Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 18 AS 400/15 P
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 160/17 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 13. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer (im Weiteren: Kläger) wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG).
Der 1960 geborene Kläger bezieht vom Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nach der Trennung von der Ehefrau bezog der Kläger im September 2007 eine 24 m² große Einraumwohnung in der K. Str. in W., für die er zuletzt eine Gesamtmiete von monatlich 281 EUR (einschließlich Stellplatz) zu zahlen hatte.
Am 20. November 2014 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Zusicherung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft und erklärte, er beabsichtige, zum 1. April 2014 (gemeint: 2015) eine neue Wohnung zu beziehen. Der Umzug sei aus seiner Sicht erforderlich wegen "unerträglicher Krach durch Obermieter". Dem Antrag beigefügt war eine handschriftliche und als "Beschwerde" bezeichnete Aufstellung, in der für den Zeitraum vom 20. Oktober bis zum 19. November 2014 unter Angabe der Daten und Uhrzeiten Belästigungen durch "lautstarke Musik (Besuch)" des Obermieters dokumentiert waren, Der Kläger legte drei Wohnungsangebote vor: Für eine 50 m² große Wohnung im E., fiel eine monatliche Gesamtmiete von 370 EUR an, eine Wohnung im E. mit einer Wohnfläche von 49,5 m², kostete monatlich insgesamt 407,60 EUR und für eine 56,41 m² große Wohnung in der K. Str. war eine Gesamtmiete von 430,26 EUR zu zahlen. Am 18. Dezember 2014 ging beim Beklagten eine Fortschreibung der "Beschwerde" unter Angabe der Gründe "laute Musik; ständiger Besuch" für die Zeit bis zum 17. Dezember 2014 ein. Daraus sind drei schriftliche Beschwerden des Klägers am 20. Oktober 2014, 9. November 2014 und 10. November 2014 jeweils schriftlich beschwert habe. Ein für den 19. November 2014 vereinbarter Termin sei nicht wahrgenommen worden.
Mit Bescheiden vom 18. Dezember 2014 lehnte der Beklagte die Anträge auf Zusicherung ab und führte er aus, der Umzug sei nicht erforderlich. Soweit sich der Kläger durch Lärm des Obermieters gestört fühle, müsse er sich an den Vermieter wenden, der dafür zuständig sei, ein störungsfreies Wohnen aller Mieter zu gewährleisen. Ein Nichtleistungsempfänger in der Situation des Klägers würde keinen Grund für einen Umzug sehen.
Dagegen legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 16. Januar 2015 Widerspruch ein. Es werde um eine Einzelfallentscheidung und Überprüfung gebeten. Da der Kläger eine nur 24 m² große Einzimmerwohnung bewohne, sei der Umzug aus gesundheitlichen Gründen notwendig. Derzeit bestehe keine Möglichkeit, eine Schlafstätte zu schaffen, die dem Alter und der Gesundheit zuträglich sei. Im Übrigen stehe ihm eine Wohnungsgröße von 50 m² zu. Damit liege ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für einen Umzug vor. Das Wohnen in einer Einraumwohnung mit Küchenzeile, d.h. ohne gesonderte Küche und Schlaf- und Wohnzimmer, sei ihm nicht zumutbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2015 wies der Beklagte die Widersprüche zurück. Lediglich die Wohnung im E. entspreche mit einer Gesamtmiete von 370 EUR den Angemessenheitskriterien. Die vom Kläger geltend gemachte Lärmbelästigung mache keinen Umzug erforderlich. Da es dem Vermieter obliege, die Einhaltung von Ruhezeiten durchzusetzen, bestünden Handlungsalternativen für den Kläger. SGB II-Leistungen stellten lediglich das Existenzminimum sicher. Es könne nicht festgestellt werden, dass die derzeitigen Wohnungsverhältnisse unzureichend oder unzumutbar seien.
Telefonisch machte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 25. Februar 2015 gegenüber dem Beklagten geltend, es gebe noch weitere Gründe für den Umzug. Weil der Kläger auf einer Schlafcouch übernachte, seien Rückenschmerzen aufgetreten. Aufgrund der schlechten Wohnlage im "Assiviertel" könne er in der Wohnung keinen Besuch empfangen. Dies mache einen schlechten Eindruck. Der Vermieter habe den Störer bereits abgemahnt.
