Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 30/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Juni 1999 und die Bescheide der Beklagten vom 5. Juni 1996 und vom 27. November 1996 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 3. Dezember 1998 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung auch mit dem Einkommen aus ihrer Tätigkeit an der Waldorfschule Vaihingen/Enz zu versichern. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in allen Rechtszügen zu erstatten.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) wegen einer von der Klägerin an einer Waldorfschule ausgeübten Tätigkeit als Sprachgestalterin.
Die 1956 geborene Klägerin ist ausgebildete Sprachgestalterin. Seit Mitte 1995 übt sie diese Tätigkeit an verschiedenen Aus- und Fortbildungseinrichtungen selbständig aus. Ihr Jahreseinkommen für 1996 schätzte sie auf ca 18.000 DM ein; hiervon sollten ca 42 % auf das Entgelt für ihre Tätigkeit an der Freien Waldorfschule in Vaihingen/Enz entfallen. Auf ihren Antrag hin stellte die beklagte Künstlersozialkasse die Versicherungspflicht der Klägerin nach § 1 KSVG nur in der Rentenversicherung (RV) der Angestellten fest, wobei sie die Waldorfschule ausnahm und 58 % des Gesamteinkommens als beitragspflichtig ansah. Die Beklagte vertrat die Auffassung, bei der von der Klägerin an der Waldorfschule ausgeübten Tätigkeit handele es sich nicht um eine künstlerische iS des KSVG. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. November 1996). Im nachfolgenden Klageverfahren hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 3. Dezember 1998 ein Teilanerkenntnis abgegeben und Versicherungspflicht der Klägerin auch in der gesetzlichen Kranken- sowie sozialen Pflegeversicherung festgestellt, weil die an der Waldorfschule ausgeübte Tätigkeit geringfügig iS des § 8 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sei. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage auf Einbeziehung der an der Freien Waldorfschule ausgeübten Tätigkeit in die Versicherungspflicht nach dem KSVG, insbesondere auf Einbeziehung des durch diese Tätigkeit erzielten Entgelts in die Beitragspflicht zur gesetzlichen RV, abgewiesen (Urteil vom 25. Juni 1999): Die von der Klägerin an der Waldorfschule ausgeübte Tätigkeit als Sprachgestalterin im theaterpädagogischen und sprachkünstlerischen Bereich im Rahmen von Schauspielklassenspiel und Arbeitsgemeinschaften sei nicht Lehre von Kunst iS von § 2 Satz 1 KSVG, sondern Bestandteil der Allgemeinerziehung. Die Waldorfschule verfolge das Lernziel einer staatlichen Schule. Eine dort ausgeübte Tätigkeit könne nicht als "Lehre von Kunst" angesehen werden. Dies ergebe sich durch Rückschluß aus dem Katalog der abgabepflichtigen Unternehmen in § 24 Abs 1 KSVG. Allgemeinbildende Schulen würden von diesem Katalog nicht erfaßt.
Mit der vom SG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 2 Satz 1 KSVG. Das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß der von ihr, der Klägerin, erteilte Unterricht nicht als "Lehre von Kunst" anzusehen sei, weil er in das Bildungsziel einer allgemeinbildenden Schule eingebunden sei. Die Tatsache, daß allgemeinbildende Schulen nicht in den Katalog der abgabepflichtigen Unternehmen aufgenommen worden seien, rechtfertige nicht den Rückschluß, eine dort ausgeübte sprachkünstlerische Tätigkeit sei nicht als Lehre von Kunst anzusehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Juni 1999 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 1996, abgeändert durch Teilanerkenntnis vom 3. Dezember 1998, zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung auch mit dem Einkommen aus ihrer Tätigkeit in der Waldorfschule Vaihingen/Enz zu versichern.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das SG hat zu Unrecht entschieden, daß die Klägerin als Sprachgestalterin im theaterpädagogischen und sprachkünstlerischen Bereich wegen ihrer Tätigkeit in der Waldorfschule Vaihingen/Enz nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege. Die Klägerin ist auch mit ihrem Einkommen aus dieser Tätigkeit in der gesetzlichen RV der Angestellten zu versichern.
