L 8 R 862/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 34 R 934/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 862/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.9.2015 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 26.2.2016 wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]) darüber, ob die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) als Kurierfahrer im Zeitraum vom 1.3.2013 bis zum 28.2.2014 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.

Die Beigeladene zu 1) betrieb in der Zeit vom 1.3.2013 bis zum 28.2.2014 unter der Firma Kurierdienste H ein Hermes-Satellitendepot (SAT) in I. Hierzu schloss sie mit Wirkung zum 1.3.2013 am 21.2.2013 mit der Hermes Logistik Gruppe Deutschland GmbH (HLGD), Niederlassung I, einen sog. Satellitendepot-Vertrag (SAT-Vertrag), mit welchem sie sich zur Zustellung von Sendungen auf der "letzten Meile" verpflichtete. In diesem Vertrag, auf den im Übrigen Bezug genommen wird, heißt es unter anderem wörtlich:

"1. Vertragsgegenstand

1.1 Gegenstand des Vertrages ist die Durchführung der Sendungszustellung und -abholung sowie aller damit verbundenen Nebenleistungen durch den Auftragnehmer in dem in Anlage 1 definierten Zustellgebiet. [ ...]

1.3 HLGD überlässt dem Auftragnehmer die für die Abwicklung der Vertragspflichten standardisierten Formulare und Unterlagen für das Berichtswesen sowie die für die Erbringung der Vertragsleistung erforderlichen EDV-Geräte ("Sachmittel") gemäß Anlage 2/Beilage 1 gegen Entgelt zum Gebrauch. Die überlassenen Sachmittel sind einsatzbereit zu halten und ausschließlich im Rahmen dieses Vertrages einzusetzen. HLGD ist bei Bedarf ein zentralseitiger Zugriff auf die Daten am SAT zu gewähren. [ ...]

3. Servicequalität

HLGD ist den eigenen Auftraggebern gegenüber zur Einhaltung exzellenter Qualitäten verpflichtet. [ ...].

3.2 Der Auftragnehmer ist für die ordnungsgemäße Durchführung der Aufgaben verantwortlich. Er hat die Serviceanforderungen sicherzustellen, die ihm seitens der HLGD bekannt gemacht werden. Diese sind insbesondere aus dem "Abwicklungshandbuch SAT-Depot" und dem "Hermes-Qualitätshandbuch (für Zusteller)" im jeweils aktuellen Stand ersichtlich, deren Kenntnisnahme der Auftragnehmer bestätigt. [ ...]

3.4 Der Auftragnehmer stellt sicher, dass er bzw. die von ihm eingesetzten Erfüllungsgehilfen während der Zustell- und Abholtätigkeit anhand ihrer vollständigen Oberkörper-Bekleidung und eines Namensschildes als Hermes-Partner zu erkennen sind. [ ...]

3.5 Zur gemeinsamen Überprüfung der Abwicklungs- und Servicequalität gewährt der Auftragnehmer der HLGD für die Dauer der Zusammenarbeit ein nichtwiderrufliches Zutrittsrecht hinsichtlich der Geschäftsräume, die der Auftragnehmer zum Sendungsumschlag nutzt. Dies umfasst auch die Durchführung regelmäßiger Qualitätsaudits, um die Einhaltung der Verpflichtungen aus diesem Vertrag und den dazugehörigen Leistungsvereinbarungen zu überprüfen. [ ...].

4. Sozialstandard [ ...]

4.2 Der Auftragnehmer verpflichtet sich, den "Verhaltenskodex - Sozialstandards und Beschäftigungsbedingungen der Hermes Logistik Gruppe Deutschland für den Umgang mit Mitarbeitern und Vertragspartnern in der Paketdistribution" (nachfolgend "Verhaltenskodex") zu beachten, deren Kenntnisnahme der Auftragnehmer bestätigt. [ ...].

5. Vergütung

5.1 Für die vom Auftragnehmer vertraglich zu erbringenden Leistungen wird die in Anlage 1 festgelegte Vergütung zuzüglich der jeweils geltenden Mehrwertsteuer gezahlt. Vergebliche Kundenanfahrten werden nicht vergütet. Die Abrechnung zwischen dem Auftragnehmer und der HLGD erfolgt monatlich nachträglich per Gutschrift, aus der die erbrachten Leistungen ersichtlich sind. Maßgebend für die Berechnung der monatlichen Mengen sind die Auswertungen der HLGD der mittels Scanner erfassten zugestellten und der beim Kunden abgeholten Sendungen sowie der Zeitpunkt der Übertragung der Scannerdaten durch den Auftragnehmer an die HLGD [ ...]."

Der 1958 geborene Kläger ist als Kurierfahrer tätig. Dafür hatte er am 1.11.2010 ein Gewerbe unter seiner Wohnanschrift für die Tätigkeit "Kleintransporte und Kurierdienste bis 3,5 t" angemeldet. Er nutzte ein auf ihn zugelassenes Fahrzeug der Marke Dacia Logan MCV, welches er im Dezember 2012 zu einem Kaufpreis von 13.184,87 Euro erworben hatte. Er war Mitglied der Berufsgenossenschaft für Transport- und Verkehrswirtschaft.

Mit seiner Ehefrau, der Zeugin O, schloss er bereits am 14.8.2006 einen auch im Streitzeitraum fortlaufenden Anstellungsvertrag, mit welchem er sie zum 1.9.2006 als Bürohilfskraft zu einer monatlichen Vergütung von 410,00 Euro mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 45 Stunden im Monat einstellte. Zur damaligen Zeit war der Kläger noch als selbständiger Finanzberater tätig. Hauptaufgaben der Zeugin waren Archivierungsarbeiten, Anfertigungen von Kopien, Verwaltung des Posteingangs, Botengänge sowie das Anfertigen von Schreiben und Tabellen nach Vorlagen. Die Arbeitszeit war im Zeitraum von Montag bis Freitag zwischen 17:00 bis 20:00 Uhr abzuleisten. Das monatliche Entgelt wurde zum 1.1.2013 auf 460,00 Euro erhöht. Im Übrigen wird auf den Vertrag und den Nachtrag vom 14.12.2012 Bezug genommen.

Am 1.3.2013 schlossen die Beigeladene zu 1) und der Kläger folgenden Vertrag, auf den im Übrigen Bezug genommen wird:

"§ 1 Vertragsgegenstand

1.1 Der Auftragnehmer führt als selbständiger Unternehmer Transporte für Dritte durch. Die Tätigkeit besteht darin, Warensendungen zu übernehmen und an dessen Adressaten abzuliefern. Mit diesem Vertrag beauftragt er den Auftragnehmer einen Teil dieser Leistungen für ihn als Subunternehmer zu erbringen. Im Falle einer Verhinderung hat der Auftragnehmer für eine entsprechende Vertretung zu sorgen.

1.2 Dem Auftragnehmer wird ein festes Zustellgebiet mit den Tourenelementen

60.4, 61.2, 61.4

zugewiesen.

1.3 Der Auftraggeber übernimmt die Aufgabe, die zur Verteilung durch den Auftraggeber bestimmten Sendungen an deren Bereitstellungsort, derzeit in I, I-straße, bis spätestens um 9:30 Uhr morgens zu übernehmen und bei der Sortierung der Sendungen für sein Zustellgebiet zu helfen. Des Weiteren ist der Auftragnehmer beauftragt, die in seinem vereinbarten Zustellgebiet auszuliefernden Warensendungen zuzustellen und dabei die von den Absendern für die Zustellung etwa gemachten Vorgaben (z.B. betreffend Zeitpunkt der Zustellung, ausschließlich persönliche Zustellung und dergleichen mehr) zu beachten, sowie sogenannte Retouren zum Rücktransport zu übernehmen und diese bis spätestens 9:30 Uhr am Folgetag am Ort der morgendlichen Abholung abzuliefern.

1.4 Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die dazu erforderlichen sachlichen und personellen Betriebsmittel vorzuhalten und sein zur Aufgabenerfüllung eingesetztes Personal zu entsprechend sorgfältigem Verhalten anzuhalten.

1.5 Der Auftragnehmer ist für die ordnungsgemäße Durchführung der Aufgaben verantwortlich. Er hat die Serviceanforderungen sicherzustellen, die ihm durch den Auftraggeber bekanntgemacht werden. Diese sind insbesondere aus dem "Hermes-Qualitätshandbuch (für Zusteller)" ersichtlich.

