Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 37 U 86/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 80/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 07. März 2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 06. September 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2007 werden aufgehoben und festgestellt, dass das Ereignis von 02. Juni 2004 ein Arbeitsunfall mit dem Bruch des ersten Lendenwirbelkörpers als Gesundheitserstschaden war. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das gesamte Verfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall und die Feststellung eines hierbei eingetretenen Gesundheitserstschadens.
Die 1947 geborene Klägerin zog sich eigenen Angaben zufolge am 02. Juni 2004 eine Wirbelsäulenverletzung zu, als sie beim Versuch, ihrem pflegebedürftigen und von ihr pflegerisch versorgten Vater, der gestürzt war, aufzuhelfen, mit dem Rücken heftig gegen die geflieste Wand fiel, wobei es geknackt und sie ein starker Schmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) durchfahren habe, weshalb sie operativ habe behandelt werden müssen, vgl. die (wohl) von der Klägerin gefertigte, am 12. Dezember 2005 bei der Beklagten eingegangene Unfallanzeige. Mit dieser Sachverhaltsschilderung wandte sie sich mit Schreiben vom 25. Oktober 2005 an die Beklagte. Beigefügt waren u.a. ein Arztbrief des Neurochirurgen Dr. S, wonach bei der Klägerin ein Zustand nach osteoporotisch bedingter Fraktur am Lendenwirbelkörper (LWK) 1 und osteosynthetischer Versorgung und dorsoventraler Fusions-Operation Th12/ L2 bestand, und ein Schwerbehindertenausweis der Klägerin über einen Grad der Behinderung (GdB) von 50.
Die Beklagte zog u.a. ein Pflegegutachten für den 1908 geborenen Vater der Klägerin bei, aus welchem sich sein Körpergewicht von 60 kg und seine Körpergröße von 170 cm ergaben, ferner u.a. Befund-/ Behandlungsberichte von Dr. S vom 23. November 2005 und 06. Juni 2006, wonach sich die Klägerin eine traumatische Kompressionsfraktur LWK 1 bei Osteoporose mit Ausbildung einer kyphotischen Knickbildung zugezogen habe, ferner einen Arztbrief der M Klinik H vom 18. August 2004 und einen Osteo-CT-Befund vom 07. September 2004, wonach der T-Score für eine Osteoporose des Achsenskeletts spreche und im Vergleich zur Untersuchung im Jahr 2000 eine deutliche Demineralisierungstendenz nachweisbar sei sowie einen LWS-CT-Befund vom 10. September 2002 (Spondylarthrose bei LWK 3/4 und 5/ SWK 1 ). Die Beklagte zog zudem den ärztlichen Entlassungsbericht des H Klinikums Bad S vom 14. Juli 2004 und den Bescheid des Versorgungsamts vom 14. Februar 2005 über die Anerkennung eines GdB von 50 bei. Als GdB-begründende Beeinträchtigung wird dort u.a. eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Osteoporose (Kalksalzminderung des Knochens) angegeben.
Eine Krankheitsauskunft der die Klägerin ab dem 03. Juni 2004 behandelnden Allgemeinärztin Dr. G vom 16. Mai 2005 ergab, dass die Klägerin u.a. eine Osteoporosetherapie in Anspruch nahm. Beigefügt war u.a. ein LWS-Röntgenbefund vom 19. August 2002, wonach sich im unteren LWS-Bereich dezente Zeichen einer beginnenden Spondylarthrose fanden.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 06. September 2006 die Anerkennung des Ereignisses vom 02. Juni 2004 als Arbeitsunfall ab. Das angeschuldigte Ereignis stelle eine Gelegenheitsursache dar. Der Bruch des Lendenwirbelkörpers beruhe auf einer Krankheitsanlage der Klägerin, weil sie bereits zuvor an Osteoporose erkrankt gewesen sei. Die Klägerin erhob am 05. Oktober 2006 Widerspruch. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2007 als unbegründet zurück.
Die KIägerin hat ihr Begehren mit der am 18. Juli 2007 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Das beweisbare Schadensereignis habe kausal zur Verletzung der Wirbelsäule geführt. Nach wie vor bestehe bei ihr keine Osteoporose, wie sich aus einem Befund des Orthopäden Dr. K vom 26. November 2007 ergebe. Sie hat das angeschuldigte Ereignis mit Schreiben vom 12. August 2009 wie folgt geschildert: "Gemeinsam mit meiner Tochter versuchte ich ihm aufzuhelfen. Das Ganze dauerte sehr lange, da mein Vater nicht in der Lage war, in irgendeiner Weise mitzuwirken, dadurch war er auch vom Gewicht her sehr schwer. Damit er sich nicht verletzte, mußte ich leider immer wieder spontan an seinem Oberkörper zugreifen. Dadurch kamen bei mir auch unwillkürlich die unmöglichsten Körperhaltungen zustande. Dabei habe ich jeweils entsprechend der Lage meines Vaters automatisch reflexartig gehandelt. Als der Unfall geschah waren meine Tochter und ich gerade dabei, meinem Vater aufzuhelfen, als er plötzlich mir zu entgleiten drohte. Ohne Nachzudenken faßte ich blitzschnell am Oberkörper nach, machte dabei eine unglückliche ruckartige Bewegung und stieß zeitgleich gegen die geflieste Badezimmerwand."
Zudem hat die Klägerin eine Skizze des Badezimmers mit Raummaßen sowie eine schriftliche Erklärung ihrer Tochter S R vom 12. August 2009 zur Akte gereicht.
Die Beklagte hat ihre im Verwaltungsverfahren geäußerten Standpunkt vertieft und bestritten, dass das angeschuldigte Ereignis im Zusammenhang mit versicherten pflegerischen Verrichtungen der Kläger gestanden habe.
Das SG hat u.a. ein Arbeitsunfähigkeitsverzeichnis von der Krankenkasse der Klägerin sowie die medizinischen Unterlagen des Erwerbsminderungsrentenverfahrens beigezogen. Das SG hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt. Sodann hat es das auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 30. Juni 2010 beruhende schriftliche Sachverständigengutachten des Chirurgen und Orthopäden Dr. S vom 25. August 2010 eingeholt. Nach Auswertung der bildgebenden Befunde habe im Unfallzeitpunkt eine Osteopenie im Übergang zur Osteoporose Grad 1 vorgelegen, weil davon auszugehen sei, dass bis zur Untersuchung vom 27. August 2004 nach dem Unfall eine weitere Demineralisierung eingetreten sein könne. Das Anheben des pflegebedürftigen Vaters selbst könne den Bruch nicht verursacht haben; die Muskulatur könne in der Regel nicht mehr Kraft aufbringen als die Stützstrukturen. Komme es hierbei gleichwohl zu einer strukturellen Schädigung, müsse von einer erheblichen vorbestandenen Schwächung ausgegangen werden. Im Fall der Klägerin ergebe sich allerdings eine andere Bewertung. Für den von der Klägerin mehrfach übereinstimmend dargestellten Geschehensablauf sei eine erzwungene äußere Einwirkung sowohl für das plötzliche Nachfassen als auch für den Verlust des eigenen Halts und den Anprall mit dem Rücken gegen die Wand des Badezimmers erkennbar. Von einer alltäglichen Belastung könne hier nicht ausgegangen werden. Darüber hinaus sei aufgrund der bildgebenden Untersuchungen der BWS und LWS einschließlich der Knochendichtemessungen festzustellen, dass zwar eine Minderung der Knochendichte vorgelegen habe, aber keine fortgeschrittene Osteoporose. Das Fehlen von osteoporosetypischen Verformungen anderer Wirbelkörper und das Ausbleiben entsprechende Verformungen oder gar Spontanfrakturen nach dem in Rede stehenden Ereignis sprächen dagegen, dass es auch unter einer alltäglichen Belastung in zeitlicher Nähe zum angeschuldigten Ereignis ebenfalls zu einem Bruch des ersten LWK gekommen wäre. Das angeschuldigte Ereignis stelle zumindest eine wesentliche Teilursache für den Bruch dar. Das SG hat Dr. S unter dem 15. März 2011 ergänzend Stellung nehmen lassen, wonach sowohl für den Versuch des Festhaltens oder Auffangsens der Last als auch für den Anprall mit dem Rücken gegen die Wand jeweils eine die Unfalldefinition erfüllende plötzliche Krafteinleitung bzw. äußere Gewalteinwirkung anzunehmen sei.
Das SG hat die Zeugin S R vernommen. Diese hat bekundet, dass der Vater der Klägerin mit den Beinen zum Fenster und mit dem Kopf zur Tür des Badezimmers gelegen habe. Sie habe ihn dann unter den Armen genommen und etwas ins Bad gezogen, damit mehr Platz sei. Da sie mehr Kraft als die Klägerin gehabt habe, habe sie versucht, ihn hochzustemmen. Die Klägerin habe aber mächtig mitgemacht. Als sie es fast geschafft hätten – eigentlich hätten sie es bereits geschafft -, sei er wieder weggerutscht und die Klägerin habe spontan nachfassen müssen. Dann habe es hörbar geknackt.
Das SG hat sodann einen Befundbericht der Ärztin Dr. G vom 31. Mai 2013 einschließlich Behandlungskartei eingeholt. Ferner hat das SG bei den Radiologen Dres. L etc. den Bericht über die Knochenmineralsalzbestimmung vom 24. Juni 2000 und den OP-Bericht vom 25. Juni 2004 beigezogen.
