L 13 R 3895/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 380/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 3895/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. August 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung im Streit.

Die 1972 geborene Klägerin war bis September 2012 versicherungspflichtig als Kassiererin beschäftigt. Ab dem 16. September 2012 war sie arbeitsunfähig und bezog Krankengeld. Anschließend war sie arbeitslos. Insgesamt wurden bis 24. August 2014 Pflichtbeiträge erbracht. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Versicherungsverlauf der Beklagten verwiesen.

Vom 24. April 2013 bis 16. Mai 2013 absolvierte die Klägerin zu Lasten der Beklagten eine ganztägig ambulante Rehabilitationsmaßnahme im ambulanten Reha-Zentrum B ... Die Rehaklinik diagnostizierte in ihrem Entlassbericht vom 17. Mai 2013 einen Z. n. Foraminotomie und osteoligamentärer Entlastung L5/S1 rechts bei Foramenstenose am 11.01.13, ein Leberadenom sowie einen BSV L5/S1 mit Radikulopathie rechts. Das Leistungsvermögen der Klägerin sei sowohl hinsichtlich einer Tätigkeit als Einzelhandelskauffrau als auch hinsichtlich leichter bis mittelschwerer Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf drei bis unter sechs Stunden eingeschränkt. Die Klägerin könne keine schweren Lasten über 10 kg heben und tragen, keine Zwangshaltung in gebückter Stellung einnehmen und den Körper nicht unter Lasten drehen.

Am 9. August 2013 stellte die Klägerin einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten.

Die Beklagte ließ die Klägerin daraufhin von der Fachärztin für Allgemeinmedizin W. medizinisch begutachten. Diese diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 10. Oktober 2013 einen Bandscheibenvorfall L5/S1, Z. n. Foraminotomie 01/2013, aktuell Rezidiv mit Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich und Ausstrahlung in das rechte Bein sowie eine Schwanenhalsdeformität mit unklarem Schmerzsyndrom in Hand und Unterarm rechts. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in wechselnder Körperhaltung ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie ohne schweres Heben, Tragen und Bewegen von Lasten seien 6 Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar.

Mit Bescheid vom 15. Januar 2014 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte sie aus, dass ausgehend von einem möglichen Eintritt der Erwerbsminderung am 9. August 2013 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien, da im maßgeblichen Fünfjahreszeitraum vom 9. August 2008 bis 8. August 2013 lediglich 31 und nicht die geforderten 36 Monate an Pflichtbeitragszeiten vorhanden seien. Außerdem sei die Klägerin nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen nicht erwerbsgemindert.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 24. Januar 2014 Widerspruch. Zur Begründung trug sie vor, dass sie durchgehend seit September 2012 Krankengeld beziehe, was in dem übersandten Versicherungsverlauf nicht berücksichtigt worden sei, so dass mindestens ab Oktober 2013 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gegeben seien. Überdies sei sie schwer krank. Seit ihrem ersten Bandscheibenvorfall im September 2012 sei sie krankgeschrieben. Im Frühjahr 2013 sei ein zweiter Bandscheibenvorfall eingetreten. Seither leide sie unter noch stärkeren, ständigen Schmerzen. Sie leide zusätzlich an einer Schwanenhalsdeformität an ihrer rechten Hand. Bei normaler Belastung ziehe sich ihre Hand wie eine Krallenhand zusammen, was massive Schmerzen hervorrufe.

Die Beklagte ließ die Klägerin sodann durch den Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. F. medizinisch begutachten. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 18. Juli 2014 folgende Diagnosen: deutliche Bewegungs- und Belastungseinschränkungen der Lendenwirbelsäule bei in 2010 operiertem Bandscheibenschaden im Segment L5/S1 mit rezidivierender Schmerzsymptomatik und gelegentlicher Neurologie, deutliche Bewegungs- und Belastungseinschränkungen der rechten Hand infolge des Verdachtes auf Ulnaris Neurokompressionssyndrom rechte Hand - Diagnostik noch nicht abgeschlossen -, somatoforme Schmerzstörung, Adipositas und Hepatitisverdacht, gegenwärtig ohne Auswirkungen auf das Leistungsvermögen. Dr. F. sah das Leistungsvermögen der Klägerin insoweit als gemindert an, dass sie nur leichte Wechseltätigkeiten ohne schweres Heben und Tragen, Arbeiten in gebückter und gehockter Stellung sowie in Körperzwangshaltungen als auch ausschließlich stehende und gehende und sitzende Tätigkeiten durchführen sollte. Bezüglich der rechten Hand beträfen die Einschränkungen grob- und feinmotorische Tätigkeiten, bei denen die Benutzung aller fünf Finger erforderlich sei. Bei Berücksichtigung dieser Einschränkungen sei sie für leichte Wechseltätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr leistungsfähig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. Oktober 2014 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Eine Erwerbsminderung liege nicht vor. Entgegen der Feststellung im Bescheid vom 15. Januar 2014 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung am 9. August 2013 jedoch erfüllt. Der Bescheid vom 15. Januar 2014 werde insoweit aufgehoben.