Am 27. Februar 2015 hat der Kläger beim SG Klage erhoben und die Bewilligung von PKH für das Klageverfahren beantragt. Mit Schreiben vom 29. Juli 2015 hat das SG an die Vorlage der Klagebegründung erinnert und darum gebeten, die Schreiben des Klägers an den Vermieter wegen der Lärmbelästigung und die dazu gehörigen Antworten vorzulegen. Mit Schreiben vom 14. Januar 2016 hat das SG die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Eine weitere Sachaufklärung sei nicht geboten.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2016 hat der Kläger zur Begründung der Klage vorgetragen, seine derzeitige Wohnsituation erlaube keine Trennung von Wohn- und Schlafraum. Er wolle eine seinem Alter entsprechende und seine gesundheitlichen Beschwerden berücksichtigende Schlafstätte einzurichten. Er strebe damit eine menschenwürdige Lebensführung an, wie sie auch SGB II-Leistungsberechtigten zu ermöglichen sei. Aus Gleichbehandlungsgründen sei dem Wohnungswechsel zuzustimmen. Im Juni 2016 hat der Kläger drei weitere Wohnungsangebote vorgelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine unzumutbare Lärmbelästigung durch einen Nachbarn könne ein ausreichender Grund für einen Umzug darstellen. Allerdings treffe es auch zu, dass vorrangig der Vermieter verpflichtet sei, für ein störungsfreies Wohnen aller Mieter zu sorgen. Da der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung keine Belege zur Lärmbelästigung und deren Geltendmachung beim Vermieter beigebracht habe, sei der Grund für die Erforderlichkeit des Umzugs nicht dargelegt. Mit Beschluss vom selben Tag hat das SG den PKH-Antrag abgelehnt und zur Begründung auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. Februar 2017 Berufung eingelegt, die unter dem Aktenzeichen L 4 AS 159/17 anhängig ist. Gegen den ebenfalls am 20. Januar 2017 zugestellten PKH-Beschluss hat er am 17. Februar 2017 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das SG habe in seiner Entscheidung lediglich auf die Lärmbelästigung abgestellt, die jedoch im gesamten Klageverfahrens nicht mehr relevant gewesen sei. Der Kläger stelle zur Begründung seiner Klage auf die Unzumutbarkeit der derzeitigen Wohnverhältnisse ab. Er habe die Unzumutbarkeit der Schlafsituation mit Auswirkungen auf die Gesundheit unter Berücksichtigung seines Alters habe er vorgetragen. Ebenso habe er vorgetragen, dass seine sozialen und familiären Kontakte durch die Wohnsituation beeinträchtigt seien. Wegen der geringen Wohnungsgröße seien Besuche der Familie seines Sohnes mit Enkelkind nicht möglich. Er sei dadurch mehrfach im Grundbedürfnis Wohnen eingeschränkt. Er strebe eine menschenwürdige Lebensführung an, denn es sei für eine Einzelperson eine Wohnfläche von 50 m² vorgesehen. Der Beklagte habe weder die begehrte Einzelfallprüfung noch eine Wohnungsbesichtigung vorgenommen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 16. Januar 2017 aufzuheben und ihm für das erstinstanzliche Klageverfahren nachträglich Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt G. zu bewilligen.
Der Beklagte hat sich im PKH-Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen. Die Unterlagen sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.
