L 16 RJ 57/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 32 RJ 1299/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RJ 57/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU).

Der 1941 geborene Kläger wurde von 1955 bis 1958 im Beruf des Blechschlossers angelernt. Er war danach in diesem Beruf und nach einer weiteren Anlernzeit als Montageschlosser bzw. Monteur bei der C L GmbH vom 12. April 1955 bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit (AU) am 10. September 1998 versicherungspflichtig beschäftigt. Nach dem Auslaufen der Entgeltfortzahlung bezog der Kläger vom 22. Oktober 1998 bis 5. Juli 1999 - unterbrochen durch eine von der Beklagten gewährte stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme mit Übergangsgeldgewährung vom 20. April 1999 bis 11. Mai 1999 - Krankengeld und ab 6. Juli 1999 bis 31. Januar 2002 vom Arbeitsamt Arbeitslosengeld. Seit dem 1. Februar 2002 ist der Kläger Altersrentner (Bescheid über die Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit vom 21. Februar 2002).

Im Juni 1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht von der Fachklinik und Moorbad Bad Freienwalde über die stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 20. April 1999 bis 11. Mai 1999 bei, aus der der Kläger mit einem nach Auffassung der Klinik nur noch unter zweistündigen Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als "Bauschlosser" bei weiter bestehender AU mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen mit weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen entlassen worden war. Mit Bescheid vom 14. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2000 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. EU bzw. BU liege nicht vor. Der Kläger könne mit den in seinem Berufsleben erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten beispielsweise noch die Tätigkeit eines Materialdisponenten in der Elektrotechnik oder im Aluminium-Fensterbau vollschichtig ausführen.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung B e.V. (MDK) vom 24. November 1997 (Dr. K) und vom 22. Januar 1998 (Arzt Sch) und Arbeitgeberauskünfte der C GmbH vom März 2001 und September 2001 beigezogen - hierauf wird Bezug genommen - sowie Befundberichte von den behandelnden Ärzten des Klägers erstatten lassen, und zwar von dem Orthopäden S vom 28. März 2001, von dem Internisten Dr. K vom 30. Mai 2001 und von dem Neurologen Dr. D B vom 20. August 2001. Der Kläger hat eine Bescheinigung der C GmbH über seine Beschäftigung als Montageleiter ab 1969 vom 9. April 2001 vorgelegt. Das SG hat den Arzt für Innere Medizin Dr. F als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 13. März 2002 (Untersuchung am 21. Februar 2002) die folgenden Diagnosen mitgeteilt: Hypertonus, Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulensyndrom, Coxarthrose links größer als rechts, Kniegelenksbeschwerden mit Zustand nach Umstellungsosteotomie beidseits unter Ruhebedingungen ohne aktuelle Beschwerdesymptomatik, depressives Syndrom ohne wesentliche aktuelle Symptomatik. Der Kläger könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten - unter Beachtung der dargelegten qualitativen Leistungseinschränkungen - überwiegend im Sitzen verrichten. Die geistige Leistungsfähigkeit sei nicht wesentlich beeinträchtigt.

Das SG hat die auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab Juni 1999 gerichtete Klage mit Urteil vom 24. Juni 2002 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger sei schon nicht berufsunfähig. Er sei zwar im Rahmen des Mehrstufenschemas des Bundessozialgerichts (BSG) der Gruppe der Facharbeiter zuzuordnen und könne nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme seine zuletzt verrichtete Facharbeitertätigkeit als Monteur nicht mehr ausüben. Dennoch liege BU nicht vor. Denn der Kläger könne sozial zumutbar auf die Tätigkeit eines Mechanikers oder Blechschlossers bei der Herstellung und Montage elektromechanischer oder mechanischer Kleinteile verwiesen werden. Nach den im Termin überreichten berufskundlichen Unterlagen aus dem Verfahren - L 5 RJ 7/98 - (Landessozialgericht Berlin) würden diese Tätigkeiten je nach Schwierigkeit bei einer abgeschlossenen Berufsausbildung von drei Jahren in der Lohngruppe 5 entlohnt und seien dem Kläger damit sozial und im Übrigen auch gesundheitlich zumutbar. Es handele sich hierbei um körperlich leichte Tätigkeiten im überwiegenden Sitzen mit der Möglichkeit eines Haltungswechsels. Nach dem überzeugenden Sachverständigengutachten von Dr. F könne der Kläger derartige Arbeiten noch verrichten. Entgegen der Auffassung des Klägers sei dieser nicht der Berufsgruppe der Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion zuzuordnen. Denn der Kläger sei zwar höher als in der Ecklohngruppe 7 des einschlägigen Tarifvertrages eingestuft gewesen. Er erreiche jedoch nicht die Spitzenlohngruppe 10. Es sei auch nicht dargetan, dass die letzte berufliche Tätigkeit des Klägers die Arbeiten eines Facharbeiters in ihrer Qualität noch deutlich überragt hätte. Der nicht berufsunfähige Kläger sei erst recht nicht erwerbsunfähig.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und nimmt zur Begründung insbesondere auf seinen erstinstanzlichen Schriftsatz vom 22. Juni 2002 Bezug.

Er beantragt nach seinem Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2002 und den Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2000 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Juni 1999 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Kläger nach wie vor weder für berufs- noch erwerbsunfähig.

Der Senat hat im Berufungsverfahren nochmals Auskünfte der C GmbH vom 26. November 2002 und 19. Februar 2003 eingeholt; hierauf wird Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze, wegen der medizinischen Feststellungen auf die eingeholten Befundberichte und das Sachverständigengutachten von Dr. F Bezug genommen.

Die Akten der Beklagten (Renten- und Rehabilitationsakten) und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Das Gericht hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen können, weil es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen EU oder auch nur auf Gewährung von Rente wegen BU für - wie erstinstanzlich beantragt - die Zeit ab 1. Juni 1999. Denn er war und ist schon nicht berufsunfähig.

Der von dem Kläger erhobene Anspruch bestimmt sich noch nach den §§ 43, 44 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert), weil der Kläger seinen Rentenantrag im Juni 1999 gestellt hat und Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (auch) für Zeiträume vor dem 1. Januar 2001 geltend macht (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI).

Berufsunfähig sind nach § 43 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. EU besteht hingegen bei solchen Versicherten, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630,00 DM bzw. den entsprechenden Gegenwert in Euro übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI). Da die EU an strengere Voraussetzungen geknüpft ist als die BU, folgt aus der Verneinung von BU ohne Weiteres das Fehlen von EU (ständige Rechtsprechung: vgl. z.B. BSG, Urteil vom 14. Juli 1999 - B 13 RJ 65/97 R - nicht veröffentlicht).

Der Kläger war und ist nicht berufsunfähig im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI. Erst recht liegen daher bei ihm die Voraussetzungen der EU nicht vor.

Ausgangspunkt für die Prüfung von BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der "bisherige Beruf" des Versicherten (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 107, 169; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R). Nach diesen Grundsätzen ist als "bisheriger" Beruf des Klägers der Beruf des Monteurs bzw. Montageleiters der rentenrechtlichten Beurteilung zu Grunde zu legen. Diesen Beruf hatte der Kläger bei der C GmbH nach seiner zusätzlichen Anlernzeit von 1967 bis 1969 bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter AU am 10. September 1998 und damit nicht nur vorübergehend versicherungspflichtig ausgeübt.

Fest steht, dass der Kläger den bisherigen Beruf des Monteurs bzw. Montageleiters aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten kann. Denn mit seinem Leistungsvermögen, das nach der übereinstimmenden Auffassung der Rehabilitationseinrichtung und des gerichtlichen Sachverständigen Dr. F im Wesentlichen auf körperlich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen beschränkt ist, kann der Kläger der Tätigkeit eines Montageschlossers bzw. Montageleiters nicht mehr regelmäßig vollschichtig nachgehen. Diese Tätigkeit erfordert, wie sich den Arbeitgeberauskünften der C GmbH vom März und September 2001 und auch dem Vorbringen des Klägers entnehmen lässt, auch das Verrichten mittelschwerer bzw. schwerer körperlicher Arbeiten unter besonderen Expositionsbedingungen, die dem Kläger auf Grund seiner Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und internistischem Fachgebiet nicht mehr möglich sind. Gleichwohl ist der Kläger nicht berufsunfähig. Denn ein Anspruch auf Rente wegen BU steht dem Versicherten nicht schon dann zu, wenn er seinen bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann. Hinzukommen muss vielmehr, dass für den Versicherten auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mehr vorhanden ist, die er mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich dabei nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zwecks Vornahme dieser Bewertung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung das so genannte Mehrstufenschema entwickelt; dieses Schema untergliedert die Arbeiterberufe in verschiedene Berufsgruppen. Diese Berufsgruppen werden durch die Leitberufe des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 132, 138, 140; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 - B 13 RJ 43/99 R -).

Im Rahmen dieses Mehrstufenschemas ist der Kläger der dritten Berufsgruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Es ist mit der erforderlichen Sicherheit nicht feststellbar, dass er darüber hinausgehend in die Berufsgruppe mit dem Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters einzuordnen wäre. Zu der letztgenannten Berufsgruppe gehören nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Versicherten, die wesentlich höherwertige Arbeiten als die zur Gruppe der Facharbeiter zählenden Versicherten verrichten und diese nicht nur bezüglich der Entlohnung, sondern auf Grund besonderer geistiger und persönlicher Anforderungen auch in der Qualität ihrer Berufstätigkeit deutlich überragen. Beim Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion müssen Weisungsbefugnisse nicht nur gegenüber Angelernten und Hilfsarbeitern, sondern gegenüber mehreren Facharbeitern und regelmäßig die Zugehörigkeit zur Spitzengruppe in der Lohnskala der Arbeiter verlangt werden (vgl. BSG, Urteil vom 3. November 1982 - 1 RJ 12/81 = SozR 2200 § 1246 Nr. 102; BSG, Urteil vom 30. Oktober 1991 - 8 RKn 4/90 - nicht veröffentlicht). Zudem darf der Versicherte nicht seinerseits weisungsgebunden gegenüber einem anderen Beschäftigten im Arbeitsverhältnis sein. Für den besonders qualifizierten Facharbeiter ist demgegenüber zu fordern, dass er zusätzlich zu einer vorgeschriebenen, mit einer Facharbeiter- oder Gesellenprüfung abgeschlossenen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf eine längere planmäßige spezielle weitere Ausbildung mit Prüfungsabschluss zu durchlaufen hatte und tatsächlich durchlaufen hat (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 1987 - 4a RJ 63/86 = SozR 2200 § 1246 Nr. 144).

Nach den von der C GmbH eingeholten Auskünften von März und September 2001 sowie vom 26. November 2002 und 19. Februar 2003 sind die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Zuordnung des Klägers zur höchsten Berufsgruppe der Arbeiterberufe nicht erfüllt. Er wurde zuletzt weder nach der Spitzengruppe der Lohnskala im einschlägigen Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen entlohnt, noch hat er nach einer abgeschlossen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf von mehr als zwei Jahren eine gesonderte weitere planmäßige Spezialausbildung mit Prüfungsabschluss durchlaufen. Er war zudem weisungsgebunden gegenüber dem Montageeinsatzleiter für das gesamte Unternehmen mit Sitz in der Zentrale. Auch aus der Entlohnung des Klägers folgt keine andere Beurteilung. Diese lag zuletzt (Monatslohn in Höhe von DM 5.226,81 brutto) deutlich unter der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze (1998 = 100.800,00 DM). Selbst im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG zur Rentenversicherung der Angestellten, wonach leitende Angestellte, insbesondere solche in Führungspositionen, deren Bruttoarbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet, in einer obersten Gruppe der Angestelltenberufe zusammenzufassen sind (vgl. Urteil vom 22. Februar 1990 - 4 RA 16/89 = SozR 3-2200§ 1246 Nr. 1 m.w.N.), kommt somit eine Zuordnung des Klägers zur obersten Gruppe der Arbeiterberufe nicht in Betracht. Die Gesamtschau erlaubt mithin nur die Zuordnung des Klägers zur Berufsgruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters.

Auf Grund der Bewertung des bisherigen Berufs des Klägers als Facharbeitertätigkeit ist dieser sozial zumutbar nur auf Anlerntätigkeiten im Sinne des Mehrstufenschemas verweisbar, für die sein Leistungsvermögen noch ausreicht und die er nach einer Einarbeitungszeit bis zu maximal drei Monaten vollwertig ausüben kann. Facharbeiter - wie der Kläger - können somit nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die allgemein eine Ausbildung von mindestens drei Monaten voraussetzen, individuell aber nach einer Einarbeitung von bis zu drei Monaten von dem leistungsgeminderten Versicherten vollwertig ausgeübt werden können.

