Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 370/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Anträge auf Erlass einstweiliger Anordnungen werden abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt Z aus H wird abgelehnt.
Gründe:
I. Die Antragsteller zu 1) bis 4) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Mietschulden i.H.v. 2.750,00 EUR sowie von laufenden Unterkunftskosten i.H.v. 550,00 EUR monatlich.
Die Antragsteller zu 1) bis 4) sind bulgarische Staatsangehörige. Die Antragstellerin zu 1) reiste am 23.04.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie erhielt zuletzt Elterngeld i.H.v. 300,00 EUR für den Monat Februar 2017 und bezieht für die Antragsteller zu 2) bis 4) – die Kinder der Antragstellerin zu 1) – Kindergeld i.H.v. insgesamt 582,00 EUR monatlich. Laut Mietvertrag vom 26.11.2015 beträgt die monatliche Bruttokaltmiete einschließlich Betriebskosten für die Wohnung in der Xstraße in H 550,00 EUR.
Mit Bescheid vom 10.05.2016 lehnte der Antragsgegner den Weiterbewilligungsantrag der Antragsteller ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2016 als unbegründet zurück.
Am 16.11.2016 verpflichtete das Sozialgericht Gelsenkirchen den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung, den Antragstellern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Gestalt des Regelbedarfs für die Zeit vom 08.11.2016 bis zum 30.04.2017 zu gewähren (Az. S 33 AS 3112/16 ER). Mit Beschluss vom 19.01.2017 setzte das Landessozialgericht die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 16.11.2016 aus (L 7 SF 658/16 ER). Zur Begründung führte das Landessozialgericht aus, dass erhebliche Zweifel an dem Arbeitnehmerstatus der Antragstellerin zu 1) sowie an der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller insgesamt bestehen.
Mit Schreiben vom 14.12.2016 kündigten die Vermieter das Mietverhältnis über die Wohnung in der Xstraße fristlos. Mit Schreiben vom 20.01.2017 erhoben sie Räumungsklage.
Am 06.02.2017 haben die Antragsteller um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht und Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Z aus H beantragt. Sie machen geltend, dass die Antragstellerin zu 1) seit dem 01.12.2016 als Reinigungskraft bei der F GmbH beschäftigt sei. Ausweislich der Lohnabrechnungen habe sie für den Monat Dezember 2016 407,94 EUR sowie für den Monat Januar 2017 408,38 EUR als Vergütung erhalten. Wegen der rechtshängigen Räumungsklage vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen drohe ihnen der akute Verlust der Wohnung in der Xstraße.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
1.) den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Mietrückstände für die Wohnung in der XStraße in H i.H.v. 2.750,00 EUR zu übernehmen,
2.) hilfsweise den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen ein Darlehen zur Begleichung der Mietrückstände für die Wohnung in der XStraße in H i.H.v. 2.750,00 EUR zu gewähren,
3.) den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen für die laufenden Kosten der Unterkunft i.H.v. 550,00 EUR für die Wohnung in der Xstraße zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge abzulehnen.
Er macht insbesondere geltend, dass ein Arbeitsverhältnis der Antragstellerin zu 1) nicht glaubhaft gemacht sei. Weiter seien auch Einkommen und Vermögen des Ehemannes der Antragstellerin zu 1) unklar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakte zum Verfahren mit dem Aktenzeichen S 31 AS 3123/16 sowie der beigezogenen Verwaltungsakte.
II.
Die zulässigen Anträge 1) bis 3) auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sind unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass der Regelungsanordnung setzt voraus, dass ein materieller Anspruch auf eine Leistung besteht, zu deren Gewährung der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll (sog. Anordnungsanspruch), und dass der Erlass einer gerichtlichen Anordnung besonders eilbedürftig ist (sog. Anordnungsgrund). Bei der Regelungsanordnung besteht ein Anordnungsgrund, wenn die vorläufige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Entscheidend ist, ob es bei einer Interessenabwägung nach den Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG (11. Aufl. 2014), § 86b RdNr. 27, 28). Anordnungsanspruch sowie Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Für die Glaubhaftmachung genügt, dass das Gericht das Vorliegen der behaupteten Tatsache für überwiegend wahrscheinlich hält (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17.04.2013 – B 9 V 1/12 R –, juris RdNr. 35 m.w.N.). Soweit es um die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz geht, müssen die Gerichte die Sach- und Rechtslage grundsätzlich abschließend prüfen bzw. wenn dies nicht möglich ist, auf der Basis einer Folgenabwägung auf Grundlage der bei summarischer Prüfung bekannten Sachlage entscheiden (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – juris, RdNr. 25, 26). Aufgrund einer solchen Folgenabwägung darf aber nur entschieden werden, wenn der Anordnungsanspruch zumindest möglicherweise gegeben ist und wegen der zeitlichen Dringlichkeit eine vollständige Sachaufklärung nicht erfolgen kann (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 01.02.2010 – 1 BvR 20/10 – juris RdNr. 2; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG (11. Aufl. 2014), § 86b RdNr. 2a).
