Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 SB 5841/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 669/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Januar 2016 aufgehoben, soweit er verpflichtet worden ist, bei der Klägerin die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab 26. März 2015 festzustellen, und die Klage auch insoweit abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind in beiden Instanzen zu einem Viertel zu erstatten.
Tatbestand:
Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die Verpflichtung zu den Feststellungen des Grades der Behinderung (GdB) mit 70 und der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr", also die Zuerkennung des Merkzeichens "G", seit 26. März 2015.
Die 1959 geborene Klägerin schloss nach dem Besuch der Hauptschule eine einjährige kaufmännische Berufsschule ab. Danach arbeitete sie bis 1983 bei verschiedenen Unternehmen als Kontoristin. Anschließend war sie bis 1996 nicht beruflich tätig. In der Folgezeit bis 2002 arbeitete sie wiederum bei verschiedenen Unternehmen, zuletzt als Raumpflegerin. Von 2004 bis 2008 war sie erneut arbeitslos. Seither bezieht sie eine Rente wegen Erwerbsminderung. Sie ist seit Anfang der 1990er Jahr geschieden. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor, der nicht bei ihr lebt. Sie bewohnt seit mehreren Jahren mit ihrer Schwester, die geistig beeinträchtigt ist und die Werkstätte für Menschen mit Behinderung besucht, eine Wohnung.
Bei der Klägerin war erstmals vom damaligen Versorgungsamt Stuttgart mit Bescheid vom 8. Januar 2002 der GdB mit 50 seit 17. Juli 2001 festgestellt worden. Gesundheitliche Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, also Merkzeichen, wurden demgegenüber nicht festgestellt, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Dem lag die Einschätzung der Versorgungsärztin Sch. zugrunde, wonach ein hirnorganisches Psychosyndrom, eine Depression und funktionelle Organbeschwerden mit einem Einzel-GdB von 40 sowie der Haarausfall, eine Hauterkrankung und eine Allergie mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten seien. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Polyarthralgien hätten demgegenüber nur einen Einzel-GdB von 10 zur Folge. Der Verwaltungsbehörde lag insbesondere das von Prof. Dr. F., Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, für das Amtsgericht Böblingen erstattete Gutachten, einschließlich des Zusatzgutachtens des Dipl.-Psychologen O., vor. Nach den Ausführungen von Prof. Dr. F. nach den ambulanten psychiatrischen und psychischen Untersuchungen der Klägerin am 3. und 6. März 1998 hätten sich im Rahmen der psychiatrischen Exploration nach dem klinischen Eindruck und psychischen Befund, wonach sie redselig, weitschweifig, umständlich und auffassungserschwert gewirkt habe, Anzeichen für eine hirnorganische Störung ergeben. Diese sei durch die testpsychologische Untersuchung bestätigt worden. Zwar liege der Intelligenzquotient mit 95 noch nicht im Bereich der Intelligenzminderungen. Gleichwohl untermauerten die auffälligen Testschwächen trotz fehlender anamnestischer Angaben die Verdachtsdiagnose einer frühkindlichen Hirnschädigung, nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10), Kodierung "F07.-", als Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns umschrieben. Durch die reduzierte Erfassung komplexer Situationen gerate die Klägerin sehr schnell in Überforderungssituationen, auf die sie mit Selbstunsicherheit und Depressivität reagiere. Die diagnostischen Kriterien einer depressiven Episode hätten zum Untersuchungszeitpunkt nicht vorgelegen.
Nachdem die Anträge auf Neufeststellung des GdB und Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" von Ende Januar 2008 abgelehnt worden waren (Bescheid vom 7. Mai 2008, Widerspruchsbescheid vom 24. September 2008), schlossen die Beteiligten im deswegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) geführten Klageverfahren S 2 SB 7029/08 in der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2012 einen Vergleich, wonach der GdB 60 ab 31. Januar 2008 beträgt. In Ausführung dieses Vergleiches erging der Bescheid vom 8. März 2012. Zugrunde lagen nunmehr auch Funktionsbeeinträchtigungen wegen eines Fibromyalgiesyndroms und eines chronischen Schmerzsyndroms. Die Klägerin hatte sich zwar zunächst mit Schreiben vom 22. Februar 2012 gegen den beim SG einen Tag zuvor geschlossenen Vergleich gewandt, schließlich aber das Verfahren S 2 SB 1465/12 im November 2012 für erledigt erklärt.
Am 10. April 2012 begehrte sie die Neufeststellung des GdB und abermals die Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G", woraufhin das Landratsamt Böblingen medizinische Befundunterlagen, einschließlich eines Berichtes von Dr. B., Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie sowie physikalische und rehabilitative Medizin, von Mai 2012, beizog. Über den stationären Aufenthalt der Klägerin in den Kurkliniken Baden-Baden berichtete der Ärztliche Direktor Prof. Dr. F., es seien eine Spondylitis ankylosans mit sekundärem Fibromyalgiesyndrom, eine auf dem aktuellen Magnetresonanztomogramm (MRT) ersichtliche Spondylitis im Bereich Th8 und Th9, degenerative Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrome mit multiplen Bandscheibenprotrusionen, auch -prolapse in den Abschnitten Th3 bis Th6, eine schwere Osteochondrose, eine drittgradige Chondromalazie im linken Kniegelenk sowie multiple Medikamentenunverträglichkeiten und Allergien diagnostiziert worden.
Dr. M.-T. ging in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Ende Mai 2012 daraufhin von einem Einzel-GdB von 30 für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und der Polyarthrose aus, ein Gesamt-GdB von 60 sei jedoch weiterhin gerechtfertigt. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" seien aus den medizinischen Dokumenten nicht ableitbar. Eine Vergleichbarkeit mit dem Verlust eines Beines im Unterschenkel sei nicht gegeben. Daraufhin lehnte das Landratsamt Böblingen die Begehren mit Bescheid vom 26. Juni 2012 ab. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2012 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 25. Oktober 2012 Klage beim SG Klage erhoben, welches schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei Dr. K., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Dr. B., Dr. M., Facharzt für Innere Medizin/Rheumatologie, Acura Kliniken Baden-Baden, Dr. R., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Dipl.-Psych. R. sowie Dr. F.-E., Fachärztin für Anästhesiologie und Spezielle Schmerztherapie eingeholt hat, welche im Februar 2013 und im Folgemonat vorgelegt worden sind.
Dr. K. hat ausgeführt, er folge nicht der versorgungsärztlichen Einschätzung, wonach die Klägerin in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt sei. Eine Gehstrecke von 2 km innerhalb von einer halben Stunde zurückzulegen sei ihr wegen der Beschwerden in den Bereichen der Lendenwirbelsäule sowie der Knie- und Sprunggelenke nicht möglich. Insoweit fielen insbesondere die Berichte von Dr. B. auf. Ein Gesamt-GdB von wenigstens 50 für die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule sowie der Knie- und Sprunggelenke sei gerechtfertigt. Insbesondere die Wirbelsäulenerkrankung sei als schwer einzustufen. Eine spezielle Untersuchung des Kniegelenkes sei von ihm allerdings nicht durchgeführt worden.
Dr. B. hat geäußert, im Gegensatz zur versorgungsärztlichen Einschätzung schränkten die bei der Klägerin bestehenden Leiden das Gehen erheblich ein. Es liege eine sehr ausgeprägte Fibromyalgie mit erheblichen physischen und psychischen Auswirkungen vor. Es sei keine isolierte Gesundheitsstörung, sondern die Kombination mit schweren degenerativen, aber auch entzündlichen Leiden der Wirbelsäule bei nur sehr begrenzter Wirksamkeit modernster Medikamente in Form von Enbrel. Außerdem bestehe ein psychisches Leiden mit Angststörung und phasenweise erregter Depression, was ebenfalls die Schmerz- und Stressbewältigung erheblich einschränke und die schmerzbedingten Behinderungen verSt.e, weswegen eine Kompensation der Fibromyalgie sehr erschwert sei. Darüber hinaus sei eine fortgeschrittene Arthrose im Bereich des linken Kniegelenkes zu berücksichtigen.
Dr. R. hat mitgeteilt, hinsichtlich des neurologischen Fachgebietes stimme sie der versorgungsärztlichen Einschätzung zu. Eine eindeutige neurologische Diagnose sei nicht zu stellen gewesen. Anfang März 2013 sei der neurologische Status unauffällig gewesen. Die Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus peronaeus sei mit 38 m/s grenzwertig gewesen. Ein verwertbares neurologisches Krankheitsbild habe somit nicht festgestellt werden können.
Dr. M. hat sich auf den Entlassungsbericht von Prof. Dr. F. über den stationären Aufenthalt der Klägerin im März 2012 und im Folgemonat in den Acura Kliniken Baden-Baden gestützt und ausgeführt, zum Zeitpunkt des stationären Aufenthaltes bedingten die Behinderungen der unteren Gliedmaßen und der Lendenwirbelsäule in der Gesamtschau der Erkrankungen mit führender aktiver rheumatologischer Grunderkrankung einen deutlichen GdB über 50, weshalb auch die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorgelegen hätten.
Dipl.-Psych. R. ist von einer Fibromyalgie mit dauernden erheblichen Funktionseinbußen und Beschwerden ausgegangen. Darüber hinaus leide die Klägerin an einem hirnorganischen Psychosyndrom und einer chronischen Depression, welche zu Störungen der Aufmerksamkeit, der Konzentrationsfähigkeit, der mnestischen Funktionen, des Affektes und der Motivation führten. Sie sei insbesondere im Bereich der außerfamiliären sozialen Integration und derjenigen am Arbeitsplatz eingeschränkt. Sie sei ängstlich kontrollierend, extrem misstrauisch, affektlabil und verletzlich, habe also eine sehr geringe Frustrationstoleranz. Hieraus resultiere eine mittelgradige soziale Anpassungsstörung.
Dr. F.-E. hat kundgetan, bislang seien die schweren degenerativen Veränderungen der gesamten Wirbelsäule und der beidseitigen Iliosakralgelenke im Rahmen des HLA-B27-positiven Morbus Bechterew nicht ausreichend gewürdigt worden. Hierfür sei mindestens ein GdB von 50 angemessen. Nicht beachtet worden seien auch die Gonarthrose und die degenerativen Erscheinungen des Sprunggelenkes, jeweils links, weswegen das Gehen stark schmerzhaft eingeschränkt sei.
Die Klägerin hat den Entlassungsbericht von Prof. Dr. F. über ihren weiteren stationären Aufenthalt in den Acura Kliniken Baden-Baden vom 24. September bis 3. Oktober 2013 vorgelegt, wonach die Aufnahme bei bekannter HLA-B27- positiver Spondyloarthritis bei bestehender Basistherapie mit Etanercept und weiterhin starken Schmerzen erfolgt sei. Durch diese Therapie habe sich bislang keine deutliche Besserung der Beschwerden gezeigt. Es habe sich anamnestisch und klinisch kein Hinweis auf eine aktuell entzündliche Aktivität der Erkrankung gefunden. Radiologisch hätten sich Veränderungen bei dem Zustand nach einer beidseitigen Sakroiliitis und im Bereich der Brustwirbelsäule im Sinne chronischer entzündlicher Veränderungen nicht darstellen lassen. Es sei jedoch eine skoliotische Fehlhaltung mit ausgeprägten osteochondrotischen und spondylarthrotischen Veränderungen gesehen worden, wodurch die Beschwerdesymptomatik im Brustwirbel- und Lumbalbereich zu erklären sei. Für den von der Klägerin beschriebenen Ganzkörperschmerz werde ein Fibromyalgiesyndrom als ursächlich angesehen. Des Weiteren habe ein belastungsabhängiger Schmerz im Bereich der Hüftgelenke beidseits mit deutlichem Innenrotationsschmerz, links mehr als rechts, bestanden. Der radiologische Befund habe keine Coxarthrose belegt. Im Bereich des linken Sprunggelenkes habe sich mittels MRT eine Osteochondrosis dissecans nachweisen lassen.
Das SG hat Prof. Dr. Sch., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, physikalische und rehabilitative Medizin, Rheumatologie, Schmerztherapie und Psychotherapie, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, wofür er eine Evaluation durch die Dipl.-Psychologin Sch. herangezogen hat. Diese hat nach der ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 14. August 2013 eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelschwere Episode (ICD-10 F33.1), eine nicht näher bekannte Angststörung in Form von sozial- und agoraphobischen Ängsten, welche aktuell nicht die Kriterien für eine spezifische Störung erfüllten (ICD-10 F41.9), eine emotionale Vernachlässigung in der Kindheit (ICD-10 Z62.4) sowie belastende Lebensumstände, welche die Haushaltsführung in Mitleidenschaft zögen (ICD-10 Z63.7), diagnostiziert. Als weitere Diagnose könne ein hirnorganischen Psychosyndrom nach den Aktenunterlagen als gesichert gelten, habe jedoch mit Hilfe des Strukturierten Klinischen Interviews (SKID) nicht gestellt werden können. Die in den Aktenunterlagen dokumentierten psychischen Beeinträchtigungen hinsichtlich einer depressiven Störung und einer Angststörung sowie der beeinträchtigten Integration hätten in der psychologischen Exploration bestätigt werden können. Die Klägerin habe das Bild einer sehr einfach strukturierten, sich kindlich ausdrückenden Frau vermittelt, welche ihren Alltag mit ihrer schwerer geistig behinderten Schwester nur mit großer Mühe bewältige. Ihre mit heftigem Weinen vorgebrachte Schilderung des trotz ihrer Bemühungen verwahrlosten Haushaltes lasse weitere unterstützende Maßnahmen als angebracht erscheinen.
Prof. Dr. Sch. hat nach der ambulanten klinischen Untersuchung am selben Tag ausgeführt, er habe ein chronisches Schmerzsyndrom im Stadium III nach Gerbershagen (Fibromyalgiesyndrom) mit Rückenschmerzen (Zervikalgie, Zervikobrachialgie und Lumboischialgie) bei Osteochondrose des Lendenwirbelkörpers L5/S1, eine HLA-B27-positive Sakroiliitis, multisegmentale Nucleus pulposus-Protrusionen, eine stattgehabte Impressionsfraktur des zweiten Lendenwirbelkörpers, einen Beckenhochstand links, eine Bogenschlussstörung des fünftem Lendenwirbelkörpers, Myalgien und Arthralgien in den Schulter-, Hand-, Hüft-, Knie- und Sprunggelenken bei zweit- bis drittgradiger Chondromalazie im linken Kniegelenk, eine Osteochondrosis dissecans Talus links, Senk- und Spreizfüße beidseits, ein Ganglion im rechten Handgelenk sowie eine Osteopenie festgestellt. Diese Erkrankungen hätten sich durch eine Angststörung und depressive Störung wesentlich verschlimmert. Die multiplen muskuloskelettalen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, des Schultergürtels, der Hände sowie der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke könnten hinreichend durch das chronische Schmerzsyndrom beziehungsweise das Fibromyalgiesyndrom erklärt werden. Letzteres entspreche einer somatoformen Schmerzstörung, auch wenn beide nicht deckungsgleich seien. Der Unterschied sei jedoch lediglich akademischer Natur. Im Alltag und Leben sei die Klägerin wegen des chronischen Schmerzsyndroms eingeschränkt. In der Kommunikation und Herstellung von sozialen Kontakten bestünden Beeinträchtigungen, da diese aufgrund einer von ihr angegebenen eingeschränkten Mobilität vermindert wahrgenommen werden könnten. Durch die zahlreichen Gelenkbeschwerden könne sie nach eigenen Angaben nur eine maximale Gehstrecke zwischen 500 m und 1.000 m zurücklegen; aber nur, wenn es zwingend erforderlich sei. Als einzigen sozialen Kontakt habe sie denjenigen zu ihrer Schwester angegeben. Somit liege ebenfalls eine Einschränkung der Beziehungsgestaltung vor, da sie keine weiteren sozialen Kontakte pflegen oder überhaupt erst aufbauen könne. Sie habe den Untersuchungsort mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufgesucht und die weitläufigen Wege innerhalb des Klinikums mehrfach zwischen den wechselnden Untersuchungsräumen bewältigt. Somit bestehe subjektiv eine Einschränkung der Mobilität, welche am Tag der gutachterlichen Untersuchung nicht habe objektiviert werden können. Die vorliegende HLA-B27-positive Spondylitis sei klinisch wie radiologisch geringgradig ausgebildet, weshalb hierdurch keine wesentlichen, alltagsrelevanten Einschränkungen bestünden. Bei der klinischen Untersuchung habe sich eine leichtgradige Einschränkung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule gezeigt, welche durch die Beschwerden wegen des chronischen Schmerzsyndroms hervorgerufen worden sei. Die vorliegende depressive Störung und die nachgewiesene Angststörung förderten das Schmerzerleben der muskuloskelettalen Beschwerden. Des Weiteren seien die Konzentrationsfähigkeit irritierbar, die Merkfähigkeit mäßig gestört, die Grundstimmung gemindert, die Freudigkeit erheblich beeinträchtigt und der Antrieb reduziert gewesen. Eine Einschränkung der Mobilität sei jedoch weder muskuloskelettal noch psychisch zu begründen. Die Störung der Teilhabe erkläre sich vor allem durch die psychischen Gesundheitsstörungen in Form einer Beeinträchtigung der Selbstfürsorge, der Haushaltsführung und der sozialen Kontakte. Die depressive Störung und Angststörung bewerte er mit einem Einzel-GdB von 40, das chronische Schmerzsyndrom mit einem Einzel-GdB von 30 und die HLA-B27-positive Sakroiliitis mit einem Einzel-GdB von 20. Hieraus folge ein Gesamt-GdB von 60. Am Tag der Begutachtung habe lediglich eine leichte Verlangsamung des Gangbildes festgestellt werden können. Ursache hierfür seien die diffusen muskuloskelettalen Beschwerden im Bereich der unteren Extremität und des Rückens gewesen, welche vornehmlich auf das zugrundeliegende chronische Schmerzsyndrom beziehungsweise das Fibromyalgiesyndrom, verschlimmert durch Depressivität und Angst, zurückzuführen seien. Eine Störung der Gehfähigkeit im eigentlichen Sinne liege jedoch nicht vor. Die Klägerin könne weiterhin ohne Gefahren für sich oder andere die üblichen Wegstrecken im Ortsverkehr, also 2 km in einer halben Stunde, zu Fuß zurücklegen.
