L 8 SB 943/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 11 SB 2505/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 943/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.02.2012 - B 9 SB 2/11 R - juris) entwickelten Grundsätze zur Feststellung des Merkzeichens „RF"" wegen eines gesundheitlich bedingten Härtefalls für Personen mit einem GdB von weniger als 80 sind auf die in Baden-Württemberg geltende aktuelle Rechtslage nicht übertragbar, insbesondere ist die Härtefallregelung in § 4 Abs. 6 RBStV nicht einschlägig (ebenso LSG Baden Württemberg, Urteil vom 07.08.2013 - L 3 SB 83/13 -).
2. Die Änderungen der Rechtsgrundlagen für die Feststellung des Merkzeichens „aG“ führten bis zu der am 30.12.2016 in Kraft getretenen Neuregelung in § 146 Abs. 3 SGB IX (Art. 2 Nr. 13 BTHG) grundsätzlich zu keinem anderem materiellen Ergebnis.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 04.03.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) sowie die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche (Merkzeichen) "aG" (Parkerleichterung wegen außergewöhnlicher Gehbehinderung) sowie "RF" (Befreiung/Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht) streitig.

Bei dem 1935 geborenen Kläger stellte das Landratsamt T. - Versorgungsamt - mit Bescheid vom 24.02.2011 wegen psychovegetativen Störungen und Schädigungsfolgen nach dem 1. SED-UnBerG (GdB 20), einer Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Gebrauchseinschränkung beider Füße und Polyarthrose (GdB 40), einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung und Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks (GdB 30), einer Depression, funktionellen Organbeschwerden, Schwindel und chronisches Schmerzsyndrom (GdB 30), einer Hochtonschwerhörigkeit und Ohrgeräuschen beidseits (GdB 20) sowie einer Prostatavergrößerung (GdB 10) den Gesamt-GdB mit 60 neu sowie erstmals das Merkzeichen "G" fest. Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch über den - soweit ersichtlich - nicht entschieden wurde. Wegen eines Anspruches nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (1. SED-UnBerG) wurde beim Kläger außerdem mit Ausführungsbescheid des Landratsamtes Z. (LRA) vom 10.06.2013 (eines Urteils des Sozialgerichts Dresden vom 20.12.2012) wegen eines psychoreaktiven Syndroms, einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung mit andauernder Persönlichkeitsveränderung ein Grad der Schädigungsfolgen (GdS) von 30 ab 01.05.2004 festgestellt und ihm Beschädigtenversorgung nach dem StrRehaG i.V.m. dem BVG bewilligt.

Am 06.03.2013 stellte der Kläger beim LRA einen Änderungsantrag auf Erhöhung des GdB sowie auf die Feststellung der Merkzeichen "aG" und "RF". Das LRA nahm ärztlich Unterlagen zu den Akten (ärztliches Attest Dr. S. vom 20.02.2013 und Befundbericht an das LRA vom 13.03.2013, Diagnosen: Zustand nach Prellung rechtes Knie 2009, knöchern konsolidierte distale Fibulafraktur links Typ Weber B/C 30.11.2012; Befundbericht Dr. Z. vom 21.03.2013 mit Tonaudiogramm vom 16.11.2011; Gutachten der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie E. vom 21.02.2010 an das Sozialgericht Dresden im Klageverfahren des Klägers S 13 VU 2/07). In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme der Versorgungsärztin Dr. Niebling vom 11.04.2013 wurde der GdB weiterhin mit 60 vorgeschlagen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Merkzeichen "aG" und "RF" verneint.

Mit Bescheid vom 19.04.2013 entsprach das LRA dem Antrag auf Neufeststellung des GdB sowie auf Feststellung der Merkzeichen "aG" und "RF" nicht.

Gegen den Bescheid vom 19.04.2013 legte der Kläger Widerspruch ein. Er machte wegen einer zusätzlich zu berücksichtigenden komplexen posttraumatischen Belastungsstörung mit andauernder Persönlichkeitsstörung als weitere Schädigungsfolge nach dem StrRehaG einen GdB von 80 geltend.

Mit Teil-Abhilfebescheid vom 01.08.2013 stellte das LRA beim Kläger den GdB mit 70 seit 06.03.2013 neu fest. Berücksichtigt wurden eine Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Gebrauchseinschränkung beider Füße und Polyarthrose (GdB 40), psychovegetative Störungen, seelische Störung, Schädigungsfolgen nach dem 1. SED-UnBerG (GdB 30), eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelsäulenverformung und Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks (GdB 30), eine Depression, funktionelle Organbeschwerden, Schwindel und chronisches Schmerzsyndrom (GdB 30), eine Hochtonschwerhörigkeit und Ohrgeräusche beidseits (GdB 20) sowie eine Prostatavergrößerung (GdB 10). Im Übrigen wurde der Widerspruch des Klägers vom Regierungspräsidium Stuttgart - Landesversorgungsamt - mit Widerspruchsbescheid vom 02.09.2013 zurückgewiesen. Die vorgenommene Erhöhung des GdB auf 70 gebe das Ausmaß der tatsächlich eingetretenen Änderung des Gesundheitszustandes des Klägers wieder. Eine weitere Erhöhung des GdB sowie die Zuerkennung der Merkzeichen "aG" und "RF" lasse sich nicht begründen.

Hiergegen erhob der Kläger am 19.09.2013 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er machte mit mehreren Schriftsätzen geltend, die Ablehnung der Anerkennung eines GdB von wenigstens 80 verbunden mit der Zumutung, an öffentlichen Veranstaltungen ständig teilzunehmen, sei nicht nachvollziehbar. Die psychischen Schäden eines "Hochbetagten" seien nach dem Gutachten von Frau Dr. E. neben den körperlichen Schäden umfassend zu würdigen. Er dürfe sich nicht mehr zutrauen, auf dem Weg zum Facharzt in den ihm eigenen "Igeltempo" auch nur die Straße der hiesigen Innenstadt gefahrlos zu überqueren. Das Sozialgericht Dresden habe das Vorliegen eines psychoreaktiven Syndroms sowie eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung mit andauernder Persönlichkeitsveränderung bestätigt. Unter anderem leide er unter einer Phobie, welche den Aufenthalt inmitten größeren Menschenansammlungen ausschließe. Beispielsweise könne er an öffentlichen Veranstaltungen nicht teilnehmen. In der Vergangenheit sei es zu Stürzen ungeklärter Ursache gekommen.

Das SG hörte behandelnde Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen an. Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. S. teilte in seiner Aussage vom 16.12.2013 den Behandlungsverlauf, die Befunde und die Diagnosen mit. Er verneinte das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens "aG"; zu einer Bewertung des GdB sah sich Dr. S. nicht in der Lage. Der HNO-Arzt Dr. Z. teilte in seiner Aussage vom 03.01.2014 mit, der Kläger habe sich zwischen Juli 2012 bis April 2013 zwei Mal in seiner Behandlung wegen einer Ohrreinigung bei Cerumen obturans befunden. Weitere Untersuchungen hätten nicht stattgefunden. Der Facharzt für Allgemeinmedizin, Sportmedizin und Chirotherapie Dr. G. teilte in seiner Aussage vom 23.04.2015 - unter Vorlage von ärztlichen Unterlagen - den Behandlungsverlauf und die wesentlichen Erkrankungen des Klägers mit. Er schätzte den Gesamt-GdB auf 80 ein und erachtete beim Kläger die Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" als nicht erfüllt sowie für das Merkzeichen "RF" als erfüllt an. Der Urologe Dr. A. teilte in seiner Aussage vom 27.08.2015 den Behandlungsverlauf und die Befunde mit. Er erachtete wegen einer Prostatavergrößerung einen GdB von 10 für angemessen. Zu einer Äußerung wegen der Voraussetzungen der Merkzeichen "aG" und "RF" sah sich Dr. A. nicht in der Lage.

Mit Gerichtsbescheid vom 04.03.2016 wies das SG die Klage ab. Die Feststellung des GdB von 70 sei nach der Beurteilung des Gerichtes nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichen "aG" und "RF" lägen nicht vor. Die Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" würden von den behandelnden Ärzten verneint. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" seien beim Kläger nicht erfüllt, da ein GdB von 80 nicht erreicht werde.

Gegen den dem Kläger am 09.03.2016 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die vom Kläger durch seinen nunmehrigen Prozessbevollmächtigten am 10.03.2016 eingelegte Berufung. Der Kläger hat zur Begründung vorgetragen, die Ansicht des SG sei für ihn nicht nachvollziehbar. Er sei nach wie vor der festen Überzeugung, dass bei ihm die Voraussetzungen für die Erhöhung des GdB sowie für die gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme der Merkzeichen "aG" und "RF" vorlägen. Der Kläger hat sich auf die Einschätzung des Dr. G. berufen. Es sei darauf hinzuweisen, dass sein Alter von über 80 Jahren und eine damit vorliegende Härtefallsituation auch zu berücksichtigen sei. Der Gerichtsbescheid sei nicht verhältnismäßig. Die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung mit bleibender Persönlichkeitsveränderung sei vom Versorgungsamt wider besseres Wissen nicht berücksichtigt worden.

Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 04.03.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 19.04.2013 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheids vom 01.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2013 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von 80 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Merkzeichen "aG" und "RF" seit dem 06.03.2013 festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hat zur Begründung vorgetragen, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Argumente, die zu einer Änderung der Beurteilung führen könnten. Die bisherige Feststellung des Gesamt-GdB von 70 sei bereits wohlwollend, zumal eine Doppelbewertung der auf psychischem Fachgebiet bestehenden Leiden erfolgt sei. Die Zuerkennung des Merkzeichens "RF" scheitere bereits daran, dass der Kläger weder seh- noch hörbehindert sei und ein GdB von wenigstens 80 nicht erreicht werde. Auch die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "aG" seien nicht gegeben.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die angefallenen Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf zwei Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide des Beklagten vom 19.04.2013 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheids vom 01.08.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.09.2013 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neufeststellung des GdB von 80 (1.), auf die Feststellung der gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "aG" (2.) sowie des Merkzeichens "RF" (3.). Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden.

1. Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Neufeststellung eines höheren GdB ist § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sich der GdB um wenigstens 10 erhöht oder vermindert. Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 m.w.N.). Die den einzelnen Behinderungen welche ihrerseits nicht zum so genannten Verfügungssatz des Bescheides gehören zugrunde gelegten Teil-GdB-Sätze erwachsen nicht in Bindungswirkung (BSG, Urteil vom 10.09.1997 - 9 RVs 15/96 -, BSGE 81, 50 bis 54). Hierbei handelt es sich nämlich nur um Bewertungsfaktoren, die wie der hierfür (ausdrücklich) angesetzte Teil-GdB nicht der Bindungswirkung des § 77 SGG unterliegen. Ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, muss durch einen Vergleich des gegenwärtigen Zustands mit dem bindend festgestellten früheren Behinderungszustand ermittelt werden.

Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).

Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetzliche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)

Im Vergleich zu dem im letzten Feststellungsbescheid vom 24.02.2011 mit einem GdB von 60 bewerteten Behinderungszustand des Klägers ist eine Änderung dahin eingetreten, dass der GdB nunmehr mit 70 ab dem 06.03.2013 festzustellen ist. Dem hat der Beklagte mit dem Teil-Abhilfebescheid vom 01.08.2013 Rechnung getragen. Eine Verschlimmerung des Behinderungszustandes des Klägers dahin, den GdB mit (mindestens) 80 festzustellen, wie er begehrt, kann nicht festgestellt werden.

Die auf psychischem Fachgebiet liegenden Behinderungen des Klägers sind zur Überzeugung des Senates mit einem Einzel-GdB von 40 zu bemessen. Nach den VG Teil B 3.7 ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.

Nach dem psychiatrischen Gutachten der Fachärztin E. vom 21.02.2010 (an das Sozialgericht Dresden) ist festzustellen, dass beim Kläger auf psychischem Fachgebiet stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit im Sinne der VG Teil B 3.7 vorliegen, die mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten sind. Nach den Befundbeschreibungen der Fachärztin E. im Gutachten ist ein Kontakt insgesamt herstellbar. Quantitative oder qualitative Bewusstseinsstörungen liegen beim Kläger nicht vor. Einschränkungen der Orientierung, der Mnestik, der Konzentration und Aufmerksamkeit werden im Gutachten nicht beschrieben. Halluzinationen, Wahnwahrnehmungen, Sinnestäuschungen, Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen, Ich-Störungen sowie ein paranoides Erleben bestehen nicht. Der etwas weitschweifige formale Gedankengang ist sonst ungestört. Der Kläger berichtete jedoch über Ängste vor engen und geschlossenen Räumen, in Dunkelheit, von Platzangst in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in kleinen Geschäften mit dem Problem, keine Luft zu bekommen, eines Engegefühls oder der Angst umzufallen. Weiter ist der Antrieb des Klägers etwas reduziert, die Stimmungslage sehr wechselhaft. Teilweise treten depressive Verstimmungszustände mit Grübeln, Gefühlen von Hoffnungslosigkeit und Leere, Wertlosigkeitsgefühle und Insuffizienzerleben auf, teils erhöhte Reizbarkeit bei Konfrontation mit Autoritäten sowie Unsicherheit. Schwere (psychische) Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten lassen sich nach diesen Befundbeschreibungen beim Kläger nicht feststellen. Hiervon geht auch die Fachärztin E. in ihrem Gutachten vom 21.02.2010 aus. Schwere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten hat die Fachärztin E. nicht diagnostiziert, sondern geht lediglich von einer Beeinträchtigung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit des Klägers aus. Sie gelangt für den Senat plausibel und nachvollziehbar auf psychischem Gebiet zu der Bewertung eines schädigungsbedingten GdS von 30 sowie einer davon schädigungsunabhängig bestehenden depressiven Symptomatik, der familiäre, anlassbezogene Probleme sowie berufliche Enttäuschungen zugrunde liegen, aus, für die sie einen GdB von 20 angemessen erachtet. Dieser Bewertung schließt sich der Senat an und bildet hieraus für die psychische Gesundheitsstörung des Klägers einen Einzel-GdB von 40. Dass sich der Kläger nicht in psychiatrischer Behandlung befindet und keine Medikamente einnimmt, ist im vorliegenden Einzelfall für die Bewertung des Einzel-GdB für den Senat nicht von Bedeutung. Nach den im Gutachten der Fachärztin E. beschriebenen Angaben des Klägers befand sich dieser in fachärztlicher Behandlung, die keinen Erfolg zeigte, wobei ihm auch eine weitere psychiatrische Behandlung fachärztlich nicht angeraten wurde, weshalb der Senat vorliegend aufgrund der fehlenden fachärztlichen Behandlung nicht auf einen fehlenden Leidensdruck des Klägers schließt, der der Bewertung des Einzel-GdB von 40 entgegen stünde (vgl. hierzu Senatsurteil vom 17.12.2010 - L 8 SB 1549/10 -, juris RdNr. 31), zumal der Kläger im Klageverfahren vorgetragen hat, sich ohne Erfolg um eine psychiatrische fachärztliche Behandlung bemüht zu haben. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass der Kläger keine Medikamente einnimmt. Dafür, dass sich seit der Begutachtung des Klägers durch die Fachärztin E. der psychische Gesundheitszustand des Klägers bedeutsam verschlimmert hat, gibt es keinen Anhaltspunkt und wird im Übrigen vom Kläger, insbesondere im Berufungsverfahren, in dem er rechtskundig vertreten ist, nicht substantiiert dargetan. Vielmehr hat Dr. G. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 23.04.2015 eine wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes des Klägers verneint. Der Senat sieht sich deswegen auch nicht gedrängt, zum psychischen Gesundheitszustand des Klägers von Amts wegen weitere Ermittlungen anzustellen, insbesondere den Kläger "ins Blaue hinein" begutachten zu lassen.

Die Funktionsbehinderung der Kniegelenke beidseits, die Gebrauchseinschränkung der Füße und die Polyarthrose sind weiterhin mit einem Einzel-GdB von 40 nicht zu niedrig bemessen. Zwar erlitt der Kläger nach dem letzten Feststellungsbescheid vom 24.02.2011 am 30.11.2012 eine distale Fibulafraktur links (Bericht Dr. S. vom 13.03.2013). Diese Fraktur ist nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. S. vom 16.12.2013 an das SG ohne Dislokation knöchern durchbaut. Die letzte Vorstellung des Klägers bei Dr. S. erfolgte am 18.02.2013. Dass beim Kläger wegen der distalen Fibulafraktur eine bleibende Funktionsbeeinträchtigung verblieben ist, die es rechtfertigt, für die unteren Extremitäten den Einzel-GdB auf über 40 festzustellen, beschreibt Dr. S. weder im Befundbericht vom 13.03.2013 an das LRA noch in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 16.12.2013 an das SG. Dem entsprechen auch die Angaben von Dr. G. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 23.04.2015, in der Dr. G. eine Funktionsbehinderung des Klägers aufgrund der Fibulafraktur nicht beschreibt. Vielmehr bestätigt er wegen einer Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, eine Gebrauchseinschränkung beider Füße und der Polyarthrose den GdB (weiterhin) mit 40. Auch sonst finden sich keine Anhaltspunkte die auf eine wesentliche Verschlimmerung der Funktionsbehinderung der unteren Extremitäten des Klägers hindeuten und werden im Übrigen vom Kläger auch dargetan.