Nach diesen Grundätzen kann das Vorliegen eines Anordnungsgrundes dahinstehen. Denn jedenfalls haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
1. Soweit die Antragsteller die Übernahme der Mietrückstände i.H.v. 2.750,00 EUR begehren, kann offen bleiben, ob hierfür richtige Anspruchsgrundlage § 22 Abs. 1 SGB II oder § 22 Abs. 8 SGB II ist. Denn die Antragsteller zu 1) bis 4) sind von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
a) Für die Antragstellerin zu 1) folgt der Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. b) SGB II in der ab dem 29.12.2016 geltenden Fassung. Denn im Fall des verfolgten Leistungsbegehrens ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (Hintz/Lowe, SGG (2012), § 86b Rdnr. 137). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Leistungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht begehrt werden können (vgl. etwa Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 20.01.2014 – L 19 AS 2306/13 B ER – juris, RdNr. 8 mit weiteren Nachweisen).
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. b) SGB II in der ab dem 29.12.2016 geltenden Fassung sind von Leistungen nach dem SGB II Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. b) SGB II) und ihre Familienangehörigen, ausgeschlossen. Dies ist hier der Fall. Denn ein anderes Aufenthaltsrecht als zum Zweck der Arbeitssuche ist nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere verfügt die Antragstellerin zu 1) über kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin. Denn sie hat ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 1. Alt. Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) nicht glaubhaft gemacht. Hiernach sind Unionsbürger unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt, die als Arbeitnehmer tätig sind.
Als Arbeitnehmer in diesem Sinne ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) jeder anzusehen, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (EuGH, Urteil vom 04.02.2010 (Genc) – C 18.07.2007 – juris, Rn. 21 ff., siehe dort auch zu weiteren Nachweisen). Der Umstand, dass die Bezahlung einer Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis unter dem Existenzminimum liegt oder die normale Arbeitszeit selbst zehn Stunden pro Woche nicht übersteigt, hindert nicht, die Person, die diese Tätigkeit ausübt, als Arbeitnehmer im Sinne des Artikel 39 EG anzusehen (siehe nur EuGH, Urteil vom 18.07.2007 (Geven) – C-213/05 –, Slg. 2007, I-6347, RdNr. 27). Zwar kann der Umstand, dass im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nur sehr wenige Arbeitsstunden geleistet werden, ein Anhaltspunkt dafür sein, dass die ausgeübten Tätigkeiten nur untergeordnet und unwesentlich sind, doch lässt es sich unabhängig von der begrenzten Höhe des aus einer Berufstätigkeit bezogenen Entgelts und des begrenzten Umfangs der insoweit aufgewendeten Arbeitszeit nicht ausschließen, dass die Tätigkeit aufgrund einer Gesamtbewertung des betreffenden Arbeitsverhältnisses von den nationalen Stellen als tatsächlich und echt angesehen werden kann und es somit ermöglicht, dem Beschäftigten die Arbeitnehmereigenschaft zuzuerkennen. (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 04.02.2010 (Genc) – C 18.07.2007 – juris, Rn. 21 ff., vom 18.07.2007 (Geven) – C-213/05 –, Slg. 2007, I-6347, RdNr. 27 sowie vom 14.12.1995 (Megner und Scheffel) – C-444/93, Slg. 1995, I-4741 RdNr. 18).