Auf Anträge der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben Dr. M., Chefarzt der Abteilung Innere Medizin/Rheumatologie der Federseeklinik Bad Buchau, und Dr. P., Facharzt für Orthopädie und Chirurgie, im Auftrag des SG Gutachten erstattet.
Dr. M. hat nach der ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 29. April 2014 ausgeführt, auf dem Fachgebiet der internistischen Rheumatologie liege eine HLA-B27-positive Spondyloarthritis mit positivem Kernspinbefund vor. Auf dem Fachgebiet der allgemeinen Inneren Medizin lägen die anamnestisch berichteten Erkrankungen einer Refluxösophagitis, einer Alopezie und aktuell einer Polyneuropathie vor. Auf schmerztherapeutischem Gebiet bestehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung im Sinne einer generalisierten Schmerzerkrankung. Diese Gesundheitsstörungen bedeuteten körperlich eine Einschränkung der Beweglichkeit im Bereich der Wirbelsäule, der Greiffähigkeit der Hände, der Benutzbarkeit der Schultergelenke und bezogen auf die Ausstrahlungen vom Rücken auch eine Einschränkung der Gehstrecke. Die ankylosierende Spondylitis bewerte er als mittelschwer mit einem Einzel-GdB von 50 und die Schmerzerkrankung als schwer mit einem Einzel-GdB von 30. Der Gesamt-GdB betrage daher 60. Die schmerzhafte Wirbelsäulenausstrahlung bedeute durchaus eine Einschränkung der Gehstrecke. Aber auch unter Berücksichtigung der eigenen Angaben der Klägerin könne sie an guten Tagen noch rund 1 km in zwanzig Minuten zurücklegen. 2 km im allgemeinen Ortsverkehr in einer Stunde seien ihr möglich, jedoch nicht in der Hälfte der Zeit. Die Gefahren, die sich hieraus ergeben könnten, bezögen sich eher auf das Gebiet der Psychiatrie. Ob aus psychiatrischer Sicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorlägen, vermöge er nicht zu beurteilen. Die Klägerin habe angegeben, viele Schmerzmedikamente unregelmäßig einzunehmen. Lyrica, 25 mg, Tramadol, 100 mg und Novalgin, 3 x 500 mg seien jeweils ohne Effekt gewesen. Die Gabe des hochpotenten Medikamentes Enbrel sei achtzehn Monate lang erfolgt, aber ebenfalls ohne Wirkung gewesen. Sie gehe zweimal in der Woche zur Krankengymnastik. Der von der Klägerin mitgebrachten Originalkrankenakte des Hausarztes lasse sich eine Allergie gegen Novaminsulfon entnehmen, obwohl sie angegeben habe, dieses Präparat einzunehmen. Nach einem MRT des Sakroiliakalgelenkes sei eine beidseitige Sakroiliitis nachgewiesen. Die Klägerin hat sich ihm extrem desorientiert gezeigt, vom Eindruck her jedoch etwas strukturierter als im Dezember 2007 bei der Begutachtung im Rahmen eines Verfahrens zur Feststellung eines Rechts auf Erwerbsminderungsrente. Bei der neurologischen Untersuchung seien die Muskeleigenreflexe auslösbar gewesen. Bei der Prüfung des Lasègue-Zeichens habe sie beidseits Schmerzen bei etwa 80° angegeben. Die Muskulatur sei normal kräftig ausgeprägt gewesen. Anhaltspunkte für eine isolierte oder generalisierte Atrophie großer oder kleiner Muskelgruppen hätten sich bei der klinisch-neurologischen Untersuchung nicht gefunden. In rheumatologischer Hinsicht hätten sich zum aktuellen Untersuchungszeitpunkt eine mäßig frische Synovitis der Handwurzel sowie der Metacarpophalangealgelenke II und III, jeweils beidseits, gefunden. Weitere Gelenkschwellungen hätten sich aber nicht gezeigt. Sonstige typische Deformierungen, wie sie bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vorkämen, wie eine 90-90-Deformierung der Daumen und Knopfloch- oder Schwanenhalsdeformierungen, seien ebenfalls nicht zu erkennen gewesen. Allerdings habe sich ein tastbares Ganglion des rechten Handgelenkes gezeigt. Zusätzlich habe sich der Aspekt einer leichten Fingerpolyarthrose gefunden. Bei der Messung nach der Neutral-0-Methode hätten sich, mit Ausnahme der Schultergelenke, für die peripheren Gelenke keine wesentlichen Abweichungen vom normalen Bewegungsausmaß und keine weiteren klinischen Auffälligkeiten gezeigt, die über das für eine Fibromyalgie typische Beschwerdebild hinausgingen. Die Außen- und Innenrotation sei, bei um 90° angehobenem Oberarm, für beide Schultergelenke mit 60-0-60° gemessen worden; mit anliegendem Oberarm hätten die Werte beidseits 30-0-80° betragen. Die Ante- und Retroversion beider Schultergelenke sei bis 110-0-30° sowie die Abduktion und Adduktion mit beidseits 90-0-30° demonstriert worden. Bei der Untersuchung der Wirbelsäule habe sich eine mäßige s-förmige Skoliose der Brust- und Lendenwirbelsäule gezeigt. Die Klägerin habe allerdings massiv gegengespannt, weshalb die Maße nur bedingt verwertbar seien. Formal sei die Rotationsbewegung der Halswirbelsäule beidseits bis etwa 40° und die Seitneigung beidseits bis etwa 30° demonstriert worden. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/32 cm und 10/13 cm gemessen worden. Die Torsionsbewegung und die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule seien in alle Richtungen etwa auf die Hälfte reduziert gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe etwa 45 cm betragen. Das Mennell-Zeichen sei beidseits hochpositiv gewesen.
Dr. P. hat nach der ambulanten klinischen und röntgenologischen Untersuchung der Klägerin am 26. März 2015, einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahme von Oktober 2015 kundgetan, die Funktionsstörungen der Wirbelsäule bedingten einen Einzel-GdB von 40. Dieser resultiere daraus, dass auch die Halswirbelsäule einzubeziehen sei. Die beschriebene funktionell ungünstige Stellung in Kyphosehaltung bei Bandscheibenprotrusionen und Degenerationen im Bereich C4 bis C7 sowie die deutlich eingeengten Wirbelaustrittslöcher bewirkten die funktionell ausgeprägten Muskelverspannungen im Schultergürtel. Dies führe zu den Bewegungseinschränkungen der Schultergelenke, welche aktiv nur gering über die Horizontale hinaus bewegbar seien, ohne dass jeweils ein intraartikulärer krankhafter Befund zu erkennen sei. Da es sich bei dem klinischen Befund sowohl um die schmerzhafte hypertone Muskulatur handele wie auch um Ansatzschmerzen der Sehnen und an den knöchernen Strukturen, bestehe eine Überschneidung mit der chronischen Schmerzstörung im Rahmen eines Fibromyalgiesyndroms. Gerade deshalb sei aber ein GdB von 40 anzunehmen. Die entzündlich-rheumatische Erkrankung in Form eines Morbus Bechterew mit geringen Auswirkungen habe einen Einzel-GdB von 20 und die Polyarthrose der Finger in Form einer Heberden-Bouchard-Arthrose einen Einzel-GdB von 10 zur Folge. Bei einarmiger Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Schultergelenke über die Horizontale hinaus, sei nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen ein GdB von 10 ohne Berücksichtigung der Schmerzen vorgesehen. Die Klägerin leide demgegenüber an einer beidseitigen Bewegungseinschränkung mit deutlicher Schmerzhaftigkeit, so dass insoweit ein Einzel-GdB von 20 angemessen sei. Abweichungen zu den versorgungsärztlichen Einschätzungen ergäben sich aus der Gesamteinschätzung unter Berücksichtigung sämtlicher Gesundheitsstörungen mit deren Auswirkungen auf den Bewegungsapparat und dessen Funktionsstörungen, wie sie im Einzelnen nicht voneinander zu trennen seien. Unter Berücksichtigung eines chronischen Schmerzsyndroms beziehungsweise eines Fibromyalgiesyndroms mit einem Einzel-GdB von 40 und einer Hauterkrankung, einschließlich des Haarausfalles, mit einem Einzel-GdB von 20, sei ein Gesamt-GdB von 70 gerechtfertigt. Die degenerativ-rheumatisch-entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule bewirke eine verminderte Beweglichkeit und damit Fähigkeit der Reizbeantwortung bei gleichzeitiger VerSt.ung des chronischen Schmerzsyndroms beziehungsweise Fibromyalgiesyndroms. Daraus folge eine schnelle Ermüdung der muskulären myofaszialen Funktion, wie sich bei seiner gutachterlichen Untersuchung am Laufband-Ergometer gezeigt habe. Gleichzeitig seien Belastungsbeschwerden am Bein, Fuß und an der Hüfte, jeweils links, hinzugetreten, so dass es frühzeitig zu einem dem Giving-Way-Syndrom ähnlichen Absinken der Beine komme. Bei der Annahme, in Bezug auf die unteren Extremitäten lägen nur leichtgradige Funktionseinschränkungen vor, werde nicht berücksichtigt, dass sich aufgrund der Wirbelsäulen-Symptomatik eine deutlich beschriebene Minderbelastungsfähigkeit in Bezug auf das Gehvermögen und alle Fertigkeiten, die eine Belastung des statischen Systems voraussetzten, ergäben. Die Klägerin könne wegen der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen bei erheblichen Schwierigkeiten oder Gefahren für sich oder andere die üblichen Wegstrecken im Ortsverkehr, welche etwa 2 km in einer halben Stunde betrügen, nicht zurücklegen. Die Gesamtgehstrecke betrage nicht mehr als 300 m, welche in acht Minuten zurückgelegt werden könnten, was sich anhand des Laufband-Ergometers habe nachvollziehen lassen.
Bei der Anamnese habe sie angegeben, den Dipl.-Psych. R. seit zehn Jahren einmal im Monat aufzusuchen. Die 50 m Wegstrecke zum Laufband seien links hinkend, kurzschrittig verlangsamt und ohne Stockhilfe zurückgelegt worden. Der Auftritt auf das im Rehabilitationszentrum befindliche Laufband sei erschwert und nur mit Armhilfe möglich gewesen. Die Untersuchung sei unter Assistenz eines diplomierten Sportlehrers erfolgt. Dabei sei es der Klägerin nicht möglich gewesen, die Balance ohne seitliche Stabilisierung zu halten. Die Geschwindigkeit sei mit 2 km/h eingestellt worden, was sie fünf Minuten durchgehalten habe, allerdings bei zunehmendem Vorwärtsbeugen des Oberkörpers und empfundenem Unsicherheitsgefühl. Nach einer im Stehen durchgeführten Pause, habe sie erneut drei Minuten gehen können, wiederum mit der Angst verbunden, dass ihre Beine nachgäben. Zusammengefasst bestehe eine sehr deutliche Minderung der Kraftausdauer, so dass eine Gehleistung ohne Gehhilfe, wie sie üblicherweise geleistet werde, weit verfehlt werde. Das Gehen von fünf Minuten bei einer Geschwindigkeit von 2 km/h entspreche 167 m. Würden die drei Minuten nach kurzer Pause hinzugenommen, also eine Gehdauer von weiteren acht Minuten, ergebe sich eine Gehstrecke von insgesamt 286 m. Bei der Untersuchung habe sich ihm keine mangelnde Motivation oder gar Simulation der Klägerin gezeigt. Auf dem Laufband sei bei der einfach strukturierten Klägerin eine Angststörung ablesbar gewesen. Während der ergometrischen Untersuchung habe sie sich immer weiter nach vorne gebeugt, mit der Gefahr des Sturzes schon bei geringer Geschwindigkeit.
Das SG hat mit Urteil vom 20. Januar 2016, unter Abweisung der Klage im Übrigen, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung verpflichtet, bei der Klägerin einen GdB von 70 und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichens "G", jeweils ab 26. März 2015, anzuerkennen. Die Klägerin leide vor allem an einem Fibromyalgiesyndrom und den damit verbundenen depressiven Anpassungsstörungen. Unter Berücksichtigung der damit einhergehenden Auswirkungen in Form von Ganzkörperschmerzen, einer Depression und des Haarausfalles sei ein GdB von 60 gerechtfertigt. Hierdurch würden der Alltag und das Leben der Klägerin erheblich eingeschränkt. Insbesondere im Bereich der Kommunikation, Herstellung von sozialen Kontakten und der Mobilität machten sich die Einschränkungen bemerkbar. So müsse im Wesentlichen die behinderte Schwester den Haushalt verrichten. Wegen der Beschwerden bestünde eine absolute Einschränkung sowohl hinsichtlich der Fähigkeit, einem Beruf nachzugehen, sowie in Bezug darauf, regelmäßigen Freizeitaktivitäten nachzukommen. Wegen der starken Schmerzen sei sie weiter in der Körperpflege eingeschränkt; so sei es ihr etwa nicht möglich, ihre Fußnägel zu schneiden. Sie sei ebenso nicht in der Lage, schwere Gegenstände zu heben. Es seien ihr lediglich maximal 4 kg zumutbar. Die maximale Gehstrecke sei ebenfalls erheblich reduziert. Hinzu träten eine depressive Störung und eine Angststörung, welche das Schmerzerleben der muskuloskelettalen Beschwerden verSt.e. Die Konzentrationsfähigkeit sei irritierbar, die Merkfähigkeit mäßig gestört, die Grundstimmung gemindert, die Freudigkeit erheblich beeinträchtigt und der Antrieb reduziert. Nach alledem sei eine ernste affektive Beeinträchtigung durch die depressive Symptomatik mit Erschöpfung, ausgeprägtem Überforderungs- und Wertlosigkeitsgefühl sowie Suizidgedanken festzuhalten. Kognitive Einschränkungen sowie Beeinträchtigungen der Alltagsbewältigung und der sozialen Integration würden hierdurch weiter verSt.t. Der entsprechende Leidensdruck sei zudem hinreichend dokumentiert. Alle Ärzte, welche die Klägerin behandelten, hätten bereits auf der Basis der mit der Fibromyalgie verbundenen Teilhabeeinschränkungen einen GdB von mindestens 50 befürwortet. Weiterhin zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang die vegetative Symptomatik mit bereits seit 2011 dokumentierten Gesundheitsstörungen in Form von chronischen Magen-Darm-Beschwerden, einer Harninkontinenz, von Haarausfall, einer chronische Müdigkeit und eines Sicca-Syndroms. Aufgrund dieser Befunde liege bei der Klägerin eine schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten als dauerhafte Gesundheitsstörung vor, die aufgrund der umfassenden und nicht auf einzelne Bereiche des gesellschaftlichen Lebens begrenzten Teilhabeeinschränkungen einen GdB von 60 bedinge. Die Ausschöpfung des GdB-Rahmens bis 70 sei jedoch nicht gerechtfertigt, da die teilweise dokumentierte Diagnose eines hirnorganischen Psychosyndroms keiner der Gutachter bestätigt habe. Unter Berücksichtigung des weiteren Einzel-GdB von 20 für das Funktionssystem "Rumpf" sei ein Gesamt-GdB von 70 begründet. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G". Die Einschränkungen des Gehvermögens beruhten vor allem auf der degenerativen Erkrankung der Wirbelsäule bei gleichzeitiger VerSt.ung durch das chronische Fibromyalgiesyndrom, so dass es zu einer sehr schnellen Ermüdung der muskulären myofaszialen Funktion komme, wie sich am Laufband-Ergometer im Rahmen der Untersuchung bei Dr. P. gezeigt habe. Gleichzeitig träten Belastungsbeschwerden am Bein, Fuß und an der Hüfte, jeweils links, hinzu, so dass es frühzeitig zu einem dem Giving-way-Syndrom ähnlichen Absinken der Beine komme. Die Kammer schließe sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des zuletzt gehörten Sachverständigen Dr. P. an. Das Gehvermögen werde durch die anhaltende somatoforme Schmerzstörung in gleichem Maße eingeschränkt wie in den nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen beispielhaft genannten Fällen und sei auf etwa 1 km reduziert. Soweit der Beklagte unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung die Ansicht vertrete, psychische Störungen könnten allein nicht die erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr auslösen, könne dies nur entsprechend der abschließenden Aufzählung in § 146 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) Fallgestaltungen betreffen, in denen sich, anders als vorliegend, die psychische Störung gerade nicht unmittelbar auf das Gehvermögen selbst auswirke. Es sei danach zu differenzieren, ob die psychische Störung dazu führe, dass der Mensch mit Behinderung daran gehindert sei, sich im Straßenverkehr beziehungsweise öffentlichen Raum zurechtzufinden oder dieser, wie vorliegend, schmerzbedingt tatsächlich in seinem Gehvermögen eingeschränkt sei. Die Funktionseinschränkungen an der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten, die sich jeweils nicht nennenswert auf das Gehvermögen auswirkten, würden durch die gravierende Schmerzsymptomatik derart verSt.t und überlagert, dass eine Gleichstellung mit den in den Regelbeispielen genannten Personengruppen gerechtfertigt sei. Das gravierende Ganzkörperschmerzerleben sei ohne Zweifel psychisch bedingt und nicht organisch veranlasst. Es wirke sich aber final betrachtet, also orientiert am tatsächlich bestehenden Zustand, als behinderungsbedingte Einschränkung des Gehvermögens unmittelbar auf die Bewegungsfähigkeit der Klägerin im Straßenverkehr aus. Diese Sichtweise sei durch das Bundessozialgericht (BSG) ausdrücklich bestätigt worden.
Gegen die dem Beklagten am 2. Februar 2016 zugestellte Entscheidung hat dieser am 22. Februar 2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, ein Einzel-GdB von 60 für die psychische Störung einschließlich des Schmerzsyndroms entsprechend einer schweren Störung sei nicht nachgewiesen. Deswegen könne eine im Wesentlichen psychisch bedingte erhebliche Gehbehinderung ebenfalls nicht angenommen werden. Der vom SG in der Bewertung der Fibromyalgie einbezogene Haarausfall sei nicht Auswirkung dieser Erkrankung, sondern organisch bedingt. Das auf dem Laufband bei Dr. P. gezeigte unphysiologische Gangbild mit immer St.erer Beugung nach vorne mit der Gefahr eines Sturzes entspreche nicht dem normalen Gehen auf der Straße, sondern sei eher der ungewohnten Situation für die einfach strukturierte Klägerin geschuldet gewesen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Januar 2016 aufzuheben, soweit er verpflichtet worden ist, den Grad der Behinderung bei der Klägerin mit 70 und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G", jeweils ab 26. März 2015, festzustellen und die Klage umfassend abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise von Amts wegen einen Sachverständigen dazu zu hören, dass ihr Gehvermögen derart eingeschränkt ist, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorliegen, höchsthilfsweise zu dieser Beweistatsache Prof. Dr. Ch. U., Arzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Göppingen nach § 109 Sozialgerichtsgesetz gutachtlich zu hören.
Sie trägt im Wesentlichen vor, es sei hinlänglich bestätigt, dass ihre behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen einen Gesamt-GdB von 70 und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" begründeten. Insbesondere Dr. B. habe objektiviert, dass ihr Gehvermögen auf 300 m mit dem Erfordernis begrenzt sei, stehen zu bleiben und sich gegebenenfalls wegen der Rückenschmerzen hinsetzen zu müssen. Auch habe Dr. F.-E. auf die im Vordergrund stehende Hüftproblematik links mit zunehmender Coxarthrose hingewiesen. Nach dem von ihr erhobenen Befund sei die Rotationsfähigkeit und Abspreizbarkeit im Hüftgelenk links deutlich gegenüber rechts eingeschränkt gewesen. Dieser orthopädische Befund indiziere, dass das Gehvermögen auf unter 2 km reduziert sei, was durch den Bericht von Dr. B. von Oktober 2016 bestätigt werde, wonach sie Schmerzen im Bereich des Rückens mit Ausstrahlungen in das Becken und beide Beine, vorrangig links, habe. Damit sei das Gehen zum Teil erheblich eingeschränkt, wenn auch variabel. Dr. K. untermauere darüber hinaus, dass sie aktuell und seit längerer Zeit Schmerzen im Bereich der Achillessehne bei bekanntem Morbus Bechterew habe. Zumindest müsse sich das Gericht gedrängt fühlen, wegen der aktuellen Arztberichte von Dr. B. und Dr. F.-E. diese mündlich anzuhören, ob sie überhaupt noch in der Lage sei, zumutbar eine Wegstrecke von mehr als 300 m zurückzulegen. Andernfalls werde ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, zumindest unter dem Gesichtspunkt eines fairen Verfahrens. Die Tatsache der Einschränkung des Gehvermögens sei eine empirische, welcher das Gericht aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes nachzugehen habe.
Im Berufungsverfahren ist Dr. St. mit der Erstattung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt worden. Nach der ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 5. August 2016 hat er dargelegt, er könne sich auf neurologischem Gebiet der Einschätzung eines Einzel-GdB von 10 für die leichte Polyneuropathie anschließen. Die aktuell feststellbaren Funktionsstörungen bezögen sich lediglich auf die Gefühlsempfindung. Nach dem von ihm erhobenen psychiatrischen Befund sei es schwierig, die festgestellten Funktionsstörungen einer klar definierten psychischen Störung oder auch verschiedenen Störungen der aktuell gültigen Ausgabe der ICD-10 zuzuordnen. Die psychischen Hauptauffälligkeiten könne er diagnostisch nicht einordnen. Die Schwierigkeit habe sich letztlich auch bei Durcharbeitung der verschiedenen nervenärztlichen Gutachten, bei denen ganz unterschiedliche diagnostische Zuordnungen vorgenommen worden seien, gezeigt. Er gehe daher weiter von einer ängstlichen (vermeidenden) Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.6) aus. Damit einher gingen psychische Funktionsstörungen in wichtigen Funktionsbereichen wie Antrieb, Emotionalität beziehungsweise Stimmung, Sozialverhalten, Denken, Intelligenz und Konzentration. Außerdem hätten sich Persönlichkeitsauffälligkeiten gezeigt. Diese gesamten Funktionsstörungen seien nach Aktenlage schon seit Jahren belegt. Bei der Klägerin sei von beginnenden mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten und nicht nur von leichten auszugehen. Bereits nach dem psychiatrischen Gutachten von Prof. Dr. F. von März 1998, dem er sich anschließe, sei die volle berufliche Einsatzfähigkeit der Klägerin eingeschränkt gewesen. Allein diese Tatsache sei bereits bei den mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einzuordnen. Es zeigten sich weiter Störungen der sozialen Interaktion und Kommunikation, mit einer deutlichen Einschränkung der Kontaktaufnahme, starken Stimmungsschwankungen sowie daraus auch erwachsenden innerfamiliären Problemen und solche im Umgang mit anderen Menschen. Es bestehe zwar keine völlige Isolierung, doch seien das Verhalten und die Störungen so augenfällig, dass diese bei mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einzuordnen seien. Hierfür sei ein Einzel-GdB von 50 gerechtfertigt. Außerdem sei auf den Haarausfall hinzuweisen, die einfache Polyneuropathie als chronische Nervenerkrankung, insbesondere an den Füßen, sowie auf die degenerativen orthopädischen Erkrankungen. Unter Berücksichtigung der für ihn fachfremden GdB halte er einen Gesamt-GdB von 70 für angemessen. Weder aus psychiatrischen Gründen aufgrund beispielsweise einer ausgeprägten Antriebsstörung mit -armut noch aus körperlichen Gründen, seien sie orthopädisch-chirurgischer oder neurologischer Natur, sei die Klägerin nicht in der Lage, mit adäquatem Tempo Gehstrecken zurückzulegen. Bei der Begutachtung habe sie einen einfachen Gehstock der LEKI L. GmbH benutzt, mit dem sie aber durchaus ohne gravierende Einschränkungen des Tempos und ohne erkennbare besondere Schmerzhaftigkeit gehfähig sei. Sie habe nach eigenem Bekunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Begutachtung anreisen können und nur deshalb ein Taxi vom Bahnhof zur Praxis benutzt, da die Brücke über die Bahnlinie für Fußgänger derzeit gesperrt gewesen sei und sonst ein ausgesprochen langer, mehrere Kilometer umfassender Umweg notwendig gewesen wäre. Die Klägerin habe auch den gesamten Weg von zu Hause zur Bushaltestelle zu Fuß bewältigen und am örtlichen Bahnhof in Villingen die Unterführung ohne Fahrstuhl zurücklegen können. Die medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" lägen damit nicht vor. Deren Vorliegen lasse sich weder neurologisch noch psychiatrisch begründen und nach Sichtung der Akten auch nicht orthopädisch-unfallchirurgisch.
Dem schriftlichen Vergleichsvorschlag des Berichterstatters, wonach der Beklagte den GdB mit 70 ab 26. März 2015 feststellt, die Klägerin die Klage zurücknimmt und er ihr die außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen dem Grunde nach zu einem Viertel erstattet, hat der Beklagte zugestimmt, nicht aber die Klägerin. Sie ist der Auffassung, Dr. St. habe sie nicht ganzheitlich beurteilt. Seine gestellte Diagnose erfasse nicht vollständig ihren Gesundheitszustand, so dass sein Gutachten für die Entscheidungsfindung nicht herangezogen werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, einschließlich der SG-Akten S 2 SB 7029/08 und S 2 SB 1465/12, sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG) des Beklagten ist teilweise begründet. Dessen Bescheid vom 26. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), soweit damit die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" versagt wurden. Diese liegen nicht vor. Das SG hätte die insoweit als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) erhobene Klage auch für die Zeit ab 26. März 2015, dem Tag der Untersuchung bei Dr. P., abweisen müssen. Im Übrigen ist die Berufung des Beklagten nicht begründet, da er im erstinstanzlichen Verfahren zu Recht jedenfalls ab diese Datum dazu verpflichtet worden ist, den GdB mit 70 festzustellen. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist in Bezug darauf rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Gegenstand des ausschließlich von dem Beklagten angestrengten Berufungsverfahrens sind das Urteil des SG vom 20. Januar 2016, soweit dieser sinngemäß unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 26. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2012 verpflichtet worden ist, bei der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 8. März 2012 den GdB mit 70 und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G", jeweils ab 26. März 2015, festzustellen. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "G" ab 26. März 2015.
Die Feststellung von Merkzeichen richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 4 SGB IX in der aktuellen Fassung durch Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach Absatz 1 (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, wenn dafür ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird (§ 69 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SGB IX). Auf Antrag des Menschen mit Behinderung stellen die zuständigen Behörden gemäß § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB IX aufgrund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über weitere gesundheitliche Merkmale aus.
Zu diesen Merkmalen gehört die erhebliche Beeinträchtigung im Straßenverkehr. Menschen mit Schwerbehinderung, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, werden von Unternehmerinnen oder Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert (§ 145 Abs. 1 SGB IX). In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Der seit 1. Januar 2009 an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 im Interesse einer gleich-mäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getretenen Anlage zu § 2 der am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz - BVG - (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilsausgleiches entnehmen. Denn die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für den nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleich "G" unwirksam, da es insoweit zum Erlasszeitpunkt an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlte. Eine solche Ermächtigung fand sich weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30. Juni 2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 1. Juli 2011 noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (Urteile des Senats vom 9. Juni 2011 - L 6 SB 6140/09 -, juris und vom 4. November 2010 - L 6 SB 2556/09; Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 9. Mai 2011 - L 8 SB 2294/10 - und vom 14. August 2009 - L 8 SB 1691/08 -, jeweils juris sowie vom 24. September 2010 - L 8 SB 4533/09; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
Diesen Mangel hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über einen Dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung und zur Aufhebung des Beschlusses 2003/174/EG vom 7. Januar 2015 (BGBl II S. 15) beseitigt und mit § 70 Abs. 2 SGB IX eine neue Verordnungsermächtigung unmittelbar im SGB IX eingefügt. Danach wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend und nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Da die VersMedV einschließlich ihrer Anlage zu § 2 VersMedV nicht auf der Grundlage dieser erst seit 15. Januar 2015 gültigen Verordnungsermächtigung erlassen worden ist, ist nach wie vor deren Anwendung hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Merkzeichens "G" nicht möglich. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber durch den ebenfalls mit Gesetz vom 7. Januar 2015 (BGBl II S. 15) neu eingefügten § 159 Abs. 7 SGB IX Rechnung getragen. Danach gelten, soweit noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Hierdurch konnte zwar nicht die bezüglich der in den VG enthaltenen Regelungen zu den Merkzeichen "G", "B", "aG" und "Gl" teilunwirksame VersMedV neu erlassen oder als Verordnung für anwendbar erklärt werden, da es insoweit schon an der Zuständigkeit des Gesetzgebers hinsichtlich einer vom BMAS zu erlassenden Verordnung fehlte. Mit noch hinreichend bestimmtem Gesetzeswortlaut (vgl. zum rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 3. September 2014 - 1 BvR 3353/13 -, juris) hat der Gesetzgeber jedoch mit der in § 159 Abs. 7 SGB IX getroffenen Regelung zum Ausdruck gebracht, dass er sich den insoweit maßgeblichen Verordnungstext in der Anlage zu § 2 VersMedV, also die unter VG, Teil D, Nrn. 1 bis 4 getroffenen Bestimmungen, zu eigen machte und bis zum Inkrafttreten der neuen Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX insoweit die VG Gesetzescharakter haben (vgl. BT-Drucks. 18/3190, S. 5).
Bei der Prüfung der Frage, ob die in § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Voraussetzungen vorliegen, ist nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles abzustellen, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein, also altersunabhängig, von Menschen ohne Behinderung, noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa 2 km, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (VG, Teil D Nr. 1 b). Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, etwa bei Versteifung des Hüftgelenkes, Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei anderen inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, etwa chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen (VG, Teil D Nr. 1 d). Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, sind bei allen Sehbehinderungen mit einem GdB von wenigstens 70 und bei Sehbehinderungen, die einen GdB von 50 oder 60 bedingen, nur in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits, geistige Behinderung) anzunehmen. Bei Hörbehinderungen ist die Annahme solcher Störungen nur bei Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) oder im Erwachsenenalter bei diesen Hörstörungen in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) gerechtfertigt. Bei Menschen mit geistiger Behinderung sind entsprechende Störungen der Orientierungsfähigkeit vorauszusetzen, wenn sie sich im Straßenverkehr auf Wegen, die sie nicht täglich benutzen, nur schwer zurechtfinden können. Unter diesen Umständen ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit bei geistigen Behinderungen mit einem GdB von 100 immer und mit einem GdB von 80 oder 90 in den meisten Fällen zu bejahen. Bei einem GdB unter 80 kommt eine solche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht (VG, Teil D Nr. 1 f).
Nach diesen Maßstäben leidet die Klägerin nicht an einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr.
Dabei war der Senat nicht an den Inhalt der bestandskräftigen Bescheide vom 8. Januar 2002 und 7. Mai 2008 gebunden, mit denen - bei der früheren Verwaltungsentscheidung nach Auslegung entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) - jeweils die negative Feststellung getroffen wurde, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht vorliegen. Diese betrafen indes nur die im Vorfeld eingeleiteten und damit abgeschlossenen Ausgangsverwaltungsverfahren. Eine der materiellen Bestandskraft (§ 77 SGG) fähige Feststellung ist jeweils nur insoweit getroffen worden, als das Begehren der Klägerin nach dem maßgeblichen Sach- und Rechtsstand bis zum Abschluss des jeweiligen Verwaltungsverfahrens beurteilt wurde. Eine solche negative Feststellung schließt das Verwaltungsverfahren ab, entfaltet jedoch keine Wirkung für die Zukunft (Urteil des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, juris, Rz. 44). Wäre es anders, so käme dem Verwaltungsakt Dauerwirkung zu (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 1999 - B 9 SB 4/98 R -, SozR 3-1500 § 77 Nr. 3), was nicht der Fall ist, da seine Regelungswirkung nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht nicht über die punktuelle Gestaltung des Rechtsverhältnisses der Beteiligten hinausreicht (vgl. Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum Zehnten Buch Sozialgesetzbuch - SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 3 mit § 45 Rz. 64). Aus diesem Grund findet vorliegend auch § 48 SGB X keine Anwendung.
Zwar ist die Klägerin bereits seit der mit Bescheid vom 8. Januar 2002 getroffenen Feststellung des GdB mit 50 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Es liegen bei ihr indes nach den vorstehenden Ausführungen weder auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen oder der Lendenwirbelsäule vor, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen, noch sind Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 eingetreten, die sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken. Auch sind bei ihr keine wesentlich einschränkenden inneren Leiden oder Störungen der Orientierungsfähigkeit vorhanden. Zu diesem Ergebnis sind im Ergebnis nicht nur nahezu alle die Klägerin behandelnden Ärztinnen und Ärzte gelangt, sondern auch sämtliche in diesem Verfahren gehörten Sachverständigen, Dr. P. hat jedenfalls für den Senat nicht ersichtlich das Gegenteil hergeleitet. Der sachverständige Zeuge Dr. K. hat einen Gesamt-GdB von wenigstens 50 nicht nur aus den Funktionseinschränkungen der gesamten Wirbelsäule, in Bezug darauf ohnehin lediglich der untere Abschnitt maßgeblich ist, abgeleitet, sondern auch aus Funktionsstörungen der Knie- und Sprunggelenke. Eine spezielle Untersuchung der Kniegelenke führte er jedoch selbst nicht durch, wie er offengelegt hat.
