Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 2 AL 132/99
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 13/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AL 94/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Soweit bei der Bedürftigkeitsprüfung im Rahmen der Arbeitslosenhilfe eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe der Grundrente der Kriegsopferversorgung nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist kann ab 1.1.1999 beim Arbeitslosenhilfe-Freibetrag nicht mehr zwischen dem Beitrittsgebiet und den alten Bundesländern differenziert werden.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 16. Oktober 2002 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen ihre Verurteilung zur Zahlung höherer Arbeitslosenhilfe (Alhi) an die Klägerin ab 1. Januar 1999.
Die im Jahre 1946 geborene Klägerin bezog zunächst Arbeitslosengeld seit Oktober 1995 Alhi. Ab 1. August 1998 bewilligte ihr die Beklagte Alhi in Höhe von 90,58 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt 560,00 DM; Leistungsgruppe C/0). Der Ehemann der Klägerin bezog eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 1.343,83 DM monatlich sowie eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 vH in Höhe von 1.154,06 DM. Unter Berücksichtigung dieser Renten sowie weiterer Versicherungsbeiträge errechnete die Beklagte einen "Anrechnungsbetrag" von insgesamt 143,63 DM wöchentlich. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Die Beklagte ihrerseits hob die Bewilligung von Alhi ab 1. Dezember 1999 in Höhe von 51,67 DM wöchentlich auf, weil der Freibetrag bei der Verletztenrente des Ehegatten ab 1. August 1998 doppelt berücksichtigt worden sei. Die Beklagte gewährte durch Bescheid vom 3. Dezember 1998 der Klägerin ab 1. Dezember 1998 Alhi in Höhe von nur noch 38,92 DM wöchentlich. Ab 1. Januar 1999 bewilligte sie sodann Alhi in Höhe von 42,35 DM wöchentlich (Bescheid vom 14. Januar 1999). Die Widersprüche wies sie durch Bescheid vom 25. März 1999 zurück.
Nach Klageerhebung zum Sozialgericht (SG) Dessau ergingen weitere Bewilligungsbescheide über die Höhe der Alhi (Bescheide vom 10. Juni 1999, 13. Januar 2000, 2. Oktober 2000, 11. Januar 2001, 25. Juli 2001 und 18. Januar 2002). Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 26. Januar 2000).
Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Klägerin den Gerichtsbescheid des SG und den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 1999 sowie die genannten Folgebescheide abgeändert und - unter Abweisung der Klage und Berufung im Übrigen - die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 1. Januar 1999 Alhi unter Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe der Grundrente für Kriegsopfer zu zahlen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Höhe der der Klägerin bis 31. Dezember 1998 bewilligten Alhi sei nicht zu beanstanden gewesen. Insbesondere stelle die Erwerbsunfähigkeitsrente des Ehegatten Einkommen dar. Auch sei die Verletztenrente abzüglich des Freibetrags gemäß § 11 Satz 1 Nr 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) zu berücksichtigen. Allerdings habe sich der Freibetrag gemäß § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV ab 1. Januar 1999 erhöht, weshalb die der Klägerin zustehende Alhi insofern zu niedrig bemessen und die Alhi-Bewilligungsbescheide ab 1. Januar 1999 abzuändern gewesen seien. Nach § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV gelte die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrags, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde, nicht als Einkommen. Auf Grund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 14. März 2000 (BVerfGE 102, 41) sei § 84a Bundesversorgungsgesetz (BVG) geändert worden. Mit Wirkung ab 1. Januar 1999 gelte § 84a Satz 1 BVG, der im Beitrittsgebiet niedrigere Grundrenten als in den alten Bundesländern vorsah, nicht mehr für die Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs 1 Satz 1 BVG. Ab 1. Januar 1999 erhielten alle Kriegsopfer unabhängig vom Wohnsitz eine Grundrente, die sich nur noch hinsichtlich der Höhe der MdE unterscheide. Bei einer MdE von 60 vH habe die Grundrente ab 1. Januar 1999 monatlich 500,00 DM betragen. Dieser Betrag müsse auch als Freibetrag im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV zu Grunde gelegt werden, weil diese Norm für die Berechnung des Freibetrags eindeutig auf die Beschädigtengrundrente in der Kriegsopferversorgung verweise. Zwar habe das BVerfG seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Kriegsopfer in Ost und West am selben Krieg für denselben Staat teilgenommen hätten und dadurch geschädigt worden seien, sodass sie im Hinblick auf ihr Alter die völlige Angleichung der Lebensverhältnisse wahrscheinlich nicht mehr erleben würden. Demgegenüber sei die Verletzung durch Unfälle und die Schädigung durch Berufskrankheiten sicherlich in größerem Maße von individueller Natur und würde alle Altersgruppen betreffen. Jedoch seien die Motive des BVerfG nicht in der Weise in die Regelung eingegangen, dass die Verweisung in § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV nicht mehr an § 31 Satz 1 BVG anknüpfe. Werde die Grundrente für Kriegsopfer erhöht, habe dies Auswirkungen auf den Freibetrag, um den die grundsätzlich anrechenbare Verletztenrente zu kürzen sei. Lege man einen Freibetrag in Höhe der Grundrente von 500,00 DM monatlich zu Grunde, so stehe der Klägerin nach den Berechnungen des Senats ab 1. Januar 1999 eine Alhi in Höhe von wöchentlich 53,75 DM und nicht - wie bewilligt - von 42,35 DM zu.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie rügt eine Verletzung der §§ 194 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV und §§ 31, 84a BVG. Es sei zwar zutreffend, dass ab 1. Januar 1999 hinsichtlich der Beschädigtengrundrenten gemäß § 31 Abs 1 Satz 1 BVG keine Unterschiede mehr zwischen Ost und West gelten würden. Jedoch sei der Begründung des Urteils des BVerfG nicht zu entnehmen, dass das BVerfG die Ungleichbehandlung grundsätzlich für verfassungswidrig gehalten habe. Vielmehr werde ausdrücklich auf eine notwendige Gleichbehandlung von Kriegsopfern abgestellt und auf die voraussichtlich noch lange Dauer der Angleichung der Lebensverhältnisse und das Lebensalter der Kriegsopfer. Auch aus der Begründung (Allgemeiner Teil) zur Zehnten Verordnung zur Anpassung des Bemessungsbetrags und von Geldleistungen nach dem BVG (10. KOV-Anpassungsverordnung 2001 (BR-Drucks 349/01)) sei zu ersehen, dass im Bereich der Alhi eine Differenzierung geboten sei. Auf Grund der Verweisung in § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV könne nicht automatisch der Schluss gezogen werden, dass allen Bewohnern des Beitrittsgebiets, die eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezögen, automatisch entsprechend der MdE als Grundrente ein Betrag in Höhe von 100 vH der entsprechenden Grundrente im alten Bundesgebiet zustehe.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 16. Oktober 2002 abzuändern sowie die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau vom 26. Januar 2000 zurückzuweisen und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Da nur die Beklagte Revision eingelegt hat, ist lediglich der Anspruch auf Alhi ab 1. Januar 1999 im Streit. Auf Grund der Feststellungen des LSG kann bereits nicht beurteilt werden, ob der Klägerin ab diesem Zeitpunkt dem Grunde nach Alhi gemäß §§ 190 ff SGB III zustand. Ebenso wenig kann überprüft werden, ob die Alhi in der Höhe richtig berechnet worden ist. Allerdings hat das LSG zutreffend entschieden, dass der Freibetrag gemäß § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV ab 1. Januar 1999 zu niedrig festgesetzt worden ist, weil § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV eine dynamische Verweisung auf den jeweiligen Betrag der Grundrente in der Kriegsopferversorgung enthält.
Betrifft die Klage - wie hier - höhere Leistungen als bewilligt, ist sie ua nur begründet, wenn auch die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach vorliegen. Fehlt eine solche Voraussetzung, kann zwar die bewilligte Leistung wegen des Verbots einer reformatio in peius (Verböserungsverbot) nicht durch das Gericht entzogen werden, jedoch hat dann die Klage auf eine höhere Leistung bereits aus diesem Grunde keinen Erfolg. Das LSG hat zunächst für den streitigen Zeitraum ab 1. Januar 1999 keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen des § 190 Abs 1 Nr 1 bis 4 SGB III (§ 190 idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997, BGBl I 594) erfüllte. Auch die vom LSG ausschließlich geprüfte Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit gemäß § 190 Abs 1 Nr 5 iVm §§ 193, 194 SGB III kann nicht abschließend beurteilt werden. Hierzu fehlt es an nachvollziehbaren Feststellungen zum maßgeblichen Bemessungsentgelt der Klägerin gemäß § 200 SGB III (iVm § 198 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 132 SGB III) ebenso wie zu dem Einkommen des Ehegatten, dessen Einkommensfreibetrag gemäß § 194 Abs 1 Satz 2 SGB III sowie zu den vom Einkommen abzusetzenden Beträgen gemäß § 194 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III (Versicherungsbeiträge etc). Entsprechende Feststellungen wird das LSG noch nachzuholen haben.