Nach § 1 KSVG (idF durch das KSVG-ÄndG vom 20. Dezember 1988 - BGBl I 2606, geändert durch Gesetz vom 26. Mai 1994 - BGBl I 1014) werden selbständige Künstler in der RV der Angestellten, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie die künstlerische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. Als Künstler iS des Gesetzes bezeichnet § 2 KSVG in der genannten Fassung denjenigen, der Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Zwar hat das SG zur Frage der Selbständigkeit der Klägerin in bezug auf ihre Tätigkeit an der Waldorfschule keine Feststellungen getroffen. Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß es sich um ein Beschäftigungsverhältnis handeln könnte, zumal die Klägerin überwiegend an anderen Einrichtungen tätig ist. Von Seiten der Beteiligten sind insoweit Rügen nicht erhoben worden, so daß auch für das Revisionsverfahren von einer selbständigen Tätigkeit der Klägerin auszugehen ist.
SG und Beklagte bestreiten zu Unrecht, daß die Tätigkeit der Klägerin an der Waldorfschule eine künstlerische ist, weil die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Sprachgestalterin dort in den allgemeinen Ausbildungsgang integriert sei. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß die Lehre von bildender oder darstellender Kunst die Versicherungspflicht nach § 1 KSVG auch dann begründet ist, wenn sie Bestandteil eines umfassenderen Ausbildungskonzepts ist (SozR 3-5425 § 2 Nr 2 - Eurythmie-Lehrerin, SozR 3-5425 § 1 Nr 4 - Tanzlehrerin an einer Musikschule). Um eine "Lehre von Kunst" iS des § 1 KSVG handelt es sich nur dann nicht mehr, wenn es nicht um die Vermittlung von Kenntnissen oder Fertigkeiten zur Ausübung von Kunst, sondern um die Veranstaltung kunstwissenschaftlicher oder kunsthistorischer Vorträge geht (SozR 3-5425 § 2 Nr 7).
Die von der Klägerin betriebene Sprachgestaltung ist Lehre von Kunst iS des § 2 KSVG, denn sie ist ua Bestandteil einer schauspielerischen Ausbildung, wenn mit den Klassen Schauspiele einstudiert werden, bei denen eine gute Aussprache und künstlerische Ausdrucksweise vermittelt werden. Daß es sich um sog Laienunterricht handelt, steht nicht entgegen. Dies wird letztlich auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt; sie hat die von der Klägerin in einer anderen Bildungseinrichtung ausgeübte Tätigkeit als Sprachgestalterin durchaus als versicherungspflichtig nach § 2 KSVG angesehen. Allein wegen der Tatsache, daß die hier streitige Tätigkeit an einer Waldorfschule ausgeübt wird, verliert sie jedoch ihren Charakter als Lehre von Kunst nicht. Im Urteil vom 14. Dezember 1994 (3/12 RK 80/92 = SozR 3-5425 § 1 Nr 4) hat der Senat bereits deutlich gemacht, daß eine "Lehre von Kunst" nicht deshalb ausscheidet, weil bei der Unterrichtung von Kindern nicht die Vermittlung künstlerischer Kenntnisse und Fähigkeiten im Vordergrund stehe, sondern angesichts der Altersstufe der zu unterrichtenden Kinder vorwiegend Grundlagenwissen iS einer Allgemeinbildung vermittelt werde. Der Senat hat dargelegt, daß es auf diese Differenzierung bei der Frage der Versicherungspflicht eines Kunstlehrers nicht ankommt; es reicht aus, wenn künstlerischer Fachunterricht erteilt wird, neben dem der pädagogische oder didaktische Anteil in den verschiedenen Teilnehmer- und Altersgruppen unterschiedlichen Raum einnehmen kann. Hier ist zudem zu beachten, daß die von der Klägerin durchgeführte Sprachgestaltung nicht zum Pflichtfachkanon der Schule zählt, so daß sie auch an einer Waldorfschule mehr ist als bloße Vermittlung von Grundlagenwissen.
