L 5 KR 3624/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 970/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 3624/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26.07.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten bzw. die Gewährung von operativen Hautstraffungen.

Die 1960 geborene Klägerin, Mitglied der Beklagten, beantragte am 16.05.2014 die Übernahme der Kosten einer operativen Hautstraffung. Sie legte eine Lichtbilddokumentation des bestehenden Körperzustands, den Bericht des Facharztes für plastische und ästhetische Chirurgie Dr. R., Praxisklinik Am R., M., vom 08.05.2014 und das Attest der Hautärztin Dr. B. vom 24.03.2014 vor.

Im Bericht des Dr. R. vom 08.05.2014 ist ausgeführt, bei der Klägerin (Diagnosen u.a.: Z.n. Adipositas per magna mit Maximalgewicht 119 kg, Z.n. Gewichtsreduktion 45 kg) liege der typische Verlauf nach Adipositas per magna vor. Nach Durchführung der bariatrischen Maßnahme (Magenbypass-Operation) hätten sich der zuvor bestehende Diabetes mellitus und die Hypertonie der Klägerin zurückgebildet. Nebenbefundlich liege eine ausgeprägte Schuppenflechte vor, weshalb die Hautüberschüsse infolge der massiven Gewichtsreduktion zusätzlich zu vermehrten Problemen führten. Es bestehe eine Erschlaffung des Hautweichteilmantels. Empfohlen werde die Durchführung von Wiederherstellungsoperationen im Bereich der Arme, der Brust, des Bauches und der Oberschenkel. In diesen Körperregionen sei es zu den typischen Hautfaltenbildungen gekommen. Die Schuppenflechte führe außerdem im Rahmen der Feuchtkammerbildung in den genannten Arealen immer wieder zu Entzündungen und chronischen Hautproblemen. Die Klägerin müsse regelmäßig intensiv Hydrocortisonsalben anwenden, um chronische Entzündungen zu vermeiden. Dennoch komme es immer wieder zu massiven Hautproblemen. Beantragt werde eine Bauchdecken-, Oberschenkel-, Oberarm- und Bruststraffung. Das Gewicht der Klägerin sei seit ca. 5 Monaten stabil. Ein weiterer Gewichtsverlust sei nicht zu erwarten, weshalb nunmehr der richtige Zeitpunkt für die Wiederherstellungsmaßnahmen gegeben sei.

Im Attest der Dr. B. vom 24.03.2014 heißt es, die Klägerin leide seit vielen Jahren unter einer ausgeprägten Schuppenflechte. Nach einer enormen Gewichtsreduktion von 45 kg sei eine ausgeprägte Bauchschürze entstanden. In der Bauchfalte und in der Leiste sowie im Bauchnabelbereich zeigten sich großflächige Psoriasisherde, die sich insbesondere bei dem bekannten Diabetes der Klägerin mikrobiell besiedelten. Zur Abheilung und Stabilisierung des Hautbefundes werde eine Operation der Bauchschürze für dringend notwendig erachtet.

Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK); dem MDK wurden der Antrag der Klägerin und die hierzu vorgelegten Unterlagen mit Schreiben vom 16.05.2014 übersandt.

Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) vom 23.05.2014 führte Dr. E. aus, bei der Klägerin bestehe ein Z.n. (seinerzeit vom MDK nicht empfohlenem, auf Krankenkassenkosten durchgeführtem) bariatrisch-chirurgischem Eingriff bei Adipositas; außerdem leide die Klägerin an Psoriasis. Die Übernahme der Kosten für die beantragten Operationen könne nicht empfohlen werden, da die Bauchfettschürze den Mons pubis gerade eben erreiche und von der Größe her nicht so ausgeprägt sei, dass deswegen Einschränkungen der Rumpfbeweglichkeit nachvollziehbar wären. Im Übrigen sei bei den beschriebenen und erkennbaren Psoriasisherden im Rahmen einer Abdominoplastik von einer Wundheilungsstörung postoperativ auszugehen, was eine nicht unerhebliche Komplikation darstellen würde. Bezüglich der Oberschenkel- und Oberarmstraffung sei eine Indikation nicht nachvollziehbar. Auch hier seien die bestehenden Weichteilüberschüsse nicht so ausgeprägt, dass eine motorische Einschränkung nachvollziehbar wäre; dermatologische chronische Dermatosen seien hier nicht erkennbar. Bezüglich der Bruststraffung sei auf der Lichtbilddokumentation eine Einschränkung der Brust nicht erkennbar. Die sicherlich bestehende Ptosis sei keine Erkrankung i.S.d. Krankenversicherungsrechts. Die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Leistung seien nicht erfüllt.