Hieran gemessen ist ein Arbeitnehmerstatus der Antragstellerin zu 1) unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht glaubhaft gemacht. Dies folgt zwar – entgegen der Auffassung des Antragsgegners – nicht bereits aus dem Verweis auf die Erwägungen für die Aussetzung der Vollstreckung des Beschlusses vom 16.11.2016. Allerdings hat das Gericht erhebliche Zweifel, dass ein Arbeitsverhältnis mit der F GmbH ab dem 1.12.2016 tatsächlich gelebt wird. Zwar behauptet die Antragstellerin zu 1) unter Bezugnahme auf den Arbeitsvertrag mit der F GmbH ein Arbeitsverhältnis als Reinigungskraft ab dem 1.12.2016. Allerdings wird dieser Vortrag bereits durch die eingereichten Lohnabrechnungen sowie Kontoauszüge widerlegt. Denn ausweislich der Lohnabrechnungen für Dezember 2016 und Januar 2017 soll das Gehalt auf das Konto (Nr. 632915111) der Antragstellerin zu 1) bei der Postbank gezahlt worden sein. Dagegen ist auf den maßgeblichen Kontoauszügen kein Gehaltseingang zu verzeichnen. Hieraus ist zu folgern, dass der Antragstellerin zu 1) tatsächlich kein Gehalt zugeflossen ist. Bei der Verpflichtung zur Entgeltzahlung handelt es sich jedoch um eine wesentliche Leistungspflicht des Arbeitgebers. Daher erschließt sich auch nicht, warum der Arbeitsvertrag die Zahlungsmodalitäten nicht regelt. Überdies ist nicht erkennbar, unter welchem Datum der Arbeitsvertrag tatsächlich geschlossen wurde und welche Person für die Arbeitgeberseite den Vertrag unterzeichnet hat. Aufgrund dieser Gesamtumstände drängt sich der Schluss auf, dass das behauptete Arbeitsverhältnis tatsächlich nicht gelebt wird. Angesichts dieser erheblichen Zweifel vermag auch die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin zu 1), dass sie 450,00 EUR als Arbeitslohn erhalte, nicht zu überzeugen.
Andere Aufenthaltsrechte als zum Zwecke der Arbeitssuche sind weder ersichtlich noch werden sie ansatzweise vorgetragen.
Eine Rückausnahme vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II kommt – unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Aufenthaltszeit – nicht in Betracht. Dies bereits deswegen, weil die Antragstellerin zu 1) nach eigenen Angaben erst am 23.04.2015 in die Bundesrepublik eingereist sei und sich daher keine 5 Jahre im Bundesgebiet aufhält.
b) Die Antragsteller zu 2) bis 4) sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. a) SGB II von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ausgeschlossen. Sie verfügen weder über ein eigenes noch über ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht.
2. Darüber hinaus steht den Antragstellern auch kein Anspruch auf Sozialhilfe gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) – Sozialhilfe – in der ab dem 29.12.2016 geltenden Fassung zu. Denn die Antragsteller sind gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII von Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII ausgeschlossen. Hiernach sind Ausländer und ihre Familienangehörigen von Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII oder nach dem vierten Kapitel des SGB XII ausgeschlossen, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Dies ist – wie oben ausgeführt – der Fall.
Mit der ab dem 29.12.2016 geltenden Gesetzesfassung hat der Gesetzgeber in Reaktion auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R –, juris RdNr. 36 ff., eindeutig klargestellt, dass Ausländer und ihre Familienangehörigen, die kein Aufenthaltsrecht haben oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, von existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen sind. Mit dieser Gesetzesänderung soll insbesondere klargestellt werden, dass den ausgeschlossenen Personen weder ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII zusteht, noch dass ihnen existenzsichernde Leistungen im Ermessenswege zu gewähren sind (BT-Drucks. 18/10211, S. 16).
a) Der Ausschlusstatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII begegnet im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH keinen unionsrechtlichen Bedenken. Denn der EuGH entschied in den Rechtssachen Dano und Alimanovic, dass ein Mitgliedstaat Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten vom Zugang zu existenzsichernden Leistungen ausschließen kann, wenn ihnen gar kein Aufenthaltsrecht nach der Richtlinie 2004/38 EG zusteht (Urteil des EuGH vom 11.11.2014 – C 333/13 – juris) oder wenn ihr Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt (EuGH, Urteil vom 15.09.2015 – C-67/14 –, juris; siehe insgesamt hierzu BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R, juris RdNr. 35).
b) Der Leistungsausschluss für ausländische Unionsbürger, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, begegnet auch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 – 1 BvL 10/10 –, juris RdNr. 62 ff.). Dabei begründet Art. 1 Abs. 1 diesen Anspruch als Menschenrecht. Hingegen folgt aus dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) für den Gesetzgeber der Auftrag, ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern. Dem Gesetzgeber kommt bei der Erfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrags unter Beachtung des Schutzes der Menschenwürde ein Gestaltungsspielraum zu. Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich dabei nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind (BVerfG, a.a.O.).
Hieran gemessen ist der Leistungsausschluss von ausländischen Unionsbürgern nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII, die sich allein zum Zwecke der Arbeitssuche im Bundesgebiet aufhalten, aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (vgl. zur geltenden Rechtslage ebenso SG Dortmund, Beschluss vom 31.01.2017 – S 62 SO 628/16 ER – juris RdNr. 47 ff.; siehe auch zur alten Rechtslage Bayrisches Landessozialgericht, Beschluss vom 13.10.2015 – L 16 AS 612/15 ER –, juris RdNr. 31; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.11.2015 – L 3 AS 479/15 B – juris RdNr. 21 ff.). Denn mit dem Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch hat der Gesetzgeber Möglichkeiten geschaffen, damit hilfebedürftige Ausländer ihren Bedarf durch Sozialleistungen ihrer Herkunftsstaaten decken können.
Nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII werden hilfsbedürftigen Ausländern, die dem Leistungsausschluss unterfallen, bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen). Daneben besteht für hilfebedürftige Ausländer die Möglichkeit angemessene Kosten für die Rückreise zu beantragen (§ 23 Abs. 3a SGB XII). Sinn und Zweck dieser Härtefallregelungen ist es, ausgeschlossenen Ausländern die Rückreise in ihr Herkunftsland zu ermöglichen, um dort Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes in Anspruch zu nehmen (vgl. BT-Drucks. 18/10211, S. 14). Durch diese Leistungen werden die ausgeschlossenen Personen in die Lage versetzt, tatsächlich Sozialleistungen ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.
Darüber hinaus kann dahinstehen, inwieweit den Antragstellern ein Anspruch auf Überbrückungsleistungen gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII oder auf Übernahme der angemessenen Rückreisekosten gemäß § 23 Abs. 3a SGB XII zustehen kann. Denn bei der nach Maßgabe des § 123 SGG gebotenen Auslegung ist das Begehren der Antragsteller nicht auf einmalige Überbrückungsleistungen oder Rückreisekosten gerichtet. Daher ist hierüber auch nicht zu entscheiden. Denn die Antragsteller begehren die Übernahme von aufgelaufenen Mietrückständen i.H.v. 2.750,00 EUR sowie die Übernahme der laufenden Unterkunftskosten i.H.v. 550,00 EUR monatlich. Die oben genannten Überbrückungsleistungen stellen jedoch im Vergleich zu laufenden Leistungen etwas anderes bzw. ein aliud dar, welches nicht in dem Antrag auf Gewährung laufender Leistungen enthalten ist (Sozialgericht Dortmund, a.a.O. RdNr. 40). Entsprechendes gilt zur Überzeugung des Gerichts für die erwähnten Rückreisekosten.
In beiden Fällen handelt es sich um von laufenden Leistungen wesensverschiedene Streitgegenstände. Dies folgt – neben systematischen Erwägungen (SG Dortmund, a.a.O. RdNr. 41 f.) – insbesondere aus Sinn und Zweck der Überbrückungsleistungen sowie Übernahme der Rückreisekosten. Bei diesen Leistungen handelt es sich ihrer Natur nach um einmalige Leistungen, um hilfebedürftigen Ausländern die Inanspruchnahme von Sozialleistungen in ihrem Herkunftsstaat zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 18/10211, S. 14). Zudem setzen sie eine gänzlich andere Motivationslage – nämlich die Rückreise in den Herkunftsstaat – voraus als im Falle der Begehr von laufenden Leistungen zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Eine derartige Motivationslage ist jedoch unter Berücksichtigung des Gesamtvorbringens der Antragsteller weder erkennbar noch wird sie vorgetragen.
Schließlich besteht auch kein Raum für eine Folgenabwägung. Denn – wie oben ausgeführt – kommt ein Anspruch der Antragsteller bereits aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht. In diesem Fall ist eine Folgenabwägung nicht möglich.
Aus vorstehenden Gründen ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen. Denn es fehlt – wie oben ausgeführt – an den erforderlichen Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 73a SGG i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Kosten sind nach Maßgabe der §§ 193, 183 SGG nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Antragsteller zu 1) bis 4) begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Mietschulden i.H.v. 2.750,00 EUR sowie von laufenden Unterkunftskosten i.H.v. 550,00 EUR monatlich.
Die Antragsteller zu 1) bis 4) sind bulgarische Staatsangehörige. Die Antragstellerin zu 1) reiste am 23.04.2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sie erhielt zuletzt Elterngeld i.H.v. 300,00 EUR für den Monat Februar 2017 und bezieht für die Antragsteller zu 2) bis 4) – die Kinder der Antragstellerin zu 1) – Kindergeld i.H.v. insgesamt 582,00 EUR monatlich. Laut Mietvertrag vom 26.11.2015 beträgt die monatliche Bruttokaltmiete einschließlich Betriebskosten für die Wohnung in der Xstraße in H 550,00 EUR.
Mit Bescheid vom 10.05.2016 lehnte der Antragsgegner den Weiterbewilligungsantrag der Antragsteller ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2016 als unbegründet zurück.
Am 16.11.2016 verpflichtete das Sozialgericht Gelsenkirchen den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung, den Antragstellern Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Gestalt des Regelbedarfs für die Zeit vom 08.11.2016 bis zum 30.04.2017 zu gewähren (Az. S 33 AS 3112/16 ER). Mit Beschluss vom 19.01.2017 setzte das Landessozialgericht die Vollstreckung aus dem Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 16.11.2016 aus (L 7 SF 658/16 ER). Zur Begründung führte das Landessozialgericht aus, dass erhebliche Zweifel an dem Arbeitnehmerstatus der Antragstellerin zu 1) sowie an der Hilfebedürftigkeit der Antragsteller insgesamt bestehen.
Mit Schreiben vom 14.12.2016 kündigten die Vermieter das Mietverhältnis über die Wohnung in der Xstraße fristlos. Mit Schreiben vom 20.01.2017 erhoben sie Räumungsklage.
Am 06.02.2017 haben die Antragsteller um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht und Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Z aus H beantragt. Sie machen geltend, dass die Antragstellerin zu 1) seit dem 01.12.2016 als Reinigungskraft bei der F GmbH beschäftigt sei. Ausweislich der Lohnabrechnungen habe sie für den Monat Dezember 2016 407,94 EUR sowie für den Monat Januar 2017 408,38 EUR als Vergütung erhalten. Wegen der rechtshängigen Räumungsklage vor dem Amtsgericht Gelsenkirchen drohe ihnen der akute Verlust der Wohnung in der Xstraße.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
1.) den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Mietrückstände für die Wohnung in der XStraße in H i.H.v. 2.750,00 EUR zu übernehmen,
2.) hilfsweise den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen ein Darlehen zur Begleichung der Mietrückstände für die Wohnung in der XStraße in H i.H.v. 2.750,00 EUR zu gewähren,
3.) den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen für die laufenden Kosten der Unterkunft i.H.v. 550,00 EUR für die Wohnung in der Xstraße zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Anträge abzulehnen.
Er macht insbesondere geltend, dass ein Arbeitsverhältnis der Antragstellerin zu 1) nicht glaubhaft gemacht sei. Weiter seien auch Einkommen und Vermögen des Ehemannes der Antragstellerin zu 1) unklar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Gerichtsakte zum Verfahren mit dem Aktenzeichen S 31 AS 3123/16 sowie der beigezogenen Verwaltungsakte.
II.
Die zulässigen Anträge 1) bis 3) auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sind unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass der Regelungsanordnung setzt voraus, dass ein materieller Anspruch auf eine Leistung besteht, zu deren Gewährung der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll (sog. Anordnungsanspruch), und dass der Erlass einer gerichtlichen Anordnung besonders eilbedürftig ist (sog. Anordnungsgrund). Bei der Regelungsanordnung besteht ein Anordnungsgrund, wenn die vorläufige Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Entscheidend ist, ob es bei einer Interessenabwägung nach den Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG (11. Aufl. 2014), § 86b RdNr. 27, 28). Anordnungsanspruch sowie Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Für die Glaubhaftmachung genügt, dass das Gericht das Vorliegen der behaupteten Tatsache für überwiegend wahrscheinlich hält (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 17.04.2013 – B 9 V 1/12 R –, juris RdNr. 35 m.w.N.). Soweit es um die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz geht, müssen die Gerichte die Sach- und Rechtslage grundsätzlich abschließend prüfen bzw. wenn dies nicht möglich ist, auf der Basis einer Folgenabwägung auf Grundlage der bei summarischer Prüfung bekannten Sachlage entscheiden (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – juris, RdNr. 25, 26). Aufgrund einer solchen Folgenabwägung darf aber nur entschieden werden, wenn der Anordnungsanspruch zumindest möglicherweise gegeben ist und wegen der zeitlichen Dringlichkeit eine vollständige Sachaufklärung nicht erfolgen kann (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 01.02.2010 – 1 BvR 20/10 – juris RdNr. 2; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG (11. Aufl. 2014), § 86b RdNr. 2a).
Nach diesen Grundätzen kann das Vorliegen eines Anordnungsgrundes dahinstehen. Denn jedenfalls haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
1. Soweit die Antragsteller die Übernahme der Mietrückstände i.H.v. 2.750,00 EUR begehren, kann offen bleiben, ob hierfür richtige Anspruchsgrundlage § 22 Abs. 1 SGB II oder § 22 Abs. 8 SGB II ist. Denn die Antragsteller zu 1) bis 4) sind von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
a) Für die Antragstellerin zu 1) folgt der Leistungsausschluss aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. b) SGB II in der ab dem 29.12.2016 geltenden Fassung. Denn im Fall des verfolgten Leistungsbegehrens ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (Hintz/Lowe, SGG (2012), § 86b Rdnr. 137). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Leistungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes regelmäßig erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht begehrt werden können (vgl. etwa Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 20.01.2014 – L 19 AS 2306/13 B ER – juris, RdNr. 8 mit weiteren Nachweisen).
Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. b) SGB II in der ab dem 29.12.2016 geltenden Fassung sind von Leistungen nach dem SGB II Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. b) SGB II) und ihre Familienangehörigen, ausgeschlossen. Dies ist hier der Fall. Denn ein anderes Aufenthaltsrecht als zum Zweck der Arbeitssuche ist nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere verfügt die Antragstellerin zu 1) über kein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmerin. Denn sie hat ein Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 1. Alt. Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) nicht glaubhaft gemacht. Hiernach sind Unionsbürger unionsrechtlich freizügigkeitsberechtigt, die als Arbeitnehmer tätig sind.
Als Arbeitnehmer in diesem Sinne ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) jeder anzusehen, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (EuGH, Urteil vom 04.02.2010 (Genc) – C 18.07.2007 – juris, Rn. 21 ff., siehe dort auch zu weiteren Nachweisen). Der Umstand, dass die Bezahlung einer Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis unter dem Existenzminimum liegt oder die normale Arbeitszeit selbst zehn Stunden pro Woche nicht übersteigt, hindert nicht, die Person, die diese Tätigkeit ausübt, als Arbeitnehmer im Sinne des Artikel 39 EG anzusehen (siehe nur EuGH, Urteil vom 18.07.2007 (Geven) – C-213/05 –, Slg. 2007, I-6347, RdNr. 27). Zwar kann der Umstand, dass im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses nur sehr wenige Arbeitsstunden geleistet werden, ein Anhaltspunkt dafür sein, dass die ausgeübten Tätigkeiten nur untergeordnet und unwesentlich sind, doch lässt es sich unabhängig von der begrenzten Höhe des aus einer Berufstätigkeit bezogenen Entgelts und des begrenzten Umfangs der insoweit aufgewendeten Arbeitszeit nicht ausschließen, dass die Tätigkeit aufgrund einer Gesamtbewertung des betreffenden Arbeitsverhältnisses von den nationalen Stellen als tatsächlich und echt angesehen werden kann und es somit ermöglicht, dem Beschäftigten die Arbeitnehmereigenschaft zuzuerkennen. (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 04.02.2010 (Genc) – C 18.07.2007 – juris, Rn. 21 ff., vom 18.07.2007 (Geven) – C-213/05 –, Slg. 2007, I-6347, RdNr. 27 sowie vom 14.12.1995 (Megner und Scheffel) – C-444/93, Slg. 1995, I-4741 RdNr. 18).
Hieran gemessen ist ein Arbeitnehmerstatus der Antragstellerin zu 1) unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nicht glaubhaft gemacht. Dies folgt zwar – entgegen der Auffassung des Antragsgegners – nicht bereits aus dem Verweis auf die Erwägungen für die Aussetzung der Vollstreckung des Beschlusses vom 16.11.2016. Allerdings hat das Gericht erhebliche Zweifel, dass ein Arbeitsverhältnis mit der F GmbH ab dem 1.12.2016 tatsächlich gelebt wird. Zwar behauptet die Antragstellerin zu 1) unter Bezugnahme auf den Arbeitsvertrag mit der F GmbH ein Arbeitsverhältnis als Reinigungskraft ab dem 1.12.2016. Allerdings wird dieser Vortrag bereits durch die eingereichten Lohnabrechnungen sowie Kontoauszüge widerlegt. Denn ausweislich der Lohnabrechnungen für Dezember 2016 und Januar 2017 soll das Gehalt auf das Konto (Nr. 632915111) der Antragstellerin zu 1) bei der Postbank gezahlt worden sein. Dagegen ist auf den maßgeblichen Kontoauszügen kein Gehaltseingang zu verzeichnen. Hieraus ist zu folgern, dass der Antragstellerin zu 1) tatsächlich kein Gehalt zugeflossen ist. Bei der Verpflichtung zur Entgeltzahlung handelt es sich jedoch um eine wesentliche Leistungspflicht des Arbeitgebers. Daher erschließt sich auch nicht, warum der Arbeitsvertrag die Zahlungsmodalitäten nicht regelt. Überdies ist nicht erkennbar, unter welchem Datum der Arbeitsvertrag tatsächlich geschlossen wurde und welche Person für die Arbeitgeberseite den Vertrag unterzeichnet hat. Aufgrund dieser Gesamtumstände drängt sich der Schluss auf, dass das behauptete Arbeitsverhältnis tatsächlich nicht gelebt wird. Angesichts dieser erheblichen Zweifel vermag auch die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin zu 1), dass sie 450,00 EUR als Arbeitslohn erhalte, nicht zu überzeugen.
Andere Aufenthaltsrechte als zum Zwecke der Arbeitssuche sind weder ersichtlich noch werden sie ansatzweise vorgetragen.
Eine Rückausnahme vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II kommt – unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Aufenthaltszeit – nicht in Betracht. Dies bereits deswegen, weil die Antragstellerin zu 1) nach eigenen Angaben erst am 23.04.2015 in die Bundesrepublik eingereist sei und sich daher keine 5 Jahre im Bundesgebiet aufhält.
b) Die Antragsteller zu 2) bis 4) sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. a) SGB II von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende ausgeschlossen. Sie verfügen weder über ein eigenes noch über ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht.
2. Darüber hinaus steht den Antragstellern auch kein Anspruch auf Sozialhilfe gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) – Sozialhilfe – in der ab dem 29.12.2016 geltenden Fassung zu. Denn die Antragsteller sind gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII von Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII ausgeschlossen. Hiernach sind Ausländer und ihre Familienangehörigen von Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII oder nach dem vierten Kapitel des SGB XII ausgeschlossen, wenn sie kein Aufenthaltsrecht haben oder sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Dies ist – wie oben ausgeführt – der Fall.
Mit der ab dem 29.12.2016 geltenden Gesetzesfassung hat der Gesetzgeber in Reaktion auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R –, juris RdNr. 36 ff., eindeutig klargestellt, dass Ausländer und ihre Familienangehörigen, die kein Aufenthaltsrecht haben oder deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, von existenzsichernden Leistungen ausgeschlossen sind. Mit dieser Gesetzesänderung soll insbesondere klargestellt werden, dass den ausgeschlossenen Personen weder ein Anspruch auf Leistungen nach § 23 Abs. 1 SGB XII zusteht, noch dass ihnen existenzsichernde Leistungen im Ermessenswege zu gewähren sind (BT-Drucks. 18/10211, S. 16).
a) Der Ausschlusstatbestand des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII begegnet im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH keinen unionsrechtlichen Bedenken. Denn der EuGH entschied in den Rechtssachen Dano und Alimanovic, dass ein Mitgliedstaat Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten vom Zugang zu existenzsichernden Leistungen ausschließen kann, wenn ihnen gar kein Aufenthaltsrecht nach der Richtlinie 2004/38 EG zusteht (Urteil des EuGH vom 11.11.2014 – C 333/13 – juris) oder wenn ihr Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt (EuGH, Urteil vom 15.09.2015 – C-67/14 –, juris; siehe insgesamt hierzu BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R, juris RdNr. 35).
b) Der Leistungsausschluss für ausländische Unionsbürger, die ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ableiten, begegnet auch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ergibt sich aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG (BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 – 1 BvL 10/10 –, juris RdNr. 62 ff.). Dabei begründet Art. 1 Abs. 1 diesen Anspruch als Menschenrecht. Hingegen folgt aus dem Sozialstaatsgebot (Art. 20 Abs. 1 GG) für den Gesetzgeber der Auftrag, ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern. Dem Gesetzgeber kommt bei der Erfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrags unter Beachtung des Schutzes der Menschenwürde ein Gestaltungsspielraum zu. Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich dabei nur auf diejenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind (BVerfG, a.a.O.).
