnden Ärzte nur eine entsprechende Verdachtsdiagnose. Der Vater, der die Klägerin begleitet habe, sei darauf hingewiesen worden, dass zur abschließenden Aufklärung eine solche Untersuchung der Eltern angezeigt sei. Er habe mitgeteilt, sich mit seiner Rechtsanwältin beraten zu wollen und sich dann erneut bei dem Sachverständigen zu melden. Dies sei dann aber nicht geschehen. Daher bleibe es bei der Verdachtsdiagnose.
Prof. Dr. R. hat sodann zum Ablauf und zu denkbaren Störungen des Zellstoffwechsels und zur wissenschaftlichen Entwicklung bei der Diagnose mitochondrialer Erkrankungen umfangreich Stellung genommen. Ferner hat er die Aussagen der sachverständigen Zeugen gewürdigt. Zu dem Vorwurf des Chiropraktikers Mo., die Muskelbiopsie sei sinnlos gewesen und habe den N. peronäus geschädigt, hat Prof. Dr. R. ausgeführt, diese sei für die Diagnose einer mitochondrialen Erkrankung notwendig und habe den M. Quadrizeps betroffen, sodass der N. peronäus nicht habe tangiert werden können. Die Anmerkung von Dr. Z., im CT des Schädels sei "deutlich eine Impfschädigung" zu sehen, treffe nicht zu, vielmehr seien die Bilder sehr typisch für eine Stoffwechselstörung, wobei im Vordergrund der Morbus Leigh stehe. Die Vorwürfe von Dr. He. gegen Dr. C. wegen der zeitlichen Abstände zwischen Impfungen und Kontra-Indikationen bei der zweiten FSME-Impfung träfen zumindest nach jetzigem ärztlichen Kenntnisstand nicht zu. Allerdings sei auch Dr. C.s Einschätzung, es hätten schon vor der Impfung neurologische Schädigungen bestanden, unzutreffend zumindest habe dieser Arzt in seinen Unterlagen solche nicht dokumentiert. Zu dem zeitlichen Fenster zwischen der Impfung am 9. Januar 2007 und dem ersten Schub der Erkrankung am 9. März 2007 hat Prof. Dr. R. ausgeführt, dieses Indiz mache einen Zusammenhang jedenfalls nicht "sehr wahrscheinlich", denn es werde zwar ein Fenster von zwei Monaten postuliert, aber üblicherweise träten Impfreaktionen früher auf. Abschließend hat der Sachverständige noch zu Zusatz- und Konservierungsstoffen in den verwendeten Impfstoffen Stellung genommen. Er hat ausgeführt, in der Literatur seien Thiomersal und Aluminiumverbindungen angeschuldigt bzw. diskutiert worden. Thiomersal sei, auch wenn frühere Studien einen Zusammenhang zu Autismus nicht belegt hätten, vor 2007 aus den Impfstoffen herausgenommen worden. Für Aluminiumzusätze würden demyelinisierende Erkrankungen wie Multiple Sklerose (MS), die akute demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM) und das Guillan-Barré-Syndrom (GBS) diskutiert. Immer jedoch sei in den klinischen Studien zunächst eine MMF (Makrophagische Myofascitis) nach einer Impfung beschrieben worden. Bei der Klägerin hätten weder eine MMF vorgelegen noch liege einer jener Erkrankungen vor, für die ein Zusammenhang zu Aluminiumzusätzen überhaupt diskutiert werde.
Die Klägerin ist diesem Gutachten mit umfangreichen Beanstandungen zu den Grundlagen von Prof. Dr. R.s Feststellungen entgegengetreten.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat das SG sodann Dr. H. mit einem weiteren Gutachten beauftragt, wobei die Klägerin auch die Beweisfragen vorformuliert hat. Dieser Sachverständige ist unter dem 7. Mai 2012 zu dem Ergebnis gekommen, bei der Klägerin liege mit aller Wahrscheinlichkeit eine genetisch verursachte mitochondriale Enzephalopathie vor, die für die gesamte neurologische Symptomatik verantwortlich sei. Für diese Erkrankung hätten die Impfungen vom 9. Januar 2007 und zuvor keine Rolle gespielt. Im Einzelnen hat dieser Sachverständige dargelegt, für eine mitochondriale Enzephalopathie bei der Klägerin sprächen der klinische Verlauf mit mehreren Schüben, die Laborwerte mit erhöhter Ausscheidung von Laktat und Pyruvat im Urin im März 2007, die Befunde der CT-Untersuchung mit multifokalen Hyperintensitäten im Putamen (Bereich des Großhirns) und der Medulla oblongata (Bereich zwischen Mittelhirn und Rückenmark) rechts und keinem Hinweis auf ein immunologisch vermitteltes Geschehen im Liquor. Die bei der Klägerin vorliegenden klinischen Einschränkungen und auch die Messwerte seien in der medizinischen Wissenschaft bislang nirgendwo als Komplikationen nach Lebend- (Priorix) oder inaktiven Impfungen (Meningitec) beschrieben worden. Dr. H. hat sodann das Bild der postvakzinalen Enzephalitis dargestellt, für das ein Zusammenhang mit Impfungen, vor allem Pockenimpfungen, diskutiert werde, insbesondere das klinische Bild, die Messwerte im Liquor und die zu erwartenden Ergebnisse aus MRT-Unter¬su-chun¬gen. Das Gleiche hat er für immunologisch verursachte Gehirnentzündungen wie das GBS, die MS und die ADEM gemacht. Er hat darauf hingewiesen, dass zunehmend die alu¬mi-niumhaltigen Adjuvantien mancher Impfstoffe, wie sie z.B. Meningeitec enthalte, für schwere immunologisch vermittelte Reaktionen verantwortlich gemacht würden, wie z.B. für das 2010 erstmals beschriebene ASIA-Syndrom. Solche Erkrankungen lägen hier jedoch nicht vor.
Die Klägerin ist auch diesem Gutachten mit umfangreichen Ausführungen zum Ablauf der Impfungen und der Impfgeschichte insgesamt entgegengetreten.
Hierzu hat Dr. H. am 11. September 2012 ergänzend Stellung genommen. Insbesondere hat er ausgeführt, die geschilderten Beschwerden, die womöglich nach den früheren Impfungen aufgetreten seien, stünden nicht in Zusammenhang mit der späteren Hirnerkrankung. Ein Zusammenhang zwischen den Laborauffälligkeiten im März 2007 und einer – jetzt behaupteten – mangelnden Flüssigkeitszufuhr sei nicht erkennbar. Insgesamt passe der Erkrankungsverlauf nicht zu einer entzündlichen Hirnerkrankung, wie sie nach Impfungen selten auftreten könne.
Die Klägerin ist dieser Stellungnahme entgegengetreten. Sie hat erneut vorgetragen, sie habe einige der von Dr. H. angenommenen (früheren) Impfungen nicht erhalten. Ferner widerspreche sein Gutachten eigenen Ausführungen in einem im Internet veröffentlichten Aufsatz zur MMF (www.impfkritik.de/makrophgische.myofacitis [Angabe der Domain durch die Klägerin]).
In weiterer Erwiderung hierauf hat Dr. H. an seinen Einschätzungen festgehalten.
In der mündlichen Verhandlung beim SG am 20. Februar 2013 hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, sie leide auch einer Sehschwäche (Kurzsichtigkeit rechts), was die Augenärztin auf einen Impfschaden zurückführe. Ferner habe ihr Dr. Mad. telefonisch mitgeteilt, nicht an seiner Zeugenaussage vom 19. Februar 2010 festzuhalten, weil ihm nicht mitgeteilt worden sei, dass sie im weiteren Verlauf des Jahres 2007 auch gegen Pneumokokken geimpft worden sei.
Mit Urteil vom selben Tage hat das SG die Klage abgewiesen. Sie sei ungeachtet einer Auseinandersetzung mit dem (primären) Impfschaden spätestens wegen des fehlenden Nachweises eines Ursachenzusammenhangs unbegründet. Ein Kausalzusammenhang zwischen den Impfungen gegen MMR und Meningokokken am 9. Januar 2007 und den Ausfallerscheinungen am 9. März 2007 sei nicht wahrscheinlich. Es sprächen mehr Indizien gegen einen solchen Zusammenhang als dafür. Bereits der zeitliche Abstand von zwei Monaten liege zwar noch im grundsätzlich relevanten Bereich, jedoch nicht mehr in ganz enger Nähe. Die weiteren Indizien, wie sie die Gutachter Prof. Dr. R. und Dr. H. insbesondere auf Grund der medizinischen Unterlagen gewürdigt hätten, sprächen gegen einen Kausalzusammenhang. Die CT-Untersuchung des Schädels am 10. März 2007, die Muskelbiopsie und die Untersuchung des entnommenen Gewebes hätten Symptome für einen mitochondrialen Enzymdefekt gezeigt. Die Sachverständigen hätten unter Würdigung der wissenschaftlichen Literatur dargelegt, dass als Folge einer MMR-Impfung ein entzündliches Geschehen bzw. eine Autoimmunerkrankung zu erwarten seien. Eine solche sei nicht aufgetreten. Die Symptome der Klägerin, insbesondere die massive Laktat-Azidose, seien nicht als Reaktion auf eine Impfung bekannt. Weiterhin spreche gegen einen Impfschaden, dass die zweite Episode der Erkrankung im Jahre 2008 aufgetreten sei, ohne dass die Klägerin zuvor eine Impfung erfahren habe. Die letzte zuvor gegen Pneumokokken habe sieben Monate zurückgelegen. Das SG hat abschließend die Einwendungen der Kläger und die Ausführungen der sachverständigen Zeugen Dr. Z., Dr. Hessenbrauch und Mo. gewürdigt, insbesondere wegen aluminiumhaltiger Adjuvantien in den verwendeten Impfstoffe. Hierbei habe es sich im Wesentlichen um allgemeine Ausführungen gehandelt, aber daraus ergäben sich keine konkreten Indizien für einen Ursachenzusammenhang.
Gegen dieses Urteil, das ihren Prozessbevollmächtigten am 4. März 2013 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 27. März 2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt, die zunächst unter dem Az. L 6 VJ 1395/13 geführt worden ist.
Die Klägerin hat ihre Behauptung vertieft, bereits ein bis zwei Tage nach der Impfung am 9. Januar 2007 hätten Durchfall und Erbrechen eingesetzt, einen Monat danach, am 9. Februar 2007, habe die Erkrankung der oberen Atemwege begonnen, am 6. März 2007 sei die Klägerin blass gewesen, bevor am 9. März 2007 Ataxien und verwaschene Sprache eingesetzt hätten. Im weiteren trägt die Klägerin erneut zu dem zweiten Schub ab dem 7. Februar 2008 vor. Sie meint, weder dem Gutachten von Prof. Dr. R. noch dem Gutachten von Dr. H. sei zu folgen. Beide gingen von falschen Tatsachen aus. Dr. H. habe ihr außerdem vor Jahren erklärt, mit hoher Wahrscheinlichkeit liege ein Impfschaden vor, sei nunmehr aber von seiner damaligen Erklärung abgerückt, weswegen auf seine Angaben nichts zu geben sei. Die Klägerin hat außerdem zahlreiche Arztberichte über sich und wissenschaftliche Artikel zu Impfschäden vorgelegt, darunter einen Bericht über ihre Behandlung mit Ausführungen zu mutmaßlichen Ursachen ihrer Schädigungen von Dr. Mo. vom 22. März 2013.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten. Er hat die vorgelegte Stellungnahme von Dr. Mo. versorgungsärztlich auswerten lassen und trägt hierzu vor, eine mögliche Verbesserung der Symptomatik unter verschiedenen Behandlungsansätzen, auch jenen Dr. Mo.s, oder auch im Spontanverlauf schließe weder eine mitochondriale Enzephalopathie aus, noch beweise sie im Umkehrschluss eine Impfschädigung.
Auf übereinstimmenden Antrag beider Beteiligter hat der Senat mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Als Begründung dafür ist angegeben worden, es solle der weitere Behandlungsverlauf bei Dr. Mo. abgewartet werden.
Am 19. Mai 2015 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen (L 6 VJ 2133/15). Sie teilt mit, sie habe ganz erhebliche gesundheitliche Fortschritte gemacht. Dr. Mo. habe die Behandlung fortgesetzt und könne als sachverständiger Zeuge Angaben zur Kausalitätsfrage machen. Hierzu hat sie den Bericht dieses Arztes vom 16. Juli 2015 vorgelegt. Darin hat Dr. Mo. ausgeführt, bei der Klägerin sei es 2007 nach der MMR- und Meningokokken-C-Impfung um Leben und Tod gegangen, desgleichen 2008 nach der Pneumokokken-Impfung. Nach jener Impfung sei sie nicht mehr geimpft worden, seitdem habe es drastische und deutliche Verbesserungen gegeben. Diese Verbesserungen sprächen gegen einen Gendefekt und für einen wahrscheinlichen Zusammenhang zu den Impfungen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2013 und den Bescheid vom 13. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2009 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihr auf Grund der am 9. Januar 2007 erfolgten Impfungen gegen Mumps, Masern, Röteln und Meningokokken und der damit verbundenen Gesundheitsschäden Versorgungsleistungen zu gewähren, hilfsweise, Dr. Mo. als sachverständigen Zeugen zur Erläuterung der ärztlichen Stellungnahme vom 16. Juli 2015 in eine mündliche Verhandlung zu laden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält unter Vorlage zweier versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. G. an seiner Ansicht fest, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der angeschuldigten Impfung und den Gesundheitsschäden der Klägerin nicht wahrscheinlich sei. Eine genetisch bedingte (angeborene) mitochondriale Enzephalopathie sei zwar nicht endgültig gesichert, nach dem klinischen Verlauf, den Laborbefunden und der bildgebenden Diagnostik aber sehr wahrscheinlich. Bei mitochondrialen Erkrankungen sei selbst bei schweren neurologischen Defiziten eine teilweise vollständige Erholung möglich. Die Verbesserung des Krankheitsbildes sage nichts über dessen Ursache aus, worauf bereits Prof. Dr. R. hingewiesen habe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, denn die Klägerin begehrt unbefristet eine "Beschädigtenversorgung" und damit laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie die Klägerin form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben.
Der Senat konnte in der Sache über die Berufung entscheiden.
Der Hilfsbeweisantrag der Klägerin, Dr. Mo. als sachverständigen Zeugen mündlich zu vernehmen, war abzulehnen. Ein Beweisantrag, auch ein Antrag auf Vernehmung eines (sachverständigen) Zeugen nach §§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 373 ff. Zivilprozessordnung (ZPO, hier weiter i.V.m. § 414 ZPO) muss nach § 373 ZPO die "Tatsachen, über welche die Vernehmung des Zeugen stattfinden soll", bezeichnen. Neben dem Beweismittel muss der Antragsteller daher auch das Beweisthema so konkret wie möglich benennen. Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt das Gericht in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit des Beweisantrags zu prüfen und gegebenenfalls abzulehnen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Unbestimmte bzw. unsubstanziierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahe zu legen (vgl. BSG Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 33/11 R - Juris Rz. 26; BSG, Beschluss vom 7. Oktober 2016 – B 9 V 28/16 B –, juris, Rz. 14). Dies gilt insbesondere, wenn zu einem medizinisch geprägten Beweisthema bereits Aussagen von Zeugen und Sachverständigen vorliegen. Je mehr Beweisergebnisse vorliegen, desto genauer muss der Antragsteller von ihm behauptete Unterschiede zum Gegenstand des Beweisthemas machen (BSG, Beschluss vom 10. Oktober 2016 – B 13 R 172/16 B –, juris, Rz. 12). Diesen Anforderungen genügt der Antrag der Klägerin, Dr. Mo. "zur Erläuterung seiner Stellungnahme vom 16. Juli 2015" zu vernehmen, ersichtlich nicht, zumal die sieben Punkte dieser Stellungnahme im Hinblick auf das denkbare Beweisthema (Indizien für einen Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und Gesundheitsschäden) weitgehend nichtssagend sind (die Klägerin sei untersucht worden, es sei um Leben und Tod gegangen, es habe deutliche und drastische Verbesserungen gegeben, Dr. H. sei von falschen Tatsachen ausgegangen).