Mit Bescheid vom 28.05.2014 lehnte die Beklagte den Leistungsantrag unter Hinweis auf das vorliegende MDK-Gutachten ab.

Am 25.06.2014 legte die Klägerin Widerspruch ein, worauf die Beklagte erneut den MDK befragte.

Im MDK-Gutachten (nach Aktenlage) des Dr. W. vom 08.09.2014 sind (nach Beiziehung weiterer Unterlagen: Karteikartenauszug der Dr. B. der letzten 4 Jahre und von dieser angefertigte Lichtbilddokumentation) folgende Diagnosen festgehalten: Cutis laxa nach Gewichtsabnahme, Z.n. bariatrisch-chirurgischem Eingriff, Psoriasis vulgaris stammbetont, Z.n. nach Diabetes mellitus Typ 2. Seit Jahren sei eine Psoriasis bekannt. Betroffen sei überwiegend der Stamm, insbesondere die Hautfalten. Deswegen werde die Klägerin von Dr. B. hautärztlich behandelt. Sie habe Dr. B. in den Jahren 2011, 2012 und 2014 jeweils einmal jährlich, im Jahr 2013 zweimal jährlich konsultiert; es habe eine Psoriasis in der Hautfalte des Bauches, gluteal und am Hosenbund bestanden. Im März 2014 sei ein Befall der Leisten, des Nabels und gluteal dokumentiert. Die Klägerin sei mit Hydrocortisonsalben und bei Bedarf mit Beadermik behandelt worden. Es bestehe eine Dermatochalasis der Bauchwand, der Oberarme und der Oberschenkel nach Gewichtsabnahme. Die bekannte Psoriasis führe unabhängig davon immer wieder zu Effloreszenzen am Stamm, die sich unter entsprechender Therapie jeweils wieder zurückbildeten. Die Bauchfalte überrage den Mons pubis nicht, eine Funktionseinschränkung beim Sitzen, Gehen oder Aufstehen bestehe nicht. Damit lägen Veränderungen von Krankheitswert insoweit nicht vor. Effloreszenzen der Psoriasis seien teils floride, teils abgeheilt. An den Oberarmen und den Beinen sei die Haut zwar erschlafft, aber unauffällig. Die Brust sei ptotisch, hier seien keine Hautveränderungen sichtbar. Die Klägerin sei im Alltag bei Bewegungen nicht eingeschränkt, eine Arbeitsunfähigkeit begründende Erkrankung liege nicht vor. Wesentliche Funktionsdefizite bestünden nicht. Auch eine Entstellung liege nicht vor. Die betroffenen Körperteile könnten durch Kleidung bedeckt werden. Die Psoriasis werde durch eine operative Korrektur der Bauchfalte, der Arme und der Beine nicht positiv zu beeinflussen sein. Als chronisch rezidivierende Erkrankung bedürfe sie der Behandlung durch Salben, ggf. auch durch systemisch wirkende Medikamente oder durch PUVA. Die Cutis laxa sei nicht Ursache der Psoriasis; diese werde auch nach der (begehrten) Operation wieder auftreten. An den Oberarmen liege keine Psoriasis vor. Hier sei die Operation ebenso rein kosmetisch wie die Straffung der Brust und der Oberschenkel. Insgesamt würden kosmetische Operationen begehrt, die nicht zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden könnten.

Die Klägerin trug hierzu vor, ihre Bewegungsfähigkeit sei in allen Richtungen eingeschränkt. Hinzu kämen Reizungen der Haut bis hin zu rezidivierenden Entzündungen sowie Schmerzen im Bereich der Schulter, des Nackens und der Oberarme. Daher lägen funktionelle Einschränkungen vor. Eine adäquate konservative Therapie gebe es nicht. Um kosmetische Eingriffe - so zunehmend die Fachwelt - gehe es bei Hautstraffungen nicht. Ihre Haut sei als Organ nicht mehr gesund. Außerdem sei sie entstellt.

Die Beklagte befragte nochmals den MDK. Im MDK-Gutachten (mit Untersuchung der Klägerin am 23.01.2015) vom 26.01.2015 führte Dr. d. R.-W. ergänzend aus, bei der ausführlichen körperlichen Untersuchung hätten funktionelle Einschränkungen im Bereich der Hüft-, Knie-, Schulter- oder Ellenbogengelenke nicht festgestellt werden können. Die Bewegungsfähigkeit der Klägerin sei in allen Bewegungsebenen nicht eingeschränkt, weder im Arm-Schulterbereich noch im Oberschenkel-Hüftbereich. Abdominal finde sich ein muskuläres Defizit. Bei den durchgeführten funktionellen Prüfungen hätten auch keine Schmerzen bestanden. Bezüglich der Psoriasis hätten einzelne Herde vorgelegen, die abgeheilt, leicht schuppig gewesen seien ohne aktuelle Symptomatik; eine lokale Behandlung habe vor 4 Wochen stattgefunden. Die Klägerin leide seit der Erstdiagnose im Alter von 12 Jahren unter rezidivierenden Schüben der Psoriasis, die stets lediglich einer lokalen Therapie bedürften, jedoch, wenn überhaupt, keiner weiterführenden systemischen Therapie oder Lichttherapie. Angewendet würden Salben, wie Ebenol oder Linola akut bzw. - allein verschreibungspflichtig - Betadermic. Die rezidivierenden entzündlichen Veränderungen (intertriginöse Effloreszenzen) könnten stets durch konservative topische Behandlung therapiert werden; um eine Dauerbehandlung handele es sich insoweit nicht (ausweislich des Leistungsauszugs der Beklagten Cortisonsalbe nur 2 mal im Jahr 2014 verordnet). Eine Krankheit im versicherungsrechtlichen Sinn liege weder bei der Dermatochalasis abdominell noch im Bereich der Oberschenkel und Oberarme vor. Hinsichtlich der Psoriasis bestehe keine OP-Indikation. Eine Entstellung könne weder im bekleideten noch im unbekleideten Zustand festgestellt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin unter Hinweis auf die vorliegenden MDK-Gutachten zurück.

Am 12.03.2015 ließ die Klägerin eine operative Bauchdeckenstraffung durch Dr. R. durchführen (Behandlungsvertrag vom 06.10.2014). Dr. R. stellte der Klägerin hierfür Kosten i.H.v. 5.505,51 EUR in Rechnung.

Am 01.04.2015 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Zur Begründung wiederholte sie ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren; außerdem legte sie weitere Lichtbilder vor.

Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheids entgegen.