1.6 Der Auftraggeber überlässt dem Auftragnehmer die für die Abwicklung der Vertragspflichten standardisierten Formulare und Unterlagen sowie die für die Erbringung der Vertragsleistung erforderlichen EDV-Geräte ("Sachmittel" - siehe auch § 5) gegen Entgelt zum Gebrauch. Die überlassenen Sachmittel sind einsatzbereit zu halten und ausschließlich im Rahmen dieses Vertrages einzusetzen. Der Auftragnehmer haftet für Schäden an den ihm mietweise überlassenen Sachmitteln.

1.7 Der Auftragnehmer ist frei, selbständig am Markt weitere Leistungen anzubieten und zu erbringen, soweit diese die Erfüllung dieses Vertrages nicht beeinträchtigen.

1.8 Sofern der Auftragnehmer während der Laufzeit dieses Vertrages gleichzeitig auch Transportdienstleistungen für Unternehmen durchführt, die mit dem Auftraggeber im Wettbewerb stehen (Kurier-, Express-, Paketdienste) hat er sicherzustellen, dass Sendungen des Auftraggebers getrennt von denen anderer Kurier-, Express- oder Paketdienste abgewickelt und zugestellt werden.

§ 2 Beginn, Dauer und Kündigung des Vertrages

2.1 Der Vertrag tritt am 1.3.2013 in Kraft.

2.2 Es wird eine Probezeit von 6 Monaten nach Vertragsbeginn vereinbart. [ ...]. Nach der Probezeit entsteht ein unbefristeter Vertrag, [ ...].

2.3 Das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. Als wichtiger Grund gilt insbesondere: [ ...] - die Nichterfüllung vereinbarter Leistungsstandards.

§ 3 Vergütung

3.1 Die Vergütung erfolgt laut beiliegender Abrechnungstabelle (Anlage I). Die Vergütung erfolgt nur für zugestellte Sendungen.

3.2 Über die Leistungen wird der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber monatlich abrechnen. Maßgebend für die Berechnung der monatlichen Mengen sind die Auswertungen des Auftraggebers der mittels Scanner erfassten zugestellten und der beim Kunden abgeholten Sendungen sowie der Zeitpunkt der Übertragung der Scannerdaten durch den Auftragnehmer an den Auftraggeber.

3.3 Die Zahlung der Vergütung erfolgt jeweils binnen 30 Tage nach Rechnungseingang.

3.4 Sofern der Auftragnehmer berechtigt ist, die Mehrwertsteuer auszuweisen, wird er dieses dem Auftraggeber schriftlich bestätigen. [ ...]

§ 4 Qualifikation des Auftragnehmers

4.1 Der Auftragnehmer übt seine Tätigkeit selbständig aus, unter Berücksichtigung der Grundsätze bzgl. der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns. Er handelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.

4.2 Treten im Laufe der Zusammenarbeit Änderungen im Gewerbebetrieb des Auftragnehmers auf, die seine Unternehmereigenschaften beeinträchtigen könnten, so hat der Auftragnehmer dies dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen.

4.3 Der Auftragnehmer verpflichtet sich, die zur Erfüllung der Vertragspflichten notwendigen Flächen, Erfüllungsgehilfen, Kommunikationsanschlüsse und Kommunikationsmittel bereitzustellen. Für die nach diesem Vertrag zu bewirkenden Leistungen stellt der Auftragnehmer in erforderlicher Anzahl Kraftfahrzeuge mit ausreichender Kapazität bereit. [ ...]

4.6 Bei einer Verletzung der unter § 4 vereinbarten Verpflichtungen ist der Auftragnehmer zum Ersatz des dem Auftraggeber hieraus entstehenden Schadens verpflichtet. Der Auftragnehmer stellt den Auftraggeber diesbezüglich von jeglichen Nachteilen frei.

§ 5 Sozialstandards

[ ...] 5.2 Der Auftragnehmer verpflichtet sich, den "Verhaltenskodex - Sozialstandards und Beschäftigungsbedingungen der Hermes Logistik Gruppe Deutschland für den Umgang mit Mitarbeitern und Vertragspartnern in der Paketdistribution" (nachfolgend "Verhaltenskodex") zu beachten.

§ 6 Sachmittel

6.1 Der Auftraggeber stellt dem Auftragnehmer zur Auftragserfüllung ein elektrisches Hilfsmittel (nachfolgend Scanner genannt) gemäß Anlage II gegen Entgelt zur Verfügung. Mit diesem Scanner hat der Auftragnehmer verantwortungsvoll umzugehen und Schäden zu vermeiden (insbesondere Kratzer und Macken auf dem Display und dem Gehäuse). [ ...].

§ 7 Dienstkleidung

7.1 Der Auftragnehmer stellt sicher, dass er bzw. die von ihm eingesetzten Erfüllungsgehilfen während der Zustell- und Abholtätigkeit anhand ihrer vollständigen Oberkörperbekleidung und eines Namensschildes als Hermes-Partner zu erkennen sind. [ ...]

§ 8 Haftung

8.1 Die Haftung für die Transportleistungen richtet sich nach den gesetzlichen Bestimmungen zum Frachtgeschäft. [ ...]

8.3 Darüber hinaus haftet der Auftragnehmer für alle Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die er bzw. seine Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen im Zusammenhang mit der Durchführung eines Auftrages verursachen. Er ist verpflichtet, den Auftraggeber von solchen Inanspruchnahmen freizustellen.

8.4 Der Auftragnehmer ist verpflichtet, ebenfalls eine Versicherung abzuschließen, durch welche die angenommenen Waren mit einem Wert von insgesamt 20.000 Euro gegen Beschädigungen und Abhandenkommen versichert sind. Für diese sowie weitere Versicherungen hat der Auftragnehmer selbst zu sorgen [ ...].

Soweit es für die Haftung auf ein Verschulden ankommen sollte, hat der Auftragnehmer nachzuweisen, dass ihn bzw. die für ihn tätig gewordenen Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen kein Verschulden trifft. Bei etwaigen Sendungsverlusten, die dem Auftragnehmer eindeutig zuzuordnen sind, wird der Rechnungsbetrag von 100 % in Rechnung gestellt.

§ 9 Sonstiges [ ...]

9.3 Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages, einschließlich dieser Klausel, bedürfen der Schriftform. [ ...]

Mit der Unterzeichnung werden die vorstehenden Bedingungen anerkannt. Der Auftragnehmer bestätigt dabei den Empfang folgender Unterlagen: - "Hermes-Qualitätshandbuch (für Zusteller)" - "Verhaltenskodex"

Vertragsbestandteil waren zudem zwei Anlagen, auf die Bezug genommen wird, nämlich Anlage I Abrechnungsklassen und Anlage II Tourenausstattung (MEDEA). Auf dieser Basis wurde der Kläger für die Beigeladene zu 1) im streitgegenständlichem Zeitraum tätig und rechnete folgende Transport- und Zustellleistungen ihr gegenüber ab.

Im Original: Tabelle

In dem "Verhaltenskodex - Sozialstandards und Beschäftigungsbedingungen der Hermes Logistik Gruppe Deutschland für den Umgang mit Mitarbeitern und Vertragspartnern in der Paketdistribution" (Verhaltenskodex), der durch den Senat beigezogen wurde (Stand 2015) und auf den im Übrigen Bezug genommen wird, werden u.a. die grundsätzlichen Anforderungen an eine Beschäftigung bei der HLGD und seinen Vertragspartnern sowie bei deren Erfüllungsgehilfen beschrieben. Danach sind im Rahmen der Beschäftigung alle im jeweiligen Land geltenden Gesetze und Vorschriften in allen Betrieben von HLGD und seinen Vertragspartnern uneingeschränkt einzuhalten. Darunter fallen auch die Sozialgesetzbücher (SGB). Versuche, geltende Arbeits- und Sozialversicherungsnormen zu umgehen, werden von der HLGD geahndet und können zur sofortigen Vertragsauflösung führen (S. 5 Verhaltenskodex). HLGD sowie seine Vertragspartner gewährleisten in ihren Verantwortungsbereichen, dass die den Beschäftigen gezahlte Vergütung mindestens einer etwaigen gesetzlichen Entlohnung entspricht. Direkte oder indirekte Disziplinarmaßnahmen in Form von Entgeltabzügen werden nicht geduldet (Seite 9 Verhaltenskodex).

Im Hermes-Qualitätshandbuch für Zusteller ([Qualitätshandbuch], Stand 15. Auflage 2014) finden sich Erläuterungen zu den jeweiligen Abwicklungsschritten und Serviceleistungen der HLGD. Konkret sind dort Verhaltensregeln zum Tourbeginn, der Zustellung der Sendungen, dem Verhalten bei nichtzustellbaren Sendungen, der Abwicklung von Retouren, Erläuterungen der weiteren Serviceleistungen der HLGD sowie zum Tourenende enthalten. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Qualitätshandbuchs Bezug genommen.