Daraufhin hat das SG das schriftliche Sachverständigengutachten nach Aktenlage des Chirurgen Prof. Dr. B vom 17. Januar 2014 eingeholt. Der Sachverständige hat dargelegt, dass mit der seit 1996 gesicherten Colitis ulcerosa bei der Klägerin eine Grunderkrankung vorliege, die mit einem erhöhten Osteoporoserisiko einhergehe. Er hat sich kritisch mit der Bewertung der Ergebnisse der Knochendichtemessungen durch Dr. Süße auseinandergesetzt und u.a. ausgeführt, dass die für die Diagnose einer Osteoporose bestimmten Mineralgehalte willkürlich festgelegte Werte seien, die im Einzelfall keine Aussage über die tatsächliche Festigkeit eines Wirbelkörpers machten. Die in den festgelegten Referenzwerten enthaltenen Messdaten sollten lediglich das Osteoporoserisiko klassifizieren und Anhaltspunkte für die Einleitung einer Osteoporosetherapie enthalten. Ausweislich der bildgebenden Diagnostik habe bei der Klägerin eine Kompressionsfraktur vorgelegen, die einer osteoporotischen Fraktur bei einem niedrig-energetischen Trauma entspreche. Die bei der Klägerin vorhandene Frakturform werde in der Regel bei einem adäquaten Trauma beobachtet. Sie schließe aber eine auf osteoporotischer Basis entstandene Fraktur nicht aus. Es komme daher darauf an, ob der angeschuldigte Hergang geeignet gewesen sei, den Bruch des LWK 1 zu verursachen. Dies sei aus physiologischen Gründen nicht der Fall beim Versuch der Klägerin, zusammen mit ihrer Tochter den am Boden liegenden Vater anzuheben. Allenfalls das unerwartet plötzliche Nachfassen infolge Wegrutschens habe grundsätzlich als Unfallereignis angesehen werden können. Die Klägerin habe zusammen mit ihrer Tochter den Vater aufgerichtet gehabt und habe ihn stützen müsse. Sie habe also ihre volle Körperkraft eingesetzt, die Wirbelsäulenmuskulatur sei maximal angespannt gewesen. Durch das Wegrutschen des Vaters und das Nachfassen sei es zu einer unerwarteten vermehrten Belastung der angespannten Wirbelsäulenmuskulatur gekommen, weil die Klägerin in eine Beugehaltung gezwungen oder die Wirbelsäule axial belastet worden sei. Bei gesunden Knochen könne dies nicht zum Wirbelbruch führen. Bei verminderter Knochenfestigkeit der Wirbel könne der geschilderte Vorgang jedoch ausreichen, um einen LWK-Bruch zu verursachen. Der Vorgang wäre dann als wesentliche Teilursache zu werten. Als wesentliche Teilursache könne das Geschehen nur dann angesehen werden, wenn eine außergewöhnliche Krafteinwirkung auf den oberen LWS-Bereich bzw. den thorakolumbalen Übergangsbereich bei einer wesentlichen Vorschädigung der Wirbelsäule stattgefunden habe. Hierbei seien Körpergröße und -gewicht der Klägerin (nach dem Gutachten von Dr. S 61 kg/ 158 cm) und des Vaters (60 kg/ 170cm) zu berücksichtigen. Nach der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Klägerin – ggf. mit einer stärkeren Gewichtsbelastung - zusammen mit ihrer Tochter den Vater aufgefangen habe. Hätte die Klägerin ihren reaktionsunfähigen Vater allein aufgefangen, müsse davon ausgegangen werden, dass dies ihre Kräfte überfordert hätte und sie gemeinsam mit ihrem Vater zu Boden gestürzt wäre. Angesichts der Vorgeschichte der Klägerin (vorbestehende Rückenschmerzen ohne Nachweis degenerativer Veränderungen, den Knochenstoffwechsel beeinflussende Grunderkrankung und deren durchgeführte Behandlung mit einem Glukokortikoid) und durch objektive Untersuchung mit Hilfe der quantitativen CT sei bewiesen, dass durch die bei der Klägerin betehende Osteoporose die Knochenfestigkeit so weit herabgesetzt gewesen sei, dass es nur eines austauschbaren Ereignisses bedurft habe, die LWK-Fraktur herbeizuführen. Das angeschuldigte Ereignis sei also keine wesentliche Teil-, sondern nur eine Gelegenheitsursache. Der Anprall an die Badezimmerwand sei als Bruchursache von vornherein auszuschließen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 07. März 2014 abgewiesen und sich in der Begründung den Erwägungen zur Zusammenhangsfrage des Sachverständigen Prof. Dr. B angeschlossen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 14. April 2014 zugestellte Urteil am 14. Mai 2014 Berufung eingelegt. Könnten weitere Ursachen bzw. Vorschäden – wie hier die Osteoporose – nicht gesichert werden, sei die Ursache des versicherten Ereignisses festgestellt. Prof. Dr. B habe kein unabhängiges Gutachten erstellt, da er sonst überwiegend für die Beklagte gutachterlich tätig sei. Sein Gutachten sei auch inhaltlich widersprüchlich, soweit dort ausgeführt werde, dass keine wesentlichen Erkrankungen, die für die Beurteilung des Falls entscheidend seien, zuvor bestanden hätten. Zu folgen sei Dr. S, der keine gravierende Osteoporose vor dem Unfall festgestellt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 07. März 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. September 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2007 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis von 02. Juni 2004 ein Arbeitsunfall mit dem Bruch des ersten Lendenwirbelkörpers als Gesundheitserstschaden war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat das auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin beruhende schriftliche Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. W vom 05. Oktober 2015 eingeholt. Dieser ist unter Verwertung der Knochendichtemessung im September 2004 von einer gesicherten Osteoporose auch im Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses ausgegangen, weil allein postoperativ, da die Klägerin beizeiten wieder mobilisiert worden sei, eine derart starke Demineralisierung nicht denkbar sei. Biodynamisch sei der Anprall an der Wand in der Tat ungeeignet, einen LWK-Bruch herbeizuführen. Auch lasse sich der LWK-Bruch nicht mit einem Verhebetrauma erklären. Zwar habe sich die Klägerin ihrer Hergangsschilderung zufolge in einer Körpervorneige befunden, was dem Verhebetraumamechanismus entspreche. Sie habe ihren Vater unter den Achseln umfasst, um seinen Oberkörper aufzurichten. Das Aufrichten des Oberkörpers sei auch nicht vergleichbar mit Halteaufgaben, wie sie entstünden, wenn der oder die Betroffene stehend zusammensacke. In einer solchen Phase würde in einer ungünstigen Körperposition das gesamte Körpergewicht ruckartig in den gebeugten Rücken hereinfallen. Das bloße Absenken des Oberkörpers (zumal die Tochter von hinten den Kopf gehalten habe) habe somit keine ungewöhnliche schwere Last beinhalten können. An dieser Betrachtung ändere sich nichts, wenn man berücksichtige, dass die Klägerin habe nachgreifen müssen. Keinesfalls könne das Nachgreifen verbunden sein mit einem hochgradig dynamischen Gewicht. Es sei zwar zu einem reflexartigen, aber kontrollierbaren Nachführen gekommen, um das Absinken des Oberkörpers (nicht der gesamten Person mit Falltendenz) zu verhindern. So seien die körpereigenen Anlagen (Osteoporose mit etlichen Risikofaktoren (Geschlecht, Diabetes mellitus, Colitis ulcerosa)) für die LWK-Fraktur wesentlich.
Auf Antrag der Klägerin ist das auf ihrer ambulanten Untersuchung beruhende schriftliche Sachverständigengutachten des Orthopäden A vom 02. April 2016 eingeholt worden. Dieser hat ausgeführt, dass eine als Schaden vorbestehende Osteoporose nicht bewiesen sei. Die Bruchform spreche gegen eine osteoporosebedingte Fraktur, des Gleichen das Fehlen in der Folgezeit aufgetretener Frakturen. Er sieht wohl im Nachfassen das schadensbringende Ereignis, wohingegen die Badezimmerwand den vollendeten Sturz verhindert habe. Im angeschuldigten Ereignis liege eine wesentliche Teilursache für den LWK-1-Bruch.
Dr. W-R hat unter dem 08. Juni 2016 ergänzend Stellung genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, ferner auf Auszüge aus den Rentenakten der Klägerin verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 06. September 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2007 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin. Sie hat einen Anspruch auf die Feststellung, dass das Ereignis vom 02. Juni 2004 ein Arbeitsunfall mit dem Bruch des ersten Lendenwirbelkörpers als Gesundheitserstschaden war.
Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit; Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a.a.O., Rn. 16); ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 18 und 20). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht ausschließlich eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Soweit das Gesetz in § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII eine äußere Ursache für den Gesundheitsschaden fordert, lösen im Umkehrschluss solche Gesundheitsschäden keinen Anspruch aus, welche auf so genannten inneren Ursachen beruhen. Dies sind körpereigene Ursachen infolge krankhafter Erscheinungen oder der Konstitution des Betroffenen (Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 1.6.2, S. 28). Hiervon ausgehend lag zunächst zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) eine versicherte Verrichtung vor. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob sich eine solche aus § 2 Abs. 1 Nr. 17 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) ergibt. Dafür sprechen indes folgende Erwägungen: Nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII sind Pflegepersonen im Sinne des § 19 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) bei der Pflege eines Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI kraft Gesetzes versichert, wobei die versicherte Tätigkeit Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und - soweit diese Tätigkeiten überwiegend Pflegebedürftigen zugute kommen - Pflegetätigkeit in den Bereich der Ernährung, der Mobilität sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung umfasst. Entgegen der Annahme der Vorinstanzen und der Beklagten war die Klägerin im Unfallzeitpunkt Pflegeperson im Sinne dieser Vorschrift. Dass der zeitliche Aufwand für die Pflege ihres im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI pflegebedürftigen Vaters 14 Stunden pro Woche möglicherweise nicht erreichte – die Beklagte stellt dies in Abrede -, steht dem nicht entgegen. § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII definiert den Begriff der Pflegepersonen nicht selbst, sondern greift auf die für Zwecke der sozialen Pflegeversicherung geschaffene Begriffsbestimmung in § 19 SGB XI zurück. Nach der Legaldefinition in Satz 1 dieser Vorschrift sind Pflegepersonen Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Der nachfolgende Satz 2 bestimmt, dass eine Pflegeperson Leistungen zur sozialen Sicherung nach § 44 SGB XI nur dann erhält, wenn sie eine pflegebedürftige Person wenigstens 14 Stunden wöchentlich pflegt. Die Wendung in § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII, versichert seien "Pflegepersonen im Sinne des § 19 SGB XI" kann sich inhaltlich nur auf § 19 Satz 1 SGB XI beziehen, denn allein dort wird der Begriff der Pflegeperson definiert. Der in § 19 Satz 2 SGB XI geforderte zeitliche Mindestumfang von 14 Stunden wöchentlicher Pflege gehört dagegen nicht zum Begriff der Pflegeperson, sondern bildet die Voraussetzung dafür, dass eine Pflegeperson im Sinne des Satzes 1 von der Pflegekasse Leistungen zur sozialen Sicherung nach § 44 SGB XI erhält (vgl. BSG, Urteil vom 07. September 2004 – B 2 U 46/03 R –, zitiert nach juris Rn. 16). Hiervon ausgehend bestehen für den Senat keine durchgreifende Zweifel an einer Pflegetätigkeit der Klägerin, als es zum angeschuldigten Ereignis kam. Sie hielt sich eigenen Angaben zufolge in der Wohnung ihres Vaters auf, um ihn zu pflegen. Die Zeugin S R hat bekundet, ebenfalls am Unfalltag zugegen gewesen zu sein und dass ihr Großvater am frühen Abend zur Toilette musste und die Klägerin ihn dann ins Bad führte. Dies ist eine pflegerische Verrichtung im Bereich der Körperpflege. Dies reicht nach den obigen Maßstäben der höchstrichterlichen Rechtsprechung für den Versicherungsschutz aus. Davon abgesehen ist – ebenfalls in der Zuständigkeit der Beklagten – der Versicherungstatbestand nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 lit. a SGB VII erfüllt, wonach Personen versichert sind, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten. Die Vorschrift entspricht damit - lediglich sprachlich überarbeitet - dem bis zum Inkrafttreten des SGB VII geltenden § 539 Abs. 1 Nr. 9 lit. a der Reichsversicherungsordnung (RVO) (vgl. BT-Drucks 13/2204 S. 75) und steht in sachlichem Zusammenhang mit dem Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung (vgl. § 323c des Strafgesetzbuchs (StGB)). Der Versicherungstatbestand bezeichnet zwei Handlungsalternativen, welche die Versicherung kraft Gesetzes begründen. Versichert ist nach Alt. 1, wer Hilfe leistet, sowie nach Alt. 2, wer einen anderen rettet. Das Hilfeleisten ist eine Unterstützungshandlung, die dem Zweck dienen soll, einen Unglücksfall, eine gemeine Gefahr oder eine gemeine Not zu beseitigen oder abzuwenden. Das Retten setzt den Einsatz zugunsten einer oder mehrerer anderer Personen voraus. Es muss darauf gerichtet sein, eine erhebliche aktuelle Gefahr für die Gesundheit eines anderen zu beseitigen (BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 – B 2 U 12/09 R -, zitiert nach juris Rn. 16 ff.).
Dies zugrunde gelegt leistete die Klägerin im Sinne der 1. Alt. bei einem Unglücksfall Hilfe und unternahm sie im Sinne der 2. Alt. die Rettung eines anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit. Ein Unglücksfall ist ein plötzlich auftretendes Ereignis, das eine Gefahr für Menschen oder Sachen mit sich bringt. Im Strafrecht wird darunter ein plötzliches Ereignis verstanden, das einen Zustand herbeiführt, aufgrund dessen erhebliche Gefahr für ein Individualrechtsgut droht. Für einen Unglücksfall genügt es, dass ein Schaden an anderen Individualrechtsgütern als der körperlichen Unversehrtheit eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht. Auch muss ein Schaden noch nicht eingetreten sein, es genügt, dass er einzutreten droht (BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 – B 2 U 12/09 R -, zitiert nach juris Rn. 19). Der Versicherungsschutz eines bei einem Unglücksfall oder einer gemeinen Gefahr oder Not Hilfe Leistenden erfordert u.a., dass dessen Tätigkeit nicht nur objektiv auf die Beseitigung eines Unglücksfalles oder einer gemeinen Gefahr oder Not gerichtet ist, sondern er muss auch subjektiv wesentlich von der Vorstellung bestimmt gewesen sein, einen gefährlichen Zustand zu beseitigen (BSG, Urteil vom 30. Januar 1985 – 2 RU 69/83 -, zitiert nach juris Rn. 23). Weil die Helfer unter Umständen - besonders bei plötzlichen Ereignissen und schnellen Entschlüssen - nur unzulänglich beurteilen können, obeinUnglücksfall etc. vorliegtHilfe notwendig und die ergriffene Maßnahme zweckmäßig ist, reicht es aus, wenn die Helfer unter den jeweiligen objektiven Gegebenheiten diese Umstände aus ihrer subjektivenSicht in vertretbarer Weise beurteilen (etwa Ricke, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 67. Ergänzungslieferung 2010, § 2 SGB VII, Rn. 62). Unter Gefahr ist ein Zustand zu verstehen, in dem nach den objektiven Umständen der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich zu gelten hat; die entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts genügt nicht (etwa Marschner, in: Rolfs/ Giesen/ Kreikebohm/ Udsching, Beck’scher Online-Kommentar, Stand 01. Dezember 2010, § 2 SGB VII Rn. 51). Bei der Prüfung der Frage, ob eine Gefahr für Körper und Gesundheit gegeben war, ist darauf abzustellen, ob der Hilfeleistende nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls eine solche Gefahr annehmen durfte; es genügt für die Versicherung, wenn die Helfer beziehungsweise Retter sie nach den objektiven Gegebenheiten das Vorliegen einer solchen Situation aus ihrer subjektiven Sicht in vertretbarer Weise bejahen (ständige Rechtsprechung des BSG seit Urteil vom 11. Dezember 1973 – 2 RU 30/73 -, zitiert nach juris Rn. 17; Urteil vom 11. Dezember 1980 – 2/8a RU 102/78 -, zitiert nach juris Rn. 22; Ricke, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 67. Ergänzungslieferung 2010, § 2 SGB VII, Rn. 62). Helfer beziehungsweise Retter müssen und sollen auf plötzlich eintretende Unglücksfälle, Gefahr oder Not schnell reagieren. Maßstab für die Beurteilung, ob eine Gefahrenlage besteht, ist also die vertretbare subjektive Sicht des Helfers (Mutschler, in: Jahn, SGB für die Praxis, 54. Lieferung 2010, § 2 SGB VII Rn. 129).
Hiernach steht außer Frage, dass im Sturz des Vaters, der spätestens mit der Vernehmung der Zeugin S R bewiesen ist, aus der hierfür maßgeblichen Sicht der KIägerin ein Unglücksfall zu sehen ist, welcher weitere Schäden nach sich ziehen konnte. Zumindest war es der Klägerin darum getan, den Vater aus einer Zwangslage mit unabsehbaren gesundheitlichen Folgen zu befreien. Gleichsam befreite sie ihn beim Versuch, ihn wieder aufzurichten, aus einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für seine Gesundheit, welche sich jedenfalls, wenn sie ihren Vater liegen gelassen hätte, in einem manifesten Gesundheitsschaden realisieren konnte.
Es liegt hier auch ein von außen auf die Klägerin einwirkendes Ereignis im Sinne des o.g. Unfallbegriffs vor. Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesund¬heitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu Selbstschädi¬gungen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 29. November 2011 – B 2 U 10/11 R -, zitiert nach juris Rn. 16). Ein Unfall ist typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass ein normaler Geschehensablauf plötzlich durch einen ungewollten Vorfall unterbrochen wird. Durch das Anheben des Vaters wirkten zwar physikalische Kräfte auf ihren Körper ein. Diese physikalische Kraftentfaltung stellte nicht nur ein Ereignis i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII dar, sondern dadurch wurde auch von außen auf die Klägerin eingewirkt, weil sie in ihrer von ihr gewollt herbeigeführten Einwirkung und damit in ihrer Eigenbewegung beeinträchtigt wurde (vgl. BSG, ebd.). Eben so liegt es beim Nachfassen des wegrutschenden Vaters, indem man sich die Hergangsschilderung der Klägerin und ihrer Tochter noch einmal veranschaulicht, wonach beide eine Zeit lang mit dem nicht mitwirkenden Pflegling bzw. seinem Gewicht rangen, ehe sie ihn halbwegs aufrichten konnten. Sie wussten zwar um sein Gewicht. Gleichwohl führte jedenfalls das spontane, gleichsam willensgesteuerte Nachfassen zu einer Krafteinwirkung von außen, die aufgrund der unberechenbaren physikalischen Kräfte beim Absacken des Körpers des Pfleglings nicht absehbar war. Der Anprall an der Wand wirft im vorliegenden Zusammenhang keine Fragen auf; hier liegt durch den physischen Widerstand der Wand eine klare Krafteinwirkung von außen vor.
Die Fraktur des ersten LWK der Klägerin ist auch rechtlich wesentlich durch die Einwirkungen auf ihren Körper beim Nachfassen des wegrutschenden Vaters verursacht worden. Soweit der Anprall gegen die Badezimmerwand als Unfallereignis in Frage kommt, ist dagegen ein hierauf beruhender Gesundheitserstschaden in Form einer LWK-Fraktur unwahrscheinlich. Dies beruht auf folgenden Erwägungen: Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (BSG, a.a.O., Rn. 16). Wenn auch die Theorie der wesentlichen Bedingung im Unterschied zu der an der generellen Geeignetheit einer Ursache orientierten Adäquanztheorie auf den Einzelfall abstellt, bedeutet dies nicht, dass generelle oder allgemeine Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang bei der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht zu berücksichtigen oder bei ihr entbehrlich wären. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Maßgebend ist, dass die Beurteilung medizinischer Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge auf dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand aufbauen muss (BSG, a.a.O., Rn. 17). Dies erfordert nicht, dass es zu jedem Ursachenzusammenhang statistisch-epidemiologische Forschungen geben muss, weil dies nur eine Methode zur Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse ist und sie im Übrigen nicht auf alle denkbaren Ursachenzusammenhänge angewandt werden kann und braucht. Gibt es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden (BSG, a.a.O., Rn. 18). Dieser wissenschaftliche Erkenntnisstand ist jedoch kein eigener Prüfungspunkt bei der Prüfung des Ursachenzusammenhangs, sondern nur die wissenschaftliche Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann entgegen der Auffassung der Beklagten nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte ist so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen: Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat "anhand" des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes (BSG, a.a.O., Rn. 19). Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O., Rn. 20). Hiervon ausgehend vermag der Senat im Anprall gegen die Badezimmerwand nicht die wesentliche Ursache für die LWK-1-Fraktur zu erkennen. Hierzu bezieht er sich auf die Ausführungen in den schriftlichen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. B und Dr. W, die insoweit schlichtweg keinen geeigneten Verletzungsmechanismus erkennen, zumal es auch wegen der Enge im Badezimmer an einem zur Beschleunigung des Körpers erforderlichen räumlichen Abstand und damit an einer relevanten axialen Stauchungskraft fehlte. Damit stehen sie im Einklang mit dem arbeitsmedizinischen Schrifttum, in welchem solche Anprallereignisse nicht im Zusammenhang mit Wirbelkörperbrüchen diskutiert werden (vgl. Schönberger et al., Kap. 8.3.2.2, S. 431).
Wesentliche (Teil-) Ursache ist hier das Nachfassen. Kompressionsbrüche wie der vorliegende werden vor allem durch Biegungsmechanismen in Form der Hyperflexion, wie sie bei taschenmesserartigem Zusammenklappen zustande kommen, verursacht (Schönberger et al., Kap. 8.3.2.2, S. 430). Dies kann bei Stürzen aus großer Höhe auf das Gesäß, bei Auftreffen schwerer Kräfte auf Nacken oder BWS, Herausschleudern aus oder Überschlagen von Fahrzeugen, Verschüttungen im Bergbau und bei ähnlichen Tätigkeiten oder bei ruckartigem Anheben eines schweren Gegenstands durch große Kraftanstrengung passieren (vgl. Schönberger et al., a.a.O.).
Zwar bestanden zur Überzeugung des Senats bei der Klägerin jedenfalls nach dem Unfall Anzeichen für das Vorliegen einer Osteoporose; dies schließt aber das Unfallereignis als wesentliche Ursache nicht aus. So wurde nach den insofern übereinstimmenden Äußerungen sämtlicher Sachverständiger zwei Monate nach dem Unfall eine Untersuchung an der Klägerin durchgeführt (vgl. Osteo-CT-Befund vom 07. September 2004, wonach der T-Score für eine Osteoporose des Achsenskeletts spreche und im Vergleich zur Untersuchung im Jahr 2000 eine deutliche Demineralisierungstendenz bestehe), welche auf eine Osteoporose hindeutende Werte ergab. Gleichsam hat etwa der Sachverständige Prof. Dr. B ausgeführt, dass solche Werte keinen Aufschluss über die tatsächliche Knochenfestigkeit erbringen. Dr. S These, dass der T-Score sich nach dem angeschuldigten Ereignis bzw. der angeschlossenen Krankenbehandlung verschlechtert habe, lässt sich indes kaum stützen. Hiergegen hat bereits Prof. Dr. B durchgreifende Bedenken unter Verweis darauf vorgebracht, dass die Klägerin alsbald nach der Wirbelsäulen-Operation mobilisiert worden sei. Zum anderen fordert das einschlägige arbeitsmedizinische Schrifttum hierfür eine langzeitige Bettruhe (vgl. Schönberger et al., Kap. 8.3.3.2.1, S. 448). Zusammengefasst lässt sich jedenfalls nach den Äußerungen aller Sachverständiger jedenfalls nicht auf eine manifeste Osteoporose als gesicherte Schadensanlage schließen. Die Osteoporose war nicht fortgeschritten. Die Bruchform steht einer osteoporotischen Verursachung laut den in sofern nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. B ebenfalls nicht entgegen. Richtig ist der Hinweis vom Sachverständigen A, dass es später offensichtlich nicht mehr zu osteoporotisch bedingten Wirbelsäulenfrakturen kam und auch zur Zeit des Unfalls wie auch später keine osteoporotischen Verformungen von Wirbelkörpern festzustellen warnen.
Maßgeblich muss vielmehr auf den Einwirkungsmechanismus abgestellt werden. Der schadensbringende Mechanismus ist hier allein im durch das Nachfassen des Pfleglings bedingten Hyperflexion der Wirbelsäule zu sehen. Taschenmesserartiges Ausmaß erreichte die Bewegung sicherlich nicht. Es bleibt mithin allein die Fallgruppe bei ruckartigem Anheben eines schweren Gegenstands durch große Kraftanstrengung (vgl. hierzu auch Schönberger et al., a.a.O., Kap. 8.3.3.2.3, S. 450). Hier bleibt genau genommen zunächst offen, wie groß die Krafteinwirkung wirklich war. Dr. W und wohl auch Prof. Dr. B setzen hier mit ihren Zweifeln an einer wesentlichen Verursachung durchs Nachfassen an. Die Zweifel lassen sich indes durch das Ergebnis der Vernehmung der Zeugin S R zerstreuen, wonach sie den Pflegling so gut wie hochgestemmt hatten, als dieser noch einmal wegrutschte und die Klägerin – wohl allein - nachfassen musste, also doch – entgegen etwa der Annahme von Dr. W - eine erhebliche Fallhöhe bestand und beim Wegrutschen dementsprechend so viele Kräfte freigesetzt wurden, dass der Wirbelkörper brechen konnte. Auch soweit Prof. Dr. B letztlich darauf verweist, dass die Klägerin bei hoher Einwirkungskraft hätte zu Fall kommen müssen, führt dies nicht zum Ausschluss einer wesentlichen Teilursache. Denn nach den schlüssigen klägerischen Angaben, der Vernehmung der Tochter und der eingereichten Skizze des Badezimmers kam es nur deshalb nicht zu einem (vollendeten) Sturz der Klägerin, weil sie bei den beengten räumlichen Verhältnissen gegen die Badezimmerwand prallte. Eben hierauf hat der Sachverständige A nachvollziehbar verwiesen.
Bei diesem Sachverhalt bezieht sich der Senat abschließend auf Schröter, in Rompe/ Erlenkämper, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 6. Aufl., Kap. 24.9.4, S. 725: " ist der Schadenseintritt zeitgleich mit dem angeschuldigten Ereignis gesichert, stellt sich grundsätzlich die Frage, ob eine zuvor erhöhte Schadensgeneigte Struktur des Wirbelkörpers (z.B. durch Osteoporose) den Fraktureintritt begünstigt hat Eine gänzliche Verneinung einer Kausalitätsbeziehung mit einer Argumentation, der Schadenseintritt sei ursächlich nicht hinreichend zu erklären, wird von der normativen Kraft des Faktischen, nämlich der eingetretenen Fraktur widerlegt. Zudem gilt es zu bedenken, dass die Schilderung des Hergangs den tatsächlichen Ablauf nur in groben Zügen, nicht hingegen im Detail widerspiegelt, sich aber in diesen Details gelegentlich – wenn noch eine weitere Aufklärung gelingen sollte – das Geheimnis der Schadensinduktion versteckt. Werden z.B. aus einer Rumpfbeugehaltung heraus alle nur möglichen Körperkräfte im "Hau-Ruck-Verfahren" aktiviert, um mit aller Macht einen Pkw anzuheben zwecks Bergung eines darunter liegenden Kindes, so sind auf diesem Wege entstehende Deckenplattenimpressionsfrakturen möglich Im Bereich der GUV ist die Wesentlichkeit im Verhältnis zur Ausprägung der vorbestehenden Schadensgeneigtheit abzuprüfen. Nur bei so fortgeschrittener Schadensanlage, bei der ohnehin in etwa dem gleichen Zeitraum auch ohne die Einwirkung mit dem gleichen Wirbelkörperschaden zu rechnen war, entbehrt die Einwirkung ihrer Wesentlichkeit. Ansonsten ist der gesamte eingetretene Körperschaden als versicherte Unfallfolge aufzufassen."
Überträgt man diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall, so bleibt hier in der Tat offen, wie hoch die Krafteinwirkung auf die Klägerin konkret im Einzelnen war. Die Details hierzu lassen sich nicht mehr aufklären. Der – unter Einwirkung eingetretene - LWK-Bruch erscheint hier allerdings als unumstößliche Tatsache und deutet auf eine eben erhebliche Krafteinwirkung hin, zumal die Bruchform laut Prof. Dr. Bund Aals traumatisch erscheint. Von einer fortgeschrittenen Osteoporose kann hier nicht die Rede sein; sämtliche Sachverständige gehen allenfalls von einer erstgradigen Osteoporose aus. So eröffnet sich hier in der Tat die von Schönberger et al., Kap. 8.3.3.2.3 S. 449 f. angeführte Fallgruppe einer nicht kontrollierten plötzlichen Belastung wie beim Anschieben eines Pkws oder beim ruckartigen Anheben schwere Last, so dass sich hier der Unfall zumindest als wesentliche Teilursache darstellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall und die Feststellung eines hierbei eingetretenen Gesundheitserstschadens.
Die 1947 geborene Klägerin zog sich eigenen Angaben zufolge am 02. Juni 2004 eine Wirbelsäulenverletzung zu, als sie beim Versuch, ihrem pflegebedürftigen und von ihr pflegerisch versorgten Vater, der gestürzt war, aufzuhelfen, mit dem Rücken heftig gegen die geflieste Wand fiel, wobei es geknackt und sie ein starker Schmerz im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) durchfahren habe, weshalb sie operativ habe behandelt werden müssen, vgl. die (wohl) von der Klägerin gefertigte, am 12. Dezember 2005 bei der Beklagten eingegangene Unfallanzeige. Mit dieser Sachverhaltsschilderung wandte sie sich mit Schreiben vom 25. Oktober 2005 an die Beklagte. Beigefügt waren u.a. ein Arztbrief des Neurochirurgen Dr. S, wonach bei der Klägerin ein Zustand nach osteoporotisch bedingter Fraktur am Lendenwirbelkörper (LWK) 1 und osteosynthetischer Versorgung und dorsoventraler Fusions-Operation Th12/ L2 bestand, und ein Schwerbehindertenausweis der Klägerin über einen Grad der Behinderung (GdB) von 50.