Am 7. November 2014 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sowohl die versicherungsrechtlichen als auch die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt seien. Sie hat im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Widerspruchsschreiben wiederholt und angefügt, dass sie im Jahr 2014 aufgrund ihrer Schmerzen einen Nervenzusammenbruch erlitten habe. Außerdem trete zunehmend auch eine Verformung der linken Hand ein. Aufgrund der starken Schmerzmittel könne sie oftmals das Bett nicht verlassen. Sie habe keinerlei Tagesstruktur mehr. Ihr Ehemann müsse nach der Arbeit den Haushalt versorgen. Ihre Hände würden in unregelmäßigen Abständen verkrampfen. Die Schmerzen würden bis in die Schultern hochziehen. Zwischenzeitlich seien auch rheumatische Beschwerden hinzugekommen.

Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung von sachverständigen Zeugenaussagen der die Klägerin behandelnden Neurologin Dr. O., den Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. St. sowie der Ärzte für Innere Medizin, Rheumatologie, Sportmedizin, Ernährungsmedizin und Chirotherapie Dres. St. und H ... Dr. O. hat in ihrer Zeugenauskunft vom 19. Januar 2015 mitgeteilt, dass am 24. Mai 2011 ein Sulcus-ulnaris-Syndrom diagnostiziert worden sei, weshalb die Klägerin zur Chirurgie überwiesen worden sei. Am 27. Mai 2014 sei die Klägerin erneut vorstellig geworden. Es sei eine Läsion des N. ulnaris rechts diagnostiziert worden. Am 4. Juni 2014 sei eine Depression diagnostiziert worden. Eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit aufgrund der Depression sei nicht zu erwarten.

Der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. St. hat in seiner Zeugenauskunft vom 25. April 2015 mitgeteilt, dass die im Gutachten des Dr. F. festgestellte Schädigung der Lendenwirbelsäule im Bereich des lumbosakralen Übergangs bei Status nach Nukleotomie L5/S1 rechts im Januar 2013 mit gesicherter deutlicher Bewegungs- und Belastbarkeitseinschränkung der Lendenwirbelsäule nachvollzogen und bestätigt werden könne. Das Handgelenkproblem sehe er als bislang ungeklärt an. Auch hat er das Vorliegen einer Lebererkrankung sowie einer somatoformen Schmerzstörung bestätigt. Die orthopädischen Leiden selbst führten nicht zu einer Verminderung des Leistungsvermögens auf unter drei Stunden pro Tag. Bezüglich der Lebererkrankung und der somatoformen Schmerzstörung könne er keine Aussagen treffen.

Dr. St. und Dr. H. haben in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vom 9. Mai 2015 mitgeteilt, die Klägerin leide an einem NPP (2012), einer Radikulopathie L5, Depression, Fibromyalgie (seit 2/15), einem Z. n. Erythema nodosum unklarer Genese seit 2/15, Adipositas sowie bekannten Leberadenomen. Die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten in wechselnden Positionen (überwiegend sitzend, zeitweise gehend und stehend) ohne Zwangshaltung oder häufiges Bücken 4 bis 6 Stunden ausüben. Vermieden werden sollte Nässe, Kälte, Zugluft, Vibration und Arbeiten, die ein hohes Maß an geistiger und psychischer Belastbarkeit erfordern oder mit erhöhter Unfallgefahr einhergingen.

