Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 1 AL 610/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AL 285/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11. Juni 2002 wird zurückgewiesen
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) streitig.
Die 1959 geborene Klägerin war ab 01.10.1985 bei der Kreis- und Stadtsparkasse D. als Angestellte beschäftigt, nach ihren Angaben längere Zeit als Kassiererin und zuletzt als Sekretariatsangestellte gegen ein monatliches Bruttoentgelt von in der Regel 4.328,63 DM. Die Beschäftigung endete durch Kündigung der Klägerin zum 30.09.2000.
Am 11.09.2000 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Eine Einschränkung ihrer Vermittlungsfähigkeit verneinte sie, legte aber ein ärztliches Attest des praktischen Arztes S. G. vom 19.09.2000 vor, worin dieser angab, der Klägerin geraten zu haben, den Arbeitsplatz aufzugeben. Die Klägerin sei aber weiterhin für vollschichtige Arbeiten geeignet. Vom 01.10.2000 an bezog die Klägerin Alg. Nach vergeblichen Vermittlungsversuchen bot die Beklagte der Klägerin zur Verbesserung ihrer Qualifikation zwei EDV-Kurse an, welche die Klägerin ablehnte.
Das Angebot der Beklagten vom 27.03.2001, vom 02.04. bis 11.10. 2001 an einer kaufmännischen Übungsfirma teilzunehmen, lehnte die Klägerin mit der Begründung ab, sie habe ein Angebot für eine stundenweise Aushilfe in einem Büro und möchte neben der Arbeitslosigkeit "noch ein wenig dazu verdienen". Mit Bescheid vom 09.04.2001 stellte daraufhin die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit und das Ruhen des Anspruchs auf Alg in der Zeit vom 28.03. bis 19.06.2001 fest, hob die Alg-Bewilligung für diese Zeit auf und verlangte von der Klägerin die Erstattung der in der Zeit vom 28. bis 31.03.2001 erbrachten Leistung in Höhe von 225,72 DM. Der Bescheid enthält unter anderem folgende Hinweise: "Bitte beachten Sie, dass Ihr gegenwärtiger Anspruch auf Leistungen vollständig erlischt, wenn Sie nach Entstehung des Anspruches auf Arbeitslosengeld Anlaß zum Eintritt von mehreren Sperrzeiten mit einer Dauer von zusammengerechnet mindestens 24 Wochen gegeben und über den Eintritt der einzelnen Sperrzeit jeweils einen schriftlichen Bescheid erhalten haben. Dies gilt unabhängig von der jeweils bei Eintritt der Sperrzeit bezogenen Leistung ... Sie sind auch während der Sperrzeit verpflichtet, sich auf Aufforderung beim Arbeitsamt zu melden (§ 309 SGB III). Falls Sie dieser Meldepflicht nicht nachkommen, können Ihnen daraus Rechtsnachteile entstehen."
Im Widerspruch machte die Klägerin unter anderem geltend, sie bilde sich selbst in der elektronischen Datenverarbeitung fort. Von der Übungsfirma werde nicht gut gesprochen. Sie habe in fast 20 Jahren zusammen mit den Arbeitgebern wohl genug Beiträge gezahlt, dass man annehmen könnte, sie habe Anspruch auf Versicherungsleistungen, bis sie wieder Arbeit gefunden habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2001 wies die Beklagte den Rechtsbehelf zurück und verneinte das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Eine Qualifizierung der Klägerin im kaufmännischen Bereich sei unabdingbar gewesen, um sie möglichst umgehend in Arbeit vermitteln zu können. - Der Sperrzeitbescheid vom 09.04. 2001 ist bestandskräftig geworden, wie die Klägerin selbst vortragen läßt.
Mit Schreiben vom 25.04.2001 unterbreitete die Beklagte der Klägerin das Angebot für eine Arbeit als Bürofachkraft bei den D.-Versicherungen in D ... Das Angebot enthielt die Rechtsfolgenbelehrung "R 2" mit folgendem Text: "Für den Fall, dass Sie - ohne wichtigen Grund - die Ihnen umseitig angebotene Arbeit nicht annehmen oder nicht antreten oder das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses verhindern, beachten sie bitte Folgendes: Ihr gegenwärtiger Anspruch auf Leistungen erlischt vollständig, wenn Sie nach Entstehung des Anspruches auf Arbeitslosengeld Anlass zum Eintritt mehrerer Sperrzeiten mit einer Dauer von zusammengerechnet mindestens 24 Wochen gegeben und über den Eintritt der einzelnen Sperrzeiten jeweils einen schriftlichen Bescheid erhalten haben (§ 147 Abs.1 SGB III). Dies gilt unabhängig von der jeweils bei Eintritt der Sperrzeit bezogenen Leistung.".