Das SG befragte Dr. B. (Bericht vom 26.05.2015: Klägerin am 28.02.2013 und 20.03.2014 vorgestellt; Verordnung von steroidhaltigen Externa zur Behandlung der Psoriasis) und erhob auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des u.a. Facharztes für plastische und ästhetische Chirurgie Dr. Z. vom 11.01.2016. Dieser hielt (auf Grund der Untersuchung vom 11.11.2015 bzw. der zum Bauchbereich vorliegenden Lichtbilddokumentation des Zustands vor der operativen Bauchdeckenstraffung durch Dr. R.) folgende Diagnosen fest: Z.n. inverted T-Abdominoplastik bei Z.n. wohl mäßig starker Ober- und Unterbauchdeckenfettschürze (Cutis laxa) nach deutlicher Gewichtsabnahme, mäßige Cutis laxa im innenseitigen Oberschenkelbereich beidseits, deutliche Ptosis mammae beidseits (Hängebrüste) Grad 3 nach Vrebos mit Brusthypertrophie und ausgeprägten seitlich horizontalen Fettschürzen, deutlicher Oberarmhautmantelüberschuss beidseits mit Restlipomatose, Weichteilerschlaffung in beiden unteren Gesäßfalten, bekannte Psoriasis (Schuppenflechte), sichtbare postentzündliche Hautveränderungen an den aufliegenden Hautpartien (Ober- und Unterbauchdecke) sowie entzündliche Hautveränderungen rechte, untere Gesäßfalte, Leistenbeugen und Unterbrustfalten. Bei der Klägerin habe im Bereich der Bauchdecke ein vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender und behandlungsbedürftiger Zustand vorgelegen. Ein solcher Zustand bestehe (noch) im Bereich beider horizontaler Fettschürzen und an den Unterbrustfalten. Im Bauchbereich hätten zwar keine mechanischen Einschränkungen (etwa hinsichtlich der der Hüftbeweglichkeit) vorgelegen, allerdings sei die Psoriasis zu berücksichtigen. Im Bereich der Brüste führe die Kombination aus Hängebrüsten und dem weit nach seitlich reichenden Hautmantelüberschuss an den horizontalen Unterbrustfalten (bis an die hintere Axillarlinie) zu den von der Klägerin angegebenen nachvollziehbaren Einklemmerscheinungen (im Büstenhalter) und den nachvollziehbaren Hautirritationen. Es sei - anders als bei den Hängebrüsten - technisch kaum möglich, die seitlichen Hautschürzen sicher und ohne Einklemmerscheinungen im Büstenhalter zu fixieren. An den Oberarmen und den Oberschenkeln liege ein Krankheitszustand (im Sinne der Krankenversicherung) nicht vor; im Bereich der unteren Gesäßfalte bestehe grenzwertig ein regelwidriger Befund, da sich die Haut mehrfach falte und eine sichtbare Hautveränderung vorliege. Eine entstellende Wirkung bei Entkleidung liege nicht vor. Bei der Bauchdecke liege eigentlich keine Erkrankung im Sinne des Krankenversicherungsrechts vor, aber durch die nachvollziehbare feuchte Kammerbildung und die Schuppenflechte bestehe in diesem Areal eine regelwidrige Situation.

Mit Urteil vom 26.07.2016 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der ihr für die operative Hautstraffung im Bauchbereich (Bauchdeckenstraffung) entstandenen Kosten und auf Gewährung bzw. Übernahme der Kosten von Haustraffungsoperationen im Bereich der Oberschenkel, der Oberarme und der Brüste (§§ 13 Abs. 3 Satz 1, 27 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Die Beklagte habe die Gewährung der beantragten Operationen als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu Recht abgelehnt. Im Bereich der Oberarme und Ober- bzw. Unterschenkel liege eine Krankheit i.S.d. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht vor. Das gehe auch aus dem gemäß § 109 SGG erhobenen Gutachten des Dr. Z. hervor. Eine Hängebrust stelle eine Krankheit im krankenversicherungsrechtlichen Sinn ebenfalls nicht dar; hierfür genügten auch die geklagten Einklemmerscheinungen (im Büstenhalter) wegen des seitlich weit nach hinten reichenden Hautmantelüberschusses bzw. darauf beruhender Hautirritationen nicht. Die Hautveränderungen an der Unterbrustfalte könnten durch eine Bruststraffung nicht beseitigt werden und seien dermatologisch zu behandeln. Die im Bauchbereich entstandene Fettschürze habe zu körperlichen Fehlfunktionen nicht geführt (vgl. auch Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 28.07.2004, - L 11 KR 896/04 - und LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.05.2008, - L 5 KR 91/07 -, beide in juris). Die Psoriasis und die damit verbundenen Hautveränderungen seien (ebenfalls) dermatologisch zu behandeln; deswegen seien Hautstraffungsoperationen nicht als Krankenkassenleistung zu gewähren, zumal die hautärztliche Behandlung nur sporadisch (einmal jährlich) stattfinde und daher nicht ausgeschöpft sei. Psychische Beeinträchtigungen rechtfertigten einen operativen Eingriff nicht. Entstellende Wirkung liege, wie die Lichtbilddokumentationen zeigten, nicht vor. Auch Dr. Z. habe dies nicht angenommen.

Gegen das ihr am 25.08.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.09.2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt sie ihr bisheriges Vorbringen. Das Gutachten des Dr. Z. stütze ihr Begehren zumindest teilweise. Man möge ein (weiteres) Gutachten erheben.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 26.07.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 28.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2015 zu verurteilen, ihr die Kosten für die von Dr. R. am 12.03.2015 durchgeführte operative Bauchdeckenstraffung i.H.v. 5.505,51 EUR zu erstatten und ihr Hautstraffungsoperationen im Bereich der Oberschenkel, der Oberarme und der Brüste zu gewähren bzw. die Kosten hierfür zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er die Berufung, was vorliegend beabsichtigt sei, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen kann, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 17.03.2017. Sie haben sich nicht mehr geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten und des SG (mit den darin befindlichen Lichtbildern der Klägerin) und die Akten des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört. Sie haben sich nicht mehr geäußert.

Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 143, 144, 151 SGG (auch im Hinblick auf den Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von 750 EUR) statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage (von deren Zulässigkeit, insbesondere Rechtzeitigkeit der Senat ausgeht) zu Recht abgewiesen. Der Senat nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Wesentlich Neues hat die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung nicht vorgetragen. Ergänzend ist anzumerken:

Die Klägerin hatte (hinsichtlich des bereits operierten Bauchbereichs) bzw. hat (hinsichtlich des noch nicht operierten Bereichs der Oberschenkel, Oberarme und Brüste) keinen Anspruch auf Gewährung der begehrten Hautstraffungsoperationen als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Beklagte hat den hierauf gerichteten Leistungsantrag der Klägerin zu Recht (und im Hinblick auf § 13 Abs. 3a SGB V fristgerecht) abgelehnt, weshalb auch die Kosten der von der Klägerin selbst beschafften operativen Bauchdeckenstraffung durch Dr. R. nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V nicht zu erstatten sind (zu den Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs aus § 13 Abs. 3 SGB V nur etwa Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 08.09.2015, - B 1 KR 14/14 R -, in juris).

Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 2 Abs. 2 SGB V), wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankheit i. S. d. § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht. Freilich stellt nicht jede körperliche Unregelmäßigkeit eine Krankheit dar. Notwendig ist, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder die anatomische Abweichung entstellend wirkt (BSG, Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 35/15 R -, in juris). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, genügt für die Annahme der (auf Kosten der Versichertengemeinschaft behandlungsbedürftigen) Entstellung nicht jede körperliche Abnormität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit und damit zugleich erwarten lässt, dass Betroffene ständig viele Blicke auf sich ziehen, zum Objekt besonderer Beachtung anderer werden und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen drohen, sodass deren Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist. Um eine Auffälligkeit eines solchen Ausmaßes zu erreichen, muss eine beachtliche Erheblichkeitsschwelle überschritten sein. Es genügt nicht allein ein markantes Gesicht oder generell die ungewöhnliche Ausgestaltung von Organen. Vielmehr muss die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht und regelmäßig zur Fixierung des Interesses anderer auf den Betroffenen führt. Dies gilt gerade auch vor dem Hintergrund, dass die Rechtsordnung im Interesse der Eingliederung behinderter Menschen fordert, dass Nichtbehinderte ihre Wahrnehmung von Behinderung korrigieren müssen. Die Rechtsprechung hat als Beispiele für eine Entstellung z. B. das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau oder eine Wangenatrophie oder Narben im Lippenbereich angenommen oder erörtert (ständige Rechtsprechung, etwa: BSG, Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 35/15 R -, in juris, m.w.N.; auch Senatsurteil vom 22.06.2016, - L 5 KR 1160/15 -, nicht veröffentlicht: Hautstraffungsoperation).

Die begehrte Krankenbehandlung muss außerdem notwendig sein. Hierzu bestimmt die allgemeine Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergänzend und präzisierend, dass alle Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, und damit auch Krankenbehandlungen, ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V).

