L 7 AS 1837/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 3 AS 1043/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1837/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 56/16 BH
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 09.07.2012 wird zurückgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten. Dem Kläger werden Prozesskosten i.H.v. 225,00 EUR auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.06.2011.

Der 1952 geborene Kläger stand von März 2007 bis Dezember 2008 beim Beklagten (bzw. der Rechtsvorgängerin des Beklagten, hier einheitlich Beklagter) im Leistungsbezug. Danach arbeitete er im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit vom 01.01.2009 bis zum 31.12.2010 vollschichtig im N Arbeitslosenzentrum für 1.800,- EUR brutto (1.252,- EUR netto). Seit 01.05.2013 bezieht der Kläger eine vorgezogene Altersrente. Anerkannt sind bei ihm ein GdB von 60 und das Merkzeichen "G".

Der Kläger ist alleinstehend und bewohnt eine Eigentumswohnung mit einer Größe von ca. 92 m² in N, F Straße 00, die er 1999 für 120.000,- EUR gekauft und deren Marktwert er mit ca. 75.000,- EUR beziffert. Das Darlehen zahlt er mit Annuitätentilgung zurück, und zwar im streitigen Zeitraum jeweils am Monatsende mit 56,70 EUR (47,26 EUR Zinsen und 9,44 EUR Tilgung). Im Kalenderjahr 2011 entrichtete der Kläger Abfallgebühren von insgesamt 172,80 EUR, fällig am 15.02., 15.05., 15.08. und 15.11, abgebucht im streitigen Zeitraum iHv je 43,20 EUR am 15.02.2011 und 16.05.2011 von seinem Konto bei der Sparkasse am Niederrhein. Die Abbuchung der Grundsteuer 2011 in Höhe von insgesamt 307,50 EUR, fällig am 15.02., 15.05., 15.08. und 15.11.2011, erfolgte am 15.02. und 17.05.2011 iHv je 76,- EUR. Nach der Abrechnung der Hausverwaltung M für das Kalenderjahr 2010 und dem Wirtschaftsplan für das Kalenderjahr 2011 vom 08.03.2011 ergab sich für den Kläger 2010 ein Nachzahlungsbetrag von 161,57 EUR. Das Hausgeld erhöhte sich ab Januar 2011 von 220,00 EUR monatlich auf 235,00 EUR monatlich. Aus der Abrechnung für 2010 floss in den Wirtschaftsplan 2011 auch eine Position "Instandhaltungsrücklage Wohnung und TG" in Höhe von 290,26 EUR/Jahr ein. Die Hausverwaltung addierte je 15,- EUR monatlich für Januar 2011 bis April 2011 zu der Nachforderung und stellte eine Summe von 221,27 EUR zum 30.04.2011 fällig. Die Warmwasserbereitung erfolgt dezentral über Durchlauferhitzer.

Der Kläger beantragte am 29.11.2010 für die Zeit ab Januar 2011 Grundsicherung. Mit Bescheid vom 17.12.2010 bewilligte der Beklagte Leistungen vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 vorläufig (Regelleistung und Kosten der Unterkunft in Höhe von 265,00 EUR monatlich). Dagegen richtete sich der Widerspruch vom 26.12.2010, mit dem der Kläger weitere Kosten für Unterkunft begehrte und sich zur Begründung auf einen vor dem Sozialgericht Duisburg in dem Verfahren S 5 AS 120/07 (streitiger Zeitraum März bis Aug. 2007) am 18.09.2008 geschlossenen Vergleich berief. Der Vergleich lautet:

"Die Beklagte ändert ihren Bescheid vom 23.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2007 dahingehend ab, dass dem Kläger für die Zeit seit dem 01.03.2007 sowie auch laufend unter entsprechender Abänderung der laufenden Bescheide monatlich insgesamt Kosten der Unterkunft in Höhe von 348,75 EUR gezahlt werden. Die Beteiligten sind sich dabei einig, dass dieser Betrag auch etwaige Nachforderungen aus Heiz- bzw. Betriebskosten umfasst. Die Beklagte verpflichtet sich ferner, nach Erscheinen der Entscheidungsgründe zum Urteil des Bundessozialgerichts vom 18.06.2008 (B 14/11 b AS 67/06 R) zur Frage der Berücksichtigungsfähigkeit von Tilgungszahlungen bei den Kosten der Unterkunft den Fall des Klägers für den oben genannten Zeitraum neu zu überprüfen".