Soweit das LSG allerdings zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen ist, für ihren Ehegatten sei ab 1. Januar 1999 gemäß § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV (idF der AlhiV vom 7. August 1974, BGBl I 1929, zuletzt geändert durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2998) ein höherer Freibetrag bei der Verletztenrente im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi anzusetzen, ist dies nicht zu beanstanden. Der Ehegatte der Klägerin bezog eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer MdE in Höhe von 60 vH (Zahlbetrag im Jahre 1998: 1.154,06 DM monatlich). Nach § 11 Satz 1 AlhiV gelten außer den in § 194 Abs 3 SGB III privilegierten Einnahmen weitere Einnahmen nicht als Einkommen. Dies gilt nach § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV hinsichtlich der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrags, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde.
Von der Verletztenrente des Ehegatten der Klägerin galt mithin ab 1. Januar 1999 ein (Frei-)Betrag in Höhe von 500,00 DM nicht als Einkommen im Sinne des Rechts der Alhi. Dieser Betrag entspricht der monatlichen Grundrente nach § 31 Abs 1 Nr 1 BVG (in der ab 1. Juli 1998 gültigen Fassung der Siebten KOV-Anpassungsverordnung 1998 vom 17. Juni 1998, BGBl I 1362) bei einer MdE von 60 vH. Soweit die Beklagte davon ausgeht, dass auch über den 1. Januar 1999 hinaus im Rahmen der Berechnung der Höhe der Alhi im Beitrittsgebiet weiterhin niedrigere Grundrentenbeträge in Ansatz zu bringen waren als in den alten Bundesländern, ist diese Rechtsansicht unzutreffend. Das BVerfG hat durch Urteil vom 14. März 2000 (BVerfGE 102, 41) § 84a BVG als seit dem 1. Januar 1999 nichtig erklärt. Diese Norm sah (iVm Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt II Nr 1 Buchst a des Einigungsvertrags vom 31. August 1990, BGBl II 889, 1067) vor, dass die den Kriegsopfern nach § 31 Abs 1 Satz 1 BVG gewährte Beschädigtenrente in den alten und neuen Bundesländern nicht gleich hoch war. Das BVerfG hat diese Ungleichbehandlung als mit dem Gleichheitsgebot des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar erklärt, da das ursprünglich noch sachgerechte Anpassungskonzept des Gesetzgebers hinsichtlich der Höhe der Geldleistungen in den neuen Bundesländern spätestens mit dem 1. Januar 1999 verfassungswidrig geworden ist (vgl BVerfGE 102, 41, 56 ff). Der Bundesgesetzgeber hat diese Entscheidung des BVerfG umgesetzt und mit Wirkung vom 1. Januar 1999 an § 84a BVG einen Satz 3 angefügt, nach dem die unterschiedliche Behandlung ua nicht für die Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs 1 Satz 1 von Berechtigten nach § 1 BVG sowie für Beschädigtengrundrente von Berechtigten nach dem Häftlingshilfegesetz, dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz und nach dem verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, die in entsprechender Anwendung des § 31 Abs 1 Satz 1 BVG gezahlt werden, gilt.
Diese neue Rechtslage ab 1. Januar 1999 ist auch im Rahmen des Rechts der Alhi zu berücksichtigen. Weder dem Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV noch dem Regelungskonzept des neuen § 84a Satz 3 BVG kann eine Einschränkung dahingehend entnommen werden, dass die Angleichung der Grundrentenbeträge nach § 31 Abs 1 BVG in Ost- und Westdeutschland sich nicht auf die Freibeträge in § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV auswirken dürfe. § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV enthält insofern eine dynamische Verweisung auf den Betrag, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente gewährt würde. Daher ist der jeweils aktuell gültige Grundrentenbetrag aus der Norm des § 31 Abs 1 BVG zu ermitteln, auf den in seiner jeweils aktuellen Ausprägung die Norm des § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV verweist (vgl insoweit auch zu § 2 Abs 1 Satz 1 AusglBGG: "Rechtsfolgenverweisung" BSG, Urteil vom 23. September 2003, B 4 RA 54/02 R; zur Veröffentlichung vorgesehen). Etwas anderes wäre auch auf Grund der fortlaufenden Anpassung der Grundrentenzahlbeträge in § 31 BVG unpraktikabel. Andernfalls hätte der Gesetz- bzw Verordnungsgeber in § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV einen Festbetrag als Freibetrag normieren oder ausdrücklich eine statische Verweisung anordnen müssen. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch § 2 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AlhiV 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl I 3734), der ohne inhaltliche Änderung § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV aF entspricht. Dies zeigt, dass der Verordnungsgeber, der im Jahre 2001 durchaus auf aktuelle Entwicklungen im Rahmen der Novellierung der AlhiV reagiert hat (vgl nur die Neufassung des § 2 Abs 1 Satz 2 Nr 8 AlhiV 2002 und hierzu BSG SozR 3-4220 § 11 Nr 3), weiterhin bewusst von einer dynamischen Verweisung auf die jeweilige Grundrentenhöhe nach § 31 BVG ausging.
Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht Sinn und Zweck des § 11 Satz 2 Nr 2 AlhiV und der Entscheidung des BVerfG zu § 84a BVG (aaO). Das BVerfG hat darauf abgestellt, dass § 31 Abs 1 Satz 1 BVG wesentlich von der Vorstellung des ideellen Ausgleichs eines vom Einzelnen im Militärdienst für die staatliche Gemeinschaft erbrachten gesundheitlichen Sonderopfers geprägt ist und dass diese immaterielle Komponente nicht von der materiellen getrennt werden kann. Deshalb ist es im Hinblick auf das grundgesetzliche Gleichheitsgebot (Art 3 Abs 1 GG) nicht zu rechtfertigen, sie einem Kriegsbeschädigten aus den neuen Ländern auf Dauer in geringerem Umfang zu gute kommen zu lassen, obwohl sein Opfer im gleichen Krieg für den gleichen Staat erbracht wurde (BVerfGE 102, 41, 61 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3). Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass diese Gleichheitsgesichtspunkte im Rahmen der Alhi nicht relevant werden. Andererseits hat das Bundessozialgericht (BSG) hinsichtlich der damals noch in § 11 Nr 4 AlhiV geregelten partiellen Freistellung der Unfallrente im Rahmen der Alhi-Bedürftigkeitsprüfung klargestellt, dass die Freistellung der Unfallrente in der AlhiV sich darauf gründe, dass solche Renten im Allgemeinen weniger für den Lebensunterhalt, sondern mehr wegen Verlustes der körperlichen Unversehrtheit gewährt würden (BSGE 68, 148, 151 = SozR 3-4100 § 138 Nr 5). Das BSG hat weiter ausgeführt: "Die Kriegsopferentschädigung ist in Höhe der Grundrente und die Unfallrente in entsprechender Höhe zum Ausgleich der körperlichen Unversehrtheit und der schädigungsbedingten Mehraufwendungen erforderlich. Sie ist hierfür vorrangig zu verwenden und steht deshalb nicht für die Deckung des allgemeinen Lebensunterhalts zur Verfügung. Der vorrangige Verwendungszweck lässt den Grundsatz unberührt, dass Unfallrente und Grundrente in ihrer Bemessung an der MdE im allgemeinen Erwerbsleben orientiert sind und den Gesichtspunkt der körperlichen Unversehrtheit nur ergänzend berücksichtigen" (BSGE 68, 148, 151 = SozR 3-4100 § 138 Nr 5, S 28).
Hiernach bleibt bei der Berechnung der Alhi die Unfallrente anrechnungsfrei, soweit sie zum Ausgleich des nicht im Verdienstausfall bestehenden Schadens notwendig ist. Hierfür ist es sachgerecht, an der Höhe der jeweiligen Grundrente nach dem BVG anzuknüpfen. Dieser Grund für eine Privilegierung der Verletztenrente (Teil-Ersatz immaterieller Schäden) lässt es auch sachgemäß erscheinen, dass die Alhi-Bezieher an den jeweiligen Erhöhungen der Grundrente (in Form der Erhöhung des Freibetrags nach § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV) partizipieren (vgl zu entsprechenden Erwägungen im Rahmen der Anrechnungsregel des § 93 Abs 2 Nr 2a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch auch das Urteil des 13. Senats des BSG vom 20. November 2003 - B 13 RJ 5/03 R -; zur Zahlung der Schwerstbeschädigtenzulage ohne Absenkung ab 1. Januar 1999 vgl auch Urteil des 9. Senats des BSG vom 12. Juni 2003 - B 9 V 2/02 R - = BSGE 91, 114). Dementsprechend war auch der Freibetrag aus der Verletztenrente des Ehegatten der Klägerin ab 1. Januar 1999 zu erhöhen, auch wenn hierfür letztlich verfassungsrechtliche Gründe aus einem anderen Gegenstandsbereich maßgeblich waren. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des 2. Senats des BSG vom 3. Dezember 2002 (B 2 U 12/02 R = BSGE 90, 172 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4). Soweit das BSG dort ausgeführt hat, dass Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung iS des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in voller Höhe zum Einkommen gehören, spricht dies vielmehr für die hier getroffene Entscheidung. Die maßgeblichen Normen (§ 76 Abs 1 und § 77 BSHG) enthalten gerade keine § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV entsprechende Regelung über eine Privilegierung der Verletztenrente (in Höhe des jeweiligen Zahlbetrags der Grundrente nach § 31 BVG).
Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des Ausgangs des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Gründe:
I
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen ihre Verurteilung zur Zahlung höherer Arbeitslosenhilfe (Alhi) an die Klägerin ab 1. Januar 1999.
Die im Jahre 1946 geborene Klägerin bezog zunächst Arbeitslosengeld seit Oktober 1995 Alhi. Ab 1. August 1998 bewilligte ihr die Beklagte Alhi in Höhe von 90,58 DM wöchentlich (Bemessungsentgelt 560,00 DM; Leistungsgruppe C/0). Der Ehemann der Klägerin bezog eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 1.343,83 DM monatlich sowie eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 vH in Höhe von 1.154,06 DM. Unter Berücksichtigung dieser Renten sowie weiterer Versicherungsbeiträge errechnete die Beklagte einen "Anrechnungsbetrag" von insgesamt 143,63 DM wöchentlich. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Die Beklagte ihrerseits hob die Bewilligung von Alhi ab 1. Dezember 1999 in Höhe von 51,67 DM wöchentlich auf, weil der Freibetrag bei der Verletztenrente des Ehegatten ab 1. August 1998 doppelt berücksichtigt worden sei. Die Beklagte gewährte durch Bescheid vom 3. Dezember 1998 der Klägerin ab 1. Dezember 1998 Alhi in Höhe von nur noch 38,92 DM wöchentlich. Ab 1. Januar 1999 bewilligte sie sodann Alhi in Höhe von 42,35 DM wöchentlich (Bescheid vom 14. Januar 1999). Die Widersprüche wies sie durch Bescheid vom 25. März 1999 zurück.
Nach Klageerhebung zum Sozialgericht (SG) Dessau ergingen weitere Bewilligungsbescheide über die Höhe der Alhi (Bescheide vom 10. Juni 1999, 13. Januar 2000, 2. Oktober 2000, 11. Januar 2001, 25. Juli 2001 und 18. Januar 2002). Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 26. Januar 2000).
Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Klägerin den Gerichtsbescheid des SG und den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 1999 sowie die genannten Folgebescheide abgeändert und - unter Abweisung der Klage und Berufung im Übrigen - die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 1. Januar 1999 Alhi unter Berücksichtigung eines Freibetrags in Höhe der Grundrente für Kriegsopfer zu zahlen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Höhe der der Klägerin bis 31. Dezember 1998 bewilligten Alhi sei nicht zu beanstanden gewesen. Insbesondere stelle die Erwerbsunfähigkeitsrente des Ehegatten Einkommen dar. Auch sei die Verletztenrente abzüglich des Freibetrags gemäß § 11 Satz 1 Nr 2 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) zu berücksichtigen. Allerdings habe sich der Freibetrag gemäß § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV ab 1. Januar 1999 erhöht, weshalb die der Klägerin zustehende Alhi insofern zu niedrig bemessen und die Alhi-Bewilligungsbescheide ab 1. Januar 1999 abzuändern gewesen seien. Nach § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV gelte die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrags, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde, nicht als Einkommen. Auf Grund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 14. März 2000 (BVerfGE 102, 41) sei § 84a Bundesversorgungsgesetz (BVG) geändert worden. Mit Wirkung ab 1. Januar 1999 gelte § 84a Satz 1 BVG, der im Beitrittsgebiet niedrigere Grundrenten als in den alten Bundesländern vorsah, nicht mehr für die Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs 1 Satz 1 BVG. Ab 1. Januar 1999 erhielten alle Kriegsopfer unabhängig vom Wohnsitz eine Grundrente, die sich nur noch hinsichtlich der Höhe der MdE unterscheide. Bei einer MdE von 60 vH habe die Grundrente ab 1. Januar 1999 monatlich 500,00 DM betragen. Dieser Betrag müsse auch als Freibetrag im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV zu Grunde gelegt werden, weil diese Norm für die Berechnung des Freibetrags eindeutig auf die Beschädigtengrundrente in der Kriegsopferversorgung verweise. Zwar habe das BVerfG seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Kriegsopfer in Ost und West am selben Krieg für denselben Staat teilgenommen hätten und dadurch geschädigt worden seien, sodass sie im Hinblick auf ihr Alter die völlige Angleichung der Lebensverhältnisse wahrscheinlich nicht mehr erleben würden. Demgegenüber sei die Verletzung durch Unfälle und die Schädigung durch Berufskrankheiten sicherlich in größerem Maße von individueller Natur und würde alle Altersgruppen betreffen. Jedoch seien die Motive des BVerfG nicht in der Weise in die Regelung eingegangen, dass die Verweisung in § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV nicht mehr an § 31 Satz 1 BVG anknüpfe. Werde die Grundrente für Kriegsopfer erhöht, habe dies Auswirkungen auf den Freibetrag, um den die grundsätzlich anrechenbare Verletztenrente zu kürzen sei. Lege man einen Freibetrag in Höhe der Grundrente von 500,00 DM monatlich zu Grunde, so stehe der Klägerin nach den Berechnungen des Senats ab 1. Januar 1999 eine Alhi in Höhe von wöchentlich 53,75 DM und nicht - wie bewilligt - von 42,35 DM zu.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie rügt eine Verletzung der §§ 194 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV und §§ 31, 84a BVG. Es sei zwar zutreffend, dass ab 1. Januar 1999 hinsichtlich der Beschädigtengrundrenten gemäß § 31 Abs 1 Satz 1 BVG keine Unterschiede mehr zwischen Ost und West gelten würden. Jedoch sei der Begründung des Urteils des BVerfG nicht zu entnehmen, dass das BVerfG die Ungleichbehandlung grundsätzlich für verfassungswidrig gehalten habe. Vielmehr werde ausdrücklich auf eine notwendige Gleichbehandlung von Kriegsopfern abgestellt und auf die voraussichtlich noch lange Dauer der Angleichung der Lebensverhältnisse und das Lebensalter der Kriegsopfer. Auch aus der Begründung (Allgemeiner Teil) zur Zehnten Verordnung zur Anpassung des Bemessungsbetrags und von Geldleistungen nach dem BVG (10. KOV-Anpassungsverordnung 2001 (BR-Drucks 349/01)) sei zu ersehen, dass im Bereich der Alhi eine Differenzierung geboten sei. Auf Grund der Verweisung in § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV könne nicht automatisch der Schluss gezogen werden, dass allen Bewohnern des Beitrittsgebiets, die eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bezögen, automatisch entsprechend der MdE als Grundrente ein Betrag in Höhe von 100 vH der entsprechenden Grundrente im alten Bundesgebiet zustehe.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 16. Oktober 2002 abzuändern sowie die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau vom 26. Januar 2000 zurückzuweisen und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Da nur die Beklagte Revision eingelegt hat, ist lediglich der Anspruch auf Alhi ab 1. Januar 1999 im Streit. Auf Grund der Feststellungen des LSG kann bereits nicht beurteilt werden, ob der Klägerin ab diesem Zeitpunkt dem Grunde nach Alhi gemäß §§ 190 ff SGB III zustand. Ebenso wenig kann überprüft werden, ob die Alhi in der Höhe richtig berechnet worden ist. Allerdings hat das LSG zutreffend entschieden, dass der Freibetrag gemäß § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV ab 1. Januar 1999 zu niedrig festgesetzt worden ist, weil § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV eine dynamische Verweisung auf den jeweiligen Betrag der Grundrente in der Kriegsopferversorgung enthält.
Betrifft die Klage - wie hier - höhere Leistungen als bewilligt, ist sie ua nur begründet, wenn auch die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach vorliegen. Fehlt eine solche Voraussetzung, kann zwar die bewilligte Leistung wegen des Verbots einer reformatio in peius (Verböserungsverbot) nicht durch das Gericht entzogen werden, jedoch hat dann die Klage auf eine höhere Leistung bereits aus diesem Grunde keinen Erfolg. Das LSG hat zunächst für den streitigen Zeitraum ab 1. Januar 1999 keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen des § 190 Abs 1 Nr 1 bis 4 SGB III (§ 190 idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997, BGBl I 594) erfüllte. Auch die vom LSG ausschließlich geprüfte Anspruchsvoraussetzung der Bedürftigkeit gemäß § 190 Abs 1 Nr 5 iVm §§ 193, 194 SGB III kann nicht abschließend beurteilt werden. Hierzu fehlt es an nachvollziehbaren Feststellungen zum maßgeblichen Bemessungsentgelt der Klägerin gemäß § 200 SGB III (iVm § 198 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 132 SGB III) ebenso wie zu dem Einkommen des Ehegatten, dessen Einkommensfreibetrag gemäß § 194 Abs 1 Satz 2 SGB III sowie zu den vom Einkommen abzusetzenden Beträgen gemäß § 194 Abs 2 Satz 2 Nr 2 SGB III (Versicherungsbeiträge etc). Entsprechende Feststellungen wird das LSG noch nachzuholen haben.
Soweit das LSG allerdings zu Gunsten der Klägerin davon ausgegangen ist, für ihren Ehegatten sei ab 1. Januar 1999 gemäß § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV (idF der AlhiV vom 7. August 1974, BGBl I 1929, zuletzt geändert durch das Rentenreformgesetz 1999 vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2998) ein höherer Freibetrag bei der Verletztenrente im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung bei der Alhi anzusetzen, ist dies nicht zu beanstanden. Der Ehegatte der Klägerin bezog eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer MdE in Höhe von 60 vH (Zahlbetrag im Jahre 1998: 1.154,06 DM monatlich). Nach § 11 Satz 1 AlhiV gelten außer den in § 194 Abs 3 SGB III privilegierten Einnahmen weitere Einnahmen nicht als Einkommen. Dies gilt nach § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV hinsichtlich der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrags, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde.