Am 3.9.2013 stellte der Kläger einen Antrag auf Statusfeststellung nach § 7a SGB IV mit dem Begehren, dass die Beklagte eine selbständige Tätigkeit als Kurierfahrer bei der Beigeladenen zu 1) feststellen möge. Zur Begründung führte er aus, dass er Hermes-Pakete abhole und zustelle. Es werde ein täglicher Nachweis über die Auswertung eines mietweise zur Verfügung gestellten Barcodelesegerätes (Scanner) geführt. Vorgaben seien gemäß dem Qualitätshandbuch einzuhalten. Er habe einen zugewiesenen Zustellbezirk. Die Beauftragung erfolge arbeitstäglich durch die Übernahme der zugestellten Sendungen. Es bestehe keine Verpflichtung zur Auftragsannahme. Einzelaufträge könnten kurzfristig abgesagt werden. Es gebe keine Vorgaben hinsichtlich der Arbeitszeit sowie der Anwesenheitszeit. Das Zeitfenster für Zustellungen liege zwischen 8:00 und 20:00 Uhr. Eine Kontrolle erfolge durch die Überprüfung der Tourenbücher. Die Sendungen würden arbeitstäglich entsprechend dem Zustellgebiet und den darin befindlichen Straßen sortiert, eingescannt, verladen und zugestellt. Es sei nicht zur Verhinderung einer Zustellung durch ihn gekommen. Er werbe für sich mit Kleinanzeigen in der Lokalpresse. Er trage ein Haftungs- und Kapitalrisiko und setze eigene Fahrzeuge sowie Mitarbeiter ein. Gegenüber den Kunden der Beigeladenen zu 1) trete er als Hermes-Mitarbeiter auf. Seine Hermesbekleidung stamme aus einem früheren Vertragsverhältnis. Eigenes Kapital habe er für die Kleidung, den Scanner, das Kfz und sonstige Hilfsmittel eingesetzt. Eigene Räumlichkeiten seien nicht angemietet worden. Die Tätigkeit werde ausschließlich von ihm persönlich ausgeführt. Die gleiche Tätigkeit hätten auch festangestellte Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) ausgeübt. Diese hätten Fahrzeuge und Dienstkleidung gestellt erhalten. Eine gegenseitige Vertretung im Urlaubsfall habe es nicht gegeben. Die Beigeladene zu 1) bestätigte im Wesentlichen die klägerische Darstellung.

Mit Schreiben vom 2.1.2014 hörte die Beklagte den Kläger und die Beigeladene zu 1) zu der folgenden, beabsichtigten Feststellung an: Die Tätigkeit des Klägers als Kurierfahrer bei der Beigeladenen zu 1) sei ab dem 1.3.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses mit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ausgeübt worden. Für eine abhängige Beschäftigung spreche, dass der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen worden sei. Der Kläger sei ausschließlich für einen Auftraggeber tätig geworden. Er sei verpflichtet gewesen, die Serviceanforderungen, denen sich die Beigeladene zu 1) unterworfen habe, sicherzustellen. Er habe u.a. detaillierte Vorgaben über das Qualitätshandbuch zu beachten gehabt. Er erhalte feste Vorgaben zu Ort und Zeit der Sendungsabholung. Über das Zustellgebiet seien feste Touren vorgegeben gewesen. Es habe die Pflicht bestanden, die Hermes-Oberbekleidung zu tragen. Die Fahrzeuge seien gleichfalls mit einer Hermes-Aufschrift auszustatten gewesen. Der Kläger werde von Kunden nicht als selbständiger Unternehmer wahrgenommen. Die ordnungsgemäße Auftragserfüllung werde über die Scanner-Erfassung und die Tourenbücher kontrolliert. Der Kläger habe alle Änderungen mitzuteilen. Er habe Berichte über die Zustellung zu erstellen. Hierzu seien Formulare und Unterlagen zu nutzen, die ihm zur Verfügung gestellt würden. Dagegen spreche für eine selbständige Tätigkeit lediglich, dass der Kläger zur Aufgabenerfüllung ein eigenes Fahrzeug nutze. Er habe EDV-Geräte angemietet. Er trage eine Dienstbekleidung, die er käuflich erworben habe. Vergebliche Kundenanfahrten würden ihm nicht vergütet. Er hafte für die mietweise überlassenen Sachmittel. Diese Aspekte träten im Rahmen der Gesamtabwägung jedoch hinter den Indizien für eine abhängige Beschäftigung zurück.

Der Kläger widersprach dieser Bewertung (Schreiben v. 20.1.2014): Zwar sei er nur persönlich als Kurierfahrer tätig geworden. Er besitze allerdings eine Betriebsnummer, unter der er eine sozialversicherungspflichtige Angestellte beschäftige. Die örtlichen und zeitlichen Vorgaben dienten wie der Zustellbezirk der Koordination der Betriebsorganisation der Beigeladenen zu 1). Er trage zwar die Oberbekleidung als Hermes-Partner, sein Fahrzeug sei allerdings nicht gekennzeichnet. Die Scanner-Erfassung, Tourenbücher und Formulare dienten einerseits der Kontrolle der ordnungsgemäßen Auftragsdurchführung und seien andererseits die Grundlage der Abrechnung. Die seitens der Beklagten angenommenen Anzeigepflichten ergäben sich nach seinem Verständnis nicht aus dem Vertrag.

Auch die Beigeladene zu 1) verwies auf das durch den Kläger unterhaltene sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis. Im Übrigen könne er seine Arbeitszeit frei gestalten, fahre kein als solches gekennzeichnetes Hermes-Fahrzeug. Es bestehe keine Pflicht, detaillierte Berichte zu schreiben. Er sei nicht verpflichtet, Änderungen im Mitarbeiterstamm und Fuhrpark anzuzeigen. Es bestehe für ihn eine Versicherung bei der zuständigen Berufsgenossenschaft.

Mit Bescheid vom 30.1.2014 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Kurierfahrer bei der Beigeladenen zu 1) ab dem 1.3.2013 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und in diesem Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ab diesem Zeitpunkt bestehe. Auf dem Bescheid im Übrigen wird Bezug genommen.

Dagegen erhoben sowohl die Beigeladene zu 1) (Schreiben v. 27.2.2014) als auch der Kläger (Schreiben v. 28.2.2014) Widerspruch. Der Kläger sei im Jahr 2013 für insgesamt drei Auftraggeber tätig geworden und zudem selbst Arbeitgeber. Es sei ihm allein überlassen, wann und wie er zustelle. Die Einhaltung der Hermes-Qualitätsanforderungen führe nicht automatisch zu einer abhängigen Beschäftigung. Sie konkretisierten lediglich seinen Aufgabenbereich. Ihm sei kein Fahrzeug durch die Beigeladene zu 1) zur Verfügung gestellt worden. Er sei auch nicht in die betrieblichen Abläufe der Beigeladenen zu 1) eingegliedert gewesen. Er erhalte keine Vergütung für geleistete Zeit, sondern für die Aufgabenerfüllung. In vergleichbaren Fällen sei stets eine selbständige Tätigkeit angenommen worden (Sozialgericht [SG] Düsseldorf, Urteil v. 13.3.2003, S 26 [8, 9] RJ 67/98; Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil v. 27.6.2001, 5 AZR 561/99; Landesarbeitsgericht [LAG] Köln, Beschluss v. 24.8.1999, 11 Ta 240/99).

Die Beklagte wies die Widersprüche mit den Widerspruchsbescheiden vom 23.5.2014 als unbegründet zurück. Auf die Begründung wird Bezug genommen.

Dagegen hat der Kläger am 4.6.2014 vor dem SG Dortmund Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er sei in der Zeit vom 1.3.2013 bis zum 28.2.2014 für die Beigeladene zu 1) tätig geworden. Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis habe indes nicht bestanden. Im Übrigen hat er zur Begründung seine Ausführungen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 30.1.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.5.2014 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Paketfahrer bei der Beigeladenen zu 1) vom 1.3.2013 bis zum 28.2.2014 nicht aufgrund einer abhängigen Beschäftigung der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung unterlag.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat maßgeblich auf ihre Bescheide verwiesen.

Die mit Beschluss vom 1.8.2014 am Verfahren beteiligte Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.