Der Kläger ist der Ansicht, aus dem Vergleich ergebe sich auch für den streitigen Zeitraum ein Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 348,75 EUR monatlich. Zudem sei er mit Mietern gleichzustellen. Ein Vermieter könne Instandsetzungs- und Reparaturkosten sowie Versicherungsbeiträge in den Mietpreis einkalkulieren und daraus Rücklagen bilden. Bei Mietern würden solche vom Vermieter auf den Mietpreis umgelegte Positionen bis zur Angemessenheitsgrenze von dem Leistungsträger übernommen. Als Miteigentümer einer Wohnanlage trage auch er gewisse Risiken, die er über die Haftpflichtversicherung abdecken müsse. Von daher seien die Kosten einer privaten Haftpflichtversicherung in Höhe von 97,52 EUR als Kosten der Unterkunft in Ansatz zu bringen.

Dem Widerspruch half der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.02.2011 zum Teil ab; im Übrigen wies er ihn als unbegründet zurück. Er berücksichtigte Kosten der Unterkunft in Höhe von 302,33 EUR. Der Beklagte wies darauf hin, dass nach Abschluss des Vergleichs das Bundessozialgericht entschieden habe, eine Erhaltungsaufwandspauschale sei nicht berücksichtigungsfähig.

Mit Schreiben vom 21.02.2011 machte der Kläger einen Anspruch auf Mehrbedarf wegen einer Schwerbehinderung geltend.

Mit Bescheid vom 03.03.2011 erhöhte der Beklagte für die Zeit vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 die Kosten der Unterkunft auf 316,73 EUR und erklärt die Entscheidung für vorläufig (Hausgeld 220,- EUR, Schuldzinsen und Tilgung 56,70 EUR, Grundsteuer 25,63 EUR, Abfallgebühren 14,40 EUR). Zugleich forderte er Nachweise für den Erhalt von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX oder sonstiger Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 S. 2 Nr. 1-3 SGB XII.

Der Kläger hat am 15.03.2011 Klage beim Sozialgericht Duisburg erhoben (S 3 AS 1043/11).

Mit Bescheid vom 26.03.2011 hat der Beklagte vor dem Hintergrund der gesetzlichen Veränderungen die Regelleistung für die Zeit vom 01.01. bis 30.06.2011 unter Hinweis auf § 48 SGB X auf 364,- EUR monatlich bewilligt. Als Kosten der Unterkunft hat er weiterhin 316,73 EUR berücksichtigt.

Dagegen hat der Kläger am 28.03.2011 Widerspruch eingelegt. Der Betrag für die Kosten der Unterkunft sei unzureichend. Der Höhe des monatlichen Regelsatzes sei zu widersprechen. Dieser sei ungenügend festgelegt, weil ein unabweisbarer Grundbedarf für notwendige Haushaltsstromkosten bei jedem Hilfebedürftigen bestehe, der ungedeckt im Regelsatz sei. Der Normalbedarf an elektrischer Energie betrage für eine Einzelperson 1.800 kWh im Jahr, wovon ca. 550 kWh auf die Warmwasserbereitung entfielen. Ohne diese 1.800 kWh elektrische Energie könne kein Mensch auf Dauer existieren. Die Stadtwerke F berechneten seit Januar 2011 für 1 kWh etwa 21,1 Cent, also 0,211 EUR/kWh. Somit ergebe sich für einen Alleinstehenden jährliche Kosten für Strom von 379,80 EUR zuzüglich der Servicegebühr von 73,02 EUR, d.h. etwa 452,82 EUR/37,73 EUR jährlich/monatlich von 37,73 EUR. Der ungedeckte tatsächliche Bedarf betrage daher 37,73 EUR abzüglich der im Regelsatz enthaltenen 21,54 EUR. Der Betrag von 16,19 EUR falle daher als laufend ungedeckter Bedarf an und sei nicht durch den Regelbedarf gedeckt. In dieser Höhe habe er einen Mehrbedarf nach § 21 SGB II.

Mit Schreiben vom 18.04.2011 hat der Kläger die Übernahme der sich aus der Jahresabrechnung 2010 ergebenden Nachforderung von 161,57 EUR sowie von je 15,- EUR für Januar 2011 bis April 2011, d.h. insgesamt 221,57 EUR beantragt und auf die Fälligkeit zum 30.04.2011 hingewiesen. Mit Bescheid vom 02.11.2011 hat der Beklagte den Nachzahlungsbetrag von 161,57 EUR bewilligt.

Mit Bescheid vom 20.05.2011 hat der Beklagte für den Zeitraum Januar 2011 bis Juni 2011 Kosten der Unterkunft und Heizung von 331,73 EUR monatlich bewilligt und ausdrücklich die Nachzahlung von je 15,- EUR für Januar 2011 bis Mai 2011 (Hausgeld 235,00 EUR, Zins- und Tilgung 56,70 EUR, Grundsteuer 25,63 EUR und Abfallgebühren 14,40 EUR) verfügt. Der Bescheid enthält keinen Vorbehalt der Vorläufigkeit.

Gegen den Änderungsbescheid vom 20.05.2011 richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 14.06.2011. Auch im Änderungsbescheid würden weiterhin nicht die Kosten der Unterkunft berücksichtigt, die im Vergleich vor der 5. Kammer des Sozialgerichts Duisburg zugrunde gelegt worden seien. Zudem sei im Regelsatz ein zu niedriger Betrag für Haushaltsstrom enthalten.

Der Kläger reichte den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 23.11.2011 ein, wonach Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht gestellt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2011 hat der Beklagte über den Widerspruch vom 28.03.2011 gegen den Bescheid vom 03.03.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.03.2011 und 20.05.2011 entschieden. Dem Rubrum nach hat er die Entscheidung auf die Kosten der Unterkunft und Heizung und die Stromkosten. Er hat in Abänderung der Bescheide einen Zuschlag für die Warmwasserbereitung in Höhe 8,00 EUR monatlich berücksichtigt. Der Änderungsbescheid vom 20.05.2011 sei nicht Gegenstand des mit Klageeingang vom 15.03.2011 erhobenen Klageverfahrens, da sich dieses Klageverfahren nur auf vorläufige Bescheide beziehe und der Änderungsbescheid vom 20.05.2011 mit der endgültigen Festsetzung einen anderen Streitgegenstand habe. Stromkosten seien Teil der Regelleistung, welche als Pauschale vom Gesetzgeber festgesetzt sei. Eine Erhöhung sei daher ausgeschlossen.

Mit Bescheid vom 29.06.2011 hat der Beklagte den Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung abgelehnt. Die zusätzlichen Voraussetzungen nach § 21 Abs. 4 SGB II lägen nicht vor, da nicht nachgewiesen sei, dass der Kläger Hilfe zur Erlangung eines Arbeitsplatzes erhalte. Auf den Widerspruch des Klägers hat der Beklagte mit Bescheid vom 02.11.2011 die Entscheidung vom 29.06.2011 aufgehoben. Der Widerspruch gegen die Ablehnung des Mehrbedarfs wegen Schwerbehinderung werde als Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X gewertet. Diese habe ergeben, dass ein Mehrbedarf nicht zu gewähren sei. Das Schreiben enthielt eine Rechtsmittelbelehrung. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27.12.2011).

Der Kläger hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 21.07.2011 am 16.08.2011 und gegen den Widerspruchsbescheid vom 27.12.2011 am 14.01.2012 Klage erhoben (S 3 AS 3146/11 und S 3 AS 243/12). Bei der Ermittlung der Kosten für Unterkunft und Heizung sei er als Eigentümer mit Mietern gleichzustellen. Unter Hinweis auf zivilgerichtliche Rechtsprechung benötige er als Miteigentümer eine Haftpflichtversicherung. Ferner unterliege auch Wohneigentum dem Verschleiß. Im Hinblick auf den Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung sei auf den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 28.09.2011 zu verweisen, wonach ihm grundsätzlich Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht gestellt würden.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 17.12.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.02.2011 sowie des Bescheides vom 17.12.2010 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 03.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 sowie unter Änderung des Bescheides vom 03.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.12.2011 zu verpflichten, in dem streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2011 bis 30.06.2011 Kosten der Unterkunft in Höhe des Vergleichs in dem Verfahren S 5 AS 120/07 in Höhe von 348,75 EUR zu gewähren,

hilfsweise bei den Kosten der Unterkunft die Kosten für eine private Haftpflichtversicherung, für die erforderliche Bepflanzung der Balkone sowie einer Instandhaltungspauschale für Reparaturen im Sondereigentum zu berücksichtigen,

ferner für den Haushaltsstrom höhere Kosten in Höhe von 16,19 EUR monatlich zu berücksichtigen abzüglich der inzwischen gezahlten Warmwasserkostenpauschale

sowie einen Mehrbedarf für Schwerbehinderung gemäß dem Antrag vom 21.02.2011 zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, von § 21 Abs. 6 SGB II würden nur atypische Bedarfslagen erfasst. Diese liege nach dem Vortrag des Klägers gerade nicht vor. Beim Regelbedarf handele es sich um einen pauschalierten Gesamtbedarf. Eine Korrektur bzw. Erhöhung einzelner Positionen durch den Leistungsträger sei nicht möglich. Der Vergleich aus September 2008 sei erkennbar auf das Ende des Bewilligungsabschnitts im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses begrenzt. Bezüglich der Kosten der Unterkunft sei die private Haftpflichtversicherung generell nicht zu den Nebenkosten der Kosten der Unterkosten zu zählen. Bei Kosten für Instandsetzungen und Reparaturen im Sondereigentum des Klägers sei die Übernahme im Einzelfall zu überprüfen.

Das Sozialgericht hat die Verfahren S 3 AS 3146/11 und S 3 AS 243/12 mit Beschlüssen vom 27.04.2012 und 09.07.2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit dem Verfahren S 3 AS 1043/11 verbunden.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 09.07.2012 den Widerspruchsbescheid vom 27.12.2011 dahingehend abgeändert als der Beklagte die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Grunde nach trägt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handele es sich bei der Frage der Gewährung eines Mehrbedarfs um die Frage der Höhe der zu gewährenden Leistung. Ein entsprechender Antrag des Leistungsempfängers sei daher, je nach Verfahrenssituation, als Widerspruch oder Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X hinsichtlich der Bewilligung von Regelleistung für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt anzusehen. Die am 03.11.2011 getroffene Entscheidung, einen Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung nicht zu gewähren, sei ebenfalls nach § 96 SGG Gegenstand des laufenden Klageverfahrens geworden. Ein Anspruch auf Gewährung des Mehrbedarfs auf der Grundlage des § 21 Abs. 4 SGB II bestehe nicht. Voraussetzung hierzu sei nach dem Wortlaut des Gesetzes und der Rechtsprechung des BSG die Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX oder sonstiger Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-3 SGB XII. Diese liege nach Aktenlage nicht vor und werde vom Kläger auch nicht vorgetragen. Der Kläger habe keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Übernahme von Stromkosten in Höhe von 16,19 EUR abzüglich des gewährten Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II. Die Erhöhung der Regelleistung wegen der allgemein stark gestiegenen Energiepreise komme nicht in Betracht. Der Regelleistungssatz sei vom Gesetzgeber aufgrund eines pauschalierten Systems der Bedarfsermittlung festgelegt worden. Dem Wesen der pauschalierten Regelleistung entspreche vielmehr, dass diese dem Leistungsempfänger zur selbstverantwortlichen Gestaltung seines Lebens zur Verfügung gestellt werde Danach sei typisierend zu unterstellen, dass der Leistungsempfänger seinen Bedarf mit den in der Regelleistung enthaltenen Anteile decke bzw. bei einer Unterdeckung geeignete Steuerungsmaßnahmen ergreife. Die Höhe der Regelleistung in ihrer Gesamtheit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht evident verfassungswidrig. Der Beklagte sei nicht verpflichtet, dem Kläger weitere Unterkunftskosten zu zahlen. Der vor der 5. Kammer geschlossene Vergleich enthalte keine Zukunftswirkung. Grundsätzlich beziehe sich ein gerichtlicher Vergleich nur auf den Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens - sofern nicht ausdrücklich andere Anhaltspunkte ersichtlich seien. Der im Verfahren S 5 AS 120/07 geschlossene Vergleich erfasse neben dem dort streitgegenständlichen Zeitraum März bis August 2007 auch "die laufende Zeit". Dies sei der zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses gegenwärtige Bewilligungszeitraum. Zwar sei es den Beteiligten im gerichtlichen Verfahren nicht verwehrt, auch eine vergleichsweise Regelung für zukünftige Zeiträume zu treffen. Dies müsse allerdings in dem Vergleich unzweideutig zum Ausdruck kommen. Es widerspreche darüber hinaus der Vernunft, einen Vergleich für zukünftige Zeiträume zu schließen, ohne diesen zukünftigen Zeitraum näher einzugrenzen. Eine Auslegung dahin, dass hier ein Vergleich für alle Zeiten geschlossen werden sollte, erscheine völlig fernliegend. Über die von dem Beklagten bereits berücksichtigten Beträge hinaus komme eine Übernahme der vom Kläger geltend gemachten Positionen nicht in Betracht. Für die erforderlichen Instandsetzungen im Sondereigentum könne eine Pauschale nach der Rechtsprechung des BSG nicht berücksichtigt werden. Solche Aufwendungen könnten ggf. in dem Monat berücksichtigt werden, in dem sie tatsächlich angefallen und erforderlich gewesen seien. Die vom Kläger geltend gemachte Ungleichbehandlung mit Mietern finde nicht statt. Die bei Wohneigentum zu ziehende Grenze erkläre sich daraus, dass es nicht Aufgabe der Transferleistungen nach dem SGB II oder SGB XII sei, die aus öffentlichen Steuern finanziert werden, grundlegende Sanierungs- und Erhaltungsarbeiten zu finanzieren und dem Leistungsempfänger somit einen Zuwachs seines Vermögens zu ermöglichen, den dieser auch nach einem evtl. Ausscheiden aus dem Leistungsbezug für sich realisieren könnte. Insofern bestehe ein entscheidender Unterschied, ob der Eigentümer einer Eigentumswohnung - finanziert durch den SGB II-Leistungsträger - den Fußboden in seiner Wohnung erneuert oder ob der Vermieter dies in einer Mietwohnung mache. Der Vermögenszuwachs wegen der Wertsteigerung der Eigentumswohnung verbliebe nämlich im ersten Fall beim SGB II-Leistungsempfänger. Der Kläger begehre mit dem Argument, bei einem Vermieter würde nicht geprüft, wie der Mietzins kalkuliert sei und wie viel davon als Gewinn beim Vermieter verbleibe, bei genauerer Betrachtung nicht die Gleichstellung mit einem Mieter, sondern die mit einem Vermieter. Er wolle im Ergebnis erreichen, dass er ebenso wie der Vermieter einen festen Betrag erhalte ohne Überprüfung im Einzelfall, für welche Zwecke er dieser Betrag verwende. Der Kläger sei bei den Kosten der Unterkunft mit einem Mieter insofern gleich gestellt, als tatsächliche Kosten in dem jeweiligen Fälligkeitsmonat übernommen und ein Vermögensaufbau durch Hilfe staatlicher Transferleistungen nicht möglich sei. Der Beitrag für die private Haftpflichtversicherung sei nicht bei den Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen, sondern könne nur gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II von ggf. zu berücksichtigendem Einkommen abgesetzt werden. Einkommen habe der Kläger nicht.

Der Kläger hat gegen das am 13.08.2012 zugestellte Urteil am 04.09.2012 Berufung eingelegt: Der Anspruch auf den Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung folge aus § 21 Abs. 6 SGB II. Es liege eine systemische Bedarfsunterdeckung, bedingt durch die seit 2005 überproportionalen Preissteigerungen beim Haushaltsstrom vor. Der Beklagte sei an die im Vergleich aus September 2008 zu Grunde gelegte Ansicht gebunden. Dieser sei als Präjudiz für die Zukunft zu werten. Die Formulierung "sowie auch laufend" beinhalte den weiteren Hilfebezug, weil auch die laufenden Bescheide abgeändert werden sollten. Das Urteil sei auch in Bezug auf die Instandhaltungskosten nicht überzeugend. Die Ungleichbehandlung gegenüber Mietern sei nicht hinnehmbar. Zudem beanspruche er die Gleichbehandlung mit Mietern. Die Privathaftpflichtversicherung habe er vor allem abgeschlossen, da er als Miteigentümer auch Betreiber von technischen Einrichtungen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts vom 09.07.2012 zu ändern und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 sowie des Bescheides vom 03.11.2011 zu verurteilen, höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung des Vergleichs vom 18.09.2008, eines Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung nach 21 Abs. 4 SGB II, von Haushaltsstrom in Höhe von 16,19 EUR unter Berücksichtigung und Abzug der inzwischen gezahlten Warmwasserkostenpauschale sowie unter Anerkennung der jährlichen Privathaftpflichtversicherungskosten in Höhe 97,52 EUR sowie der Bepflanzungskosten für den Balkon zu bewilligen.

Der Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II komme nicht in Betracht, da weder ein qualitativer noch ein quantitativer Mehrbedarf vorliege.

Auf Aufforderung des Senats hat der Kläger am 25.05.2016 mitgeteilt, dass die Bepflanzung des Balkons aus Koniferen im Abstand von 60 bis 80 cm bestehe. Es seien nach dem Winter sechs bis acht Pflanzen zu ersetzten. Diese kaufe er entweder auf dem Wochenmarkt oder im Baumarkt und zahle zwischen 2,95 EUR und 4,95 EUR. Rechnungen oder Quittungen, die den Zeitpunkt und den Kaufpreis nachweisen, könne er nicht vorlegen. Er mache einen Bedarf von 2,- EUR monatlich geltend.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 02.06.2016 hat der Kläger das Teilanerkenntnis des Beklagten, unter Abänderung der angefochtenen Bescheide für Februar 2011 weitere 79,17 EUR und für Mai 2011 ebenfalls weitere 79,17 EUR zu bewilligen, angenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten vorbereitenden Schriftsätze, den übrigen Akteninhalt sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthaft. Der Beschwerdewert liegt für den streitigen Zeitraum über 750,- EUR. Der Kläger begehrt unter anderem einen Mehrbedarf für Schwerbehinderte nach § 21 Abs. 4 SGB II für sechs Monate (764,40 EUR) und weitere Kosten für Unterkunft ausgehend von dem Vergleich vom 18.09.2008 in Höhe von 102,12 EUR (348,45 EUR - 331,73 EUR = 6 x 17,02 EUR).