Von der Verletztenrente des Ehegatten der Klägerin galt mithin ab 1. Januar 1999 ein (Frei-)Betrag in Höhe von 500,00 DM nicht als Einkommen im Sinne des Rechts der Alhi. Dieser Betrag entspricht der monatlichen Grundrente nach § 31 Abs 1 Nr 1 BVG (in der ab 1. Juli 1998 gültigen Fassung der Siebten KOV-Anpassungsverordnung 1998 vom 17. Juni 1998, BGBl I 1362) bei einer MdE von 60 vH. Soweit die Beklagte davon ausgeht, dass auch über den 1. Januar 1999 hinaus im Rahmen der Berechnung der Höhe der Alhi im Beitrittsgebiet weiterhin niedrigere Grundrentenbeträge in Ansatz zu bringen waren als in den alten Bundesländern, ist diese Rechtsansicht unzutreffend. Das BVerfG hat durch Urteil vom 14. März 2000 (BVerfGE 102, 41) § 84a BVG als seit dem 1. Januar 1999 nichtig erklärt. Diese Norm sah (iVm Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt II Nr 1 Buchst a des Einigungsvertrags vom 31. August 1990, BGBl II 889, 1067) vor, dass die den Kriegsopfern nach § 31 Abs 1 Satz 1 BVG gewährte Beschädigtenrente in den alten und neuen Bundesländern nicht gleich hoch war. Das BVerfG hat diese Ungleichbehandlung als mit dem Gleichheitsgebot des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) unvereinbar erklärt, da das ursprünglich noch sachgerechte Anpassungskonzept des Gesetzgebers hinsichtlich der Höhe der Geldleistungen in den neuen Bundesländern spätestens mit dem 1. Januar 1999 verfassungswidrig geworden ist (vgl BVerfGE 102, 41, 56 ff). Der Bundesgesetzgeber hat diese Entscheidung des BVerfG umgesetzt und mit Wirkung vom 1. Januar 1999 an § 84a BVG einen Satz 3 angefügt, nach dem die unterschiedliche Behandlung ua nicht für die Beschädigtengrundrente nach § 31 Abs 1 Satz 1 von Berechtigten nach § 1 BVG sowie für Beschädigtengrundrente von Berechtigten nach dem Häftlingshilfegesetz, dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz und nach dem verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, die in entsprechender Anwendung des § 31 Abs 1 Satz 1 BVG gezahlt werden, gilt.
Diese neue Rechtslage ab 1. Januar 1999 ist auch im Rahmen des Rechts der Alhi zu berücksichtigen. Weder dem Wortlaut des § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV noch dem Regelungskonzept des neuen § 84a Satz 3 BVG kann eine Einschränkung dahingehend entnommen werden, dass die Angleichung der Grundrentenbeträge nach § 31 Abs 1 BVG in Ost- und Westdeutschland sich nicht auf die Freibeträge in § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV auswirken dürfe. § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV enthält insofern eine dynamische Verweisung auf den Betrag, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente gewährt würde. Daher ist der jeweils aktuell gültige Grundrentenbetrag aus der Norm des § 31 Abs 1 BVG zu ermitteln, auf den in seiner jeweils aktuellen Ausprägung die Norm des § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV verweist (vgl insoweit auch zu § 2 Abs 1 Satz 1 AusglBGG: "Rechtsfolgenverweisung" BSG, Urteil vom 23. September 2003, B 4 RA 54/02 R; zur Veröffentlichung vorgesehen). Etwas anderes wäre auch auf Grund der fortlaufenden Anpassung der Grundrentenzahlbeträge in § 31 BVG unpraktikabel. Andernfalls hätte der Gesetz- bzw Verordnungsgeber in § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV einen Festbetrag als Freibetrag normieren oder ausdrücklich eine statische Verweisung anordnen müssen. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch § 2 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AlhiV 2002 vom 13. Dezember 2001 (BGBl I 3734), der ohne inhaltliche Änderung § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV aF entspricht. Dies zeigt, dass der Verordnungsgeber, der im Jahre 2001 durchaus auf aktuelle Entwicklungen im Rahmen der Novellierung der AlhiV reagiert hat (vgl nur die Neufassung des § 2 Abs 1 Satz 2 Nr 8 AlhiV 2002 und hierzu BSG SozR 3-4220 § 11 Nr 3), weiterhin bewusst von einer dynamischen Verweisung auf die jeweilige Grundrentenhöhe nach § 31 BVG ausging.