Auf Nachfrage des SG haben Kläger und Beigeladene zu 1) übereinstimmend mitgeteilt, dass das Qualitätshandbuch und der Verhaltenskodex nicht mehr vorlägen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat das SG die Beigeladene zu 1) und den Kläger angehört. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Mit Urteil vom 11.9.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 23.9.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7.10.2015 die Berufung eingelegt. Das SG habe seine Gesamtabwägung maßgeblich auf den Inhalt des Qualitätshandbuches und des Verhaltenskodexes gestützt, welche es nicht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht habe. Es habe sich stattdessen auf die Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz vom 15.7.2015 (L 6 R 23/14, juris) bezogen. Eine differenzierte Betrachtung des konkreten Sachverhaltes sei demnach nicht erfolgt, obgleich Unterschiede festzustellen seien. So habe der Kläger vorliegend keinem strafbewehrten Sanktionskatalog unterstanden wie der Kurierfahrer im Urteil des LSG Rheinland-Pfalz. Zudem habe eine betriebliche Einbindung des Klägers in den Betrieb der Beigeladenen zu 1) nur bestanden, soweit dies bezogen auf die Kurierfahrten erforderlich gewesen sei. Er habe eigenständig einen neuen Termin vereinbart, wenn Kunden nicht erreichbar gewesen sind. Die Vergütung für die zugestellten Sendungen habe er frei ausgehandelt. Er habe für andere Unternehmer tätig werden können. Es habe keine Pflicht zur höchstpersönlichen Aufgabenwahrnehmung bestanden. Er habe ein unternehmerisches Risiko getragen, indem er eine Mitarbeiterin beschäftigt und ein Fahrzeug unterhalten habe. Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bzw. Urlaub habe es nicht gegeben. Im streitigen Zeitraum habe er keine weiteren Auftraggeber gehabt. Im Übrigen wiederholt der Kläger seinen bisherigen Vortrag.

Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 26.2.2016 ihren Bescheid vom 30.1.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.5.2014 dahingehend geändert hat, dass in der vom Kläger vom 1.3.2013 bis zum 28.2.2014 ausgeübten Beschäftigung als Kurierfahrer bei der Beigeladenen zu 1) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat, beantragt der Kläger nunmehr,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 11.9.2015 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 30.1.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.5.2014 in der Gestalt des Bescheides vom 26.2.2016 festzustellen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Kurierfahrer bei der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1.3.2013 bis zum 28.2.2014 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Ergänzend führt sie aus, dass das Qualitätshandbuch und der Verhaltenskodex bundeseinheitlich seien und deren Inhalt aus anderen Verfahren bekannt sei. Zudem werde auf das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 17.1.2015 (L 1 KR 358/12, juris) verwiesen. Letztlich könne kein Zusammenhang zwischen der vorliegend zu prüfenden Tätigkeit des Klägers und der Beschäftigung seiner Ehefrau gesehen werden.

Die Beigeladene zu 1), die sich dem Antrag des Klägers angeschlossen hat, führt ergänzend aus, dass dem Kläger ein Betrag in Höhe von insgesamt 38.256,89 Euro inklusive Mehrwertsteuer zugewandt worden sei. Eine Betriebsprüfung habe in ihrem Betrieb für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht stattgefunden. Sie habe seiner Zeit insgesamt fünf Vollzeitbeschäftige, acht Teilzeitbeschäftigte und vier 450-Euro-Kräfte beschäftigt. Zudem habe es vier Subunternehmer gegeben. Die Touren des Klägers hätten sich auf I-Südstadt und I-Holthausen bezogen. Es sei ein Statusverfahren für einen Mitarbeiter durchgeführt worden. Dort sei eine selbständige Tätigkeit festgestellt worden.

Die mit Beschluss vom 13.4.2016 am Verfahren beteiligten Beigeladenen zu 2) bis 4) sind im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und haben keinen Antrag gestellt.

Der Senat hat das Parallelverfahren der Beigeladenen zu 1) (SG Duisburg, S 34 R 811/14) beigezogen sowie einen Versicherungsverlauf des Klägers, den Satellitendepot-Vertrag der Beigeladenen zu 1), die Gewinnermittlungen des Klägers für die Jahre 2013 und 2014, seine Einkommenssteuerbescheide, seine Gewerbeanmeldung, die Gehaltsabrechnungen und den Anstellungsvertrag bezüglich der Zeugin O. Ferner hat er das Qualitätshandbuch (Stand: 2014 und 2015) sowie den Verhaltenskodex (Stand: 2015) beigezogen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 7.12.2016 hat der Senat den Kläger und die Beigeladene zu1) angehört sowie die Zeugin O uneidlich vernommen. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 2) bis 4) in der Sache verhandeln und entscheiden können, da er sie in den ordnungsgemäßen Terminsmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Dortmund vom 11.9.2015 ist zulässig, in der Hauptsache jedoch nicht begründet.

Die am 7.10.2015 bei dem LSG Nordrhein-Westfalen schriftlich eingelegte Berufung des Klägers gegen das ihm am 23.9.2015 zugestellte Urteil ist zulässig, insbesondere gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne gerichtliche Zulassung statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 30.1.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.5.2014 in der Fassung des nach §§ 153, 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordenen Bescheides vom 26.2.2016 ist rechtmäßig, denn er beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG in seinen Rechten. Die Beklagte hat stattdessen im Rahmen des § 7a Abs. 1 SGB IV formell und materiell rechtmäßig die Versicherungspflicht des Klägers in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung in seiner Tätigkeit als Kurierfahrer in der Zeit vom 1.3.2013 bis zum 28.2.2014 bei der Beigeladenen zu 1) festgestellt.

Die Beklagte stützt sich dafür zu Recht als Ermächtigungsgrundlage auf § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet (§ 7a Abs. 1 Satz 2 SGB IV).

Der Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig. Denn die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass ein zur Versicherungspflicht in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung führendes Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) in dem Zeitraum vom 1.3.2013 bis zum 28.2.2014 bestand (dazu unter 1.), Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit des Kläger in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung begründeten, nicht vorlagen (dazu unter 2.) und der Eintritt der Versicherungspflicht ab dem 1.3.2013 begann (dazu unter 3.).

1. Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).

Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 26; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung: BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen "Etikettenschwindel" handelt, der u.U. als Scheingeschäft im Sinne des § 117 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der im Rahmen der gerichtlichen Beweisaufnahme festgestellten abgrenzungsrelevanten Indizien und nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles entsprechend ihrem Gewicht sowohl in vertraglicher als auch in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Kläger in den vom angefochtenen Bescheid erfassten Zeitraum für die Beigeladene zu 1) gegen Entgelt im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist.

a) Ausgangspunkt der vertraglichen Beziehung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) war der zwischen ihnen geschlossene Vertrag vom 1.3.2013 nebst dessen Anlagen I (Abrechnungsklassen, § 3 Ziff. 3.1 des Vertrages) und II (Tourenausstattung MEDEA, § 6 Ziff. 6.1 des Vertrages) sowie einschließlich des Qualitätshandbuchs und Verhaltenskodexes (§§ 1 Ziff. 1.5, 5 Ziff. 5.2 des Vertrages). Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertragswerks, die zu ihrer Wirksamkeit gemäß § 9 Ziff. 9.3 des Vertrages einer (qualifizierten) Schriftformklausel unterlagen, gab es ebenso wenig wie eine schriftliche Abbedingung der Schriftformklausel selbst.

b) Auf dieser vertraglichen Grundlage ist der Kläger ab dem 1.3.2013 im Rahmen eines zunächst auf eine sechsmonatige Probezeit befristeten Dauerschuldverhältnisses, welches im Anschluss unmittelbar in ein unbefristetes Dauerschuldverhältnis mündete (§ 2.2 Satz 1, 3 des Vertrages), für die Beigeladene zu 1) tätig geworden (zur Maßgeblichkeit der zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer bestehenden konkreten Rechtsbeziehung bei der Feststellung von Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV vgl. BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 R 11/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 2; Urteil v. 4.6.2009, B 12 KR 31/07 R, SozR 4-2400 § 7a Nr. 3; Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.; Urteil v. 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, USK 2013-171).

aa) Dabei hatte sich der Kläger verpflichtet, täglich die für sein Zustellgebiet mit den Tourenelementen 60.4, 61.2 und 61.4 vorgesehenen Zustellungen vorzunehmen, § 1 Ziff. 1.1 bis 1.3 des Vertrages. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei dem Vertrag vom 1.3.2013 nicht lediglich um einen Rahmenvertrag, welcher eine auf Dauer angelegte Geschäftsbeziehung eröffnete, jedoch (im Voraus) nur bestimmte Einzelheiten künftig abzuschließender Verträge festlegte (BSG, Urteil v. 30.10.2013, a.a.O.; Senat, Urteil v. 30.9.2015, L 8 R 584/11, juris). Die vertragliche Vereinbarung der Beteiligten war gerade nicht darauf angelegt, dass die Beigeladene zu 1) allmorgendlich dem Kläger mit der Bereitstellung der Paketsendungen einen Transportauftrag anbot, welchen er annehmen oder ablehnen konnte. Stattdessen haben sich die Vertragsparteien bereits nach dem Wortlaut der Vereinbarung auf eine dauerhafte Leistungspflicht des Klägers geeinigt, welche die Beigeladene zu 1) auch durchsetzen konnte. Hätte der Kläger demnach an einzelnen Tagen Zustellungen verweigert, wäre er in Verzug geraten. Diese Vertragsauslegung wird auch durch die tatsächlich geübte Praxis bestätigt. Der Kläger ist nach dem Bekunden der Vertragsparteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat werktäglich im SAT der Beigeladenen zu 1) erschienen, um die Sendungen in seinen Zustellbezirken auszuliefern.

