S 23 AS 1505/12

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
23
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 23 AS 1505/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 1653/14
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Sozialgericht Detmold

Az.: S 23 AS 1505/12

Verkündet am 10.07.2014

Niebuhr Regierungsbeschäftigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Frank Heim, E 6, 33178 C

Kläger

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin Anja Gröne-Nolte u.a., Mühlenstraße 32, 59590 Geseke

gegen

Jobcenter für den Kreis Paderborn, vertreten durch die Geschäftsführung, Am Turnplatz 31, 33098 Paderborn, Gz.: 601-37302BG00000747 K-P-37302-00297/12

Beklagter

hat die 23. Kammer des Sozialgerichts Detmold auf die mündliche Verhandlung vom 10.07.2014 durch die Vorsitzende, die Richterin am Sozialgericht von Kauffberg, sowie den ehrenamtlichen Richter Günther und die ehrenamtliche Richterin Pagel für Recht erkannt:
Der Beklagte wird unter Abänderung seines Bescheides vom 16.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2012 sowie der Bescheide vom 28.11.2012, 20.02.2013 und 05.08.2013 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2012 bis zum 30.11.2012 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 37,58 Euro zu gewähren. Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger nach einem Umzug gewährten Kosten der Unterkunft.

Der am 0000.1964 geborene Kläger steht seit dem Jahr 2005 bei dem Beklagten im Leistungsbezug. Er wohnte in der Zeit vom 01.08.2010 bis zum 30.04.2011 in einer Wohnung im C 00 in Q. Dort hatte er eine Grundmiete i.H.v. 210,- Euro zu entrichten. Darüber hinaus hatte er aus einer Wasserabrechnung für das Jahr 2010 vom 15.02.2011 einen Betrag i. H. v. 96,99 Euro sowie aus einer Wasserabrechnung für das Jahr 2011 vom 03.05.2011 einen Betrag i. H. v. 41,79 Euro an die Vermieterin zu zahlen. Zum 01.05.2011 bezog er eine Wohnung im E 0 in C. Dort betrug die Grundmiete 210,- Euro. Hinzu kamen 53,- Euro Betriebskosten.

Auf seinen Weiterbewilligungsantrag vom 16.04.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom selben Tag, geändert durch die Bescheide vom 28.11.2012, 20.02.2013 und 05.08.2013, Leistungen für die Zeit vom 01.06.2012 bis zum 30.11.2012. Er berücksichtigte dabei Kosten der Unterkunft zunächst lediglich in Höhe der für die Wohnung im C 00 angefallenen Grundmiete von 210,- Euro monatlich, mit Bescheid vom 05.08.2013 gewährte er dem Kläger im Hinblick auf die erfolgten Wasserabrechnungen weitere Kosten der Unterkunft i. H. v. 15,42 Euro monatlich. Nach Vorlage entsprechender Nachweise bewilligte der Beklagte zudem Heizkostenabschläge nach.

Gegen den Bescheid vom 16.04.2012 erhob der Kläger am 09.05.2012 im Hinblick auf die Kürzung der Kosten der Unterkunft Widerspruch.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.07.2012 unter Hinweis auf die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) als unbegründet zurück. Der Kläger habe den Mietvertrag für die von ihm zum 01.05.2011 bezogene Wohnung E 0 in C unterzeichnet, ohne die vorherige Zustimmung des Jobcenters einzuholen. Anhaltspunkte dafür, dass der Umzug erforderlich gewesen wäre, seien weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Daher habe die Zustimmung auch nachträglich nicht erteilt werden können. Da die Kosten für die Wohnung E 0 in C mit 263,- Euro höher seien als jene in der bisherigen Wohnung C 00 in Q mit 210,- Euro, könnten bei der Bedarfsberechnung lediglich Kosten der Unterkunft in Höhe von 210,- Euro berücksichtigt werden.

Mit der am 17.08.2012 hiergegen erhobenen Klage begehrt der Kläger die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft i. H. v. 263,- Euro monatlich. Die Kosten der Unterkunft seien rechtswidrig zu niedrig festgesetzt worden. In der Bundesrepublik Deutschland gelte die Freizügigkeit. Im C 0 habe der Schwiegervater der Vermieterin eine Wohnung gemietet gehabt. Von diesem seien unentwegt Beleidigungen und Verleumdungen ausgegangen. Er habe sich erfolglos bemüht, auf ein Unterlassen hinzuwirken. Schließlich sei die Kündigung ausgesprochen worden. Der Umzug sei erforderlich gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 16.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2012 sowie der Bescheide vom 28.11.2012, 20.02.2013 und 05.08.2013 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.06.2012 bis zum 30.11.2012 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 37,58 Euro zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt er aus, der vorgetragene Sachverhalt rechtfertige den Umzug nicht i. S. e. Erforderlichkeit nach § 22 SGB II.

In einem Erörterungstermin am 25.07.2013 ist der Kläger zum Sachverhalt persönlich gehört worden. Zudem hat das Gericht im Verhandlungstermin am 10.07.2014 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M F L, I E1 und I1 E1. Auf den Inhalt der entsprechenden Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger ist beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da die angefochtenen Bescheide vom 16.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2012 sowie vom 28.11.2012, 20.02.2013 und 05.08.2013 insoweit rechtswidrig sind, als dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2012 bis zum 30.11.2012 Kosten der Unterkunft in Höhe von lediglich 225,42 Euro bewilligt werden. Denn der Kläger hat für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf Gewährung weiterer Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 37,58 Euro aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Streitgegenständlich sind nach § 96 Abs.1 SGG neben dem mit Widerspruch vom 09.05.2012 angefochtenen Bescheid vom 16.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2012 auch die Bescheide vom 28.11.2012, 20.02.2013 und 05.08.2013, da sie nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen sind und den ursprünglich angefochtenen Verwaltungsakt abgeändert bzw. ersetzt haben. Gesonderter Widersprüche bedurfte es entgegen der in den Bescheiden enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrungen nicht mehr.

Streitgegenstand sind weiterhin allein Ansprüche des Klägers auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Der Kläger hat den Streitgegenstand in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich auf die Kosten der Unterkunft und Heizung beschränkt (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Beschränkung Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 8/06 R.

Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

Der Beklagte hat die im streitgegenständlichen Zeitraum angefallenen Heizkostenabschläge im Laufe des Verfahrens nach Vorlage entsprechender Nachweise in tatsächlichem Umfang gewährt. Inzwischen hat der Beklagte nach Vorlage der entsprechenden Schlussrechnung die Heizkosten auch abgerechnet und in voller Höhe übernommen.

Zu Unrecht hat der Beklagte hingegen die dem Kläger in der Wohnung E 00 in C im Zeitraum vom 01.06.2012 bis zum 31.12.2012 entstandenen Kosten der Unterkunft in Höhe von 210,00 Euro Grundmiete zuzüglich 53,00 Euro Betriebskosten auf einen Betrag in Höhe von 225,42 Euro gekürzt.

Wie sich aus den im Parallelverfahren S 23 AS 230/14 durch den Beklagten mitgeteilten Mietobergrenzen für die Zeit ab Januar 2010 ergibt, waren die Gesamtkosten der Unterkunft des Klägers in Höhe von 263,00 Euro angemessen. Denn sie lagen unterhalb der Mietobergrenze des Beklagten für die Gemeinde C in Höhe von 304,75 Euro. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft waren daher nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als angemessen zu übernehmen.

Auch die Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II, wonach nur der bisherige Bedarf anerkannt wird, wenn sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, berechtigt den Beklagten nicht dazu, die Kosten der Unterkunft des Klägers zu kürzen. Es kann insoweit dahinstehen, ob der Umzug des Klägers von der Wohnung Melkweg 00 in Q in die Wohnung E 0 in C erforderlich gewesen ist, da die Vorschrift im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangt. Denn § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II gilt nur für Umzüge innerhalb desselben örtlichen Vergleichsraums i. S. d. Rechtsprechung des BSG, der Kläger ist aber in einen anderen örtlichen Vergleichsraum verzogen. Nach einem Umzug über die Grenzen des kommunalen Vergleichsraums hinaus sind die Kosten der Unterkunft nicht auf die Aufwendungen am bisherigen Wohnort beschränkt. Zieht der Leistungsberechtigte an einen anderen Wohnort, gilt dort eine andere Angemessenheitsgrenze und kann der Leistungsberechtigte nicht auf die Angemessenheitsgrenze des bisherigen Wohnortes verwiesen werden. Der Leistungsberechtigte darf nicht gehindert werden, sein soziales Umfeld bzw. den Vergleichsraum zu verlassen. Ihm ist im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II eine freie Wohnortwahl zuzubilligen (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 01.06.2010, Az. B 4 AS 60/09 R m.w.N.; Luik in: Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 22, Rn. 108 m.w.N.; Piepenstock in: juris PK-SGB II, 3. Auflage 2012, § 22, Rn. 141 m.w.N.). Dies legt bereits die Begründung im Gesetzesentwurf (Bundestags-Drucksache 16/1410, S. 23) nahe, wonach durch die Regelung die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt seien, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessen Kosten ziehen. Es wird hier also auf die kommunalen Angemessenheitsgrenzen abgestellt. Diese beziehen sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jedoch immer auf den Vergleichsraum am Wohnort des Hilfebedürftigen. Auch die systematische Stellung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II im Zusammenhang mit § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II spricht für eine Beschränkung der Wirkung desselben auf den örtlichen Vergleichsraum. Denn Anknüpfungspunkt der beiden Regelungen, in die § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II eingebunden ist, ist immer die abstrakt angemessene Miete im Vergleichsraum. Die Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II wird auch durch den Sinn und Zweck der Regelung bestätigt. Mit der nur ausnahmsweisen Übernahme von höheren Unterkunftskosten gegenüber den bisher als angemessen anerkannten - auch innerhalb der Angemessenheitsgrenzen - soll zweierlei vorgebeugt werden. Zum einen soll dem Missbrauch der Leistungsinanspruchnahme eine Grenze gesetzt werden. Dem Hilfebedürftigen wird es verwehrt, den maximalen Leistungsanspruch auszuschöpfen, wenn sein existenzsichernder Bedarf bereits angemessen gedeckt ist. Zum anderen soll den Kostensteigerungen für Leistungen der Unterkunft innerhalb der kommunalen Grenzen vorgebeugt werden. Ziel der Regelung ist es hingegen nicht, Kommunen, in denen ein hohes Mietniveau gegeben ist, vor einem weiteren Zuzug von arbeitsuchenden Hilfebedürftigen zu "schützen". Ebenso wenig ist es Sinn und Zweck der Vorschrift, den Hilfebedürftigen in seiner Dispositionsfreiheit, sich einen anderen Wohnort außerhalb des bisherigen Vergleichsraums zu suchen, einzuschränken. Die einschränkende Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist zudem nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i. V. m. Art. 11 Abs. 1 GG geboten. Eine Ausweitung der nur begrenzten Übernahme der Aufwendungen für Unterkunfts- und Heizkosten nach einem Umzug auch auf Umzüge über die Grenzen des bisherigen Vergleichsraums hinaus würde zu einer unterschiedlichen Behandlung von Hilfebedürftigen, die in Bereichen mit niedrigen Mieten wohnen, gegenüber solchen führen, in deren Vergleichsraum die Mieten deutlich höher sind. Während sich Letztere ungehindert durch die Beschränkung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II einen neuen Wohnort suchen könnten, weil in dem Bereich des "neuen Grundsicherungsträgers" die Angemessenheitsgrenze ohnehin niedriger ist als die bisherige angemessene Miete, werden Hilfebedürftige aus Vergleichsräumen mit niedrigeren Mieten anders behandelt, weil sie an diesem niedrigeren Mietniveau festgehalten würden. Im Rahmen der Grundrechtsprüfung ist hier zudem Art. 11 Abs. 1 GG zu beachten, weil die "benachteiligte Gruppe" durch die Begrenzung der Unterkunftskosten am neuen Wohnort mittelbar in ihrem Recht auf Freizügigkeit beeinträchtigt wird (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 01.06.2010, Az. B 4 AS 60/09 R m.w.N.).