Die nachgewiesenen Gesundheitsstörungen des Bewegungsapparates schränken die Gehfähigkeit der Klägerin zudem nicht erheblich ein. Sie ist in der Lage, ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden, also Strecken von etwa 2 km in etwa einer halben Stunde. Hierfür stützt sich der Senat nicht nur auf die nachvollziehbare Bewertung durch den Sachverständigen Dr. St., welcher die Klägerin als einziger nach Dr. P. begutachtete. Anhand der Expertise des weiteren Sachverständigen Prof. Dr. Sch. zeigt sich anschaulich, dass sie durchgängig in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt gewesen ist. Prof. Dr. Sch. hat auf der Grundlage seiner gutachterlichen Untersuchung Mitte August 2013 nachvollziehbar eine Störung der Gehfähigkeit im eigentlichen Sinne ausgeschlossen und die schlüssige Einschätzung vorgenommen, dass die Klägerin ohne Gefahren für sich oder andere die üblichen Wegstrecken im Ortsverkehr, also 2 km in einer halben Stunde, zu Fuß zurücklegen kann. Eine Einschränkung der Mobilität ließ sich weder muskuloskelettal noch psychisch begründen. Prof. Dr. Sch. beobachtete nur ein auf die diffusen muskuloskelettalen Beschwerden im Bereich der unteren Extremität und des Rückens, welche vornehmlich durch das zugrundeliegende chronische Schmerzsyndrom beziehungsweise das Fibromyalgiesyndrom, verschlimmert durch Depressivität und Angst, hervorgerufen worden waren, zurückzuführendes leicht verlangsamtes Gangbild. Hierdurch erklärt sich, dass sie bei Prof. Dr. Sch. die weitläufigen Wege innerhalb des Klinikums mehrfach zwischen den wechselnden Untersuchungsräumen bewältigte. Somit bestand zwar mitunter subjektiv eine Einschränkung der Mobilität, welche am Tag dessen gutachterlicher Untersuchung indes nicht objektiviert werden konnte. Der Sachverständige Dr. M. stellte bei seiner Untersuchung Ende April 2014 eine normale und kräftig ausgeprägte Muskulatur fest. Anhaltspunkte für eine isolierte oder generalisierte Atrophie großer oder kleiner Muskelgruppen fanden sich bei seiner klinisch-neurologischen Untersuchung nicht. Es mögen dann zwar die Ausstrahlungen von der Wirbelsäule auch zu einer Einschränkung der Gehstrecke geführt haben. Den Schluss, die Klägerin könne deshalb zwar eine Gehstrecke von 2 km zurücklegen, nicht aber in einer halben Stunde, welchen Dr. M. hieraus zieht, kann der Senat vor diesem Hintergrund allerdings nicht nachvollziehen. In Fortführung hierzu hat schließlich Dr. St. überzeugend ausgeführt, dass sich weder aus psychiatrischen Gründen aufgrund beispielsweise einer ausgeprägten Antriebsstörung mit -armut noch aus körperlichen Gründen, seien sie orthopädisch-chirurgischer oder neurologischer Natur, die Klägerin nicht in der Lage ist, mit adäquatem Tempo Gehstrecken zurückzulegen. Bei dessen Begutachtung benutzte sie ausschließlich einen handelsüblichen Gehstock, während der Untersuchung bei Dr. P. sogar nur einen Stockschirm, mit dem sie nach dem Eindruck von Dr. St. durchaus ohne gravierende Einschränkungen des Tempos und ohne erkennbare besondere Schmerzhaftigkeit gehfähig war. Damit in Einklang steht, dass sie nach eigenem Bekunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Untersuchungstermin anreisen konnte und nur deshalb ein Taxi vom Bahnhof zur Praxis benutzte, da die Brücke über die Bahnlinie für Fußgänger gesperrt war und sie sonst einen ausgesprochen langen, mehrere Kilometer umfassenden Umweg hätte zurücklegen müssen. Die Klägerin konnte auch den gesamten Weg von zu Hause bis zur Bushaltestelle zu Fuß bewältigen und am örtlichen Bahnhof in Villingen die Unterführung ohne Fahrstuhl zurücklegen. Demgegenüber überzeugt das Gutachten von Dr. P. den Senat nicht. Mittels des Laufband-Ergometers hat dieser zwar nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin nur eine Gehstrecke von 286 m zurückgelegen hat. Denn das Gehen von fünf Minuten bei einer Geschwindigkeit von 2 km/h hierauf entspricht 167 m. Werden die drei Minuten nach kurzer Pause hinzugenommen, also eine Gehdauer von weiteren acht Minuten, ergibt sich diese Gesamtgehstrecke. Bei seiner Annahme, eine Gehleistung ohne Gehhilfe, wie sie üblicherweise geleistet werde, werde verfehlt, ist er indes einem Paralogismus unterlegen, bei dem die von ihm abgeleitete Aussage nicht aus den explizit angegebenen oder implizit angenommenen Voraussetzungen folgt. Denn die deutliche Minderung der Kraftausdauer steht nicht im Vollbeweis (vgl. BSG, Urteil vom 16. Februar 2012 - B 9 SB 1/11 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 15, Rz. 46) fest. Entsprechende Befunde erhob Dr. P. nicht, was das SG nicht hinreichend beachtet hat. Er nimmt überdies mittels eines Zirkelschlusses an, die degenerative rheumatisch-entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule bewirke eine verminderte Beweglichkeit und damit Fähigkeit der Reizbeantwortung bei gleichzeitiger VerSt.ung des chronischen Schmerzsyndroms beziehungsweise Fibromyalgiesyndroms, woraus eine schnelle Ermüdung der muskulären myofaszialen Funktion folge. Dies will er durch die Laufbanduntersuchung bestätigt gesehen haben, was jedoch vorliegend voraussetzte, dass eine solche muskuläre Ermüdung überhaupt vorgelegen hat. Demgegenüber weist seine Beobachtung, dass sich die Klägerin hierbei mit zunehmender Dauer mit dem Oberkörper nach vorne beugte, sie ein Unsicherheitsgefühl beschlich und sie schon bei geringer Geschwindigkeit Angst hatte zu stürzen, eher auf einen Zusammenhang mit der bei ihr vorliegenden Angststörung hin, wie er es selbst, wenn auch fachfremd, deutete. Zum Abbruch der Untersuchung führte damit aber gerade nicht eine schnelle Ermüdung der muskulären myofaszialen Funktion. Soweit Dr. F.-E. der Klägerin eine scherzarme Gehstrecke von maximal 300 m attestiert hat, ist diese Annahme nicht durch einen ihrerseits erhobenen Befund hinreichend untermauert. Die Berichte von Dr. B. enthalten zu ihrem Gehvermögen ersichtlich weitgehend ihre subjektiven Angaben, weshalb seine Annahme einer zurücklegbaren begrenzten Wegstrecke zu Fuß von 300 m mit dem Erfordernis stehen zu bleiben und sich gegebenenfalls wegen Rückenschmerzen hinsetzen zu müssen, um wieder zur Ruhe zu kommen, ebenfalls nicht objektiviert sind. Dr. K.s Auffassung ist nicht nachvollziehbar, da er sich hierfür auch auf die Berichte von Dr. B. gestützt hat, welche ihm aufgefallen waren. Der sachverständige Zeuge Dr. M. hat sich unzureichend ausschließlich auf die während des stationären Aufenthaltes in den Acura Kliniken Baden-Baden im März 2012 und im Folgemonat gestützt. Prof. Dr. Sch. und Dr. St. haben demgegenüber bei ihren gezielten Begutachtungen jeweils schlüssig eine noch ausreichende Gehstrecke objektiviert. Ob die Klägerin in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich eingeschränkt ist, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht empirisch, also durch systematische oder experimentelle Beobachtung, zu ermitteln, sondern Gegenstand tatrichterlicher Gesamtwürdigung aufgrund versorgungsärztlicher Feststellung, die sich auf alle verfügbaren Beweismittel, etwa Befundberichte der behandelnden Ärztinnen und Ärzte, Sachverständigengutachten oder einen dem Gericht persönlich vermittelten Eindruck, stützen kann (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 2016 - B 9 SB 1/15 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 22, Rz. 22). Die medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" liegen nach alledem ab 26. März 2015, dem Tag der Begutachtung der Klägerin bei Dr. P., nicht vor. Deren Vorliegen lassen sich weder körperlich begründen noch liegt eine psychogene Gangstörung vor (vgl. BSG, Urteil vom 11. August 2015 - B 9 SB 1/14 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 21, Rz. 18 ff.), wie zuletzt Dr. St. herausgestellt hat. Der Eindruck von der bei der mündlichen Verhandlung beim LSG anwesenden Klägerin deutete in keine andere Richtung.
Nach diesem Ergebnis kann dahinstehen, ob nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts die vorliegend maßgeblichen Gesetzesänderungen ab ihrem jeweiligen Inkrafttreten mit Wirkung zum 15. Januar 2015 (Art. 7 des Gesetzes vom 7. Januar 2015, BGBl II S. 15) beziehungsweise 30. Dezember 2016 (Art. 26 Abs. 2 BTHG, BGBl I 2016, S. 3234) auch die bereits davor bestehenden Rechtsverhältnisse den neuen Regeln unterwerfen wollen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28. April 2004 - B 2 U 12/03 R -, SozR 4-2700 § 70 Nr. 1, juris, Rz. 22 m. w. N.), also vorliegend bereits ab Antragstellung am 10. April 2012. Denn die nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" einzig geforderte Einschränkung des Gehvermögens (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2008 - B 9/9a SB 7/06 R -, SozR 4-3250 § 146 Nr. 1, Rz. 12) ist, wie dargelegt, nicht nachgewiesen.
Die Klägerin hat demgegenüber Anspruch auf Feststellung eines GdB von 70 jedenfalls ab 26. März 2015, wie das SG zu Recht ausgeurteilt hat.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei dem Bescheid vom 8. März 2012 über die Feststellung des GdB mit 60 ab 31. Januar 2008, der in Ausführung des gerichtlichen Vergleiches beim SG im Verfahren S 2 SB 7029/08 erging, handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). Eine Regelung im Sinne des § 31 SGB X ist nach der Rechtsprechung des Senats auch darin zu sehen, dass der Ausführungsbescheid den gerichtlichen Vergleich richtig umsetzt; mit der Folge, dass jeder Ausführungsbescheid Regelungscharakter hat. Haben die Parteien einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, so entspricht es zudem regelmäßig ihrem Willen, dass sie nur eine Einigung über den Gesundheitszustand im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses erzielen, aber keine Regelung für die Zukunft treffen und sich insbesondere nicht des Rechts begeben wollen, auf Änderungen etwa durch Herabsetzungen oder eine Neufeststellung zu reagieren (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 29. April 2014 - L 6 VK 934/12 -, juris, Rz. 20). In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 8. März 2012 vorlagen, ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin bedingen jedenfalls ab 26. März 2015 den höheren GdB von 70.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX, ebenfalls in der Fassung von Art. 2 Ziff. 2 BTHG (BGBl I 2016, S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Das BMAS wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die VersMedV erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "VG" zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden AHP getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verSt.en. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin ab 26. März 2015 mit einem GdB von 70 zutreffend bewertet sind.
Das im Vordergrund stehende Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" hat einen Teil-GdB von 50 zur Folge.
In Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7, wonach Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei St.er behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten sind, stützen die wegen der Erkrankungen der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet, unabhängig ihrer genauen diagnostischen Zuordnung, nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. St. einen GdB von 50 im unteren Bereich des für mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten eröffneten GdB-Rahmens. Mit den psychischen Gesundheitsstörungen, an denen sie leidet, gehen Funktionsstörungen in wichtigen Funktionsbereichen wie Antrieb, Emotionalität beziehungsweise Stimmung, Sozialverhalten, Denken, Intelligenz und Konzentration einher. Außerdem zeigten sich Persönlichkeitsauffälligkeiten. Diese gesamten Funktionsstörungen sind nach Aktenlage schon seit Jahren, wenn auch erst nach Erlass des Bescheides vom 8. März 2012 ausreichend belegt. Bei der Klägerin liegen mittlerweile beginnende mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten und nicht nur leichte vor. Bereits nach dem psychiatrischen Gutachten von Prof. Dr. F. von März 1998 war die berufliche Einsatzfähigkeit der Klägerin eingeschränkt, was allerdings, insoweit folgt der Senat Dr. St. nicht, vorliegend noch keine mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten belegte. Es zeigten sich aber später weitere Störungen der sozialen Interaktion und Kommunikation, mit einer deutlichen Einschränkung der Kontaktaufnahme, starken Stimmungsschwankungen und daraus auch erwachsenden innerfamiliären Problemen und solche im Umgang mit anderen Menschen, wie sich insbesondere erst bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Sch. im August 2013, einschließlich der damaligen Evaluation durch die Dipl.-Psychologin Sch., zeigte. Es besteht bislang zwar keine völlige Isolierung, doch waren das Verhalten und die Störungen während der Begutachtungssituation bei Dr. St. so augenfällig, dass diese bei mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten nachvollziehbar einzuordnen sind. Hierfür ist ein GdB von 50 gerechtfertigt, was den Teil-GdB für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" stützt.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist im Falle der Klägerin der Gesamt-GdB von 70 ab 26. März 2015 bereits mit dem Teil-GdB von 50 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" und den weiteren Teil-GdB von 30 und 20 für die Funktionssysteme "Rumpf" und "Haut", wie sie der Beklagte zuletzt selbst angenommen hat und nach der Beweisaufnahme zwanglos aus den medizinischen Befunddokumenten ableitbar sind, begründbar. Es kommt ob des allein vom Beklagten geführten Rechtsmittels daher nicht mehr darauf an, ob sonstige behinderungsbedingte Funktionsstörungen vorliegen, die einen noch höheren GdB stützen würden.
Der Hilfsantrag der Klägerin, von Amts wegen nach § 103 Satz 1, § 106 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 5 Alt. 2 SGG einen Sachverständigen dazu zu hören, dass ihr Gehvermögen derart eingeschränkt ist, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorliegen, der letztlich auf Einholung eines mitunter so bezeichneten "Obergutachtens" abzielt, war zurückzuweisen. Die Würdigung vermeintlich oder tatsächlich widerstreitender Gutachtenergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen wie die anderer sich vermeintlich oder tatsächlich widersprechender Beweisergebnisse gehört zur Beweiswürdigung des Gerichts selbst (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG). Eine Verpflichtung, ein solches Gutachten einzuholen, besteht selbst bei einander widersprechenden Expertisen im Allgemeinen nicht. Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen (Keller, a. a. O., § 128 Rz. 7d f. m. w. N.). Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten oder eine von etlichen ärztlichen Bekundungen für überzeugend, darf es sich diesem oder dieser anschließen, ohne eine weitere Expertise einholen zu müssen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (st. Rspr., vgl. BSG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - B 9 V 54/13 B -, juris, Rz. 10 und vom 14. Oktober 2016 - B 1 KR 59/16 B -, juris, Rz. 6, jeweils m. w. N.). Liegen mehrere Gutachten oder fachkundige Angaben vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn diese grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde der sie erstellenden beziehungsweise tätigenden Personen geben (vgl. BSG, Beschluss vom 12. Dezember 2003 - B 13 RJ 179/03 B -, SozR 4-1500 § 160a Nr. 3, Rz. 9). Derartige Umstände hat die Klägerin weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich, da insbesondere die Einschätzungen von Dr. B. und Dr. F.-E. nicht durch objektive Befunde untermauert sind und daher nicht dazu geführt haben, dass die Gutachten von Prof. Dr. Sch. und Dr. St. einen unlösbaren Widerspruch enthalten. Der verfassungsrechtliche Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör als Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das gerichtliche Verfahren (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG; vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli 2016 - 1 BvR 1225/15 -, juris, Rz. 10) verpflichtet den Senat im Übrigen nicht, Dr. B. und Dr. F.-E. mündlich zu ihren vorgelegten Berichten und Attesten zu hören. Da § 103 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung enthält (vgl. BVerfG, Beschlüsse des Ersten Senats vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765/89 u. a. - BVerfGE 89, 381 (391) sowie des Zweiten Senats vom 24. März 1982 - 2 BvH 1/82 u. a. -, BVerfGE 60, 175 (210 f.) und vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99 u. a. -, BVerfGE 112, 185 (206)), besteht auch kein verfassungsrechtlicher Anspruch, das einfachrechtlich geregelte Fragerecht gegenüber sachverständigen Zeugen in jedem Fall mündlich auszuüben (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Mai 2013 - 1 BvR 1522/12 -, juris, Rz. 2 m. w. N.).
Der nach § 109 SGG auf Erstattung eines orthopädischen Gutachtens durch Prof. Dr. U. gestellte Hilfsantrag der Klägerin war ebenfalls abzulehnen, da dieses Antragsrecht verbraucht ist. Es ist bereits dadurch hinlänglich ausgeübt worden, dass im erstinstanzlichen Verfahren im Rahmen dieser Norm die internistisch-rheumatologischen und die orthopädisch-chirurgischen Expertisen bei Dr. M. und Dr. P. eingeholt worden sind. Es steht ohnehin grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 - L 6 SB 5267/11 -, juris, Rz. 34 m. w. N.). Der Wortlaut des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG, wonach ein Arzt gutachtlich gehört werden muss, ließe zwar die Einholung mehrerer Gutachten zu, da es sich bei "ein" um einen unbestimmten Artikel und nicht ein Zahlwort handelt. Es entspricht jedoch bereits dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (BSG, Urteil vom 15. April 1991 - 5 RJ 32/90 -, juris, Rz. 16; Kolmetz, SGb 2004, S. 83 (86)). Zudem begrenzt die Regelungssystematik diese weite Auslegung. § 109 SGG als Regelung zu dem Beweismittel des Sachverständigen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 402 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) steht eng im Zusammenhang mit § 103, § 106 SGG, worin bestimmt ist, dass das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat (sog. "Amtsermittlungs- oder Untersuchungsgrundsatz"; vgl. BSG, Beschluss vom 17. März 2010 - B 3 P 33/09 B -, juris, Rz. 12). Diese Vorschriften gelten gemäß § 153 Abs. 1 SGG für das Verfahren vor dem Landessozialgericht entsprechend. Darüber hinausgehend räumt § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG Versicherten, Menschen mit Behinderung, Versorgungsberechtigten und Hinterbliebenen die eng umgrenzte Möglichkeit ein, ihrerseits eine bestimmte sachverständige Person, die eine Ärztin oder ein Arzt sein muss, als Beweismittel zu benennen. Mit einem Beweismittel bewiesen werden soll jedoch eine bestimmte Behauptung, was als Beweisthema bezeichnet wird. Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich daher, auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteile vom 26. Januar 1970 - 7/2 RU 64/69 -, SozR Nr. 37 zu § 109 SGG; vom 6. Mai 1958 - 10 RV 813/56 - SozR Nr. 18 zu § 109 SGG und vom 29. November 1957 - 2 RU 241/56 -, SozR Nr. 14 zu § 109 SGG), nur bei Vorliegen besonderer Umstände. Solche sind zwar in der Literatur anerkannt, wenn für einzelne Gesundheitsstörungen mehrere Facharztgruppen zuständig sind und ein Spezialist auf einem Fachgebiet gehört werden soll, dem die zuerst gehörte sachverständige Person nicht angehört (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013, a. a. O.). Dies kann bei eng verwandten Fachgebieten wiederum Einschränkungen unterliegen (vgl. Roller, in Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl. 2012, § 109 Rz. 10). Mittels des Beweismittels der Sachverständigen Dr. M. und Dr. P. hat die Klägerin bereits versucht, den Nachweis zu führen, dass bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorliegen. Allein wegen dieses Beweisthemas wäre ausnahmsweise, bei Vorliegen besonderer Umstände, die im Falle der Klägerin nicht gegeben sind, eine wiederholte Antragstellung gerechtfertigt gewesen.
Nach alledem war der Berufung des Beklagten teilweise stattzugeben, indem das erstinstanzliche Urteil aufzuheben war, soweit dieser verpflichtet wurde, die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab 26. März 2015 festzustellen und die Klage auch in diesem Umfang abzuweisen. Im Übrigen war das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt eine stärkere Gewichtung in Bezug auf die begehrte Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" gegenüber dem erstrebten höheren GdB.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Klägerin sind in beiden Instanzen zu einem Viertel zu erstatten.
Tatbestand:
Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die Verpflichtung zu den Feststellungen des Grades der Behinderung (GdB) mit 70 und der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleiches "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr", also die Zuerkennung des Merkzeichens "G", seit 26. März 2015.
Die 1959 geborene Klägerin schloss nach dem Besuch der Hauptschule eine einjährige kaufmännische Berufsschule ab. Danach arbeitete sie bis 1983 bei verschiedenen Unternehmen als Kontoristin. Anschließend war sie bis 1996 nicht beruflich tätig. In der Folgezeit bis 2002 arbeitete sie wiederum bei verschiedenen Unternehmen, zuletzt als Raumpflegerin. Von 2004 bis 2008 war sie erneut arbeitslos. Seither bezieht sie eine Rente wegen Erwerbsminderung. Sie ist seit Anfang der 1990er Jahr geschieden. Aus der Ehe ging ein Sohn hervor, der nicht bei ihr lebt. Sie bewohnt seit mehreren Jahren mit ihrer Schwester, die geistig beeinträchtigt ist und die Werkstätte für Menschen mit Behinderung besucht, eine Wohnung.
Bei der Klägerin war erstmals vom damaligen Versorgungsamt Stuttgart mit Bescheid vom 8. Januar 2002 der GdB mit 50 seit 17. Juli 2001 festgestellt worden. Gesundheitliche Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, also Merkzeichen, wurden demgegenüber nicht festgestellt, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Dem lag die Einschätzung der Versorgungsärztin Sch. zugrunde, wonach ein hirnorganisches Psychosyndrom, eine Depression und funktionelle Organbeschwerden mit einem Einzel-GdB von 40 sowie der Haarausfall, eine Hauterkrankung und eine Allergie mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten seien. Die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und Polyarthralgien hätten demgegenüber nur einen Einzel-GdB von 10 zur Folge. Der Verwaltungsbehörde lag insbesondere das von Prof. Dr. F., Leiter der Sektion Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, für das Amtsgericht Böblingen erstattete Gutachten, einschließlich des Zusatzgutachtens des Dipl.-Psychologen O., vor. Nach den Ausführungen von Prof. Dr. F. nach den ambulanten psychiatrischen und psychischen Untersuchungen der Klägerin am 3. und 6. März 1998 hätten sich im Rahmen der psychiatrischen Exploration nach dem klinischen Eindruck und psychischen Befund, wonach sie redselig, weitschweifig, umständlich und auffassungserschwert gewirkt habe, Anzeichen für eine hirnorganische Störung ergeben. Diese sei durch die testpsychologische Untersuchung bestätigt worden. Zwar liege der Intelligenzquotient mit 95 noch nicht im Bereich der Intelligenzminderungen. Gleichwohl untermauerten die auffälligen Testschwächen trotz fehlender anamnestischer Angaben die Verdachtsdiagnose einer frühkindlichen Hirnschädigung, nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10), Kodierung "F07.-", als Persönlichkeits- und Verhaltensstörung aufgrund einer Krankheit, Schädigung oder Funktionsstörung des Gehirns umschrieben. Durch die reduzierte Erfassung komplexer Situationen gerate die Klägerin sehr schnell in Überforderungssituationen, auf die sie mit Selbstunsicherheit und Depressivität reagiere. Die diagnostischen Kriterien einer depressiven Episode hätten zum Untersuchungszeitpunkt nicht vorgelegen.
Nachdem die Anträge auf Neufeststellung des GdB und Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" von Ende Januar 2008 abgelehnt worden waren (Bescheid vom 7. Mai 2008, Widerspruchsbescheid vom 24. September 2008), schlossen die Beteiligten im deswegen beim Sozialgericht Stuttgart (SG) geführten Klageverfahren S 2 SB 7029/08 in der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2012 einen Vergleich, wonach der GdB 60 ab 31. Januar 2008 beträgt. In Ausführung dieses Vergleiches erging der Bescheid vom 8. März 2012. Zugrunde lagen nunmehr auch Funktionsbeeinträchtigungen wegen eines Fibromyalgiesyndroms und eines chronischen Schmerzsyndroms. Die Klägerin hatte sich zwar zunächst mit Schreiben vom 22. Februar 2012 gegen den beim SG einen Tag zuvor geschlossenen Vergleich gewandt, schließlich aber das Verfahren S 2 SB 1465/12 im November 2012 für erledigt erklärt.
Am 10. April 2012 begehrte sie die Neufeststellung des GdB und abermals die Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G", woraufhin das Landratsamt Böblingen medizinische Befundunterlagen, einschließlich eines Berichtes von Dr. B., Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie sowie physikalische und rehabilitative Medizin, von Mai 2012, beizog. Über den stationären Aufenthalt der Klägerin in den Kurkliniken Baden-Baden berichtete der Ärztliche Direktor Prof. Dr. F., es seien eine Spondylitis ankylosans mit sekundärem Fibromyalgiesyndrom, eine auf dem aktuellen Magnetresonanztomogramm (MRT) ersichtliche Spondylitis im Bereich Th8 und Th9, degenerative Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrome mit multiplen Bandscheibenprotrusionen, auch -prolapse in den Abschnitten Th3 bis Th6, eine schwere Osteochondrose, eine drittgradige Chondromalazie im linken Kniegelenk sowie multiple Medikamentenunverträglichkeiten und Allergien diagnostiziert worden.
Dr. M.-T. ging in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Ende Mai 2012 daraufhin von einem Einzel-GdB von 30 für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und der Polyarthrose aus, ein Gesamt-GdB von 60 sei jedoch weiterhin gerechtfertigt. Die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" seien aus den medizinischen Dokumenten nicht ableitbar. Eine Vergleichbarkeit mit dem Verlust eines Beines im Unterschenkel sei nicht gegeben. Daraufhin lehnte das Landratsamt Böblingen die Begehren mit Bescheid vom 26. Juni 2012 ab. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2012 zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin am 25. Oktober 2012 Klage beim SG Klage erhoben, welches schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei Dr. K., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Dr. B., Dr. M., Facharzt für Innere Medizin/Rheumatologie, Acura Kliniken Baden-Baden, Dr. R., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Dipl.-Psych. R. sowie Dr. F.-E., Fachärztin für Anästhesiologie und Spezielle Schmerztherapie eingeholt hat, welche im Februar 2013 und im Folgemonat vorgelegt worden sind.
Dr. K. hat ausgeführt, er folge nicht der versorgungsärztlichen Einschätzung, wonach die Klägerin in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt sei. Eine Gehstrecke von 2 km innerhalb von einer halben Stunde zurückzulegen sei ihr wegen der Beschwerden in den Bereichen der Lendenwirbelsäule sowie der Knie- und Sprunggelenke nicht möglich. Insoweit fielen insbesondere die Berichte von Dr. B. auf. Ein Gesamt-GdB von wenigstens 50 für die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule sowie der Knie- und Sprunggelenke sei gerechtfertigt. Insbesondere die Wirbelsäulenerkrankung sei als schwer einzustufen. Eine spezielle Untersuchung des Kniegelenkes sei von ihm allerdings nicht durchgeführt worden.
Dr. B. hat geäußert, im Gegensatz zur versorgungsärztlichen Einschätzung schränkten die bei der Klägerin bestehenden Leiden das Gehen erheblich ein. Es liege eine sehr ausgeprägte Fibromyalgie mit erheblichen physischen und psychischen Auswirkungen vor. Es sei keine isolierte Gesundheitsstörung, sondern die Kombination mit schweren degenerativen, aber auch entzündlichen Leiden der Wirbelsäule bei nur sehr begrenzter Wirksamkeit modernster Medikamente in Form von Enbrel. Außerdem bestehe ein psychisches Leiden mit Angststörung und phasenweise erregter Depression, was ebenfalls die Schmerz- und Stressbewältigung erheblich einschränke und die schmerzbedingten Behinderungen verSt.e, weswegen eine Kompensation der Fibromyalgie sehr erschwert sei. Darüber hinaus sei eine fortgeschrittene Arthrose im Bereich des linken Kniegelenkes zu berücksichtigen.
Dr. R. hat mitgeteilt, hinsichtlich des neurologischen Fachgebietes stimme sie der versorgungsärztlichen Einschätzung zu. Eine eindeutige neurologische Diagnose sei nicht zu stellen gewesen. Anfang März 2013 sei der neurologische Status unauffällig gewesen. Die Nervenleitgeschwindigkeit des Nervus peronaeus sei mit 38 m/s grenzwertig gewesen. Ein verwertbares neurologisches Krankheitsbild habe somit nicht festgestellt werden können.
Dr. M. hat sich auf den Entlassungsbericht von Prof. Dr. F. über den stationären Aufenthalt der Klägerin im März 2012 und im Folgemonat in den Acura Kliniken Baden-Baden gestützt und ausgeführt, zum Zeitpunkt des stationären Aufenthaltes bedingten die Behinderungen der unteren Gliedmaßen und der Lendenwirbelsäule in der Gesamtschau der Erkrankungen mit führender aktiver rheumatologischer Grunderkrankung einen deutlichen GdB über 50, weshalb auch die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorgelegen hätten.
Dipl.-Psych. R. ist von einer Fibromyalgie mit dauernden erheblichen Funktionseinbußen und Beschwerden ausgegangen. Darüber hinaus leide die Klägerin an einem hirnorganischen Psychosyndrom und einer chronischen Depression, welche zu Störungen der Aufmerksamkeit, der Konzentrationsfähigkeit, der mnestischen Funktionen, des Affektes und der Motivation führten. Sie sei insbesondere im Bereich der außerfamiliären sozialen Integration und derjenigen am Arbeitsplatz eingeschränkt. Sie sei ängstlich kontrollierend, extrem misstrauisch, affektlabil und verletzlich, habe also eine sehr geringe Frustrationstoleranz. Hieraus resultiere eine mittelgradige soziale Anpassungsstörung.
Dr. F.-E. hat kundgetan, bislang seien die schweren degenerativen Veränderungen der gesamten Wirbelsäule und der beidseitigen Iliosakralgelenke im Rahmen des HLA-B27-positiven Morbus Bechterew nicht ausreichend gewürdigt worden. Hierfür sei mindestens ein GdB von 50 angemessen. Nicht beachtet worden seien auch die Gonarthrose und die degenerativen Erscheinungen des Sprunggelenkes, jeweils links, weswegen das Gehen stark schmerzhaft eingeschränkt sei.
Die Klägerin hat den Entlassungsbericht von Prof. Dr. F. über ihren weiteren stationären Aufenthalt in den Acura Kliniken Baden-Baden vom 24. September bis 3. Oktober 2013 vorgelegt, wonach die Aufnahme bei bekannter HLA-B27- positiver Spondyloarthritis bei bestehender Basistherapie mit Etanercept und weiterhin starken Schmerzen erfolgt sei. Durch diese Therapie habe sich bislang keine deutliche Besserung der Beschwerden gezeigt. Es habe sich anamnestisch und klinisch kein Hinweis auf eine aktuell entzündliche Aktivität der Erkrankung gefunden. Radiologisch hätten sich Veränderungen bei dem Zustand nach einer beidseitigen Sakroiliitis und im Bereich der Brustwirbelsäule im Sinne chronischer entzündlicher Veränderungen nicht darstellen lassen. Es sei jedoch eine skoliotische Fehlhaltung mit ausgeprägten osteochondrotischen und spondylarthrotischen Veränderungen gesehen worden, wodurch die Beschwerdesymptomatik im Brustwirbel- und Lumbalbereich zu erklären sei. Für den von der Klägerin beschriebenen Ganzkörperschmerz werde ein Fibromyalgiesyndrom als ursächlich angesehen. Des Weiteren habe ein belastungsabhängiger Schmerz im Bereich der Hüftgelenke beidseits mit deutlichem Innenrotationsschmerz, links mehr als rechts, bestanden. Der radiologische Befund habe keine Coxarthrose belegt. Im Bereich des linken Sprunggelenkes habe sich mittels MRT eine Osteochondrosis dissecans nachweisen lassen.
Das SG hat Prof. Dr. Sch., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, physikalische und rehabilitative Medizin, Rheumatologie, Schmerztherapie und Psychotherapie, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt, wofür er eine Evaluation durch die Dipl.-Psychologin Sch. herangezogen hat. Diese hat nach der ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 14. August 2013 eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelschwere Episode (ICD-10 F33.1), eine nicht näher bekannte Angststörung in Form von sozial- und agoraphobischen Ängsten, welche aktuell nicht die Kriterien für eine spezifische Störung erfüllten (ICD-10 F41.9), eine emotionale Vernachlässigung in der Kindheit (ICD-10 Z62.4) sowie belastende Lebensumstände, welche die Haushaltsführung in Mitleidenschaft zögen (ICD-10 Z63.7), diagnostiziert. Als weitere Diagnose könne ein hirnorganischen Psychosyndrom nach den Aktenunterlagen als gesichert gelten, habe jedoch mit Hilfe des Strukturierten Klinischen Interviews (SKID) nicht gestellt werden können. Die in den Aktenunterlagen dokumentierten psychischen Beeinträchtigungen hinsichtlich einer depressiven Störung und einer Angststörung sowie der beeinträchtigten Integration hätten in der psychologischen Exploration bestätigt werden können. Die Klägerin habe das Bild einer sehr einfach strukturierten, sich kindlich ausdrückenden Frau vermittelt, welche ihren Alltag mit ihrer schwerer geistig behinderten Schwester nur mit großer Mühe bewältige. Ihre mit heftigem Weinen vorgebrachte Schilderung des trotz ihrer Bemühungen verwahrlosten Haushaltes lasse weitere unterstützende Maßnahmen als angebracht erscheinen.
Prof. Dr. Sch. hat nach der ambulanten klinischen Untersuchung am selben Tag ausgeführt, er habe ein chronisches Schmerzsyndrom im Stadium III nach Gerbershagen (Fibromyalgiesyndrom) mit Rückenschmerzen (Zervikalgie, Zervikobrachialgie und Lumboischialgie) bei Osteochondrose des Lendenwirbelkörpers L5/S1, eine HLA-B27-positive Sakroiliitis, multisegmentale Nucleus pulposus-Protrusionen, eine stattgehabte Impressionsfraktur des zweiten Lendenwirbelkörpers, einen Beckenhochstand links, eine Bogenschlussstörung des fünftem Lendenwirbelkörpers, Myalgien und Arthralgien in den Schulter-, Hand-, Hüft-, Knie- und Sprunggelenken bei zweit- bis drittgradiger Chondromalazie im linken Kniegelenk, eine Osteochondrosis dissecans Talus links, Senk- und Spreizfüße beidseits, ein Ganglion im rechten Handgelenk sowie eine Osteopenie festgestellt. Diese Erkrankungen hätten sich durch eine Angststörung und depressive Störung wesentlich verschlimmert. Die multiplen muskuloskelettalen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule, des Schultergürtels, der Hände sowie der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke könnten hinreichend durch das chronische Schmerzsyndrom beziehungsweise das Fibromyalgiesyndrom erklärt werden. Letzteres entspreche einer somatoformen Schmerzstörung, auch wenn beide nicht deckungsgleich seien. Der Unterschied sei jedoch lediglich akademischer Natur. Im Alltag und Leben sei die Klägerin wegen des chronischen Schmerzsyndroms eingeschränkt. In der Kommunikation und Herstellung von sozialen Kontakten bestünden Beeinträchtigungen, da diese aufgrund einer von ihr angegebenen eingeschränkten Mobilität vermindert wahrgenommen werden könnten. Durch die zahlreichen Gelenkbeschwerden könne sie nach eigenen Angaben nur eine maximale Gehstrecke zwischen 500 m und 1.000 m zurücklegen; aber nur, wenn es zwingend erforderlich sei. Als einzigen sozialen Kontakt habe sie denjenigen zu ihrer Schwester angegeben. Somit liege ebenfalls eine Einschränkung der Beziehungsgestaltung vor, da sie keine weiteren sozialen Kontakte pflegen oder überhaupt erst aufbauen könne. Sie habe den Untersuchungsort mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufgesucht und die weitläufigen Wege innerhalb des Klinikums mehrfach zwischen den wechselnden Untersuchungsräumen bewältigt. Somit bestehe subjektiv eine Einschränkung der Mobilität, welche am Tag der gutachterlichen Untersuchung nicht habe objektiviert werden können. Die vorliegende HLA-B27-positive Spondylitis sei klinisch wie radiologisch geringgradig ausgebildet, weshalb hierdurch keine wesentlichen, alltagsrelevanten Einschränkungen bestünden. Bei der klinischen Untersuchung habe sich eine leichtgradige Einschränkung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule gezeigt, welche durch die Beschwerden wegen des chronischen Schmerzsyndroms hervorgerufen worden sei. Die vorliegende depressive Störung und die nachgewiesene Angststörung förderten das Schmerzerleben der muskuloskelettalen Beschwerden. Des Weiteren seien die Konzentrationsfähigkeit irritierbar, die Merkfähigkeit mäßig gestört, die Grundstimmung gemindert, die Freudigkeit erheblich beeinträchtigt und der Antrieb reduziert gewesen. Eine Einschränkung der Mobilität sei jedoch weder muskuloskelettal noch psychisch zu begründen. Die Störung der Teilhabe erkläre sich vor allem durch die psychischen Gesundheitsstörungen in Form einer Beeinträchtigung der Selbstfürsorge, der Haushaltsführung und der sozialen Kontakte. Die depressive Störung und Angststörung bewerte er mit einem Einzel-GdB von 40, das chronische Schmerzsyndrom mit einem Einzel-GdB von 30 und die HLA-B27-positive Sakroiliitis mit einem Einzel-GdB von 20. Hieraus folge ein Gesamt-GdB von 60. Am Tag der Begutachtung habe lediglich eine leichte Verlangsamung des Gangbildes festgestellt werden können. Ursache hierfür seien die diffusen muskuloskelettalen Beschwerden im Bereich der unteren Extremität und des Rückens gewesen, welche vornehmlich auf das zugrundeliegende chronische Schmerzsyndrom beziehungsweise das Fibromyalgiesyndrom, verschlimmert durch Depressivität und Angst, zurückzuführen seien. Eine Störung der Gehfähigkeit im eigentlichen Sinne liege jedoch nicht vor. Die Klägerin könne weiterhin ohne Gefahren für sich oder andere die üblichen Wegstrecken im Ortsverkehr, also 2 km in einer halben Stunde, zu Fuß zurücklegen.
Auf Anträge der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben Dr. M., Chefarzt der Abteilung Innere Medizin/Rheumatologie der Federseeklinik Bad Buchau, und Dr. P., Facharzt für Orthopädie und Chirurgie, im Auftrag des SG Gutachten erstattet.
Dr. M. hat nach der ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 29. April 2014 ausgeführt, auf dem Fachgebiet der internistischen Rheumatologie liege eine HLA-B27-positive Spondyloarthritis mit positivem Kernspinbefund vor. Auf dem Fachgebiet der allgemeinen Inneren Medizin lägen die anamnestisch berichteten Erkrankungen einer Refluxösophagitis, einer Alopezie und aktuell einer Polyneuropathie vor. Auf schmerztherapeutischem Gebiet bestehe eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung im Sinne einer generalisierten Schmerzerkrankung. Diese Gesundheitsstörungen bedeuteten körperlich eine Einschränkung der Beweglichkeit im Bereich der Wirbelsäule, der Greiffähigkeit der Hände, der Benutzbarkeit der Schultergelenke und bezogen auf die Ausstrahlungen vom Rücken auch eine Einschränkung der Gehstrecke. Die ankylosierende Spondylitis bewerte er als mittelschwer mit einem Einzel-GdB von 50 und die Schmerzerkrankung als schwer mit einem Einzel-GdB von 30. Der Gesamt-GdB betrage daher 60. Die schmerzhafte Wirbelsäulenausstrahlung bedeute durchaus eine Einschränkung der Gehstrecke. Aber auch unter Berücksichtigung der eigenen Angaben der Klägerin könne sie an guten Tagen noch rund 1 km in zwanzig Minuten zurücklegen. 2 km im allgemeinen Ortsverkehr in einer Stunde seien ihr möglich, jedoch nicht in der Hälfte der Zeit. Die Gefahren, die sich hieraus ergeben könnten, bezögen sich eher auf das Gebiet der Psychiatrie. Ob aus psychiatrischer Sicht die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorlägen, vermöge er nicht zu beurteilen. Die Klägerin habe angegeben, viele Schmerzmedikamente unregelmäßig einzunehmen. Lyrica, 25 mg, Tramadol, 100 mg und Novalgin, 3 x 500 mg seien jeweils ohne Effekt gewesen. Die Gabe des hochpotenten Medikamentes Enbrel sei achtzehn Monate lang erfolgt, aber ebenfalls ohne Wirkung gewesen. Sie gehe zweimal in der Woche zur Krankengymnastik. Der von der Klägerin mitgebrachten Originalkrankenakte des Hausarztes lasse sich eine Allergie gegen Novaminsulfon entnehmen, obwohl sie angegeben habe, dieses Präparat einzunehmen. Nach einem MRT des Sakroiliakalgelenkes sei eine beidseitige Sakroiliitis nachgewiesen. Die Klägerin hat sich ihm extrem desorientiert gezeigt, vom Eindruck her jedoch etwas strukturierter als im Dezember 2007 bei der Begutachtung im Rahmen eines Verfahrens zur Feststellung eines Rechts auf Erwerbsminderungsrente. Bei der neurologischen Untersuchung seien die Muskeleigenreflexe auslösbar gewesen. Bei der Prüfung des Lasègue-Zeichens habe sie beidseits Schmerzen bei etwa 80° angegeben. Die Muskulatur sei normal kräftig ausgeprägt gewesen. Anhaltspunkte für eine isolierte oder generalisierte Atrophie großer oder kleiner Muskelgruppen hätten sich bei der klinisch-neurologischen Untersuchung nicht gefunden. In rheumatologischer Hinsicht hätten sich zum aktuellen Untersuchungszeitpunkt eine mäßig frische Synovitis der Handwurzel sowie der Metacarpophalangealgelenke II und III, jeweils beidseits, gefunden. Weitere Gelenkschwellungen hätten sich aber nicht gezeigt. Sonstige typische Deformierungen, wie sie bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vorkämen, wie eine 90-90-Deformierung der Daumen und Knopfloch- oder Schwanenhalsdeformierungen, seien ebenfalls nicht zu erkennen gewesen. Allerdings habe sich ein tastbares Ganglion des rechten Handgelenkes gezeigt. Zusätzlich habe sich der Aspekt einer leichten Fingerpolyarthrose gefunden. Bei der Messung nach der Neutral-0-Methode hätten sich, mit Ausnahme der Schultergelenke, für die peripheren Gelenke keine wesentlichen Abweichungen vom normalen Bewegungsausmaß und keine weiteren klinischen Auffälligkeiten gezeigt, die über das für eine Fibromyalgie typische Beschwerdebild hinausgingen. Die Außen- und Innenrotation sei, bei um 90° angehobenem Oberarm, für beide Schultergelenke mit 60-0-60° gemessen worden; mit anliegendem Oberarm hätten die Werte beidseits 30-0-80° betragen. Die Ante- und Retroversion beider Schultergelenke sei bis 110-0-30° sowie die Abduktion und Adduktion mit beidseits 90-0-30° demonstriert worden. Bei der Untersuchung der Wirbelsäule habe sich eine mäßige s-förmige Skoliose der Brust- und Lendenwirbelsäule gezeigt. Die Klägerin habe allerdings massiv gegengespannt, weshalb die Maße nur bedingt verwertbar seien. Formal sei die Rotationsbewegung der Halswirbelsäule beidseits bis etwa 40° und die Seitneigung beidseits bis etwa 30° demonstriert worden. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/32 cm und 10/13 cm gemessen worden. Die Torsionsbewegung und die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule seien in alle Richtungen etwa auf die Hälfte reduziert gewesen. Der Finger-Boden-Abstand habe etwa 45 cm betragen. Das Mennell-Zeichen sei beidseits hochpositiv gewesen.
Dr. P. hat nach der ambulanten klinischen und röntgenologischen Untersuchung der Klägerin am 26. März 2015, einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahme von Oktober 2015 kundgetan, die Funktionsstörungen der Wirbelsäule bedingten einen Einzel-GdB von 40. Dieser resultiere daraus, dass auch die Halswirbelsäule einzubeziehen sei. Die beschriebene funktionell ungünstige Stellung in Kyphosehaltung bei Bandscheibenprotrusionen und Degenerationen im Bereich C4 bis C7 sowie die deutlich eingeengten Wirbelaustrittslöcher bewirkten die funktionell ausgeprägten Muskelverspannungen im Schultergürtel. Dies führe zu den Bewegungseinschränkungen der Schultergelenke, welche aktiv nur gering über die Horizontale hinaus bewegbar seien, ohne dass jeweils ein intraartikulärer krankhafter Befund zu erkennen sei. Da es sich bei dem klinischen Befund sowohl um die schmerzhafte hypertone Muskulatur handele wie auch um Ansatzschmerzen der Sehnen und an den knöchernen Strukturen, bestehe eine Überschneidung mit der chronischen Schmerzstörung im Rahmen eines Fibromyalgiesyndroms. Gerade deshalb sei aber ein GdB von 40 anzunehmen. Die entzündlich-rheumatische Erkrankung in Form eines Morbus Bechterew mit geringen Auswirkungen habe einen Einzel-GdB von 20 und die Polyarthrose der Finger in Form einer Heberden-Bouchard-Arthrose einen Einzel-GdB von 10 zur Folge. Bei einarmiger Einschränkung der Gebrauchsfähigkeit der Schultergelenke über die Horizontale hinaus, sei nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen ein GdB von 10 ohne Berücksichtigung der Schmerzen vorgesehen. Die Klägerin leide demgegenüber an einer beidseitigen Bewegungseinschränkung mit deutlicher Schmerzhaftigkeit, so dass insoweit ein Einzel-GdB von 20 angemessen sei. Abweichungen zu den versorgungsärztlichen Einschätzungen ergäben sich aus der Gesamteinschätzung unter Berücksichtigung sämtlicher Gesundheitsstörungen mit deren Auswirkungen auf den Bewegungsapparat und dessen Funktionsstörungen, wie sie im Einzelnen nicht voneinander zu trennen seien. Unter Berücksichtigung eines chronischen Schmerzsyndroms beziehungsweise eines Fibromyalgiesyndroms mit einem Einzel-GdB von 40 und einer Hauterkrankung, einschließlich des Haarausfalles, mit einem Einzel-GdB von 20, sei ein Gesamt-GdB von 70 gerechtfertigt. Die degenerativ-rheumatisch-entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule bewirke eine verminderte Beweglichkeit und damit Fähigkeit der Reizbeantwortung bei gleichzeitiger VerSt.ung des chronischen Schmerzsyndroms beziehungsweise Fibromyalgiesyndroms. Daraus folge eine schnelle Ermüdung der muskulären myofaszialen Funktion, wie sich bei seiner gutachterlichen Untersuchung am Laufband-Ergometer gezeigt habe. Gleichzeitig seien Belastungsbeschwerden am Bein, Fuß und an der Hüfte, jeweils links, hinzugetreten, so dass es frühzeitig zu einem dem Giving-Way-Syndrom ähnlichen Absinken der Beine komme. Bei der Annahme, in Bezug auf die unteren Extremitäten lägen nur leichtgradige Funktionseinschränkungen vor, werde nicht berücksichtigt, dass sich aufgrund der Wirbelsäulen-Symptomatik eine deutlich beschriebene Minderbelastungsfähigkeit in Bezug auf das Gehvermögen und alle Fertigkeiten, die eine Belastung des statischen Systems voraussetzten, ergäben. Die Klägerin könne wegen der bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen bei erheblichen Schwierigkeiten oder Gefahren für sich oder andere die üblichen Wegstrecken im Ortsverkehr, welche etwa 2 km in einer halben Stunde betrügen, nicht zurücklegen. Die Gesamtgehstrecke betrage nicht mehr als 300 m, welche in acht Minuten zurückgelegt werden könnten, was sich anhand des Laufband-Ergometers habe nachvollziehen lassen.
Bei der Anamnese habe sie angegeben, den Dipl.-Psych. R. seit zehn Jahren einmal im Monat aufzusuchen. Die 50 m Wegstrecke zum Laufband seien links hinkend, kurzschrittig verlangsamt und ohne Stockhilfe zurückgelegt worden. Der Auftritt auf das im Rehabilitationszentrum befindliche Laufband sei erschwert und nur mit Armhilfe möglich gewesen. Die Untersuchung sei unter Assistenz eines diplomierten Sportlehrers erfolgt. Dabei sei es der Klägerin nicht möglich gewesen, die Balance ohne seitliche Stabilisierung zu halten. Die Geschwindigkeit sei mit 2 km/h eingestellt worden, was sie fünf Minuten durchgehalten habe, allerdings bei zunehmendem Vorwärtsbeugen des Oberkörpers und empfundenem Unsicherheitsgefühl. Nach einer im Stehen durchgeführten Pause, habe sie erneut drei Minuten gehen können, wiederum mit der Angst verbunden, dass ihre Beine nachgäben. Zusammengefasst bestehe eine sehr deutliche Minderung der Kraftausdauer, so dass eine Gehleistung ohne Gehhilfe, wie sie üblicherweise geleistet werde, weit verfehlt werde. Das Gehen von fünf Minuten bei einer Geschwindigkeit von 2 km/h entspreche 167 m. Würden die drei Minuten nach kurzer Pause hinzugenommen, also eine Gehdauer von weiteren acht Minuten, ergebe sich eine Gehstrecke von insgesamt 286 m. Bei der Untersuchung habe sich ihm keine mangelnde Motivation oder gar Simulation der Klägerin gezeigt. Auf dem Laufband sei bei der einfach strukturierten Klägerin eine Angststörung ablesbar gewesen. Während der ergometrischen Untersuchung habe sie sich immer weiter nach vorne gebeugt, mit der Gefahr des Sturzes schon bei geringer Geschwindigkeit.
Das SG hat mit Urteil vom 20. Januar 2016, unter Abweisung der Klage im Übrigen, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung verpflichtet, bei der Klägerin einen GdB von 70 und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Merkzeichens "G", jeweils ab 26. März 2015, anzuerkennen. Die Klägerin leide vor allem an einem Fibromyalgiesyndrom und den damit verbundenen depressiven Anpassungsstörungen. Unter Berücksichtigung der damit einhergehenden Auswirkungen in Form von Ganzkörperschmerzen, einer Depression und des Haarausfalles sei ein GdB von 60 gerechtfertigt. Hierdurch würden der Alltag und das Leben der Klägerin erheblich eingeschränkt. Insbesondere im Bereich der Kommunikation, Herstellung von sozialen Kontakten und der Mobilität machten sich die Einschränkungen bemerkbar. So müsse im Wesentlichen die behinderte Schwester den Haushalt verrichten. Wegen der Beschwerden bestünde eine absolute Einschränkung sowohl hinsichtlich der Fähigkeit, einem Beruf nachzugehen, sowie in Bezug darauf, regelmäßigen Freizeitaktivitäten nachzukommen. Wegen der starken Schmerzen sei sie weiter in der Körperpflege eingeschränkt; so sei es ihr etwa nicht möglich, ihre Fußnägel zu schneiden. Sie sei ebenso nicht in der Lage, schwere Gegenstände zu heben. Es seien ihr lediglich maximal 4 kg zumutbar. Die maximale Gehstrecke sei ebenfalls erheblich reduziert. Hinzu träten eine depressive Störung und eine Angststörung, welche das Schmerzerleben der muskuloskelettalen Beschwerden verSt.e. Die Konzentrationsfähigkeit sei irritierbar, die Merkfähigkeit mäßig gestört, die Grundstimmung gemindert, die Freudigkeit erheblich beeinträchtigt und der Antrieb reduziert. Nach alledem sei eine ernste affektive Beeinträchtigung durch die depressive Symptomatik mit Erschöpfung, ausgeprägtem Überforderungs- und Wertlosigkeitsgefühl sowie Suizidgedanken festzuhalten. Kognitive Einschränkungen sowie Beeinträchtigungen der Alltagsbewältigung und der sozialen Integration würden hierdurch weiter verSt.t. Der entsprechende Leidensdruck sei zudem hinreichend dokumentiert. Alle Ärzte, welche die Klägerin behandelten, hätten bereits auf der Basis der mit der Fibromyalgie verbundenen Teilhabeeinschränkungen einen GdB von mindestens 50 befürwortet. Weiterhin zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang die vegetative Symptomatik mit bereits seit 2011 dokumentierten Gesundheitsstörungen in Form von chronischen Magen-Darm-Beschwerden, einer Harninkontinenz, von Haarausfall, einer chronische Müdigkeit und eines Sicca-Syndroms. Aufgrund dieser Befunde liege bei der Klägerin eine schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten als dauerhafte Gesundheitsstörung vor, die aufgrund der umfassenden und nicht auf einzelne Bereiche des gesellschaftlichen Lebens begrenzten Teilhabeeinschränkungen einen GdB von 60 bedinge. Die Ausschöpfung des GdB-Rahmens bis 70 sei jedoch nicht gerechtfertigt, da die teilweise dokumentierte Diagnose eines hirnorganischen Psychosyndroms keiner der Gutachter bestätigt habe. Unter Berücksichtigung des weiteren Einzel-GdB von 20 für das Funktionssystem "Rumpf" sei ein Gesamt-GdB von 70 begründet. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G". Die Einschränkungen des Gehvermögens beruhten vor allem auf der degenerativen Erkrankung der Wirbelsäule bei gleichzeitiger VerSt.ung durch das chronische Fibromyalgiesyndrom, so dass es zu einer sehr schnellen Ermüdung der muskulären myofaszialen Funktion komme, wie sich am Laufband-Ergometer im Rahmen der Untersuchung bei Dr. P. gezeigt habe. Gleichzeitig träten Belastungsbeschwerden am Bein, Fuß und an der Hüfte, jeweils links, hinzu, so dass es frühzeitig zu einem dem Giving-way-Syndrom ähnlichen Absinken der Beine komme. Die Kammer schließe sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des zuletzt gehörten Sachverständigen Dr. P. an. Das Gehvermögen werde durch die anhaltende somatoforme Schmerzstörung in gleichem Maße eingeschränkt wie in den nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen beispielhaft genannten Fällen und sei auf etwa 1 km reduziert. Soweit der Beklagte unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung die Ansicht vertrete, psychische Störungen könnten allein nicht die erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr auslösen, könne dies nur entsprechend der abschließenden Aufzählung in § 146 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) Fallgestaltungen betreffen, in denen sich, anders als vorliegend, die psychische Störung gerade nicht unmittelbar auf das Gehvermögen selbst auswirke. Es sei danach zu differenzieren, ob die psychische Störung dazu führe, dass der Mensch mit Behinderung daran gehindert sei, sich im Straßenverkehr beziehungsweise öffentlichen Raum zurechtzufinden oder dieser, wie vorliegend, schmerzbedingt tatsächlich in seinem Gehvermögen eingeschränkt sei. Die Funktionseinschränkungen an der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten, die sich jeweils nicht nennenswert auf das Gehvermögen auswirkten, würden durch die gravierende Schmerzsymptomatik derart verSt.t und überlagert, dass eine Gleichstellung mit den in den Regelbeispielen genannten Personengruppen gerechtfertigt sei. Das gravierende Ganzkörperschmerzerleben sei ohne Zweifel psychisch bedingt und nicht organisch veranlasst. Es wirke sich aber final betrachtet, also orientiert am tatsächlich bestehenden Zustand, als behinderungsbedingte Einschränkung des Gehvermögens unmittelbar auf die Bewegungsfähigkeit der Klägerin im Straßenverkehr aus. Diese Sichtweise sei durch das Bundessozialgericht (BSG) ausdrücklich bestätigt worden.
Gegen die dem Beklagten am 2. Februar 2016 zugestellte Entscheidung hat dieser am 22. Februar 2016 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und zur Begründung vorgetragen, ein Einzel-GdB von 60 für die psychische Störung einschließlich des Schmerzsyndroms entsprechend einer schweren Störung sei nicht nachgewiesen. Deswegen könne eine im Wesentlichen psychisch bedingte erhebliche Gehbehinderung ebenfalls nicht angenommen werden. Der vom SG in der Bewertung der Fibromyalgie einbezogene Haarausfall sei nicht Auswirkung dieser Erkrankung, sondern organisch bedingt. Das auf dem Laufband bei Dr. P. gezeigte unphysiologische Gangbild mit immer St.erer Beugung nach vorne mit der Gefahr eines Sturzes entspreche nicht dem normalen Gehen auf der Straße, sondern sei eher der ungewohnten Situation für die einfach strukturierte Klägerin geschuldet gewesen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Januar 2016 aufzuheben, soweit er verpflichtet worden ist, den Grad der Behinderung bei der Klägerin mit 70 und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G", jeweils ab 26. März 2015, festzustellen und die Klage umfassend abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise von Amts wegen einen Sachverständigen dazu zu hören, dass ihr Gehvermögen derart eingeschränkt ist, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorliegen, höchsthilfsweise zu dieser Beweistatsache Prof. Dr. Ch. U., Arzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, Göppingen nach § 109 Sozialgerichtsgesetz gutachtlich zu hören.