bb) Daran ändert nichts, dass der Kläger in vorheriger Absprache mit der Beigeladenen zu 1) in einem begründeten Einzelfall eine konkrete Zustellung nicht vorgenommen hat. Denn auch in Dauerschuldverhältnissen kann eine Ablehnung von Aufträgen bei entsprechender Begründung durchaus in Betracht kommen (Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12, juris). Geprägt hat dieser Aspekt das Vertragsverhältnis indes nicht.

c) Ausgehend von diesen vertraglich getroffenen Vereinbarungen hat der Kläger seine Tätigkeit als Kurierfahrer bei der Beigeladenen zu 1) gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nach den Weisungen der Beigeladenen zu 1) ausgeübt. Ihr oblag im Verhältnis zum Kläger die Rechtsmacht, Anordnungen zu erteilen, die wertungsmäßig einem arbeitgeberseitigem Weisungsrecht (§ 106 Satz 1 Gewerbeordnung [GewO], § 315 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) im Wesentlichen entsprachen.

aa) Der Kläger unterlag zunächst einer Weisungsgebundenheit in örtlicher Hinsicht. Dies folgt bereits aus §§ 1 Ziff. 1.2, 1.3 des Vertrages. Danach hatte er am Bereitstellungsort, dem SAT der Beigeladenen zu 1) in I, morgens die ggf. zunächst noch zu sortierenden Sendungen zu übernehmen und sodann in seinem festen Zustellgebiet mit den Tourenelementen 60.4, 61.2 und 61.4 auszufahren.

bb) Dabei hatte er in zeitlicher Hinsicht arbeitstäglich, spätestens beginnend um 9:30 Uhr, die Belieferung seines Bezirkes durchzuführen, welche wiederum mit der Auslieferung der letzten Sendung endete.

(1) Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger tatsächlich erst zwischen 9:30 und 10:00 Uhr im SAT-Depot der Beigeladenen zu 1) eintraf. Dabei kann der Senat offen lassen, ob dies - wie die Beigeladene zu 1) in der mündlichen Verhandlung angab - regelmäßig oder - so der Kläger - teilweise der Fall gewesen ist. Mangels schriftlicher Vertragsänderung hätte die Beigeladene zu 1) den Kläger jederzeit zur Vertragseinhaltung auffordern können.

Unerheblich ist dabei, ob die Beigeladene zu 1) in der täglichen Arbeitsroutine von ihrem Weisungsrecht tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Maßgeblich ist stattdessen, dass sie als Betriebsinhaberin insoweit die alleinige abstrakte Rechtsmacht hatte. Diese entfiel auch nicht dadurch, dass "in guten Zeiten" diese gegenüber dem Kläger faktisch nicht ausgeübt wurde. Im Konfliktfall hätte sie auf diese Befugnisse jederzeit wieder zurückgreifen können. Es ist daher konsequent und im Hinblick auf größtmögliche Rechtssicherheit geboten, eine von Anfang an latent vorhandene Rechtsmacht auch dann als ein für abhängige Beschäftigung sprechendes Kriterium zu berücksichtigen, wenn von ihr konkret (noch) kein Gebrauch gemacht wurde (Senat, Urteil v. 15.1.2014, L 8 R 42/09, juris). Andernfalls hinge die versicherungsrechtliche Beurteilung im Wesentlichen davon ab, ob die Tätigkeit aus Sicht des Rechtmachtsinhabers beanstandungsfrei ausgeübt wurde. Eine Abhängigkeit der Statuszuordnung vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten ist gerade mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht in Einklang zu bringen (BSG, Urteile v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, BSGE 119, 216 und B 12 R 1/15 R, Die Beiträge Beilage 2016, 73).

(2) Retouren hatte der Kläger bis spätestens um 9:30 Uhr am Folgetag im SAT der Beigeladenen zu 1) abzuliefern, § 1 Ziff. 1.3 Satz 2 des Vertrages. Dies praktizierten die Beteiligten auch so. Nach den Schilderungen des Klägers fuhr er täglich zwei Runden, um sämtliche Sendungen ausliefern zu können. Nach jeder Tour lieferte er die ihm auf dieser übergebenen Retouren und damit bereits taggleich am SAT ab.

(3) Während dieser Auslieferungstouren hatte der Kläger gemäß § 1 Ziff. 1.3 Satz 2 des Vertrages, die durch den jeweiligen Absender für die Zustellung gemachten Vorgaben (z.B. betreffend Zustellungszeitpunkt, Zustellart, etc.) und entsprechend § 1 Ziff. 1.5 Satz 2 des Vertrages, die sich aus dem Qualitätshandbuch ergebenden Serviceanforderungen einzuhalten.

(a) Dagegen spricht zunächst nicht, dass die Beigeladene zu 1) insofern nur Verpflichtungen ihres Vertragspartners, der HLGD, an den Kläger weitergegeben hat. Über § 1 Ziff. 1.5 Satz 2 des Vertrages haben die Vertragsparteien die im Qualitätshandbuch zugrunde gelegten Serviceanforderungen zum unmittelbaren Vertragsgegenstand gemacht und sie damit in den Stand von durch die Beigeladene zu 1) gegenüber dem Kläger einforderbaren Leistungspflichten erhoben. Vor Nichteinhaltung hatte sich die Beigeladene zu 1) über das Recht zur fristlosen Kündigung abgesichert, § 2 Ziff. 2.3 Spiegelstrich 3 des Vertrages.

(b) Dementsprechend war der Kläger verpflichtet, vereinbarte Termine zu wahren (Ziff. 4 der zehn Grundregeln für die kundenorientierte Zustellung und Abholung, S. 3 des Qualitätshandbuchs). Zustellungen und Abholungen von Sendungen musste er grundsätzlich im Zeitraum von 7:00 bis 20:00 Uhr durchführen. Dies galt nicht bei sog. Zustellungen im Sonderservice (S. 13 des Qualitätshandbuchs). In diesem Fall hatte der Kläger die besonderen Zustelltermine nicht nur zu beachten, sondern nach dem Qualitätshandbuch "unbedingt einzuhalten" (dort S. 19ff.). Diesbezüglich ergaben sich Zeitfenster für den Eilservice (beschleunigte Zustellung) mit einer Zustellzeit von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr, 8:00 Uhr bis 14.00 Uhr bzw. 12:00 Uhr bis 18:00 Uhr, für den Terminservice mit Zustellzeiten von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr, für den Premiumservice mit Zustellfenstern von 10:00 Uhr bis 13:00 Uhr, 12:00 Uhr bis 15:00 Uhr, 14:00 bis 17:00 Uhr bzw. 18:00 bis 21:00 Uhr oder den Feierabendservice mit dem Zustellzeitfenster von 17:00 bis 21:00 Uhr. Die Termine konnte der Kläger sowohl dem Sendungsaufkleber entnehmen als auch aus den täglich erstellten Orientierungslisten ersehen.

cc) Entgegen der Ansicht des Klägers bestand auch eine Weisungsgebundenheit in inhaltlicher Hinsicht.

(1) Gemäß § 1 Ziff. 1.5 Satz 2, 3 des Vertrages unterlag der Kläger nicht nur in zeitlicher, sondern auch in inhaltlicher Hinsicht den sich aus dem Qualitätshandbuch ergebenen Serviceanforderungen.

(a) Das Qualitätshandbuch bestimmte seine Verhaltensweise bei Tourenbeginn und Tourenende (vgl. S. 10, 77). Insbesondere hatte der Kläger vor Tourbeginn darauf zu achten, dass sein Scanner mit den Tour-Daten geladen war und er die Tourenfreigabe erhalten hatte. Ferner hatte er die für die Tour nötigen Utensilien (z.B. Mitnahmebanderolen, Kundenbenachrichtigungskarten, Retourenaufkleber, Scannerstift, etc.) im Fahrzeug vorzuhalten. Zum Ende der Tour hatte er einen Tourenabschluss durchzuführen, den Rücklauf auslesen zu lassen und die daraufhin erstellte Empfangsquittung zu unterzeichnen. Er musste zudem sämtliche Unterlagen, wie Durchschläge der Kundenbenachrichtigungskarten, Tagessendungslisten, Orientierungslisten mit Kundenunterschrift etc. vollständig übergeben.

(b) Im Rahmen des Kundenkontakts hatte er verschiedene Verhaltensregeln einzuhalten, wie z.B. ein freundliches und höfliches Auftreten gegenüber dem Kunden, ein Rauchverbot im (eigenen) Fahrzeug und während der Auslieferung sowie das Tragen der Hermes-Kleidung und eines entsprechenden Namensschildes. Letzteres haben die Vertragsparteien nochmals ausdrücklich in § 7 des Vertrages vereinbart. Dass der Kläger demgegenüber sein Fahrzeug nicht als solches eines Hermes-Partners kennzeichnen musste, tritt dahinter zurück.

(c) Auch die konkrete Art und Weise der Auslieferung selbst war streng reglementiert.

(aa) Warensendungen durfte der Kläger grundsätzlich nur gegen Unterschrift im Scanner bzw. bei entsprechender Weigerung auf der Orientierungsliste übergeben. Teilweise war eine Übergabe nur an Erwachsene zulässig (S. 13f. des Qualitätshandbuchs). Katalogsendungen durfte er zwar in der Regel in den Briefkasten einlegen. Den Ablageort musste er jedoch im Scanner erfassen. Ob eine Unterschrift erforderlich war, wurde ihm bereits über die Menüfolge im Scanner voreingestellt.

(bb) Der Kläger unterlag auch einem detaillierten Verfahren bei nicht zustellbaren Lieferungen, dessen Vorgaben sich nach dem Grund der Unzustellbarkeit (z.B. Annahmeverweigerung, Empfänger nicht angetroffen, falsche Adresse bzw. Identifikation bei Ident-Service; falsch sortierte oder beschädigte Sendung) unterschieden (S. 25ff. des Qualitätshandbuchs). So hatte der Kläger z.B. bei einem nicht angetroffenen Empfänger die Möglichkeit der Nachbarschaftsabgabe, soweit diese nicht ausgeschlossen war. In diesem Fall hatte er den eigentlichen Empfänger mittels einer Benachrichtigungskarte in Kenntnis zu setzen (S. 17f. des Qualitätshandbuchs). Grundsätzlich war er aber dazu verpflichtet, bis zu vier Zustellversuche, die grundsätzlich an drei aufeinanderfolgenden Werktagen zu erfolgen hatten, durchzuführen (S. 6, 17f, 26 des Qualitätshandbuchs). Diesbezüglich musste er dem Kunden jeweils Benachrichtigungskarten unter Angabe des nächsten Zustellversuchs hinterlassen. Der vierte Zustellversuch erfolgte hingegen nach Terminabsprache.

(cc) Hinsichtlich der Retouren hatte der Kläger ebenfalls differenzierte Vorgaben zu beachten, die sich danach richteten, ob es sich um eine (vorab beauftragte) Retouren-Abholung oder eine bloße Retouren-Mitnahme z.B. bei zugleich erfolgter Zustellung handelte (S. 32ff. Qualitätshandbuch). Je nach Ursache hatte er ein unterschiedliches Procedere einzuhalten. So musste er z.B. zuvörderst feststellen, ob die Retouren kostenfrei waren, die richtigen Sendungsaufkleber hatten, den Abholauftrag ausfüllen und die Quittung dem Kunden übergeben.

(d) Insgesamt waren damit die in Betracht kommenden Geschäftsfälle und Verhaltensweisen so detailliert reglementiert, dass es der Erteilung einzelfallbezogener Weisungen, die aufgrund der räumlichen Entfernung während der Tour ja auch gar nicht möglich waren, nicht mehr bedurfte. Wesentliche Gestaltungsspielräume des Klägers betreffend seine Tätigkeit bestanden nicht.

(2) Der Kläger war neben der eigentlichen Zustelltätigkeit nach § 1 Ziff. 1.3 Satz 1 des Vertrages dazu verpflichtet, bei der Sendungssortierung für sein Zustellgebiet zu helfen. In der tatsächlichen Vertragspraxis, wie sie dem Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung von den Vertragsparteien geschildert wurde, war diese Hilfestellung des Klägers allerdings auf ein Mindestmaß zurückgefahren worden. Denn der Kläger ließ nach seiner letzten Tour für den jeweiligen Tag neben den Retouren auch seinen Scanner im SAT. Da morgens von den dafür zuständigen Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1) im Lager die Sendungen bereits sortiert wurden, konnten die Sendungen des Klägers durch sie - zumindest zu einem Großteil - bereits eingescannt werden.

d) Der Kläger war darüber hinaus auch i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der für ihn fremden, einseitig durch die Beigeladene zu 1) vorgegebenen Arbeitsorganisation tätig.

aa) Die Tätigkeit des Klägers ging in einer von der Beigeladenen zu 1) vorgegebenen Ordnung auf. Das ist anzunehmen, wenn das Arbeitsziel und der betriebliche Rahmen vom Auftraggeber gestellt oder auf seine Rechnung organisiert werden, wobei es ausreicht, dass der Geschäfts- oder Betriebszweck vorgegeben und es dem Beschäftigten überlassen wird, welche Mittel er zur Erreichung der Ziele einsetzt (vgl. Segebrecht, in: jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7, Rdnr. 87 ff. m.w.N.; Senat, Urteil v. 6.7.2016, L 8 R 761/14, juris). Ausgehend davon ist unter Berücksichtigung der strukturellen und organisatorischen Gegebenheiten der Arbeit eines Kurierfahrers eine Eingliederung des Klägers in die von der Beigeladenen zu 1) vorgegebene betriebliche Ordnung zu bejahen.

(1) Die Beigeladene zu 1) betrieb das SAT im Rahmen eines Einzelunternehmens und organisierte die Durchführung der Zustellung von Sendungen auf der sog. letzten Meile in dem ihr im SAT-Vertrag durch HLGD zugewiesenen Zustellgebiet (§ 1 Ziff. 1.1 SAT-Vertrag). Sie wickelte die Sendungsannahme, die Lagerung und die Sortierung der zuzustellenden Sendungen entsprechend der Abwicklungsbeschreibung zur Sendungsübergabe (Anlage 3 zum SAT-Vertrag) ab und verfügte über die dafür notwendige sächliche und personelle Infrastruktur. Die von ihr aufgrund des SAT-Vertrages vorgehaltene EDV-Anlage ermöglichte die fortwährende digitale Registrierung der einzelnen Sendungen von der Anlieferung am SAT bis zur Auslieferung beim Kunden durch den Kläger.

(2) Der Kläger lieferte diese digital in obigem System registrierten und für ihn vorsortierten Sendungen in einem Teilzustellbezirk der Beigeladenen zu 1) nach den vertraglichen Vorgaben aus. Einfluss auf den dargestellten Verteilungsmechanismus hatte er keinen. Unterschiede zu einem festangestellten Kurierfahrer der Beigeladenen zu 1) sind diesbezüglich nicht erkennbar. Die Beigeladene zu 1) griff vielmehr zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten gegenüber HLGD gleichermaßen auf angestellte Kurierfahrer wie auf den Kläger zurück, sodass er als Teil ihres Personalstamms zu betrachten war.

(3) Dabei überließ der Kläger es - im Wege arbeitsteiligen Zusammenwirkens - maßgeblich den Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1) die Daten der nächsten Touren auf den abends vor Ort gelassenen Scanner zu laden. Neben dem (angemieteten) Scanner hatte der Kläger noch weitere, durch die Beigeladene zu 1) zur Verfügung gestellte Unterlagen zu nutzen, § 1 Ziff. 1.6 des Vertrages.