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2011 sowie der Bescheid vom 03.11.2011. Der während des Klageverfahrens erlassene Bescheid vom 20.05.2011 enthält die endgültige Festsetzung der Leistungen nach dem SGB II für den streitigen Zeitraum und wird nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens (BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 38). Die zuvor ergangenen Bescheide haben sich durch den Erlass des endgültigen Bescheid nach § 39 Abs. 2 SGB X erledigt (BSG, SozR 4-4200 § 11 Nr. 38; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 22; Eicher/Geiser, SGB I, § 40 Rn. 60). Der Bescheid vom 03.11.2011, mit dem der Beklagte den Anspruch auf Mehrbedarf wegen Schwerbehinderung abgelehnt hat, ist nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Der Anspruch auf die Leistung nach § 21 SGB II stellt keinen eigenständigen und von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abtrennbaren Streitgegenstand dar (BSG, Urteile vom 12.11.2015 - B 4 AS 34/14 R Rn. 11; vom 06.04.2011 - B 4 AS 3/10 R; Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X -; Urteil vom 06.05.2010 - B 14 AS 3/09 R).

Die Berufung ist nach Abgabe des Teilanerkenntnisses vom 02.06.2016 unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig iSd § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.

Der Kläger, der die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II unstreitig erfüllt, hat keinen Anspruch auf weitere Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Rechtsgrundlage für die Übernahme der Unterkunftskosten ist § 22 Abs. 1 SGB II. Hiernach werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe erbracht, soweit diese angemessen sind. Nach der Rechtsprechung beurteilt sich die Angemessenheit der Unterkunftskosten für Mieter und Eigentümer von Hausgrundstücken bzw. Eigentumswohnungen nach einheitlichen Kriterien (BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 32/07 R Rn. 21 ff.). Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft bei Eigenheimen oder Eigentumswohnungen zählen die zur Finanzierung der Eigentumswohnung geleisteten Schuldzinsen, soweit sie in dem Bewilligungszeitraum anfallen (BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 38/08 R Rn.14; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 Rn. 168), unter bestimmten engen Voraussetzungen auch Tilgungsraten (BSG, Urteile vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R Rn. 35; vom 22.08.2013 - B 14 AS 78/12 R Rn. 19, 07.07.2011 - B 14 AS 79/10 R Rn. 18 und vom 16.02.2012 - B 4 AS 14/11 R).

Zu den erstattungsfähigen Aufwendungen gehören zudem die Nebenkosten. Hierzu zählen grundsätzlich alle notwendigen, auch einmaligen Aufwendungen, die tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung des Hausgrundstücks bzw. der Eigentumswohnung zu Wohnzwecken verbunden sind. Zur Bestimmung der laufenden Ausgaben im Einzelnen kann § 7 Abs. 2 der DVO zu § 82 SGB XII als Anhaltspunkt entsprechend herangezogen werden (BSG, Urteil vom 03.03.2009 - B 4 AS 38/08 R Rn. 16). Die dort genannten Aufwendungen sind jedoch nicht abschließend zu verstehen. Bei der Konkretisierung des Begriffs der Aufwendungen für die Unterkunft kommt der Regelung schon wegen ihrer systematischen Stellung keine bindende Wirkung zu. Zunächst sind alle Kosten berücksichtigungsfähig, die aus dem gemeindlichen Anschluss- und Benutzungszwang erwachsen, dem der Eigentümer unterworfen ist und die so ausgestaltet sind, dass sie für den Eigentümer unvermeidbare und unmittelbar mit der Nutzung des Grundstücks verbundene Lasten sind (BSG, Urteil vom 24.02.2011 - B 14 AS 61/10 R; Urteil des Senats vom 25.02.2009 - L 7 AS 47/09). Ist der Leistungsempfänger als Eigentümer einer Eigentumswohnung Mitglied einer Eigentümergemeinschaft, sind auch auf ihn umgelegte und deshalb nicht abwendbare Kosten als Nebenkosten zu übernehmen. Dies entspricht der mietrechtlichen Wertung, wonach Kosten, von denen der Mieter sich nicht lösen kann, bis zur Grenze der Angemessenheit zur berücksichtigen sind.

Die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung erfolgt monatsweise, wenn auch zur Prüfung der Angemessenheit bei der Nutzung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen auf die im Kalenderjahr anfallenden Kosten abzustellen ist. Eine Rechtsgrundlage für die Berechnung eines Durchschnittsbetrags, der dann der Bedarfs- und Leistungsberechnung in den einzelnen Monaten zugrunde gelegt wird, um z.B. die Grundsteuer auf das ganze Jahr zu verteilen, existiert nicht. Argumentativ kann nicht auf eine Verwaltungsvereinfachung bei einer Verteilung auf zwölf Monat verwiesen werden. Denn bei einer vierteljährlichen bzw. einmaligen Zahlung pro Kalenderjahr fällt der Bedarf im Fälligkeitsmonat an und wird nur dort berücksichtigt (BSG, Urteile vom 22.08.2013 - B 14 AS 78/12 R Rn. 21; vom 24.2.2011 - B 14 AS 61/10 R Rn. 20 und vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R - Rn. 14).

Diesen Grundsätzen folgend hat der Beklagte dem Kläger nicht nur die Schuldzinsen (47,26 EUR), sondern auch die Tilgungsraten (9,44 EUR) und unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisses die Nebenkosten ausgehend vom tatsächlichen Bedarf im jeweiligen Monat gezahlt.

Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei geschütztem selbst bewohntem Wohneigentum anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den angemessenen Bedarf für die Unterkunft, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll (§ 22 Abs. 2 SGB II). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssen Eigentümer und Mieter bei der Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach den gleichen Grundsätzen behandelt werden. Die zum 01.01.2011 eingefügte Vorschrift des § 22 Abs. 2 SGB II regelt daher einerseits die Übernahme von unabweisbaren Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum, begrenzt die zu berücksichtigenden Aufwendungen aber andererseits auf die innerhalb von zwölf Monaten insgesamt als angemessen übernahmefähigen Unterkunftskosten, die auch bei Mietern berücksichtigt werden könnten (BSG, Urteile vom 19.09.2008 - B 14 AS 53/07 R und vom 18.06.2008 - B 14/11b AS 67/06 R mwN und BT-Drs17/3404, S. 98). Dagegen kommt die Berücksichtigung einer Instandhaltungsrücklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft als Unterkunftskosten von vornherein nicht in Betracht, solange ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über deren Bildung nicht gefasst ist. Nicht zu den von § 22 SGB II erfassten Unterkunftskosten gehören Aufwendungen für Instandhaltungspauschalen. Erstattungsfähig sind nämlich nur konkrete Instandsetzungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen, für die tatsächlich Aufwendungen getätigt worden sind (Piepenstock in jurisPK, § 22 Rn. 156 ff.). Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf eine Instandhaltungsrücklage ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte 235,00 EUR Hausgeld monatlich in die Berechnung eingestellt hat. Dieser Betrag errechnet sich aus der Abrechnung für 2010 und dem daraus errechneten Wirtschaftsplan 2011, der 235,00 EUR ergibt. Darin enthalten ist die Instandhaltungsrücklage - für den Kläger ein Betrag von 290,26 EUR - diese ist mithin berücksichtigt worden. Die Übernahme von unabweisbaren Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur sind weder vom Kläger nachgewiesen noch aus der Akte ersichtlich.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die private Haftpflichtversicherung. Dieser Beitrag kann nicht bei den Kosten für die Unterkunft berücksichtigt werden, sondern nur gemäß § 11b Abs. 1 Nr. 3 SGB II von ggf. zu berücksichtigendem Einkommen abgesetzt werden (BSG, Urteil vom 07.07.2011 - B 14 AS 5/10 R).

Offensichtlich nicht durchdringen kann der Kläger mit seiner Forderung, Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe einer "fiktiven Vergleichsmiete", wie sie ein Mieter erhalten würde, zu beanspruchen. Einheitlich bei Mietern und Eigentümern setzt § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II voraus, dass diese Kosten tatsächlich anfallen. Der Gesetzestext formuliert insoweit klar und eindeutig, dass Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt werden, soweit diese angemessen sind.

Ebenso wenig hat der Kläger einen Anspruch auf zwei EUR monatlich für die Balkonbepflanzung. Ein tatsächlicher Bedarf ist nicht nachgewiesen. Der Kläger hat weder den Umfang der Bepflanzung noch die Höhe der Aufwendungen für den streitgegenständlichen Zeitraum durch Vorlage von Rechnungen oder Quittungen belegt. Er hat in seiner Stellungnahme vom 25.05.2016 lediglich Werte für die erfahrungsgemäß notwendige Bepflanzung mitgeteilt.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II. Nach § 21 Abs. 4 SGB II wird ein Mehrbedarf von 35 % des nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs bei erwerbsfähigen behinderten Leistungsberechtigten anerkannt, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 SGB XII erbracht werden. Der Kläger erfüllt die Grundvoraussetzung insofern, als er mit einem GdB von 60 ein behinderter Mensch im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX ist. Jedoch wurden dem Kläger keine der oben genannten Leistungen erbracht.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung des vom Regelbedarf nicht gedeckten Anteils an den Stromkosten von 16,19 EUR abzüglich des nach § 21 Abs. 7 SGB II bewilligten Mehrbedarfs. Nach § 20 Abs. 1 S. 1 SGB II umfasst der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts, insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat und Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Die Ermittlung des im Regelbedarf enthaltenen Anteils für Haushaltstrom entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen (BVerfG, Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a). Als Anspruchsgrundlage kommt ebenso wenig § 21 Abs. 6 SGB II in Betracht. Der Kläger bemängelt eine "systemische" Unterdeckung und macht ausdrücklich keine von seinem Einzelfall ausgehende, sondern eine generelle Unterdeckung geltend. Diese fällt nicht unter den Anwendungsbereich des § 21 Abs. 6 SGB II.

Ebenso wenig kann der Kläger mit seiner Rechtsauffassung, einen Anspruch auf Unterkunftskosten iHv 348,75 EUR aus dem vor dem Sozialgericht 2008 geschlossenen Vergleich beanspruchen zu können, durchdringen. Zwar ist dem Kläger insofern zuzustimmen, dass der Vergleich nicht nur den seinerzeit streitigen Zeitraum März bis August 2007, sondern auch darüber hinaus eine Regelung der Kosten für Unterkunft und Heizung getroffen hatte. Jedoch kann die Bindung nicht zukunftsoffen bejaht werden. Zum einen haben die Beteiligten dies nicht ausdrücklich und eindeutig formuliert. Die Formulierung "laufend" umfasst allenfalls Zeiträume, über die der Beklagte bis zum Abschluss des Vergleichs schon Regelungen getroffen hat. Zum anderen ist der Kläger zum 01.01.2009 für zwei Jahre aus dem Leistungsbezug ausgeschieden. Er hat erst für die Zeit ab Januar 2011 wieder einen Antrag auf Grundsicherung gestellt. Zu diesem Zeitpunkt musste der Beklagte wieder in vollem Umfang den Anspruch prüfen. Zudem hätte der Kläger bei konsequenter Anwendung der Regelungen des Vergleichs im streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf Unterkunftskosten, der hinter dem tatsächlich gezahlten Betrag zurück bleibt (102,12 EUR / 348,75 EUR - 331,73 EUR = 17,02 EUR x 6; 161,57 EUR). Denn der Beklagte hat auf den Antrag des Klägers vom 18.04.2011 die Nachforderung übernommen. Nach dem Wortlaut des Vergleichs wurde einerseits der Zahlbetrag auf 348,75 EUR beziffert, andererseits aber vereinbart, dass dieser Betrag auch etwaige Nachforderungen aus Heiz- bzw. Betriebskostennachforderungen umfasst.

Der Senat hat von der Möglichkeit, Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen, Gebrauch gemacht. Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht worden sind, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Der Vorsitzende hat in der mündlichen Verhandlung umfassend darauf hingewiesen, dass die Fortführung des Rechtsstreits missbräuchlich ist, da die Berufung im Hinblick auf die tatsächlichen Umstände, das Teilanerkenntnis des Beklagten und die Rechtsprechung des BSG von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Der Kläger ist auch auf die Möglichkeit der Auferlegung von Gerichtskosten und die Höhe der Kosten hingewiesen worden. Das Beharren des Klägers auf der Fortführung des Berufungsverfahrens auch nach ausführlichen Rechtsgesprächen und insbesondere nach dem Hinweis, dass er im streitigen Zeitraum höhere Unterkunftskosten erhalten hat, als unter Berücksichtigung des von ihm nach dem Vergleich beanspruchten Betrages von 348,75 EUR, stellt sich somit als missbräuchlich dar. Als verursachten Kostenbeitrag hat der Senat den Mindestbetrag nach §§ 192 Abs. 1 S. 3, 184 Abs. 2 SGG angesetzt.

Die weitere Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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