Für ihre gegenteilige Auffassung bezieht sich die Beklagte zu Unrecht auf das Urteil des Senats vom 20. Juli 1994 (SozR 3-5425 § 24 Nr 8). In jener Entscheidung ging es um die Abgabepflicht einer pädagogischen Hochschule wegen der Ausbildung von Musik- und Kunstlehrern. In diesem Zusammenhang hat der Senat nur die Frage aufgeworfen, ob es noch im Rahmen einer abgabenrechtlich zulässigen Tatbestandsauslegung liegen könne, auch allgemeinbildende Schulen wegen ihres Musik- und Kunstunterrichts als "Ausbildungseinrichtungen für künstlerische Tätigkeiten" iS von § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG anzusehen. Entschieden wurde, daß die Ausbildung für den Musik- und Kunstunterricht an Realschulen eine Ausbildung für eine künstlerische Tätigkeit iS des KSVG ist. Daraus läßt sich, wie der Senat bereits im Urteil vom 14. Dezember 1994 (SozR 3-5425 § 1 Nr 4) deutlich gemacht hat, nicht folgern, der Senat habe Zweifel, ob an allgemeinbildenden Schulen beim Unterrichten von Musik oder Kunst das erforderliche Mindestmaß an fachlicher Substanz erreicht werde. Die Zweifel betrafen allein die Grenzen der Gesetzesauslegung bei der Bestimmung der abgabepflichtigen Unternehmen, die im Einzelfall dazu führen könnten, daß - abweichend vom Grundprinzip - versicherte Künstler und abgabepflichtige Verwerter nicht korrespondieren (BSG SozR 3-5425 § 1 Nr 4; BSGE 75, 20, 23 = SozR 3-5425 § 25 Nr 5). Nichts anderes gilt in bezug auf den Einwand der Beklagten, der Senat habe im Urteil über die Eurythmie-Lehrerin (SozR 3-5425 § 2 Nr 2) angedeutet, daß bei der Unterrichtung von Kunst der mittelbar verfolgte Zweck der Allgemeinerziehung dann erheblich werde, wenn die konkrete Lehrmaßnahme in eine umfassendere Bildungsmaßnahme eingegliedert sei, die in erster Linie der Allgemeinerziehung diene. Diese Erwägungen betrafen nicht die Unterrichtung von Kunst als Voraussetzung der Versicherungspflicht nach § 2 KSVG, sondern allein die Zuordnung der betroffenen Schulen zu den abgabepflichtigen Unternehmen iS des § 24 Abs 1 Nr 9 KSVG - was nicht zu entscheiden war. Zwar kann die Einbeziehung eines Unternehmens in den Katalog der abgabepflichtigen Unternehmen in § 24 Abs 1 KSVG nach der Rechtsprechung des Senats (vgl SozR 3-5425 § 1 Nr 4, zur Musikschule; SozR 3-5425 § 24 Nr 8, zur Ausbildung von Musik- und Kunstlehrern an pädagogischen Hochschulen) grundsätzlich als Indiz dafür angesehen werden, daß die von diesem Unternehmen im Rahmen der Lehre eingesetzten selbständigen Lehrkräfte als Künstler iS des § 2 KSVG tätig werden. Hieraus kann jedoch nicht im Umkehrschluß gefolgert werden, daß selbständige Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen nicht als Lehrer von Kunst nach § 1 KSVG versicherungspflichtig sein könnten, weil allgemeinbildende Schulen nicht zu den nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG abgabepflichtigen Ausbildungseinrichtungen für künstlerische Tätigkeiten zählten. Vorliegend stellt sich allerdings die Frage, ob auch hier eine Deckungsgleichheit zwischen Versicherungspflicht und Abgabepflicht zu bejahen ist, weil eine Bildungseinrichtung, die regelmäßig Leistungen einer selbständigen Künstlerin in Anspruch nimmt, um die selbst gesetzten Bildungsziele erreichen zu können, nach § 24 Abs 2 KSVG künstlersozialabgabepflichtig ist, sofern in diesem Zusammenhang Einnahmen erzielt werden. Diese Frage war hier jedoch nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) wegen einer von der Klägerin an einer Waldorfschule ausgeübten Tätigkeit als Sprachgestalterin.