In einem Schreiben vom 27.04.2001 an die Beklagte, in dem sie auf den Vermittlungsvorschlag zur D. und einem weiteren Vermittlungsvorschlag vom 26.04.2001 als Kassiererin Bezug nahm, teilte die Klägerin mit, dass sie sich während der bis 19.06.2001 laufenden Sperrzeit auf Vermittlungsvorschläge der Beklagten hin nicht bewerben werde. Da sie in der Zeit keine Unterstützung bekomme, lasse sie sich auch keine verpflichtenden Maßnahmen auferlegen. Die Beklagte könne sie bis zum 19.06.2001 gerne unverbindlich über offene Stellen informieren, wofür sie natürlich dankbar wäre, jedoch werde sie bis dahin keine für sie verbindlichen Bewerbungen schreiben oder Vorstellungstermine wahrnehmen, die aufgrund eines schriftlichen Vorschlages durch das Arbeitsamt erfolgen sollten. Die Vermittlungsvorschläge der Beklagten sandte sie wieder zurück. Ihre Angaben wiederholte sie bei einer persönlichen Vorsprache am 07.05.2001. Nach seinem Vermerk sprach der Bedienstete der Beklagten ausführlich mit der Klägerin über Verfügbarkeit und Zumutbarkeit. Mit Bescheid vom 08.05.2001 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 20.06.2001 auf, da sich die Klägerin aus dem Leistungsbezug abgemeldet habe. Den am 11.06.2001 erhobenen Widerspruch der Klägerin legte die Beklagte als Verfügbarkeitserklärung aus. Sie beschränkte mit Änderungsbescheid vom 06.08.2001 die Leistungsaufhebung auf die Zeit vom 07.05. bis 10.06.2001 und wies mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2001 sinngemäß den Widerspruch im Übrigen zurück. Das hiergegen beim Sozialgericht Augsburg eingeleitete Klageverfahren (S 1 AL 449/01) endete durch klageabweisendes Urteil, das rechtskräftig geworden ist.
Da die D.-Versicherung auf der Rückseite des Vermittlungsvorschlages am 07.05.2001 und erneut am 13.07.2001 mitgeteilt hatte, dass die Klägerin mit ihr keinerlei Kontakt aufgenommen habe, hob die Beklagte mit Bescheid vom 03.09.2001 die Bewilligung des Alg mit Wirkung vom 28.04.2001 auf. Die Klägerin habe das Arbeitsangebot bei der D. trotz Rechtsfolgenbelehrung nicht angenommen und hierfür keinen wichtigen Grund gehabt. Die Sperrzeit umfasse zwölf Wochen. Damit habe die Klägerin seit Entstehung des Anspruchs Anlass zum Eintritt von Sperrzeiten mit einer Gesamtdauer von mindestens 24 Wochen gegeben, so dass der Anspruch auf Alg erloschen sei. Den nicht begründeten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2001 zurück, den sie an diesem Tag zur Post gab.
Vom 01.11.2001 an stand die Klägerin wieder in einem Arbeitsverhältnis.
Gegen den Bescheid vom 03.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2001 erhob die Klägerin am 21.12.2001 Klage zum Sozialgericht Augsburg (S 1 AL 610/01). Die Beklagte habe die Nichtannahme der Arbeit bei der D. zum Anlass genommen, die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 07.05. bis 10.06.2001 aufzuheben. Ihre Arbeitsablehnung könne daher nicht mehr dazu verwendet werden, zusätzlich eine Sperrzeit zu verhängen. Sie würde sonst doppelt bestraft. Bei der Beratung am 07.05.2001 hätte sie noch einmal dazu aufgefordert werden müssen, sich bei der D. zu bewerben.
Mit Urteil vom 11.06.2002, berichtigt durch Beschluss vom 08.10.2002, wies das Sozialgericht die Klage ab. Ein wichtiger Grund für das Verhalten der Klägerin habe nicht vorgelegen. Der wichtige Grund müsse objektiv gegeben sein. Es sei eine schwer nachvollziehbare Fehlvorstellung der Klägerin, dass sie gemeint habe, eine Art Leistungsverweigerungsrecht zu haben, solange die Beklagte keine Leistungen erbringe. Das Urteil wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 28.06. 2002 zugestellt.
Mit ihrer am 26.07.2002 eingelegten Berufung räumt die Klägerin ein, dass sie keinen Kontakt zur D. aufgenommen habe. Sie habe aber nicht kategorisch erklärt, sie werde sich nicht bewerben, sondern habe mitgeteilt, man könne sie gerne über offene Stellen informieren. Daher hätte man ihre Äußerungen nicht als Abmeldung vom Leistungsbezug werten müssen, sondern durchaus neue Vermittlungsvorschläge machen können. Andererseits gesteht die Klägerin jedoch ein, dass ihr Verhalten "zweifellos unrichtig" gewesen sei und sie die schwer nachvollziehbare Fehlvorstellung gehabt habe, eine Art Leistungsverweigerungsrecht zu haben. Doch wiederholt sie weiter im Einzelnen, die Tatsache, dass sie sich bei der D. nicht beworben habe, dürfe nicht zweimal zu ihrem Nachteil gewertet werden. Nach Art.103 des Grundgesetzes (GG) dürfe niemand wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden. Dies sei ein fundamentaler Grundsatz der Rechtsordnung.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.06.2002 und den Bescheid der Beklagten vom 03.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 27.04.2001 hinaus Alg zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen fehlender Verfügbarkeit und das Erlöschen des Anspruchs wegen Sperrzeiten stellten keine Bestrafung dar. Vielmehr handle es sich nur um gesetzliche Konsequenzen aus der jeweiligen Sach- und Rechtslage.
Die Akten der Beklagten, die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die SG-Akte S 1 AL 449/01 haben dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte durfte die Bewilligung des Alg mit Wirkung vom 28.04.2001 aufheben.
Nach § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Gemäß Satz 2 soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit (Nr.4) der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Nach § 330 Abs.3 Satz 1 SGB III ist die Beklagte verpflichtet, rechtswidrige Verwaltungsakte mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.
