L 11 KR 1086/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 3250/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1086/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.02.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist das Bestehen einer Familienversicherung der Klägerin streitig.

Der Beigeladene ist der Ehemann der Klägerin. Er ist bei der Beklagten freiwillig versichert (- im Folgenden Stammversicherter -). Ab 1990 war die Klägerin bei der Beklagten familienversichert. Die Klägerin bezog zumindest ab 01.01.2008 Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung.

In den jährlichen Fragebögen zur Familienversicherung wurde für die Zeit ab 01.01.2008 jeweils Arbeitsentgelt aus einer geringfügigen Beschäftigung (Minijob) wie folgt angegeben und vom jeweiligen Sachbearbeiter der Beklagten mit einem Namenskürzel am Rand der Eintragung versehen:

Für die Zeit ab Betrag Fragebogen eingegangen bei Beklagter am 01.01.2008 355,67 EUR 19.05.2009 01.01.2009 355,67 EUR 11.05.2010 01.01.2010 354 EUR 17.05.2011 01.01.2011 "Keine Veränderung" 16.05.2012 01.01.2012 "Keine Veränderung" 16.05.2013

Im Feld "regelmäßige Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes" wurde jeweils kein Betrag eingetragen.

Mit Schreiben vom 21.06.2013 (Bl. 46) teilte die Beklagte der Klägerin Einkommensgrenzen für die Familienversicherung mit und bat zur Prüfung des Anspruchs auf Familienversicherung um Übersendung des Einkommensteuerbescheides 2011 sowie der Jahresmeldungen des bestehenden Minijobs für die Jahre 2009, 2010 und 2011.

Aus den nachfolgend übersandten Jahresmeldungen ergaben sich Entgelte für die geringfügige Beschäftigung &61485; für das Jahr 2009 iHv 4.657 EUR (durchschnittlich je Monat 388,08 EUR), &61485; für 2010 iHv 4.693 EUR (durchschnittlich je Monat 391,08 EUR) und &61485; für 2011 iHv 4.661 EUR (durchschnittlich je Monat 388,42 EUR).

Der Einkommensteuerbescheid für 2008 wies für die Klägerin Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung aus, die in der Summe jedoch negativ waren. Der Einkommensteuerbescheid für 2009 wies Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von -1.005 EUR und Kapitalerträge iHv 2.086 EUR aus. Der Einkommensteuerbescheid für 2010 wies Einkünfte aus Kapitalvermögen iHv 1.251 EUR, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von -64 EUR und daher insgesamt für die Klägerin einen Gesamtbetrag der Einkünfte iHv 1.187 EUR aus.

Die Beklagte informierte die Klägerin telefonisch über die sich aus den Unterlagen ergebende Überschreitung der Einkommensgrenze für die Jahre 2009 und 2010 sowie über den Umstand, dass die Familienversicherung zum 31.12.2008 beendet werde. Die Klägerin machte darauf aufmerksam, dass sie die Steuerbescheide immer wegen der freiwilligen Versicherung ihres Ehemannes bei der Beklagten eingereicht habe und nie auf die Problematik angesprochen worden sei.

Mit Bescheid vom 26.06.2013 beendete die Beklagte die Familienversicherung rückwirkend ab 01.01.2009 und bot eine freiwillige Mitgliedschaft an. Im anschließenden Widerspruchsverfahren machte die Klägerin erneut geltend, dass alle Unterlagen regelmäßig fristgerecht zur Verfügung gestellt worden seien und sich auch aus dem Beitragsbescheid von Dezember 2012 hinsichtlich des Versicherungsverhältnisses keine Änderung ersichtlich sei. Mit Schreiben vom 25.07.2013 informierte die Beklagte die Klägerin ausführlich über die Voraussetzungen für eine Familienversicherung und das bei ihr vorliegenden Überschreiten der Einkommensgrenze. Die Beklagte stellte fest, dass eine Abhilfe des Widerspruchs nicht möglich sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.09.2013 die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung machte sie Ausführungen zu § 45 SGB X. Die Klägerin habe in den Fragebögen der Datenpflege zur Familienversicherung mehrmals die Einnahmen aus Kapitalvermögen nicht angegeben. Eine Berufung auf Vertrauensschutz sei deshalb nicht möglich.

Hiergegen hat die Klägerin am 19.09.2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Mit Urteil vom 11.02.2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klägerin rückblickend im streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 01.01.2009 nicht mehr alle Voraussetzungen für eine Familienversicherung erfülle. Denn sie habe als geringfügig Beschäftigte ein Gesamteinkommen von mehr als 400 EUR monatlich erzielt. Die Beklagte habe auch rückwirkend die Familienversicherung beenden dürfen, ohne dabei Vertrauensschutzgesichtspunkte beachten zu müssen. Sei - wie hier - zuvor kein entgegenstehender Verwaltungsakt ergangen, könne die Krankenkasse gemäß der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) und des Senats auch rückwirkend durch Bescheid feststellen, dass eine Familienversicherung in der Vergangenheit nicht bestanden habe, ohne die aus dem §§ 45, 48 Abs. 1 SGB X folgenden Einschränkungen beachten zu müssen. In der Aushändigung der Krankenversichertenkarte liege keine konkludente Entscheidung über das Versicherungsverhältnis. Ebenso wenig sei die Mitgliedsbescheinigung als Verwaltungsakt anzusehen. Diesbezüglich fehle es an einer Regelung. Die Mitgliedsbescheinigung bescheinige lediglich ein laufendes, bis dahin bestehendes Mitgliedschaftsverhältnis. Der Umstand, dass die Beklagte möglicherweise anhand der im Rahmen der Versicherung des Ehemannes eingereichten Einkommensteuerbescheide früher die Überschreitung der Einkommensgrenze hätte erkennen können, stehe der rückwirkenden Feststellung der Beendigung der Familienversicherung nicht entgegen. Allein die kraft Gesetzes eingetretene materiell-rechtliche Beendigung der Familienversicherung berechtige auch zur nachträglichen Feststellung durch die Beklagte.

Gegen das den Klägerbevollmächtigten am 24.02.2015 zugestellte Urteil haben diese am 23.03.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten am 12.07.2016 erörtert.

Die Klägerin trägt vor, dass alle Einkommensteuerbescheide jeweils fristgerecht bei der Beklagten vorgelegen hätten. Sie habe sich darauf verlassen dürfen, dass die Beklagte die Steuerbescheide korrekt und ausreichend geprüft habe. Die Richtigkeit der Angaben im Fragebogen sei jeweils von den Sachbearbeitern mit ihren Namenskürzeln auf dem Fragebogen bestätigt worden. Mit den Beitragsbescheiden an ihren Ehemann habe die Beklagte die Angaben zum Einkommen jeweils bestätigt. Dabei handle es sich um Statusbescheide. Die Beklagte habe jeweils auch signalisiert, dass sie weiterhin über ihren Ehemann beitragsfrei familienversichert sei. Die Beklagte habe sogar am 01.08.2013 eine elektronische Gesundheitskarte für die Familienversicherung übersandt. Zudem habe die Beklagte mit der Mitgliedsbescheinigung vom 22.04.1999 bestätigt, dass seit 07.05.1990 bis laufend eine Familienversicherung bestehe. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, die Durchführung der Familienversicherung rückwirkend aufzuheben. Denn bei der Durchführung handle es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt. Wenn man von einer Rechtswidrigkeit dieses Bescheides ausgehen sollte, so sei dies allein auf das Verschulden der Beklagten zurückzuführen. Die Klägerin könne sich auf Vertrauensschutz berufen. Sie habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht. Auch habe sie die vermeintliche Rechtswidrigkeit nicht infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.02.2015 und den Bescheid vom 26.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Familienversicherung durch das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen entstehe bzw ende. Hierzu bedürfe es keines Bescheides. Ein solcher Statusbescheid zur Feststellung des Vorliegens einer Familienversicherung sei hier auch nicht ergangen. Aber auch wenn § 45 SGB X zur Anwendung kommen sollte, könne sich die Klägerin nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie habe auf den Auskunftsbögen zu Familienversicherung ihre Zinseinkünfte nie angegeben. Steuerbescheide seien im Rahmen der Überprüfung der Familienversicherung nicht eingereicht worden.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalt und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 26.06.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2013, mit dem die Beklagte die Familienversicherung der Klägerin rückwirkend zum 01.01.2009 beendet hat. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Bescheid rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.

Die Beklagte hat zu Recht rückwirkend ab 01.01.2009 die über den Beigeladenen vermittelte Familienversicherung der Klägerin storniert. Die Klägerin ist als betroffene Angehörige des Stammversicherten selbst klagebefugt.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Verwaltungsakts ist insoweit § 10 SGB V in der Fassung vom 10.12.2008. Nach Abs 1 Satz 1 dieser Vorschrift sind in der gesetzlichen Krankenversicherung auch versichert der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen 1. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, 2. nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 oder nicht freiwillig versichert sind, 3. nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 außer Betracht, 4. nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und 5. kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 8a des Vierten Buches beträgt das zulässige Gesamteinkommen 400 Euro.

Die geringfügig beschäftigte Klägerin erfüllt - rückblickend - seit 01.01.2009 nicht mehr alle Voraussetzungen dieser Vorschrift, denn sie verfügte über Gesamteinkommen von mehr als 400 EUR.

Eine verbindliche Bestimmung des Gesamteinkommens enthält § 16 SGB IV (BSG 03.02.1994, 12 RK 5/92, SozR 3-2500 § 10 Nr 4). Danach ist das Gesamteinkommen die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommenssteuerrechts; es umfasst insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen. Im Einkommenssteuerrecht ist der Begriff der Summe der Einkünfte definiert: Nach § 2 Abs 1 Satz 1 EStG unterliegen sieben verschiedene Einkunftsarten der Einkommenssteuer, darunter Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung (§ 2 Abs 1 Satz 1 EStG).

Was als Einkünfte anzusehen ist, bestimmt § 2 Abs 2 EStG, nämlich bei drei Einkommensarten (Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit) der Gewinn, bei den übrigen, darunter auch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen, der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs 2 Nr 2 EStG).

Aus den Einkünften ergibt sich die Summe der Einkünfte, die nach § 2 Abs 3 EStG um den Altersentlastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und den Abzug nach § 13 Absatz 3 EStG (bzgl Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft) vermindert, den Gesamtbetrag der Einkünfte ergibt. § 16 Abs 1 SGB IV wollte insoweit zur Verwaltungsvereinfachung den fest umrissenen einkommenssteuerrechtlichen Begriff der Einkünfte übernehmen (st Rspr; BSG 22.06.1979, 3 RK 8/79, SozR 2200 § 205 Nr 23). Ein möglicher Verlustabzug nach § 10d EStG als Verlustrücktrag (§ 10d Abs 1 EStG) oder Verlustvortrag (§10d Abs 2 EStG) hat keine Auswirkungen auf den Gesamtbetrag der Einkünfte (BSG 16.05.2001, B 5 RJ 46/00 R, juris). Damit ist der Verlustabzug auch nicht beim Gesamteinkommen des § 16 SGB IV zu berücksichtigen. Dies ergibt sich schon aus der gesetzlichen Verweisung zur Ermittlung des Gewinns in § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG. Dort wird nur auf §§ 4 bis 7k und 13a EStG verwiesen und nicht auf § 10d EStG. Zudem erfolgt nach dem Wortlaut des § 10d EStG der Verlustabzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte und ist deshalb schon begrifflich nicht beim gesetzlich definierten Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs 3 EStG) zu berücksichtigen. § 10d EStG ist demnach auch keine allgemeine Gewinnermittlungsvorschrift.

Auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheides 2009 steht fest, dass bei der Klägerin im Jahr 2009 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv -1.005 EUR sowie aus Kapitalvermögen iHv 2.086 EUR und somit ein Gesamtbetrag der Einkünfte iHv 1.081 EUR vorlagen. Dies ergibt monatliche Einkünfte iHv 90,08 EUR.

Im Jahr 2010 lagen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv -64 EUR und Einkünfte aus Kapitalvermögen iHv 1.251 EUR laut Einkommensteuerbescheid 2010 vor und damit ein Gesamtbetrag der Einkünfte bei der Klägerin iHv 1.187 EUR. Dies ergibt monatliche Einkünfte iHv 98,92 EUR.

Zusätzlich zu diesen Einkünften bezog die Klägerin ausweislich den vorliegenden Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung im Jahr 2009 in Höhe von insgesamt 4.657 EUR (das sind monatlich 388,08 EUR) und im Jahr 2010 in Höhe von insgesamt 4.693 EUR (das sind monatlich 391,08 EUR). Bei diesen Einnahmen handelt es sich ebenfalls um Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG, auch wenn diese Einkünfte gemäß § 40a EStG pauschal versteuert worden sind. Denn die Pauschalversteuerung setzt zwangsläufig voraus, dass diese Einnahmen grundsätzlich steuerpflichtig sind (§§ 36, 38, 40a EStG). Der pauschal besteuerte Arbeitslohn und die pauschale Lohnsteuer bleiben nur bei einer Veranlagung zur Einkommensteuer und beim Lohnsteuer-Jahresausgleich außer Ansatz. Die pauschale Lohnsteuer ist weder auf die Einkommensteuer noch auf die Jahreslohnsteuer anzurechnen (§§ 40a Abs 5, 40 Abs 3 Sätze 3 und 4 EStG). Folglich sind bei der Ermittlung des Gesamteinkommens im Rahmen von § 10 SGB V beim Vorliegen von geringfügigen Beschäftigungen zusätzlich zum Einkommensteuerbescheid die Meldebescheinigungen zur Sozialversicherung zu berücksichtigen. Denn die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sind bei Vorliegen ausschließlich geringfügiger Beschäftigungen nicht im Einkommensteuerbescheid aufgeführt sind.

Im Ergebnis erzielte die Klägerin im Jahr 2009 demnach monatlich 478,16 EUR und im Jahr 2010 monatlich 490,00 EUR Gesamteinkommen und überschritt demnach ab 1.1.2009 die für sie geltende Grenze von 400 EUR.

Im vorliegenden Fall weichen die Angaben der Klägerin zur Höhe des Arbeitsentgelts aus einer geringfügigen Beschäftigung in den Fragebögen zur Datenpflege für die Familienversicherung von den Meldebescheinigungen geringfügig nach unten ab. Diese Abweichung resultiert ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Entgeltabrechnungen aus dem Bezug von Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Für den hier zu entscheidenden Fall ist es irrelevant, dass der jeweilige Sachbearbeiter das in den Fragebogen eingetragene Arbeitsentgelt an der Seite des Fragebogens mit dem jeweiligen Namenskürzel bestätigt hat. Letzteres unterstellt der Senat als richtig, auch wenn dies entgegen der Angaben der Klägerin nicht immer derselbe Sachbearbeiter gewesen ist. Denn für die Ermittlung des Gesamteinkommens ist ausschließlich die tatsächliche Höhe der Einkünfte maßgeblich. Im Übrigen überschreitet die Klägerin auch dann die für sie maßgebliche Grenze von 400 EUR, wenn der von ihr bzw ihrem Ehemann in den Fragebögen angegebene Wert zugrunde gelegt wird.

Zwar fordert das BSG im Urteil vom 07.12.2000 (aaO) bei der Feststellung des Bestehens bzw Nichtbestehens einer Familienversicherung als Statusentscheidung die nachträgliche Anwendung einer vorausschauenden Betrachtungsweise. Jedoch verweist der Senat auf seine Rechtsprechung, nach der es auf eine vorausschauende Betrachtungsweise bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (- im vom BSG entschiedenen Fall ging es nur um Einkünfte aus Kapitalvermögen -) nicht ankommt und es ausreicht, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass das Gesamteinkommen die maßgebliche Grenze überschritten hat (Urteil vom 14. Oktober 2013, L 11 KR 1983/12, juris; Urteil vom 14.02.2012, L 11 KR 4779/10, juris). Eine vorausschauende Betrachtungsweise stößt vor allem bei der Berücksichtigung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf besondere Schwierigkeiten, weil sich die Höhe der in Abzug zu bringenden Werbungskosten nur schwer vorhersagen lässt. Die bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mit einer Prognose verbundenen Unsicherheiten sind unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aller Versicherten nur schwer zu rechtfertigen. Hinzu kommt, dass die Familienversicherung trotz ihrer Eigenständigkeit von der Mitgliedschaft des Stammversicherten abhängt (Baier in Krauskopf, SozKV, § 10 SGB V RdNr 10), und darauf hat der Familienversicherte ohnedies keinen Einfluss. Zudem führt die rückwirkende Beendigung der Familienversicherung zu keinen unzumutbaren Auswirkungen für den Betroffenen, wenn als Ausgleich hierfür das Recht zum freiwilligen Beitritt so ausgestaltet wird, wie dies das BSG in der erwähnten Entscheidung (BSG 07.12.2000, aaO) angeregt hat. Für die Zeit ab 01.04.2007 kommt hinzu, dass mit dem Wegfall der Familienversicherung eine Versicherung nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB V in Betracht kommt.

Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise, wenn zusätzlich zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegen. Denn dann kann erst nach einer Saldierung der Einkünfte geprüft werden, ob die Einkommensgrenze des § 10 SGB V überschritten ist. So liegt der Fall hier. Erst die Summe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen führt bei der Klägerin zur Überschreitung der Einkommensgrenze.

Materiell-rechtlich hat demnach bei der Klägerin ab 2009 keine Familienversicherung mehr bestanden.

Ist zuvor kein entgegenstehender Verwaltungsakt ergangen, kann die Krankenkasse auch rückwirkend durch Bescheid feststellen, dass eine Familienversicherung in der Vergangenheit nicht bestanden hat, ohne aus den §§ 45, 48 Abs 1 SGB X folgende Einschränkungen beachten zu müssen (BSG 07.12.2000, B 10 KR 3/99 R, SozR 3-2500 § 10 Nr 19, SozR 3-2400 § 15 Nr 8).

So liegt der Fall hier. Bezüglich der Klägerin und dem Beigeladenen ist für den Senat kein Bescheid ersichtlich, der eine verbindliche Regelung im Hinblick auf das Bestehen der Familienversicherung der Klägerin getroffen hat. Bei den von der Klägerin mit der Klage vorgelegten Schreiben der Beklagten an den Stammversicherten handelt es sich ausschließlich um Beitragsbescheide. Eine Statusentscheidung bezüglich der Klägerin kann den Schreiben nicht entnommen werden. Die Übersendung der elektronischen Gesundheitskarte stellt keine verbindliche Regelung des Bestehens einer Familienversicherung dar, weil insoweit ein Regelungswille der Beklagten offensichtlich fehlt. Auch lässt sich dem Wortlaut des Schreibens vom 01.08.2013 sowie der Gesundheitskarte selbst keine Statusentscheidung entnehmen. Diesbezüglich liegt offensichtlich schlichtes Verwaltungshandeln vor.

Auch die Mitgliedsbescheinigung vom 22.04.1999 ist genauso wie ein Begrüßungsschreiben einer Krankenkasse grundsätzlich kein bindender Verwaltungsakt. Entscheidend ist insoweit, ob mit der Mitgliedsbescheinigung iS von § 31 S 1 SGB X eine Regelung mit Rechtswirkung nach außen bezüglich des Bestehens der Familienversicherung in der GKV getroffen wird. Dabei ist für die Auslegung der Bescheinigung maßgebend, wie der Empfänger sie ihrem objektiven Sinngehalt nach bei Empfang verstehen durfte. Auszugehen ist vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (BSG SozR 3-2200 § 306 Nr 2; BSG 27.06.2012, B 12 KR 11/10 R, SozR 4-2500 § 175 Nr 4). Der Wortlaut der Mitgliedsbescheinigung vom 20.4.1999 legt nahe, dass die Beklagte ausschließlich bis zum Ausstellungsdatum die Familienversicherung der Klägerin bescheinigen wollte. Der Senat kann offenlassen, ob diesbezüglich bis zum Ausstellungsdatum der Mitgliedsbescheinigung eine verbindliche Regelung bezüglich des Status der Klägerin getroffen wurde. Jedenfalls kann der Mitgliedsbescheinigung weder dem Wortlaut nach noch nach Sinn und Zweck eine Statusentscheidung für die Zukunft entnommen werden. Insoweit ist der Sachverhalt hier nicht mit dem der Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 31.10.2007 (L 11 KR 92/06) vergleichbar.

Eine explizite Statusentscheidung als Dauerverwaltungsakt auch mit Wirkung für die Zukunft wurde von der Klägerin nicht vorgelegt und ist auch aus der Verwaltungsakte nicht ersichtlich.

Die Familienversicherung ergibt sich kraft Gesetzes, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Liegt - wie hier- kein die Familienversicherung feststellender Verwaltungsakt vor, sind die Vorschriften der §§ 45 ff SGB X nicht anwendbar. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob die Voraussetzungen insbesondere des § 48 SGB X im vorliegenden Fall erfüllt sind. Es ist deshalb auch unerheblich, ob sich die Klägerin auf Vertrauensschutz berufen kann. Insbesondere kann der Senat offenlassen, welche Folgen sich daraus ergeben, dass die Sachbearbeitung der Beklagten jeweils im Fragebogen neben der Angabe der Höhe des Arbeitsentgelts aus geringfügiger Beschäftigung ein Namenskürzel gesetzt, die Klägerin auf den Fragebögen keine Angaben zu den Einkünften aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung gemacht und die Klägerin bzw der Stammversicherte die Einkommensteuerbescheide jeweils nach Erlass der Beklagten tatsächlich vorgelegt hat. Bezüglich Letzterem weist der Senat die Entscheidungsgründe nicht tragend darauf hin, dass die gleichzeitige Vorlage des jeweils maßgeblichen Steuerbescheides mit der Abgabe des Fragebogens zur Datenpflege der Familienversicherung nicht glaubhaft ist, weil die maßgeblichen Steuerbescheide erst nach Abgabe des Fragebogens überhaupt erlassen worden sind. Der Senat hat jedoch Zweifel, ob die Angabe der Einkünfte der Klägerin im Sinne des EStG im Fragebogen überhaupt erforderlich war, da in den Erläuterungen im Fragebogen ausgeführt ist, dass Einkünfte des Partners nicht anzugeben sind, wenn dieser Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist. Wie oben ausgeführt, kommt es hierauf jedoch nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Nr 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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