Die 1956 geborene Klägerin ist ausgebildete Sprachgestalterin. Seit Mitte 1995 übt sie diese Tätigkeit an verschiedenen Aus- und Fortbildungseinrichtungen selbständig aus. Ihr Jahreseinkommen für 1996 schätzte sie auf ca 18.000 DM ein; hiervon sollten ca 42 % auf das Entgelt für ihre Tätigkeit an der Freien Waldorfschule in Vaihingen/Enz entfallen. Auf ihren Antrag hin stellte die beklagte Künstlersozialkasse die Versicherungspflicht der Klägerin nach § 1 KSVG nur in der Rentenversicherung (RV) der Angestellten fest, wobei sie die Waldorfschule ausnahm und 58 % des Gesamteinkommens als beitragspflichtig ansah. Die Beklagte vertrat die Auffassung, bei der von der Klägerin an der Waldorfschule ausgeübten Tätigkeit handele es sich nicht um eine künstlerische iS des KSVG. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. November 1996). Im nachfolgenden Klageverfahren hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 3. Dezember 1998 ein Teilanerkenntnis abgegeben und Versicherungspflicht der Klägerin auch in der gesetzlichen Kranken- sowie sozialen Pflegeversicherung festgestellt, weil die an der Waldorfschule ausgeübte Tätigkeit geringfügig iS des § 8 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sei. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage auf Einbeziehung der an der Freien Waldorfschule ausgeübten Tätigkeit in die Versicherungspflicht nach dem KSVG, insbesondere auf Einbeziehung des durch diese Tätigkeit erzielten Entgelts in die Beitragspflicht zur gesetzlichen RV, abgewiesen (Urteil vom 25. Juni 1999): Die von der Klägerin an der Waldorfschule ausgeübte Tätigkeit als Sprachgestalterin im theaterpädagogischen und sprachkünstlerischen Bereich im Rahmen von Schauspielklassenspiel und Arbeitsgemeinschaften sei nicht Lehre von Kunst iS von § 2 Satz 1 KSVG, sondern Bestandteil der Allgemeinerziehung. Die Waldorfschule verfolge das Lernziel einer staatlichen Schule. Eine dort ausgeübte Tätigkeit könne nicht als "Lehre von Kunst" angesehen werden. Dies ergebe sich durch Rückschluß aus dem Katalog der abgabepflichtigen Unternehmen in § 24 Abs 1 KSVG. Allgemeinbildende Schulen würden von diesem Katalog nicht erfaßt.
Mit der vom SG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 2 Satz 1 KSVG. Das SG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß der von ihr, der Klägerin, erteilte Unterricht nicht als "Lehre von Kunst" anzusehen sei, weil er in das Bildungsziel einer allgemeinbildenden Schule eingebunden sei. Die Tatsache, daß allgemeinbildende Schulen nicht in den Katalog der abgabepflichtigen Unternehmen aufgenommen worden seien, rechtfertige nicht den Rückschluß, eine dort ausgeübte sprachkünstlerische Tätigkeit sei nicht als Lehre von Kunst anzusehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. Juni 1999 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 6. Juni 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 1996, abgeändert durch Teilanerkenntnis vom 3. Dezember 1998, zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung auch mit dem Einkommen aus ihrer Tätigkeit in der Waldorfschule Vaihingen/Enz zu versichern.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
II
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das SG hat zu Unrecht entschieden, daß die Klägerin als Sprachgestalterin im theaterpädagogischen und sprachkünstlerischen Bereich wegen ihrer Tätigkeit in der Waldorfschule Vaihingen/Enz nicht der Versicherungspflicht nach dem KSVG unterliege. Die Klägerin ist auch mit ihrem Einkommen aus dieser Tätigkeit in der gesetzlichen RV der Angestellten zu versichern.
Nach § 1 KSVG (idF durch das KSVG-ÄndG vom 20. Dezember 1988 - BGBl I 2606, geändert durch Gesetz vom 26. Mai 1994 - BGBl I 1014) werden selbständige Künstler in der RV der Angestellten, in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung versichert, wenn sie die künstlerische Tätigkeit erwerbsmäßig und nicht nur vorübergehend ausüben. Als Künstler iS des Gesetzes bezeichnet § 2 KSVG in der genannten Fassung denjenigen, der Musik, darstellende oder bildende Kunst schafft, ausübt oder lehrt. Zwar hat das SG zur Frage der Selbständigkeit der Klägerin in bezug auf ihre Tätigkeit an der Waldorfschule keine Feststellungen getroffen. Es liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, daß es sich um ein Beschäftigungsverhältnis handeln könnte, zumal die Klägerin überwiegend an anderen Einrichtungen tätig ist. Von Seiten der Beteiligten sind insoweit Rügen nicht erhoben worden, so daß auch für das Revisionsverfahren von einer selbständigen Tätigkeit der Klägerin auszugehen ist.
SG und Beklagte bestreiten zu Unrecht, daß die Tätigkeit der Klägerin an der Waldorfschule eine künstlerische ist, weil die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Sprachgestalterin dort in den allgemeinen Ausbildungsgang integriert sei. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß die Lehre von bildender oder darstellender Kunst die Versicherungspflicht nach § 1 KSVG auch dann begründet ist, wenn sie Bestandteil eines umfassenderen Ausbildungskonzepts ist (SozR 3-5425 § 2 Nr 2 - Eurythmie-Lehrerin, SozR 3-5425 § 1 Nr 4 - Tanzlehrerin an einer Musikschule). Um eine "Lehre von Kunst" iS des § 1 KSVG handelt es sich nur dann nicht mehr, wenn es nicht um die Vermittlung von Kenntnissen oder Fertigkeiten zur Ausübung von Kunst, sondern um die Veranstaltung kunstwissenschaftlicher oder kunsthistorischer Vorträge geht (SozR 3-5425 § 2 Nr 7).
Die von der Klägerin betriebene Sprachgestaltung ist Lehre von Kunst iS des § 2 KSVG, denn sie ist ua Bestandteil einer schauspielerischen Ausbildung, wenn mit den Klassen Schauspiele einstudiert werden, bei denen eine gute Aussprache und künstlerische Ausdrucksweise vermittelt werden. Daß es sich um sog Laienunterricht handelt, steht nicht entgegen. Dies wird letztlich auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt; sie hat die von der Klägerin in einer anderen Bildungseinrichtung ausgeübte Tätigkeit als Sprachgestalterin durchaus als versicherungspflichtig nach § 2 KSVG angesehen. Allein wegen der Tatsache, daß die hier streitige Tätigkeit an einer Waldorfschule ausgeübt wird, verliert sie jedoch ihren Charakter als Lehre von Kunst nicht. Im Urteil vom 14. Dezember 1994 (3/12 RK 80/92 = SozR 3-5425 § 1 Nr 4) hat der Senat bereits deutlich gemacht, daß eine "Lehre von Kunst" nicht deshalb ausscheidet, weil bei der Unterrichtung von Kindern nicht die Vermittlung künstlerischer Kenntnisse und Fähigkeiten im Vordergrund stehe, sondern angesichts der Altersstufe der zu unterrichtenden Kinder vorwiegend Grundlagenwissen iS einer Allgemeinbildung vermittelt werde. Der Senat hat dargelegt, daß es auf diese Differenzierung bei der Frage der Versicherungspflicht eines Kunstlehrers nicht ankommt; es reicht aus, wenn künstlerischer Fachunterricht erteilt wird, neben dem der pädagogische oder didaktische Anteil in den verschiedenen Teilnehmer- und Altersgruppen unterschiedlichen Raum einnehmen kann. Hier ist zudem zu beachten, daß die von der Klägerin durchgeführte Sprachgestaltung nicht zum Pflichtfachkanon der Schule zählt, so daß sie auch an einer Waldorfschule mehr ist als bloße Vermittlung von Grundlagenwissen.