Diese Voraussetzungen für die Aufhebung der Leistungsbewilligung lagen ab dem 28.04.2001 vor. Mit Wirkung von diesem Tag ist in Bezug auf den Alg-Anspruch der Klägerin, der durch Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligt worden war, eine wesentliche Änderung eingetreten, weil der Anspruch gemäß § 147 Abs.1 Nr.2 SGB III erloschen ist.
Diese Vorschrift ordnet das Erlöschen des Alg-Anspruchs an, wenn der Arbeitslose nach der Entstehung des Anspruchs Anlass für den Eintritt von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 24 Wochen gegeben hat, über den Eintritt der Sperrzeiten nach Entstehung des Anspruchs schriftliche Bescheide erhalten hat und auf die Rechtsfolgen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 24 Wochen hingewiesen worden ist. Der Anspruch der Klägerin auf Alg ist am 01.10.2000 entstanden. Danach hat die Klägerin mit Wirkung vom 28.03.2001 zum ersten Mal Anlass für eine Sperrzeit von zwölf Wochen gegeben, als sie die Teilnahme an der angebotenen Bildungsmaßnahme ablehnte. Das ergibt sich aus dem Bescheid vom 09.04.2001, der auch nach den Angaben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin bindend im Sinne des § 77 SGG geworden ist. Eine weitere Sperrzeit von zwölf Wochen hat die Klägerin mit Wirkung vom 28.04.2001 veranlasst, da sie die Arbeit bei D. nicht angenommen hat. Die Voraussetzungen des § 144 Abs.1 Nr.2 SGB III für den Eintritt der Sperrzeit sind erfüllt. Die Beklagte hat zunächst der Klägerin die Beschäftigung unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit (Bürofachkraft) mit schriftlichem Vermittlungsvorschlag vom 25.04.2001 angeboten. Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit der Arbeit und einen Verstoß gegen die von der Beklagten einzuhaltenden Vermittlungsgrundsätze liegen nicht vor. Es handelte sich um eine Tätigkeit in dem dem Wohnort der Klägerin nahegelegenen D. , die nach ihrer Art (Personalsachbearbeitung, Korrespondenz) und ihrer Bezahlung (mindestens 4.000,00 DM monatlich) der bisherigen weitgehend angenähert war. Der Klägerin ist ferner im Hinblick auf die vorangegangene Sperrzeit eine konkrete und zutreffende Rechtsfolgenbelehrung gemäß dem Text R 2 erteilt worden.
Sie hat das Stellenangebot mit Schreiben vom 27.04.2001 nicht angenommen. Das ergibt sich eindeutig aus dem Inhalt dieses Schreibens, in dem die Klägerin jede Bewerbung ablehnt und die Vermittlungsvorschläge zurücksendet. Am 27.04.2001 stand damit die Nichtannahme der Arbeit im Sinne des § 144 Abs.1 Nr.2 SGB III objektiv fest. Dass sich die Klägerin zur Entgegennahme von für sie unverbindlichen Informationen über offene Stellen bereit erklärt hat, ändert daran nichts. Ebenfalls ändert daran nichts die zeitliche Beschränkung ihrer Haltung auf die Dauer der bis 19.06.2001 eingetretenen Sperrzeit. Denn die Klägerin war verpflichtet, unverzüglich mit dem Arbeitgeber Kontakt aufzunehmen. Jedenfalls gab es für eine Verzögerung der Kontaktaufnahme von mehr als sieben Wochen bis zum Ende der Sperrzeit keinerlei sachliche Gründe. Tatsächlich hat sich die Klägerin nach ihren eigenen Angaben und nach denen der Arbeitgeberin auch nicht danach an die Arbeitgeberin gewandt.
Wie die Klägerin im Berufungsverfahren im Ergebnis selbst einräumt, liegen wichtige Gründe für ihr Verhalten nicht vor. Der Eintritt einer Sperrzeit hängt nicht davon ab, dass aktuell Alg gezahlt wird. Sperrzeiten laufen unabhängig von Leistungsansprüchen ab (BSG SozR 4100 § 119 AFG Nr.20 S.100). Die Klägerin war auch während des ruhenden Zahlungsanspruches arbeitslos und arbeitslos gemeldet; sie hatte die Verpflichtung gemäß § 2 Abs. 3 Nr.3 SGB III, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen.
Da mit der Ablehnungserklärung vom 27.04.2001 die Sperrzeit begründet wurde, begann diese gemäß § 144 Abs.2 SGB III mit dem 28.04.2001. Die Klägerin hat damit nach Entstehung des Anspruchs Anlass für Sperrzeiten von insgesamt 24 Wochen gegeben.
Auch die weiteren Voraussetzungen für das Erlöschen des Alg-Anspruchs nach § 147 Abs.1 Nr.2 SGB III liegen vor. Die Klägerin war - wie schon dargestellt - mit dem Vermittlungsvorschlag, außerdem aber bereits in dem ersten Sperrzeitbescheid vom 09.04.2001, auf die Rechtsfolgen des Eintritts von Sperrzeiten mit insgesamt 24 Wochen Dauer hingewiesen worden. Sie hat über den Eintritt der ersten Sperrzeit und der zweiten Sperrzeit einen schriftlichen Bescheid erhalten. Die Rechtsfolge des Erlöschens nach § 147 Abs.1 Nr.2 SGB III tritt ein mit dem Ereignis, das die weitere Sperrzeit begründet, wenn mit letzterer insgesamt 24 Wochen Sperrzeit erreicht sind. Denn bereits dann hat die Arbeitslose "Anlass" im Sinne des § 147 Abs.1 Nr.2 SGB III für die weitere Sperrzeit gegeben; diese muss nicht bereits abgelaufen sein. Der Anspruch der Klägerin auf Alg ist damit mit Wirkung vom 28.04.2001 erloschen.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin steht dem Erlöschen des Anspruchs nicht entgegen, dass die Beklagte inzwischen bestandskräftig mit dem Bescheid vom 08.05.2001 und dem Änderungsbescheid vom 06.08.2001 die Bewilligung des Alg für die Zeit vom 07.05. bis 10.06.2001 wegen Wegfalls der Verfügbarkeit aufgehoben hat. Der von der Klägerin herangezogene Grundsatz des Art.103 Abs.3 GG, das Verbot mehrfacher Bestrafung, trifft schon deswegen nicht zu, weil es sich nur auf Strafen aufgrund der "allgemeinen Strafgesetze" bezieht, also auf das Kern- und Nebenstrafrecht, keinesfalls aber auf andere Sanktionen, etwa auf Maßnahmen der Verwaltung (vgl. Pieroth, GG, 5. Aufl. 2000, Art.103 GG Rdnr.59 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts). Demgegenüber handelt es sich bei den Sperrzeiten des Arbeitsförderungsrechts lediglich um Schutzmaßnahmen für die Arbeitslosenversicherung in Fällen, in denen die Versicherten den Eintritt des Leistungsfalls selbst zu vertreten haben (vgl. dazu BSG SozR 3-4100 § 119 Nr.17 S.81; weitere Nachweise bei Winkler in Gagel, SGB III, Stand 01.07.2003, § 144 Rdnr.26-28).
Beim Erlöschen des Anspruchs nach § 147 SGB III und beim Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen, z.B. gemäß § 119 Abs.4 (Arbeitsbereitschaft als Element der Beschäftigungssuche), liegen außerdem verschiedene Sachverhalte und Rechtsfolgen vor. Auch aus dem Rechtsstaatsprinzip (vgl. in diesem Zusammenhang Pieroth a.a.0. mit weiteren Nachweisen) lassen sich daher für die Klägerin keine günstigen Folgen ableiten. Während der Anspruch auf Alg im Fall der Klägerin wegen der Nichtannahme einer konkreten Beschäftigung und dem Eintritt von 24 Wochen Sperrzeiten mit dem 28.04.2001 erloschen ist, beruhte die Aufhebung der Alg-Bewilligung für die Zeit vom 07.05. bis 10.06. 2001 auf den als generell gewerteten mündlichen Erklärungen vom 07.05.2001 (zur Unterscheidung zwischen der Ablehnung konkreter Maßnahmen und dem allgemeinen Entfallen der subjektiven Verfügbarkeit vgl. insbesondere BSG SozR 3-4100 § 103 AFG Nr.13 S.57, 58; Steinmeyer in Gagel a.a.O. § 119 SGB III Rdnr.199 ff.). Das Erlöschen nach § 147 Abs.1 Nr.2 SGB III und Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen haben auch unterschiedliche Rechtsfolgen. Während das Erlöschen den Anspruch endgültig beseitigt und damit auch das Stammrecht, kann nach dem bloßen Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen der Anspruch gegebenenfalls wieder entstehen. Die Unterschiede beider Rechtsfolgen sind auch vom Gesetzgeber gewollt, wenn auch beide möglicherweise alternativ ausreichen, um eine Aufhebung nach § 48 SGB X zu rechtfertigen (BSG SozR 4100 § 119 Nr.12 insbesondere S. 54 ff.).
Die beschriebenen Unterschiede in Sachverhalt und Rechtsfolgen schließen es deshalb nicht von vornherein aus, dass Erlöschens-tatbestände und Wegfall von Anspruchsvoraussetzungen in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang miteinander stehen. Jedenfalls aber besteht entgegen dem Vortrag der Klägerin nach dem Arbeitsförderungsrecht keine Möglichkeit, den früheren Eintritt eines Erlöschenstatbestandes (hier zum 28.04.2001) durch das spätere Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen (hier ab dem 08.05.2001) zu verhindern oder wirkungslos zu machen. Dagegen spricht, dass das Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen der zielgerichteten Beeinflussung durch Versicherte zugänglich wäre (zu Gegenmaßnahmen des Gesetzgebers vgl. § 128 Abs.1 Nr.7 SGB III: Anspruchsminderung bei fehlender Arbeitsbereitschaft ohne wichtigen Grund). Ferner ist zu beachten: Sind bei dem Eintritt eines Erlöschenstatbestandes und dem späteren Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen beide Tatbestände gleichzeitig zu beurteilen, so ist allerdings der spätere Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen gegenstandslos. Wurde aber über den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen vorab und bestandskräftig entschieden wie in der vorliegenden Streitsache, so kann dies auf die Entscheidung über den früher eingetretenen Erlöschenstatbestand keine Auswirkung haben.
Im Hinblick auf die Rechtsfolgenbelehrung durch die Beklagte liegen die subjektiven Voraussetzungen der Leistungsaufhebung nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X vor. Die Klägerin musste im Sinne dieser Vorschrift wissen, dass ihr Alg-Anspruch bei Nichtannahme der Beschäftigung erlöschen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist das Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) streitig.
Die 1959 geborene Klägerin war ab 01.10.1985 bei der Kreis- und Stadtsparkasse D. als Angestellte beschäftigt, nach ihren Angaben längere Zeit als Kassiererin und zuletzt als Sekretariatsangestellte gegen ein monatliches Bruttoentgelt von in der Regel 4.328,63 DM. Die Beschäftigung endete durch Kündigung der Klägerin zum 30.09.2000.
Am 11.09.2000 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Eine Einschränkung ihrer Vermittlungsfähigkeit verneinte sie, legte aber ein ärztliches Attest des praktischen Arztes S. G. vom 19.09.2000 vor, worin dieser angab, der Klägerin geraten zu haben, den Arbeitsplatz aufzugeben. Die Klägerin sei aber weiterhin für vollschichtige Arbeiten geeignet. Vom 01.10.2000 an bezog die Klägerin Alg. Nach vergeblichen Vermittlungsversuchen bot die Beklagte der Klägerin zur Verbesserung ihrer Qualifikation zwei EDV-Kurse an, welche die Klägerin ablehnte.
Das Angebot der Beklagten vom 27.03.2001, vom 02.04. bis 11.10. 2001 an einer kaufmännischen Übungsfirma teilzunehmen, lehnte die Klägerin mit der Begründung ab, sie habe ein Angebot für eine stundenweise Aushilfe in einem Büro und möchte neben der Arbeitslosigkeit "noch ein wenig dazu verdienen". Mit Bescheid vom 09.04.2001 stellte daraufhin die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit und das Ruhen des Anspruchs auf Alg in der Zeit vom 28.03. bis 19.06.2001 fest, hob die Alg-Bewilligung für diese Zeit auf und verlangte von der Klägerin die Erstattung der in der Zeit vom 28. bis 31.03.2001 erbrachten Leistung in Höhe von 225,72 DM. Der Bescheid enthält unter anderem folgende Hinweise: "Bitte beachten Sie, dass Ihr gegenwärtiger Anspruch auf Leistungen vollständig erlischt, wenn Sie nach Entstehung des Anspruches auf Arbeitslosengeld Anlaß zum Eintritt von mehreren Sperrzeiten mit einer Dauer von zusammengerechnet mindestens 24 Wochen gegeben und über den Eintritt der einzelnen Sperrzeit jeweils einen schriftlichen Bescheid erhalten haben. Dies gilt unabhängig von der jeweils bei Eintritt der Sperrzeit bezogenen Leistung ... Sie sind auch während der Sperrzeit verpflichtet, sich auf Aufforderung beim Arbeitsamt zu melden (§ 309 SGB III). Falls Sie dieser Meldepflicht nicht nachkommen, können Ihnen daraus Rechtsnachteile entstehen."
Im Widerspruch machte die Klägerin unter anderem geltend, sie bilde sich selbst in der elektronischen Datenverarbeitung fort. Von der Übungsfirma werde nicht gut gesprochen. Sie habe in fast 20 Jahren zusammen mit den Arbeitgebern wohl genug Beiträge gezahlt, dass man annehmen könnte, sie habe Anspruch auf Versicherungsleistungen, bis sie wieder Arbeit gefunden habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2001 wies die Beklagte den Rechtsbehelf zurück und verneinte das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Eine Qualifizierung der Klägerin im kaufmännischen Bereich sei unabdingbar gewesen, um sie möglichst umgehend in Arbeit vermitteln zu können. - Der Sperrzeitbescheid vom 09.04. 2001 ist bestandskräftig geworden, wie die Klägerin selbst vortragen läßt.
Mit Schreiben vom 25.04.2001 unterbreitete die Beklagte der Klägerin das Angebot für eine Arbeit als Bürofachkraft bei den D.-Versicherungen in D ... Das Angebot enthielt die Rechtsfolgenbelehrung "R 2" mit folgendem Text: "Für den Fall, dass Sie - ohne wichtigen Grund - die Ihnen umseitig angebotene Arbeit nicht annehmen oder nicht antreten oder das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses verhindern, beachten sie bitte Folgendes: Ihr gegenwärtiger Anspruch auf Leistungen erlischt vollständig, wenn Sie nach Entstehung des Anspruches auf Arbeitslosengeld Anlass zum Eintritt mehrerer Sperrzeiten mit einer Dauer von zusammengerechnet mindestens 24 Wochen gegeben und über den Eintritt der einzelnen Sperrzeiten jeweils einen schriftlichen Bescheid erhalten haben (§ 147 Abs.1 SGB III). Dies gilt unabhängig von der jeweils bei Eintritt der Sperrzeit bezogenen Leistung.".
In einem Schreiben vom 27.04.2001 an die Beklagte, in dem sie auf den Vermittlungsvorschlag zur D. und einem weiteren Vermittlungsvorschlag vom 26.04.2001 als Kassiererin Bezug nahm, teilte die Klägerin mit, dass sie sich während der bis 19.06.2001 laufenden Sperrzeit auf Vermittlungsvorschläge der Beklagten hin nicht bewerben werde. Da sie in der Zeit keine Unterstützung bekomme, lasse sie sich auch keine verpflichtenden Maßnahmen auferlegen. Die Beklagte könne sie bis zum 19.06.2001 gerne unverbindlich über offene Stellen informieren, wofür sie natürlich dankbar wäre, jedoch werde sie bis dahin keine für sie verbindlichen Bewerbungen schreiben oder Vorstellungstermine wahrnehmen, die aufgrund eines schriftlichen Vorschlages durch das Arbeitsamt erfolgen sollten. Die Vermittlungsvorschläge der Beklagten sandte sie wieder zurück. Ihre Angaben wiederholte sie bei einer persönlichen Vorsprache am 07.05.2001. Nach seinem Vermerk sprach der Bedienstete der Beklagten ausführlich mit der Klägerin über Verfügbarkeit und Zumutbarkeit. Mit Bescheid vom 08.05.2001 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld mit Wirkung vom 20.06.2001 auf, da sich die Klägerin aus dem Leistungsbezug abgemeldet habe. Den am 11.06.2001 erhobenen Widerspruch der Klägerin legte die Beklagte als Verfügbarkeitserklärung aus. Sie beschränkte mit Änderungsbescheid vom 06.08.2001 die Leistungsaufhebung auf die Zeit vom 07.05. bis 10.06.2001 und wies mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2001 sinngemäß den Widerspruch im Übrigen zurück. Das hiergegen beim Sozialgericht Augsburg eingeleitete Klageverfahren (S 1 AL 449/01) endete durch klageabweisendes Urteil, das rechtskräftig geworden ist.
Da die D.-Versicherung auf der Rückseite des Vermittlungsvorschlages am 07.05.2001 und erneut am 13.07.2001 mitgeteilt hatte, dass die Klägerin mit ihr keinerlei Kontakt aufgenommen habe, hob die Beklagte mit Bescheid vom 03.09.2001 die Bewilligung des Alg mit Wirkung vom 28.04.2001 auf. Die Klägerin habe das Arbeitsangebot bei der D. trotz Rechtsfolgenbelehrung nicht angenommen und hierfür keinen wichtigen Grund gehabt. Die Sperrzeit umfasse zwölf Wochen. Damit habe die Klägerin seit Entstehung des Anspruchs Anlass zum Eintritt von Sperrzeiten mit einer Gesamtdauer von mindestens 24 Wochen gegeben, so dass der Anspruch auf Alg erloschen sei. Den nicht begründeten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2001 zurück, den sie an diesem Tag zur Post gab.
Vom 01.11.2001 an stand die Klägerin wieder in einem Arbeitsverhältnis.
Gegen den Bescheid vom 03.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2001 erhob die Klägerin am 21.12.2001 Klage zum Sozialgericht Augsburg (S 1 AL 610/01). Die Beklagte habe die Nichtannahme der Arbeit bei der D. zum Anlass genommen, die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 07.05. bis 10.06.2001 aufzuheben. Ihre Arbeitsablehnung könne daher nicht mehr dazu verwendet werden, zusätzlich eine Sperrzeit zu verhängen. Sie würde sonst doppelt bestraft. Bei der Beratung am 07.05.2001 hätte sie noch einmal dazu aufgefordert werden müssen, sich bei der D. zu bewerben.
Mit Urteil vom 11.06.2002, berichtigt durch Beschluss vom 08.10.2002, wies das Sozialgericht die Klage ab. Ein wichtiger Grund für das Verhalten der Klägerin habe nicht vorgelegen. Der wichtige Grund müsse objektiv gegeben sein. Es sei eine schwer nachvollziehbare Fehlvorstellung der Klägerin, dass sie gemeint habe, eine Art Leistungsverweigerungsrecht zu haben, solange die Beklagte keine Leistungen erbringe. Das Urteil wurde den Bevollmächtigten der Klägerin am 28.06. 2002 zugestellt.
Mit ihrer am 26.07.2002 eingelegten Berufung räumt die Klägerin ein, dass sie keinen Kontakt zur D. aufgenommen habe. Sie habe aber nicht kategorisch erklärt, sie werde sich nicht bewerben, sondern habe mitgeteilt, man könne sie gerne über offene Stellen informieren. Daher hätte man ihre Äußerungen nicht als Abmeldung vom Leistungsbezug werten müssen, sondern durchaus neue Vermittlungsvorschläge machen können. Andererseits gesteht die Klägerin jedoch ein, dass ihr Verhalten "zweifellos unrichtig" gewesen sei und sie die schwer nachvollziehbare Fehlvorstellung gehabt habe, eine Art Leistungsverweigerungsrecht zu haben. Doch wiederholt sie weiter im Einzelnen, die Tatsache, dass sie sich bei der D. nicht beworben habe, dürfe nicht zweimal zu ihrem Nachteil gewertet werden. Nach Art.103 des Grundgesetzes (GG) dürfe niemand wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden. Dies sei ein fundamentaler Grundsatz der Rechtsordnung.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.06.2002 und den Bescheid der Beklagten vom 03.09.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr über den 27.04.2001 hinaus Alg zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen fehlender Verfügbarkeit und das Erlöschen des Anspruchs wegen Sperrzeiten stellten keine Bestrafung dar. Vielmehr handle es sich nur um gesetzliche Konsequenzen aus der jeweiligen Sach- und Rechtslage.
Die Akten der Beklagten, die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die SG-Akte S 1 AL 449/01 haben dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Die Beklagte durfte die Bewilligung des Alg mit Wirkung vom 28.04.2001 aufheben.
Nach § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Gemäß Satz 2 soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit (Nr.4) der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Nach § 330 Abs.3 Satz 1 SGB III ist die Beklagte verpflichtet, rechtswidrige Verwaltungsakte mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben.