(4) Die Sendungsübergabe musste der Kläger, entweder durch die Unterschrift des Kunden oder durch die Angabe des Ablageortes, stets mittels des Scanners dokumentieren. Die Daten wurden in das durch die Beigeladene zu 1) vorgehaltene System geladen und machten so im Rahmen eines beständigen Rückkopplungs- und Kontrollmechanismus die zeitliche und örtliche Zustellung sowie den jeweiligen Tourenverlauf für die Beigeladene zu 1) sicht- und kontrollierbar. Zudem benötigte der Kläger die Scannerauswertungen der Beigeladenen zu 1) wiederum zur Rechnungsstellung. Eine - eigenständige - Abrechnung war ihm nicht möglich, da die mengenbasierte Vergütung auf der Grundlage der auftraggeberseitigen Auswertungen erfolgen sollte, § 3 Ziff. 3.2 des Vertrages.

bb) Unerheblich ist, dass die Beigeladene zu 1) nur Vorgaben der HLGD weitergeleitet hat. Denn allein die Beigeladene zu 1) trat nach außen hin als deren verantwortliche Vertragspartnerin auf. Sie hatte sich gegenüber der HLGD zur Erfüllung einschließlich der angesprochenen Nebenpflichten verpflichtet. Der Kläger nutzte insofern nicht lediglich einen durch die Beigeladene zu 1) bereitgestellten Vertriebsweg, denn eigene Aufträge konnte er - unabhängig von ihr - im Rahmen dieser Vertragsstruktur nicht akquirieren. Seine Tätigkeiten beim Endkunden wurden im Verhältnis zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) allein durch diese in der beschriebenen Weise herbeigeführt, finanziell abgewickelt und so organisatorisch im Wesentlichen in die Hand genommen (vgl. dazu BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, juris).

e) Die weiteren vertraglichen Regelungen erlauben ebenfalls nicht mit hinreichender Eindeutigkeit die Zuordnung zum Typus der selbständigen Tätigkeit.

aa) Zwar war der Kläger vertraglich zum Vorhalt sächlicher und personeller Betriebsmittel verpflichtet, um die Aufgabenerfüllung sicherzustellen (§ 1 Ziff. 1.4, § 4 Ziff. 4.3 des Vertrages). Darin ist indes nicht der Vorhalt einer eigenen Betriebsstätte zu sehen. Die Beigeladene zu 1) hat nach eigenen Angaben die Verträge der für sie tätigen Subunternehmer aus drei ihr vorliegenden Vertragsexemplaren zusammengestellt. Der Kläger, der - für sie erkennbar - allein die Zustellung in seinem Zustellbezirk sicherstellte, benötigte dazu lediglich ein eigenes Fahrzeug und ggf. ein häusliches Arbeitszimmer, von welchem aus er seine berufliche Tätigkeit koordinierte und wo er ggf. eine Büroausstattung mit Computer, Drucker, Telefon und Akten vorhielt. Das geht nicht über das hinaus, was in der modernen Lebenswirklichkeit auch in vielen privaten Haushalten beschäftigter Arbeitnehmer vorzufinden ist, und ist qualitativ nicht mit einer festen Geschäftseinrichtung oder Anlage zu vergleichen, die dem Betrieb eines Unternehmens dient (vgl. § 12 Satz 1 Abgabenordnung [AO]; BSG, Urteil v. 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25 m.w.N.; Senat, Urteil v. 6.4.2016, L 8 R 355/14).

bb) Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger nicht zur höchstpersönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen ist, wie aus §§ 1 Ziff. 1.1 Satz 4, 4 Ziff. 4.4, 5 Ziff. 5.1 des Vertrages folgt. Zwar haben nach der Rechtsprechung des BSG Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl. BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 19), so dass daraus grundsätzlich ein Indiz für ein Arbeitsverhältnis folgt. Da nach § 613 Satz 1 BGB der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste demgegenüber nur "im Zweifel" in Person zu leisten hat, kann der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt sein, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen (BAG, Urteil v. 19.11.1997, 5 AZR 653/96, BAGE 87, 129). Die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt aber nur eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen dar, das gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl. BSG Urteil v. 17.12.2014, B 12 R 13/13 R, SozR 4-2400 § 28p Nr. 4; BSG, Urteil v. 31.3.2015, B 12 KR 17/13 R, USK 2015-21). Der dadurch ggf. geschaffene Gestaltungsspielraum des Klägers hat vorliegend das Gesamtbild der Tätigkeit nicht geprägt (vgl. BAG, Urteil v. 19.11.1997, 5 AZR 653/96, BAGE 87, 129). Denn zunächst hat er von dem Recht, Dritte einzusetzen, tatsächlich keinen Gebrauch gemacht. Stattdessen wurde der Kläger in dem einzigen Fall der - zudem begründeten - Zustellablehnung durch einen Fahrer der Beigeladenen zu 1), auf deren Weisung hin, vertreten. Im Übrigen war dieses Recht auf den in §§ 4 Ziff. 4.4, 5 des Vertrages beschriebenen Personenkreis beschränkt.

cc) Soweit der Kläger konkurrierend tätig werden durfte (§§ 1 Ziff. 1.7, 1.8 des Vertrages), stellt dies vorliegend gleichfalls kein maßgeblich für eine selbständige Tätigkeit sprechendes Kriterium dar. Zunächst bestand dieses Recht nur, solange der reibungslose Ablauf der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) nicht behindert wurde (§ 1 Ziff. 1.7 des Vertrages). Sodann war es eingeschränkt, indem es dem Kläger untersagt war, mit den Sendungen der Beigeladenen zu 1) auch Sendungen anderer Paket- oder Kurierdienste zuzustellen (§ 1 Ziff. 1.8 des Vertrages). Darüber hinaus darf auch der Arbeitnehmer im Handelszweig des Arbeitgebers anderweitig arbeiten, wenn der Arbeitgeber seine Einwilligung erteilt (§ 60 Abs. 1 Handelsgesetzbuch [HGB]). Letztlich hat der Kläger auch tatsächlich von dieser rechtlichen Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

dd) Der Kläger konnte auch nicht wesentlich über seine eigene Arbeitskraft verfügen. Er war täglich zwischen zehn bis zwölf Stunden für die Beigeladene zu 1) tätig. Die Möglichkeit der eigenen Tourenplanung wurde in vielfacher Weise eingeschränkt, nämlich durch den Zustellbezirk, die tatsächlich anzufahrenden Adressen und die einzuhaltenden Zustelltermine.

ee) In Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit unterlag der Kläger zudem keinem maßgeblichen unternehmerischen Risiko. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 28.5.2008, B 12 KR 13/07 R, USK 2008-45) ist maßgebliches Kriterium hierfür, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Erforderlich ist ein Risiko, das über das Risiko hinausgeht, für den Arbeitseinsatz kein Entgelt zu erzielen (Segebrecht in: jurisPK-SGB IV, 3. Auflage, § 7 Rdnr. 94). Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil v. 28.5.2008, a.a.O., BSG, Urteil v. 28.9.2011, a.a.O.; Senat, Urteil v. 30.4.2014, L 8 R 376/12, juris).

(1) Nach § 3 Ziff. 3.1 des Vertrags i.V.m Anlage I wurde der Kläger insbesondere für zugestellte Sendungen und Mitnahme- und Abholretouren vergütet. Er setzte demgemäß seine Arbeitskraft grundsätzlich nicht mit der Gefahr des Verlustes ein und trug diesbezüglich nur - wie ein Arbeitnehmer - das Ausfallrisiko der Beigeladenen zu 1).

Unvergütet blieben danach nur erfolglose Zustellversuche (ausgenommen: unvollständige Avise). Diese wurden in den klägerischen Rechnungsanlagen in Angrenzung zu den beim Kunden mitgenommenen Sendungen (Mitnahme- und Abholretouren) mit dem Stichwort "Retouren" zusammengefasst. Durch sie wurde dem Kläger ein Kostenrisiko aufgebürdet, aus dem sich allerdings keine erweiterten unternehmerischen Chancen ergeben, weswegen es nicht als maßgebliches unternehmerisches Risiko anzuerkennen ist. Sie umfassten zudem nur einen geringen Anteil der Sendungen, wie sich des Weiteren aus den Rechnungsanlagen ergibt. So transportierte der Kläger in der Zeit vom 30.3. bis zum 29.4.2013 insgesamt 3.002 Sendungen, von denen 170 und damit knapp 6% derartige Retouren gewesen sind. Ähnlich verhielt es sich in den folgenden Abrechnungszeiträumen (z.B. 30.4. bis 29.5.2013: 2.998 Sendungen, davon 165 Retouren; 31.5. bis 28.6.2013: 3.130 Sendungen, davon 140 Retouren; 30.6. bis 30.7.2013: 2.887 Sendungen, davon 106 Retouren; 31.7. bis 30.8.2013: 2.640 Sendungen, davon 115 Retouren; 31.8. bis 28.9.2013: 2.727 Sendungen, davon 112 Retouren).

(2) Der Kläger hatte nach § 4 Ziff. 4.3 des Vertrages das nötige Zustellfahrzeug vorzuhalten. Da der Kläger es jedoch im Vorgriff auf den zu erwartenden Vertragsschluss mit der Beigeladenen zu 1) und die hieraus zu erzielenden Vergütungen angeschafft hat, war der Kapitaleinsatz nicht in dem Maße ungewiss, wie dies für ein unternehmerisches Risiko typisch ist. Zudem erwuchsen ihm aus der Anschaffung des Fahrzeugs keine erweiterten unternehmerischen Chancen, weil die Verdienstmöglichkeiten durch die Zuweisung der von ihm zu beliefernden Bezirke beschränkt waren.

(3) Die Hermes-Kleidung, die der Kläger nach § 7 Ziff. 7.3 des Vertrages zu tragen hatte, musste er gleichfalls nicht mehr für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) erwerben, da er diese bereits aufgrund einer vorangegangenen Beschäftigung besaß.

(4) Der Kläger hatte monatliche Aufwendungen, die kein erhebliches Ausmaß annahmen, für den Scanner zu tätigen. Dieser wurde ihm nach § 6 Ziff. 6.2 des Vertrages i.V.m. Anlage II mietweise zu einem Mietzins von 15,00 Euro monatlich zur Verfügung gestellt. Darin war zudem eine Reparaturpauschale enthalten, Anlage II, Ziff. 2.2. Der Mietzins wurde von der jeweiligen Rechnungssumme in Abzug gebracht.

(5) Die Vereinbarung von Schadenersatzpflichten nach §§ 1 Ziff. 1.6 Satz 3, 4 Ziff. 4.6, 8 Ziff. 8.1, 8.3 des Vertrages sind gleichfalls keine maßgeblich in die Gewichtung einzustellenden Indizien für Selbständigkeit. Denn auch Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgebern - wenn auch nur in den Grenzen der hierzu entwickelten Rechtsprechung (vgl. BAG GS, Beschluss v. 27.9.1994, GS 1/89 (A), AP Nr. 103 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers, BAG, Urteil v. 25.9.1997, 8 AZR 288/96, AP Nr. 111 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers) - grundsätzlich den aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstandenen Schaden ersetzen (vgl. hierzu nur die Regelung des § 619a BGB). Auch die nach § 8 Ziff. 8.4 des Vertrages abzuschließende Haftpflichtversicherung ist ebenfalls nicht als maßgebend zu betrachten, da sie auch bei abhängig Beschäftigten zu finden ist (Senat, Beschluss v. 9.1.2013, L 8 R 406/12 B ER; Senat, Beschluss v. 4.9.2013, L 8 R 462/13 B ER; Senat, Urteil v. 11.5.2016, L 8 R 975/12, jeweils juris).

(6) Dem Ausschluss von Ansprüchen des Klägers auf bezahlten Erholungsurlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ebenso wie seine in § 3 Ziff. 3.2. des Vertrages geregelte Verpflichtung, Rechnungen zu stellen und für seine soziale Absicherung selbst Sorge zu tragen, kommt keine maßgebliche Indizwirkung zu. Vertragsklauseln, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden, lassen, auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zu. Darüber hinaus haben sie bei der im Rahmen des § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung. Vielmehr setzen sie bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw. Beschäftigter voraus. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.). Abgesehen davon ist die Überbürdung sozialer Risiken abweichend von der das Arbeitsrecht prägenden Risikoverteilung nur dann ein gewichtiges Indiz für unternehmerisches Handeln, wenn damit auch tatsächliche Chancen einer Einkommenserzielung verbunden sind, also eine Erweiterung der unternehmerischen Möglichkeiten stattfindet (BSG, Urteil v. 11.3.2009, B 12 KR 21/07 R, USK 2009-25; Senat, Urteil v. 6.7.2016, a.a.O., juris), wofür im vorliegenden Fall jedoch nichts ersichtlich ist.

(7) Der Kläger beschäftigte zwar sozialversicherungspflichtig seine Ehefrau für Bürohilfstätigkeiten und setzte sie nach ihrer Zeugenaussage auch konkret zur Rechnungserstellung gegenüber der Beigeladenen zu 1) ein. Allerdings wurde dadurch kein unternehmerisches Risiko begründet.

Zwar setzte der Kläger diesbezüglich eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes ein. Allerdings stiegen dadurch nicht seine unternehmerischen Chancen. Weder gewann er indessen bezogen auf seine Zustelltätigkeit größere Gestaltungsfreiheiten, noch war es ihm durch den Einsatz von Personal möglich, seine eigene Arbeitskraft in gesteigertem Maß einzusetzen. Denn es verblieb mit wie ohne Beschäftigungseinsatz der Zeugin bei den täglich seinem Zustellbezirk zugeordneten Sendungen. Weitere Bezirke, mit entsprechend erweiterten Gewinnchancen, hat er durch ihren Einsatz gerade nicht generieren können.

ff) Soweit aus dem Wortlaut des Vertrages (Auftragnehmer, Subunternehmer, etc.) und den Regelungen in §§ 1 Ziff. 1.1 Satz 1, 4 Ziff. 4.1 des Vertrages der übereinstimmende Wille der Vertragsparteien folgt, wonach ein Arbeitsverhältnis auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht nicht begründet werden sollten, kommt diesem Gesichtspunkt im Rahmen der Statusbeurteilung nur eine geringe Indizwirkung zu.

Der Senat kann offen lassen, ob die Zusammenarbeit zwischen den an dem Auftragsverhältnis Beteiligten tatsächlich von dem (ursprünglichen) Willen getragen war, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen. Dieser Wille hat nach der Rechtsprechung des BSG indizielle Bedeutung nämlich nur, wenn er den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und durch weitere Aspekte gestützt wird bzw. die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen. Zudem ist das indizielle Gewicht umso geringer, wenn wegen eines erheblichen Ungleichgewichts der Verhandlungspositionen nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass alle Vertragsparteien in gleicher Weise die Möglichkeit hatten, ihre Wünsche bzgl. der Ausgestaltung des sozialversicherungsrechtlichen Status durchzusetzen (BSG, Urteil v. 18.11.2015, a.a.O. m.w.N.).

Dem insoweit verschriftlichten Übereinkommen, ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht begründen zu wollen, kommt vor diesem Hintergrund schon deshalb keine Indizwirkung zu, da überwiegende Gesichtspunkte zugunsten eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sprechen. In einem solchen Fall unterliegt der sozialversicherungsrechtliche Status keiner uneingeschränkten Dispositionsfreiheit der Beteiligten (BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Sozialversicherungsrecht ist öffentliches Recht und steht auch nicht mittelbar dadurch zur Disposition der am Geschäftsleben Beteiligten, dass diese durch die Bezeichnung ihrer vertraglichen Beziehungen über den Eintritt oder Nichteintritt sozialrechtlicher Rechtsfolgen verfügen können (Segebrecht in: jurisPK, SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7 Rdnr. 93). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts schließen es grundsätzlich aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen oder ihren Vorstellungen hierüber zu entscheiden (BSG, Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 8/01, a.a.O.; Urteil v. 3.4.2014, B 5 RE 13/14 R, SozR 4-2600 § 6 Nr. 12, Rdnr. 57; Senat, Urteil v. 6.7.2016, a.a.O.).

gg) Der Umstand, dass der Kläger ein Gewerbe angemeldet hat, spricht gleichfalls nicht entscheidend für eine selbständige Tätigkeit, da dieses formale Kriterium für die Beurteilung der tatsächlichen Ausgestaltung der zu beurteilenden Tätigkeit ohne wesentliche Aussagekraft ist. Der sozialversicherungsrechtliche Status eines Betriebsinhabers wird seitens der Gewerbeaufsicht nicht geprüft (Senat, Urteil v. 17.12.2014, L 8 R 463/11; Senat, Urteil v. 11.5.2016, L 8 R 975/12, jeweils juris).

f) Weitere in die Gesamtabwägung einzustellende Gesichtspunkte sind nicht ersichtlich. Insgesamt zeigt die Bewertung und Gewichtung der relevanten Abgrenzungsmerkmale unter Berücksichtigung der durch den Senat festgestellten, tatsächlich praktizierten Rechtsbeziehung, dass diese im gesamten Streitzeitraum im Wesentlichen der einer abhängigen Beschäftigung entsprach, wogegen Aspekte, die für eine selbständige Tätigkeit stehen, nicht in einem im Rahmen der Gesamtabwägung überwiegenden Umfang vorhanden waren.

2. Versicherungsfreiheit des Klägers in einzelnen Zweigen der Sozialversicherung bestand nicht. Da der Kläger in dem Zeitraum, in welchem er für die Beigeladene zu 1) tätig geworden ist, insbesondere keine weiteren Tätigkeiten für andere Auftraggeber ausführte, kommt auch eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung nach § 5 Abs. 5 SGB V i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI nicht in Betracht.

3. Die Beklagte hat den Eintritt der Versicherungspflicht zutreffend auf den 1.3.2013 festgestellt. Ein späterer Eintritt der Versicherungspflicht in Anwendung des § 7a Abs. 6 SGB IV kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Statusfeststellungsantrag gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der zu beurteilenden Tätigkeit, sondern erst am 3.9.2013 gestellt worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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