Mit Gerichtsbescheid vom 10. August 2015 hat das SG die Klage abgewiesen, da eine Erwerbsminderung nicht vorliege. Die deutlichen Bewegungs- und Belastungseinschränkungen der Lendenwirbelsäule mit rezidivierender Schmerzsymptomatik und gelegentlicher Neurologie und die deutlichen Bewegungs- und Belastungseinschränkungen der rechten Hand führten nicht zu einer Limitierung des zeitlichen Leistungsvermögens auf unter sechs Stunden. Diese bedingten lediglich qualitative Leistungseinschränkungen. Dies ergebe sich aus dem vorgelegten Befundbericht des Facharztes für Neurochirurgie/Radiologische Diagnostik/Neuroradiologie-Schmerztherapie Dr. K. vom 15. Dezember 2014. Auch könne auf internistischem Fachgebiet keine Erkrankung festgestellt werden, die zu einem auf nicht absehbarer Zeit herabgesunkenem Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden führe. Das Erythema nodosum sei zwar schmerzhaft aber medikamentös behandelbar. Für das Vorliegen einer Sarkoidose, einer chronischen entzündlichen Darmerkrankung oder eines Morbus Behcet habe sich kein Anhalt ergeben. Die befragte Neurologin habe außerdem ausgeführt, dass eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit aufgrund der Depression nicht zu erwarten sei, da unter Therapie mit einer Besserung zu rechnen sei. Dies gelte insbesondere auch für die somatoforme Schmerzstörung bzw. die Fibromyalgie. Nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen lägen bei der Klägerin lediglich qualitative Leistungseinschränkungen vor, so dass diese nur noch leichte Tätigkeiten, insbesondere ohne schweres Heben und Tragen ohne Hilfsmittel, mit der Möglichkeit zum Haltungswechsel, ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne gebückte und hockende und kniende Arbeitshaltung und ohne Nachtschichten zumutbar seien. Auch könne sie keine Tätigkeiten verrichten, bei der die Benutzung aller fünf Finger der rechten Hand erforderlich sei. Ebenso sollten Kälte, Zugluft, Vibrationen sowie hohe geistige und psychische Belastungen vermieden werden. Eine Tätigkeit, bei der die genannten Einschränkungen beachtet würden, könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.

Am 14. September 2015 hat die Klägerin gegen diesen Gerichtsbescheid Berufung eingelegt. Sie hat unter anderem ausgeführt, dass der Sachverhalt vom SG nicht ausreichend ermittelt worden sei. Sie leide insbesondere auch an einer Lebererkrankung, deren Auswirkungen unklar seien. Darüber hinaus sei sie seit ihrem ersten Bandscheibenvorfall im September 2012 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Sie leide unter ständigen Schmerzen und sei auf die Einnahme von Schmerzmitteln angewiesen. Auch durch die sogenannte Schwanenhalsdeformität in der rechten Hand sei sie erheblich beeinträchtigt. Nach den Aussagen der sie behandelnden Ärzte für innere Medizin und Rheumatologie, Dr. St. und Dr. H., sei ihre Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt. Dr. H. gehe auch davon aus, dass hinter der Erkrankung Erythema nodosum eine andere Krankheit stecke. Sie habe bereits seit Beginn der Erkrankung Erythema nodosum seit März 2015 8 Anfälle erlitten. Zwischenzeitlich sei vom behandelnden Neurologen auch ein Restless-Legs-Syndrom diagnostiziert worden. Die diesbezüglich verschriebenen Medikamente habe sie jedoch nicht vertragen. Eine stationäre Krankenhausbehandlung in der Sana Klinik B. W. vom 3. November 2015 bis 18. November 2015 habe nicht die erhoffte Schmerzlinderung erbracht. Hingegen seien bei einer Magenspiegelung eine Ösophagitis Grad I sowie eine Gastritis mit Erosionen festgestellt worden.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. August 2015 sowie des Bescheides der Beklagten vom 15. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2014 zu verurteilen, ihr eine befristete Rente wegen voller hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren und schließt sich den Ausführungen des SG im Gerichtsbescheid vom 10. August 2015 an.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Internisten und Betriebsmediziner Dr. S ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 12. November 2015 das Vorliegen einer Hypertonie sowie von Eisenmangel mitgeteilt. Ein Hinweis auf eine Erkrankung aus dem entzündlichen rheumatischen Formenkreis hat Dr. S. nicht gefunden. Aufgrund der auf internistischem Fachgebiet vorliegenden Erkrankungen sei die Klägerin noch in der Lage, 6 Stunden arbeitstäglich leichte und auch mittelschwere körperliche Arbeiten zu verrichten. Diese Arbeiten könnten im Gehen, im Stehen oder im Sitzen, in geschlossenen Räumen, bei Anwendung entsprechender Kleidung auch im Freien durchgeführt werden. Auf internistischem und dermatologischem Fachgebiet sei keine relevante Erkrankung objektivierbar, er empfehle daher eine nervenfachärztliche Begutachtung, gegebenenfalls unter Einbeziehung eines orthopädischen Zusatzgutachtens. Die Klägerin hat dieses Gutachten dahingehend als nicht brauchbar gerügt, als diesem zu entnehmen sei, dass Dr. S. nicht über die vertieften, fachärztlichen Kenntnisse eines Facharztes für Innere Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie verfüge. Zu dem Entlassbericht der Sana Klinik B. W. vom 11.11.2015 hat Dr. S. mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2015 ergänzend Stellung genommen. Der Entlassbericht bestätige das Vorliegen einer doch erheblichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit, wie sie bereits von ihm formuliert worden sei. Diese Einschränkung lasse sich jedoch nicht durch Erkrankungen, die dem internistischen Fachgebiet zuzuordnen seien, begründen. Die bestehende "Fibromyalgie-Symptomatik" mit chronischem Schmerzsyndrom sei dem nervenärztlichen Gebiet zuzuordnen, weshalb er - auch in Kenntnis des Entlassberichts vom 11. November 2015 - eine abschließende nervenfachärztliche Begutachtung empfehle.

Der Senat hat weiter Beweis erhoben durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und forensische Psychiatrie Dr. H ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 11. Januar 2016 eine mittelgradige depressive Episode im Grenzbereich zu einer leichten depressiven Episode sowie eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Eine Angsterkrankung im Sinne des psychiatrischen Klassifikationssystems hat er ebenso wenig feststellen können wie eine posttraumatische Belastungsstörung. Auch hat er keine kognitiven Leistungseinschränkungen zu erkennen vermocht. Auf neurologischem Fachgebiet hat er das Vorliegen einer Migräne mitgeteilt. Ansonsten hat sich kein neurologisches Krankheitsbild gezeigt. Laut Dr. H. bedingten die bei der Klägerin vorliegenden Erkrankungen lediglich qualitative Leistungseinschränkungen (keine Akkordarbeit, Nachtarbeit oder Arbeiten unter besonderem Zeitdruck; keine Arbeiten mit hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration sowie besonders hohe Verantwortung und besonders hohe geistige Beanspruchung). Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten hingegen 6 Stunden und mehr arbeitstäglich durchgeführt werden. Die Klägerin hat gegen dieses Gutachten eingewendet, dass sie die Leistungseinschätzung des Dr. H. nicht nachvollziehen könne. Sie rege an, dem Vorschlag des Dr. S. zu folgen, und eine orthopädische Begutachtung zu veranlassen. Außerdem sei eine Begutachtung auf dem Fachgebiet der Inneren Medizin und Rheumatologie angezeigt.

Der Senat hat daraufhin nochmals den die Klägerin behandelnden Orthopäden Dr. St. als sachverständigen Zeugen danach befragt, ob seit seiner Zeugenaussage vor dem SG vom 25. April 2015 eine wesentliche Veränderung im Gesundheitszustand der Klägerin eingetreten sei. Dieser hat in seiner Zeugenauskunft vom 24. Juli 2016 mitgeteilt, dass die Klägerin seit dem Gutachten von Herrn Dr. F. vom 18. Juli 2014 nochmals im Dezember 2014, im Juli 2015 und im Dezember 2015 bei ihm vorstellig geworden sei. Aufgrund rezidivierender Nackenbeschwerden und wiederkehrenden Parästhesien im Bereich der Hände und auch immer wieder in das linke Bein/in den linken Fuß ausstrahlender Beschwerden habe er eine MRT der Hals- und Lendenwirbelsäule veranlasst. Beide Aufnahmen seien am 22. Juli 2015 angefertigt worden. Die Bilder der Halswirbelsäule hätten keinen richtungsweisenden Befund gezeigt. Die Aufnahmen der Lendenwirbelsäule hätten einen großen Bandscheibenvorfall L4/5 links und L5/S1 rechts gezeigt. Er habe stabilisierende Krankengymnastik verordnet. Er habe die Klägerin seit diesem Termin der Bilderbesprechung im Dezember 2015 nicht mehr gesehen. Er gehe davon aus, dass auf orthopädischem Fachgebiet eine Einsetzbarkeit auf dem Arbeitsmarkt hinsichtlich leichter Tätigkeiten für bis zu sechs Stunden unter Beachtung qualitativer Einschränkungen (Vermeidung von Zugluft und Zwangshaltungen, der Ermöglichung des regelmäßigen Wechsels der Arbeitshaltung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen) möglich sein sollte. Inwieweit die bei der Klägerin bestehende Depression diese Belastbarkeit deutlich einschränke, könne er nicht beurteilen. Er gehe jedoch davon aus, dass eine vollschichtige Einsetzbarkeit wohl nicht gegeben sei.