Diese Voraussetzungen für die Aufhebung der Leistungsbewilligung lagen ab dem 28.04.2001 vor. Mit Wirkung von diesem Tag ist in Bezug auf den Alg-Anspruch der Klägerin, der durch Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bewilligt worden war, eine wesentliche Änderung eingetreten, weil der Anspruch gemäß § 147 Abs.1 Nr.2 SGB III erloschen ist.
Diese Vorschrift ordnet das Erlöschen des Alg-Anspruchs an, wenn der Arbeitslose nach der Entstehung des Anspruchs Anlass für den Eintritt von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 24 Wochen gegeben hat, über den Eintritt der Sperrzeiten nach Entstehung des Anspruchs schriftliche Bescheide erhalten hat und auf die Rechtsfolgen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt mindestens 24 Wochen hingewiesen worden ist. Der Anspruch der Klägerin auf Alg ist am 01.10.2000 entstanden. Danach hat die Klägerin mit Wirkung vom 28.03.2001 zum ersten Mal Anlass für eine Sperrzeit von zwölf Wochen gegeben, als sie die Teilnahme an der angebotenen Bildungsmaßnahme ablehnte. Das ergibt sich aus dem Bescheid vom 09.04.2001, der auch nach den Angaben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin bindend im Sinne des § 77 SGG geworden ist. Eine weitere Sperrzeit von zwölf Wochen hat die Klägerin mit Wirkung vom 28.04.2001 veranlasst, da sie die Arbeit bei D. nicht angenommen hat. Die Voraussetzungen des § 144 Abs.1 Nr.2 SGB III für den Eintritt der Sperrzeit sind erfüllt. Die Beklagte hat zunächst der Klägerin die Beschäftigung unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit (Bürofachkraft) mit schriftlichem Vermittlungsvorschlag vom 25.04.2001 angeboten. Anhaltspunkte für eine Unzumutbarkeit der Arbeit und einen Verstoß gegen die von der Beklagten einzuhaltenden Vermittlungsgrundsätze liegen nicht vor. Es handelte sich um eine Tätigkeit in dem dem Wohnort der Klägerin nahegelegenen D. , die nach ihrer Art (Personalsachbearbeitung, Korrespondenz) und ihrer Bezahlung (mindestens 4.000,00 DM monatlich) der bisherigen weitgehend angenähert war. Der Klägerin ist ferner im Hinblick auf die vorangegangene Sperrzeit eine konkrete und zutreffende Rechtsfolgenbelehrung gemäß dem Text R 2 erteilt worden.
Sie hat das Stellenangebot mit Schreiben vom 27.04.2001 nicht angenommen. Das ergibt sich eindeutig aus dem Inhalt dieses Schreibens, in dem die Klägerin jede Bewerbung ablehnt und die Vermittlungsvorschläge zurücksendet. Am 27.04.2001 stand damit die Nichtannahme der Arbeit im Sinne des § 144 Abs.1 Nr.2 SGB III objektiv fest. Dass sich die Klägerin zur Entgegennahme von für sie unverbindlichen Informationen über offene Stellen bereit erklärt hat, ändert daran nichts. Ebenfalls ändert daran nichts die zeitliche Beschränkung ihrer Haltung auf die Dauer der bis 19.06.2001 eingetretenen Sperrzeit. Denn die Klägerin war verpflichtet, unverzüglich mit dem Arbeitgeber Kontakt aufzunehmen. Jedenfalls gab es für eine Verzögerung der Kontaktaufnahme von mehr als sieben Wochen bis zum Ende der Sperrzeit keinerlei sachliche Gründe. Tatsächlich hat sich die Klägerin nach ihren eigenen Angaben und nach denen der Arbeitgeberin auch nicht danach an die Arbeitgeberin gewandt.
Wie die Klägerin im Berufungsverfahren im Ergebnis selbst einräumt, liegen wichtige Gründe für ihr Verhalten nicht vor. Der Eintritt einer Sperrzeit hängt nicht davon ab, dass aktuell Alg gezahlt wird. Sperrzeiten laufen unabhängig von Leistungsansprüchen ab (BSG SozR 4100 § 119 AFG Nr.20 S.100). Die Klägerin war auch während des ruhenden Zahlungsanspruches arbeitslos und arbeitslos gemeldet; sie hatte die Verpflichtung gemäß § 2 Abs. 3 Nr.3 SGB III, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen.
Da mit der Ablehnungserklärung vom 27.04.2001 die Sperrzeit begründet wurde, begann diese gemäß § 144 Abs.2 SGB III mit dem 28.04.2001. Die Klägerin hat damit nach Entstehung des Anspruchs Anlass für Sperrzeiten von insgesamt 24 Wochen gegeben.
Auch die weiteren Voraussetzungen für das Erlöschen des Alg-Anspruchs nach § 147 Abs.1 Nr.2 SGB III liegen vor. Die Klägerin war - wie schon dargestellt - mit dem Vermittlungsvorschlag, außerdem aber bereits in dem ersten Sperrzeitbescheid vom 09.04.2001, auf die Rechtsfolgen des Eintritts von Sperrzeiten mit insgesamt 24 Wochen Dauer hingewiesen worden. Sie hat über den Eintritt der ersten Sperrzeit und der zweiten Sperrzeit einen schriftlichen Bescheid erhalten. Die Rechtsfolge des Erlöschens nach § 147 Abs.1 Nr.2 SGB III tritt ein mit dem Ereignis, das die weitere Sperrzeit begründet, wenn mit letzterer insgesamt 24 Wochen Sperrzeit erreicht sind. Denn bereits dann hat die Arbeitslose "Anlass" im Sinne des § 147 Abs.1 Nr.2 SGB III für die weitere Sperrzeit gegeben; diese muss nicht bereits abgelaufen sein. Der Anspruch der Klägerin auf Alg ist damit mit Wirkung vom 28.04.2001 erloschen.