Auch hinsichtlich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Wirbelsäulen-Verformung kann eine wesentliche Änderung nicht festgestellt werden, die es rechtfertigt, den Einzel-GdB von 30 zu erhöhen. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. G. vom 23.04.2015 bestehen beim Kläger mittelgradige schmerzhafte funktionelle Bewegungseinschränkungen in allen Wirbelsäulenabschnitten. Diese rechtfertigen, entgegen der Bewertung des Dr. G. keinen Einzel-GdB von 40. Nach den VG Teil B 18.9 ist bei Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11 -, veröffentlicht in juris und im Internet sozialgerichtsbarkeit.de). Dass beim Kläger Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in - wenigstens - zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen, beschreibt Dr. G. nicht. Schwere funktionelle Auswirkungen von Wirbelsäulenschäden in zwei Wirbelsäulenabschnitten lassen sich auch nach den sonst vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht feststellen. Hinsichtlich der Wirbelsäule des Klägers ist damit weiterhin von einem Einzel-GdB von (allenfalls) 30 auszugehen.

Eine zusätzlich zu berücksichtigende Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes lässt sich nicht feststellen. Eine GdB-relevante Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes wird weder von Dr. S. in seinem Befundbericht vom 13.03.2013 an das LRA noch in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 16.12.2013 an das SG beschrieben. Entsprechendes gilt auch für die Angaben des Dr. G. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 23.04.2015, der zwar eine Bewegungseinschränkung im Schultergelenk rechts bezüglich der Seit- und Vorwärtsbewegung nennt. Dass die Bewegungseinschränkung im Schultergelenk rechts in GdB-relevantem Ausmaß vorliegt, beschreibt Dr. G. nicht. Er hat auch in seiner schriftlichen Zeugenaussage eine zusätzliche mit einem Einzel-GdB zu berücksichtigende Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenkes nicht moniert.

Weiter ist hinsichtlich der Schwerhörigkeit des Klägers mit Tinnitus eine wesentliche Änderung, die die Feststellung eines höheren Einzel-GdB als 20 rechtfertigt, nicht festzustellen. Nach der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage von Dr. Z. vom 03.01.2014 befand sich der Kläger (außer wegen einer Ohrreinigung) bei Dr. Z. nicht zur Behandlung bzw. zur Untersuchung, was gegen eine Verschlimmerung der Schwerhörigkeit und des Tinnitus spricht. Nach dem dem Befundbericht vom 21.03.2013 beigelegten Tonaudiogramm vom 16.11.2011 errechnet sich nach den VG Teil B 5.2.2 (4-Frequenztabelle nach Röser 1973) beidseits ein prozentualer Hörverlust von ca. 35 %, der nach den VG Teil B 5.2.4 mit einen Einzel-GdB von 15 zu bewerten ist. Dieser Einzel-GdB wird durch Ohrgeräusche nicht auf 20 erhöht. Vielmehr hat Dr. Z. in seinem Befundbericht an das LRA vom 21.03.2013 das Bestehen von Ohrgeräuschen verneint.

Schließlich kann auch nicht festgestellt werden, dass beim Kläger auf urologischem Fachgebiet eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Vielmehr hat Dr. A. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 27.08.2015 an das SG hinsichtlich der Prostatavergrößerung der Bewertung des GdB mit 10 (weiterhin) zugestimmt. Soweit beim Kläger außerdem (neu) eine erektile Dysfunktion aufgetreten ist, wird diese nach den Angaben von Dr. A. medikamentös behandelt, weshalb eine GdB-relevante Behinderung wegen der erektilen Dysfunktion nicht festzustellen ist. Hiervon geht auch Dr. A. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage aus, der wegen der erektilen Dysfunktion einen zu berücksichtigenden GdB nicht angenommen hat.

Sonstige als wesentliche Änderung neu hinzugetretene GdB-relevante Gesundheitsstörungen sind den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen nicht zu entnehmen und werden im Übrigen vom Kläger auch nicht dargetan.

Hiervon ausgehend ist beim Kläger der Gesamt-GdB nicht über 70 festzustellen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt.

Hiervon ausgehend ist bei der Bildung des Gesamt-GdB der auf psychiatrischem Gebiet bestehende Einzel-GdB von 40 zu berücksichtigen. Dieser wird durch die mit einem Einzel-GdB von (allenfalls) 40 zu bewertende Funktionsbehinderung der unteren Extremität des Klägers sowie die mit einem Einzel-GdB von (allenfalls) 30 für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Wirbelsäulen-Verformung auf (allenfalls) 70 erhöht. Die mit einem Einzel-GdB von 15 zu bewertende Schwerhörigkeit des Klägers erhöht den Gesamt-GdB nicht (vgl. Rechtsprechung des Senats, Urteil vom 26.09.2014 - L 8 SB 4361/12 -, m.w.N., nicht veröffentlicht). Entsprechendes gilt für die mit einem GdB von 10 zu bewertenden Gesundheitsstörungen des Klägers auf urologischem Fachgebiet (Prostatavergrößerung). Sonstige zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen liegen beim Kläger nicht vor. Ein Gesamt-GdB von 80, wie der Kläger geltend macht, wird damit nicht erreicht. Der abweichenden Bewertung des Dr. G. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 23.04.2015, der beim Kläger einen Gesamt-GdB von 80 für gerechtfertigt erachtet, kann nicht gefolgt werden. Dr. G. legt seiner GdB-Bewertung hinsichtlich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Wirbelsäulenverformung (GdB 40) der Schwerhörigkeit mit Tinnitus (GdB 20) sowie der psychischen Beeinträchtigungen (GdB 40 und 30) GdB-Ansätze zugrunde, die nach dem oben Ausgeführten nicht gerechtfertigt sind, weshalb der Senat seiner Bewertung des Gesamt-GdB nicht zu folgen vermag. Soweit der Kläger (im Berufungsverfahren) geltend macht, sein Alter von über 80 Jahren sei insofern zu berücksichtigen, als eine damit verbundene Härtefallsituation vorliege, ist dieser Gesichtspunkt nach den VG Teil A Nr. 2c) bei der Bildung des GdB nicht bedeutsam. Danach setzt der GdB stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Allein physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen.

2. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "aG" ist § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) i.V.m. §§ 1 Abs. 4 und 3 Abs. 1 Nr. 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung vom 25.07.1991, zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 02.12.2006 (BGBl. I S. 2742). Danach ist das Merkzeichen "aG" festzustellen, wenn der behinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften ist.

Eine derartige straßenverkehrsrechtliche Vorschrift ist die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO) vom 26.01.2001 (BAnz S. 1419, berichtigt S. 5206). Nach Abschnitt II Nr. 1 der VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO sind als schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung insbesondere solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können, oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere schwerbehinderte Menschen, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem zuvor genannten Personenkreis gleichzustellen sind.

Der Kläger gehört unstreitig nicht zu dem ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gehbehinderten. Der Kläger kann dem genannten Personenkreis auch nicht gleichgestellt werden. Für den Senat steht fest, dass seine Gehfähigkeit nicht in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nicht nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in der VwV genannten Personen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann.

Bis zum 31.12.2008 waren die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 - B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1). Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten.

Zunächst konnte sich der Beklagte hinsichtlich der Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichen "aG" nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht auf die VG (Teil D Ziff. 3) berufen. Eine gesetzliche Ermächtigung für den Verordnungsgeber, die Grundsätze für die nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleiche durch Verordnung regeln zu können, enthielten nach Auffassung des Senats weder § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis 30.06.2011 bzw. § 30 Abs. 16 BVG in der ab 01.07.2011 gültigen Fassung, der nicht auf die im Schwerbehindertenrecht im SGB IX geregelten Nachteilsausgleiche verweist (vgl. Dau, jurisPR SozR 4/2009), noch andere Regelungen des BVG. Eine Rechtsgrundlage zum Erlass einer Verordnung über Nachteilsausgleiche war bislang auch nicht in den einschlägigen Vorschriften des SGB IX vorhanden. Die Regelungen der VG zum Nachteilsausgleich aG (und G) waren damit nach ständiger Rechtsprechung des Senats mangels entsprechender Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig (vgl. Urteile des Senats vom 23.07.2010 - L 8 SB 3119/08 - und vom 14.08.2009 - L 8 SB 1691/08 -, beide veröff. in juris und www.sozialgerichtsbarkeit.de; so auch der ebenfalls für Schwerbehindertenrecht zuständige 6. Senat des LSG Baden Württemberg, vgl. stellvertretend Urteil vom 04.11.2010 L 6 SB 2556/09, unveröffentlicht; offen lassend der 3. Senat, vgl. Urteil vom 17.07.2012 L 3 SB 523/12 unveröffentlicht). Rechtsgrundlage waren daher allein die genannten gesetzlichen Bestimmungen und die hierzu nach ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.

Ein Betroffener war danach gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 1. Halbsatz VwV-StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 23). Hierbei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschrift nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecke ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist: nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzung - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG SozR 3-3250 § 69 Nr. 1 und Urteil vom 29.03.2007 - B 9a SB 1/06 R-, juris).

Mit Wirkung zum 15.01.2015 hat jedoch der Gesetzgeber in § 70 Abs. 2 SGB IX eine Verordnungsermächtigung eingeführt und in § 159 Abs. 7 SGB IX eine Übergangsregelung getroffen (eingefügt durch Art. 1a des am 15.01.2015 in Kraft getretenen Gesetzes zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über einen Dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung und zur Aufhebung des Beschlusses 2003/174/EG vom 07.01.2015; BGBl. II S. 15).

§ 70 Abs. 2 SGB IX in der Fassung vom 07.01.2015 lautet nunmehr: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Von der Verordnungsermächtigung ist bislang kein Gebrauch gemacht worden.

Nach der ebenfalls am 15.01.2015 in Kraft getretenen Übergangsregelung des § 159 Abs. 7 SGB IX in der Fassung vom 07.01.2015 gelten, soweit noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 erlassen ist, die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des Bundesversorgungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend.

Nach Auffassung des Senats hat der Gesetzgeber mit der Übergangsregelung des § 159 Abs. 7 SGB IX ab dem 15.01.2015 wirksam und mit hinreichend bestimmtem Gesetzeswortlaut eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "aG" geschaffen. Die so geschaffene Rechtsgrundlage für die Feststellung des Merkzeichens "aG" entfaltet jedoch keine Rückwirkung, sondern ist erst ab dem Datum des Inkrafttretens am 15.01.2015 wirksam (Urteil des Senats vom 22.05.2015, - L 8 SB 70/13 -, juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Folglich stellt der Senat für die Zeit bis zum 31.12.2008 auf die AHP, bis 14.01.2015 auf die von der Rechtsprechung für die Feststellung des Merkzeichens "aG" entwickelten Kriterien und für die Zeit ab dem 15.01.2015 auf die in den VG geregelten Kriterien ab.

Vorliegend führt ein Abstellen auf die AHP bzw. die VG oder die für die Feststellung des Merkzeichens "aG" entwickelten Rechtsprechungskriterien jedoch zu keinen anderem Ergebnis für den Kläger im streitigen Zeitraum, auch nicht zeitweise. Denn bei Anlegung dieser Maßstäbe kann im gesamten streitigen Zeitraum nicht festgestellt werden, dass das Gehvermögen des Klägers außergewöhnlich herabgesetzt ist und der Kläger dem genannten Personenkreis gleichgestellt werden kann.

Dass die Gehfähigkeit des Klägers in einem Ausmaß eingeschränkt ist, die es rechtfertigt, nach den oben dargestellten Kriterien das Merkzeichen "aG" zu zuerkennen, kann nicht festgestellt werden. Vielmehr haben die den Kläger behandelnden Ärzte Dr. S. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 16.12.2013 (auf orthopädischem Fachgebiet) sowie Dr. G. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 23.04.2015 beim Kläger übereinstimmend das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" als nicht erfüllt angesehen. Dr. G. hat mitgeteilt, dass der Kläger in der Lage ist, nicht nur sehr kurze Strecken zurückzulegen und hat bestätigt, dass er einem Doppeloberschenkelamputierten nicht gleichzustellen ist. Auch den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Kläger die dargestellten Kriterien für die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" tatsächlich erfüllt.

Soweit mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG, BGBl. Teil I 2016, Nr. 66) in § 146 Abs. 3 SGB IX eine neue Rechtsgrundlage für das Merkzeichen "aG" geschaffen wurde (Art. 2 Nr. 13 BTHG), die seit 30.12.2016 in Kraft getreten ist (Art. 26 Abs. 2 BTHG), ergibt sich auch ab diesem Zeitpunkt kein Anspruch des Klägers auf Feststellung des Merkzeichens "aG". § 146 Abs. 3 SGB IX in der neuen Fassung lautet: "Schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind Personen mit einer erheblichen mobilitätsbezogenen Teilhabebeeinträchtigung, die einem Grad der Behinderung von mindestens 80 entspricht. Eine erhebliche mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung liegt vor, wenn sich die schwerbehinderten Menschen wegen der Schwere ihrer Beeinträchtigung dauernd nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können ". Danach scheitert der auch für den Zeitpunkt ab 30.12.2016 geltend gemachte Anspruch auf Feststellung des Merkzeichens "aG" daran, dass kein GdB 80 vorliegt, geschweige denn eine allein mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung mit einem GdB 80 festgestellt werden kann.

3. Die Voraussetzungen des Merkzeichens "RF" sind nach § 69 Abs. 5 SGB IX i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 5 Schwerbehindertenausweis-Verordnung (SchwbAwV) landesrechtlich und daher in Baden-Württemberg für die Zeit bis 31.12.2012 in § 6 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags (RGebStV) vom 15.10.2004 geregelt, der ab dem 01.04.2005 in der Fassung des Gesetzes vom 17.03.2005 (GBl. S. 189) und seit dem 01.01.2009 in der Fassung des Zwölften Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 18.12.2008 (GBl. 2009, S. 131) gilt. Für die Zeit ab dem 01.01.2013 regelt dies nunmehr der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) vom 15.12.2010, der in Baden-Württemberg durch das Gesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Änderung medienrechtlicher Vorschriften vom 18.10.2011 (GBl S. 477 ff.) zum 01.01.2013 in Kraft gesetzt worden ist. Nach § 4 Abs. 2 RBStV wird bei gesundheitlichen Einschränkungen keine Befreiung mehr gewährt, es werden lediglich die Rundfunkbeiträge auf ein Drittel ermäßigt. Die medizinischen Voraussetzungen wurden jedoch nicht geändert. Gleichermaßen ist in § 4 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 RBStV, zuvor § 6 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 RGebStV, vorausgesetzt, dass es sich um - blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von (wenigstens) 60 vom Hundert allein wegen der Sehbehinderung (Nr. 1 bzw. Nr. 7. a), - hörgeschädigte Menschen, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist (Nr. 2 bzw. Nr. 7. b), oder - behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung nicht nur vorübergehend wenigsten 80 vom Hundert beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können (Nr. 3 bzw. Nr. 8), handelt.

Diese Voraussetzungen sind beim Kläger nicht erfüllt. Er hat keinen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der gesundheitlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "RF, weil er weder blind oder gehörlos noch ihm eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist und bei ihm weiter der GdB nicht wenigstens 80 beträgt. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 16.02.2012 - B 9 SB 2/11 R - juris) war bei einem Menschen mit Behinderung mit einem GdB unter 80 aber auch zu entscheiden, ob ein gesundheitlich bedingter Härtefall vorliegt. Ein solcher war nach der Rechtsprechung des BSG dann gegeben, wenn eine Person mit einem GdB von weniger als 80 wegen eines besonderen psychischen Leidens ausnahmsweise an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht mehr teilnehmen kann (BSG, a.a.O.). Diese auf das bayrische Landesrecht zum RdFunkGebBerfrV bezogene Rechtsprechung des BSG ist auf die vorliegende anzuwendende, aktuelle in Baden-Württemberg geltende Rechtslage jedoch nicht übertragbar. Insbesondere ist die Härtefallregelung in § 4 Abs. 6 RBStV nicht einschlägig. Danach hat unbeschadet der Beitragsbefreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV die Landesrundfunkanstalt in besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien. Ein Härtefall liegt danach insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 RBStV in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Danach bezieht sich die Härtefallregelung in § 4 Abs. 6 RBStV nur auf die Befreiung von der Beitragspflicht in sozialen Notlagen nach § 4 Abs. 1 RBStV, nicht jedoch auf die Ermäßigung nach § 4 Abs. 2 RBStV. Eine analoge Anwendung auch auf die Ermäßigung würde zu einem Wertungswiderspruch führen. Denn dann würde derjenige, bei dem kein GdB von wenigstens 80 festgestellt ist, von der Beitragspflicht befreit werden können, während der schwerbehinderte Mensch mit einem GdB von wenigstens 80 lediglich in den Genuss einer Ermäßigung des Rundfunkbeitrags käme (vgl. LSG Baden Württemberg, Urteil vom 07.08.2013 - L 3 SB 83/13 -, nicht veröffentlicht). Zudem ist der Landesrundfunkanstalt bei Härtefällen nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV - anders als in dem vom BSG (a.a.O.) entschiedenen Rechtsstreit - ein Ermessen nicht eröffnet, sondern hat von der Beitragsplicht zu befreien. Dass bei Ermäßigungsfällen - wie vorliegend streitig - eine Härtefallregelung nicht vorgesehen ist, begegnet im Hinblick auf den dem Normgeber eröffneten weiten Gestaltungsspielraum keinen Bedenken.

Darauf, ob der Kläger außerstande ist, wegen seiner Leiden an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen zu können, d.h. allgemein und umfassend von der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen (von Zusammenkünften politischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher und unterhaltender Art) ausgeschlossen zu sein, also allenfalls an einem nicht nennenswerten Teil der Gesamtheit solcher Veranstaltungen teilnehmen zu können, wie der Kläger meint und wovon Dr. G. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 23.04.2015 ausgeht, kommt es mithin nicht an und bedarf deswegen keiner näheren Erwägungen durch den Senat.

4. Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom Beklagten und vom SG durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmenden rechtlichen Bewertungen. Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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