Auf Antrag der Klägerin gem. § 109 SGG hat der Senat außerdem Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bei dem Internisten und Rheumatologen Dr. H ... Dieser hat in seinem Gutachten vom 18. November 2016 folgende Diagnosen mitgeteilt: schwere chronische Schmerzstörung vom Fibromyalgie-Typ bzw. mit somatischen und psychischen Faktoren, degenerativ und myostatisch bedingtes Wirbelsäulen-Schmerzsyndrom, funktionelle Beeinträchtigung der Handfunktion rechts unklare Nosologie, dringender Verdacht auf M. Behcet, Bluthochdruck (arterielle Hypertonie), Fettleibigkeit (Adipositas Grad II, BMI 36) und eine Migräne (Hemikranie). Laut Dr. H. führen die bestehenden Erkrankungen zu qualitativen Einschränkungen (leichte Arbeiten im Wechsel von überwiegendem Sitzen und zeitweiligem Gehen und Stehen, keine Arbeiten in der Hocke, in Zwangshaltungen, z. B. vornübergeneigt oder über Kopf, sowie mit gehäuftem Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten, keine Einwirkung von Kälte, Nässe, Zugluft und Lärm, keine Tätigkeiten, die die Grobkraft und Feinmotorik der Hand erforderten, keine Arbeiten mit Nachtschicht oder unter Zeitdruck). Darüber hinaus sei sie auch derart quantitativ eingeschränkt, dass sie leichte Tätigkeiten nur noch unter drei Stunden arbeitstäglich ausüben könne. Es bestehe auch keine Wegefähigkeit. Die Leistungsminderung bestehe spätestens seit Ende des Jahres 2013. Seinerzeit habe sich rasch eine zunächst lokalisierte und zeitlich limitierte Schmerzsymptomatik - an rechter Hand und am unteren Rücken - im gesamten Körper ausgebreitet und verselbständigt. Eine nachhaltige Besserung des Gesundheitszustandes sei nicht zu erwarten. Ziel einer Therapie könne nur sein, die Klägerin in die Lage zu versetzen, mit der Krankheit auf niedrigem funktionalen Niveau zu leben.

Der sozialmedizinische Dienst der Beklagten hat zu dem Gutachten des Dr. H. am 6. Dezember 2016 ergänzend Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass weder die Gutachter im Verwaltungsverfahren noch Dr. S. und Dr. H. im Rahmen des Berufungsverfahrens eine quantitative Leistungsminderung hätten feststellen können. Die Begutachtung des Dr. H. stütze sich deutlich auf subjektive Beschwerdeangaben und Selbstbeurteilungen der Klägerin, die jedoch nach speziellen Untersuchungen an sozialmedizinischen Begutachtungen als alleinige oder auch überwiegende Basis für eine Beurteilung unsicher seien. Zwar werde jetzt auch von einer Morbus Behcet-Erkrankung ausgegangen. Dennoch gehe auch Dr. H. von einer chronischen Schmerzerkrankung als vordergründiges Beschwerdebild aus. Da bei der Begutachtung durch Dr. H. ebenfalls seelische Beeinträchtigungen als im Vordergrund stehend angesehen worden seien, dieser jedoch zu einer anderen Leistungsbeurteilung komme wie Dr. H., werde eine ergänzende Stellungnahme des Dr. H. unter Vorlage des Gutachten des Dr. H. angeregt.

Dr. H. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22. Dezember 2016 ausgeführt, dass Dr. H. einen eigenständigen psychischen Befund nicht beschrieben habe. Die Darstellung einzelner erhobener psychischer Befunde sei mit geschilderten Beschwerden und Angaben zur Befindlichkeit vermischt worden. Grundsätzlich müssten aus sozialmedizinischer Sicht die sich durch psychiatrische Krankheitsbilder ergebenden Leistungseinschränkungen mit in dem psychischen Befund fassbaren (deutlichen) Auffälligkeiten korrelieren. Dr. H. habe keinen vollständigen psychischen Befund erhoben. Insbesondere fänden sich auch keine Ausführungen zu Auffassung, Konzentration und Gedächtnis. Jedenfalls lasse sich aus den von ihm erhobenen Befunden keine Verschlechterung der psychischen Leistungsfähigkeit seit der von ihm vorgenommenen Begutachtung im Januar 2016 ableiten. Zu den rheumatologischen Befunden als solches vermöge er keine Stellung zu nehmen.

Diese ergänzende Stellungnahme ist sodann Dr. H. mit der Bitte um Stellungnahme zugleitet worden. Dieser hat in seinem Schreiben vom 1. Februar 2017 mitgeteilt, dass er versucht habe, eine integrierende Würdigung aller bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen und deren Auswirkungen auf das erwerbsbezogene Leistungsvermögen vorzunehmen. Er sehe sich nicht in Konkurrenz zum kompetenten neuropsychiatrischen Gutachter. Auch könne er die Leistungseinschätzung des Dr. H. nachvollziehen. Sein Gutachten sollte als Ergänzung zum Gutachten von Dr. H. verstanden werden. Es müsse jedoch aus rheumatologischer Sicht eine gewichtige allgemeine Leistungsminderung festgestellt werden. Kontrollkonstant sei das CRP, ein gängiger Laborparameter für die Beurteilung der Aktivität von entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen, erhöht. Daraus leite sich eine krankheitsbedingte "Fatigue" und eine Minderung im allgemeinen Leistungsvermögen ab. Die Diagnose eines Morbus Behcet könne er in seinem Gutachten nicht stellen. Er könne nur weitere diagnostische Bemühungen anregen. Auch sei die eklatante Minderbelastbarkeit im von Dr. S. veranlassten Ergometrie-EKG, die im Falle z. B. einer Herzerkrankung volle berufliche Leistungsunfähigkeit im Erwerbsleben begründet hätte, als Baustein in seinem "Begutachtungs-Mosaik" zu werten gewesen. In der neurowissenschaftlichen Forschung und in der klinischen Medizin würden chronische Schmerzstörungen bereits seit Jahren als eine zu anderen Gesundheitsstörungen gleichwertige, eigenständige Krankheit angesehen. In der Sozialmedizin liege die Messlatte höher. Hier müssten alle Zweifel an der Echtheit der Beschwerden und der hieraus resultierenden Einschränkungen von Aktivitäten und Teilhabe ausgeräumt werden. Dies habe er in seinem Gutachten versucht. Er verbleibe bei seiner im Gutachten vom 18. November 2016 geäußerten Einschätzung.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat in seinem Gerichtsbescheid vom 10. August 2015 zu Recht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Ablehnungsbescheid vom 15. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2014, in dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ablehnt.

Gem. § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach Maßgabe dieser Vorschriften ist die Klägerin nicht erwerbsgemindert. Das SG hat – im Wesentlichen gestützt auf die im Verwaltungsverfahren für die Beklagte erstatteten Gutachten der Allgemeinmedizinerin W. und des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. F. sowie die sachverständigen Zeugenauskünfte der Dres. St., O., St. und H. zutreffend dargelegt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI hat, weil sie in der Lage ist, ihr zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Klägerin uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Auch aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren und insbesondere den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten der Dres. S., H. und H. ergibt sich nichts anderes. Den Gutachten lässt sich entnehmen, dass die Klägerin in erster Linie an einer somatoformen Schmerzstörung, also einer psychosomatischen Erkrankung leidet. Dies ergibt sich u. a. aus dem schlüssigen, vollständigen und nachvollziehbaren Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 11. Januar 2016. Daneben diagnostizierte er eine mittelgradige Episode im Grenzbereich zu einer leichten depressiven Episode. Diese Diagnosen werden durch die von Dr. H. erhobenen Befunde gestützt. Laut dem mitgeteilten psychischen Befund ist die Klägerin gepflegt gekleidet und überpünktlich zur Untersuchung erschienen. Sie war bewusstseinsklar und allseits orientiert. Auffassung, Konzentration und das Durchhaltevermögen zeigten keine Einschränkungen. Auch fielen keine mnestischen Störungen, weder im Hinblick auf die Merkfähigkeit oder das Kurzzeitgedächtnis noch auf das Langzeitgedächtnis, auf. Der Gedankengang war formal geordnet und nicht verlangsamt. Inhaltliche Denkstörungen zeigten sich nicht. Beeinträchtigungs- und Verfolgungsideen konnten ebenso wenig beobachtet werden wie Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen. Die Stimmungslage war teils leicht gedrückt, teils mäßig gedrückt, themenabhängig kam es jedoch auch zu einer Auflockerung. Die affektive Schwingungsfähigkeit war insgesamt leicht reduziert. Die Psychomotorik zeigte sich eher etwas starr, der Antrieb war leicht reduziert. Die Klägerin wirkte weder gereizt noch aggressiv. Auch traten keine distanzlosen Tendenzen auf. Auch der neurologische Befund ist - abgesehen einer von der Klägerin berichteten allseitigen Hypopathie - weitgehend unauffällig. Insbesondere fanden sich keine Paresen bei der Prüfung der groben Kraft. Die Koordination war intakt, das Gangbild sicher und flüssig. Anamnestisch klagte die Klägerin über Schmerzen in der Wirbelsäule, die sich dann das rechte Bein seitlich bis in die Ferse rechts zögen. Auch habe sie Probleme mit dem Ringfinger und dem kleinen Finger rechts. Es bestünden Schmerzen und die Finger seien gebogen. Im Vorjahr habe sie achtmal ein Erythema nodosum gehabt. Diese Beschwerden wurden laut Ausführungen des Dr. H. nicht vorgetäuscht und könnten auch bei aller zumutbaren Willensanstrengung aus eigener Kraft nicht überwunden werden. Allerdings korrelierten die klägerseits beschriebenen Einschränkungen im Alltagsleben nicht mit dem Befund. Vor dem Hintergrund der mitgeteilten Befunde schließt sich der Senat auch der Leistungseinschätzung des Dr. H. an. Zwar ist die Klägerin danach nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten in Akkord- oder Nachtarbeit oder solche unter besonderem Zeitdruck auszuüben. Selbiges gilt hinsichtlich Tätigkeiten mit besonders hohen Ansprüchen an Auffassung und Konzentration sowie für eine besonders hohe Verantwortung oder mit einer das normale Maß deutlich übersteigenden geistigen Beanspruchung. Eine quantitative Leistungsminderung hinsichtlich leichter Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lässt sich aus diesen Befunden nicht schließen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten des Internisten und Rheumatologen Dr. H. vom 18. November 2016. Auch dieser sieht die bei der Klägerin bestehende chronische Schmerzerkrankung als ganz im Vordergrund stehend an. Diese sei auf eine strukturelle Schädigung am Achsenskelett und an der rechten Hand zurückzuführen. Laut Dr. H. führe diese Schmerzerkrankung nicht nur zu qualitativen sondern auch zu quantitativen Leistungseinschränkungen dergestalt, dass die Klägerin nur noch unter drei Stunden arbeitstäglich leistungsfähig sei. Diese Leistungseinschätzung ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Wie Dr. H. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 22. Dezember 2016 zu Recht ausgeführt hat, hat Dr. H. in seinem Gutachten keinen eigenständigen psychischen Befund beschrieben. Er hat lediglich im Rahmen des neurologischen Untersuchungsbefundes mitgeteilt, dass das Stimmungsniveau der Klägerin gedrückt gewirkt habe und es bei der Anamneseerhebung einmal zu einem affektiven Durchbruch gekommen sei. Mimik, Gestik und allgemeine Körpersprache seien verhalten gewesen. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, wie Dr. H. auf Grundlage dieser Feststellungen zu einer quantitativen Leistungseinschränkung in Bezug auf die somatoforme Schmerzstörung kommt.