Bei der Bestimmung des maßgeblichen örtlichen Vergleichsraums sind ausreichend große Räume (nicht bloße Orts- oder Stadtteile) der Wohnbebauung zu definieren, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und insbesondere ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Es kann also nicht schematisch auf das Gebiet des zuständigen kommunalen Trägers oder auf den kommunalverfassungsrechtlichen Gemeindebegriff abgestellt werden. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs kann es - insbesondere im ländlichen Raum - geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleine Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellen, geboten sein kann (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 18/06 R, Urteil vom 19.10.2010, Az. B 14 AS 50/10 R; Luik, a.a.O., Rn. 81 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger im Rahmen seines Umzuges zum 01.05.2011 von Q nach C den örtlichen Vergleichsraum gewechselt. Denn die Gemeinde C und die Stadt Q bilden unterschiedliche Vergleichsräume. Dies ergibt sich schon daraus, dass zumindest seit dem 01.01.2010 für Q und C durchgängig unterschiedliche Mietobergrenzen gelten, wie sich aus den seitens des Beklagten im Parallelverfahren S 23 AS 230/14 mitgeteilten Werten ergibt. Der Beklagte geht dementsprechend selbst davon aus, dass es sich bei der Gemeinde C und der Stadt Q eben nicht um Räume der Wohnbebauung handelt, die aufgrund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Dies wird auch bestätigt durch das nunmehr den Mietobergrenzen im Bereich des Beklagten für die Zeit ab dem 01.05.2014 zugrunde gelegte Konzept zur Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft (im Folgenden: Konzept), das von der Firma Analyse und Konzepte im März 2014 erstellt und von dem Beklagten im Parallelverfahren S 23 AS 230/14 zu den Akten gereicht wurde. Unabhängig davon, dass der streitgegenständliche Zeitraum nicht in den zeitlichen Anwendungsbereich des Konzepts fällt, gibt die darin vorgenommene Einteilung des Kreises Paderborn in drei verschiedene sog. Wohnungsmarkttypen Aufschluss über die auch hier für die Bestimmung des maßgeblichen örtlichen Vergleichsraums zugrunde zu legende Struktur des Kreisgebietes. Die Gemeinde C ist dabei dem Wohnungsmarkttyp 3 zugeordnet, der sich in erster Linie durch klar überdurchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen auszeichnet, die Bevölkerungsentwicklung und die Bodenpreise liegen ebenfalls über dem Durchschnitt des Kreises Paderborn. Die Stadt Q hingegen gehört zum Wohnungsmarkttyp 2, der von urbanen Strukturen geprägt ist. Bevölkerungsdichte und -entwicklung sowie die Siedlungsstruktur, d. h. der Anteil der Mehrfamilienhäuser, fallen klar überdurchschnittlich aus. Die Bodenpreise sind ebenfalls deutlich überdurchschnittlich. Durch die Bildung von Wohnungsmarkttypen wird nach den nachvollziehbaren Ausführungen der Firma Analyse und Konzepte gewährleistet, dass Wohnungsmärkte mit größtmöglicher Ähnlichkeit zusammengefasst und von den sich erheblich unterscheidenden Wohnungsmarkttypen abgegrenzt werden. Dies führt zur Schaffung ausreichend großer Räume der Wohnbebauung, die unmittelbar aneinander angrenzend räumliche Nähe aufweisen und von ihrer Infrastruktur her einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Dementsprechend erfüllt jeder Wohnungsmarkttyp für sich die Kriterien des BSG für die Bildung örtlicher Vergleichsräume und bildet daher einen eigenen örtlichen Vergleichsraum. Zwar wird im Konzept demgegenüber ausgeführt, dass der gesamte Kreis Paderborn einen einzigen Vergleichsraum darstelle. Der Wohnungsmarkttyp sei nicht dem "homogenen Lebens- und Wohnbereich" gleichzusetzen, entsprechend könne auch nicht abgeleitet werden, dass Leistungsempfänger nur auf Wohnraum innerhalb des jeweiligen Wohnungsmarkttyps verwiesen werden könnten, vielmehr stelle der Wohnungsmarkttyp eine empirische Differenzierung der Angebotsstruktur innerhalb des Vergleichsraumes, d. h. des Kreises Paderborn, dar. Allerdings bedeutet die Bildung von Wohnungsmarkttypen, also von Gebieten gleicher Wohnungsmarkt- und Mietpreisstruktur, mit dem anerkannten statistischen Verfahren der Clusteranalyse gerade die Zusammenfassung derjenigen Kommunen, die sich strukturell am ähnlichsten sind. Dies kann aber im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG nur bedeuten, dass räumlicher Vergleichsmaßstab eben nicht das gesamte Kreisgebiet des Kreises Paderborn sein kann, da die Städte und Gemeinden des Kreisgebietes insgesamt nicht nach Lage, Größe und Struktur vergleichbar bzw. homogen sind. Würde das gesamte Kreisgebiet des Kreises Paderborn einen einzigen Vergleichsraum bilden, so würde dies entgegen der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. das oben bereits zitierte Urteil vom 01.06.2010, Az. B 4 AS 60/09 R) dazu führen, dass leistungsberechtigte Bewohner des Wohnungsmarkttyps 2, der über die höchste Mietobergrenze verfügt, im Kreisgebiet uneingeschränkt umziehen könnten, leistungsberechtigte Bewohner von Wohnungsmarkttyp 1 mit den niedrigsten Mietobergrenzen aber ihren Wohnort aufgrund der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nur unter erschwerten Bedingungen verlassen könnten. Dies würde - wie oben ausgeführt - eine mittelbare Beeinträchtigung der leistungsberechtigten Bewohner des Wohnungsmarkttyps 1 in ihrem Recht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG sowie einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG bedeuten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Berufung war zuzulassen.

Die Berufung bedarf nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR nicht übersteigt. Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3).

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 225,48 Euro (6 * 37,58 Euro) und erreicht nicht die Berufungssumme. Die Berufung war aber zuzulassen, da die Frage der Bestimmung des maßgeblichen örtlichen Vergleichsraums im Kreis Paderborn grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
Aus
Saved