II.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht gem. § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben. Sie ist auch statthaft gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Der Beschwerdewert überschreitet den Grenzbetrag von 750 EUR. Die umstrittene Zusicherung nach § 22 SGB II unterfällt ihrem Regelungsgehalt nach dem Wortlaut des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Denn dieser lässt genügen, dass der umstrittene Verwaltungsakt zu einer Geldleistung oder einem geldwerten Vorteil führt, denn er braucht nur darauf "gerichtet" zu sein. Damit sind nicht nur Bescheide erfasst, die Geldleistungen bewilligen oder festsetzen (bzw. aufheben), sondern auch solche, die eine Grundlage für die Entstehung eines Anspruchs auf eine Geldleistung darstellen. Maßgeblich ist die wirtschaftliche Bedeutung für den Antragsteller, die sich anhand der leistungsrechtlichen Folge der begehrten Grundentscheidung (Zusicherung) bemessen lässt (vgl. BSG, Urteil v. 19. November 1996, Az.: 1 RK 18/95, juris RN 18). Aus der begehrten Zusicherung resultiert eine verbindliche Regelung für die künftigen KdU-Aufwendungen bei der Berechnung des Leistungsanspruchs. Die Zusicherung ist mit der späteren Leistungsbewilligung wirtschaftlich so eng verbunden, dass die Subsumtion unter § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG geboten ist.
Wirtschaftlich steht hinter dem Zusicherungsbegehren das Interesse, künftig – nach dem Umzug in die andere Wohnung – kostendeckende KdU-Leistungen zu erhalten. Es sind daher zur Berechnung des Beschwerdewerts die Mieten für die derzeit bewohnte Unterkunft und für das Zusicherungsobjekt (Mietangebot) zu vergleichen (vgl. zum Vorstehenden: 5. Senat des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Juni 2012, AZ. L 5 AS 189/12 B ER, juris).
Im zeitlichen Umfang ist das Interesse der Zusicherung – wie auch in anderen Fallgestaltungen der Leistungsgewährung nach dem SGB II – begrenzt auf die Dauer eines Bewilligungsabschnitts (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O., RN 23). Im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung des SG in der Sache und über den PKH-Antrag dauerte dieser gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der seit dem 1. August 2016 geltenden Fassung regelmäßig ein Jahr.
Zuletzt hatte der Kläger eine Gesamtmiete von 281 EUR zu zahlen. Das Angebot für die Wohnung im E. belief sich auf eine Gesamtmiete von 370 EUR. Die monatliche Differenz von 91 EUR übersteigt bezogen auf einen zwölfmonatigen Bewilligungszeitraum die Wertgrenze von 750 EUR.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ff Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in er Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist. PKH kommt dagegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1998, Az.: B 13 RJ 83/97 R, juris).
Nach diesen Maßstäben hat die Rechtsverfolgung im – inzwischen abgeschlossenen – erstinstanzlichen Klageverfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten. Der Senat, der das Vorbringen des Klägers geprüft hat, folgt der Auffassung des SG im angegriffenen Gerichtsbescheid und sieht – was die im Verwaltungsverfahren geltend gemachte Lärmbelästigung anbelangt – von einer weiteren Begründung ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Zum Vorbringen im Klageverfahren sowie zur Begründung der PKH-Beschwerde ist Folgendes auszuführen: Gemäß. § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II ist der Leistungsträger zur Erteilung einer Zusicherung verpflichtet, wenn der vom Leistungsberechtigten beabsichtigte Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Erhöhen sich hingegen nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Danach sollen die Leistungen für eine neue Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug auf die bisherigen angemessenen Kosten begrenzt sein. Mit dieser Regelung soll Kostensteigerungen im Bereich der KdU entgegengewirkt und verhindert werden, dass Leistungsberechtigte nur zum Zweck der Ausschöpfung der durch die kommunalen Träger ermittelten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit zwar höheren, aber gerade noch angemessenen Kosten ziehen (vgl. Luik in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2014, § 22 RN 106; BSG, Urteil vom 1. Juni 2010, Az.: B 4 AS 60/09, juris RN 21). Es handelt sich um eine individuelle Angemessenheitsgrenze: Lebt der Leistungsberechtigte innerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums in einer kostenangemessenen Wohnung, die seine existenziellen Wohnbedürfnisse ausreichend erfüllt, ist die Übernahme weiterer Kosten für die Unterkunft nicht geboten. Sein KdU-Anspruch bleibt auf die Kosten dieser Wohnung beschränkt, so lange nicht Veränderungen in seinen persönlichen Umständen eintreten, die aus objektiv nachvollziehbaren vernünftigen Gründen eine Neubestimmung der für ihn angemessenen Wohnkosten gerechtfertigt erscheinen lassen.