Im Rahmen dieser Grundsätze ist der Kläger sozial zumutbar auf die Tätigkeit als Blechschlosser bei der Herstellung und Montage elektromechanischer oder mechanischer Kleinteile verweisbar. Nach den vorliegenden Auskünften aus dem Verfahren L 5 RJ 7/98 handelt es sich dabei um eine Arbeitertätigkeit, die bei einer abgeschlossenen Berufsausbildung von drei Jahren in der Lohngruppe 5 des Lohnrahmentarifvertrages für die Arbeiter in der Berliner Metallindustrie entlohnt wird. Hierbei handelt es sich um die Lohngruppe für Facharbeiter. Diese Tätigkeit ist dem Kläger auch gesundheitlich zuzumuten. Denn es handelt sich nach der Auskunft des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. (VME) vom 7. Februar 2000 um eine körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Sitzen, jedoch mit der Möglichkeit des Haltungswechsels. Die Arbeiten werden ohne Leistungsdruck ausgeführt, so dass der Kläger im Hinblick auf seinen Bluthochdruck auch keinen Stressfaktoren ausgesetzt wäre. Auf Grund seiner Vorkenntnisse als Blechschlosser ist der Kläger auch in der Lage, die Verweisungstätigkeit in spätestens drei Monaten vollwertig auszuführen (vgl. Auskunft des VME vom 21. Februar 2000).

Dass der Kläger noch über ein vollschichtiges Restleistungsvermögen für die beschriebene Verweisungstätigkeit verfügt, steht zur Überzeugung des Senats fest. Der im Gerichtsverfahren gehörte Sachverständige Dr. F hat dem Kläger ein derartiges verbliebenes Leistungsvermögen bescheinigt. Sein Gutachten ist umfassend, in sich widerspruchsfrei und enthält auf der Grundlage der erhobenen Befunde eine einsichtige und damit überzeugende Leistungsbeurteilung. Danach kann der Kläger noch täglich regelmäßig und vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten ohne Stressbelastung in geschlossenen Räumen überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit eines gelegentlichen Haltungswechsels ausführen. Er kann Lasten bis 10 kg heben und tragen, wobei die Fingergeschicklichkeit und die Belastbarkeit der Arme nicht eingeschränkt sind. Mit Brillenkorrektur ist auch die Sehkraft voll erhalten. Das derart beschriebene Restleistungsvermögen ist mit dem Anforderungsprofil der Verweisungstätigkeit, wie es sich aus den Schreiben des VME vom 7. Februar 2000 und 21. Februar 2000 ergibt, deckungsgleich.

Bei der Tätigkeit eines Blechschlossers bei der Herstellung und Montage elektromechanischer oder mechanischer Kleinteile handelt es sich auch nicht um einen Schonarbeitsplatz. Im Tarifgebiet Berlin und Brandenburg gibt es mindestens 50 Arbeitsplätze (Auskunft vom 7. Februar 2000) als Blechschlosser oder Mechaniker bei der Herstellung und Montage elektromechanischer oder mechanischer Kleinteile, die nicht als Schonarbeitsplätze ausgewiesen sind und über den Arbeitsmarkt frei zugänglich sind. Hinzu kommt, dass auch für die Gesamtzahl derartiger Arbeitsplätze nicht nur diejenigen im Tarifgebiet Berlin und Brandenburg in Betracht zu ziehen sind, sondern auch diejenigen im gesamten übrigen Bundesgebiet, so dass jedenfalls im Ergebnis der Arbeitsmarkt dem Kläger nicht praktisch verschlossen ist.

Da der Kläger nach alledem mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen noch eine Tätigkeit als Blechschlosser bei der Herstellung und Montage elektromechanischer oder mechanischer Kleinteile vollschichtig verrichten könnte, ist er in jedem Fall nicht nur nicht berufsunfähig (§ 43 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI), sondern erst recht nicht erwerbsunfähig (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 1. Halbsatz SGB VI). Denn EU, die voraussetzt, dass der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande ist, überhaupt einer Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nachzugehen oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630,00 DM bzw. den entsprechenden Gegenwert in Euro monatlich übersteigt (§ 44 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VI), erfordert noch weitergehende Einschränkungen als diejenigen, die bei der BU gegeben sein müssen.

Darauf, ob der Kläger einen seinem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz tatsächlich erhält, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Arbeitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer - wie den Kläger - derzeit kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von BU oder EU - wie der Gesetzgeber ausdrücklich klargestellt hatte - unerheblich (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 4 2. Halbsatz, § 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 2. Halbsatz SGB VI). Auch nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden Recht besteht kein Anspruch des Klägers auf Erwerbsminderungsrente, weil die nunmehr geltenden Rechtsvorschriften noch weitergehende Leistungsvoraussetzungen normieren als das bisherige Erwerbsminderungsrentenrecht (vgl. §§ 43, 240 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 - BGBl. I S. 1827).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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