Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 RJ 1619/98
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 B 78/99 RJ
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 7. Juli 1999 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Klägerin stellte im Oktober 1997 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit, den die Beklagte, nachdem zwei medizinische Gutachten erstellt worden waren, mit Bescheid vom 21. April 1998 zurückwies.
Auf die Erledigungsverfügung vom 21. April 1998 folgt in den Verwaltungsakten der Beklagten als nächstes Blatt ein Telefax-Brief des Bevollmächtigten der Klägerin vom 24. Juli 1998, in dem der Bevollmächtigte an die Erledigung seines Telefaxes vom 7. Mai 1998 erinnert. Die Beklagte forderte den Bevollmächtigten auf, dieses Telefax nochmals zu übersenden, wie aus einem Aktenvermerk vom 11. August 1998 hervorgeht.
Am 11. August 1998 wurde Klage mit dem Antrag erhoben, “den Widerspruch der Klägerin vom 7. Mai 1998 zu bescheiden”.
Am 13. August 1998 kam der Bevollmächtigte der Aufforderung der Beklagten nach und übermittelte (wiederum als Telefax) ein mit dem Datum “7.Mai 1998” versehenes Widerspruchsschreiben, in dem es heißt, es werde Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. April 1998 erhoben, der begründet werde, wenn die Beklagte der Bitte nachgekommen sei, alle medizinischen Unterlagen zu übersenden.
Die Beklagte übersandte die entsprechenden Unterlagen. Daraufhin erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin die Untätigkeitsklage mit vom 1. September 1998 datierenden Schreiben (Zugang bei Gericht 17. September 1998) für erledigt.
Mit Bescheid vom 19. November 1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Widerspruch sei auch unzulässig, da er nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Auch durch das “Fax-Sendeprotokoll” werde der Zugang nicht bewiesen. Es sei indes zweckmäßig, in der Sache zu entscheiden; der erhobene Rentenanspruch sei nicht begründet.
Der Bevollmächtigte der Klägerin erklärte den Rechtsstreit nochmals für erledigt und stellte Kostenantrag. Dem hielt die Beklagte entgegen, sie habe erst zwei Tage nach der Klageerhebung von dem zu bearbeitenden Widerspruchsverfahren erfahren und dann unverzüglich entschieden.
Das SG hat mit Beschluss vom 7. Juli 1999 entschieden, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Es sei nicht der Nachweis erbracht, dass bereits am 7. Mai 1998 Widerspruch erhoben worden sei; auch habe der Bevollmächtigte der Klägerin das entsprechende Sendeprotokoll (das die Beklagte angefordert hatte) nicht beigebracht.
Mit der Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, verfolgt die Klägerin den Kostenantrag weiter. Der Bevollmächtigte trägt unter konkretem Beweisantritt (Mitarbeiterin Frau ... mit Anschrift) vor, das Original des Fax-Sendeprotokolls betreffend den 7. Mai 1998 sei am 13. September 1998 in den Hausbriefkasten der Beklagten eingeworfen worden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht, ob und in welchem Umfange die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, sofern das Verfahren - wie hier - anders als durch Urteil beendet wird. Die Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen. Es ist regelmäßig an den Erfolgsaussichten der Klage zu orientieren. Derjenige, der im Rechtsstreit - bezogen auf den Sachstand im Zeitpunkt der Erledigung - unterliegen würde, trägt die Kosten, sofern dem nicht einzelfallbezogene Wertungsgesichtspunkt entgegenstehen. Bezogen auf eine Untätigkeitsklage bedeutet dies, dass die Behörde die Kosten einer zulässigen, insbesondere nach Ablauf der 3-monatigen oder 6-monatigen Sperrfrist (§ 88 Abs. 2 2.Alternative, § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG), erhobenen Klage in der Regel trägt, sofern kein zureichender Grund für die Verzögerung der Bescheiderteilung vorliegt.
Der derzeitige Sachstand erlaubt nicht die Feststellung, dass die am 11. August 1988 erhobene und auf Erteilung eines Widerspruchsbescheides gerichtete Untätigkeitsklage zulässig war und die Beklagte damit kostenpflichtig sein könnte. Die nach § 88 Abs. 2 2. Alternative SGG zu wahrende Frist von drei Monaten war zu diesem Zeitpunkt nur abgelaufen, wenn die Klägerin vor dem 11. Mai 1998 Widerspruch eingelegt hätte. Da sich bei den Akten der Beklagten kein entsprechendes Widerspruchsschreiben, insbesondere kein Telefax-Eingang vom 7. Mai 1998, befindet, wäre von einer rechtzeitigen Widerspruchseinlegung nur auszugehen, wenn die insofern beweisbelastete Klägerin anderweitig den Zugangsnachweis geführt hätte. Dies ist nicht der Fall und kann im Übrigen auch nicht durch ein Telefax-Sendeprotokoll geschehen, denn dies würde allenfalls die Herstellung einer Verbindung, nicht aber die Übermittlung einer bestimmten Erklärung bestätigen (vgl. dazu Zöller-Stephan, Zivilprozessordnung, 21. Aufl., vor § 230 Anm. 2).
Kosten des Rechtsstreits wären der Klägerin auch dann nicht zu erstatten, wenn die Beweislage bezüglich des Zugangs des Widerspruchsschreibens am 7. Mai 1998 (und damit die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage) anders beurteilt würde. Die Klägerin kann einen rechtzeitigen Widerspruch allenfalls nachträglich durch sonstige Beweismittel nachweisen. Dies ändert indes nichts daran, dass der Beklagten ein Telefax-Widerspruch vom 7. Mai 1998 tatsächlich nicht vorlag und sie erst am 24. Juli 1998 von dem (hier nunmehr unterstellten) Widerspruch vom 7. Mai 1998 erfuhr. Für diesen Fall bestand keine Erfolgsaussicht der am 11. August 1998 erhobenen Untätigkeitsklage, da die Beklagte einen zureichenden Grund hatte, nicht bis zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung zu entscheiden. Denn die Unkenntnis von dem Rechtsbehelf ist ein zureichender Grund, zumindest wenn - wie hier - keine konkreten Fehler im Einflussbereich der Beklagten zu erkennen sind.
Da die Beklagte den Bevollmächtigten der Klägerin nach dessen weiteren Telefax-Brief vom 24. Juli 1998 zeitnah davon in Kenntnis gesetzt hat, dass ihr kein Widerspruchsschreiben vom 7. Mai 1998 vorlag, war die Situation zudem der Erteilung einer Zwischennachricht vergleichbar, die dem Erfolg einer Untätigkeitsklage ebenfalls in der Regel entgegensteht. Diese Mitteilung der Beklagten lässt die Erhebung der Untätigkeitsklage im Übrigen geradezu mutwillig erscheinen. Die Untätigkeitsklage ist zu dem Zweck eröffnet, einer Rechtsbeeinträchtigung durch Passivität der Verwaltung vorzubeugen. Diese Besorgnis hat - gleichviel, wie der Bevollmächtigte dies Sachlage bezüglich der Rechtzeitigkeit des Widerspruchs beurteilt (hat) - für ihn offensichtlich bei Klageerhebung nicht bestanden.
Einer gesonderten Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens bedarf es nicht; da die Tätigkeit des Bevollmächtigten insoweit dem Klageverfahren zuzurechnen ist.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Klägerin stellte im Oktober 1997 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit, den die Beklagte, nachdem zwei medizinische Gutachten erstellt worden waren, mit Bescheid vom 21. April 1998 zurückwies.
Auf die Erledigungsverfügung vom 21. April 1998 folgt in den Verwaltungsakten der Beklagten als nächstes Blatt ein Telefax-Brief des Bevollmächtigten der Klägerin vom 24. Juli 1998, in dem der Bevollmächtigte an die Erledigung seines Telefaxes vom 7. Mai 1998 erinnert. Die Beklagte forderte den Bevollmächtigten auf, dieses Telefax nochmals zu übersenden, wie aus einem Aktenvermerk vom 11. August 1998 hervorgeht.
Am 11. August 1998 wurde Klage mit dem Antrag erhoben, “den Widerspruch der Klägerin vom 7. Mai 1998 zu bescheiden”.
Am 13. August 1998 kam der Bevollmächtigte der Aufforderung der Beklagten nach und übermittelte (wiederum als Telefax) ein mit dem Datum “7.Mai 1998” versehenes Widerspruchsschreiben, in dem es heißt, es werde Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. April 1998 erhoben, der begründet werde, wenn die Beklagte der Bitte nachgekommen sei, alle medizinischen Unterlagen zu übersenden.
Die Beklagte übersandte die entsprechenden Unterlagen. Daraufhin erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin die Untätigkeitsklage mit vom 1. September 1998 datierenden Schreiben (Zugang bei Gericht 17. September 1998) für erledigt.
Mit Bescheid vom 19. November 1998 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Widerspruch sei auch unzulässig, da er nicht fristgerecht eingelegt worden sei. Auch durch das “Fax-Sendeprotokoll” werde der Zugang nicht bewiesen. Es sei indes zweckmäßig, in der Sache zu entscheiden; der erhobene Rentenanspruch sei nicht begründet.
Der Bevollmächtigte der Klägerin erklärte den Rechtsstreit nochmals für erledigt und stellte Kostenantrag. Dem hielt die Beklagte entgegen, sie habe erst zwei Tage nach der Klageerhebung von dem zu bearbeitenden Widerspruchsverfahren erfahren und dann unverzüglich entschieden.
Das SG hat mit Beschluss vom 7. Juli 1999 entschieden, dass außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind. Es sei nicht der Nachweis erbracht, dass bereits am 7. Mai 1998 Widerspruch erhoben worden sei; auch habe der Bevollmächtigte der Klägerin das entsprechende Sendeprotokoll (das die Beklagte angefordert hatte) nicht beigebracht.
Mit der Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, verfolgt die Klägerin den Kostenantrag weiter. Der Bevollmächtigte trägt unter konkretem Beweisantritt (Mitarbeiterin Frau ... mit Anschrift) vor, das Original des Fax-Sendeprotokolls betreffend den 7. Mai 1998 sei am 13. September 1998 in den Hausbriefkasten der Beklagten eingeworfen worden.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht, ob und in welchem Umfange die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, sofern das Verfahren - wie hier - anders als durch Urteil beendet wird. Die Entscheidung steht im pflichtgemäßen Ermessen. Es ist regelmäßig an den Erfolgsaussichten der Klage zu orientieren. Derjenige, der im Rechtsstreit - bezogen auf den Sachstand im Zeitpunkt der Erledigung - unterliegen würde, trägt die Kosten, sofern dem nicht einzelfallbezogene Wertungsgesichtspunkt entgegenstehen. Bezogen auf eine Untätigkeitsklage bedeutet dies, dass die Behörde die Kosten einer zulässigen, insbesondere nach Ablauf der 3-monatigen oder 6-monatigen Sperrfrist (§ 88 Abs. 2 2.Alternative, § 88 Abs. 1 Satz 1 SGG), erhobenen Klage in der Regel trägt, sofern kein zureichender Grund für die Verzögerung der Bescheiderteilung vorliegt.
Der derzeitige Sachstand erlaubt nicht die Feststellung, dass die am 11. August 1988 erhobene und auf Erteilung eines Widerspruchsbescheides gerichtete Untätigkeitsklage zulässig war und die Beklagte damit kostenpflichtig sein könnte. Die nach § 88 Abs. 2 2. Alternative SGG zu wahrende Frist von drei Monaten war zu diesem Zeitpunkt nur abgelaufen, wenn die Klägerin vor dem 11. Mai 1998 Widerspruch eingelegt hätte. Da sich bei den Akten der Beklagten kein entsprechendes Widerspruchsschreiben, insbesondere kein Telefax-Eingang vom 7. Mai 1998, befindet, wäre von einer rechtzeitigen Widerspruchseinlegung nur auszugehen, wenn die insofern beweisbelastete Klägerin anderweitig den Zugangsnachweis geführt hätte. Dies ist nicht der Fall und kann im Übrigen auch nicht durch ein Telefax-Sendeprotokoll geschehen, denn dies würde allenfalls die Herstellung einer Verbindung, nicht aber die Übermittlung einer bestimmten Erklärung bestätigen (vgl. dazu Zöller-Stephan, Zivilprozessordnung, 21. Aufl., vor § 230 Anm. 2).
Kosten des Rechtsstreits wären der Klägerin auch dann nicht zu erstatten, wenn die Beweislage bezüglich des Zugangs des Widerspruchsschreibens am 7. Mai 1998 (und damit die Zulässigkeit der Untätigkeitsklage) anders beurteilt würde. Die Klägerin kann einen rechtzeitigen Widerspruch allenfalls nachträglich durch sonstige Beweismittel nachweisen. Dies ändert indes nichts daran, dass der Beklagten ein Telefax-Widerspruch vom 7. Mai 1998 tatsächlich nicht vorlag und sie erst am 24. Juli 1998 von dem (hier nunmehr unterstellten) Widerspruch vom 7. Mai 1998 erfuhr. Für diesen Fall bestand keine Erfolgsaussicht der am 11. August 1998 erhobenen Untätigkeitsklage, da die Beklagte einen zureichenden Grund hatte, nicht bis zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung zu entscheiden. Denn die Unkenntnis von dem Rechtsbehelf ist ein zureichender Grund, zumindest wenn - wie hier - keine konkreten Fehler im Einflussbereich der Beklagten zu erkennen sind.
Da die Beklagte den Bevollmächtigten der Klägerin nach dessen weiteren Telefax-Brief vom 24. Juli 1998 zeitnah davon in Kenntnis gesetzt hat, dass ihr kein Widerspruchsschreiben vom 7. Mai 1998 vorlag, war die Situation zudem der Erteilung einer Zwischennachricht vergleichbar, die dem Erfolg einer Untätigkeitsklage ebenfalls in der Regel entgegensteht. Diese Mitteilung der Beklagten lässt die Erhebung der Untätigkeitsklage im Übrigen geradezu mutwillig erscheinen. Die Untätigkeitsklage ist zu dem Zweck eröffnet, einer Rechtsbeeinträchtigung durch Passivität der Verwaltung vorzubeugen. Diese Besorgnis hat - gleichviel, wie der Bevollmächtigte dies Sachlage bezüglich der Rechtzeitigkeit des Widerspruchs beurteilt (hat) - für ihn offensichtlich bei Klageerhebung nicht bestanden.
Einer gesonderten Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens bedarf es nicht; da die Tätigkeit des Bevollmächtigten insoweit dem Klageverfahren zuzurechnen ist.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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