An der Notwendigkeit (wie der Zweckmäßigkeit) einer Krankenbehandlung i. S. d. §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 12 Abs. 1 SGB V fehlt es von vornherein, wenn ihre Wirksamkeit bzw. ihr therapeutischer Nutzen für die Erkennung oder Heilung der jeweiligen Krankheit oder für die Verhütung ihrer Verschlimmerung bzw. die Linderung der Krankheitsbeschwerden nicht festgestellt werden kann. Ausschlaggebend sind grundsätzlich die Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin. Setzt die Krankenbehandlung entgegen der Regel nicht unmittelbar an der Krankheit bzw. am erkrankten Organ selbst an, soll der Behandlungserfolg vielmehr mittelbar durch einen Eingriff an einem an sich gesunden Organ erreicht werden, bedarf die Notwendigkeit der Krankenbehandlung einer besonderen Rechtfertigung im Rahmen einer umfassenden Abwägung zwischen dem voraussichtlichen medizinischen Nutzen und den möglichen gesundheitlichen Schäden. In diese Abwägungsentscheidung sind auch Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit des Eingriffs und etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung einzubeziehen (BSG, Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 9/04 R -, in juris). Im Hinblick darauf sind Operationen am gesunden Körper zur Behebung psychischer Störungen grundsätzlich nicht gerechtfertigt, vor allem, weil die psychischen Wirkungen körperlicher Veränderungen nicht hinreichend verlässlich zu prognostizieren sind (vgl. BSG, Urteil vom 28.02.2008, - B 1 KR 19/07 R -, auch Urteil vom 19.10.2004, - B 1 KR 3/03 R -, beide in juris). Operationen dieser Art stellen keine (Kranken-)Behandlung i.S.d. § 27 Abs. 1 SGB V dar, für die die Solidargemeinschaft der gesetzlich Krankenversicherten einzustehen hätte. Sie sind vielmehr der Eigenverantwortung des Versicherten zugewiesen (auch dazu BSG, Urteil vom 28.02.2014, a.a.O.; auch BSG, Urteil vom 08.03.2016, - B 1 KR 35/15 R -, in juris, m.w.N.).

Von diesen Rechtsgrundsätzen ausgehend, hatte (Bauchbereich) bzw. hat (Oberschenkel-, Oberarm- und Brustbereich) die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Hautstraffungsoperationen als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Bestehen überschüssiger Hautlappen nach (erheblicher) Verminderung des Körpergewichts als solches stellt eine Krankheit i. S. d. § 27 Abs. 1 SGB V nicht dar (vgl. auch LSG Hessen, Urteil vom 15.04.2013, - L 1 KR 119/11 -, in juris). Wie der MDK in den Gutachten vom 23.05.2014, 08.09.2014 und (nach Untersuchung der Klägerin) vom 26.01.2015 schlüssig festgestellt hat, sind Körperfunktionen oder die Beweglichkeit der Klägerin dadurch nicht in einer Weise beeinträchtigt worden bzw. noch beeinträchtigt, dass eine Krankheit im Sine des Krankenversicherungsrechts angenommen werden könnte. Aus dem auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 SGG erhobenen Gutachten des Dr. Z. ergibt sich nichts wesentlich anderes. Die von der Klägerin angegebenen Einklemmerscheinungen im Büstenhalter (Hautmantelüberschuss an den horizontalen Unterbrustfalten) genügen hierfür ebenso wenig wie Hautirritationen. Hauterkrankungen infolge überschüssiger Hautlappen (bzw. zusätzlich infolge der Psoriasiserkrankung der Klägerin), wie Entzündungserscheinungen, sind hautärztlich (konservativ) und nicht durch operative Hautstraffung zu behandeln. Auch das geht aus den genannten MDK-Gutachten schlüssig hervor. Entsprechende (intensive) hautärztliche Behandlungen sind im Übrigen nicht dokumentiert; die Klägerin hat Dr. B. nur sporadisch (etwa einmal im Jahr) konsultiert und zur Behandlung von Psoriasismanifestationen überwiegend nicht verschreibungspflichtige Salben angewendet. Die Klägerin ist auch nicht (im krankenversicherungsrechtlichen Sinn) entstellt bzw. entstellt gewesen, mag sie auch (nachvollziehbar) unter der Veränderung des körperlichen Erscheinungsbilds infolge der überschüssigen Hautlappen gelitten haben und noch leiden. Das SG hat das im Einzelnen in seinem Urteil ebenfalls zutreffend dargelegt. Wie aus der vorliegenden Lichtbilddokumentation auch für den Senat ersichtlich ist, sind die überschüssigen Hautlappen durch geeignete Kleidung jedenfalls so weit verdeckbar (gewesen), dass eine gleichsam ausgrenzend wirkende Interessenfixierung der Mitmenschen im vorstehend beschriebenen Sinn nicht festgestellt werden kann.

Angesichts der vorliegenden Arztberichte und (MDK-)Gutachten drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, insbesondere weitere Begutachtungen nicht auf.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved