Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 4451/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 2511/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zahlung einer höheren Verletztenrente für den Gesamtvergütungszeitraum sowie die Zahlung einer laufenden Verletztenrente für die Zeit danach.
Der 1963 geborene Kläger war zur Zeit des hier relevanten Arbeitsunfalls als Arbeiter bei einer Zulieferin der Automobilindustrie (Kfz-T.) beschäftigt und in dieser Eigenschaft bei der beklagten Berufsgenossenschaft (Beklagte) gesetzlich unfallversichert.
Am 27. Januar 2011 fuhr dem Kläger während seiner Arbeit ein Gabelstapler von hinten gegen die Beine. Der Kläger stürzte. Er konnte nicht allein aufstehen.
Nach seinem Transport in ein Krankenhaus diagnostizierte der Durchgangsarzt (D-Arzt) Prof. Dr. A. eine Knieprellung beidseits, eine Mittelfußprellung rechts und eine Distorsion des oberen Sprunggelenks (oSG) links. Der Röntgenbefund war unauffällig (D-Arzt-Bericht vom Unfalltag). In dem Zwischenbericht vom 31. Januar 2011 teilte D-Arzt Dr. R. mit, bei ansonsten unauffälligen Verhältnissen auch an Knochen und Bändern bestehe der Verdacht auf (V.a.) einen Kniebinnenschaden links, der Kläger werde in die besondere Heilbehandlung übernommen. Eine kernspintomografische Untersuchung (MRT) bei Dr. K. am 4. Februar 2011 ergab eine subtotale Ruptur des hinteren Kreuzbandes (HKB) im tibialen Ansatzbereich und eine Rissbildung im Innenmeniskushinterhorn links. Der Außenmeniskus und die anderen Bänder waren unauffällig. Es bestehe eine nur geringe Chondropathie Grad II. Der Kläger wurde zunächst konservativ behandelt. In dem Zwischenbericht vom 22. März 2011 berichtete Dr. B. (Sportklinik Stuttgart) als D-Arzt von einer deutlichen Beschwerdebesserung und bezeichnete die HKB-Ruptur als ausgeheilt, es sei nur noch weitere Physiotherapie notwendig. Eine stufenweise Wiedereingliederung mit zunächst 4 Stunden am Tag könne am 4. April 2011 beginnen. Bei einer weiteren Vorstellung am 12. April 2011 klagte der Kläger jedoch über starke Schmerzen am linken Knie seit der Wiederaufnahme der Arbeit. Ein weiteres MRT am 14. April 2011 ergab keine neuen Befunde, das HKB sei narbig stabil verheilt, das VKB intakt, ferner bestehe eine - unfallunabhängige - Chon¬dromalazie im medialen Kompartiment und retropatellar.
Am 11. Mai 2011 führte die Sportklinik Stuttgart, Dr. B., eine arthroskopische Operation durch. Nach dem OP-Bericht wurden präoperativ ein Innenmeniskushinterhorneinriss und eine Chondromalazie Grad I bis II auch retropatellar am linken Knie diagnostiziert. Durchgeführt wurden eine Chondroplastik und eine Refixation des Innenmeniskushinterhorns. Bei den Vorstellungen am 7. Juni und 5. Juli 2011 gab der Kläger starke Beschwerden an, vor allem Schmerzen beim Gehen und Stehen. Dr. B. beschrieb einen zufriedenstellenden postoperativen Heilungsverlauf, die Bandverhältnisse seien stabil, es bestehe eine erhebliche Hypotrophie des Quadrizeps. Er verordnete weitere Physiotherapie.
Bei gleichbleibenden Beschwerden diagnostizierte Dr. B. am 27. September 2011 eine Insuffizienz des HKB links. Daraufhin wurde der Kläger am 18. Oktober 2011 erneut in der Sportklinik Stuttgart operiert. Der Entlassungsbericht vom 20. Oktober 2011 nannte als Diagnose eine chronische Instabilität des HKB links und teilte mit, bei der arthroskopischen Operation sei eine Semitendinosus- und (Allograft-)Gracilis-Sehnen-Ersatzplastik eingesetzt worden. Der postoperative Verlauf sei problemlos gewesen. Bei der Nachschau bei Dr. B. am 15. November 2011 gab der Kläger an, beschwerdefrei zu sein. Nach weiter regelgerechtem Heilungsverlauf begann er ab dem 5. Februar 2012 mit einer stufenweisen Wiedereingliederung mit zunächst 4 Stunden täglich (Zwischenbericht vom 6. Februar 2012).
Am 16. Februar 2012 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, er habe starke Schmerzen und breche daher die Wiedereingliederung ab. Ein MRT am 23. Februar 2012 bei Dr. K. ergab bei narbigen Veränderungen ein intaktes VKB und eine durchgängig darstellbare hintere HKB-Plastik sowie eine unverändert nachweisbare intrameniskale Rissbildung. Der Kläger stellte sich am 6. März 2012 direkt auf einer Geschäftsstelle der Beklagten vor, beschrieb die Beschwerden und wurde dort von Dr. Th. untersucht. Dieser schlug in seiner fachärztlichen Stellungnahme vom 8. März 2012 vor, wegen der erheblichen Muskelminderung vor einer weiteren OP das Bein aufzutrainieren, und führte aus, es sei im Augenblick nicht einzuschätzen, ob die persistierenden Beschwerden von den Unfallfolgen oder der Chondromalazie herrührten. In dem Zwischenbericht vom 17. April 2012 teilte Dr. B. mit, die Bänder seien stabil, es bestehe bei persistierenden Beschwerden noch eine Muskelminderung um 2 cm und die vorbekannte retropatellare Chondromalazie. Das linke Knie sei mit 0/0/150° normgerecht beweglich und stabil.
Ab dem 3. Mai 2012 absolvierte der Kläger eine stationäre Rehabilitation in der BG-Unfallklinik Tübingen. Bei der Aufnahme zeigte er ein leicht hinkendes Gangbild, es bestand eine Muskelminderung, die Beweglichkeit des linken Kniegelenks sei mit 0/5/110° (gegenüber 0/0/130° rechts) leicht eingeschränkt. Bei der Entlassung am 30. Mai 2012 lag die Beweglichkeit links bei 0/0/125°, die Kraft im Quadrizeps hatte sich verbessert, Schmerzen lagen nur noch beim Gehen treppabwärts vor. Es bestehe noch kurzfristig Arbeitsunfähigkeit, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde nicht verbleiben (Bericht von Prof. Dr. K. vom 5. Juni 2012). Bei einer Vorstellung bei Dr. R. am 14. Juni 2012 war das Gangbild hinkfrei, die Beweglichkeit lag wieder bei 0/0/130°, es wurde eine stufenweise Wiedereingliederung ab dem Folgetag verordnet.
Im Auftrag der Beklagte erstattete Prof. Dr. K. das Gutachten vom 2. Juli 2012. Bei der Untersuchung lag noch eine Muskeldifferenz von 1 cm vor. Das Gangbild war ohne Befund. Es bestand eine deutliche Rotationsinstabilität dorso-lateral, das HKB zeigte einen sehr festen Anschlag mit einer ein- bis zweitgradigen hinteren Schublade. Die Beweglichkeit der Kniegelenke lag beidseits bei 0/0/135° (S. 23 Gutachten). Prof. Dr. K. sah den Riss des HKB als Unfallfolge. Die zweitgradige Chondropathie sei ein unfallunabhängiger Vorschaden, sie trete infolge der HKB-Verletzung verstärkt auf und werde zunehmend klinisch symptomatisch (werden). Die Ruptur des Innenmeniskushinterhorns beruhe - auch - auf der Degeneration. Heute bestehe als Unfallfolge noch eine leichte Instabilität des HKB mit verstärkter Knorpeldegeneration vor allem medial und retropatellar. Der Gutachter meinte, die Behandlungsbedürftigkeit bestehe fort, die MdE betrage seit der 26. Woche nach dem Unfall und weiterhin 20 v.H.
Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei Dr. Th. ein, der eine Gesamtvergütung bis Dezember 2012 für plausibel hielt, jedoch keine dauerhafte MdE darüber hinaus. Nachdem die Beklagte dies Prof. Dr. K. mitgeteilt und dabei auf die medizinischen Erfahrungs¬werte für die MdE-Bewertung von Instabilitäten und Arthrosen des Kniegelenks hingewiesen hatte, teilte der Gutachter unter dem 3. August 2012 ergänzend mit, er schließe sich der Auffassung an, dass eine MdE von 20 v.H. bis zum 31. Dezember 2012 bestehe.
Mit Bescheid vom 28. August 2012 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 27. Januar 2011 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v.H. bis zum 31. Dezember 2012. Darüber hinaus bestehe kein Anspruch auf Rente.
Der Kläger erhob Widerspruch. Er rügte, das Gutachten sei unbrauchbar, da der Gutachter ihn nur fünf bis zehn Minuten untersucht und ansonsten nur Akten studiert habe. Bei einer Nachschau bei Dr. B. am 4. September 2012 hatte der Kläger angegeben, er habe weiterhin Schmerzen und ein subjektives Schwellungsgefühl, vor allem nach fünf bis sechs Stunden Arbeit. Die Beweglichkeit betrage 0/0/150°, die Bänder seien klinisch intakt, es bestehe noch eine Hypertrophie der Quadrizepsmuskulatur gegenüber rechts. In einem weiteren Zwischenbericht vom 30. Oktober 2012 teilte Dr. B. mit, die Beschwerden hätten sich weiter verringert, die Muskelminderung links betrage nur noch 0,5 cm gegenüber rechts, der Kläger klage nunmehr auch über Schmerzen im rechten Knie, die weiterhin notwendige Physiotherapie habe er wegen der zeitlichen Doppelbelastung mit der Arbeit abgelehnt, die Behandlung zu Lasten der Beklagten sei zum Jahresende zu beenden, die Unfallfolgen bedingten voraussichtlich eine MdE um 10 v.H., die Beschwerden am rechten Knie (V.a. Chondromalazie) seien nicht unfallbedingt.
Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 22. November 2012. Das Gutachten von Prof. Dr. K. sei schlüssig und weise keine Mängel auf.
Hiergegen hat der Kläger am 21. Dezember 2012 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben (S 6 U 4382/12). Nachdem die Beklagte mitgeteilt hat, dass das Verwaltungsverfahren wegen einer Dauerrente noch andauere, hat das SG auf Antrag beider Seiten am 11. April 2013 das Ruhen des Klageverfahrens angeordnet.
Prof. Dr. K. erstattete im Auftrag der Beklagten das Gutachten vom 27. Januar 2013 Er sah einen regelgerechten Befund nach der Ersatzplastik des HKB. Die Funktion der Muskulatur habe sich gegenüber der früheren Untersuchung weiter verbessert, das linke Bein weise ein Defizit von 1,5 cm auf, wobei das rechte Bein das Standbein sei. Die Beweglichkeit sei seitengleich frei (0/0/145°). Das Kniegelenk sei stabil. Der Kläger habe angegeben, in den letzten Wochen hätten sich die Schmerzen (wieder) verschlimmert. Dies sei zuverlässig auf die beginnende Arthrose zurückzuführen, wobei auch eine etwas depressive Grundhaltung vorliege, welche die Schmerz-symptomatik sicherlich überlagere. Die MdE betrage 10 v. H. ab dem 1. Januar 2013.
Mit Bescheid vom 30. April 2013 stellte die Beklagte fest, der Kläger habe wegen der Folgen des Unfalls vom 27. Januar 2011 für die Zeit vom 13. Juli 2011 bis 31. Dezember 2012 eine Gesamtvergütung nach einer MdE um 20 v.H. erhalten, ein Anspruch auf Rente über diesen Zeitraum hinaus bestehe nicht. Statt einer Rechtsbehelfsbelehrung enthielt dieser Bescheid den Hinweis, er werde Gegenstand des laufenden gerichtlichen Verfahrens, ein Widerspruch sei nicht erforderlich. Die Beklagte teilte den Bescheid auch dem SG mit.
Nachdem das SG unter dem 18. Juni 2013 mitgeteilt hat, der neue Bescheid regele einen anderen Zeitraum und werde daher nicht in das laufende Verfahren einbezogen, hat der Kläger Widerspruch erhoben, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2013 zurückgewiesen hat.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 23. Dezember 2013 ebenfalls Klage beim SG erhoben (S 6 U 4484/13).
Die Beklagte hat bereits am 18. Dezember 2013 das ruhende Verfahren wieder angerufen, das unter dem Aktenzeichen S 6 U 4451/13 fortgeführt worden ist.
Mit Beschluss vom 29. Januar 2014 hat das SG beide Verfahren unter dem Aktenzeichen S 6 U 4451/13 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Das SG hat den behandelnden Arzt des Klägers, Dr. K., schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser hat mit Schreiben vom 11. September 2014 mitgeteilt, er habe zuletzt eine Innenmeniskussymptomatik mit einer Beweglichkeit von 5/0/120° festgestellt, die MdE betrage vermutlich unter 10 v.H.
Sodann hat das SG von Amts wegen das fachorthopädische Gutachten bei Dr. B. vom 28. November 2014 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, das Gangbild des Klägers sei hinkfrei und abrollend, eine Schonhaltung sei nicht zu beobachten, orthopädische Hilfsmittel würden nicht benutzt, es lägen keine Meniskuszeichen und keine Schubladen vor, die Beweglichkeit der Kniegelenke betrage beidseits 0/0/140°, die Muskeldifferenz am linken Oberschenkel gegenüber dem rechten Standbein betrage zwischen 0,5 und 1,0, cm, der Kläger demonstriere die tiefe Hocke nur hälftig, richte sich aktiv, aber verlangsamt auf und gebe Schmerzen im linken Knie an. Das Röntgenbild ergebe eine regelgerechte Lage der Kreuzbandplastik ohne Zeichen einer signifikanten posttraumatischen Kniegelenksarthrose. Die Verletzungen nach dem Unfall seien ausgeheilt, die MdE habe bis zum 31. Dezember 2012 bei 20 v.H. gelegen und betrage seitdem 10 v.H.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 17. März 2015 mitgeteilt, das Gutachten sei unbrauchbar, weil es sich in der Wiedergabe der Messdaten und des Behandlungsverlaufs erschöpfe und nicht ausreichend auf den Unfall an sich eingehe. Ferner sei Dr. B. nicht objektiv gewesen, weil er auf eine Prellung hingewiesen und sich sehr merkwürdig verhalten habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Mai 2015 hat das SG die Klage nach vorangegangener Anhörung abgewiesen. Beide Anträge seien zulässig, aber nicht begründet. Für den Zeitraum der Gesamtvergütung betrage die MdE allenfalls 20 v.H. Dies ergebe sich im Wesentlichen aus dem damaligen Gutachten von Dr. K ... Ab dem 1. Januar 2013 ließen ich keine funktionellen Einschränkungen mehr feststellen, die eine MdE von 20 v.H. nach sich ziehen könnten. Dies ergebe sich aus den übereinstimmenden Feststellungen und Schlussfolgerungen der Gutachter Prof. Dr. K. und Dr. B ...
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12. Juni 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben.
Der Senat hat mit Schreiben vom 22. Juli 2015 auf die Präklusion verspäteten Vorbringens hingewiesen und Frist zur Begründung der Berufung bis 15. August 2015 gesetzt.
In der am 18. August 2015 eingegangenen Begründung führt der Kläger aus, die Gutachter gingen von falschen Anknüpfungstatsachen aus. Bei dem Unfall sei er auf die Knie gestürzt. Er habe sich eine klassische Dreh-Sturz-Verletzung zugezogen. Er habe dabei einen isolierten Meniskusriss erlitten. Ferner hält der Kläger daran fest, das Gutachten von Dr. B. sei nicht verwertbar, weil es unsubstanziiert sei.
Er beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Mai 2015 sowie den Bescheid vom 28. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 13. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2012 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30 vom Hundert zu gewähren und den Bescheid vom 30. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Januar 2013 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 vom Hundert zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und ihre Entscheidungen.
Der Senat hat am 3. Dezember 2015 darauf hingewiesen, dass der Unfall als solcher anerkannt sein dürfte und bestimmte Gesundheitsschäden als Unfallfolgen nicht Gegenstand des Verfahrens seien, ferner darauf, dass Dr. B. auch den Meniskusschaden als Unfallfolge gewertet habe und gleichwohl - zu Recht - eine MdE unter 20 v.H. gesehen habe. Ferner hat der Senat Hinweise zur Verwertbarkeit des Gutachtens gegeben.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat sodann das unfallchirurgisch-ortho-pädische Wahlgutachten bei Prof. Dr. D. erhoben. Diesem Sachverständigen hat der Kläger denselben Unfallhergang geschildert wie im primären Durchgangsarztbericht dokumentiert. Er hat angegeben, er habe die Arbeit sofort einstellen müssen und sei bis Juli 2011 arbeitsunfähig und im Anschluss nach operativen Eingriffen und Rehabilitationsbehandlungen ab Juni 2012 wieder arbeitsfähig gewesen. Der Sachverständige hat bekundet, bei dem Kläger finde sich ein Varusstellung der Beine um 4 cm, die Bänder seien allesamt stabil, ein Erguss liege nicht vor, lokale Druckpunkte als Zeichen einer Meniskusläsion ließen sich nicht finden, auffallende Differenzen in der Muskelmasse der Beine lägen messtechnisch nicht vor, die Beweglichkeit der Kniegelenke betrage seitengleich 0/0/150°. Durch die krankengymnastische Behandlung habe die Oberschenkelmuskulatur wieder vollständig auftrainiert werden können, Umfangdifferenzen seien daher aktuell nicht mehr nachweisbar. Als Unfallfolgen seien ein Innenmeniskushinterhornriss sowie eine subtotale Ruptur des HKB und - zeitweise - eine hintere Kniegelenksinstabilität links zu verzeichnen. Die MdE habe bis Dezember 2012 auf 20 v.H. geschätzt werden können, seitdem liege allenfalls eine MdE von 10 v.H. vor.
Die Beklagte hat sich unter dem 27. September 2016, der Kläger mit Schriftsatz vom 26. September 2016 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sacherhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung im Einvernehmen mit beiden Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), insbesondere war sie mit beiden Klageanträgen nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, denn für beide Zeiträume (13. Juli 2011 bis 31. Dezember 2012 sowie ab dem 1. Januar 2013) begehrt der Kläger eine laufende Sozialleistung für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist auch zulässig, insbesondere form- und fristgerecht im Sinne von § 151 Abs. 1 SGG erhoben.
Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer höheren Verletztenrente als vorläufige Entschädigung für die Zeit vom 13. Juli 2011 bis 31. Dezember 2012 sowie zur Gewährung einer Verletztenrente auf unbestimmte Zeit ab dem 1. Januar 2013 abgewiesen.
Beide Klagen sind zwar zulässig.
Insbesondere ist jeweils ein Vorverfahren durchgeführt worden. Dieses war nach § 78 Abs. 1 SGG notwendig, weil der Bescheid über die Gewährung oder die Ablehnung einer Dauerrente ab dem 1. Januar 2013 einen anderen Zeitraum betraf als der Bescheid über die Gewährung einer Rente als vorläufige Entschädigung im Rahmen einer Gesamtvergütung bis zum 31. Dezember 2012, sodass er nicht nach § 96 Abs. 1 SGG in das schon anhängige erstinstanzliche Gerichtsverfahren wegen einer höheren Rente als vorläufiger Entschädigung einging. Die Situation hier ist anders, als wenn ein Unfallversicherungsträger zusammen mit der Ablehnung einer Dauerrente eine laufende Rente als vorläufige Entschädigung auch entzieht, dort greift § 96 Abs. 1 SGG ein (Urteil des Senats vom 26. März 2015 – L 6 U 3485/13 –, juris, Rz. 25). Hier überlappen sich die beiden streitigen Zeiträume nicht.
Der Bescheid vom 30. April 2013 über die Ablehnung einer Dauerrente entfaltete auch eigenständige Regelungswirkung (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Beklagte hatte nicht schon in dem früheren Bescheid vom 28. August 2012 über eine Dauerrente entschieden. Sie hatte zwar dort auch ausgeführt, dass über den 31. Dezember 2012 hinaus "kein Rentenanspruch" bestehe. Aus dem Zusammenhang ihrer Darlegungen (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) ergibt sich jedoch, dass sie damit auch nach dem Empfängerhorizont nur den Zeitraum der Rente als vorläufiger Entschädigung bzw. das Ende des Gesamtvergütungszeitraums meinte.
Die Klagen sind aber nicht begründet. Die geltend gemachten Ansprüche bestehen nicht, weswegen sich auch die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig erweisen.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf eine Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet, bei einer bloßen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wird eine Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Hierfür ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher entscheidend, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (vgl. zu allem BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 15; Urteil des Senats vom 26. März 2015 – L 6 U 3485/13 –, juris, Rz. 32).
Für die Rente als vorläufige Entschädigung gilt nichts grundsätzlich Anderes. Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII soll der Versicherungsträger die Rente während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall vorläufig feststellen, weil der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Die Dauer der Gewährung ist bis zum Erlass des Bescheides über die Dauerrente gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII befristet (BSG, Urteil vom 16. März 2015 - B 2 U 2/09 - juris, Rz. 19; Urteil des Senats, a.a.O., Rz. 26). Ob die Rente als vorläufige Entschädigung laufend oder nach § 75 Satz 1 SGB VII als Gesamtvergütung geleistet wird, hängt nicht von der Höhe der MdE ab, sondern von der Erwartung, ob im Anschluss an den Gesamtvergütungszeitraum weiterhin Rente zu leisten ist oder nicht.
Vor diesem Hintergrund hat der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere als die bereits festgestellte Rente als vorläufige Entschädigung bis zum 31. Dezember 2012 und keinen Anspruch auf Rente auf unbestimmte Zeit ab dem 1. Januar 2013.
Nach den genannten Erfahrungswerten beträgt bei einer Schädigung der Kreuzbänder (VKB oder HKB) in einem Knie die MdE 10 v.H. bei einer endgradigen Behinderung der Beugung oder Streckung, mit aber muskulär kompensierbaren instabilen Bandverhältnissen. Sie beträgt 20 v.H. bei der gleichen Einschränkung, wenn - auch - eine Seitenbandinstabilität vorliegt, die muskulär nicht kompensierbar ist. Eine MdE von 30 v.H. ist anzunehmen bei einer mittelgradigen Beeinträchtigung der Beweglichkeit (Einschränkung der Beugung auf bis zu 90° sowie ein Streckdefizit von 20°) und muskulär nicht kompensierbarer Instabilität mit der Notwendigkeit des Dauergebrauchs von Hilfsmitteln (Schönberger/Mehr¬tens/Va¬len¬tin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 653). Für die Schädigung eines Meniskus werden keine Erfahrungswerte vorgegeben, vielmehr kommt eine MdE ohnehin nur bei sekundären Knorpelschäden in Betracht, sie ist dann nach dem Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen zu schätzen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 669).
Auf dieser Basis bestand bei dem Kläger in der Zeit bis zum 31. Dezember 2012 keine MdE von mehr als 20 v.H. und für die Zeit danach liegt die MdE bei höchstens 10 v.H.
Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat im Wesentlichen auf die übereinstimmenden Feststellungen und Vorschläge des Behördengutachters Dr. K. und des Gerichtssachverständigen Dr. B., denen er sich anschließt. Ergänzend verweist der Senat auf die gleichlautenden Feststellungen und Schlussfolgerungen des vom Kläger benannten Wahlgutachters Prof. Dr. D ...
Zunächst ist festzustellen, dass das Gutachten von Dr. B. - wie auch das Wahlgutachten von Prof. Dr. D. - verwertbar ist. Unverwertbar ist ein Gutachten nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 412 Abs. 1 oder Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nur dann, wenn es den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten - unabhängig von seinem Ergebnis - nicht genügt oder wenn der Sachverständige "mit Erfolg abgelehnt" worden ist. Beide Fälle liegen hier nicht vor. Das Gutachten ist regelgerecht. Es ist wichtige Aufgabe eines orthopädischen Gutachters, die Bewegungsmaße festzustellen, gerade auch im Hinblick auf die genannten Erfahrungswerte. Ein Ablehnungsgesuch gegen Dr. B. hat der Kläger damals nicht angebracht, es wäre auch nach § 406 Abs. 2 ZPO verfristet gewesen, soweit es sich auf Umstände während der Begutachtung gestützt hätte. Dies hatte der Senat bereits unter dem 3. Dezember 2015 dargelegt, auf das damalige Schreiben wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Nur ergänzend weist der Senat daher darauf hin, dass der Vortrag des Klägers zu dem Ablauf der Begutachtung keinerlei Besorgnis der Befangenheit bei dem Sachverständigen begründen kann.
Für die Entscheidung in diesem Verfahren ist es nicht relevant, ob alle Funktionseinbußen des Klägers auf die Verletzung des HKB zurückzuführen sind oder einige davon auf den Einriss im Innenmeniskushinterhorn oder die Chondropathie im Bereich des linken Knies. Ebenso ist es nicht erheblich, ob einige dieser Gesundheitsschäden nicht im Sinne eines Wahrscheinlichkeitszusammenhangs auf den Unfall zurückzuführen sind. Dies gilt vor allem für die Chondropathie, die die gehörten ärztlichen Sachverständigen allenfalls im Sinne einer posttraumatischen Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens - worauf auch die inzwischen am anderen Knie aufgetretenen Beschwerden hindeuten - dem Unfall zugerechnet haben. Der Kläger hat keine bestimmten Unfallfolgen geltend gemacht, sondern begehrt allein eine Rente. Sofern aber selbst das Gesamtbild der Funktionsbeeinträchtigungen keine (höhere) MdE ergibt, ist nicht erheblich, ob nur ein Teil dieser Beeinträchtigungen unfallbedingt ist. Dies ist vorliegend der Fall. Daher waren auch keine weiteren Feststellungen zum genauen Ablauf des Unfalls notwendig.
Für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 haben alle drei Sachverständigen übereinstimmend, im Einklang mit den vorliegenden ärztlichen Befunden und nachvollziehbar als Folgen des Unfalls - auf funktionellem Gebiet - allenfalls eine leichte Instabilität im linken Kniegelenk nach Einsatz der HKB-Plastik festgestellt. Es ist also zu einer fortlaufenden Verbesserung der Stabilität und damit der Funktion des linken Kniegelenkes gekommen. Daneben bestand noch eine geringfügige Muskeldifferenz wegen der Atrophie des Quadrizeps, die ab 2013 anfangs bis zu 1,0 cm betrug, zwischenzeitlich mit 0,5 cm gemessen wurde und bei der letzten Untersuchung bei Prof. Dr. D. überhaupt nicht mehr aufgefallen ist. Beweglichkeitseinschränkungen im linken Knie bestehen ebenfalls nicht, sondern eine - seitengleiche - Beweglichkeit des linken Kniegelenks von bis zu 0/0/150°. Hiernach liegt bei dem Kläger schon gar keine Bewegungseinschränkung, auch keine endgradige im Sinne der Erfahrungswerte (also eine restliche Beugefähigkeit zwischen 90° und 120°) vor. Eine MdE kann sich daher nur aus der verbliebenen Instabilität ergeben, obwohl die genannten Erfahrungswerte eine solche Instabilität - je nachdem, ob sie kompensiert wird oder nicht - nur als sekundäres Kriterium nennen und eigentlich durchgängig zunächst eine Bewegungseinschränkung verlangen. Jedenfalls ist es nicht zu beanstanden, dass die Sachverständigen für den Zustand ab Januar 2013 nur eine MdE von höchstens 10 v.H. vorgeschlagen haben, weil die Instabilität nahezu nicht mehr vorhanden ist. Die Muskelminderung im linken Oberschenkel war in diesem Zeitraum geringfügig und konnte nicht zu einer Erhöhung der MdE beitragen.
In der Zeit vom 13. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2012 lagen dagegen zwar noch weitergehende Funktionseinbußen vor. Bei der Untersuchung bei Dr. K. (Gutachten vom 2. Juli 2012) betrug die Muskeldifferenz noch etwa 1 cm, es bestand noch eine "deutliche" Rotationsinstabilität dorso-lateral und das HKB zeigte einen sehr festen Anschlag mit einer ein- bis zweitgradigen hinteren Schublade. Jedoch lag die Beweglichkeit der Kniegelenke beidseits bei 0/0/135°. Auch vor der zweiten Operation am 18. Oktober 2011, also zu Beginn des Gesamtvergütungszeitraums, hatten sich die funktionellen Beeinträchtigungen in diesem Bereich befunden. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen von Prof. Dr. K., die gestützt werden durch die Zwischenberichte von Dr. B. über die Vorstellungen am 7. Juni und 5. Juli 2011. Damals hatte der Kläger zwar erhebliche Schmerzen nach der ersten Operation angegeben, dies allerdings beim Gehen und Stehen. Dr. B. beschrieb einen zufriedenstellenden postoperativen Heilungsverlauf, die Bandverhältnisse waren stabil, es bestand - lediglich - eine erhebliche Hypotrophie des Quadrizeps. Vor diesem Hintergrund kann für den damaligen Zeitraum keine MdE von mehr als 20 v.H. angenommen werden. Wie die genannten Erfahrungswerte ergeben, kommt eine MdE von 30 v.H. erst bei einer merklichen Einschränkung der Beugung (90°) und der Streckung (20°) in Betracht. Davon war der Kläger auch damals weit entfernt. Ob die von der Beklagten zuerkannte MdE um 20 v.H., die eigentlich eine Beugeeinschränkung auf unter 120° voraussetzt, angesichts der damaligen erheblicheren Instabilität im Kniegelenk überhaupt gerechtfertigt war, ist hier nicht zu entscheiden.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zahlung einer höheren Verletztenrente für den Gesamtvergütungszeitraum sowie die Zahlung einer laufenden Verletztenrente für die Zeit danach.
Der 1963 geborene Kläger war zur Zeit des hier relevanten Arbeitsunfalls als Arbeiter bei einer Zulieferin der Automobilindustrie (Kfz-T.) beschäftigt und in dieser Eigenschaft bei der beklagten Berufsgenossenschaft (Beklagte) gesetzlich unfallversichert.
Am 27. Januar 2011 fuhr dem Kläger während seiner Arbeit ein Gabelstapler von hinten gegen die Beine. Der Kläger stürzte. Er konnte nicht allein aufstehen.
Nach seinem Transport in ein Krankenhaus diagnostizierte der Durchgangsarzt (D-Arzt) Prof. Dr. A. eine Knieprellung beidseits, eine Mittelfußprellung rechts und eine Distorsion des oberen Sprunggelenks (oSG) links. Der Röntgenbefund war unauffällig (D-Arzt-Bericht vom Unfalltag). In dem Zwischenbericht vom 31. Januar 2011 teilte D-Arzt Dr. R. mit, bei ansonsten unauffälligen Verhältnissen auch an Knochen und Bändern bestehe der Verdacht auf (V.a.) einen Kniebinnenschaden links, der Kläger werde in die besondere Heilbehandlung übernommen. Eine kernspintomografische Untersuchung (MRT) bei Dr. K. am 4. Februar 2011 ergab eine subtotale Ruptur des hinteren Kreuzbandes (HKB) im tibialen Ansatzbereich und eine Rissbildung im Innenmeniskushinterhorn links. Der Außenmeniskus und die anderen Bänder waren unauffällig. Es bestehe eine nur geringe Chondropathie Grad II. Der Kläger wurde zunächst konservativ behandelt. In dem Zwischenbericht vom 22. März 2011 berichtete Dr. B. (Sportklinik Stuttgart) als D-Arzt von einer deutlichen Beschwerdebesserung und bezeichnete die HKB-Ruptur als ausgeheilt, es sei nur noch weitere Physiotherapie notwendig. Eine stufenweise Wiedereingliederung mit zunächst 4 Stunden am Tag könne am 4. April 2011 beginnen. Bei einer weiteren Vorstellung am 12. April 2011 klagte der Kläger jedoch über starke Schmerzen am linken Knie seit der Wiederaufnahme der Arbeit. Ein weiteres MRT am 14. April 2011 ergab keine neuen Befunde, das HKB sei narbig stabil verheilt, das VKB intakt, ferner bestehe eine - unfallunabhängige - Chon¬dromalazie im medialen Kompartiment und retropatellar.
Am 11. Mai 2011 führte die Sportklinik Stuttgart, Dr. B., eine arthroskopische Operation durch. Nach dem OP-Bericht wurden präoperativ ein Innenmeniskushinterhorneinriss und eine Chondromalazie Grad I bis II auch retropatellar am linken Knie diagnostiziert. Durchgeführt wurden eine Chondroplastik und eine Refixation des Innenmeniskushinterhorns. Bei den Vorstellungen am 7. Juni und 5. Juli 2011 gab der Kläger starke Beschwerden an, vor allem Schmerzen beim Gehen und Stehen. Dr. B. beschrieb einen zufriedenstellenden postoperativen Heilungsverlauf, die Bandverhältnisse seien stabil, es bestehe eine erhebliche Hypotrophie des Quadrizeps. Er verordnete weitere Physiotherapie.
Bei gleichbleibenden Beschwerden diagnostizierte Dr. B. am 27. September 2011 eine Insuffizienz des HKB links. Daraufhin wurde der Kläger am 18. Oktober 2011 erneut in der Sportklinik Stuttgart operiert. Der Entlassungsbericht vom 20. Oktober 2011 nannte als Diagnose eine chronische Instabilität des HKB links und teilte mit, bei der arthroskopischen Operation sei eine Semitendinosus- und (Allograft-)Gracilis-Sehnen-Ersatzplastik eingesetzt worden. Der postoperative Verlauf sei problemlos gewesen. Bei der Nachschau bei Dr. B. am 15. November 2011 gab der Kläger an, beschwerdefrei zu sein. Nach weiter regelgerechtem Heilungsverlauf begann er ab dem 5. Februar 2012 mit einer stufenweisen Wiedereingliederung mit zunächst 4 Stunden täglich (Zwischenbericht vom 6. Februar 2012).
Am 16. Februar 2012 teilte der Kläger der Beklagten telefonisch mit, er habe starke Schmerzen und breche daher die Wiedereingliederung ab. Ein MRT am 23. Februar 2012 bei Dr. K. ergab bei narbigen Veränderungen ein intaktes VKB und eine durchgängig darstellbare hintere HKB-Plastik sowie eine unverändert nachweisbare intrameniskale Rissbildung. Der Kläger stellte sich am 6. März 2012 direkt auf einer Geschäftsstelle der Beklagten vor, beschrieb die Beschwerden und wurde dort von Dr. Th. untersucht. Dieser schlug in seiner fachärztlichen Stellungnahme vom 8. März 2012 vor, wegen der erheblichen Muskelminderung vor einer weiteren OP das Bein aufzutrainieren, und führte aus, es sei im Augenblick nicht einzuschätzen, ob die persistierenden Beschwerden von den Unfallfolgen oder der Chondromalazie herrührten. In dem Zwischenbericht vom 17. April 2012 teilte Dr. B. mit, die Bänder seien stabil, es bestehe bei persistierenden Beschwerden noch eine Muskelminderung um 2 cm und die vorbekannte retropatellare Chondromalazie. Das linke Knie sei mit 0/0/150° normgerecht beweglich und stabil.
Ab dem 3. Mai 2012 absolvierte der Kläger eine stationäre Rehabilitation in der BG-Unfallklinik Tübingen. Bei der Aufnahme zeigte er ein leicht hinkendes Gangbild, es bestand eine Muskelminderung, die Beweglichkeit des linken Kniegelenks sei mit 0/5/110° (gegenüber 0/0/130° rechts) leicht eingeschränkt. Bei der Entlassung am 30. Mai 2012 lag die Beweglichkeit links bei 0/0/125°, die Kraft im Quadrizeps hatte sich verbessert, Schmerzen lagen nur noch beim Gehen treppabwärts vor. Es bestehe noch kurzfristig Arbeitsunfähigkeit, eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde nicht verbleiben (Bericht von Prof. Dr. K. vom 5. Juni 2012). Bei einer Vorstellung bei Dr. R. am 14. Juni 2012 war das Gangbild hinkfrei, die Beweglichkeit lag wieder bei 0/0/130°, es wurde eine stufenweise Wiedereingliederung ab dem Folgetag verordnet.
Im Auftrag der Beklagte erstattete Prof. Dr. K. das Gutachten vom 2. Juli 2012. Bei der Untersuchung lag noch eine Muskeldifferenz von 1 cm vor. Das Gangbild war ohne Befund. Es bestand eine deutliche Rotationsinstabilität dorso-lateral, das HKB zeigte einen sehr festen Anschlag mit einer ein- bis zweitgradigen hinteren Schublade. Die Beweglichkeit der Kniegelenke lag beidseits bei 0/0/135° (S. 23 Gutachten). Prof. Dr. K. sah den Riss des HKB als Unfallfolge. Die zweitgradige Chondropathie sei ein unfallunabhängiger Vorschaden, sie trete infolge der HKB-Verletzung verstärkt auf und werde zunehmend klinisch symptomatisch (werden). Die Ruptur des Innenmeniskushinterhorns beruhe - auch - auf der Degeneration. Heute bestehe als Unfallfolge noch eine leichte Instabilität des HKB mit verstärkter Knorpeldegeneration vor allem medial und retropatellar. Der Gutachter meinte, die Behandlungsbedürftigkeit bestehe fort, die MdE betrage seit der 26. Woche nach dem Unfall und weiterhin 20 v.H.
Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme bei Dr. Th. ein, der eine Gesamtvergütung bis Dezember 2012 für plausibel hielt, jedoch keine dauerhafte MdE darüber hinaus. Nachdem die Beklagte dies Prof. Dr. K. mitgeteilt und dabei auf die medizinischen Erfahrungs¬werte für die MdE-Bewertung von Instabilitäten und Arthrosen des Kniegelenks hingewiesen hatte, teilte der Gutachter unter dem 3. August 2012 ergänzend mit, er schließe sich der Auffassung an, dass eine MdE von 20 v.H. bis zum 31. Dezember 2012 bestehe.
Mit Bescheid vom 28. August 2012 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 27. Januar 2011 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v.H. bis zum 31. Dezember 2012. Darüber hinaus bestehe kein Anspruch auf Rente.
Der Kläger erhob Widerspruch. Er rügte, das Gutachten sei unbrauchbar, da der Gutachter ihn nur fünf bis zehn Minuten untersucht und ansonsten nur Akten studiert habe. Bei einer Nachschau bei Dr. B. am 4. September 2012 hatte der Kläger angegeben, er habe weiterhin Schmerzen und ein subjektives Schwellungsgefühl, vor allem nach fünf bis sechs Stunden Arbeit. Die Beweglichkeit betrage 0/0/150°, die Bänder seien klinisch intakt, es bestehe noch eine Hypertrophie der Quadrizepsmuskulatur gegenüber rechts. In einem weiteren Zwischenbericht vom 30. Oktober 2012 teilte Dr. B. mit, die Beschwerden hätten sich weiter verringert, die Muskelminderung links betrage nur noch 0,5 cm gegenüber rechts, der Kläger klage nunmehr auch über Schmerzen im rechten Knie, die weiterhin notwendige Physiotherapie habe er wegen der zeitlichen Doppelbelastung mit der Arbeit abgelehnt, die Behandlung zu Lasten der Beklagten sei zum Jahresende zu beenden, die Unfallfolgen bedingten voraussichtlich eine MdE um 10 v.H., die Beschwerden am rechten Knie (V.a. Chondromalazie) seien nicht unfallbedingt.
Die Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 22. November 2012. Das Gutachten von Prof. Dr. K. sei schlüssig und weise keine Mängel auf.
Hiergegen hat der Kläger am 21. Dezember 2012 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben (S 6 U 4382/12). Nachdem die Beklagte mitgeteilt hat, dass das Verwaltungsverfahren wegen einer Dauerrente noch andauere, hat das SG auf Antrag beider Seiten am 11. April 2013 das Ruhen des Klageverfahrens angeordnet.
Prof. Dr. K. erstattete im Auftrag der Beklagten das Gutachten vom 27. Januar 2013 Er sah einen regelgerechten Befund nach der Ersatzplastik des HKB. Die Funktion der Muskulatur habe sich gegenüber der früheren Untersuchung weiter verbessert, das linke Bein weise ein Defizit von 1,5 cm auf, wobei das rechte Bein das Standbein sei. Die Beweglichkeit sei seitengleich frei (0/0/145°). Das Kniegelenk sei stabil. Der Kläger habe angegeben, in den letzten Wochen hätten sich die Schmerzen (wieder) verschlimmert. Dies sei zuverlässig auf die beginnende Arthrose zurückzuführen, wobei auch eine etwas depressive Grundhaltung vorliege, welche die Schmerz-symptomatik sicherlich überlagere. Die MdE betrage 10 v. H. ab dem 1. Januar 2013.
Mit Bescheid vom 30. April 2013 stellte die Beklagte fest, der Kläger habe wegen der Folgen des Unfalls vom 27. Januar 2011 für die Zeit vom 13. Juli 2011 bis 31. Dezember 2012 eine Gesamtvergütung nach einer MdE um 20 v.H. erhalten, ein Anspruch auf Rente über diesen Zeitraum hinaus bestehe nicht. Statt einer Rechtsbehelfsbelehrung enthielt dieser Bescheid den Hinweis, er werde Gegenstand des laufenden gerichtlichen Verfahrens, ein Widerspruch sei nicht erforderlich. Die Beklagte teilte den Bescheid auch dem SG mit.
Nachdem das SG unter dem 18. Juni 2013 mitgeteilt hat, der neue Bescheid regele einen anderen Zeitraum und werde daher nicht in das laufende Verfahren einbezogen, hat der Kläger Widerspruch erhoben, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29. November 2013 zurückgewiesen hat.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 23. Dezember 2013 ebenfalls Klage beim SG erhoben (S 6 U 4484/13).
Die Beklagte hat bereits am 18. Dezember 2013 das ruhende Verfahren wieder angerufen, das unter dem Aktenzeichen S 6 U 4451/13 fortgeführt worden ist.
Mit Beschluss vom 29. Januar 2014 hat das SG beide Verfahren unter dem Aktenzeichen S 6 U 4451/13 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Das SG hat den behandelnden Arzt des Klägers, Dr. K., schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser hat mit Schreiben vom 11. September 2014 mitgeteilt, er habe zuletzt eine Innenmeniskussymptomatik mit einer Beweglichkeit von 5/0/120° festgestellt, die MdE betrage vermutlich unter 10 v.H.
Sodann hat das SG von Amts wegen das fachorthopädische Gutachten bei Dr. B. vom 28. November 2014 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, das Gangbild des Klägers sei hinkfrei und abrollend, eine Schonhaltung sei nicht zu beobachten, orthopädische Hilfsmittel würden nicht benutzt, es lägen keine Meniskuszeichen und keine Schubladen vor, die Beweglichkeit der Kniegelenke betrage beidseits 0/0/140°, die Muskeldifferenz am linken Oberschenkel gegenüber dem rechten Standbein betrage zwischen 0,5 und 1,0, cm, der Kläger demonstriere die tiefe Hocke nur hälftig, richte sich aktiv, aber verlangsamt auf und gebe Schmerzen im linken Knie an. Das Röntgenbild ergebe eine regelgerechte Lage der Kreuzbandplastik ohne Zeichen einer signifikanten posttraumatischen Kniegelenksarthrose. Die Verletzungen nach dem Unfall seien ausgeheilt, die MdE habe bis zum 31. Dezember 2012 bei 20 v.H. gelegen und betrage seitdem 10 v.H.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 17. März 2015 mitgeteilt, das Gutachten sei unbrauchbar, weil es sich in der Wiedergabe der Messdaten und des Behandlungsverlaufs erschöpfe und nicht ausreichend auf den Unfall an sich eingehe. Ferner sei Dr. B. nicht objektiv gewesen, weil er auf eine Prellung hingewiesen und sich sehr merkwürdig verhalten habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Mai 2015 hat das SG die Klage nach vorangegangener Anhörung abgewiesen. Beide Anträge seien zulässig, aber nicht begründet. Für den Zeitraum der Gesamtvergütung betrage die MdE allenfalls 20 v.H. Dies ergebe sich im Wesentlichen aus dem damaligen Gutachten von Dr. K ... Ab dem 1. Januar 2013 ließen ich keine funktionellen Einschränkungen mehr feststellen, die eine MdE von 20 v.H. nach sich ziehen könnten. Dies ergebe sich aus den übereinstimmenden Feststellungen und Schlussfolgerungen der Gutachter Prof. Dr. K. und Dr. B ...
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12. Juni 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) erhoben.
Der Senat hat mit Schreiben vom 22. Juli 2015 auf die Präklusion verspäteten Vorbringens hingewiesen und Frist zur Begründung der Berufung bis 15. August 2015 gesetzt.
In der am 18. August 2015 eingegangenen Begründung führt der Kläger aus, die Gutachter gingen von falschen Anknüpfungstatsachen aus. Bei dem Unfall sei er auf die Knie gestürzt. Er habe sich eine klassische Dreh-Sturz-Verletzung zugezogen. Er habe dabei einen isolierten Meniskusriss erlitten. Ferner hält der Kläger daran fest, das Gutachten von Dr. B. sei nicht verwertbar, weil es unsubstanziiert sei.
Er beantragt (teilweise sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 13. Mai 2015 sowie den Bescheid vom 28. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 13. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2012 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 30 vom Hundert zu gewähren und den Bescheid vom 30. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Januar 2013 eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 vom Hundert zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und ihre Entscheidungen.
Der Senat hat am 3. Dezember 2015 darauf hingewiesen, dass der Unfall als solcher anerkannt sein dürfte und bestimmte Gesundheitsschäden als Unfallfolgen nicht Gegenstand des Verfahrens seien, ferner darauf, dass Dr. B. auch den Meniskusschaden als Unfallfolge gewertet habe und gleichwohl - zu Recht - eine MdE unter 20 v.H. gesehen habe. Ferner hat der Senat Hinweise zur Verwertbarkeit des Gutachtens gegeben.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat sodann das unfallchirurgisch-ortho-pädische Wahlgutachten bei Prof. Dr. D. erhoben. Diesem Sachverständigen hat der Kläger denselben Unfallhergang geschildert wie im primären Durchgangsarztbericht dokumentiert. Er hat angegeben, er habe die Arbeit sofort einstellen müssen und sei bis Juli 2011 arbeitsunfähig und im Anschluss nach operativen Eingriffen und Rehabilitationsbehandlungen ab Juni 2012 wieder arbeitsfähig gewesen. Der Sachverständige hat bekundet, bei dem Kläger finde sich ein Varusstellung der Beine um 4 cm, die Bänder seien allesamt stabil, ein Erguss liege nicht vor, lokale Druckpunkte als Zeichen einer Meniskusläsion ließen sich nicht finden, auffallende Differenzen in der Muskelmasse der Beine lägen messtechnisch nicht vor, die Beweglichkeit der Kniegelenke betrage seitengleich 0/0/150°. Durch die krankengymnastische Behandlung habe die Oberschenkelmuskulatur wieder vollständig auftrainiert werden können, Umfangdifferenzen seien daher aktuell nicht mehr nachweisbar. Als Unfallfolgen seien ein Innenmeniskushinterhornriss sowie eine subtotale Ruptur des HKB und - zeitweise - eine hintere Kniegelenksinstabilität links zu verzeichnen. Die MdE habe bis Dezember 2012 auf 20 v.H. geschätzt werden können, seitdem liege allenfalls eine MdE von 10 v.H. vor.
Die Beklagte hat sich unter dem 27. September 2016, der Kläger mit Schriftsatz vom 26. September 2016 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sacherhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung im Einvernehmen mit beiden Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung ist statthaft (§ 143 SGG), insbesondere war sie mit beiden Klageanträgen nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, denn für beide Zeiträume (13. Juli 2011 bis 31. Dezember 2012 sowie ab dem 1. Januar 2013) begehrt der Kläger eine laufende Sozialleistung für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist auch zulässig, insbesondere form- und fristgerecht im Sinne von § 151 Abs. 1 SGG erhoben.
Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklagen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer höheren Verletztenrente als vorläufige Entschädigung für die Zeit vom 13. Juli 2011 bis 31. Dezember 2012 sowie zur Gewährung einer Verletztenrente auf unbestimmte Zeit ab dem 1. Januar 2013 abgewiesen.
Beide Klagen sind zwar zulässig.
Insbesondere ist jeweils ein Vorverfahren durchgeführt worden. Dieses war nach § 78 Abs. 1 SGG notwendig, weil der Bescheid über die Gewährung oder die Ablehnung einer Dauerrente ab dem 1. Januar 2013 einen anderen Zeitraum betraf als der Bescheid über die Gewährung einer Rente als vorläufige Entschädigung im Rahmen einer Gesamtvergütung bis zum 31. Dezember 2012, sodass er nicht nach § 96 Abs. 1 SGG in das schon anhängige erstinstanzliche Gerichtsverfahren wegen einer höheren Rente als vorläufiger Entschädigung einging. Die Situation hier ist anders, als wenn ein Unfallversicherungsträger zusammen mit der Ablehnung einer Dauerrente eine laufende Rente als vorläufige Entschädigung auch entzieht, dort greift § 96 Abs. 1 SGG ein (Urteil des Senats vom 26. März 2015 – L 6 U 3485/13 –, juris, Rz. 25). Hier überlappen sich die beiden streitigen Zeiträume nicht.
Der Bescheid vom 30. April 2013 über die Ablehnung einer Dauerrente entfaltete auch eigenständige Regelungswirkung (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Beklagte hatte nicht schon in dem früheren Bescheid vom 28. August 2012 über eine Dauerrente entschieden. Sie hatte zwar dort auch ausgeführt, dass über den 31. Dezember 2012 hinaus "kein Rentenanspruch" bestehe. Aus dem Zusammenhang ihrer Darlegungen (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) ergibt sich jedoch, dass sie damit auch nach dem Empfängerhorizont nur den Zeitraum der Rente als vorläufiger Entschädigung bzw. das Ende des Gesamtvergütungszeitraums meinte.
Die Klagen sind aber nicht begründet. Die geltend gemachten Ansprüche bestehen nicht, weswegen sich auch die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig erweisen.
Rechtsgrundlage des Anspruchs auf eine Verletztenrente ist § 56 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet, bei einer bloßen Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wird eine Teilrente in Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente geleistet, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII). Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Hierfür ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher entscheidend, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (vgl. zu allem BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 15; Urteil des Senats vom 26. März 2015 – L 6 U 3485/13 –, juris, Rz. 32).
Für die Rente als vorläufige Entschädigung gilt nichts grundsätzlich Anderes. Gemäß § 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII soll der Versicherungsträger die Rente während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall vorläufig feststellen, weil der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann. Die Dauer der Gewährung ist bis zum Erlass des Bescheides über die Dauerrente gemäß § 62 Abs. 2 Satz 2 SGB VII befristet (BSG, Urteil vom 16. März 2015 - B 2 U 2/09 - juris, Rz. 19; Urteil des Senats, a.a.O., Rz. 26). Ob die Rente als vorläufige Entschädigung laufend oder nach § 75 Satz 1 SGB VII als Gesamtvergütung geleistet wird, hängt nicht von der Höhe der MdE ab, sondern von der Erwartung, ob im Anschluss an den Gesamtvergütungszeitraum weiterhin Rente zu leisten ist oder nicht.
Vor diesem Hintergrund hat der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere als die bereits festgestellte Rente als vorläufige Entschädigung bis zum 31. Dezember 2012 und keinen Anspruch auf Rente auf unbestimmte Zeit ab dem 1. Januar 2013.
Nach den genannten Erfahrungswerten beträgt bei einer Schädigung der Kreuzbänder (VKB oder HKB) in einem Knie die MdE 10 v.H. bei einer endgradigen Behinderung der Beugung oder Streckung, mit aber muskulär kompensierbaren instabilen Bandverhältnissen. Sie beträgt 20 v.H. bei der gleichen Einschränkung, wenn - auch - eine Seitenbandinstabilität vorliegt, die muskulär nicht kompensierbar ist. Eine MdE von 30 v.H. ist anzunehmen bei einer mittelgradigen Beeinträchtigung der Beweglichkeit (Einschränkung der Beugung auf bis zu 90° sowie ein Streckdefizit von 20°) und muskulär nicht kompensierbarer Instabilität mit der Notwendigkeit des Dauergebrauchs von Hilfsmitteln (Schönberger/Mehr¬tens/Va¬len¬tin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 653). Für die Schädigung eines Meniskus werden keine Erfahrungswerte vorgegeben, vielmehr kommt eine MdE ohnehin nur bei sekundären Knorpelschäden in Betracht, sie ist dann nach dem Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen zu schätzen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 669).
Auf dieser Basis bestand bei dem Kläger in der Zeit bis zum 31. Dezember 2012 keine MdE von mehr als 20 v.H. und für die Zeit danach liegt die MdE bei höchstens 10 v.H.
Bei dieser Einschätzung stützt sich der Senat im Wesentlichen auf die übereinstimmenden Feststellungen und Vorschläge des Behördengutachters Dr. K. und des Gerichtssachverständigen Dr. B., denen er sich anschließt. Ergänzend verweist der Senat auf die gleichlautenden Feststellungen und Schlussfolgerungen des vom Kläger benannten Wahlgutachters Prof. Dr. D ...
Zunächst ist festzustellen, dass das Gutachten von Dr. B. - wie auch das Wahlgutachten von Prof. Dr. D. - verwertbar ist. Unverwertbar ist ein Gutachten nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 412 Abs. 1 oder Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) nur dann, wenn es den Anforderungen an ein Sachverständigengutachten - unabhängig von seinem Ergebnis - nicht genügt oder wenn der Sachverständige "mit Erfolg abgelehnt" worden ist. Beide Fälle liegen hier nicht vor. Das Gutachten ist regelgerecht. Es ist wichtige Aufgabe eines orthopädischen Gutachters, die Bewegungsmaße festzustellen, gerade auch im Hinblick auf die genannten Erfahrungswerte. Ein Ablehnungsgesuch gegen Dr. B. hat der Kläger damals nicht angebracht, es wäre auch nach § 406 Abs. 2 ZPO verfristet gewesen, soweit es sich auf Umstände während der Begutachtung gestützt hätte. Dies hatte der Senat bereits unter dem 3. Dezember 2015 dargelegt, auf das damalige Schreiben wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Nur ergänzend weist der Senat daher darauf hin, dass der Vortrag des Klägers zu dem Ablauf der Begutachtung keinerlei Besorgnis der Befangenheit bei dem Sachverständigen begründen kann.
Für die Entscheidung in diesem Verfahren ist es nicht relevant, ob alle Funktionseinbußen des Klägers auf die Verletzung des HKB zurückzuführen sind oder einige davon auf den Einriss im Innenmeniskushinterhorn oder die Chondropathie im Bereich des linken Knies. Ebenso ist es nicht erheblich, ob einige dieser Gesundheitsschäden nicht im Sinne eines Wahrscheinlichkeitszusammenhangs auf den Unfall zurückzuführen sind. Dies gilt vor allem für die Chondropathie, die die gehörten ärztlichen Sachverständigen allenfalls im Sinne einer posttraumatischen Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens - worauf auch die inzwischen am anderen Knie aufgetretenen Beschwerden hindeuten - dem Unfall zugerechnet haben. Der Kläger hat keine bestimmten Unfallfolgen geltend gemacht, sondern begehrt allein eine Rente. Sofern aber selbst das Gesamtbild der Funktionsbeeinträchtigungen keine (höhere) MdE ergibt, ist nicht erheblich, ob nur ein Teil dieser Beeinträchtigungen unfallbedingt ist. Dies ist vorliegend der Fall. Daher waren auch keine weiteren Feststellungen zum genauen Ablauf des Unfalls notwendig.
Für die Zeit ab dem 1. Januar 2013 haben alle drei Sachverständigen übereinstimmend, im Einklang mit den vorliegenden ärztlichen Befunden und nachvollziehbar als Folgen des Unfalls - auf funktionellem Gebiet - allenfalls eine leichte Instabilität im linken Kniegelenk nach Einsatz der HKB-Plastik festgestellt. Es ist also zu einer fortlaufenden Verbesserung der Stabilität und damit der Funktion des linken Kniegelenkes gekommen. Daneben bestand noch eine geringfügige Muskeldifferenz wegen der Atrophie des Quadrizeps, die ab 2013 anfangs bis zu 1,0 cm betrug, zwischenzeitlich mit 0,5 cm gemessen wurde und bei der letzten Untersuchung bei Prof. Dr. D. überhaupt nicht mehr aufgefallen ist. Beweglichkeitseinschränkungen im linken Knie bestehen ebenfalls nicht, sondern eine - seitengleiche - Beweglichkeit des linken Kniegelenks von bis zu 0/0/150°. Hiernach liegt bei dem Kläger schon gar keine Bewegungseinschränkung, auch keine endgradige im Sinne der Erfahrungswerte (also eine restliche Beugefähigkeit zwischen 90° und 120°) vor. Eine MdE kann sich daher nur aus der verbliebenen Instabilität ergeben, obwohl die genannten Erfahrungswerte eine solche Instabilität - je nachdem, ob sie kompensiert wird oder nicht - nur als sekundäres Kriterium nennen und eigentlich durchgängig zunächst eine Bewegungseinschränkung verlangen. Jedenfalls ist es nicht zu beanstanden, dass die Sachverständigen für den Zustand ab Januar 2013 nur eine MdE von höchstens 10 v.H. vorgeschlagen haben, weil die Instabilität nahezu nicht mehr vorhanden ist. Die Muskelminderung im linken Oberschenkel war in diesem Zeitraum geringfügig und konnte nicht zu einer Erhöhung der MdE beitragen.
In der Zeit vom 13. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2012 lagen dagegen zwar noch weitergehende Funktionseinbußen vor. Bei der Untersuchung bei Dr. K. (Gutachten vom 2. Juli 2012) betrug die Muskeldifferenz noch etwa 1 cm, es bestand noch eine "deutliche" Rotationsinstabilität dorso-lateral und das HKB zeigte einen sehr festen Anschlag mit einer ein- bis zweitgradigen hinteren Schublade. Jedoch lag die Beweglichkeit der Kniegelenke beidseits bei 0/0/135°. Auch vor der zweiten Operation am 18. Oktober 2011, also zu Beginn des Gesamtvergütungszeitraums, hatten sich die funktionellen Beeinträchtigungen in diesem Bereich befunden. Dies entnimmt der Senat den Ausführungen von Prof. Dr. K., die gestützt werden durch die Zwischenberichte von Dr. B. über die Vorstellungen am 7. Juni und 5. Juli 2011. Damals hatte der Kläger zwar erhebliche Schmerzen nach der ersten Operation angegeben, dies allerdings beim Gehen und Stehen. Dr. B. beschrieb einen zufriedenstellenden postoperativen Heilungsverlauf, die Bandverhältnisse waren stabil, es bestand - lediglich - eine erhebliche Hypotrophie des Quadrizeps. Vor diesem Hintergrund kann für den damaligen Zeitraum keine MdE von mehr als 20 v.H. angenommen werden. Wie die genannten Erfahrungswerte ergeben, kommt eine MdE von 30 v.H. erst bei einer merklichen Einschränkung der Beugung (90°) und der Streckung (20°) in Betracht. Davon war der Kläger auch damals weit entfernt. Ob die von der Beklagten zuerkannte MdE um 20 v.H., die eigentlich eine Beugeeinschränkung auf unter 120° voraussetzt, angesichts der damaligen erheblicheren Instabilität im Kniegelenk überhaupt gerechtfertigt war, ist hier nicht zu entscheiden.
Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved