L 3 SB 25/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 59 SB 142/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 SB 25/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten haben ursprünglich darum gestritten, ob bei dem Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Eintragung des Merkzeichens "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) in den Schwerbehindertenausweis vorgelegen haben.

Bei dem 1930 geborenen Kläger war seit 1983 ein Grad der Behinderung (GdB), damals Minderung der Erwerbsfähigkeit, von 40 festgestellt.

Am 6. November 2008 beantragte der Kläger neben der Feststellung eines höheren GdB die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G". Mit Bescheid vom 10. März 2009 lehnte die Beklagte dies ab. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch hob die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2010 den Bescheid vom 10. März 2009 (teilweise) auf und stellte beim Kläger einen GdB von 50 fest und berücksichtigte dabei folgende Gesundheitsstörungen: - psychische Störung mit funktionellen Organbeschwerden - erektile Dysfunktion - Funktionsstörung der Wirbelsäule - Funktionsstörung beider Kniegelenke - Bluthochdruck - Gallensteinleiden Im Hinblick auf die vom Kläger geltend gemachte Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" wies die Beklagte den Widerspruch dagegen zurück.

Auf die am 25. März 2010 erhobene Klage hin hat das Sozialgericht ein Gutachten des Dr. N. eingeholt, welcher ausgeführt hat, dass beim Kläger zwar die bereits von der Beklagten festgestellten Gesundheitsstörungen mit einem Gesamt-GdB von 50 vorlägen, die Voraussetzungen für die Feststellung des gesundheitlichen Merkmals "G" jedoch nicht erfüllt seien. Mit Urteil vom 22. Mai 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" seien als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestünden, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingten. Darüber hinaus könnten die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirkten, z. B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden komme es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. So sei eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vor allem bei einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Herzleistung und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei wiederkehrenden hirnorganischen Anfällen oder hypoglykämischen Schocks bei Diabetes- (Zucker-) Kranken komme, abhängig von Art und Häufigkeit, die Annahme einer erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr in Betracht.

Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht. Beim Kläger seien keine sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule gegeben, ebenso wenig Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50, die sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirkten. Der Sachverständige habe nämlich an den Knien des Klägers keine schwerwiegenden Befunde festgestellt, sondern vielmehr eine gute Beweglichkeit und stabile Bandverhältnisse. Ein höherer Teil-GdB als 20 sei hierfür nicht festzustellen. An den Hüftgelenken seien keine sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Schäden festgestellt worden. An der Lendenwirbelsäule habe der Sachverständige allenfalls mittelgradige Funktionseinschränkungen vorgefunden. Diese seien unter Einbeziehung der festgestellten geringgradigen Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten. Auch inneren Leiden, die das Gehvermögen des Klägers entscheidend einschränkten, seien nicht vorhanden. Für den von dem Kläger benannten Schwindel habe sich eine Ursache bisher nicht finden lassen und dieser sei auch nicht gravierend, da er - anders als hirnorganische Anfälle und hypoglykämische Schocks - die Steuerungsfähigkeit nicht ausschließe und damit Vorsichtsmaßnahmen wie Hinsetzen oder Festhalten möglich blieben. Die Auswirkungen seien damit nicht mit diesen Anfallsleiden vergleichbar und rechtfertigten die Feststellung des Merkzeichens "G" auch unter diesem Gesichtspunkt nicht.

Der Kläger hat gegen das am 18. Oktober 2012 zugestellte Urteil am 5. November 2012 Berufung eingelegt. Mit Neufeststellungsbescheid vom 14. September 2015 hat die Beklagte bei dem Kläger ab 17. August 2015 einen GdB von 90 und das Vorliegen der Voraussetzungen der Merkzeichen "G", "B" (Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson) und "RF" (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) festgestellt und dabei als weitere Gesundheitsstörung eine Sehbehinderung mit einem Teil-GdB von 70 berücksichtigt. Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, er sei mit dem Verfahren so nicht einverstanden und wolle eine "entsprechende Entschädigung". Klagziel sei nunmehr eine Aufwandsentschädigung gegenüber dem Integrationsamt. Auf weitere Hinweise unter anderem zur Frage der Erledigung der Hauptsache hat der Kläger nicht mehr reagiert und ist auch zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

Dem Vorbringen des Klägers ist der Antrag zu entnehmen, das Integrationsamt zur Zahlung einer Aufwandsentschädigung zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Grundlage der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, über die die Berichterstatterin mit dem Einverständnis der Beteiligten an Stelle des Senats nach § 155 Abs. 4 in Verbindung mit Absatz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und in Abwesenheit des Klägers in mündlicher Verhandlung entscheiden konnte, weil dieser hierzu ordnungsgemäß am 10. Dezember 2016 geladen wurde, ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt. Sie ist indes unbegründet.

Das Berufungsgericht sieht nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage nach § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da die Berufung aus den in dem Urteil des Sozialgerichts vom 22. Mai 2012 dargelegten Gründen als unbegründet zurückgewiesen wird, soweit bei weiterhin eine Zuerkennung des Merkzeichens "G” ab November 2008 begehrt wird.

Soweit der Kläger nunmehr die Gewährung einer Aufwandsentschädigung seitens des Integrationsamtes begehrt, ist eine derartige Änderung der Klage unzulässig, § 99 SGG. Weder war das Integrationsamt bisher am Verfahren beteiligt, noch hat das Sozialgericht in erster Instanz über den nunmehr geltend gemachten Anspruch entschieden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Revision gegen dieses Urteil war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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