Eine rentenrelevante Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht aus einer internistischen und/oder rheumatischen Erkrankung der Klägerin. Laut dem Gutachten des Dr. S. vom 12. November 2015 leidet die Klägerin an einer Hypertonie sowie einem Eisenmangel. Einen Hinweis auf einen entzündlichen rheumatischen Formenkreis fand Dr. S. nicht. Aus diesen internistischen Erkrankungen vermochte Dr. S. eine quantitative Leistungsminderung nicht zu erkennen. Seiner Auffassung nach ist das "Fibromyalgiesyndrom" als psychosomatische und nicht als internistische Erkrankung aufzufassen, weshalb er ausdrücklich eine nervenärztliche Begutachtung und anschließend gegebenenfalls eine orthopädische Zusatzbegutachtung empfohlen hat. Die nervenärztliche Begutachtung ist sodann von Dr. H. vorgenommen worden und hat nicht zum Nachweis einer Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit geführt. Eine Unverwertbarkeit des Gutachtens des Dr. S., wie von der Klägervertreterin in ihrem Schriftsatz vom 8. Dezember 2015 vertreten, vermag der Senat nicht zu sehen. Dr. S. war mit der Erstellung eines internistischen Fachgutachtens beauftragt worden, was er auch getan hat. Somatoforme Schmerzstörungen sind auch nach Auffassung des Senats dem nervenärztlichen und nicht dem rheumatologischen Fachgebiet zuzuordnen, weshalb Dr. S. zu Recht auf eine nervenärztliche Begutachtung gedrängt hat. Diese wurde daraufhin auch in Auftrag gegeben. Auch aus den neben der somatoformen Schmerzstörung seitens Dr. H. diagnostizierten Erkrankungen (degenerativ und myostatisch bedingtes Wirbelsäulen-Schmerzsyndrom, funktionelle Beeinträchtigung der Handfunktion rechts unklarer Nosologie, dringender Verdacht auf Morbus Behcet, Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Migräne) lässt sich eine Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit nicht entnehmen. Für den Senat ist nicht ersichtlich, inwiefern Bluthochdruck, Fettleibigkeit und Migräne zu einer quantitativen Leistungsminderung führen sollen. Auch der Verdacht auf das Bestehen eines Morbus Behcet und somit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung führt nicht zu einer Leistungsminderung. Zum einen ist diese Diagnose bislang nicht bestätigt worden - Dr. S. schloss eine entzündliche rheumatische Erkrankung noch ausdrücklich aus; auch in dem Entlassbericht der Sana Klinik Bad W. vom 11. November 2015 wurde eine solche ausdrücklich ausgeschlossen, obwohl auch damals bereits ein leicht erhöhtes CRP vorgelegen hat. Zum anderen ist diese Erkrankung - wie der sozialmedizinische Dienst der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 6. Dezember 2016 zu Recht ausführt - einer gezielten Behandlung durch entzündungshemmende bzw. immunmodulierende Medikamente zugänglich. Die von Dr. H. aufgeführten orthopädischen Diagnosen (Wirbelsäulensyndrom und Beeinträchtigung der Handfunktion rechts) führen laut der sowohl im erstinstanzlichen als auch im Berufungsverfahren eingeholten sachverständigen Zeugenauskunft des die Klägerin behandelnden Orthopäden Dr. St. (vom 25. April 2015 und 24. Juli 2016) nicht zu einer quantitativen Leistungsminderung.

Sofern Dr. H. darüber hinaus davon ausgeht, die Klägerin sei nicht mehr wegefähig, so vermag sich der Senat auch dieser Auffassung nicht anzuschließen. Wegeunfähigkeit setzt voraus, dass die Klägerin nicht vier Mal am Tag Wegstrecken von über 500 m mit zumutbarem Zeitaufwand (also jeweils innerhalb von 20 Minuten) zu Fuß bewältigen und ferner zwei Mal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann (BSG Urteil vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 21/10 R - juris Rn 22; BSG Urteil vom 14. März 2002 - B 13 RJ 25/01 R - juris Rn 21; KassKomm/Gürtner, Sozialversicherungsrecht, EL 91, September 2016, § 43 SGB VI, Rn 43). Dass die Klägerin hierzu nicht in der Lage ist, ist nicht nachgewiesen. Eine Wegeunfähigkeit wurde weder von den gerichtlicherseits bestellten Gutachtern, noch von den als sachverständigen Zeugen gehörten Ärzten und auch nicht von den Verwaltungsgutachtern angenommen. Beschwerden beim Treppensteigen - wie von Dr. H. angegeben - lassen ebenso wenig wie der Abbruch einer Belastungserprobung mit dem Fahrradergometer - wie im Rahmen der Begutachtung durch Dr. S. erfolgt - automatisch den Schluss auf eine nicht mehr bestehende Wegefähigkeit zu. Für den Senat ist nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin aufgrund der im Vordergrund stehenden somatoformen Schmerzstörung nicht mehr in der Lage sein soll, einen Arbeitsplatz zu erreichen.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wegen Berufsunfähigkeit gem. § 240 Abs. I SGB VI. Ein derartiger Anspruch scheidet bereits deshalb aus, weil die Klägerin nach dem 2. Januar 1961 geboren worden ist und somit ein Berufsschutz nicht besteht, § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI.

Da das SG demnach die Klage zu Recht abgewiesen hat, war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass die Klägerin mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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