Dieses Ergebnis widerspricht auch nicht Sinn und Zweck des § 11 Satz 2 Nr 2 AlhiV und der Entscheidung des BVerfG zu § 84a BVG (aaO). Das BVerfG hat darauf abgestellt, dass § 31 Abs 1 Satz 1 BVG wesentlich von der Vorstellung des ideellen Ausgleichs eines vom Einzelnen im Militärdienst für die staatliche Gemeinschaft erbrachten gesundheitlichen Sonderopfers geprägt ist und dass diese immaterielle Komponente nicht von der materiellen getrennt werden kann. Deshalb ist es im Hinblick auf das grundgesetzliche Gleichheitsgebot (Art 3 Abs 1 GG) nicht zu rechtfertigen, sie einem Kriegsbeschädigten aus den neuen Ländern auf Dauer in geringerem Umfang zu gute kommen zu lassen, obwohl sein Opfer im gleichen Krieg für den gleichen Staat erbracht wurde (BVerfGE 102, 41, 61 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3). Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass diese Gleichheitsgesichtspunkte im Rahmen der Alhi nicht relevant werden. Andererseits hat das Bundessozialgericht (BSG) hinsichtlich der damals noch in § 11 Nr 4 AlhiV geregelten partiellen Freistellung der Unfallrente im Rahmen der Alhi-Bedürftigkeitsprüfung klargestellt, dass die Freistellung der Unfallrente in der AlhiV sich darauf gründe, dass solche Renten im Allgemeinen weniger für den Lebensunterhalt, sondern mehr wegen Verlustes der körperlichen Unversehrtheit gewährt würden (BSGE 68, 148, 151 = SozR 3-4100 § 138 Nr 5). Das BSG hat weiter ausgeführt: "Die Kriegsopferentschädigung ist in Höhe der Grundrente und die Unfallrente in entsprechender Höhe zum Ausgleich der körperlichen Unversehrtheit und der schädigungsbedingten Mehraufwendungen erforderlich. Sie ist hierfür vorrangig zu verwenden und steht deshalb nicht für die Deckung des allgemeinen Lebensunterhalts zur Verfügung. Der vorrangige Verwendungszweck lässt den Grundsatz unberührt, dass Unfallrente und Grundrente in ihrer Bemessung an der MdE im allgemeinen Erwerbsleben orientiert sind und den Gesichtspunkt der körperlichen Unversehrtheit nur ergänzend berücksichtigen" (BSGE 68, 148, 151 = SozR 3-4100 § 138 Nr 5, S 28).
Hiernach bleibt bei der Berechnung der Alhi die Unfallrente anrechnungsfrei, soweit sie zum Ausgleich des nicht im Verdienstausfall bestehenden Schadens notwendig ist. Hierfür ist es sachgerecht, an der Höhe der jeweiligen Grundrente nach dem BVG anzuknüpfen. Dieser Grund für eine Privilegierung der Verletztenrente (Teil-Ersatz immaterieller Schäden) lässt es auch sachgemäß erscheinen, dass die Alhi-Bezieher an den jeweiligen Erhöhungen der Grundrente (in Form der Erhöhung des Freibetrags nach § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV) partizipieren (vgl zu entsprechenden Erwägungen im Rahmen der Anrechnungsregel des § 93 Abs 2 Nr 2a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch auch das Urteil des 13. Senats des BSG vom 20. November 2003 - B 13 RJ 5/03 R -; zur Zahlung der Schwerstbeschädigtenzulage ohne Absenkung ab 1. Januar 1999 vgl auch Urteil des 9. Senats des BSG vom 12. Juni 2003 - B 9 V 2/02 R - = BSGE 91, 114). Dementsprechend war auch der Freibetrag aus der Verletztenrente des Ehegatten der Klägerin ab 1. Januar 1999 zu erhöhen, auch wenn hierfür letztlich verfassungsrechtliche Gründe aus einem anderen Gegenstandsbereich maßgeblich waren. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des 2. Senats des BSG vom 3. Dezember 2002 (B 2 U 12/02 R = BSGE 90, 172 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4). Soweit das BSG dort ausgeführt hat, dass Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung iS des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) in voller Höhe zum Einkommen gehören, spricht dies vielmehr für die hier getroffene Entscheidung. Die maßgeblichen Normen (§ 76 Abs 1 und § 77 BSHG) enthalten gerade keine § 11 Satz 1 Nr 2 AlhiV entsprechende Regelung über eine Privilegierung der Verletztenrente (in Höhe des jeweiligen Zahlbetrags der Grundrente nach § 31 BVG).
Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des Ausgangs des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
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