Die Beklagte zog u.a. ein Pflegegutachten für den 1908 geborenen Vater der Klägerin bei, aus welchem sich sein Körpergewicht von 60 kg und seine Körpergröße von 170 cm ergaben, ferner u.a. Befund-/ Behandlungsberichte von Dr. S vom 23. November 2005 und 06. Juni 2006, wonach sich die Klägerin eine traumatische Kompressionsfraktur LWK 1 bei Osteoporose mit Ausbildung einer kyphotischen Knickbildung zugezogen habe, ferner einen Arztbrief der M Klinik H vom 18. August 2004 und einen Osteo-CT-Befund vom 07. September 2004, wonach der T-Score für eine Osteoporose des Achsenskeletts spreche und im Vergleich zur Untersuchung im Jahr 2000 eine deutliche Demineralisierungstendenz nachweisbar sei sowie einen LWS-CT-Befund vom 10. September 2002 (Spondylarthrose bei LWK 3/4 und 5/ SWK 1 ). Die Beklagte zog zudem den ärztlichen Entlassungsbericht des H Klinikums Bad S vom 14. Juli 2004 und den Bescheid des Versorgungsamts vom 14. Februar 2005 über die Anerkennung eines GdB von 50 bei. Als GdB-begründende Beeinträchtigung wird dort u.a. eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Osteoporose (Kalksalzminderung des Knochens) angegeben.
Eine Krankheitsauskunft der die Klägerin ab dem 03. Juni 2004 behandelnden Allgemeinärztin Dr. G vom 16. Mai 2005 ergab, dass die Klägerin u.a. eine Osteoporosetherapie in Anspruch nahm. Beigefügt war u.a. ein LWS-Röntgenbefund vom 19. August 2002, wonach sich im unteren LWS-Bereich dezente Zeichen einer beginnenden Spondylarthrose fanden.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 06. September 2006 die Anerkennung des Ereignisses vom 02. Juni 2004 als Arbeitsunfall ab. Das angeschuldigte Ereignis stelle eine Gelegenheitsursache dar. Der Bruch des Lendenwirbelkörpers beruhe auf einer Krankheitsanlage der Klägerin, weil sie bereits zuvor an Osteoporose erkrankt gewesen sei. Die Klägerin erhob am 05. Oktober 2006 Widerspruch. Diesen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2007 als unbegründet zurück.
Die KIägerin hat ihr Begehren mit der am 18. Juli 2007 zum Sozialgericht Cottbus (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Das beweisbare Schadensereignis habe kausal zur Verletzung der Wirbelsäule geführt. Nach wie vor bestehe bei ihr keine Osteoporose, wie sich aus einem Befund des Orthopäden Dr. K vom 26. November 2007 ergebe. Sie hat das angeschuldigte Ereignis mit Schreiben vom 12. August 2009 wie folgt geschildert: "Gemeinsam mit meiner Tochter versuchte ich ihm aufzuhelfen. Das Ganze dauerte sehr lange, da mein Vater nicht in der Lage war, in irgendeiner Weise mitzuwirken, dadurch war er auch vom Gewicht her sehr schwer. Damit er sich nicht verletzte, mußte ich leider immer wieder spontan an seinem Oberkörper zugreifen. Dadurch kamen bei mir auch unwillkürlich die unmöglichsten Körperhaltungen zustande. Dabei habe ich jeweils entsprechend der Lage meines Vaters automatisch reflexartig gehandelt. Als der Unfall geschah waren meine Tochter und ich gerade dabei, meinem Vater aufzuhelfen, als er plötzlich mir zu entgleiten drohte. Ohne Nachzudenken faßte ich blitzschnell am Oberkörper nach, machte dabei eine unglückliche ruckartige Bewegung und stieß zeitgleich gegen die geflieste Badezimmerwand."
Zudem hat die Klägerin eine Skizze des Badezimmers mit Raummaßen sowie eine schriftliche Erklärung ihrer Tochter S R vom 12. August 2009 zur Akte gereicht.
Die Beklagte hat ihre im Verwaltungsverfahren geäußerten Standpunkt vertieft und bestritten, dass das angeschuldigte Ereignis im Zusammenhang mit versicherten pflegerischen Verrichtungen der Kläger gestanden habe.
Das SG hat u.a. ein Arbeitsunfähigkeitsverzeichnis von der Krankenkasse der Klägerin sowie die medizinischen Unterlagen des Erwerbsminderungsrentenverfahrens beigezogen. Das SG hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt. Sodann hat es das auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 30. Juni 2010 beruhende schriftliche Sachverständigengutachten des Chirurgen und Orthopäden Dr. S vom 25. August 2010 eingeholt. Nach Auswertung der bildgebenden Befunde habe im Unfallzeitpunkt eine Osteopenie im Übergang zur Osteoporose Grad 1 vorgelegen, weil davon auszugehen sei, dass bis zur Untersuchung vom 27. August 2004 nach dem Unfall eine weitere Demineralisierung eingetreten sein könne. Das Anheben des pflegebedürftigen Vaters selbst könne den Bruch nicht verursacht haben; die Muskulatur könne in der Regel nicht mehr Kraft aufbringen als die Stützstrukturen. Komme es hierbei gleichwohl zu einer strukturellen Schädigung, müsse von einer erheblichen vorbestandenen Schwächung ausgegangen werden. Im Fall der Klägerin ergebe sich allerdings eine andere Bewertung. Für den von der Klägerin mehrfach übereinstimmend dargestellten Geschehensablauf sei eine erzwungene äußere Einwirkung sowohl für das plötzliche Nachfassen als auch für den Verlust des eigenen Halts und den Anprall mit dem Rücken gegen die Wand des Badezimmers erkennbar. Von einer alltäglichen Belastung könne hier nicht ausgegangen werden. Darüber hinaus sei aufgrund der bildgebenden Untersuchungen der BWS und LWS einschließlich der Knochendichtemessungen festzustellen, dass zwar eine Minderung der Knochendichte vorgelegen habe, aber keine fortgeschrittene Osteoporose. Das Fehlen von osteoporosetypischen Verformungen anderer Wirbelkörper und das Ausbleiben entsprechende Verformungen oder gar Spontanfrakturen nach dem in Rede stehenden Ereignis sprächen dagegen, dass es auch unter einer alltäglichen Belastung in zeitlicher Nähe zum angeschuldigten Ereignis ebenfalls zu einem Bruch des ersten LWK gekommen wäre. Das angeschuldigte Ereignis stelle zumindest eine wesentliche Teilursache für den Bruch dar. Das SG hat Dr. S unter dem 15. März 2011 ergänzend Stellung nehmen lassen, wonach sowohl für den Versuch des Festhaltens oder Auffangsens der Last als auch für den Anprall mit dem Rücken gegen die Wand jeweils eine die Unfalldefinition erfüllende plötzliche Krafteinleitung bzw. äußere Gewalteinwirkung anzunehmen sei.
Das SG hat die Zeugin S R vernommen. Diese hat bekundet, dass der Vater der Klägerin mit den Beinen zum Fenster und mit dem Kopf zur Tür des Badezimmers gelegen habe. Sie habe ihn dann unter den Armen genommen und etwas ins Bad gezogen, damit mehr Platz sei. Da sie mehr Kraft als die Klägerin gehabt habe, habe sie versucht, ihn hochzustemmen. Die Klägerin habe aber mächtig mitgemacht. Als sie es fast geschafft hätten – eigentlich hätten sie es bereits geschafft -, sei er wieder weggerutscht und die Klägerin habe spontan nachfassen müssen. Dann habe es hörbar geknackt.
Das SG hat sodann einen Befundbericht der Ärztin Dr. G vom 31. Mai 2013 einschließlich Behandlungskartei eingeholt. Ferner hat das SG bei den Radiologen Dres. L etc. den Bericht über die Knochenmineralsalzbestimmung vom 24. Juni 2000 und den OP-Bericht vom 25. Juni 2004 beigezogen.
Daraufhin hat das SG das schriftliche Sachverständigengutachten nach Aktenlage des Chirurgen Prof. Dr. B vom 17. Januar 2014 eingeholt. Der Sachverständige hat dargelegt, dass mit der seit 1996 gesicherten Colitis ulcerosa bei der Klägerin eine Grunderkrankung vorliege, die mit einem erhöhten Osteoporoserisiko einhergehe. Er hat sich kritisch mit der Bewertung der Ergebnisse der Knochendichtemessungen durch Dr. Süße auseinandergesetzt und u.a. ausgeführt, dass die für die Diagnose einer Osteoporose bestimmten Mineralgehalte willkürlich festgelegte Werte seien, die im Einzelfall keine Aussage über die tatsächliche Festigkeit eines Wirbelkörpers machten. Die in den festgelegten Referenzwerten enthaltenen Messdaten sollten lediglich das Osteoporoserisiko klassifizieren und Anhaltspunkte für die Einleitung einer Osteoporosetherapie enthalten. Ausweislich der bildgebenden Diagnostik habe bei der Klägerin eine Kompressionsfraktur vorgelegen, die einer osteoporotischen Fraktur bei einem niedrig-energetischen Trauma entspreche. Die bei der Klägerin vorhandene Frakturform werde in der Regel bei einem adäquaten Trauma beobachtet. Sie schließe aber eine auf osteoporotischer Basis entstandene Fraktur nicht aus. Es komme daher darauf an, ob der angeschuldigte Hergang geeignet gewesen sei, den Bruch des LWK 1 zu verursachen. Dies sei aus physiologischen Gründen nicht der Fall beim Versuch der Klägerin, zusammen mit ihrer Tochter den am Boden liegenden Vater anzuheben. Allenfalls das unerwartet plötzliche Nachfassen infolge Wegrutschens habe grundsätzlich als Unfallereignis angesehen werden können. Die Klägerin habe zusammen mit ihrer Tochter den Vater aufgerichtet gehabt und habe ihn stützen müsse. Sie habe also ihre volle Körperkraft eingesetzt, die Wirbelsäulenmuskulatur sei maximal angespannt gewesen. Durch das Wegrutschen des Vaters und das Nachfassen sei es zu einer unerwarteten vermehrten Belastung der angespannten Wirbelsäulenmuskulatur gekommen, weil die Klägerin in eine Beugehaltung gezwungen oder die Wirbelsäule axial belastet worden sei. Bei gesunden Knochen könne dies nicht zum Wirbelbruch führen. Bei verminderter Knochenfestigkeit der Wirbel könne der geschilderte Vorgang jedoch ausreichen, um einen LWK-Bruch zu verursachen. Der Vorgang wäre dann als wesentliche Teilursache zu werten. Als wesentliche Teilursache könne das Geschehen nur dann angesehen werden, wenn eine außergewöhnliche Krafteinwirkung auf den oberen LWS-Bereich bzw. den thorakolumbalen Übergangsbereich bei einer wesentlichen Vorschädigung der Wirbelsäule stattgefunden habe. Hierbei seien Körpergröße und -gewicht der Klägerin (nach dem Gutachten von Dr. S 61 kg/ 158 cm) und des Vaters (60 kg/ 170cm) zu berücksichtigen. Nach der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass die Klägerin – ggf. mit einer stärkeren Gewichtsbelastung - zusammen mit ihrer Tochter den Vater aufgefangen habe. Hätte die Klägerin ihren reaktionsunfähigen Vater allein aufgefangen, müsse davon ausgegangen werden, dass dies ihre Kräfte überfordert hätte und sie gemeinsam mit ihrem Vater zu Boden gestürzt wäre. Angesichts der Vorgeschichte der Klägerin (vorbestehende Rückenschmerzen ohne Nachweis degenerativer Veränderungen, den Knochenstoffwechsel beeinflussende Grunderkrankung und deren durchgeführte Behandlung mit einem Glukokortikoid) und durch objektive Untersuchung mit Hilfe der quantitativen CT sei bewiesen, dass durch die bei der Klägerin betehende Osteoporose die Knochenfestigkeit so weit herabgesetzt gewesen sei, dass es nur eines austauschbaren Ereignisses bedurft habe, die LWK-Fraktur herbeizuführen. Das angeschuldigte Ereignis sei also keine wesentliche Teil-, sondern nur eine Gelegenheitsursache. Der Anprall an die Badezimmerwand sei als Bruchursache von vornherein auszuschließen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 07. März 2014 abgewiesen und sich in der Begründung den Erwägungen zur Zusammenhangsfrage des Sachverständigen Prof. Dr. B angeschlossen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 14. April 2014 zugestellte Urteil am 14. Mai 2014 Berufung eingelegt. Könnten weitere Ursachen bzw. Vorschäden – wie hier die Osteoporose – nicht gesichert werden, sei die Ursache des versicherten Ereignisses festgestellt. Prof. Dr. B habe kein unabhängiges Gutachten erstellt, da er sonst überwiegend für die Beklagte gutachterlich tätig sei. Sein Gutachten sei auch inhaltlich widersprüchlich, soweit dort ausgeführt werde, dass keine wesentlichen Erkrankungen, die für die Beurteilung des Falls entscheidend seien, zuvor bestanden hätten. Zu folgen sei Dr. S, der keine gravierende Osteoporose vor dem Unfall festgestellt habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 07. März 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 06. September 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2007 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis von 02. Juni 2004 ein Arbeitsunfall mit dem Bruch des ersten Lendenwirbelkörpers als Gesundheitserstschaden war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat das auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin beruhende schriftliche Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. W vom 05. Oktober 2015 eingeholt. Dieser ist unter Verwertung der Knochendichtemessung im September 2004 von einer gesicherten Osteoporose auch im Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses ausgegangen, weil allein postoperativ, da die Klägerin beizeiten wieder mobilisiert worden sei, eine derart starke Demineralisierung nicht denkbar sei. Biodynamisch sei der Anprall an der Wand in der Tat ungeeignet, einen LWK-Bruch herbeizuführen. Auch lasse sich der LWK-Bruch nicht mit einem Verhebetrauma erklären. Zwar habe sich die Klägerin ihrer Hergangsschilderung zufolge in einer Körpervorneige befunden, was dem Verhebetraumamechanismus entspreche. Sie habe ihren Vater unter den Achseln umfasst, um seinen Oberkörper aufzurichten. Das Aufrichten des Oberkörpers sei auch nicht vergleichbar mit Halteaufgaben, wie sie entstünden, wenn der oder die Betroffene stehend zusammensacke. In einer solchen Phase würde in einer ungünstigen Körperposition das gesamte Körpergewicht ruckartig in den gebeugten Rücken hereinfallen. Das bloße Absenken des Oberkörpers (zumal die Tochter von hinten den Kopf gehalten habe) habe somit keine ungewöhnliche schwere Last beinhalten können. An dieser Betrachtung ändere sich nichts, wenn man berücksichtige, dass die Klägerin habe nachgreifen müssen. Keinesfalls könne das Nachgreifen verbunden sein mit einem hochgradig dynamischen Gewicht. Es sei zwar zu einem reflexartigen, aber kontrollierbaren Nachführen gekommen, um das Absinken des Oberkörpers (nicht der gesamten Person mit Falltendenz) zu verhindern. So seien die körpereigenen Anlagen (Osteoporose mit etlichen Risikofaktoren (Geschlecht, Diabetes mellitus, Colitis ulcerosa)) für die LWK-Fraktur wesentlich.
Auf Antrag der Klägerin ist das auf ihrer ambulanten Untersuchung beruhende schriftliche Sachverständigengutachten des Orthopäden A vom 02. April 2016 eingeholt worden. Dieser hat ausgeführt, dass eine als Schaden vorbestehende Osteoporose nicht bewiesen sei. Die Bruchform spreche gegen eine osteoporosebedingte Fraktur, des Gleichen das Fehlen in der Folgezeit aufgetretener Frakturen. Er sieht wohl im Nachfassen das schadensbringende Ereignis, wohingegen die Badezimmerwand den vollendeten Sturz verhindert habe. Im angeschuldigten Ereignis liege eine wesentliche Teilursache für den LWK-1-Bruch.
Dr. W-R hat unter dem 08. Juni 2016 ergänzend Stellung genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, ferner auf Auszüge aus den Rentenakten der Klägerin verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 06. September 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2007 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin. Sie hat einen Anspruch auf die Feststellung, dass das Ereignis vom 02. Juni 2004 ein Arbeitsunfall mit dem Bruch des ersten Lendenwirbelkörpers als Gesundheitserstschaden war.
Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit; Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitsschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitsschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitserst- bzw. Gesundheitsfolgeschaden" im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (etwa BSG, a.a.O., Rn. 16); ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (etwa BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R –, zitiert nach juris Rn. 18 und 20). Ob der Gesundheitsschaden eines Versicherten durch einen Arbeitsunfall (wesentlich) verursacht wurde, entscheidet sich - bei Vorliegen einer Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne - danach, ob das Unfallereignis selbst - und nicht ausschließlich eine andere, unfallunabhängige Ursache - die wesentliche Bedingung für den Eintritt des Gesundheitsschadens war (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 13 ff.). Soweit das Gesetz in § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII eine äußere Ursache für den Gesundheitsschaden fordert, lösen im Umkehrschluss solche Gesundheitsschäden keinen Anspruch aus, welche auf so genannten inneren Ursachen beruhen. Dies sind körpereigene Ursachen infolge krankhafter Erscheinungen oder der Konstitution des Betroffenen (Schönberger/ Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage 2010, Kap. 1.6.2, S. 28). Hiervon ausgehend lag zunächst zur Überzeugung des Senats (§ 128 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) eine versicherte Verrichtung vor. Dabei kann letztlich dahinstehen, ob sich eine solche aus § 2 Abs. 1 Nr. 17 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) ergibt. Dafür sprechen indes folgende Erwägungen: Nach § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII sind Pflegepersonen im Sinne des § 19 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) bei der Pflege eines Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI kraft Gesetzes versichert, wobei die versicherte Tätigkeit Pflegetätigkeiten im Bereich der Körperpflege und - soweit diese Tätigkeiten überwiegend Pflegebedürftigen zugute kommen - Pflegetätigkeit in den Bereich der Ernährung, der Mobilität sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung umfasst. Entgegen der Annahme der Vorinstanzen und der Beklagten war die Klägerin im Unfallzeitpunkt Pflegeperson im Sinne dieser Vorschrift. Dass der zeitliche Aufwand für die Pflege ihres im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI pflegebedürftigen Vaters 14 Stunden pro Woche möglicherweise nicht erreichte – die Beklagte stellt dies in Abrede -, steht dem nicht entgegen. § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII definiert den Begriff der Pflegepersonen nicht selbst, sondern greift auf die für Zwecke der sozialen Pflegeversicherung geschaffene Begriffsbestimmung in § 19 SGB XI zurück. Nach der Legaldefinition in Satz 1 dieser Vorschrift sind Pflegepersonen Personen, die nicht erwerbsmäßig einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI in seiner häuslichen Umgebung pflegen. Der nachfolgende Satz 2 bestimmt, dass eine Pflegeperson Leistungen zur sozialen Sicherung nach § 44 SGB XI nur dann erhält, wenn sie eine pflegebedürftige Person wenigstens 14 Stunden wöchentlich pflegt. Die Wendung in § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII, versichert seien "Pflegepersonen im Sinne des § 19 SGB XI" kann sich inhaltlich nur auf § 19 Satz 1 SGB XI beziehen, denn allein dort wird der Begriff der Pflegeperson definiert. Der in § 19 Satz 2 SGB XI geforderte zeitliche Mindestumfang von 14 Stunden wöchentlicher Pflege gehört dagegen nicht zum Begriff der Pflegeperson, sondern bildet die Voraussetzung dafür, dass eine Pflegeperson im Sinne des Satzes 1 von der Pflegekasse Leistungen zur sozialen Sicherung nach § 44 SGB XI erhält (vgl. BSG, Urteil vom 07. September 2004 – B 2 U 46/03 R –, zitiert nach juris Rn. 16). Hiervon ausgehend bestehen für den Senat keine durchgreifende Zweifel an einer Pflegetätigkeit der Klägerin, als es zum angeschuldigten Ereignis kam. Sie hielt sich eigenen Angaben zufolge in der Wohnung ihres Vaters auf, um ihn zu pflegen. Die Zeugin S R hat bekundet, ebenfalls am Unfalltag zugegen gewesen zu sein und dass ihr Großvater am frühen Abend zur Toilette musste und die Klägerin ihn dann ins Bad führte. Dies ist eine pflegerische Verrichtung im Bereich der Körperpflege. Dies reicht nach den obigen Maßstäben der höchstrichterlichen Rechtsprechung für den Versicherungsschutz aus. Davon abgesehen ist – ebenfalls in der Zuständigkeit der Beklagten – der Versicherungstatbestand nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 lit. a SGB VII erfüllt, wonach Personen versichert sind, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten. Die Vorschrift entspricht damit - lediglich sprachlich überarbeitet - dem bis zum Inkrafttreten des SGB VII geltenden § 539 Abs. 1 Nr. 9 lit. a der Reichsversicherungsordnung (RVO) (vgl. BT-Drucks 13/2204 S. 75) und steht in sachlichem Zusammenhang mit dem Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung (vgl. § 323c des Strafgesetzbuchs (StGB)). Der Versicherungstatbestand bezeichnet zwei Handlungsalternativen, welche die Versicherung kraft Gesetzes begründen. Versichert ist nach Alt. 1, wer Hilfe leistet, sowie nach Alt. 2, wer einen anderen rettet. Das Hilfeleisten ist eine Unterstützungshandlung, die dem Zweck dienen soll, einen Unglücksfall, eine gemeine Gefahr oder eine gemeine Not zu beseitigen oder abzuwenden. Das Retten setzt den Einsatz zugunsten einer oder mehrerer anderer Personen voraus. Es muss darauf gerichtet sein, eine erhebliche aktuelle Gefahr für die Gesundheit eines anderen zu beseitigen (BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 – B 2 U 12/09 R -, zitiert nach juris Rn. 16 ff.).
Dies zugrunde gelegt leistete die Klägerin im Sinne der 1. Alt. bei einem Unglücksfall Hilfe und unternahm sie im Sinne der 2. Alt. die Rettung eines anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit. Ein Unglücksfall ist ein plötzlich auftretendes Ereignis, das eine Gefahr für Menschen oder Sachen mit sich bringt. Im Strafrecht wird darunter ein plötzliches Ereignis verstanden, das einen Zustand herbeiführt, aufgrund dessen erhebliche Gefahr für ein Individualrechtsgut droht. Für einen Unglücksfall genügt es, dass ein Schaden an anderen Individualrechtsgütern als der körperlichen Unversehrtheit eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht. Auch muss ein Schaden noch nicht eingetreten sein, es genügt, dass er einzutreten droht (BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 – B 2 U 12/09 R -, zitiert nach juris Rn. 19). Der Versicherungsschutz eines bei einem Unglücksfall oder einer gemeinen Gefahr oder Not Hilfe Leistenden erfordert u.a., dass dessen Tätigkeit nicht nur objektiv auf die Beseitigung eines Unglücksfalles oder einer gemeinen Gefahr oder Not gerichtet ist, sondern er muss auch subjektiv wesentlich von der Vorstellung bestimmt gewesen sein, einen gefährlichen Zustand zu beseitigen (BSG, Urteil vom 30. Januar 1985 – 2 RU 69/83 -, zitiert nach juris Rn. 23). Weil die Helfer unter Umständen - besonders bei plötzlichen Ereignissen und schnellen Entschlüssen - nur unzulänglich beurteilen können, obeinUnglücksfall etc. vorliegtHilfe notwendig und die ergriffene Maßnahme zweckmäßig ist, reicht es aus, wenn die Helfer unter den jeweiligen objektiven Gegebenheiten diese Umstände aus ihrer subjektivenSicht in vertretbarer Weise beurteilen (etwa Ricke, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 67. Ergänzungslieferung 2010, § 2 SGB VII, Rn. 62). Unter Gefahr ist ein Zustand zu verstehen, in dem nach den objektiven Umständen der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich zu gelten hat; die entfernte Möglichkeit eines Schadenseintritts genügt nicht (etwa Marschner, in: Rolfs/ Giesen/ Kreikebohm/ Udsching, Beck’scher Online-Kommentar, Stand 01. Dezember 2010, § 2 SGB VII Rn. 51). Bei der Prüfung der Frage, ob eine Gefahr für Körper und Gesundheit gegeben war, ist darauf abzustellen, ob der Hilfeleistende nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls eine solche Gefahr annehmen durfte; es genügt für die Versicherung, wenn die Helfer beziehungsweise Retter sie nach den objektiven Gegebenheiten das Vorliegen einer solchen Situation aus ihrer subjektiven Sicht in vertretbarer Weise bejahen (ständige Rechtsprechung des BSG seit Urteil vom 11. Dezember 1973 – 2 RU 30/73 -, zitiert nach juris Rn. 17; Urteil vom 11. Dezember 1980 – 2/8a RU 102/78 -, zitiert nach juris Rn. 22; Ricke, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 67. Ergänzungslieferung 2010, § 2 SGB VII, Rn. 62). Helfer beziehungsweise Retter müssen und sollen auf plötzlich eintretende Unglücksfälle, Gefahr oder Not schnell reagieren. Maßstab für die Beurteilung, ob eine Gefahrenlage besteht, ist also die vertretbare subjektive Sicht des Helfers (Mutschler, in: Jahn, SGB für die Praxis, 54. Lieferung 2010, § 2 SGB VII Rn. 129).
Hiernach steht außer Frage, dass im Sturz des Vaters, der spätestens mit der Vernehmung der Zeugin S R bewiesen ist, aus der hierfür maßgeblichen Sicht der KIägerin ein Unglücksfall zu sehen ist, welcher weitere Schäden nach sich ziehen konnte. Zumindest war es der Klägerin darum getan, den Vater aus einer Zwangslage mit unabsehbaren gesundheitlichen Folgen zu befreien. Gleichsam befreite sie ihn beim Versuch, ihn wieder aufzurichten, aus einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für seine Gesundheit, welche sich jedenfalls, wenn sie ihren Vater liegen gelassen hätte, in einem manifesten Gesundheitsschaden realisieren konnte.
Es liegt hier auch ein von außen auf die Klägerin einwirkendes Ereignis im Sinne des o.g. Unfallbegriffs vor. Das Erfordernis der Einwirkung von außen dient der Abgrenzung von unfallbedingten Gesund¬heitsschäden zu Gesundheitsbeeinträchtigungen aus inneren Ursachen sowie zu Selbstschädi¬gungen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 29. November 2011 – B 2 U 10/11 R -, zitiert nach juris Rn. 16). Ein Unfall ist typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass ein normaler Geschehensablauf plötzlich durch einen ungewollten Vorfall unterbrochen wird. Durch das Anheben des Vaters wirkten zwar physikalische Kräfte auf ihren Körper ein. Diese physikalische Kraftentfaltung stellte nicht nur ein Ereignis i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII dar, sondern dadurch wurde auch von außen auf die Klägerin eingewirkt, weil sie in ihrer von ihr gewollt herbeigeführten Einwirkung und damit in ihrer Eigenbewegung beeinträchtigt wurde (vgl. BSG, ebd.). Eben so liegt es beim Nachfassen des wegrutschenden Vaters, indem man sich die Hergangsschilderung der Klägerin und ihrer Tochter noch einmal veranschaulicht, wonach beide eine Zeit lang mit dem nicht mitwirkenden Pflegling bzw. seinem Gewicht rangen, ehe sie ihn halbwegs aufrichten konnten. Sie wussten zwar um sein Gewicht. Gleichwohl führte jedenfalls das spontane, gleichsam willensgesteuerte Nachfassen zu einer Krafteinwirkung von außen, die aufgrund der unberechenbaren physikalischen Kräfte beim Absacken des Körpers des Pfleglings nicht absehbar war. Der Anprall an der Wand wirft im vorliegenden Zusammenhang keine Fragen auf; hier liegt durch den physischen Widerstand der Wand eine klare Krafteinwirkung von außen vor.
Die Fraktur des ersten LWK der Klägerin ist auch rechtlich wesentlich durch die Einwirkungen auf ihren Körper beim Nachfassen des wegrutschenden Vaters verursacht worden. Soweit der Anprall gegen die Badezimmerwand als Unfallereignis in Frage kommt, ist dagegen ein hierauf beruhender Gesundheitserstschaden in Form einer LWK-Fraktur unwahrscheinlich. Dies beruht auf folgenden Erwägungen: Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen (vgl. Urteil des BSG vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Gesichtspunkte für die Beurteilung der besonderen Beziehung einer versicherten Ursache zum Erfolg sind neben der versicherten Ursache bzw. dem Ereignis als solchem, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, die konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens - aber eine Ursache ist nicht deswegen wesentlich, weil sie die letzte war -, weiterhin Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, den Befunden und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie der gesamten Krankengeschichte. Ergänzend kann der Schutzzweck der Norm heranzuziehen sein (BSG, a.a.O., Rn. 16). Wenn auch die Theorie der wesentlichen Bedingung im Unterschied zu der an der generellen Geeignetheit einer Ursache orientierten Adäquanztheorie auf den Einzelfall abstellt, bedeutet dies nicht, dass generelle oder allgemeine Erkenntnisse über den Ursachenzusammenhang bei der Theorie der wesentlichen Bedingung nicht zu berücksichtigen oder bei ihr entbehrlich wären. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Maßgebend ist, dass die Beurteilung medizinischer Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge auf dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand aufbauen muss (BSG, a.a.O., Rn. 17). Dies erfordert nicht, dass es zu jedem Ursachenzusammenhang statistisch-epidemiologische Forschungen geben muss, weil dies nur eine Methode zur Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse ist und sie im Übrigen nicht auf alle denkbaren Ursachenzusammenhänge angewandt werden kann und braucht. Gibt es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nicht nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden (BSG, a.a.O., Rn. 18). Dieser wissenschaftliche Erkenntnisstand ist jedoch kein eigener Prüfungspunkt bei der Prüfung des Ursachenzusammenhangs, sondern nur die wissenschaftliche Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann entgegen der Auffassung der Beklagten nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte ist so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen: Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat "anhand" des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes (BSG, a.a.O., Rn. 19). Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Dies wird häufig bei einem klar erkennbaren Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, vor allem wenn es keine feststellbare konkurrierende Ursache gibt, kein Problem sein. Aber es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSG, a.a.O., Rn. 20). Hiervon ausgehend vermag der Senat im Anprall gegen die Badezimmerwand nicht die wesentliche Ursache für die LWK-1-Fraktur zu erkennen. Hierzu bezieht er sich auf die Ausführungen in den schriftlichen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. B und Dr. W, die insoweit schlichtweg keinen geeigneten Verletzungsmechanismus erkennen, zumal es auch wegen der Enge im Badezimmer an einem zur Beschleunigung des Körpers erforderlichen räumlichen Abstand und damit an einer relevanten axialen Stauchungskraft fehlte. Damit stehen sie im Einklang mit dem arbeitsmedizinischen Schrifttum, in welchem solche Anprallereignisse nicht im Zusammenhang mit Wirbelkörperbrüchen diskutiert werden (vgl. Schönberger et al., Kap. 8.3.2.2, S. 431).
Wesentliche (Teil-) Ursache ist hier das Nachfassen. Kompressionsbrüche wie der vorliegende werden vor allem durch Biegungsmechanismen in Form der Hyperflexion, wie sie bei taschenmesserartigem Zusammenklappen zustande kommen, verursacht (Schönberger et al., Kap. 8.3.2.2, S. 430). Dies kann bei Stürzen aus großer Höhe auf das Gesäß, bei Auftreffen schwerer Kräfte auf Nacken oder BWS, Herausschleudern aus oder Überschlagen von Fahrzeugen, Verschüttungen im Bergbau und bei ähnlichen Tätigkeiten oder bei ruckartigem Anheben eines schweren Gegenstands durch große Kraftanstrengung passieren (vgl. Schönberger et al., a.a.O.).
Zwar bestanden zur Überzeugung des Senats bei der Klägerin jedenfalls nach dem Unfall Anzeichen für das Vorliegen einer Osteoporose; dies schließt aber das Unfallereignis als wesentliche Ursache nicht aus. So wurde nach den insofern übereinstimmenden Äußerungen sämtlicher Sachverständiger zwei Monate nach dem Unfall eine Untersuchung an der Klägerin durchgeführt (vgl. Osteo-CT-Befund vom 07. September 2004, wonach der T-Score für eine Osteoporose des Achsenskeletts spreche und im Vergleich zur Untersuchung im Jahr 2000 eine deutliche Demineralisierungstendenz bestehe), welche auf eine Osteoporose hindeutende Werte ergab. Gleichsam hat etwa der Sachverständige Prof. Dr. B ausgeführt, dass solche Werte keinen Aufschluss über die tatsächliche Knochenfestigkeit erbringen. Dr. S These, dass der T-Score sich nach dem angeschuldigten Ereignis bzw. der angeschlossenen Krankenbehandlung verschlechtert habe, lässt sich indes kaum stützen. Hiergegen hat bereits Prof. Dr. B durchgreifende Bedenken unter Verweis darauf vorgebracht, dass die Klägerin alsbald nach der Wirbelsäulen-Operation mobilisiert worden sei. Zum anderen fordert das einschlägige arbeitsmedizinische Schrifttum hierfür eine langzeitige Bettruhe (vgl. Schönberger et al., Kap. 8.3.3.2.1, S. 448). Zusammengefasst lässt sich jedenfalls nach den Äußerungen aller Sachverständiger jedenfalls nicht auf eine manifeste Osteoporose als gesicherte Schadensanlage schließen. Die Osteoporose war nicht fortgeschritten. Die Bruchform steht einer osteoporotischen Verursachung laut den in sofern nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. B ebenfalls nicht entgegen. Richtig ist der Hinweis vom Sachverständigen A, dass es später offensichtlich nicht mehr zu osteoporotisch bedingten Wirbelsäulenfrakturen kam und auch zur Zeit des Unfalls wie auch später keine osteoporotischen Verformungen von Wirbelkörpern festzustellen warnen.
Maßgeblich muss vielmehr auf den Einwirkungsmechanismus abgestellt werden. Der schadensbringende Mechanismus ist hier allein im durch das Nachfassen des Pfleglings bedingten Hyperflexion der Wirbelsäule zu sehen. Taschenmesserartiges Ausmaß erreichte die Bewegung sicherlich nicht. Es bleibt mithin allein die Fallgruppe bei ruckartigem Anheben eines schweren Gegenstands durch große Kraftanstrengung (vgl. hierzu auch Schönberger et al., a.a.O., Kap. 8.3.3.2.3, S. 450). Hier bleibt genau genommen zunächst offen, wie groß die Krafteinwirkung wirklich war. Dr. W und wohl auch Prof. Dr. B setzen hier mit ihren Zweifeln an einer wesentlichen Verursachung durchs Nachfassen an. Die Zweifel lassen sich indes durch das Ergebnis der Vernehmung der Zeugin S R zerstreuen, wonach sie den Pflegling so gut wie hochgestemmt hatten, als dieser noch einmal wegrutschte und die Klägerin – wohl allein - nachfassen musste, also doch – entgegen etwa der Annahme von Dr. W - eine erhebliche Fallhöhe bestand und beim Wegrutschen dementsprechend so viele Kräfte freigesetzt wurden, dass der Wirbelkörper brechen konnte. Auch soweit Prof. Dr. B letztlich darauf verweist, dass die Klägerin bei hoher Einwirkungskraft hätte zu Fall kommen müssen, führt dies nicht zum Ausschluss einer wesentlichen Teilursache. Denn nach den schlüssigen klägerischen Angaben, der Vernehmung der Tochter und der eingereichten Skizze des Badezimmers kam es nur deshalb nicht zu einem (vollendeten) Sturz der Klägerin, weil sie bei den beengten räumlichen Verhältnissen gegen die Badezimmerwand prallte. Eben hierauf hat der Sachverständige A nachvollziehbar verwiesen.
Bei diesem Sachverhalt bezieht sich der Senat abschließend auf Schröter, in Rompe/ Erlenkämper, Begutachtung der Haltungs- und Bewegungsorgane, 6. Aufl., Kap. 24.9.4, S. 725: " ist der Schadenseintritt zeitgleich mit dem angeschuldigten Ereignis gesichert, stellt sich grundsätzlich die Frage, ob eine zuvor erhöhte Schadensgeneigte Struktur des Wirbelkörpers (z.B. durch Osteoporose) den Fraktureintritt begünstigt hat Eine gänzliche Verneinung einer Kausalitätsbeziehung mit einer Argumentation, der Schadenseintritt sei ursächlich nicht hinreichend zu erklären, wird von der normativen Kraft des Faktischen, nämlich der eingetretenen Fraktur widerlegt. Zudem gilt es zu bedenken, dass die Schilderung des Hergangs den tatsächlichen Ablauf nur in groben Zügen, nicht hingegen im Detail widerspiegelt, sich aber in diesen Details gelegentlich – wenn noch eine weitere Aufklärung gelingen sollte – das Geheimnis der Schadensinduktion versteckt. Werden z.B. aus einer Rumpfbeugehaltung heraus alle nur möglichen Körperkräfte im "Hau-Ruck-Verfahren" aktiviert, um mit aller Macht einen Pkw anzuheben zwecks Bergung eines darunter liegenden Kindes, so sind auf diesem Wege entstehende Deckenplattenimpressionsfrakturen möglich Im Bereich der GUV ist die Wesentlichkeit im Verhältnis zur Ausprägung der vorbestehenden Schadensgeneigtheit abzuprüfen. Nur bei so fortgeschrittener Schadensanlage, bei der ohnehin in etwa dem gleichen Zeitraum auch ohne die Einwirkung mit dem gleichen Wirbelkörperschaden zu rechnen war, entbehrt die Einwirkung ihrer Wesentlichkeit. Ansonsten ist der gesamte eingetretene Körperschaden als versicherte Unfallfolge aufzufassen."
Überträgt man diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall, so bleibt hier in der Tat offen, wie hoch die Krafteinwirkung auf die Klägerin konkret im Einzelnen war. Die Details hierzu lassen sich nicht mehr aufklären. Der – unter Einwirkung eingetretene - LWK-Bruch erscheint hier allerdings als unumstößliche Tatsache und deutet auf eine eben erhebliche Krafteinwirkung hin, zumal die Bruchform laut Prof. Dr. Bund Aals traumatisch erscheint. Von einer fortgeschrittenen Osteoporose kann hier nicht die Rede sein; sämtliche Sachverständige gehen allenfalls von einer erstgradigen Osteoporose aus. So eröffnet sich hier in der Tat die von Schönberger et al., Kap. 8.3.3.2.3 S. 449 f. angeführte Fallgruppe einer nicht kontrollierten plötzlichen Belastung wie beim Anschieben eines Pkws oder beim ruckartigen Anheben schwere Last, so dass sich hier der Unfall zumindest als wesentliche Teilursache darstellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen.
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