Der Erforderlichkeitsbegriff des § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II ist identisch mit dem des Abs. 1 Satz 2 und daher nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Erforderlich ist ein Umzug, wenn es um die Herstellung von Wohnverhältnissen geht, die eine Ausübung des Grundrechts aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz überhaupt erst ermöglichen, also zur Beseitigung unzumutbarer Wohnverhältnisse (vgl. 5. Senat des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. März 2011, Az.: L 5 AS 359/10 B ER, juris). Bei Mängeln der Mietsache sind vorrangig Ansprüche gegen den Vermieter geltend zu machen und die Mängel zu beseitigen (vgl. Luik, a. a. O. RN 164). Auch gesundheitliche Gründe können einen Umzug erforderlich machen; etwa wenn ein Leistungsberechtigter unter einer Erkrankung leidet, die nur durch einen Wohnungswechsel positiv beeinflusst werden kann, oder wenn Art und Schwere einer Behinderung einen Wohnungswechsel erfordern. Weiter kommen soziale Gründe wie z.B. Umzug zur Herstellung der ehelichen Gemeinschaft oder zur Ausübung des Umgangsrechts mit minderjährigen Kindern in Betracht.
Vorliegend sind im sozialgerichtlichen Klageverfahren vergleichbar gewichtige Gründe nicht substantiiert vorgetragen oder glaubhaft gemacht worden. Soweit pauschal vorgetragen worden ist, der Kläger leide aufgrund des Schlafens auf einer Schlafcouch an Rückenbeschwerden, ist dies nicht substantiiert oder durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung glaubhaft gemacht worden. Im Übrigen führt der Kläger seine Beschwerden auf den mangelnden Komfort der Schlafstätte zurück; insoweit mag ein Austausch der Schlafcouch gegen ein Bett die gesundheitlichen Beschwerden positiv beeinflussen. Ein Wohnungswechsel ist dafür nicht erforderlich.
Auch die geltend gemachten sozialen Gründe, Familienangehörige und Bekannte lehnten Besuche in der Wohnung des Klägers wegen der Wohnlage in einem "Assiviertel" ab, lassen einen Wohnungswechsel nicht als erforderlich im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II erscheinen. Dringliche soziale Gründe sind regelmäßig solche mit einem unmittelbaren Grundrechtsbezug aus Art. 6 Grundgesetz (Ehe und Familie). Das Aufrechterhalten familiärer Kontakt zu erwachsenen Kindern setzt weder eine besondere Wohnungsgröße noch eine besondere Wohnlage voraus. Sollten Verwandte und Bekannte einen Besuch des Klägers in seiner Wohnung aus diesen Gründen ablehnen, können Sozialkontakte auch an anderen Orten gepflegt werden. Ein Angewiesensein des Klägers auf Besuche in seiner Wohnung durch die genannten Personen ist nicht ersichtlich.
Soweit schließlich der Kläger das weitere Bewohnen einer 24 m² großen Wohnung für unzumutbar hält, vermag der Senat seine Auffassung nicht zu teilen. Wohnungsgrößen von 20 bis 30 m² für eine Einzelperson sind beengt, jedoch nicht unüblich oder per se unzumutbar. Schließlich hat der Kläger die derzeit bewohnte Wohnung aus eigenem Antrieb und Entschluss angemietet, ohne dass geltend gemacht worden wäre, dass der Bezug dieser Wohnung von vornherein nur eine vorübergehende Notlösung gewesen wäre. Im Übrigen bewohnt der Kläger seine Wohnung inzwischen seit fast 10 Jahren. Allein der verständliche Wunsch, in einer größeren Wohnung zu leben, ist kein Grund, der den beabsichtigten Wohnungswechsel erforderlich erscheinen lässt. Denn leistungsrechtlich soll gerade das Ausschöpfen der Angemessenheitsgrenzen – sowohl in Bezug auf die Wohnfläche als auch im Hinblick auf die verursachten Unterkunftskosten – verhindert werden.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nach § 202 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer (im Weiteren: Kläger) wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das erstinstanzliche Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG).
Der 1960 geborene Kläger bezieht vom Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Nach der Trennung von der Ehefrau bezog der Kläger im September 2007 eine 24 m² große Einraumwohnung in der K. Str. in W., für die er zuletzt eine Gesamtmiete von monatlich 281 EUR (einschließlich Stellplatz) zu zahlen hatte.
Am 20. November 2014 stellte der Kläger bei dem Beklagten einen Antrag auf Zusicherung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft und erklärte, er beabsichtige, zum 1. April 2014 (gemeint: 2015) eine neue Wohnung zu beziehen. Der Umzug sei aus seiner Sicht erforderlich wegen "unerträglicher Krach durch Obermieter". Dem Antrag beigefügt war eine handschriftliche und als "Beschwerde" bezeichnete Aufstellung, in der für den Zeitraum vom 20. Oktober bis zum 19. November 2014 unter Angabe der Daten und Uhrzeiten Belästigungen durch "lautstarke Musik (Besuch)" des Obermieters dokumentiert waren, Der Kläger legte drei Wohnungsangebote vor: Für eine 50 m² große Wohnung im E., fiel eine monatliche Gesamtmiete von 370 EUR an, eine Wohnung im E. mit einer Wohnfläche von 49,5 m², kostete monatlich insgesamt 407,60 EUR und für eine 56,41 m² große Wohnung in der K. Str. war eine Gesamtmiete von 430,26 EUR zu zahlen. Am 18. Dezember 2014 ging beim Beklagten eine Fortschreibung der "Beschwerde" unter Angabe der Gründe "laute Musik; ständiger Besuch" für die Zeit bis zum 17. Dezember 2014 ein. Daraus sind drei schriftliche Beschwerden des Klägers am 20. Oktober 2014, 9. November 2014 und 10. November 2014 jeweils schriftlich beschwert habe. Ein für den 19. November 2014 vereinbarter Termin sei nicht wahrgenommen worden.
Mit Bescheiden vom 18. Dezember 2014 lehnte der Beklagte die Anträge auf Zusicherung ab und führte er aus, der Umzug sei nicht erforderlich. Soweit sich der Kläger durch Lärm des Obermieters gestört fühle, müsse er sich an den Vermieter wenden, der dafür zuständig sei, ein störungsfreies Wohnen aller Mieter zu gewährleisen. Ein Nichtleistungsempfänger in der Situation des Klägers würde keinen Grund für einen Umzug sehen.
Dagegen legte der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 16. Januar 2015 Widerspruch ein. Es werde um eine Einzelfallentscheidung und Überprüfung gebeten. Da der Kläger eine nur 24 m² große Einzimmerwohnung bewohne, sei der Umzug aus gesundheitlichen Gründen notwendig. Derzeit bestehe keine Möglichkeit, eine Schlafstätte zu schaffen, die dem Alter und der Gesundheit zuträglich sei. Im Übrigen stehe ihm eine Wohnungsgröße von 50 m² zu. Damit liege ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für einen Umzug vor. Das Wohnen in einer Einraumwohnung mit Küchenzeile, d.h. ohne gesonderte Küche und Schlaf- und Wohnzimmer, sei ihm nicht zumutbar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2015 wies der Beklagte die Widersprüche zurück. Lediglich die Wohnung im E. entspreche mit einer Gesamtmiete von 370 EUR den Angemessenheitskriterien. Die vom Kläger geltend gemachte Lärmbelästigung mache keinen Umzug erforderlich. Da es dem Vermieter obliege, die Einhaltung von Ruhezeiten durchzusetzen, bestünden Handlungsalternativen für den Kläger. SGB II-Leistungen stellten lediglich das Existenzminimum sicher. Es könne nicht festgestellt werden, dass die derzeitigen Wohnungsverhältnisse unzureichend oder unzumutbar seien.
Telefonisch machte der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 25. Februar 2015 gegenüber dem Beklagten geltend, es gebe noch weitere Gründe für den Umzug. Weil der Kläger auf einer Schlafcouch übernachte, seien Rückenschmerzen aufgetreten. Aufgrund der schlechten Wohnlage im "Assiviertel" könne er in der Wohnung keinen Besuch empfangen. Dies mache einen schlechten Eindruck. Der Vermieter habe den Störer bereits abgemahnt.
Am 27. Februar 2015 hat der Kläger beim SG Klage erhoben und die Bewilligung von PKH für das Klageverfahren beantragt. Mit Schreiben vom 29. Juli 2015 hat das SG an die Vorlage der Klagebegründung erinnert und darum gebeten, die Schreiben des Klägers an den Vermieter wegen der Lärmbelästigung und die dazu gehörigen Antworten vorzulegen. Mit Schreiben vom 14. Januar 2016 hat das SG die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Eine weitere Sachaufklärung sei nicht geboten.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2016 hat der Kläger zur Begründung der Klage vorgetragen, seine derzeitige Wohnsituation erlaube keine Trennung von Wohn- und Schlafraum. Er wolle eine seinem Alter entsprechende und seine gesundheitlichen Beschwerden berücksichtigende Schlafstätte einzurichten. Er strebe damit eine menschenwürdige Lebensführung an, wie sie auch SGB II-Leistungsberechtigten zu ermöglichen sei. Aus Gleichbehandlungsgründen sei dem Wohnungswechsel zuzustimmen. Im Juni 2016 hat der Kläger drei weitere Wohnungsangebote vorgelegt.
Mit Gerichtsbescheid vom 13. Januar 2017 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine unzumutbare Lärmbelästigung durch einen Nachbarn könne ein ausreichender Grund für einen Umzug darstellen. Allerdings treffe es auch zu, dass vorrangig der Vermieter verpflichtet sei, für ein störungsfreies Wohnen aller Mieter zu sorgen. Da der Kläger trotz mehrfacher Aufforderung keine Belege zur Lärmbelästigung und deren Geltendmachung beim Vermieter beigebracht habe, sei der Grund für die Erforderlichkeit des Umzugs nicht dargelegt. Mit Beschluss vom selben Tag hat das SG den PKH-Antrag abgelehnt und zur Begründung auf die Ausführungen im Gerichtsbescheid verwiesen.
Gegen Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. Februar 2017 Berufung eingelegt, die unter dem Aktenzeichen L 4 AS 159/17 anhängig ist. Gegen den ebenfalls am 20. Januar 2017 zugestellten PKH-Beschluss hat er am 17. Februar 2017 Beschwerde eingelegt und zur Begründung ausgeführt, das SG habe in seiner Entscheidung lediglich auf die Lärmbelästigung abgestellt, die jedoch im gesamten Klageverfahrens nicht mehr relevant gewesen sei. Der Kläger stelle zur Begründung seiner Klage auf die Unzumutbarkeit der derzeitigen Wohnverhältnisse ab. Er habe die Unzumutbarkeit der Schlafsituation mit Auswirkungen auf die Gesundheit unter Berücksichtigung seines Alters habe er vorgetragen. Ebenso habe er vorgetragen, dass seine sozialen und familiären Kontakte durch die Wohnsituation beeinträchtigt seien. Wegen der geringen Wohnungsgröße seien Besuche der Familie seines Sohnes mit Enkelkind nicht möglich. Er sei dadurch mehrfach im Grundbedürfnis Wohnen eingeschränkt. Er strebe eine menschenwürdige Lebensführung an, denn es sei für eine Einzelperson eine Wohnfläche von 50 m² vorgesehen. Der Beklagte habe weder die begehrte Einzelfallprüfung noch eine Wohnungsbesichtigung vorgenommen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 16. Januar 2017 aufzuheben und ihm für das erstinstanzliche Klageverfahren nachträglich Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt G. zu bewilligen.
Der Beklagte hat sich im PKH-Beschwerdeverfahren nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen. Die Unterlagen sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen.
II.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht gem. § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben. Sie ist auch statthaft gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 in Verbindung mit § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Der Beschwerdewert überschreitet den Grenzbetrag von 750 EUR. Die umstrittene Zusicherung nach § 22 SGB II unterfällt ihrem Regelungsgehalt nach dem Wortlaut des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Denn dieser lässt genügen, dass der umstrittene Verwaltungsakt zu einer Geldleistung oder einem geldwerten Vorteil führt, denn er braucht nur darauf "gerichtet" zu sein. Damit sind nicht nur Bescheide erfasst, die Geldleistungen bewilligen oder festsetzen (bzw. aufheben), sondern auch solche, die eine Grundlage für die Entstehung eines Anspruchs auf eine Geldleistung darstellen. Maßgeblich ist die wirtschaftliche Bedeutung für den Antragsteller, die sich anhand der leistungsrechtlichen Folge der begehrten Grundentscheidung (Zusicherung) bemessen lässt (vgl. BSG, Urteil v. 19. November 1996, Az.: 1 RK 18/95, juris RN 18). Aus der begehrten Zusicherung resultiert eine verbindliche Regelung für die künftigen KdU-Aufwendungen bei der Berechnung des Leistungsanspruchs. Die Zusicherung ist mit der späteren Leistungsbewilligung wirtschaftlich so eng verbunden, dass die Subsumtion unter § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG geboten ist.
Wirtschaftlich steht hinter dem Zusicherungsbegehren das Interesse, künftig – nach dem Umzug in die andere Wohnung – kostendeckende KdU-Leistungen zu erhalten. Es sind daher zur Berechnung des Beschwerdewerts die Mieten für die derzeit bewohnte Unterkunft und für das Zusicherungsobjekt (Mietangebot) zu vergleichen (vgl. zum Vorstehenden: 5. Senat des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Juni 2012, AZ. L 5 AS 189/12 B ER, juris).
Im zeitlichen Umfang ist das Interesse der Zusicherung – wie auch in anderen Fallgestaltungen der Leistungsgewährung nach dem SGB II – begrenzt auf die Dauer eines Bewilligungsabschnitts (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O., RN 23). Im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung des SG in der Sache und über den PKH-Antrag dauerte dieser gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der seit dem 1. August 2016 geltenden Fassung regelmäßig ein Jahr.
Zuletzt hatte der Kläger eine Gesamtmiete von 281 EUR zu zahlen. Das Angebot für die Wohnung im E. belief sich auf eine Gesamtmiete von 370 EUR. Die monatliche Differenz von 91 EUR übersteigt bezogen auf einen zwölfmonatigen Bewilligungszeitraum die Wertgrenze von 750 EUR.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ff Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in er Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist. PKH kommt dagegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 1998, Az.: B 13 RJ 83/97 R, juris).
Nach diesen Maßstäben hat die Rechtsverfolgung im – inzwischen abgeschlossenen – erstinstanzlichen Klageverfahren keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten. Der Senat, der das Vorbringen des Klägers geprüft hat, folgt der Auffassung des SG im angegriffenen Gerichtsbescheid und sieht – was die im Verwaltungsverfahren geltend gemachte Lärmbelästigung anbelangt – von einer weiteren Begründung ab (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Zum Vorbringen im Klageverfahren sowie zur Begründung der PKH-Beschwerde ist Folgendes auszuführen: Gemäß. § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II ist der Leistungsträger zur Erteilung einer Zusicherung verpflichtet, wenn der vom Leistungsberechtigten beabsichtigte Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Erhöhen sich hingegen nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Danach sollen die Leistungen für eine neue Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug auf die bisherigen angemessenen Kosten begrenzt sein. Mit dieser Regelung soll Kostensteigerungen im Bereich der KdU entgegengewirkt und verhindert werden, dass Leistungsberechtigte nur zum Zweck der Ausschöpfung der durch die kommunalen Träger ermittelten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit zwar höheren, aber gerade noch angemessenen Kosten ziehen (vgl. Luik in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2014, § 22 RN 106; BSG, Urteil vom 1. Juni 2010, Az.: B 4 AS 60/09, juris RN 21). Es handelt sich um eine individuelle Angemessenheitsgrenze: Lebt der Leistungsberechtigte innerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums in einer kostenangemessenen Wohnung, die seine existenziellen Wohnbedürfnisse ausreichend erfüllt, ist die Übernahme weiterer Kosten für die Unterkunft nicht geboten. Sein KdU-Anspruch bleibt auf die Kosten dieser Wohnung beschränkt, so lange nicht Veränderungen in seinen persönlichen Umständen eintreten, die aus objektiv nachvollziehbaren vernünftigen Gründen eine Neubestimmung der für ihn angemessenen Wohnkosten gerechtfertigt erscheinen lassen.
Der Erforderlichkeitsbegriff des § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II ist identisch mit dem des Abs. 1 Satz 2 und daher nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Erforderlich ist ein Umzug, wenn es um die Herstellung von Wohnverhältnissen geht, die eine Ausübung des Grundrechts aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz überhaupt erst ermöglichen, also zur Beseitigung unzumutbarer Wohnverhältnisse (vgl. 5. Senat des LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 31. März 2011, Az.: L 5 AS 359/10 B ER, juris). Bei Mängeln der Mietsache sind vorrangig Ansprüche gegen den Vermieter geltend zu machen und die Mängel zu beseitigen (vgl. Luik, a. a. O. RN 164). Auch gesundheitliche Gründe können einen Umzug erforderlich machen; etwa wenn ein Leistungsberechtigter unter einer Erkrankung leidet, die nur durch einen Wohnungswechsel positiv beeinflusst werden kann, oder wenn Art und Schwere einer Behinderung einen Wohnungswechsel erfordern. Weiter kommen soziale Gründe wie z.B. Umzug zur Herstellung der ehelichen Gemeinschaft oder zur Ausübung des Umgangsrechts mit minderjährigen Kindern in Betracht.
Vorliegend sind im sozialgerichtlichen Klageverfahren vergleichbar gewichtige Gründe nicht substantiiert vorgetragen oder glaubhaft gemacht worden. Soweit pauschal vorgetragen worden ist, der Kläger leide aufgrund des Schlafens auf einer Schlafcouch an Rückenbeschwerden, ist dies nicht substantiiert oder durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung glaubhaft gemacht worden. Im Übrigen führt der Kläger seine Beschwerden auf den mangelnden Komfort der Schlafstätte zurück; insoweit mag ein Austausch der Schlafcouch gegen ein Bett die gesundheitlichen Beschwerden positiv beeinflussen. Ein Wohnungswechsel ist dafür nicht erforderlich.
Auch die geltend gemachten sozialen Gründe, Familienangehörige und Bekannte lehnten Besuche in der Wohnung des Klägers wegen der Wohnlage in einem "Assiviertel" ab, lassen einen Wohnungswechsel nicht als erforderlich im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II erscheinen. Dringliche soziale Gründe sind regelmäßig solche mit einem unmittelbaren Grundrechtsbezug aus Art. 6 Grundgesetz (Ehe und Familie). Das Aufrechterhalten familiärer Kontakt zu erwachsenen Kindern setzt weder eine besondere Wohnungsgröße noch eine besondere Wohnlage voraus. Sollten Verwandte und Bekannte einen Besuch des Klägers in seiner Wohnung aus diesen Gründen ablehnen, können Sozialkontakte auch an anderen Orten gepflegt werden. Ein Angewiesensein des Klägers auf Besuche in seiner Wohnung durch die genannten Personen ist nicht ersichtlich.
Soweit schließlich der Kläger das weitere Bewohnen einer 24 m² großen Wohnung für unzumutbar hält, vermag der Senat seine Auffassung nicht zu teilen. Wohnungsgrößen von 20 bis 30 m² für eine Einzelperson sind beengt, jedoch nicht unüblich oder per se unzumutbar. Schließlich hat der Kläger die derzeit bewohnte Wohnung aus eigenem Antrieb und Entschluss angemietet, ohne dass geltend gemacht worden wäre, dass der Bezug dieser Wohnung von vornherein nur eine vorübergehende Notlösung gewesen wäre. Im Übrigen bewohnt der Kläger seine Wohnung inzwischen seit fast 10 Jahren. Allein der verständliche Wunsch, in einer größeren Wohnung zu leben, ist kein Grund, der den beabsichtigten Wohnungswechsel erforderlich erscheinen lässt. Denn leistungsrechtlich soll gerade das Ausschöpfen der Angemessenheitsgrenzen – sowohl in Bezug auf die Wohnfläche als auch im Hinblick auf die verursachten Unterkunftskosten – verhindert werden.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nach § 202 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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