Hieran gemessen ist der Leistungsausschluss von ausländischen Unionsbürgern nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII, die sich allein zum Zwecke der Arbeitssuche im Bundesgebiet aufhalten, aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden (vgl. zur geltenden Rechtslage ebenso SG Dortmund, Beschluss vom 31.01.2017 – S 62 SO 628/16 ER – juris RdNr. 47 ff.; siehe auch zur alten Rechtslage Bayrisches Landessozialgericht, Beschluss vom 13.10.2015 – L 16 AS 612/15 ER –, juris RdNr. 31; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 05.11.2015 – L 3 AS 479/15 B – juris RdNr. 21 ff.). Denn mit dem Gesetz zur Regelung von Ansprüchen ausländischer Personen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch hat der Gesetzgeber Möglichkeiten geschaffen, damit hilfebedürftige Ausländer ihren Bedarf durch Sozialleistungen ihrer Herkunftsstaaten decken können.
Nach § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII werden hilfsbedürftigen Ausländern, die dem Leistungsausschluss unterfallen, bis zur Ausreise, längstens jedoch für einen Zeitraum von einem Monat, einmalig eingeschränkte Hilfen gewährt, um den Zeitraum bis zur Ausreise zu überbrücken (Überbrückungsleistungen). Daneben besteht für hilfebedürftige Ausländer die Möglichkeit angemessene Kosten für die Rückreise zu beantragen (§ 23 Abs. 3a SGB XII). Sinn und Zweck dieser Härtefallregelungen ist es, ausgeschlossenen Ausländern die Rückreise in ihr Herkunftsland zu ermöglichen, um dort Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes in Anspruch zu nehmen (vgl. BT-Drucks. 18/10211, S. 14). Durch diese Leistungen werden die ausgeschlossenen Personen in die Lage versetzt, tatsächlich Sozialleistungen ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.
Darüber hinaus kann dahinstehen, inwieweit den Antragstellern ein Anspruch auf Überbrückungsleistungen gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII oder auf Übernahme der angemessenen Rückreisekosten gemäß § 23 Abs. 3a SGB XII zustehen kann. Denn bei der nach Maßgabe des § 123 SGG gebotenen Auslegung ist das Begehren der Antragsteller nicht auf einmalige Überbrückungsleistungen oder Rückreisekosten gerichtet. Daher ist hierüber auch nicht zu entscheiden. Denn die Antragsteller begehren die Übernahme von aufgelaufenen Mietrückständen i.H.v. 2.750,00 EUR sowie die Übernahme der laufenden Unterkunftskosten i.H.v. 550,00 EUR monatlich. Die oben genannten Überbrückungsleistungen stellen jedoch im Vergleich zu laufenden Leistungen etwas anderes bzw. ein aliud dar, welches nicht in dem Antrag auf Gewährung laufender Leistungen enthalten ist (Sozialgericht Dortmund, a.a.O. RdNr. 40). Entsprechendes gilt zur Überzeugung des Gerichts für die erwähnten Rückreisekosten.
In beiden Fällen handelt es sich um von laufenden Leistungen wesensverschiedene Streitgegenstände. Dies folgt – neben systematischen Erwägungen (SG Dortmund, a.a.O. RdNr. 41 f.) – insbesondere aus Sinn und Zweck der Überbrückungsleistungen sowie Übernahme der Rückreisekosten. Bei diesen Leistungen handelt es sich ihrer Natur nach um einmalige Leistungen, um hilfebedürftigen Ausländern die Inanspruchnahme von Sozialleistungen in ihrem Herkunftsstaat zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks. 18/10211, S. 14). Zudem setzen sie eine gänzlich andere Motivationslage – nämlich die Rückreise in den Herkunftsstaat – voraus als im Falle der Begehr von laufenden Leistungen zum Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Eine derartige Motivationslage ist jedoch unter Berücksichtigung des Gesamtvorbringens der Antragsteller weder erkennbar noch wird sie vorgetragen.
Schließlich besteht auch kein Raum für eine Folgenabwägung. Denn – wie oben ausgeführt – kommt ein Anspruch der Antragsteller bereits aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht. In diesem Fall ist eine Folgenabwägung nicht möglich.
Aus vorstehenden Gründen ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen. Denn es fehlt – wie oben ausgeführt – an den erforderlichen Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 73a SGG i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Kosten sind nach Maßgabe der §§ 193, 183 SGG nicht zu erstatten.
Rechtskraft
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