Es war weder von Amts wegen noch nach § 109 SGG ein weiteres Gutachten einzuholen. Eine weitere Expertise nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO ist unter anderem nur dann zu erheben, wenn das Gericht das schon vorliegende Gutachten für ungenügend, also formal nicht verwertbar hält. Die Würdigung des Inhalts eines Gutachtens, die originäre richterliche Aufgabe ist, kann nicht zur Erhebung eines neuen Gutachtens führen. Die Voraussetzungen des § 412 Abs. 1 ZPO liegen folglich nicht vor, sodass die rechtliche Frage offen bleiben kann, ob diese Norm in den Fällen des § 109 Abs. 1 SGG überhaupt anwendbar ist. Jedenfalls trifft der Vorwurf der Klägerin nicht zu, der im Rahmen dieser Norm beauftragte Sachverständige Dr. H. sei von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Er hat alle Impfungen der Klägerin, wie sie sich aus dem Impfausweis ergaben, berücksichtigt. Entsprechend ihrem Klageantrag, der sich von Anfang an auf die Impfungen am 9. Januar 2007 beschränkt hat (vgl. Urteil des Senats vom 21. April 2015 - L 6 VS 1460/13 - juris, Rz. 71), war der Sachverständige nur beauftragt, sich zum Ursachenzusammenhang zwischen diesen Impfungen und den Gesundheitsschäden der Klägerin zu äußern. Dass er darüber hinaus auch einen Zusammenhang zu anderen Impfungen untersucht und verneint hat, macht sein Gutachten nicht unverwertbar.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Antrag auf eine Verurteilung zu "Versorgungsleistungen", auch wenn diese Leistungen nur mündlich in der Verhandlung am 17. November 2016 auf "Rente" konkretisiert worden ist, noch zulässig; er ermöglicht zumindest den Erlass eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 SGG.
Die Klage ist nicht begründet.
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist § 60 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz, IfSG) i.V.m. § 9 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erhält eine Person, die wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen oder auf Grund des IfSG angeordnet wurde oder gesetzlich vorgeschrieben war oder auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG. Gemäß § 2 Nr. 11 IfSG ist ein Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung (hierzu und zu allem Folgendem Urteil des Senats vom 21. April 2015 – L 6 VJ 1460/13 –, juris, Rz. 61 ff.)
Unter Berücksichtigung der im Sozialen Entschädigungsrecht und mithin auch für das IfSG geltenden allgemeinen Grundsätze bedarf es für einen solchen Anspruch folgender Vor-aussetzungen (vgl. dazu auch Urteile des Senats vom 21. Februar 2013 - L 6 VJ 4771/12 - und vom 20. Juni 2013 - L 6 VJ 599/13): Es müssen eine unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfolgte Schutzimpfung, der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, sowie eine - dauerhafte - gesundheitliche Schädigung, also ein Impfschaden, vorliegen (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VJ 1/10 R, terminologisch anders noch die Rechtsprechung des BSG nach dem Bundesseuchengesetz, wonach als Impfschaden die über die übliche Impfreaktion hinausgehende Schädigung, also das zweite Glied der Kausalkette, bezeichnet wurde, so z. B. BSG, Urteil vom 19. März 1986 – 9a RVi 2/84 –, BSGE 60, 58-61, juris Rz. 9). Die Schutzimpfung muss nach der im Sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltenden Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Eintritt der Impfkomplikation und diese wesentliche Ursache für die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, den Impfschaden, sein. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist.
In diesem Rahmen müssen die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sog. Vollbeweis - feststehen. Allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge reicht der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus (§ 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSG, a.a.O., juris Rz. 8). Da die fraglichen Umstände (Indizien), die für diese Wahrscheinlichkeitsentscheidung relevant sind, medizinisch zu ermitteln und zu bewerten sind, bedarf es ärztlichen Sachverstandes. Wahrscheinlichkeit liegt daher vor, wenn nach der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung auf der Basis des konkreten Falles mehr dafür als dagegen spricht, wenn also die für einen Zusammenhang sprechenden Umstände aus ärztlicher Sicht deutlich überwiegen (vgl. Meßling, in Knickrehm, Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, § 61 IfSG, Rz. 8).
Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.
Alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, sind auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten, auch wenn ein bestimmter Vorgang unter Umständen vor längerer Zeit stattgefunden hat (BSG SozR 3-3850 § 52 Nr. 1 S. 3).
Bei der jeweils vorzunehmenden Kausalbeurteilung sind im Sozialen Entschädigungsrecht die bis Ende 2008 in verschiedenen Fassungen geltenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) anzuwenden und zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelte es sich bei den schon seit Jahrzehnten von einem Sachverständigenbeirat beim zuständigen Bundesministerium (jetzt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS]) erarbeiteten und ständig weiterentwickelten AHP um eine Zusammenfassung medizinischen Erfahrungswissens und damit um sog. antizipierte Sachverständigengutachten (siehe nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 9). Die AHP waren in den Bereichen des Sozialen Entschädigungsrechts und im Schwerbehindertenrecht generell anzuwenden und wirkten da¬durch wie eine Rechtsnorm ("normähnlich"). Die AHP enthielten in allen hier zu betrachtenden Fassungen (2005 bis 2008) unter den Nrn. 53 bis 142/143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen, wobei die Nr. 56 Impfschäden im Allgemeinen und die Nr. 57 Schutzimpfungen im Einzelnen zum Inhalt hatten. Die detaillierten Angaben zu Impfkomplikationen bei Schutzimpfungen in Nr. 57 AHP 2005 waren allerdings Ende 2006 aufgrund eines Beschlusses des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" beim BMAS gestrichen und durch folgenden Text ersetzt worden: "Die beim Robert-Koch-Institut eingerichtete Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (Impfschaden). Die Arbeitsergebnisse der STIKO werden im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht und stellen den jeweiligen aktuellen Stand der Wissenschaft dar. Die Versorgungsmedizinische Begutachtung von Impfschäden (§ 2 Nr. 11 IfSG und Nr. 56 Absatz 1 AHP) bezüglich Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Kann-Versorgung ist jedoch ausschließlich nach den Kriterien von § 60 IfSG durchzuführen."
Die seit dem 1. Januar 2009 an die Stelle der AHP getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung, die indes anders als die AHP keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern enthält, sodass insoweit entweder auf die letzte Fassung der AHP (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten, genutzt werden müssen (Urteil des Senats vom 21. April 2015, a.a.O., juris Rz. 70).
Die MMR- und Meningokokken-Impfung am 9. Januar 2007, die als Ursache der Schädigungen der Klägerin angeschuldigt wird, war eine von der STIKO empfohlene Standard¬-Impfung. Insbesondere war der Impfstoff Meningitec gegen Meningokokken der Serogruppe C gerichtet (vgl. Paul-Ehrlich-Institut, http://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoff-impfstoffe-fuer-den-men¬schen/me¬ningokokken/meningokokken-node.html, abgerufen am 3. November 2016). Diese Impfung ist ebenfalls - anders als Impfungen gegen Meningokokken der Serogruppe B - öffentlich empfohlen (vgl. Empfehlungen der STIKO, Stand August 2015, veröffentlicht im Epidemiologischen Bulletin 34/2015, S. 338 f.; https://www.rki.de/DE/Con-tent/Infekt/EpidBull/Archiv/2015/ Aus¬ga¬ben/34 15.pdf? blob=publicationFile, abgerufen am 5. November 2016). Damit fielen diese Impfungen unter den Schutz des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Dass die Impfungen stattgefunden haben, ist zwischen den Beteiligen unstreitig und folgt aus dem Impfausweis, der nach § 22 Abs. 1 und 2 IfSG eine öffentliche Urkunde darstellt und daher Beweiskraft nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 418 ZPO entfaltet. Hieraus ergibt sich weiter, welcher Impfstoff mit welcher Ch.-B. damals verwendet worden ist.
Als - mögliche - Impfkomplikation, also die unmittelbar auf die Impfung folgende gesundheitliche Reaktion legt der Senat jene Symptome zu Grunde, wie sie in der Patientenkartei von Dr. C. für den 9., 13. und 15. Februar sowie 1. März 2007 beschrieben sind. Hierbei handelt es sich zunächst um Husten und Schnupfen ohne Fieber, das nach den Angaben der Eltern bei Dr. C. am Vortag (8. Februar 2007) begonnen hatte. Bei der zweiten Untersuchung war Durchfall hinzugekommen. Für den 15. Februar 2007 war - erstmals bei diesen Untersuchungen - "Erbrechen (einmal)" verzeichnet, im Übrigen konnte Dr. C. eine Austrocknung ausschließen. Am 1. März 2007 lagen noch "Schnupfen, beide Augen verklebt und geschwollen" vor. Dr. C. hatte zu diesen Symptomen zunächst einen Infekt der oberen Luftwege und sodann eine eitrige Konjunktivitis diagnostiziert. Zu diesen Erkrankungen kommen - im Vordergrund stehend - die Symptome, die bei der Klägerin ab der Mittagszeit des 9. März 2007 aufgetreten sind, wie sie ihre Eltern am späten Abend dieses Tages bei der Einlieferung in das O.-Hospital geschildert haben. Hierbei handelte es sich initial um eine verwaschene Sprache und Bewegungsstörungen. Weitere Symptome wurden dann in der Klinik beschrieben. Die Ataxie, die einen progredienten Verlauf nahm, war dann erst Ursache für die stationäre Aufnahme, was der Senat dem Entlassungsbericht entnimmt.
Der Senat konnte sich hingegen nicht davon überzeugen, dass bei der Klägerin noch andere Symptome vorlagen oder dass solche bereits unmittelbar nach der Impfung aufgetreten sind. Im Laufe des Verfahrens war anfangs für die Zeit unmittelbar nach der Impfung kein Gesundheitsschaden geschildert worden. Dass bereits "zwei Tage" nach der Impfung am 9. Januar 2007 Symptome aufgetreten seien, wurde erstmals beim SG geschildert. Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurden diese Symptome immer dramatischer dargestellt, ohne dass die geschilderten in irgendeiner Weise objektiviert, d. h. insbesondere in den zeitnahen ärztlichen Befunden ihren Niederschlag gefunden haben. Die später vorgebrachten Ausführungen der Eltern der Klägerin, Erbrechen und Durchfall hätten bereits "ein bis zwei Tage nach der Impfung" eingesetzt, reichen zur Überzeugung des Senats nicht aus, um den Vollbeweis für eine solche - mögliche - Impfkomplikation als geführt anzusehen. Im Januar 2007 wurde die Klägerin nicht ärztlich behandelt, obwohl in den Jahren davor viele und regelmäßige Arztkontakte auch bei Infekten und ähnlichen Erkrankungen vorgelegen hatten. Wie sich aus Dr. C.s Eintragungen ergibt, hatten die Eltern dort bei der - insoweit ersten - Vorsprache am 9. Februar 2007 angegeben, Husten und Schnupfen hätten "gestern" eingesetzt. Insbesondere geht der Senat nicht davon aus, dass vor dem 15. Februar 2007 Erbrechen vorlag. An jenem Tag hatte Dr. C. dieses erstmals verzeichnet. Dagegen war es bei den vorherigen Behandlungen - wohl auf Grund der Angaben der Eltern - ausgeschlossen worden. Es ist aber davon auszugehen, dass Eltern ein solches Symptom, das dazu - nach ihren jetzigen Angaben - bei der ersten Vorstellung bei Dr. C. am 9. Februar 2007 schon seit fast einem Monat aufgetreten wäre, dem Arzt gegenüber nicht geleugnet hätten, zumal dies bei einem Kleinkind sofortiger therapeutischer Intervention bedurft hätte.
Ob bei der Klägerin ein dauerhafter Gesundheitsschaden vorliegt, der als Impfschaden in Betracht kommt, lässt der Senat - ebenso wie schon das SG - offen. Der jetzige Behandler Dr. Mo. hat zwar von einer weiteren, "drastischen" Verbesserung des Gesundheitszustandes gesprochen, aber es scheinen gleichwohl noch Restsymptome früherer Lähmungen vorzuliegen, eventuell auch die mehrfach erwähnte Schädigung des N. peronäus.
Die Klage hat deshalb keinen Erfolg, weil ein Ursachenzusammenhang zwischen der angeschuldigten Impfung am 9. Januar 2007 und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die ab dem 9. Februar und vor allem am 9. März 2007 aufgetreten sind, nicht wahrscheinlich im Sinne von § 61 Satz 1 IfSG gemacht worden ist.
Zunächst liegt kein Ursachenzusammenhang zwischen den Impfungen am 9. Januar 2007 und den Ausfallerscheinungen ab dem 9. März 2007 vor.
Ein Indiz für einen solchen Zusammenhang ist der zeitliche Abstand. Die Reaktion am 9. März 2007 zeigte sich 60 Tage nach der Impfung und lag damit an sich außerhalb der Zeitfenster, die bis zum Jahre 2006 in den AHP genannt waren und die seitdem in den entsprechenden Empfehlungen der STIKO genannt werden. Bereits in den AHP war als möglicher Impfschaden nach einer Masernimpfung mit Lebendimpfstoff eine akut entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems genannt, wenn sie - unter anderem - innerhalb von 7 bis 14 Tagen nach der Impfung auftritt, wobei Krampfanfälle, die innerhalb der ersten Woche nach der Impfung auftraten, nicht mit ihr zusammenhängen können. Für die Schutzimpfung gegen Röteln war als sehr seltene Folge nur eine chronische Arthritis verzeichnet. Bei der Impfung gegen Mumps war verzeichnet, dass sehr selten eine Meningitis nach 7 bis 30 Tagen auftreten kann. Längere Zeitfenster waren nicht vorgesehen. Diese gelten grundsätzlich auch noch, nachdem sie nicht mehr in den AHP aufgeführt sind. Die STIKO hat in ihren "Hinweisen für Ärzte zum Aufklärungsbedarf über mögliche unerwünschte Wirkungen bei Schutzimpfungen", Stand 2007 (veröffentlicht im Epidemiologischen Bulletin 25/2007, S. 210, 219 ff., Nrn. 19 bis 22; http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/E¬pid¬¬Bull/Ar¬chiv/2007/Ausgaben/25 07.pdf? blob=pub-licationFile, abgerufen am 5. November 2016) für die - allerdings grundsätzlich nicht als Impfkomplikation anerkannten - Verdachtsfälle einer akuten Enzephalitis/Enzephalopathie nach Masern-Impfung weiterhin ein Zeitfenster von 7 bis 14 Tagen genannt. Allerdings ist nunmehr für eine - sehr selten - anerkannte Impfkomplikation nach Masern- oder MMR-Impfung, nämlich die Masern-Einschlusskörperchen-Enzephalitis bei schwerer Immundefizienz (a.a.O., S. 222), eine Inkubationszeit von 5 Wochen bis 8 Monaten genannt. Vor diesem Hintergrund kann zu Gunsten der Klägerin im Einklang mit den ärztlichen Behandlern und den beiden Gerichtssachverständigen ein Zeitfenster von zwei Monaten zu Grunde gelegt werden. Prof. Dr. R. hat hierzu ausgeführt, in der Wissenschaft werde für das Auftreten von Impfkomplikationen - allgemein und nicht bezogen auf spezielle Impfungen - eine solche Inkubationszeit angenommen. Angesichts der vielen Unsicherheiten, die in Bezug auf Impfkomplikationen bestehen, kann dem gefolgt werden.
Jedoch ist die Erkrankung, die die Klägerin ab dem 9. März 2007 entwickelt hat, nach ihren Symptomen und ihrer diagnostischen Einordnung, soweit diese gelungen ist, nicht mit Wahrscheinlichkeit Folge der angeschuldigten Impfung.
Als Komplikationen nach Masern-, Mumps- oder MMR-Impfungen sind nach den Empfehlungen der STIKO anerkannt Fieberreaktionen (selten), allergische Reaktionen (sehr selten), Hautblutungen bei verminderter Blutplättchenzahl (thrombozytopenische Purpura, in Einzelfällen), länger anhaltende Gelenkentzündungen (Arhritiden) bei Jugendlichen und Erwachsenen (sehr selten), Hirnhautentzündung (Meningitis, sehr selten) sowie die schon genannte Masern-Einschluss¬kör¬per¬chen-Enzephalitis (in Einzelfällen und nur bei schwerer Immundefizienz). Für die Meningokok¬ken-Impfung (Serogruppe C) werden als Komplikationen Überempfindlichkeitsstörungen wie Urtikaria (selten) und anaphylaktoide Sofortreaktionen (in Einzelfällen) bzw. Fieberkrämpfe (in Einzelfällen) genannt (a.a.O., S. 224). Diese im Wesentlichen anerkannten Impfkomplikationen haben auch beide Sachverständige bezeichnet, die in erster Instanz gehört worden waren. Keine dieser Erkrankungen liegt bei der Klägerin vor.
Sie leidet andererseits auch nicht an einer Erkrankung, für die nach Ansicht der STIKO der Kausalzusammenhang zu einer Masern-, Mumps- oder MMR-Impfung bzw. einer Meningokokken-Impfung auszuschließen ist (Morbus Crohn, Diabetes, Autismus).
Aus diesen Gründen muss das Krankheitsbild der Klägerin im Einzelfall auf einen möglichen Ursachenzusammenhang mit den angeschuldigten Impfungen überprüft werden, wie es die AHP in ihrer letzten Fassung aus dem Jahre 2008 vorgesehen haben.
Die Gutachter Prof. Dr. R. und Dr. H. gehen übereinstimmend davon aus, dass die klinischen Symptome und die Ergebnisse der genetischen, histologischen und serologischen Untersuchungen, wie sie das O.-Hospital nach dem 9. März 2007 durchgeführt hat bzw. hat durchführen lassen, gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen. Diese Wertung steht auch in Übereinstimmung mit den Bewertungen des damals behandelnden Kinderarztes Dr. C. sowie des Klinikarztes Dr. Ma. vom O.-Hospital.
Dr. Ma. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 8. März 2010 bekundet, bei der CT-Untersuchung des Schädels am 10. März 2007 hätten sich multifokale Hyperintensitäten im T2-gewichteten Bild, im Putamen beidseits in der Medulla oblongata rechts gezeigt. Bei der Muskelbiopsie habe sich eine Skelettmuskulatur mit ausgeprägter Fettspeicherung imponiert. Die Muskulatur und die aus Hautzellen gezüchteten Fibroblasten hätten bei einer molekularbiologischen Untersuchung in Nijmegen eine leichte Erniedrigung des Pyruvatdehydrogenasekomplexes ergeben. Zwar seien Untersuchungen auf drei bekannte Punktmutationen in der mitochondrialen DNA negativ gewesen, Es habe sich lediglich eine heterozygote Mutation im PDHB-Gen ergeben, das für eine Untereinheit des Pyruvatdehydrogenase-Komplexes verantwortlich sei. Ob von dieser Mutation sicher auf einen Pyruvatdehydrogenase-Mangel geschlossen werden könne, sei nur nach einer DNA-Untersuchung von Mutter und Vater möglich, die nicht erfolgt sei. Wegen dieser Befunde und der massiven Laktat-Azidose während des Aufenthalts im O.-Hospital sei der dringende Verdacht auf eine mitochondriale Stoffwechselstörung geäußert worden, jedoch habe diese Diagnose genetisch nicht vollständig gesichert werden können. Dr. Ma. hat in seiner Zeugenaussage zusammenfassend ausgeführt, aufgrund der Zusammenschau der Befunde mit typischen kernspintomographischen Veränderungen, der klinischen Symptomatik sowie der Laktat-Azidose sei der dringende Verdacht auf eine mitochondriale Stoffwechselstörung, am ehesten im Sinne eines Pyruvatdehydrogenasemangels, gestellt worden. Auch die Symptomatik mit einer plötzlich einsetzenden Ataxie sei von anderen Kindern als Erstmanifestation einer solchen Stoffwechselerkrankung bekannt. Die damaligen Symptome der Klägerin seien nicht auf eine Impfung gegen Masern, Mumps, Röteln oder Meningokokken zurückzuführen. Als Folge solcher Impfungen seien ein entzündliches Geschehen bzw. eine Autoimmunerkrankung zu erwarten, aber keine Stoffwechselstörung mit massiver Laktat-Azidose wie hier.
Ganz ähnlich und ebenfalls nachvollziehbar hat Prof. Dr. R. in seinem von Amts wegen erhobenen Gutachten einen Zusammenhang mit den angeschuldigten Impfungen für nicht wahrscheinlich gehalten. Dieser Sachverständige hat die Beeinträchtigungen der Klägerin ab dem 9. März 2007 als metabolische Krise gewertet. Richtungsweisende Befunde in der damaligen Diagnostik seien eine akute metabolische Azidose, ablesbar an einer Erhöhung des Laktats im Serum, eine "massivst" erhöhte Ausscheidung von Laktat und Pyruvat im Urin, ein grenzwertig hoher Laktatwert im Liquor eine stark veränderte Blutgasanalyse u. a. mit extrem niedrigen pCO2-Werten als Ausdruck, dass der Körper versucht habe, über eine extreme Hyperventilation die im Körper angefallenen sauren Valenzen zu eliminieren, sowie die prominenten symmetrischen Veränderungen der Dichte im Bereich beider Basalganglien (i.E. des Putamen) gewesen. Diese Symptome, aber auch das klinische Bild mit einer schubweisen Verschlechterung, sei charakteristisch für ein Krankheitsbild aus dem Formenkreis der mitochondrialen Erkrankungen, die nicht auf Impfungen zurückgeführt werden könnten, sondern genetische Ursachen hätten. Dass bislang nur der Verdacht einer solchen Erkrankung geäußert worden sei, beruht nach Prof. Dr. R.s Ausführungen darauf, dass nach ärztlichem Standard für eine solche Diagnose ein genetischer Nachweis auch nach einer Untersuchung der Eltern notwendig sei, der hier jedoch nicht durchgeführt worden sei, auch nicht, nachdem er - der Sachverständige - den Vater auf diesen Punkt hingewiesen habe. Auf eine genaue Diagnose kommt es hier aber nicht an; im Impfschadensrecht muss nicht der Beklagte nachweisen, welche - nicht impfbedingte - Diagnose vorliegt, vielmehr muss der Antragsteller im Sinne hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass eine Impfkomplikation und daraus folgend ein Impfschaden bestehen (vgl. Urteil des Senats vom 21. April 2015 - L 6 VJ 1460/13 -, juris, Rz. 76).
Vor diesem Hintergrund spricht es auch nicht für einen Impfschaden, dass bei den Untersuchungen bei Prof. Dr. W. auf der Ebene der mitochondrialen DNA der Klägerin größere Substanzverluste und auch (drei benannte) klassische spezifische Punktmutationen nicht nachgewiesen werden konnten. Prof. Dr. W. hat selbst ausgeführt, und auch Prof. Dr. R. hat darauf hingewiesen, dass mit diesem Ergebnis nicht alle Punktmutationen ausgeschlossen sind, zumal eine Vielzahl von Mutationen für mitochondriale Stoffwechselerkrankungen angeschuldigt werden. Insofern trifft der Vortrag der Eltern der Klägerin nicht zu, es seien alle denkbaren genetischen Ursachen ausgeschlossen, wobei selbst dies nicht dazu führen würde, dass ein Impfschaden automatisch als wahrscheinlich angesehen werden müsste, weil dritte Ursachen oder ein schicksalhaftes Geschehen als weitere Möglichkeiten bestehen blieben.
Es ist auch zur Überzeugung des Senats ausgeschlossen, dass Aluminiumverbindungen als Adjuvantien in Impfstoffen für die klägerische Erkrankung ursächlich sind, was sich bereits aus dem Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts von 2007, S. 231 ff. ergibt (vgl. auch Urteile des Senats vom 13. Dezember 2012 - L 6 VJ 1702/12 - juris, Rz. 39 und vom 18. Februar 2016 - L 6 VJ 2595/14 -, nicht veröffentlicht). Prof. Dr. R. hat sich vorliegend ebenfalls ausführlich mit der Frage beschäftigt, ob Adjuvantien in den verwendeten Impfstoffen für die Beeinträchtigungen der Klägerin verantwortlich sein könnten. Hierbei hat er überzeugend ausgeführt, dass der eine Zusatzstoff, der in einem solchen Verdacht stand, Thiomersal, seit Ende der 1990er Jahre in den zugelassenen Impfstoffen nicht mehr verwendet wird. Dagegen sind aluminiumhaltige Zusätze zwar noch vorhanden, jedoch besteht bei der Klägerin auch keines der Krankheitsbilder, wie sie nach Aluminiumbeigabe beobachtet werden, vollem keine MS, keine ADEM und nicht das GBS. Dies gilt vor allem für eine MMF, die nach Prof. Dr. R.s Ausführungen noch am ehesten mit Impfungen in Verbindung gebracht wird, weil bei ihr z.T. Aluminiumverbindungen in den Zellen nachgewiesen werden konnten. Bei der Klägerin fehlte insoweit das Leitsymptom dieser Krankheit, die chronische Müdigkeit (chronic fatigue syndrome), außerdem liegt kein Nachweis für Aluminiumeinschlüsse in den Zellen vor.
Ebenso wie Prof. Dr. R. hat auch der Wahlgutachter Dr. H. ausgeführt, dass ein Ursachenzusammenhang zu den Impfungen nicht wahrscheinlich sei. Auch er hat den Schlussfolgerungen von Dr. Ma. zugestimmt. Nach seiner Ansicht sprechen der klinische Verlauf, die Laborwerte mit erhöhter Ausscheidung von Laktat und Pyruvat im März 2007, die Befunde des Kernspintomogramms und der fehlende Hinweis auf ein immunologisch vermitteltes Geschehen im Liquor gegen eine Impfkomplikation. Stärker noch als Prof. Dr. R. hat Dr. H. ferner darauf hingewiesen, dass das Zeitfenster zu lang sei, weil nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand nur eine Verzögerung bis zu 42 Tagen (also sechs Wochen) nach der angeschuldigten Impfung anerkannt sei, ein Intervall von zwei Monaten wie hier also nicht mehr für eine (immunologisch vermittelte) Enzephalitis plausibel sei. Dr. H. hat auch darauf hingewiesen, dass die zweite Episode der Erkrankung im Jahr 2008 aufgetreten ist, ohne dass zuvor überhaupt eine oder gar eine gleichartige Impfung durchgeführt worden war. Es ist überzeugend, wenn er diesen weiteren Krankheitsverlauf als Indiz gegen eine Impfkomplikation wertet. Auch Dr. H. hat als wahrscheinlichere alternative Diagnose eine genetisch bedingte Störung des Zellstoffwechsels genannt, auch wenn - wie ausgeführt - die Feststellung einer Alternativdiagnose rechtlich in diesem Verfahren nicht notwendig ist. Dr. H. hat in diesem Zusammenhang aber auch darauf hingewiesen, dass die genannten Symptome der Klägerin (Fehlen einer Entzündung im MRT und im Liquor, massive Erhöhung von Laktat und Pyruvat im Urin) nicht nur für eine genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung sprechen, sondern auch - im Gegenteil - bislang nirgendwo als Komplikation nach einer Impfung beschrieben worden seien. Dies hat Dr. H. auch für aluminiumhaltige Adjuvantien ausgeführt.
Zu einer anderen Einschätzung gelangt der Senat auch nicht auf Grund der Ausführungen der behandelnden Ärzte Dr. Z. und Dr. He. oder des Chiropraktikers Mo. in dem erstinstanzlichen Verfahren oder des nunmehrigen Behandlers Dr. Mo. im Berufungsverfahren. Diese Ausführungen bleiben weitgehend unbestimmt, knüpfen an andere Impfungen an als diejenige vom 9. Januar 2007, die allein von der Klägerin in diesem Verfahren angeschuldigt wird, oder beschäftigen sich mit deren weiteren persönlichen Entwicklung.
Dies gilt zunächst für die Hinweise darauf, sie habe schon zuvor, zuletzt bei der zweiten FSME-Impfung, und danach, bei der Pneumokokken-Impfung im Sommer 2007, "Impfreaktionen" gezeigt. Dieser Hinweis trifft schon nur zum Teil zu. So hatte Dr. C. für den 24. Februar 2005 "Impfmasern" verzeichnet, wobei es sich um eine anerkannte Allgemeinreaktion auf eine Masernimpfung handelt, die bei etwa 2 % aller Impflinge auftritt und nicht als Komplikation gewertet wird (vgl. Hinweise der STIKO, Epidemiologisches Bulletin 25/2007, S. 219). Die weiteren Symptome, welche die behandelnden Ärzte als Impfreaktionen einstufen, sind dafür - worauf auch Prof. Dr. R. und Dr. H. hingewiesen haben - zu unspezifisch. Genannt werden Infekte, Durchfall, Konjunktivitis. Solche Erkrankungen kommen bei Kindern nicht nur allgemein häufig vor, sondern sie lagen auch bei der Klägerin oftmals vor, auch ohne Zusammenhang mit einer Impfung. Vorliegend kommt hinzu, dass ihre Eltern bei der ambulanten Untersuchung bei Prof. Dr. R. angegeben haben, sie sei als Kleinkind sehr häufig krank gewesen, auch im Vergleich zu ihren Geschwistern, vor allem mit Bronchitiden, häufigem Durchfall und eitriger Konjunktivitis.
Soweit Dr. Z. in seiner Zeugenaussage ausgeführt hat, "die Impfschädigung (deutlich im CT-Schädel zu sehen) ist leider nur zum Teil wieder reversibel", hat der Sachverständige Prof. Dr. R. überzeugend und im Einklang mit den unmittelbaren Behandlern, welche die fraglichen Bilder befundet hatten (u. a. Prof. Dr. Wi.), angemerkt, dass dies vielmehr für Stoffwechselstörungen typisch ist, wobei irrelevant ist, ob es sich um den Morbus Leigh oder eine andere Form handelt. Prof. Dr. R. hat ausgeführt, es gebe keine wissenschaftliche Publikation, in der Veränderungen wie sie bei der Klägerin zu sehen seien, als Folge einer Impfung beschrieben würden.
Ob der Vorwurf von Dr. He., Dr. C. habe vorgeschriebene zeitliche Abstände zwischen Impfungen nicht eingehalten und Kontraindikationen (Infekte) nicht beachtet, zutrifft, kann dahingestellt bleiben, denn dies betraf eine andere Impfung als die hier angeschuldigte vom 9. Januar 2007. Überdies hat Prof. Dr. R. überzeugend dargelegt dass nach jetzigem wissenschaftlichen Stand keine zu engen Abstände und keine Kontra-Indikationen vorlagen.
Die Ausführungen des Chiropraktikers Moser überzeugen den Senat hingegen nicht. Sein Hinweis auf eine Schädigung des N. peronäus durch die Biopsie des M. quadrizeps ist nicht nur inhaltlich falsch, wie Prof. Dr. R. überzeugend dargelegt hat; außerdem wäre in diesem Falle eine etwaige Schädigung des N. peronäus unmittelbar nicht auf die angeschuldigte Impfung, sondern die Behandlung im O.-Hospital, zurückzuführen.
Auch die Ausführungen von Dr. Mo., vor allem in der Stellungnahme vom 22. März 2013, sind nicht geeignet, einen Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung am 9. Januar 2007 und den ab dem 9. März 2007 aufgetretenen Beeinträchtigungen wahrscheinlich zu machen. Er beschreibt im Wesentlichen - symptomatisch - den Gesundheitszustand der Klägerin zu Beginn der Behandlung bei ihm und die Verbesserungen, die sich danach ergeben hätten. Zur Ursachenfrage führt er selbst aus, dass die Klägerin eine Reihe typischer Merkmale auch eines Leigh-Syndroms, also einer mitochondrialen Stoffwechselerkrankung, zeigt. Er zeigt sogar im Einzelnen auf, welche Auffälligkeiten auf ein solches Krankheitsbild zurückgeführt werden können. Auch an anderer Stelle sieht er anscheinend nur einen mittelbaren Zusammenhang bzw. eine richtunggebende Verschlimmerung eines vorbestehenden Zustandes, wenn er schreibt, "die Impfungen" hätten im Rahmen "komplexer Impfreaktionen" unter anderem zu "mitochondrialen Dysfunktionen" geführt. Er nennt dies "Synchronisationsstörungen" bzw. "Dyskonnektionssyndrome". Einen solchen Ursachenzusammenhang zwischen "Impfungen" und der bei der Klägerin vorliegenden mitochondrialen Schädigung gibt es - auch nach den Angaben der Sachverständigen Prof. Dr. R. und Dr. H. - nicht. Vielmehr ist anerkannt, dass mitochondriale Schädigungen wie hier genetisch verursacht sind. Dr. Mo.s Angabe überzeugt im Übrigen schon deshalb nicht, weil er sich undifferenziert auf alle Impfungen bezieht, bei denen aber ganz unterschiedliche Impfstoffe benutzt worden waren. Auch seine weiteren Ausführungen zu möglichen Verursachungswegen überzeugen nicht, weil er hier ohne erkennbaren Zusammenhang Störungen des Nervensystems, z.B. die genannten Dyskonnektionssyndrome, mit Störungen der Darmtätigkeit und mit orthopädischen Beeinträchtigungen wie Haltungsschwächen und anderen Störungen der "Kopfgelenke" in Verbindung bringt und an anderer Stelle Umweltgifte wie Holzschutzmittel, Formaldehyd, Asbest sowie auch Aluminium und Quecksilber als mögliche Verursacher der von ihm erkannten Schädigungen annimmt, die aber - mit Ausnahme vielleicht des Aluminiums - nicht in dem am 9. Januar 2007 verwandten Impfstoff enthalten waren. Auf rechtlicher Ebene kann auch nicht Dr. Mo.s abschließender Einschätzung gefolgt werden, dass ein Impfschaden bewiesen wäre, wenn die Klägerin binnen weiterer 18 Monate Behandlung ihre Beeinträchtigungen überwinden könne. Vielmehr ist es für das klinische Krankheitsbild einer mitochondrialen Erkrankung charakteristisch, dass es zu einer schubweisen Verschlechterung und dann wieder jeweils inkompletter Erholung kommt. Die Besserung ist somit weder auf eine medikamentöse Therapie noch chiropraktische Maßnahmen zurückzuführen, was der Senat dem wissenschaftlich belegten Gutachten des Prof. Dr. R. entnimmt. Selbst wenn damit - wie Dr. Mo. meint - angeborene Pathologien ausgeschlossen werden könnten, wäre damit noch nicht das Gegenteil, der Impfschaden, bewiesen, auch nicht im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Es blieben weitere Ursachen oder ein schicksalhaftes Geschehen denkbar. Vor diesem Hintergrund kann ein Ursachenzusammenhang nicht für wahrscheinlich erachtet werden. Der Senat sieht sich im Übrigen in Übereinstimmung mit dem LSG Hamburg, das zu einer ähnlichen Erkrankung, bei der ebenfalls eine genetische Veränderung im Sinne einer mitochondrialen Grunderkrankung als alternative Ursache zur Diskussion stand, ebenfalls die Ursächlichkeit verneint hat (Urteil vom 29. September 2015 – L 3 VE 9/13 –, juris, Rz. 50).
Schließlich können die Beeinträchtigungen, welche die Klägerin nach Dr. C.s Aufzeichnungen ab dem 9. Februar 2007 entwickelt hat, nicht als Impfkomplikationen interpretiert werden. Zwar lagen sie näher an der Impfung als die Beeinträchtigungen ab dem 9. März 2007. Aber sie waren zu unspezifisch, um sie auf die Impfung zurückzuführen. Anfangs litt die Klägerin lediglich an Husten und Schnupfen, aber durchgängig nicht an Fieber. Durchfall wurde erst ab dem 13. Februar 2007 notiert, Erbrechen sogar nur einmalig am 15. Februar dieses Jahres. Am darauffolgenden 1. März waren Erbrechen und Durchfall nicht mehr vorhanden. Dieser Ablauf stimmt mit der damaligen Diagnose eines Infekts durch Dr. C. überein, zumal für die Richtigkeit dieser Beurteilung spricht, dass die Klägerin häufiger an Infekten gelitten hatte, und dass der genannte Anfang März abgeklungen war, bevor am 9. März 2007 die massiven und ungewöhnlichen Beeinträchtigungen vor allem im motorischen Bereich auftraten.
Die Klägerin kann ihr Begehren auch nicht auf § 61 Satz 2 IfSG stützen (sog. Kann-Versorgung). Nach dieser Vorschrift kann in den Fällen, in denen sich die erforderliche Wahrscheinlichkeit der Verursachung nur deshalb nicht feststellen lässt, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden gleichwohl als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG anerkannt werden ("Kann-Versorgung"). Auch insoweit bedarf es aber nicht nur eines zeitlichen Zusammenhanges zwischen der Impfung und der Leidensmanifestation. Vielmehr müssen nach wenigstens einer nachvollziehbaren wissenschaftlichen Lehrmeinung Erkenntnisse vorliegen, die für einen generellen, in der Regel durch statistische Erhebungen untermauerten Zusammenhang sprechen. Es darf nicht nur die theoretische Möglichkeit des Zusammenhangs bestehen, sondere es muss diese sich – wenn sie sich auch noch nicht als allgemeine Lehrmeinung durchgesetzt hat, so dass von gesicherter Erkenntnis auszugehen wäre – bereits zu einer guten Möglichkeit verdichtet haben (BSG, Urteil vom 10. November 1993 – 9/9a RV 41/92 - juris, Rz. 66). Hieran fehlt es. Wie die beiden Sachverständigen überzeugend ausgeführt haben, gibt es keine nachvollziehbaren wissenschaftlichen Lehrmeinungen, wonach das Erkrankungsbild der Klägerin als Folge einer MMR- oder Meningokokken-Impfung beschrieben wird. Dies gilt unabhängig von einer alternativen diagnostischen Einordnung. Wie schon ausgeführt, lässt sich hier allenfalls ein gewisser zeitlicher Zusammenhang feststellen. Dies führt indes nur zu einer theoretischen Möglichkeit der Verursachung, die aber für eine Kann-Versorgung nicht ausreicht.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine entschädigungsrechtliche Versorgung wegen eines geltend gemachten Impfschadens.
Die Klägerin ist im Januar 2004 geboren, deutsche Staatsangehörige und wohnt im Inland.
Ihre Eltern beantragten im Juli 2007 bei dem Beklagten die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB). Sie gaben an, die Klägerin leide seit dem 9. März 2007 an einer "Hemiparese", deren Ursache unbekannt sei. Sie legten einen Arztbrief des Klinikums S. (O.hospital) vor, wo sich die Klägerin ab dem 9. März 2007 wegen akuter progredienter Ataxie in stationärer Behandlung befunden hatte. Darin war ausgeführt, ab dem Mittag des Aufnahmetages habe die Klägerin einen Kopfschiefstand sowie eine Fallneigung nach rechts im Sitzen und Stehen entwickelt und könne nur breitbeinig stehen. Bei der Entlassung am 28. März 2007 war als Diagnose der "Verdacht auf eine mitochondriale Stoffwechselstörung, z.B. Leigh-Syndrom" geäußert worden. Auf Grund dieses Attests stellte der Beklagte mit Bescheid vom 18. September 2007 einen GdB von 80 fest.
Die Klägerin bezog von dem für sie zuständigen Träger der Sozialhilfe Eingliederungshilfen zur Integration in den Regelkindergarten. Am 26. Oktober 2007 teilte der Sozialhilfeträger dem beklagten Land als Träger der Versorgungsverwaltung mit, die Eltern hätten den Verdacht auf einen Impfschaden geäußert, da die Störungen (Halbseitenlähmung, Ataxie) einige Zeit nach einer Masernimpfung aufgetreten seien. Der Sozialhilfeträger machte Erstattungsansprüche geltend.
Auf Aufforderung des Beklagten hin beantragte die Klägerin über ihre Eltern sodann am 27. März 2008 Beschädigtenversorgung. Sie führten die Schädigungen auf eine Impfung am 9. Januar 2007 bzw. einen leichten Sturz auf das Kinn am 8. März 2007 zurück. Sie legten den Impfausweis der Klägerin vor, in dem für den 9. Januar 2007 eine Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR, Impfstoff Priorix, Ch.-B. [Chargen-Bezeichnung] A69CA623A, S. 4 f.) und gegen Meningokokken (Impfstoff Meningitec, Ch.-B. 21135, S. 11) sowie für den 2. Juli 2007 eine Impfung gegen Pneumokokken (Prevenar, Ch.-B. 25680) aufgeführt waren, jeweils durchgeführt von dem behandelnden Kinder- und Jugendarzt Dr. C ... Aus der Patientenkartei dieses Arztes ergab sich ferner, dass die Klägerin am 2. Juni und 30. Dezember 2004 sowie am 4. August 2006 FSME-Impfungen erhalten hatte, wobei die Impfung am 4. August 2006 als "Zweite FSME-Impfung" verzeichnet war und die Einträge zu dieser Impfung im Impfausweis mit Tipp-Ex teilweise abgedeckt waren (erkennbar nur die Ch.-B. 063041A). In der Patientenkartei waren ferner für den 24. Februar 2005 "Impfmasern" verzeichnet, nach einer Untersuchung am 4. Januar 2006 hatte Dr. C. u.a. ein verwaschenes Sprechen festgestellt und "A.e. (am ehesten)" eine Entwicklungsverzögerung gemutmaßt, vom 9. Februar bis 1. März 2007 hatte ein Infekt der oberen Luftwege bzw. eine eitrige Konjunktivitis bestanden. Ferner legten die Eltern der Klägerin Kopien der gesamten Behandlungsakte des O.-Hospitals über den Aufenthalt vom 9. bis 28. März 2007 vor. Darunter befanden sich der handschriftliche Befund mit den Angaben der Eltern über das Auftreten der Symptome bei der Aufnahme, die Ergebnisse von Blut-, Urin-, MRT- und EEG-Untersuchungen sowie die Ergebnisse einer neuropathologischen Untersuchung von entnommenem Muskelgewebe (Muskelbiopsie) vom 20. März 2007, wonach sich in zahlreichen Muskelfasern ausgeprägt Fetttröpfchen abgelagert hätten und die Mitochondrien gebläht seien, ohne dass sich jedoch hier oder in den Kapillarendothelzellen richtungsweisende pathologische Einschlüsse gezeigt hätten. Dr. C. teilte außerdem mit, bei der Klägerin liege eine noch nicht genau klassifizierte mitochondriale Stoffwechselstörung mit bislang einmaliger Entgleisung in die Laktatazidose am 9. März 2007 vor. Die Klägerin sei am 31. Oktober 2006 wegen Kopfschmerzen neurologisch untersucht worden, dabei habe sich ein unauffälliger Befund ergeben. Die Impfung am 9. Januar sei von der STIKO (Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts) empfohlen gewesen.
Nach einer versorgungsärztlichen Auswertung dieser Unterlagen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13. Mai 2008 die Gewährung einer Beschädigtenversorgung wegen eines Impfschadens ab. Nach den beigezogenen ärztlichen Unterlagen sei eine außergewöhnliche Impfreaktion mit Einschluss des peripheren oder zentralen Nervensystems nicht wahrscheinlich. Die Klägerin sei vom 9. Februar bis 1. März 2007 wegen Infekten der oberen Atemwege behandelt worden. Nach der Aufnahme in das O.-Hospital am 9. März 2007, acht Wochen nach der Impfung, seien die akuten Gleichgewichtsstörungen mit Fallneigung als anlagebedingte Stoffwechselstörung (Leigh-Syndrom) gedeutet worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Impfung und einer "halbseitigen Lähmung" sei daher unwahrscheinlich.
Die Eltern erhoben für die Klägerin Widerspruch. Sie führten aus, die Klägerin sei bis zur Impfung am 9. Januar 2007 ein gesundes Kind gewesen. Im Nachhinein betrachtet habe sie schon zuvor heftig auf Impfungen reagiert, so seien nach der zweiten FSME-Impfung extreme Reaktionen aufgetreten. Die Verdachtsdiagnose "Leigh-Syndrom" habe sich nicht bestätigt. Gegen diese Diagnose spreche auch, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin nach einer anthroposophischen und chiropraktischen Behandlung wesentlich verbessert habe. Hierzu legten die Eltern weitere ärztliche Unterlagen vor, darunter den Befundbericht von Prof. Dr. W. vom 5. April 2007, wonach auf Grund einer Analyse der im O.-Hospital entnommen mtDNA (mitchondrialen DNA) der Klägerin drei häufige Punktmutationen (MERRF, MELAS und NARP) ausgeschlossen worden waren. Die Nachfrage des Beklagten nach den Anschriften der behandelnden Ärzte und Vorlage einer Schweigepflichtentbindung für weitere Ermittlungen beantworteten die Eltern der Klägerin nicht.
Der Beklagte erließ daraufhin den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2009. Nach den zusätzlich vorgelegten Unterlagen sei ein Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung am 9. Januar 2007 und der Erkrankung nicht wahrscheinlich. Auch bei einer Stoffwechselstörung, von der auszugehen sei, sei eine teilweise Besserung des klinischen Befundes denkbar, eine Beweiskraft für einen Impfschaden habe eine solche jedoch nicht. Weitere Ermittlungen hätten nicht durchgeführt werden können.
Hiergegen hat die Klägerin, vertreten durch ihre Eltern, am 22. Februar 2009 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben, zu deren Begründung sie behauptet hat, bereits nach der zweiten FSME-Impfung am 4. September 2006 habe sie nach wenigen Stunden hohes Fieber, Nackenschmerzen und Durchfall entwickelt. Die Symptome seien so heftig gewesen, dass ein Meningismus habe ausgeschlossen werden müssen. Ferner habe sie zwei Tage nach der Impfung vom 9. Januar 2007 Durchfall und Erbrechen entwickelt. Nach den aktenkundigen Behandlungen wegen Infekten vom 9. Februar bis 1. März 2007 sei ihre Haut am 6. März 2007 blass gewesen, bevor am 9. März 2007 jene Symptome aufgetreten seien, die zu der notfallmäßigen Einweisung in das O.-Krankenhaus geführt hätten. Auch nach der Pneumokokken-Impfung am 2. Juli 2007 seien Durchfall, Erbrechen und ein Infekt aufgetreten. Ab dem 7. Februar 2008 sei es erneut zu erheblichen Lähmungen gekommen, die Sprache sei verwaschen und das Gesicht blass gewesen. Ein Chiropraktiker habe am 11. Februar 2008 den Altlaswirbelbereich justiert, daraufhin sei der Kopf wieder durchblutet worden und sie habe wieder gehen und sprechen können. Allerdings seien noch Restlähmungen vorhanden, auch der Nervus (N.) peronäus sei dauerhaft geschädigt. Ferner hat die Klägerin vorgetragen, dass die zeitlichen Rahmen zwischen der Impfung und dem Auftreten der ersten Symptome, wie sie die medizinische Wissenschaft zu Grunde lege, erfüllt seien. Die Klägerin meint, die MMR-Impfung am 9. Januar 2007 bzw. auch die zweite FSME-Impfung zuvor seien wahrscheinlich die Ursache der Ausfallerscheinungen, zumal eine Grunderkrankung trotz umfangreicher differenzialdiagnostischer Untersuchungen nicht habe festgestellt werden können, insbesondere nicht das Leigh-Syndrom.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat vorgetragen, nach Meningokokken-Impfungen gebe es in der Wissenschaft keine Evidenz für einen Zusammenhang mit Erkrankungen des Nervensystems. Für Masernimpfungen seien zwar wenige Fälle mit Masern-Einschluss¬körperchen-Enzephalitis bei schweren Immundefekten beschrieben, jedoch fänden sich bei der Klägerin keine Hinweise für eine entzündliche Erkrankung des Gehirns.
Das SG hat zunächst die medizinischen Behandler der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. C. hat mitgeteilt, er sei womöglich befangen, da ihn die Eltern der Klägerin wegen angeblich fehlender Aufklärung über die Folgen der Impfungen und Körperverletzung zivilrechtlich in Anspruch nähmen. In der Sache hat er angegeben, die Klägerin leide an einer noch nicht genau klassifizierten, genetisch verursachten Mitochondriopathie, die nicht auf die Impfungen zurückzuführen sei. Er hat ferner Angaben zu dem weiteren Schub dieser Erkrankung Anfang Februar 2008 nach zwischenzeitlicher Verbesserung gemacht. Der Neuropädiater Dr. M. hat bekundet, die Klägerin Anfang und Mitte 2008 gesehen zu haben, er habe Entwicklungsverzögerungen im motorischen und sprachlichen Bereich festgestellt, ein Zusammenhang mit der Impfung am 9. Januar 2007 sei weder sicher auszuschließen noch zu bejahen. Die Symptome am 9. März 2007 und die Befunde im O.-Hospital hätten vielmehr auf eine mitochondriale Stoffwechselstörung und damit gegen einen Impfschaden gedeutet, jedoch hätten andere Befunde auch gegen diesen Verdacht gesprochen. Der erneute Einbruch im Februar 2008 und der zeitliche Abstand der erste Symptome nach der Impfung am 9. Januar 2007 sprächen gegen einen Impfschaden. Der Heil- und Chiropraktiker Mo. hat einen Behandlungsbericht vom 3. März 2010 vorgelegt, in dem er ausführt, ihm sei bekannt, dass weltweit Kinder Schäden durch Impfungen erlitten, denn das Nervensystem werde durch Zusatz- und Konservierungsstoffe in dem Impfstoff angegriffen. Er selbst habe durch eine Justierung des Altlaswirbels bei der Klägerin massive Verbesserungen erzielt, nach der weiteren krankengymnastischen Behandlung (bei einer anderen Behandlerin) habe sich die Genesung weiter beschleunigt, nunmehr sei die Klägerin zu fast 100 % wieder funktionsfähig, nur der Peronäusmuskel sei, vermutlich auf Grund der sinnlosen Muskelbiopsie im O.-Hospital, dauerhaft geschädigt worden. Der Arzt für Allgemeinmedizin, Akupunktur und Naturheilverfahren Dr. Z. hat bekundet, der Zustand der Klägerin habe sich nach Impfungen jeweils eindeutig erheblich verschlechtert, der erste nur noch zum Teil reversible Impfschaden sei nach der Meningokokken-Impfung aufgetreten, trotz dieser Symptome sei weiter geimpft worden; er gehe auf Grund seiner langjährigen Erfahrung als Impfarzt von einem Impfschaden aus. Der Zustand der Klägerin habe sich erheblich verbessert. Der Allgemeinmediziner Dr. He. hat mitgeteilt, bei der Klägerin beständen noch eine Peronäusparese rechts mit Spitzfußstellung, eine Achsenabweichung im rechten Bein sowie Koordinations- und Gangstörungen der rechten Körperhälfte. Diese Symptome seien mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Impfung am 9. Januar 2007 zurückzuführen (Meningokokken), insbesondere weil dort noch neurologische Auffälligkeiten vorgelegen hätten, die ihrerseits mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die zweite FSME-Impfung am 4. August 2006 zurückzuführen gewesen seien. Dieser Arzt hat gemeint, bereits diese FSME-Impfung habe nicht durchgeführt werden dürfen, weil weniger als zwei Wochen davor, am 21. Juli 2006, noch ein Infekt vorgelegen habe. Außerdem sei eine Kombinationsimpfung gegen MMR und Meningokokken nicht erlaubt. Der Neuropädiater Dr. Ma. vom O.-Hospital S. hat Angaben zu dem stationären Aufenthalt der Klägerin ab dem 9. März 2007 gemacht, die Untersuchungen des bei der Muskelbiopsie entnommenen Gewebes hätten – nur – eine leichte Erniedrigung des Pyruvatdehydrogenase-Komplexes ergeben, die übrigen Werte für die Komplexe I bis VI (der Atmungskette bzw. des Zellstoffwechsels) seien normal gewesen. Punktmutationen in der mitochondrialen DNA hätten ausgeschlossen werden können. Eine Untersuchung an Fibroblasten (Bindegewebszellen) habe aber eine heterozygote Mutation im PDHB-Gen ergeben, das für eine Untereinheit des Pyruvatdehydrogenase-Komplexes verantwortlich sei. Ob von dieser Mutation sicher auf einen Pyruvatdehydrogenase-Mangel geschlossen werden könne, sei nur nach einer DNA-Untersuchung von Mutter und Vater möglich, die aber nicht erfolgt sei. Wegen dieser Befunde und der massiven Laktat-Azidose (Anstieg des Laktat-Gehalts in Blut und Gewebe mit Absinken des pH-Werts), die während des Aufenthalts aufgetreten sei, sei der dringende Verdacht auf eine mitochondriale Stoffwechselstörung geäußert worden, jedoch habe diese Diagnose genetisch nicht vollständig gesichert werden können. Die damaligen Symptome der Klägerin seien nicht auf eine Impfung gegen Masern, Mumps, Röteln oder Meningokokken zurückzuführen. Als Folge solcher Impfungen seien ein entzündliches Geschehen bzw. eine Autoimmunerkrankung zu erwarten, aber keine Stoffwechselstörung mit massiver Laktat-Azidose wie hier.
Das SG hat sodann von Amts wegen das kinderneurologische Gutachten/Impfgutachten bei Prof. Dr. R. vom 27. September 2011 erhoben.
Der Sachverständige hat nach Auswertung der vorhandenen ärztlichen Unterlagen und einer ambulanten Untersuchung der Klägerin mitgeteilt, diagnostisch liege ein Krankheitsbild aus dem Formenkreis der mitochondrialen Enzephalopathien mit einer rechtsseitigen Pyramidenbahnläsion, einer Störung der extrapyramidalen Motorik im Sinne einer dystonen Bewegungsstörung und unwillkürlichen Bewegungen, einer Ataxie der Extremitäten sowie ein Verdacht auf eine Polyneuropathie vor. Diese Erkrankung sei nicht mit Wahrscheinlichkeit auf eine der angeschuldigten Impfungen gegen FSME, MMR, Meningo- oder Pneumokokken zurückzuführen. Auf Grund des klinischen Bildes hätten die Ärzte noch vor einigen Jahren eine mitochondriale Erkrankung als gesichert diagnostiziert. Inzwischen werde aber für diese Diagnose zusätzlich ein genetischer Nachweis gefordert, der hier mangels genetischer Untersuchungen der Eltern noch nicht habe geführt werden können. Daher stellten die behandelnden Ärzte nur eine entsprechende Verdachtsdiagnose. Der Vater, der die Klägerin begleitet habe, sei darauf hingewiesen worden, dass zur abschließenden Aufklärung eine solche Untersuchung der Eltern angezeigt sei. Er habe mitgeteilt, sich mit seiner Rechtsanwältin beraten zu wollen und sich dann erneut bei dem Sachverständigen zu melden. Dies sei dann aber nicht geschehen. Daher bleibe es bei der Verdachtsdiagnose.
Prof. Dr. R. hat sodann zum Ablauf und zu denkbaren Störungen des Zellstoffwechsels und zur wissenschaftlichen Entwicklung bei der Diagnose mitochondrialer Erkrankungen umfangreich Stellung genommen. Ferner hat er die Aussagen der sachverständigen Zeugen gewürdigt. Zu dem Vorwurf des Chiropraktikers Mo., die Muskelbiopsie sei sinnlos gewesen und habe den N. peronäus geschädigt, hat Prof. Dr. R. ausgeführt, diese sei für die Diagnose einer mitochondrialen Erkrankung notwendig und habe den M. Quadrizeps betroffen, sodass der N. peronäus nicht habe tangiert werden können. Die Anmerkung von Dr. Z., im CT des Schädels sei "deutlich eine Impfschädigung" zu sehen, treffe nicht zu, vielmehr seien die Bilder sehr typisch für eine Stoffwechselstörung, wobei im Vordergrund der Morbus Leigh stehe. Die Vorwürfe von Dr. He. gegen Dr. C. wegen der zeitlichen Abstände zwischen Impfungen und Kontra-Indikationen bei der zweiten FSME-Impfung träfen zumindest nach jetzigem ärztlichen Kenntnisstand nicht zu. Allerdings sei auch Dr. C.s Einschätzung, es hätten schon vor der Impfung neurologische Schädigungen bestanden, unzutreffend zumindest habe dieser Arzt in seinen Unterlagen solche nicht dokumentiert. Zu dem zeitlichen Fenster zwischen der Impfung am 9. Januar 2007 und dem ersten Schub der Erkrankung am 9. März 2007 hat Prof. Dr. R. ausgeführt, dieses Indiz mache einen Zusammenhang jedenfalls nicht "sehr wahrscheinlich", denn es werde zwar ein Fenster von zwei Monaten postuliert, aber üblicherweise träten Impfreaktionen früher auf. Abschließend hat der Sachverständige noch zu Zusatz- und Konservierungsstoffen in den verwendeten Impfstoffen Stellung genommen. Er hat ausgeführt, in der Literatur seien Thiomersal und Aluminiumverbindungen angeschuldigt bzw. diskutiert worden. Thiomersal sei, auch wenn frühere Studien einen Zusammenhang zu Autismus nicht belegt hätten, vor 2007 aus den Impfstoffen herausgenommen worden. Für Aluminiumzusätze würden demyelinisierende Erkrankungen wie Multiple Sklerose (MS), die akute demyelinisierende Enzephalomyelitis (ADEM) und das Guillan-Barré-Syndrom (GBS) diskutiert. Immer jedoch sei in den klinischen Studien zunächst eine MMF (Makrophagische Myofascitis) nach einer Impfung beschrieben worden. Bei der Klägerin hätten weder eine MMF vorgelegen noch liege einer jener Erkrankungen vor, für die ein Zusammenhang zu Aluminiumzusätzen überhaupt diskutiert werde.
Die Klägerin ist diesem Gutachten mit umfangreichen Beanstandungen zu den Grundlagen von Prof. Dr. R.s Feststellungen entgegengetreten.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat das SG sodann Dr. H. mit einem weiteren Gutachten beauftragt, wobei die Klägerin auch die Beweisfragen vorformuliert hat. Dieser Sachverständige ist unter dem 7. Mai 2012 zu dem Ergebnis gekommen, bei der Klägerin liege mit aller Wahrscheinlichkeit eine genetisch verursachte mitochondriale Enzephalopathie vor, die für die gesamte neurologische Symptomatik verantwortlich sei. Für diese Erkrankung hätten die Impfungen vom 9. Januar 2007 und zuvor keine Rolle gespielt. Im Einzelnen hat dieser Sachverständige dargelegt, für eine mitochondriale Enzephalopathie bei der Klägerin sprächen der klinische Verlauf mit mehreren Schüben, die Laborwerte mit erhöhter Ausscheidung von Laktat und Pyruvat im Urin im März 2007, die Befunde der CT-Untersuchung mit multifokalen Hyperintensitäten im Putamen (Bereich des Großhirns) und der Medulla oblongata (Bereich zwischen Mittelhirn und Rückenmark) rechts und keinem Hinweis auf ein immunologisch vermitteltes Geschehen im Liquor. Die bei der Klägerin vorliegenden klinischen Einschränkungen und auch die Messwerte seien in der medizinischen Wissenschaft bislang nirgendwo als Komplikationen nach Lebend- (Priorix) oder inaktiven Impfungen (Meningitec) beschrieben worden. Dr. H. hat sodann das Bild der postvakzinalen Enzephalitis dargestellt, für das ein Zusammenhang mit Impfungen, vor allem Pockenimpfungen, diskutiert werde, insbesondere das klinische Bild, die Messwerte im Liquor und die zu erwartenden Ergebnisse aus MRT-Unter¬su-chun¬gen. Das Gleiche hat er für immunologisch verursachte Gehirnentzündungen wie das GBS, die MS und die ADEM gemacht. Er hat darauf hingewiesen, dass zunehmend die alu¬mi-niumhaltigen Adjuvantien mancher Impfstoffe, wie sie z.B. Meningeitec enthalte, für schwere immunologisch vermittelte Reaktionen verantwortlich gemacht würden, wie z.B. für das 2010 erstmals beschriebene ASIA-Syndrom. Solche Erkrankungen lägen hier jedoch nicht vor.
Die Klägerin ist auch diesem Gutachten mit umfangreichen Ausführungen zum Ablauf der Impfungen und der Impfgeschichte insgesamt entgegengetreten.
Hierzu hat Dr. H. am 11. September 2012 ergänzend Stellung genommen. Insbesondere hat er ausgeführt, die geschilderten Beschwerden, die womöglich nach den früheren Impfungen aufgetreten seien, stünden nicht in Zusammenhang mit der späteren Hirnerkrankung. Ein Zusammenhang zwischen den Laborauffälligkeiten im März 2007 und einer – jetzt behaupteten – mangelnden Flüssigkeitszufuhr sei nicht erkennbar. Insgesamt passe der Erkrankungsverlauf nicht zu einer entzündlichen Hirnerkrankung, wie sie nach Impfungen selten auftreten könne.
Die Klägerin ist dieser Stellungnahme entgegengetreten. Sie hat erneut vorgetragen, sie habe einige der von Dr. H. angenommenen (früheren) Impfungen nicht erhalten. Ferner widerspreche sein Gutachten eigenen Ausführungen in einem im Internet veröffentlichten Aufsatz zur MMF (www.impfkritik.de/makrophgische.myofacitis [Angabe der Domain durch die Klägerin]).
In weiterer Erwiderung hierauf hat Dr. H. an seinen Einschätzungen festgehalten.
In der mündlichen Verhandlung beim SG am 20. Februar 2013 hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, sie leide auch einer Sehschwäche (Kurzsichtigkeit rechts), was die Augenärztin auf einen Impfschaden zurückführe. Ferner habe ihr Dr. Mad. telefonisch mitgeteilt, nicht an seiner Zeugenaussage vom 19. Februar 2010 festzuhalten, weil ihm nicht mitgeteilt worden sei, dass sie im weiteren Verlauf des Jahres 2007 auch gegen Pneumokokken geimpft worden sei.
Mit Urteil vom selben Tage hat das SG die Klage abgewiesen. Sie sei ungeachtet einer Auseinandersetzung mit dem (primären) Impfschaden spätestens wegen des fehlenden Nachweises eines Ursachenzusammenhangs unbegründet. Ein Kausalzusammenhang zwischen den Impfungen gegen MMR und Meningokokken am 9. Januar 2007 und den Ausfallerscheinungen am 9. März 2007 sei nicht wahrscheinlich. Es sprächen mehr Indizien gegen einen solchen Zusammenhang als dafür. Bereits der zeitliche Abstand von zwei Monaten liege zwar noch im grundsätzlich relevanten Bereich, jedoch nicht mehr in ganz enger Nähe. Die weiteren Indizien, wie sie die Gutachter Prof. Dr. R. und Dr. H. insbesondere auf Grund der medizinischen Unterlagen gewürdigt hätten, sprächen gegen einen Kausalzusammenhang. Die CT-Untersuchung des Schädels am 10. März 2007, die Muskelbiopsie und die Untersuchung des entnommenen Gewebes hätten Symptome für einen mitochondrialen Enzymdefekt gezeigt. Die Sachverständigen hätten unter Würdigung der wissenschaftlichen Literatur dargelegt, dass als Folge einer MMR-Impfung ein entzündliches Geschehen bzw. eine Autoimmunerkrankung zu erwarten seien. Eine solche sei nicht aufgetreten. Die Symptome der Klägerin, insbesondere die massive Laktat-Azidose, seien nicht als Reaktion auf eine Impfung bekannt. Weiterhin spreche gegen einen Impfschaden, dass die zweite Episode der Erkrankung im Jahre 2008 aufgetreten sei, ohne dass die Klägerin zuvor eine Impfung erfahren habe. Die letzte zuvor gegen Pneumokokken habe sieben Monate zurückgelegen. Das SG hat abschließend die Einwendungen der Kläger und die Ausführungen der sachverständigen Zeugen Dr. Z., Dr. Hessenbrauch und Mo. gewürdigt, insbesondere wegen aluminiumhaltiger Adjuvantien in den verwendeten Impfstoffe. Hierbei habe es sich im Wesentlichen um allgemeine Ausführungen gehandelt, aber daraus ergäben sich keine konkreten Indizien für einen Ursachenzusammenhang.
Gegen dieses Urteil, das ihren Prozessbevollmächtigten am 4. März 2013 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 27. März 2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt, die zunächst unter dem Az. L 6 VJ 1395/13 geführt worden ist.
Die Klägerin hat ihre Behauptung vertieft, bereits ein bis zwei Tage nach der Impfung am 9. Januar 2007 hätten Durchfall und Erbrechen eingesetzt, einen Monat danach, am 9. Februar 2007, habe die Erkrankung der oberen Atemwege begonnen, am 6. März 2007 sei die Klägerin blass gewesen, bevor am 9. März 2007 Ataxien und verwaschene Sprache eingesetzt hätten. Im weiteren trägt die Klägerin erneut zu dem zweiten Schub ab dem 7. Februar 2008 vor. Sie meint, weder dem Gutachten von Prof. Dr. R. noch dem Gutachten von Dr. H. sei zu folgen. Beide gingen von falschen Tatsachen aus. Dr. H. habe ihr außerdem vor Jahren erklärt, mit hoher Wahrscheinlichkeit liege ein Impfschaden vor, sei nunmehr aber von seiner damaligen Erklärung abgerückt, weswegen auf seine Angaben nichts zu geben sei. Die Klägerin hat außerdem zahlreiche Arztberichte über sich und wissenschaftliche Artikel zu Impfschäden vorgelegt, darunter einen Bericht über ihre Behandlung mit Ausführungen zu mutmaßlichen Ursachen ihrer Schädigungen von Dr. Mo. vom 22. März 2013.
Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten. Er hat die vorgelegte Stellungnahme von Dr. Mo. versorgungsärztlich auswerten lassen und trägt hierzu vor, eine mögliche Verbesserung der Symptomatik unter verschiedenen Behandlungsansätzen, auch jenen Dr. Mo.s, oder auch im Spontanverlauf schließe weder eine mitochondriale Enzephalopathie aus, noch beweise sie im Umkehrschluss eine Impfschädigung.
Auf übereinstimmenden Antrag beider Beteiligter hat der Senat mit Beschluss vom 5. Dezember 2013 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Als Begründung dafür ist angegeben worden, es solle der weitere Behandlungsverlauf bei Dr. Mo. abgewartet werden.
Am 19. Mai 2015 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen (L 6 VJ 2133/15). Sie teilt mit, sie habe ganz erhebliche gesundheitliche Fortschritte gemacht. Dr. Mo. habe die Behandlung fortgesetzt und könne als sachverständiger Zeuge Angaben zur Kausalitätsfrage machen. Hierzu hat sie den Bericht dieses Arztes vom 16. Juli 2015 vorgelegt. Darin hat Dr. Mo. ausgeführt, bei der Klägerin sei es 2007 nach der MMR- und Meningokokken-C-Impfung um Leben und Tod gegangen, desgleichen 2008 nach der Pneumokokken-Impfung. Nach jener Impfung sei sie nicht mehr geimpft worden, seitdem habe es drastische und deutliche Verbesserungen gegeben. Diese Verbesserungen sprächen gegen einen Gendefekt und für einen wahrscheinlichen Zusammenhang zu den Impfungen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2013 und den Bescheid vom 13. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Januar 2009 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihr auf Grund der am 9. Januar 2007 erfolgten Impfungen gegen Mumps, Masern, Röteln und Meningokokken und der damit verbundenen Gesundheitsschäden Versorgungsleistungen zu gewähren, hilfsweise, Dr. Mo. als sachverständigen Zeugen zur Erläuterung der ärztlichen Stellungnahme vom 16. Juli 2015 in eine mündliche Verhandlung zu laden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält unter Vorlage zweier versorgungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. G. an seiner Ansicht fest, dass ein Ursachenzusammenhang zwischen der angeschuldigten Impfung und den Gesundheitsschäden der Klägerin nicht wahrscheinlich sei. Eine genetisch bedingte (angeborene) mitochondriale Enzephalopathie sei zwar nicht endgültig gesichert, nach dem klinischen Verlauf, den Laborbefunden und der bildgebenden Diagnostik aber sehr wahrscheinlich. Bei mitochondrialen Erkrankungen sei selbst bei schweren neurologischen Defiziten eine teilweise vollständige Erholung möglich. Die Verbesserung des Krankheitsbildes sage nichts über dessen Ursache aus, worauf bereits Prof. Dr. R. hingewiesen habe.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, denn die Klägerin begehrt unbefristet eine "Beschädigtenversorgung" und damit laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie die Klägerin form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben.
Der Senat konnte in der Sache über die Berufung entscheiden.
Der Hilfsbeweisantrag der Klägerin, Dr. Mo. als sachverständigen Zeugen mündlich zu vernehmen, war abzulehnen. Ein Beweisantrag, auch ein Antrag auf Vernehmung eines (sachverständigen) Zeugen nach §§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 373 ff. Zivilprozessordnung (ZPO, hier weiter i.V.m. § 414 ZPO) muss nach § 373 ZPO die "Tatsachen, über welche die Vernehmung des Zeugen stattfinden soll", bezeichnen. Neben dem Beweismittel muss der Antragsteller daher auch das Beweisthema so konkret wie möglich benennen. Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt das Gericht in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit des Beweisantrags zu prüfen und gegebenenfalls abzulehnen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Unbestimmte bzw. unsubstanziierte Beweisanträge brauchen dem Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahe zu legen (vgl. BSG Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 33/11 R - Juris Rz. 26; BSG, Beschluss vom 7. Oktober 2016 – B 9 V 28/16 B –, juris, Rz. 14). Dies gilt insbesondere, wenn zu einem medizinisch geprägten Beweisthema bereits Aussagen von Zeugen und Sachverständigen vorliegen. Je mehr Beweisergebnisse vorliegen, desto genauer muss der Antragsteller von ihm behauptete Unterschiede zum Gegenstand des Beweisthemas machen (BSG, Beschluss vom 10. Oktober 2016 – B 13 R 172/16 B –, juris, Rz. 12). Diesen Anforderungen genügt der Antrag der Klägerin, Dr. Mo. "zur Erläuterung seiner Stellungnahme vom 16. Juli 2015" zu vernehmen, ersichtlich nicht, zumal die sieben Punkte dieser Stellungnahme im Hinblick auf das denkbare Beweisthema (Indizien für einen Ursachenzusammenhang zwischen Impfung und Gesundheitsschäden) weitgehend nichtssagend sind (die Klägerin sei untersucht worden, es sei um Leben und Tod gegangen, es habe deutliche und drastische Verbesserungen gegeben, Dr. H. sei von falschen Tatsachen ausgegangen).
Es war weder von Amts wegen noch nach § 109 SGG ein weiteres Gutachten einzuholen. Eine weitere Expertise nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO ist unter anderem nur dann zu erheben, wenn das Gericht das schon vorliegende Gutachten für ungenügend, also formal nicht verwertbar hält. Die Würdigung des Inhalts eines Gutachtens, die originäre richterliche Aufgabe ist, kann nicht zur Erhebung eines neuen Gutachtens führen. Die Voraussetzungen des § 412 Abs. 1 ZPO liegen folglich nicht vor, sodass die rechtliche Frage offen bleiben kann, ob diese Norm in den Fällen des § 109 Abs. 1 SGG überhaupt anwendbar ist. Jedenfalls trifft der Vorwurf der Klägerin nicht zu, der im Rahmen dieser Norm beauftragte Sachverständige Dr. H. sei von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Er hat alle Impfungen der Klägerin, wie sie sich aus dem Impfausweis ergaben, berücksichtigt. Entsprechend ihrem Klageantrag, der sich von Anfang an auf die Impfungen am 9. Januar 2007 beschränkt hat (vgl. Urteil des Senats vom 21. April 2015 - L 6 VS 1460/13 - juris, Rz. 71), war der Sachverständige nur beauftragt, sich zum Ursachenzusammenhang zwischen diesen Impfungen und den Gesundheitsschäden der Klägerin zu äußern. Dass er darüber hinaus auch einen Zusammenhang zu anderen Impfungen untersucht und verneint hat, macht sein Gutachten nicht unverwertbar.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Antrag auf eine Verurteilung zu "Versorgungsleistungen", auch wenn diese Leistungen nur mündlich in der Verhandlung am 17. November 2016 auf "Rente" konkretisiert worden ist, noch zulässig; er ermöglicht zumindest den Erlass eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 SGG.
Die Klage ist nicht begründet.
Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch ist § 60 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz, IfSG) i.V.m. § 9 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erhält eine Person, die wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen oder auf Grund des IfSG angeordnet wurde oder gesetzlich vorgeschrieben war oder auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des BVG. Gemäß § 2 Nr. 11 IfSG ist ein Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung (hierzu und zu allem Folgendem Urteil des Senats vom 21. April 2015 – L 6 VJ 1460/13 –, juris, Rz. 61 ff.)
Unter Berücksichtigung der im Sozialen Entschädigungsrecht und mithin auch für das IfSG geltenden allgemeinen Grundsätze bedarf es für einen solchen Anspruch folgender Vor-aussetzungen (vgl. dazu auch Urteile des Senats vom 21. Februar 2013 - L 6 VJ 4771/12 - und vom 20. Juni 2013 - L 6 VJ 599/13): Es müssen eine unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfolgte Schutzimpfung, der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, sowie eine - dauerhafte - gesundheitliche Schädigung, also ein Impfschaden, vorliegen (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VJ 1/10 R, terminologisch anders noch die Rechtsprechung des BSG nach dem Bundesseuchengesetz, wonach als Impfschaden die über die übliche Impfreaktion hinausgehende Schädigung, also das zweite Glied der Kausalkette, bezeichnet wurde, so z. B. BSG, Urteil vom 19. März 1986 – 9a RVi 2/84 –, BSGE 60, 58-61, juris Rz. 9). Die Schutzimpfung muss nach der im Sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltenden Kausalitätstheorie von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Eintritt der Impfkomplikation und diese wesentliche Ursache für die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, den Impfschaden, sein. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist.
In diesem Rahmen müssen die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sog. Vollbeweis - feststehen. Allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge reicht der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus (§ 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSG, a.a.O., juris Rz. 8). Da die fraglichen Umstände (Indizien), die für diese Wahrscheinlichkeitsentscheidung relevant sind, medizinisch zu ermitteln und zu bewerten sind, bedarf es ärztlichen Sachverstandes. Wahrscheinlichkeit liegt daher vor, wenn nach der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung auf der Basis des konkreten Falles mehr dafür als dagegen spricht, wenn also die für einen Zusammenhang sprechenden Umstände aus ärztlicher Sicht deutlich überwiegen (vgl. Meßling, in Knickrehm, Soziales Entschädigungsrecht, 1. Aufl. 2012, § 61 IfSG, Rz. 8).
Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.
Alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, sind auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten, auch wenn ein bestimmter Vorgang unter Umständen vor längerer Zeit stattgefunden hat (BSG SozR 3-3850 § 52 Nr. 1 S. 3).
Bei der jeweils vorzunehmenden Kausalbeurteilung sind im Sozialen Entschädigungsrecht die bis Ende 2008 in verschiedenen Fassungen geltenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) anzuwenden und zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelte es sich bei den schon seit Jahrzehnten von einem Sachverständigenbeirat beim zuständigen Bundesministerium (jetzt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS]) erarbeiteten und ständig weiterentwickelten AHP um eine Zusammenfassung medizinischen Erfahrungswissens und damit um sog. antizipierte Sachverständigengutachten (siehe nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 9). Die AHP waren in den Bereichen des Sozialen Entschädigungsrechts und im Schwerbehindertenrecht generell anzuwenden und wirkten da¬durch wie eine Rechtsnorm ("normähnlich"). Die AHP enthielten in allen hier zu betrachtenden Fassungen (2005 bis 2008) unter den Nrn. 53 bis 142/143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen, wobei die Nr. 56 Impfschäden im Allgemeinen und die Nr. 57 Schutzimpfungen im Einzelnen zum Inhalt hatten. Die detaillierten Angaben zu Impfkomplikationen bei Schutzimpfungen in Nr. 57 AHP 2005 waren allerdings Ende 2006 aufgrund eines Beschlusses des Ärztlichen Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" beim BMAS gestrichen und durch folgenden Text ersetzt worden: "Die beim Robert-Koch-Institut eingerichtete Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (Impfschaden). Die Arbeitsergebnisse der STIKO werden im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht und stellen den jeweiligen aktuellen Stand der Wissenschaft dar. Die Versorgungsmedizinische Begutachtung von Impfschäden (§ 2 Nr. 11 IfSG und Nr. 56 Absatz 1 AHP) bezüglich Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Kann-Versorgung ist jedoch ausschließlich nach den Kriterien von § 60 IfSG durchzuführen."
Die seit dem 1. Januar 2009 an die Stelle der AHP getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung, die indes anders als die AHP keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern enthält, sodass insoweit entweder auf die letzte Fassung der AHP (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten, genutzt werden müssen (Urteil des Senats vom 21. April 2015, a.a.O., juris Rz. 70).
Die MMR- und Meningokokken-Impfung am 9. Januar 2007, die als Ursache der Schädigungen der Klägerin angeschuldigt wird, war eine von der STIKO empfohlene Standard¬-Impfung. Insbesondere war der Impfstoff Meningitec gegen Meningokokken der Serogruppe C gerichtet (vgl. Paul-Ehrlich-Institut, http://www.pei.de/DE/arzneimittel/impfstoff-impfstoffe-fuer-den-men¬schen/me¬ningokokken/meningokokken-node.html, abgerufen am 3. November 2016). Diese Impfung ist ebenfalls - anders als Impfungen gegen Meningokokken der Serogruppe B - öffentlich empfohlen (vgl. Empfehlungen der STIKO, Stand August 2015, veröffentlicht im Epidemiologischen Bulletin 34/2015, S. 338 f.; https://www.rki.de/DE/Con-tent/Infekt/EpidBull/Archiv/2015/ Aus¬ga¬ben/34 15.pdf? blob=publicationFile, abgerufen am 5. November 2016). Damit fielen diese Impfungen unter den Schutz des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Dass die Impfungen stattgefunden haben, ist zwischen den Beteiligen unstreitig und folgt aus dem Impfausweis, der nach § 22 Abs. 1 und 2 IfSG eine öffentliche Urkunde darstellt und daher Beweiskraft nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 418 ZPO entfaltet. Hieraus ergibt sich weiter, welcher Impfstoff mit welcher Ch.-B. damals verwendet worden ist.
Als - mögliche - Impfkomplikation, also die unmittelbar auf die Impfung folgende gesundheitliche Reaktion legt der Senat jene Symptome zu Grunde, wie sie in der Patientenkartei von Dr. C. für den 9., 13. und 15. Februar sowie 1. März 2007 beschrieben sind. Hierbei handelt es sich zunächst um Husten und Schnupfen ohne Fieber, das nach den Angaben der Eltern bei Dr. C. am Vortag (8. Februar 2007) begonnen hatte. Bei der zweiten Untersuchung war Durchfall hinzugekommen. Für den 15. Februar 2007 war - erstmals bei diesen Untersuchungen - "Erbrechen (einmal)" verzeichnet, im Übrigen konnte Dr. C. eine Austrocknung ausschließen. Am 1. März 2007 lagen noch "Schnupfen, beide Augen verklebt und geschwollen" vor. Dr. C. hatte zu diesen Symptomen zunächst einen Infekt der oberen Luftwege und sodann eine eitrige Konjunktivitis diagnostiziert. Zu diesen Erkrankungen kommen - im Vordergrund stehend - die Symptome, die bei der Klägerin ab der Mittagszeit des 9. März 2007 aufgetreten sind, wie sie ihre Eltern am späten Abend dieses Tages bei der Einlieferung in das O.-Hospital geschildert haben. Hierbei handelte es sich initial um eine verwaschene Sprache und Bewegungsstörungen. Weitere Symptome wurden dann in der Klinik beschrieben. Die Ataxie, die einen progredienten Verlauf nahm, war dann erst Ursache für die stationäre Aufnahme, was der Senat dem Entlassungsbericht entnimmt.
Der Senat konnte sich hingegen nicht davon überzeugen, dass bei der Klägerin noch andere Symptome vorlagen oder dass solche bereits unmittelbar nach der Impfung aufgetreten sind. Im Laufe des Verfahrens war anfangs für die Zeit unmittelbar nach der Impfung kein Gesundheitsschaden geschildert worden. Dass bereits "zwei Tage" nach der Impfung am 9. Januar 2007 Symptome aufgetreten seien, wurde erstmals beim SG geschildert. Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurden diese Symptome immer dramatischer dargestellt, ohne dass die geschilderten in irgendeiner Weise objektiviert, d. h. insbesondere in den zeitnahen ärztlichen Befunden ihren Niederschlag gefunden haben. Die später vorgebrachten Ausführungen der Eltern der Klägerin, Erbrechen und Durchfall hätten bereits "ein bis zwei Tage nach der Impfung" eingesetzt, reichen zur Überzeugung des Senats nicht aus, um den Vollbeweis für eine solche - mögliche - Impfkomplikation als geführt anzusehen. Im Januar 2007 wurde die Klägerin nicht ärztlich behandelt, obwohl in den Jahren davor viele und regelmäßige Arztkontakte auch bei Infekten und ähnlichen Erkrankungen vorgelegen hatten. Wie sich aus Dr. C.s Eintragungen ergibt, hatten die Eltern dort bei der - insoweit ersten - Vorsprache am 9. Februar 2007 angegeben, Husten und Schnupfen hätten "gestern" eingesetzt. Insbesondere geht der Senat nicht davon aus, dass vor dem 15. Februar 2007 Erbrechen vorlag. An jenem Tag hatte Dr. C. dieses erstmals verzeichnet. Dagegen war es bei den vorherigen Behandlungen - wohl auf Grund der Angaben der Eltern - ausgeschlossen worden. Es ist aber davon auszugehen, dass Eltern ein solches Symptom, das dazu - nach ihren jetzigen Angaben - bei der ersten Vorstellung bei Dr. C. am 9. Februar 2007 schon seit fast einem Monat aufgetreten wäre, dem Arzt gegenüber nicht geleugnet hätten, zumal dies bei einem Kleinkind sofortiger therapeutischer Intervention bedurft hätte.
Ob bei der Klägerin ein dauerhafter Gesundheitsschaden vorliegt, der als Impfschaden in Betracht kommt, lässt der Senat - ebenso wie schon das SG - offen. Der jetzige Behandler Dr. Mo. hat zwar von einer weiteren, "drastischen" Verbesserung des Gesundheitszustandes gesprochen, aber es scheinen gleichwohl noch Restsymptome früherer Lähmungen vorzuliegen, eventuell auch die mehrfach erwähnte Schädigung des N. peronäus.
Die Klage hat deshalb keinen Erfolg, weil ein Ursachenzusammenhang zwischen der angeschuldigten Impfung am 9. Januar 2007 und den gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die ab dem 9. Februar und vor allem am 9. März 2007 aufgetreten sind, nicht wahrscheinlich im Sinne von § 61 Satz 1 IfSG gemacht worden ist.
Zunächst liegt kein Ursachenzusammenhang zwischen den Impfungen am 9. Januar 2007 und den Ausfallerscheinungen ab dem 9. März 2007 vor.
Ein Indiz für einen solchen Zusammenhang ist der zeitliche Abstand. Die Reaktion am 9. März 2007 zeigte sich 60 Tage nach der Impfung und lag damit an sich außerhalb der Zeitfenster, die bis zum Jahre 2006 in den AHP genannt waren und die seitdem in den entsprechenden Empfehlungen der STIKO genannt werden. Bereits in den AHP war als möglicher Impfschaden nach einer Masernimpfung mit Lebendimpfstoff eine akut entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems genannt, wenn sie - unter anderem - innerhalb von 7 bis 14 Tagen nach der Impfung auftritt, wobei Krampfanfälle, die innerhalb der ersten Woche nach der Impfung auftraten, nicht mit ihr zusammenhängen können. Für die Schutzimpfung gegen Röteln war als sehr seltene Folge nur eine chronische Arthritis verzeichnet. Bei der Impfung gegen Mumps war verzeichnet, dass sehr selten eine Meningitis nach 7 bis 30 Tagen auftreten kann. Längere Zeitfenster waren nicht vorgesehen. Diese gelten grundsätzlich auch noch, nachdem sie nicht mehr in den AHP aufgeführt sind. Die STIKO hat in ihren "Hinweisen für Ärzte zum Aufklärungsbedarf über mögliche unerwünschte Wirkungen bei Schutzimpfungen", Stand 2007 (veröffentlicht im Epidemiologischen Bulletin 25/2007, S. 210, 219 ff., Nrn. 19 bis 22; http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/E¬pid¬¬Bull/Ar¬chiv/2007/Ausgaben/25 07.pdf? blob=pub-licationFile, abgerufen am 5. November 2016) für die - allerdings grundsätzlich nicht als Impfkomplikation anerkannten - Verdachtsfälle einer akuten Enzephalitis/Enzephalopathie nach Masern-Impfung weiterhin ein Zeitfenster von 7 bis 14 Tagen genannt. Allerdings ist nunmehr für eine - sehr selten - anerkannte Impfkomplikation nach Masern- oder MMR-Impfung, nämlich die Masern-Einschlusskörperchen-Enzephalitis bei schwerer Immundefizienz (a.a.O., S. 222), eine Inkubationszeit von 5 Wochen bis 8 Monaten genannt. Vor diesem Hintergrund kann zu Gunsten der Klägerin im Einklang mit den ärztlichen Behandlern und den beiden Gerichtssachverständigen ein Zeitfenster von zwei Monaten zu Grunde gelegt werden. Prof. Dr. R. hat hierzu ausgeführt, in der Wissenschaft werde für das Auftreten von Impfkomplikationen - allgemein und nicht bezogen auf spezielle Impfungen - eine solche Inkubationszeit angenommen. Angesichts der vielen Unsicherheiten, die in Bezug auf Impfkomplikationen bestehen, kann dem gefolgt werden.
Jedoch ist die Erkrankung, die die Klägerin ab dem 9. März 2007 entwickelt hat, nach ihren Symptomen und ihrer diagnostischen Einordnung, soweit diese gelungen ist, nicht mit Wahrscheinlichkeit Folge der angeschuldigten Impfung.
Als Komplikationen nach Masern-, Mumps- oder MMR-Impfungen sind nach den Empfehlungen der STIKO anerkannt Fieberreaktionen (selten), allergische Reaktionen (sehr selten), Hautblutungen bei verminderter Blutplättchenzahl (thrombozytopenische Purpura, in Einzelfällen), länger anhaltende Gelenkentzündungen (Arhritiden) bei Jugendlichen und Erwachsenen (sehr selten), Hirnhautentzündung (Meningitis, sehr selten) sowie die schon genannte Masern-Einschluss¬kör¬per¬chen-Enzephalitis (in Einzelfällen und nur bei schwerer Immundefizienz). Für die Meningokok¬ken-Impfung (Serogruppe C) werden als Komplikationen Überempfindlichkeitsstörungen wie Urtikaria (selten) und anaphylaktoide Sofortreaktionen (in Einzelfällen) bzw. Fieberkrämpfe (in Einzelfällen) genannt (a.a.O., S. 224). Diese im Wesentlichen anerkannten Impfkomplikationen haben auch beide Sachverständige bezeichnet, die in erster Instanz gehört worden waren. Keine dieser Erkrankungen liegt bei der Klägerin vor.
Sie leidet andererseits auch nicht an einer Erkrankung, für die nach Ansicht der STIKO der Kausalzusammenhang zu einer Masern-, Mumps- oder MMR-Impfung bzw. einer Meningokokken-Impfung auszuschließen ist (Morbus Crohn, Diabetes, Autismus).
Aus diesen Gründen muss das Krankheitsbild der Klägerin im Einzelfall auf einen möglichen Ursachenzusammenhang mit den angeschuldigten Impfungen überprüft werden, wie es die AHP in ihrer letzten Fassung aus dem Jahre 2008 vorgesehen haben.
Die Gutachter Prof. Dr. R. und Dr. H. gehen übereinstimmend davon aus, dass die klinischen Symptome und die Ergebnisse der genetischen, histologischen und serologischen Untersuchungen, wie sie das O.-Hospital nach dem 9. März 2007 durchgeführt hat bzw. hat durchführen lassen, gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen. Diese Wertung steht auch in Übereinstimmung mit den Bewertungen des damals behandelnden Kinderarztes Dr. C. sowie des Klinikarztes Dr. Ma. vom O.-Hospital.
Dr. Ma. hat in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 8. März 2010 bekundet, bei der CT-Untersuchung des Schädels am 10. März 2007 hätten sich multifokale Hyperintensitäten im T2-gewichteten Bild, im Putamen beidseits in der Medulla oblongata rechts gezeigt. Bei der Muskelbiopsie habe sich eine Skelettmuskulatur mit ausgeprägter Fettspeicherung imponiert. Die Muskulatur und die aus Hautzellen gezüchteten Fibroblasten hätten bei einer molekularbiologischen Untersuchung in Nijmegen eine leichte Erniedrigung des Pyruvatdehydrogenasekomplexes ergeben. Zwar seien Untersuchungen auf drei bekannte Punktmutationen in der mitochondrialen DNA negativ gewesen, Es habe sich lediglich eine heterozygote Mutation im PDHB-Gen ergeben, das für eine Untereinheit des Pyruvatdehydrogenase-Komplexes verantwortlich sei. Ob von dieser Mutation sicher auf einen Pyruvatdehydrogenase-Mangel geschlossen werden könne, sei nur nach einer DNA-Untersuchung von Mutter und Vater möglich, die nicht erfolgt sei. Wegen dieser Befunde und der massiven Laktat-Azidose während des Aufenthalts im O.-Hospital sei der dringende Verdacht auf eine mitochondriale Stoffwechselstörung geäußert worden, jedoch habe diese Diagnose genetisch nicht vollständig gesichert werden können. Dr. Ma. hat in seiner Zeugenaussage zusammenfassend ausgeführt, aufgrund der Zusammenschau der Befunde mit typischen kernspintomographischen Veränderungen, der klinischen Symptomatik sowie der Laktat-Azidose sei der dringende Verdacht auf eine mitochondriale Stoffwechselstörung, am ehesten im Sinne eines Pyruvatdehydrogenasemangels, gestellt worden. Auch die Symptomatik mit einer plötzlich einsetzenden Ataxie sei von anderen Kindern als Erstmanifestation einer solchen Stoffwechselerkrankung bekannt. Die damaligen Symptome der Klägerin seien nicht auf eine Impfung gegen Masern, Mumps, Röteln oder Meningokokken zurückzuführen. Als Folge solcher Impfungen seien ein entzündliches Geschehen bzw. eine Autoimmunerkrankung zu erwarten, aber keine Stoffwechselstörung mit massiver Laktat-Azidose wie hier.
Ganz ähnlich und ebenfalls nachvollziehbar hat Prof. Dr. R. in seinem von Amts wegen erhobenen Gutachten einen Zusammenhang mit den angeschuldigten Impfungen für nicht wahrscheinlich gehalten. Dieser Sachverständige hat die Beeinträchtigungen der Klägerin ab dem 9. März 2007 als metabolische Krise gewertet. Richtungsweisende Befunde in der damaligen Diagnostik seien eine akute metabolische Azidose, ablesbar an einer Erhöhung des Laktats im Serum, eine "massivst" erhöhte Ausscheidung von Laktat und Pyruvat im Urin, ein grenzwertig hoher Laktatwert im Liquor eine stark veränderte Blutgasanalyse u. a. mit extrem niedrigen pCO2-Werten als Ausdruck, dass der Körper versucht habe, über eine extreme Hyperventilation die im Körper angefallenen sauren Valenzen zu eliminieren, sowie die prominenten symmetrischen Veränderungen der Dichte im Bereich beider Basalganglien (i.E. des Putamen) gewesen. Diese Symptome, aber auch das klinische Bild mit einer schubweisen Verschlechterung, sei charakteristisch für ein Krankheitsbild aus dem Formenkreis der mitochondrialen Erkrankungen, die nicht auf Impfungen zurückgeführt werden könnten, sondern genetische Ursachen hätten. Dass bislang nur der Verdacht einer solchen Erkrankung geäußert worden sei, beruht nach Prof. Dr. R.s Ausführungen darauf, dass nach ärztlichem Standard für eine solche Diagnose ein genetischer Nachweis auch nach einer Untersuchung der Eltern notwendig sei, der hier jedoch nicht durchgeführt worden sei, auch nicht, nachdem er - der Sachverständige - den Vater auf diesen Punkt hingewiesen habe. Auf eine genaue Diagnose kommt es hier aber nicht an; im Impfschadensrecht muss nicht der Beklagte nachweisen, welche - nicht impfbedingte - Diagnose vorliegt, vielmehr muss der Antragsteller im Sinne hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisen, dass eine Impfkomplikation und daraus folgend ein Impfschaden bestehen (vgl. Urteil des Senats vom 21. April 2015 - L 6 VJ 1460/13 -, juris, Rz. 76).
Vor diesem Hintergrund spricht es auch nicht für einen Impfschaden, dass bei den Untersuchungen bei Prof. Dr. W. auf der Ebene der mitochondrialen DNA der Klägerin größere Substanzverluste und auch (drei benannte) klassische spezifische Punktmutationen nicht nachgewiesen werden konnten. Prof. Dr. W. hat selbst ausgeführt, und auch Prof. Dr. R. hat darauf hingewiesen, dass mit diesem Ergebnis nicht alle Punktmutationen ausgeschlossen sind, zumal eine Vielzahl von Mutationen für mitochondriale Stoffwechselerkrankungen angeschuldigt werden. Insofern trifft der Vortrag der Eltern der Klägerin nicht zu, es seien alle denkbaren genetischen Ursachen ausgeschlossen, wobei selbst dies nicht dazu führen würde, dass ein Impfschaden automatisch als wahrscheinlich angesehen werden müsste, weil dritte Ursachen oder ein schicksalhaftes Geschehen als weitere Möglichkeiten bestehen blieben.
Es ist auch zur Überzeugung des Senats ausgeschlossen, dass Aluminiumverbindungen als Adjuvantien in Impfstoffen für die klägerische Erkrankung ursächlich sind, was sich bereits aus dem Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts von 2007, S. 231 ff. ergibt (vgl. auch Urteile des Senats vom 13. Dezember 2012 - L 6 VJ 1702/12 - juris, Rz. 39 und vom 18. Februar 2016 - L 6 VJ 2595/14 -, nicht veröffentlicht). Prof. Dr. R. hat sich vorliegend ebenfalls ausführlich mit der Frage beschäftigt, ob Adjuvantien in den verwendeten Impfstoffen für die Beeinträchtigungen der Klägerin verantwortlich sein könnten. Hierbei hat er überzeugend ausgeführt, dass der eine Zusatzstoff, der in einem solchen Verdacht stand, Thiomersal, seit Ende der 1990er Jahre in den zugelassenen Impfstoffen nicht mehr verwendet wird. Dagegen sind aluminiumhaltige Zusätze zwar noch vorhanden, jedoch besteht bei der Klägerin auch keines der Krankheitsbilder, wie sie nach Aluminiumbeigabe beobachtet werden, vollem keine MS, keine ADEM und nicht das GBS. Dies gilt vor allem für eine MMF, die nach Prof. Dr. R.s Ausführungen noch am ehesten mit Impfungen in Verbindung gebracht wird, weil bei ihr z.T. Aluminiumverbindungen in den Zellen nachgewiesen werden konnten. Bei der Klägerin fehlte insoweit das Leitsymptom dieser Krankheit, die chronische Müdigkeit (chronic fatigue syndrome), außerdem liegt kein Nachweis für Aluminiumeinschlüsse in den Zellen vor.
Ebenso wie Prof. Dr. R. hat auch der Wahlgutachter Dr. H. ausgeführt, dass ein Ursachenzusammenhang zu den Impfungen nicht wahrscheinlich sei. Auch er hat den Schlussfolgerungen von Dr. Ma. zugestimmt. Nach seiner Ansicht sprechen der klinische Verlauf, die Laborwerte mit erhöhter Ausscheidung von Laktat und Pyruvat im März 2007, die Befunde des Kernspintomogramms und der fehlende Hinweis auf ein immunologisch vermitteltes Geschehen im Liquor gegen eine Impfkomplikation. Stärker noch als Prof. Dr. R. hat Dr. H. ferner darauf hingewiesen, dass das Zeitfenster zu lang sei, weil nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand nur eine Verzögerung bis zu 42 Tagen (also sechs Wochen) nach der angeschuldigten Impfung anerkannt sei, ein Intervall von zwei Monaten wie hier also nicht mehr für eine (immunologisch vermittelte) Enzephalitis plausibel sei. Dr. H. hat auch darauf hingewiesen, dass die zweite Episode der Erkrankung im Jahr 2008 aufgetreten ist, ohne dass zuvor überhaupt eine oder gar eine gleichartige Impfung durchgeführt worden war. Es ist überzeugend, wenn er diesen weiteren Krankheitsverlauf als Indiz gegen eine Impfkomplikation wertet. Auch Dr. H. hat als wahrscheinlichere alternative Diagnose eine genetisch bedingte Störung des Zellstoffwechsels genannt, auch wenn - wie ausgeführt - die Feststellung einer Alternativdiagnose rechtlich in diesem Verfahren nicht notwendig ist. Dr. H. hat in diesem Zusammenhang aber auch darauf hingewiesen, dass die genannten Symptome der Klägerin (Fehlen einer Entzündung im MRT und im Liquor, massive Erhöhung von Laktat und Pyruvat im Urin) nicht nur für eine genetisch bedingte Stoffwechselerkrankung sprechen, sondern auch - im Gegenteil - bislang nirgendwo als Komplikation nach einer Impfung beschrieben worden seien. Dies hat Dr. H. auch für aluminiumhaltige Adjuvantien ausgeführt.
Zu einer anderen Einschätzung gelangt der Senat auch nicht auf Grund der Ausführungen der behandelnden Ärzte Dr. Z. und Dr. He. oder des Chiropraktikers Mo. in dem erstinstanzlichen Verfahren oder des nunmehrigen Behandlers Dr. Mo. im Berufungsverfahren. Diese Ausführungen bleiben weitgehend unbestimmt, knüpfen an andere Impfungen an als diejenige vom 9. Januar 2007, die allein von der Klägerin in diesem Verfahren angeschuldigt wird, oder beschäftigen sich mit deren weiteren persönlichen Entwicklung.
Dies gilt zunächst für die Hinweise darauf, sie habe schon zuvor, zuletzt bei der zweiten FSME-Impfung, und danach, bei der Pneumokokken-Impfung im Sommer 2007, "Impfreaktionen" gezeigt. Dieser Hinweis trifft schon nur zum Teil zu. So hatte Dr. C. für den 24. Februar 2005 "Impfmasern" verzeichnet, wobei es sich um eine anerkannte Allgemeinreaktion auf eine Masernimpfung handelt, die bei etwa 2 % aller Impflinge auftritt und nicht als Komplikation gewertet wird (vgl. Hinweise der STIKO, Epidemiologisches Bulletin 25/2007, S. 219). Die weiteren Symptome, welche die behandelnden Ärzte als Impfreaktionen einstufen, sind dafür - worauf auch Prof. Dr. R. und Dr. H. hingewiesen haben - zu unspezifisch. Genannt werden Infekte, Durchfall, Konjunktivitis. Solche Erkrankungen kommen bei Kindern nicht nur allgemein häufig vor, sondern sie lagen auch bei der Klägerin oftmals vor, auch ohne Zusammenhang mit einer Impfung. Vorliegend kommt hinzu, dass ihre Eltern bei der ambulanten Untersuchung bei Prof. Dr. R. angegeben haben, sie sei als Kleinkind sehr häufig krank gewesen, auch im Vergleich zu ihren Geschwistern, vor allem mit Bronchitiden, häufigem Durchfall und eitriger Konjunktivitis.
Soweit Dr. Z. in seiner Zeugenaussage ausgeführt hat, "die Impfschädigung (deutlich im CT-Schädel zu sehen) ist leider nur zum Teil wieder reversibel", hat der Sachverständige Prof. Dr. R. überzeugend und im Einklang mit den unmittelbaren Behandlern, welche die fraglichen Bilder befundet hatten (u. a. Prof. Dr. Wi.), angemerkt, dass dies vielmehr für Stoffwechselstörungen typisch ist, wobei irrelevant ist, ob es sich um den Morbus Leigh oder eine andere Form handelt. Prof. Dr. R. hat ausgeführt, es gebe keine wissenschaftliche Publikation, in der Veränderungen wie sie bei der Klägerin zu sehen seien, als Folge einer Impfung beschrieben würden.
Ob der Vorwurf von Dr. He., Dr. C. habe vorgeschriebene zeitliche Abstände zwischen Impfungen nicht eingehalten und Kontraindikationen (Infekte) nicht beachtet, zutrifft, kann dahingestellt bleiben, denn dies betraf eine andere Impfung als die hier angeschuldigte vom 9. Januar 2007. Überdies hat Prof. Dr. R. überzeugend dargelegt dass nach jetzigem wissenschaftlichen Stand keine zu engen Abstände und keine Kontra-Indikationen vorlagen.
Die Ausführungen des Chiropraktikers Moser überzeugen den Senat hingegen nicht. Sein Hinweis auf eine Schädigung des N. peronäus durch die Biopsie des M. quadrizeps ist nicht nur inhaltlich falsch, wie Prof. Dr. R. überzeugend dargelegt hat; außerdem wäre in diesem Falle eine etwaige Schädigung des N. peronäus unmittelbar nicht auf die angeschuldigte Impfung, sondern die Behandlung im O.-Hospital, zurückzuführen.
Auch die Ausführungen von Dr. Mo., vor allem in der Stellungnahme vom 22. März 2013, sind nicht geeignet, einen Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung am 9. Januar 2007 und den ab dem 9. März 2007 aufgetretenen Beeinträchtigungen wahrscheinlich zu machen. Er beschreibt im Wesentlichen - symptomatisch - den Gesundheitszustand der Klägerin zu Beginn der Behandlung bei ihm und die Verbesserungen, die sich danach ergeben hätten. Zur Ursachenfrage führt er selbst aus, dass die Klägerin eine Reihe typischer Merkmale auch eines Leigh-Syndroms, also einer mitochondrialen Stoffwechselerkrankung, zeigt. Er zeigt sogar im Einzelnen auf, welche Auffälligkeiten auf ein solches Krankheitsbild zurückgeführt werden können. Auch an anderer Stelle sieht er anscheinend nur einen mittelbaren Zusammenhang bzw. eine richtunggebende Verschlimmerung eines vorbestehenden Zustandes, wenn er schreibt, "die Impfungen" hätten im Rahmen "komplexer Impfreaktionen" unter anderem zu "mitochondrialen Dysfunktionen" geführt. Er nennt dies "Synchronisationsstörungen" bzw. "Dyskonnektionssyndrome". Einen solchen Ursachenzusammenhang zwischen "Impfungen" und der bei der Klägerin vorliegenden mitochondrialen Schädigung gibt es - auch nach den Angaben der Sachverständigen Prof. Dr. R. und Dr. H. - nicht. Vielmehr ist anerkannt, dass mitochondriale Schädigungen wie hier genetisch verursacht sind. Dr. Mo.s Angabe überzeugt im Übrigen schon deshalb nicht, weil er sich undifferenziert auf alle Impfungen bezieht, bei denen aber ganz unterschiedliche Impfstoffe benutzt worden waren. Auch seine weiteren Ausführungen zu möglichen Verursachungswegen überzeugen nicht, weil er hier ohne erkennbaren Zusammenhang Störungen des Nervensystems, z.B. die genannten Dyskonnektionssyndrome, mit Störungen der Darmtätigkeit und mit orthopädischen Beeinträchtigungen wie Haltungsschwächen und anderen Störungen der "Kopfgelenke" in Verbindung bringt und an anderer Stelle Umweltgifte wie Holzschutzmittel, Formaldehyd, Asbest sowie auch Aluminium und Quecksilber als mögliche Verursacher der von ihm erkannten Schädigungen annimmt, die aber - mit Ausnahme vielleicht des Aluminiums - nicht in dem am 9. Januar 2007 verwandten Impfstoff enthalten waren. Auf rechtlicher Ebene kann auch nicht Dr. Mo.s abschließender Einschätzung gefolgt werden, dass ein Impfschaden bewiesen wäre, wenn die Klägerin binnen weiterer 18 Monate Behandlung ihre Beeinträchtigungen überwinden könne. Vielmehr ist es für das klinische Krankheitsbild einer mitochondrialen Erkrankung charakteristisch, dass es zu einer schubweisen Verschlechterung und dann wieder jeweils inkompletter Erholung kommt. Die Besserung ist somit weder auf eine medikamentöse Therapie noch chiropraktische Maßnahmen zurückzuführen, was der Senat dem wissenschaftlich belegten Gutachten des Prof. Dr. R. entnimmt. Selbst wenn damit - wie Dr. Mo. meint - angeborene Pathologien ausgeschlossen werden könnten, wäre damit noch nicht das Gegenteil, der Impfschaden, bewiesen, auch nicht im Sinne einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit. Es blieben weitere Ursachen oder ein schicksalhaftes Geschehen denkbar. Vor diesem Hintergrund kann ein Ursachenzusammenhang nicht für wahrscheinlich erachtet werden. Der Senat sieht sich im Übrigen in Übereinstimmung mit dem LSG Hamburg, das zu einer ähnlichen Erkrankung, bei der ebenfalls eine genetische Veränderung im Sinne einer mitochondrialen Grunderkrankung als alternative Ursache zur Diskussion stand, ebenfalls die Ursächlichkeit verneint hat (Urteil vom 29. September 2015 – L 3 VE 9/13 –, juris, Rz. 50).
Schließlich können die Beeinträchtigungen, welche die Klägerin nach Dr. C.s Aufzeichnungen ab dem 9. Februar 2007 entwickelt hat, nicht als Impfkomplikationen interpretiert werden. Zwar lagen sie näher an der Impfung als die Beeinträchtigungen ab dem 9. März 2007. Aber sie waren zu unspezifisch, um sie auf die Impfung zurückzuführen. Anfangs litt die Klägerin lediglich an Husten und Schnupfen, aber durchgängig nicht an Fieber. Durchfall wurde erst ab dem 13. Februar 2007 notiert, Erbrechen sogar nur einmalig am 15. Februar dieses Jahres. Am darauffolgenden 1. März waren Erbrechen und Durchfall nicht mehr vorhanden. Dieser Ablauf stimmt mit der damaligen Diagnose eines Infekts durch Dr. C. überein, zumal für die Richtigkeit dieser Beurteilung spricht, dass die Klägerin häufiger an Infekten gelitten hatte, und dass der genannte Anfang März abgeklungen war, bevor am 9. März 2007 die massiven und ungewöhnlichen Beeinträchtigungen vor allem im motorischen Bereich auftraten.
Die Klägerin kann ihr Begehren auch nicht auf § 61 Satz 2 IfSG stützen (sog. Kann-Versorgung). Nach dieser Vorschrift kann in den Fällen, in denen sich die erforderliche Wahrscheinlichkeit der Verursachung nur deshalb nicht feststellen lässt, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht, mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde der Gesundheitsschaden gleichwohl als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG anerkannt werden ("Kann-Versorgung"). Auch insoweit bedarf es aber nicht nur eines zeitlichen Zusammenhanges zwischen der Impfung und der Leidensmanifestation. Vielmehr müssen nach wenigstens einer nachvollziehbaren wissenschaftlichen Lehrmeinung Erkenntnisse vorliegen, die für einen generellen, in der Regel durch statistische Erhebungen untermauerten Zusammenhang sprechen. Es darf nicht nur die theoretische Möglichkeit des Zusammenhangs bestehen, sondere es muss diese sich – wenn sie sich auch noch nicht als allgemeine Lehrmeinung durchgesetzt hat, so dass von gesicherter Erkenntnis auszugehen wäre – bereits zu einer guten Möglichkeit verdichtet haben (BSG, Urteil vom 10. November 1993 – 9/9a RV 41/92 - juris, Rz. 66). Hieran fehlt es. Wie die beiden Sachverständigen überzeugend ausgeführt haben, gibt es keine nachvollziehbaren wissenschaftlichen Lehrmeinungen, wonach das Erkrankungsbild der Klägerin als Folge einer MMR- oder Meningokokken-Impfung beschrieben wird. Dies gilt unabhängig von einer alternativen diagnostischen Einordnung. Wie schon ausgeführt, lässt sich hier allenfalls ein gewisser zeitlicher Zusammenhang feststellen. Dies führt indes nur zu einer theoretischen Möglichkeit der Verursachung, die aber für eine Kann-Versorgung nicht ausreicht.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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