Für ihre gegenteilige Auffassung bezieht sich die Beklagte zu Unrecht auf das Urteil des Senats vom 20. Juli 1994 (SozR 3-5425 § 24 Nr 8). In jener Entscheidung ging es um die Abgabepflicht einer pädagogischen Hochschule wegen der Ausbildung von Musik- und Kunstlehrern. In diesem Zusammenhang hat der Senat nur die Frage aufgeworfen, ob es noch im Rahmen einer abgabenrechtlich zulässigen Tatbestandsauslegung liegen könne, auch allgemeinbildende Schulen wegen ihres Musik- und Kunstunterrichts als "Ausbildungseinrichtungen für künstlerische Tätigkeiten" iS von § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG anzusehen. Entschieden wurde, daß die Ausbildung für den Musik- und Kunstunterricht an Realschulen eine Ausbildung für eine künstlerische Tätigkeit iS des KSVG ist. Daraus läßt sich, wie der Senat bereits im Urteil vom 14. Dezember 1994 (SozR 3-5425 § 1 Nr 4) deutlich gemacht hat, nicht folgern, der Senat habe Zweifel, ob an allgemeinbildenden Schulen beim Unterrichten von Musik oder Kunst das erforderliche Mindestmaß an fachlicher Substanz erreicht werde. Die Zweifel betrafen allein die Grenzen der Gesetzesauslegung bei der Bestimmung der abgabepflichtigen Unternehmen, die im Einzelfall dazu führen könnten, daß - abweichend vom Grundprinzip - versicherte Künstler und abgabepflichtige Verwerter nicht korrespondieren (BSG SozR 3-5425 § 1 Nr 4; BSGE 75, 20, 23 = SozR 3-5425 § 25 Nr 5). Nichts anderes gilt in bezug auf den Einwand der Beklagten, der Senat habe im Urteil über die Eurythmie-Lehrerin (SozR 3-5425 § 2 Nr 2) angedeutet, daß bei der Unterrichtung von Kunst der mittelbar verfolgte Zweck der Allgemeinerziehung dann erheblich werde, wenn die konkrete Lehrmaßnahme in eine umfassendere Bildungsmaßnahme eingegliedert sei, die in erster Linie der Allgemeinerziehung diene. Diese Erwägungen betrafen nicht die Unterrichtung von Kunst als Voraussetzung der Versicherungspflicht nach § 2 KSVG, sondern allein die Zuordnung der betroffenen Schulen zu den abgabepflichtigen Unternehmen iS des § 24 Abs 1 Nr 9 KSVG - was nicht zu entscheiden war. Zwar kann die Einbeziehung eines Unternehmens in den Katalog der abgabepflichtigen Unternehmen in § 24 Abs 1 KSVG nach der Rechtsprechung des Senats (vgl SozR 3-5425 § 1 Nr 4, zur Musikschule; SozR 3-5425 § 24 Nr 8, zur Ausbildung von Musik- und Kunstlehrern an pädagogischen Hochschulen) grundsätzlich als Indiz dafür angesehen werden, daß die von diesem Unternehmen im Rahmen der Lehre eingesetzten selbständigen Lehrkräfte als Künstler iS des § 2 KSVG tätig werden. Hieraus kann jedoch nicht im Umkehrschluß gefolgert werden, daß selbständige Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen nicht als Lehrer von Kunst nach § 1 KSVG versicherungspflichtig sein könnten, weil allgemeinbildende Schulen nicht zu den nach § 24 Abs 1 Satz 1 Nr 9 KSVG abgabepflichtigen Ausbildungseinrichtungen für künstlerische Tätigkeiten zählten. Vorliegend stellt sich allerdings die Frage, ob auch hier eine Deckungsgleichheit zwischen Versicherungspflicht und Abgabepflicht zu bejahen ist, weil eine Bildungseinrichtung, die regelmäßig Leistungen einer selbständigen Künstlerin in Anspruch nimmt, um die selbst gesetzten Bildungsziele erreichen zu können, nach § 24 Abs 2 KSVG künstlersozialabgabepflichtig ist, sofern in diesem Zusammenhang Einnahmen erzielt werden. Diese Frage war hier jedoch nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.
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