Sie trägt im Wesentlichen vor, es sei hinlänglich bestätigt, dass ihre behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen einen Gesamt-GdB von 70 und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" begründeten. Insbesondere Dr. B. habe objektiviert, dass ihr Gehvermögen auf 300 m mit dem Erfordernis begrenzt sei, stehen zu bleiben und sich gegebenenfalls wegen der Rückenschmerzen hinsetzen zu müssen. Auch habe Dr. F.-E. auf die im Vordergrund stehende Hüftproblematik links mit zunehmender Coxarthrose hingewiesen. Nach dem von ihr erhobenen Befund sei die Rotationsfähigkeit und Abspreizbarkeit im Hüftgelenk links deutlich gegenüber rechts eingeschränkt gewesen. Dieser orthopädische Befund indiziere, dass das Gehvermögen auf unter 2 km reduziert sei, was durch den Bericht von Dr. B. von Oktober 2016 bestätigt werde, wonach sie Schmerzen im Bereich des Rückens mit Ausstrahlungen in das Becken und beide Beine, vorrangig links, habe. Damit sei das Gehen zum Teil erheblich eingeschränkt, wenn auch variabel. Dr. K. untermauere darüber hinaus, dass sie aktuell und seit längerer Zeit Schmerzen im Bereich der Achillessehne bei bekanntem Morbus Bechterew habe. Zumindest müsse sich das Gericht gedrängt fühlen, wegen der aktuellen Arztberichte von Dr. B. und Dr. F.-E. diese mündlich anzuhören, ob sie überhaupt noch in der Lage sei, zumutbar eine Wegstrecke von mehr als 300 m zurückzulegen. Andernfalls werde ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, zumindest unter dem Gesichtspunkt eines fairen Verfahrens. Die Tatsache der Einschränkung des Gehvermögens sei eine empirische, welcher das Gericht aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes nachzugehen habe.
Im Berufungsverfahren ist Dr. St. mit der Erstattung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt worden. Nach der ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 5. August 2016 hat er dargelegt, er könne sich auf neurologischem Gebiet der Einschätzung eines Einzel-GdB von 10 für die leichte Polyneuropathie anschließen. Die aktuell feststellbaren Funktionsstörungen bezögen sich lediglich auf die Gefühlsempfindung. Nach dem von ihm erhobenen psychiatrischen Befund sei es schwierig, die festgestellten Funktionsstörungen einer klar definierten psychischen Störung oder auch verschiedenen Störungen der aktuell gültigen Ausgabe der ICD-10 zuzuordnen. Die psychischen Hauptauffälligkeiten könne er diagnostisch nicht einordnen. Die Schwierigkeit habe sich letztlich auch bei Durcharbeitung der verschiedenen nervenärztlichen Gutachten, bei denen ganz unterschiedliche diagnostische Zuordnungen vorgenommen worden seien, gezeigt. Er gehe daher weiter von einer ängstlichen (vermeidenden) Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.6) aus. Damit einher gingen psychische Funktionsstörungen in wichtigen Funktionsbereichen wie Antrieb, Emotionalität beziehungsweise Stimmung, Sozialverhalten, Denken, Intelligenz und Konzentration. Außerdem hätten sich Persönlichkeitsauffälligkeiten gezeigt. Diese gesamten Funktionsstörungen seien nach Aktenlage schon seit Jahren belegt. Bei der Klägerin sei von beginnenden mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten und nicht nur von leichten auszugehen. Bereits nach dem psychiatrischen Gutachten von Prof. Dr. F. von März 1998, dem er sich anschließe, sei die volle berufliche Einsatzfähigkeit der Klägerin eingeschränkt gewesen. Allein diese Tatsache sei bereits bei den mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einzuordnen. Es zeigten sich weiter Störungen der sozialen Interaktion und Kommunikation, mit einer deutlichen Einschränkung der Kontaktaufnahme, starken Stimmungsschwankungen sowie daraus auch erwachsenden innerfamiliären Problemen und solche im Umgang mit anderen Menschen. Es bestehe zwar keine völlige Isolierung, doch seien das Verhalten und die Störungen so augenfällig, dass diese bei mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einzuordnen seien. Hierfür sei ein Einzel-GdB von 50 gerechtfertigt. Außerdem sei auf den Haarausfall hinzuweisen, die einfache Polyneuropathie als chronische Nervenerkrankung, insbesondere an den Füßen, sowie auf die degenerativen orthopädischen Erkrankungen. Unter Berücksichtigung der für ihn fachfremden GdB halte er einen Gesamt-GdB von 70 für angemessen. Weder aus psychiatrischen Gründen aufgrund beispielsweise einer ausgeprägten Antriebsstörung mit -armut noch aus körperlichen Gründen, seien sie orthopädisch-chirurgischer oder neurologischer Natur, sei die Klägerin nicht in der Lage, mit adäquatem Tempo Gehstrecken zurückzulegen. Bei der Begutachtung habe sie einen einfachen Gehstock der LEKI L. GmbH benutzt, mit dem sie aber durchaus ohne gravierende Einschränkungen des Tempos und ohne erkennbare besondere Schmerzhaftigkeit gehfähig sei. Sie habe nach eigenem Bekunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Begutachtung anreisen können und nur deshalb ein Taxi vom Bahnhof zur Praxis benutzt, da die Brücke über die Bahnlinie für Fußgänger derzeit gesperrt gewesen sei und sonst ein ausgesprochen langer, mehrere Kilometer umfassender Umweg notwendig gewesen wäre. Die Klägerin habe auch den gesamten Weg von zu Hause zur Bushaltestelle zu Fuß bewältigen und am örtlichen Bahnhof in Villingen die Unterführung ohne Fahrstuhl zurücklegen können. Die medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" lägen damit nicht vor. Deren Vorliegen lasse sich weder neurologisch noch psychiatrisch begründen und nach Sichtung der Akten auch nicht orthopädisch-unfallchirurgisch.
Dem schriftlichen Vergleichsvorschlag des Berichterstatters, wonach der Beklagte den GdB mit 70 ab 26. März 2015 feststellt, die Klägerin die Klage zurücknimmt und er ihr die außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen dem Grunde nach zu einem Viertel erstattet, hat der Beklagte zugestimmt, nicht aber die Klägerin. Sie ist der Auffassung, Dr. St. habe sie nicht ganzheitlich beurteilt. Seine gestellte Diagnose erfasse nicht vollständig ihren Gesundheitszustand, so dass sein Gutachten für die Entscheidungsfindung nicht herangezogen werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, einschließlich der SG-Akten S 2 SB 7029/08 und S 2 SB 1465/12, sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere statthafte Berufung (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG) des Beklagten ist teilweise begründet. Dessen Bescheid vom 26. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), soweit damit die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" versagt wurden. Diese liegen nicht vor. Das SG hätte die insoweit als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) erhobene Klage auch für die Zeit ab 26. März 2015, dem Tag der Untersuchung bei Dr. P., abweisen müssen. Im Übrigen ist die Berufung des Beklagten nicht begründet, da er im erstinstanzlichen Verfahren zu Recht jedenfalls ab diese Datum dazu verpflichtet worden ist, den GdB mit 70 festzustellen. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist in Bezug darauf rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Gegenstand des ausschließlich von dem Beklagten angestrengten Berufungsverfahrens sind das Urteil des SG vom 20. Januar 2016, soweit dieser sinngemäß unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 26. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2012 verpflichtet worden ist, bei der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 8. März 2012 den GdB mit 70 und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G", jeweils ab 26. März 2015, festzustellen. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Merkzeichens "G" ab 26. März 2015.
Die Feststellung von Merkzeichen richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 4 SGB IX in der aktuellen Fassung durch Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach Absatz 1 (§ 69 Abs. 4 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, wenn dafür ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird (§ 69 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 SGB IX). Auf Antrag des Menschen mit Behinderung stellen die zuständigen Behörden gemäß § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB IX aufgrund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über weitere gesundheitliche Merkmale aus.
Zu diesen Merkmalen gehört die erhebliche Beeinträchtigung im Straßenverkehr. Menschen mit Schwerbehinderung, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, werden von Unternehmerinnen oder Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert (§ 145 Abs. 1 SGB IX). In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Der seit 1. Januar 2009 an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 im Interesse einer gleich-mäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getretenen Anlage zu § 2 der am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz - BVG - (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilsausgleiches entnehmen. Denn die "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für den nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleich "G" unwirksam, da es insoweit zum Erlasszeitpunkt an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlte. Eine solche Ermächtigung fand sich weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30. Juni 2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 1. Juli 2011 noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (Urteile des Senats vom 9. Juni 2011 - L 6 SB 6140/09 -, juris und vom 4. November 2010 - L 6 SB 2556/09; Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 9. Mai 2011 - L 8 SB 2294/10 - und vom 14. August 2009 - L 8 SB 1691/08 -, jeweils juris sowie vom 24. September 2010 - L 8 SB 4533/09; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
Diesen Mangel hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über einen Dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung und zur Aufhebung des Beschlusses 2003/174/EG vom 7. Januar 2015 (BGBl II S. 15) beseitigt und mit § 70 Abs. 2 SGB IX eine neue Verordnungsermächtigung unmittelbar im SGB IX eingefügt. Danach wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend und nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Da die VersMedV einschließlich ihrer Anlage zu § 2 VersMedV nicht auf der Grundlage dieser erst seit 15. Januar 2015 gültigen Verordnungsermächtigung erlassen worden ist, ist nach wie vor deren Anwendung hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Merkzeichens "G" nicht möglich. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber durch den ebenfalls mit Gesetz vom 7. Januar 2015 (BGBl II S. 15) neu eingefügten § 159 Abs. 7 SGB IX Rechnung getragen. Danach gelten, soweit noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Hierdurch konnte zwar nicht die bezüglich der in den VG enthaltenen Regelungen zu den Merkzeichen "G", "B", "aG" und "Gl" teilunwirksame VersMedV neu erlassen oder als Verordnung für anwendbar erklärt werden, da es insoweit schon an der Zuständigkeit des Gesetzgebers hinsichtlich einer vom BMAS zu erlassenden Verordnung fehlte. Mit noch hinreichend bestimmtem Gesetzeswortlaut (vgl. zum rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 3. September 2014 - 1 BvR 3353/13 -, juris) hat der Gesetzgeber jedoch mit der in § 159 Abs. 7 SGB IX getroffenen Regelung zum Ausdruck gebracht, dass er sich den insoweit maßgeblichen Verordnungstext in der Anlage zu § 2 VersMedV, also die unter VG, Teil D, Nrn. 1 bis 4 getroffenen Bestimmungen, zu eigen machte und bis zum Inkrafttreten der neuen Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX insoweit die VG Gesetzescharakter haben (vgl. BT-Drucks. 18/3190, S. 5).
Bei der Prüfung der Frage, ob die in § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Voraussetzungen vorliegen, ist nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles abzustellen, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein, also altersunabhängig, von Menschen ohne Behinderung, noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa 2 km, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (VG, Teil D Nr. 1 b). Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, etwa bei Versteifung des Hüftgelenkes, Versteifung des Knie- oder Fußgelenkes in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Auch bei inneren Leiden kommt es bei der Beurteilung entscheidend auf die Einschränkung des Gehvermögens an. Dementsprechend ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit vor allem bei Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 und bei Atembehinderungen mit dauernder Einschränkung der Lungenfunktion wenigstens mittleren Grades anzunehmen. Auch bei anderen inneren Leiden mit einer schweren Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit, etwa chronische Niereninsuffizienz mit ausgeprägter Anämie, sind die Voraussetzungen als erfüllt anzusehen (VG, Teil D Nr. 1 d). Störungen der Orientierungsfähigkeit, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit führen, sind bei allen Sehbehinderungen mit einem GdB von wenigstens 70 und bei Sehbehinderungen, die einen GdB von 50 oder 60 bedingen, nur in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit beiderseits, geistige Behinderung) anzunehmen. Bei Hörbehinderungen ist die Annahme solcher Störungen nur bei Taubheit oder an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit im Kindesalter (in der Regel bis zum 16. Lebensjahr) oder im Erwachsenenalter bei diesen Hörstörungen in Kombination mit erheblichen Störungen der Ausgleichsfunktion (z. B. Sehbehinderung, geistige Behinderung) gerechtfertigt. Bei Menschen mit geistiger Behinderung sind entsprechende Störungen der Orientierungsfähigkeit vorauszusetzen, wenn sie sich im Straßenverkehr auf Wegen, die sie nicht täglich benutzen, nur schwer zurechtfinden können. Unter diesen Umständen ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit bei geistigen Behinderungen mit einem GdB von 100 immer und mit einem GdB von 80 oder 90 in den meisten Fällen zu bejahen. Bei einem GdB unter 80 kommt eine solche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht (VG, Teil D Nr. 1 f).
Nach diesen Maßstäben leidet die Klägerin nicht an einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr.
Dabei war der Senat nicht an den Inhalt der bestandskräftigen Bescheide vom 8. Januar 2002 und 7. Mai 2008 gebunden, mit denen - bei der früheren Verwaltungsentscheidung nach Auslegung entsprechend § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) - jeweils die negative Feststellung getroffen wurde, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht vorliegen. Diese betrafen indes nur die im Vorfeld eingeleiteten und damit abgeschlossenen Ausgangsverwaltungsverfahren. Eine der materiellen Bestandskraft (§ 77 SGG) fähige Feststellung ist jeweils nur insoweit getroffen worden, als das Begehren der Klägerin nach dem maßgeblichen Sach- und Rechtsstand bis zum Abschluss des jeweiligen Verwaltungsverfahrens beurteilt wurde. Eine solche negative Feststellung schließt das Verwaltungsverfahren ab, entfaltet jedoch keine Wirkung für die Zukunft (Urteil des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 2782/15 -, juris, Rz. 44). Wäre es anders, so käme dem Verwaltungsakt Dauerwirkung zu (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 1999 - B 9 SB 4/98 R -, SozR 3-1500 § 77 Nr. 3), was nicht der Fall ist, da seine Regelungswirkung nach dem zu Grunde liegenden materiellen Recht nicht über die punktuelle Gestaltung des Rechtsverhältnisses der Beteiligten hinausreicht (vgl. Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum Zehnten Buch Sozialgesetzbuch - SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 3 mit § 45 Rz. 64). Aus diesem Grund findet vorliegend auch § 48 SGB X keine Anwendung.
Zwar ist die Klägerin bereits seit der mit Bescheid vom 8. Januar 2002 getroffenen Feststellung des GdB mit 50 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Es liegen bei ihr indes nach den vorstehenden Ausführungen weder auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen oder der Lendenwirbelsäule vor, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen, noch sind Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 eingetreten, die sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken. Auch sind bei ihr keine wesentlich einschränkenden inneren Leiden oder Störungen der Orientierungsfähigkeit vorhanden. Zu diesem Ergebnis sind im Ergebnis nicht nur nahezu alle die Klägerin behandelnden Ärztinnen und Ärzte gelangt, sondern auch sämtliche in diesem Verfahren gehörten Sachverständigen, Dr. P. hat jedenfalls für den Senat nicht ersichtlich das Gegenteil hergeleitet. Der sachverständige Zeuge Dr. K. hat einen Gesamt-GdB von wenigstens 50 nicht nur aus den Funktionseinschränkungen der gesamten Wirbelsäule, in Bezug darauf ohnehin lediglich der untere Abschnitt maßgeblich ist, abgeleitet, sondern auch aus Funktionsstörungen der Knie- und Sprunggelenke. Eine spezielle Untersuchung der Kniegelenke führte er jedoch selbst nicht durch, wie er offengelegt hat.
Die nachgewiesenen Gesundheitsstörungen des Bewegungsapparates schränken die Gehfähigkeit der Klägerin zudem nicht erheblich ein. Sie ist in der Lage, ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden, also Strecken von etwa 2 km in etwa einer halben Stunde. Hierfür stützt sich der Senat nicht nur auf die nachvollziehbare Bewertung durch den Sachverständigen Dr. St., welcher die Klägerin als einziger nach Dr. P. begutachtete. Anhand der Expertise des weiteren Sachverständigen Prof. Dr. Sch. zeigt sich anschaulich, dass sie durchgängig in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt gewesen ist. Prof. Dr. Sch. hat auf der Grundlage seiner gutachterlichen Untersuchung Mitte August 2013 nachvollziehbar eine Störung der Gehfähigkeit im eigentlichen Sinne ausgeschlossen und die schlüssige Einschätzung vorgenommen, dass die Klägerin ohne Gefahren für sich oder andere die üblichen Wegstrecken im Ortsverkehr, also 2 km in einer halben Stunde, zu Fuß zurücklegen kann. Eine Einschränkung der Mobilität ließ sich weder muskuloskelettal noch psychisch begründen. Prof. Dr. Sch. beobachtete nur ein auf die diffusen muskuloskelettalen Beschwerden im Bereich der unteren Extremität und des Rückens, welche vornehmlich durch das zugrundeliegende chronische Schmerzsyndrom beziehungsweise das Fibromyalgiesyndrom, verschlimmert durch Depressivität und Angst, hervorgerufen worden waren, zurückzuführendes leicht verlangsamtes Gangbild. Hierdurch erklärt sich, dass sie bei Prof. Dr. Sch. die weitläufigen Wege innerhalb des Klinikums mehrfach zwischen den wechselnden Untersuchungsräumen bewältigte. Somit bestand zwar mitunter subjektiv eine Einschränkung der Mobilität, welche am Tag dessen gutachterlicher Untersuchung indes nicht objektiviert werden konnte. Der Sachverständige Dr. M. stellte bei seiner Untersuchung Ende April 2014 eine normale und kräftig ausgeprägte Muskulatur fest. Anhaltspunkte für eine isolierte oder generalisierte Atrophie großer oder kleiner Muskelgruppen fanden sich bei seiner klinisch-neurologischen Untersuchung nicht. Es mögen dann zwar die Ausstrahlungen von der Wirbelsäule auch zu einer Einschränkung der Gehstrecke geführt haben. Den Schluss, die Klägerin könne deshalb zwar eine Gehstrecke von 2 km zurücklegen, nicht aber in einer halben Stunde, welchen Dr. M. hieraus zieht, kann der Senat vor diesem Hintergrund allerdings nicht nachvollziehen. In Fortführung hierzu hat schließlich Dr. St. überzeugend ausgeführt, dass sich weder aus psychiatrischen Gründen aufgrund beispielsweise einer ausgeprägten Antriebsstörung mit -armut noch aus körperlichen Gründen, seien sie orthopädisch-chirurgischer oder neurologischer Natur, die Klägerin nicht in der Lage ist, mit adäquatem Tempo Gehstrecken zurückzulegen. Bei dessen Begutachtung benutzte sie ausschließlich einen handelsüblichen Gehstock, während der Untersuchung bei Dr. P. sogar nur einen Stockschirm, mit dem sie nach dem Eindruck von Dr. St. durchaus ohne gravierende Einschränkungen des Tempos und ohne erkennbare besondere Schmerzhaftigkeit gehfähig war. Damit in Einklang steht, dass sie nach eigenem Bekunden mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Untersuchungstermin anreisen konnte und nur deshalb ein Taxi vom Bahnhof zur Praxis benutzte, da die Brücke über die Bahnlinie für Fußgänger gesperrt war und sie sonst einen ausgesprochen langen, mehrere Kilometer umfassenden Umweg hätte zurücklegen müssen. Die Klägerin konnte auch den gesamten Weg von zu Hause bis zur Bushaltestelle zu Fuß bewältigen und am örtlichen Bahnhof in Villingen die Unterführung ohne Fahrstuhl zurücklegen. Demgegenüber überzeugt das Gutachten von Dr. P. den Senat nicht. Mittels des Laufband-Ergometers hat dieser zwar nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin nur eine Gehstrecke von 286 m zurückgelegen hat. Denn das Gehen von fünf Minuten bei einer Geschwindigkeit von 2 km/h hierauf entspricht 167 m. Werden die drei Minuten nach kurzer Pause hinzugenommen, also eine Gehdauer von weiteren acht Minuten, ergibt sich diese Gesamtgehstrecke. Bei seiner Annahme, eine Gehleistung ohne Gehhilfe, wie sie üblicherweise geleistet werde, werde verfehlt, ist er indes einem Paralogismus unterlegen, bei dem die von ihm abgeleitete Aussage nicht aus den explizit angegebenen oder implizit angenommenen Voraussetzungen folgt. Denn die deutliche Minderung der Kraftausdauer steht nicht im Vollbeweis (vgl. BSG, Urteil vom 16. Februar 2012 - B 9 SB 1/11 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 15, Rz. 46) fest. Entsprechende Befunde erhob Dr. P. nicht, was das SG nicht hinreichend beachtet hat. Er nimmt überdies mittels eines Zirkelschlusses an, die degenerative rheumatisch-entzündliche Erkrankung der Wirbelsäule bewirke eine verminderte Beweglichkeit und damit Fähigkeit der Reizbeantwortung bei gleichzeitiger VerSt.ung des chronischen Schmerzsyndroms beziehungsweise Fibromyalgiesyndroms, woraus eine schnelle Ermüdung der muskulären myofaszialen Funktion folge. Dies will er durch die Laufbanduntersuchung bestätigt gesehen haben, was jedoch vorliegend voraussetzte, dass eine solche muskuläre Ermüdung überhaupt vorgelegen hat. Demgegenüber weist seine Beobachtung, dass sich die Klägerin hierbei mit zunehmender Dauer mit dem Oberkörper nach vorne beugte, sie ein Unsicherheitsgefühl beschlich und sie schon bei geringer Geschwindigkeit Angst hatte zu stürzen, eher auf einen Zusammenhang mit der bei ihr vorliegenden Angststörung hin, wie er es selbst, wenn auch fachfremd, deutete. Zum Abbruch der Untersuchung führte damit aber gerade nicht eine schnelle Ermüdung der muskulären myofaszialen Funktion. Soweit Dr. F.-E. der Klägerin eine scherzarme Gehstrecke von maximal 300 m attestiert hat, ist diese Annahme nicht durch einen ihrerseits erhobenen Befund hinreichend untermauert. Die Berichte von Dr. B. enthalten zu ihrem Gehvermögen ersichtlich weitgehend ihre subjektiven Angaben, weshalb seine Annahme einer zurücklegbaren begrenzten Wegstrecke zu Fuß von 300 m mit dem Erfordernis stehen zu bleiben und sich gegebenenfalls wegen Rückenschmerzen hinsetzen zu müssen, um wieder zur Ruhe zu kommen, ebenfalls nicht objektiviert sind. Dr. K.s Auffassung ist nicht nachvollziehbar, da er sich hierfür auch auf die Berichte von Dr. B. gestützt hat, welche ihm aufgefallen waren. Der sachverständige Zeuge Dr. M. hat sich unzureichend ausschließlich auf die während des stationären Aufenthaltes in den Acura Kliniken Baden-Baden im März 2012 und im Folgemonat gestützt. Prof. Dr. Sch. und Dr. St. haben demgegenüber bei ihren gezielten Begutachtungen jeweils schlüssig eine noch ausreichende Gehstrecke objektiviert. Ob die Klägerin in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich eingeschränkt ist, ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht empirisch, also durch systematische oder experimentelle Beobachtung, zu ermitteln, sondern Gegenstand tatrichterlicher Gesamtwürdigung aufgrund versorgungsärztlicher Feststellung, die sich auf alle verfügbaren Beweismittel, etwa Befundberichte der behandelnden Ärztinnen und Ärzte, Sachverständigengutachten oder einen dem Gericht persönlich vermittelten Eindruck, stützen kann (vgl. BSG, Urteil vom 16. März 2016 - B 9 SB 1/15 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 22, Rz. 22). Die medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" liegen nach alledem ab 26. März 2015, dem Tag der Begutachtung der Klägerin bei Dr. P., nicht vor. Deren Vorliegen lassen sich weder körperlich begründen noch liegt eine psychogene Gangstörung vor (vgl. BSG, Urteil vom 11. August 2015 - B 9 SB 1/14 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 21, Rz. 18 ff.), wie zuletzt Dr. St. herausgestellt hat. Der Eindruck von der bei der mündlichen Verhandlung beim LSG anwesenden Klägerin deutete in keine andere Richtung.
Nach diesem Ergebnis kann dahinstehen, ob nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts die vorliegend maßgeblichen Gesetzesänderungen ab ihrem jeweiligen Inkrafttreten mit Wirkung zum 15. Januar 2015 (Art. 7 des Gesetzes vom 7. Januar 2015, BGBl II S. 15) beziehungsweise 30. Dezember 2016 (Art. 26 Abs. 2 BTHG, BGBl I 2016, S. 3234) auch die bereits davor bestehenden Rechtsverhältnisse den neuen Regeln unterwerfen wollen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28. April 2004 - B 2 U 12/03 R -, SozR 4-2700 § 70 Nr. 1, juris, Rz. 22 m. w. N.), also vorliegend bereits ab Antragstellung am 10. April 2012. Denn die nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" einzig geforderte Einschränkung des Gehvermögens (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2008 - B 9/9a SB 7/06 R -, SozR 4-3250 § 146 Nr. 1, Rz. 12) ist, wie dargelegt, nicht nachgewiesen.
Die Klägerin hat demgegenüber Anspruch auf Feststellung eines GdB von 70 jedenfalls ab 26. März 2015, wie das SG zu Recht ausgeurteilt hat.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand des Klägers auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11.November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch eine zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des - teilweise - aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei dem Bescheid vom 8. März 2012 über die Feststellung des GdB mit 60 ab 31. Januar 2008, der in Ausführung des gerichtlichen Vergleiches beim SG im Verfahren S 2 SB 7029/08 erging, handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). Eine Regelung im Sinne des § 31 SGB X ist nach der Rechtsprechung des Senats auch darin zu sehen, dass der Ausführungsbescheid den gerichtlichen Vergleich richtig umsetzt; mit der Folge, dass jeder Ausführungsbescheid Regelungscharakter hat. Haben die Parteien einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, so entspricht es zudem regelmäßig ihrem Willen, dass sie nur eine Einigung über den Gesundheitszustand im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses erzielen, aber keine Regelung für die Zukunft treffen und sich insbesondere nicht des Rechts begeben wollen, auf Änderungen etwa durch Herabsetzungen oder eine Neufeststellung zu reagieren (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 29. April 2014 - L 6 VK 934/12 -, juris, Rz. 20). In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bescheides vom 8. März 2012 vorlagen, ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin bedingen jedenfalls ab 26. März 2015 den höheren GdB von 70.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich nach § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX, ebenfalls in der Fassung von Art. 2 Ziff. 2 BTHG (BGBl I 2016, S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des BVG zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Das BMAS wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die VersMedV erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "VG" zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden AHP getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verSt.en. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin ab 26. März 2015 mit einem GdB von 70 zutreffend bewertet sind.
Das im Vordergrund stehende Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" hat einen Teil-GdB von 50 zur Folge.
In Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7, wonach Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei St.er behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten sind, stützen die wegen der Erkrankungen der Klägerin auf psychiatrischem Fachgebiet, unabhängig ihrer genauen diagnostischen Zuordnung, nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. St. einen GdB von 50 im unteren Bereich des für mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten eröffneten GdB-Rahmens. Mit den psychischen Gesundheitsstörungen, an denen sie leidet, gehen Funktionsstörungen in wichtigen Funktionsbereichen wie Antrieb, Emotionalität beziehungsweise Stimmung, Sozialverhalten, Denken, Intelligenz und Konzentration einher. Außerdem zeigten sich Persönlichkeitsauffälligkeiten. Diese gesamten Funktionsstörungen sind nach Aktenlage schon seit Jahren, wenn auch erst nach Erlass des Bescheides vom 8. März 2012 ausreichend belegt. Bei der Klägerin liegen mittlerweile beginnende mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten und nicht nur leichte vor. Bereits nach dem psychiatrischen Gutachten von Prof. Dr. F. von März 1998 war die berufliche Einsatzfähigkeit der Klägerin eingeschränkt, was allerdings, insoweit folgt der Senat Dr. St. nicht, vorliegend noch keine mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten belegte. Es zeigten sich aber später weitere Störungen der sozialen Interaktion und Kommunikation, mit einer deutlichen Einschränkung der Kontaktaufnahme, starken Stimmungsschwankungen und daraus auch erwachsenden innerfamiliären Problemen und solche im Umgang mit anderen Menschen, wie sich insbesondere erst bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Sch. im August 2013, einschließlich der damaligen Evaluation durch die Dipl.-Psychologin Sch., zeigte. Es besteht bislang zwar keine völlige Isolierung, doch waren das Verhalten und die Störungen während der Begutachtungssituation bei Dr. St. so augenfällig, dass diese bei mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten nachvollziehbar einzuordnen sind. Hierfür ist ein GdB von 50 gerechtfertigt, was den Teil-GdB für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" stützt.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist im Falle der Klägerin der Gesamt-GdB von 70 ab 26. März 2015 bereits mit dem Teil-GdB von 50 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" und den weiteren Teil-GdB von 30 und 20 für die Funktionssysteme "Rumpf" und "Haut", wie sie der Beklagte zuletzt selbst angenommen hat und nach der Beweisaufnahme zwanglos aus den medizinischen Befunddokumenten ableitbar sind, begründbar. Es kommt ob des allein vom Beklagten geführten Rechtsmittels daher nicht mehr darauf an, ob sonstige behinderungsbedingte Funktionsstörungen vorliegen, die einen noch höheren GdB stützen würden.
Der Hilfsantrag der Klägerin, von Amts wegen nach § 103 Satz 1, § 106 Abs. 2, Abs. 3 Nr. 5 Alt. 2 SGG einen Sachverständigen dazu zu hören, dass ihr Gehvermögen derart eingeschränkt ist, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorliegen, der letztlich auf Einholung eines mitunter so bezeichneten "Obergutachtens" abzielt, war zurückzuweisen. Die Würdigung vermeintlich oder tatsächlich widerstreitender Gutachtenergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen wie die anderer sich vermeintlich oder tatsächlich widersprechender Beweisergebnisse gehört zur Beweiswürdigung des Gerichts selbst (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG). Eine Verpflichtung, ein solches Gutachten einzuholen, besteht selbst bei einander widersprechenden Expertisen im Allgemeinen nicht. Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen (Keller, a. a. O., § 128 Rz. 7d f. m. w. N.). Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten oder eine von etlichen ärztlichen Bekundungen für überzeugend, darf es sich diesem oder dieser anschließen, ohne eine weitere Expertise einholen zu müssen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (st. Rspr., vgl. BSG, Beschlüsse vom 1. April 2014 - B 9 V 54/13 B -, juris, Rz. 10 und vom 14. Oktober 2016 - B 1 KR 59/16 B -, juris, Rz. 6, jeweils m. w. N.). Liegen mehrere Gutachten oder fachkundige Angaben vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn diese grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde der sie erstellenden beziehungsweise tätigenden Personen geben (vgl. BSG, Beschluss vom 12. Dezember 2003 - B 13 RJ 179/03 B -, SozR 4-1500 § 160a Nr. 3, Rz. 9). Derartige Umstände hat die Klägerin weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich, da insbesondere die Einschätzungen von Dr. B. und Dr. F.-E. nicht durch objektive Befunde untermauert sind und daher nicht dazu geführt haben, dass die Gutachten von Prof. Dr. Sch. und Dr. St. einen unlösbaren Widerspruch enthalten. Der verfassungsrechtliche Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör als Folgerung aus dem Rechtsstaatsgedanken für das gerichtliche Verfahren (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG; vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli 2016 - 1 BvR 1225/15 -, juris, Rz. 10) verpflichtet den Senat im Übrigen nicht, Dr. B. und Dr. F.-E. mündlich zu ihren vorgelegten Berichten und Attesten zu hören. Da § 103 Abs. 1 GG keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung enthält (vgl. BVerfG, Beschlüsse des Ersten Senats vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765/89 u. a. - BVerfGE 89, 381 (391) sowie des Zweiten Senats vom 24. März 1982 - 2 BvH 1/82 u. a. -, BVerfGE 60, 175 (210 f.) und vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99 u. a. -, BVerfGE 112, 185 (206)), besteht auch kein verfassungsrechtlicher Anspruch, das einfachrechtlich geregelte Fragerecht gegenüber sachverständigen Zeugen in jedem Fall mündlich auszuüben (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Mai 2013 - 1 BvR 1522/12 -, juris, Rz. 2 m. w. N.).
Der nach § 109 SGG auf Erstattung eines orthopädischen Gutachtens durch Prof. Dr. U. gestellte Hilfsantrag der Klägerin war ebenfalls abzulehnen, da dieses Antragsrecht verbraucht ist. Es ist bereits dadurch hinlänglich ausgeübt worden, dass im erstinstanzlichen Verfahren im Rahmen dieser Norm die internistisch-rheumatologischen und die orthopädisch-chirurgischen Expertisen bei Dr. M. und Dr. P. eingeholt worden sind. Es steht ohnehin grundsätzlich nur einmal in beiden Tatsacheninstanzen zur Verfügung (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 - L 6 SB 5267/11 -, juris, Rz. 34 m. w. N.). Der Wortlaut des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG, wonach ein Arzt gutachtlich gehört werden muss, ließe zwar die Einholung mehrerer Gutachten zu, da es sich bei "ein" um einen unbestimmten Artikel und nicht ein Zahlwort handelt. Es entspricht jedoch bereits dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (BSG, Urteil vom 15. April 1991 - 5 RJ 32/90 -, juris, Rz. 16; Kolmetz, SGb 2004, S. 83 (86)). Zudem begrenzt die Regelungssystematik diese weite Auslegung. § 109 SGG als Regelung zu dem Beweismittel des Sachverständigen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 402 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) steht eng im Zusammenhang mit § 103, § 106 SGG, worin bestimmt ist, dass das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen hat (sog. "Amtsermittlungs- oder Untersuchungsgrundsatz"; vgl. BSG, Beschluss vom 17. März 2010 - B 3 P 33/09 B -, juris, Rz. 12). Diese Vorschriften gelten gemäß § 153 Abs. 1 SGG für das Verfahren vor dem Landessozialgericht entsprechend. Darüber hinausgehend räumt § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG Versicherten, Menschen mit Behinderung, Versorgungsberechtigten und Hinterbliebenen die eng umgrenzte Möglichkeit ein, ihrerseits eine bestimmte sachverständige Person, die eine Ärztin oder ein Arzt sein muss, als Beweismittel zu benennen. Mit einem Beweismittel bewiesen werden soll jedoch eine bestimmte Behauptung, was als Beweisthema bezeichnet wird. Eine wiederholte Antragstellung nach § 109 SGG rechtfertigt sich daher, auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Urteile vom 26. Januar 1970 - 7/2 RU 64/69 -, SozR Nr. 37 zu § 109 SGG; vom 6. Mai 1958 - 10 RV 813/56 - SozR Nr. 18 zu § 109 SGG und vom 29. November 1957 - 2 RU 241/56 -, SozR Nr. 14 zu § 109 SGG), nur bei Vorliegen besonderer Umstände. Solche sind zwar in der Literatur anerkannt, wenn für einzelne Gesundheitsstörungen mehrere Facharztgruppen zuständig sind und ein Spezialist auf einem Fachgebiet gehört werden soll, dem die zuerst gehörte sachverständige Person nicht angehört (Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013, a. a. O.). Dies kann bei eng verwandten Fachgebieten wiederum Einschränkungen unterliegen (vgl. Roller, in Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl. 2012, § 109 Rz. 10). Mittels des Beweismittels der Sachverständigen Dr. M. und Dr. P. hat die Klägerin bereits versucht, den Nachweis zu führen, dass bei ihr die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorliegen. Allein wegen dieses Beweisthemas wäre ausnahmsweise, bei Vorliegen besonderer Umstände, die im Falle der Klägerin nicht gegeben sind, eine wiederholte Antragstellung gerechtfertigt gewesen.
Nach alledem war der Berufung des Beklagten teilweise stattzugeben, indem das erstinstanzliche Urteil aufzuheben war, soweit dieser verpflichtet wurde, die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab 26. März 2015 festzustellen und die Klage auch in diesem Umfang abzuweisen. Im Übrigen war das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt eine stärkere Gewichtung in Bezug auf die begehrte Feststellung der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" gegenüber dem erstrebten höheren GdB.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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