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin steht dem Erlöschen des Anspruchs nicht entgegen, dass die Beklagte inzwischen bestandskräftig mit dem Bescheid vom 08.05.2001 und dem Änderungsbescheid vom 06.08.2001 die Bewilligung des Alg für die Zeit vom 07.05. bis 10.06.2001 wegen Wegfalls der Verfügbarkeit aufgehoben hat. Der von der Klägerin herangezogene Grundsatz des Art.103 Abs.3 GG, das Verbot mehrfacher Bestrafung, trifft schon deswegen nicht zu, weil es sich nur auf Strafen aufgrund der "allgemeinen Strafgesetze" bezieht, also auf das Kern- und Nebenstrafrecht, keinesfalls aber auf andere Sanktionen, etwa auf Maßnahmen der Verwaltung (vgl. Pieroth, GG, 5. Aufl. 2000, Art.103 GG Rdnr.59 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts). Demgegenüber handelt es sich bei den Sperrzeiten des Arbeitsförderungsrechts lediglich um Schutzmaßnahmen für die Arbeitslosenversicherung in Fällen, in denen die Versicherten den Eintritt des Leistungsfalls selbst zu vertreten haben (vgl. dazu BSG SozR 3-4100 § 119 Nr.17 S.81; weitere Nachweise bei Winkler in Gagel, SGB III, Stand 01.07.2003, § 144 Rdnr.26-28).
Beim Erlöschen des Anspruchs nach § 147 SGB III und beim Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen, z.B. gemäß § 119 Abs.4 (Arbeitsbereitschaft als Element der Beschäftigungssuche), liegen außerdem verschiedene Sachverhalte und Rechtsfolgen vor. Auch aus dem Rechtsstaatsprinzip (vgl. in diesem Zusammenhang Pieroth a.a.0. mit weiteren Nachweisen) lassen sich daher für die Klägerin keine günstigen Folgen ableiten. Während der Anspruch auf Alg im Fall der Klägerin wegen der Nichtannahme einer konkreten Beschäftigung und dem Eintritt von 24 Wochen Sperrzeiten mit dem 28.04.2001 erloschen ist, beruhte die Aufhebung der Alg-Bewilligung für die Zeit vom 07.05. bis 10.06. 2001 auf den als generell gewerteten mündlichen Erklärungen vom 07.05.2001 (zur Unterscheidung zwischen der Ablehnung konkreter Maßnahmen und dem allgemeinen Entfallen der subjektiven Verfügbarkeit vgl. insbesondere BSG SozR 3-4100 § 103 AFG Nr.13 S.57, 58; Steinmeyer in Gagel a.a.O. § 119 SGB III Rdnr.199 ff.). Das Erlöschen nach § 147 Abs.1 Nr.2 SGB III und Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen haben auch unterschiedliche Rechtsfolgen. Während das Erlöschen den Anspruch endgültig beseitigt und damit auch das Stammrecht, kann nach dem bloßen Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen der Anspruch gegebenenfalls wieder entstehen. Die Unterschiede beider Rechtsfolgen sind auch vom Gesetzgeber gewollt, wenn auch beide möglicherweise alternativ ausreichen, um eine Aufhebung nach § 48 SGB X zu rechtfertigen (BSG SozR 4100 § 119 Nr.12 insbesondere S. 54 ff.).
Die beschriebenen Unterschiede in Sachverhalt und Rechtsfolgen schließen es deshalb nicht von vornherein aus, dass Erlöschens-tatbestände und Wegfall von Anspruchsvoraussetzungen in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang miteinander stehen. Jedenfalls aber besteht entgegen dem Vortrag der Klägerin nach dem Arbeitsförderungsrecht keine Möglichkeit, den früheren Eintritt eines Erlöschenstatbestandes (hier zum 28.04.2001) durch das spätere Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen (hier ab dem 08.05.2001) zu verhindern oder wirkungslos zu machen. Dagegen spricht, dass das Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen der zielgerichteten Beeinflussung durch Versicherte zugänglich wäre (zu Gegenmaßnahmen des Gesetzgebers vgl. § 128 Abs.1 Nr.7 SGB III: Anspruchsminderung bei fehlender Arbeitsbereitschaft ohne wichtigen Grund). Ferner ist zu beachten: Sind bei dem Eintritt eines Erlöschenstatbestandes und dem späteren Entfallen von Anspruchsvoraussetzungen beide Tatbestände gleichzeitig zu beurteilen, so ist allerdings der spätere Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen gegenstandslos. Wurde aber über den Wegfall der Anspruchsvoraussetzungen vorab und bestandskräftig entschieden wie in der vorliegenden Streitsache, so kann dies auf die Entscheidung über den früher eingetretenen Erlöschenstatbestand keine Auswirkung haben.
Im Hinblick auf die Rechtsfolgenbelehrung durch die Beklagte liegen die subjektiven Voraussetzungen der Leistungsaufhebung nach § 48 Abs.1 Satz 2 Nr.4 SGB X vor. Die Klägerin musste im Sinne dieser Vorschrift wissen, dass ihr Alg-Anspruch bei Nichtannahme der Beschäftigung erlöschen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved