Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 SB 1730/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 385/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft.
Die 1955 geborene Klägerin ist verheiratet. Sie wohnt gemeinsam mit dem Ehemann, den beiden erwachsenen Söhnen, der Schwiegertochter und drei Enkelkindern in einem Mehrfamilienhaus. Sie hat die Hauptschule abgeschlossen und anschließend eine Hauswirtschaftsschule besucht. Über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt sie nicht. Bis Mitte Januar 2010 arbeitete sie als Küchenhilfe und Kassiererin in Vollzeit in einer Kantine.
Bei der Klägerin war zuletzt mit Bescheid vom 28. August 2007 der GdB mit 30 seit 4. Mai 2007 festgestellt worden. Dem lag die versorgungsärztliche Einschätzung von Dr. B. vom 22. August 2007 zugrunde, wonach eine degenerative Veränderung und eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sowie eine Funktionsstörung des rechten Schultergelenkes einen Einzel-GdB von 30 zur Folge hätten. Der Teilverlust des Dickdarmes und der Bluthochdruck wurden jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 eingeschätzt.
Am 8. November 2011 beantragte die Klägerin unter Vorlage von Berichten von Dr. R., Facharzt für Orthopädie, und des Entlassungsberichtes von Dr. M., Assistenzarzt in der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums M., über ihren stationären Aufenthalt am 28. und 29. September 2010 sowie unter Hinweis auf ihre Darmerkrankung die Neufeststellung des GdB.
Nach Auswertung dieser medizinischen Befundunterlagen bewertete Dr. B. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme von Ende November 2011, wonach nunmehr auch ein Bandscheibenschaden, eine Spinalkanalstenose und eine Adipositas permagna zu berücksichtigen seien, den GdB mit 40. Daraufhin änderte das Landratsamt K. mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 den Verwaltungsakt vom 28. August 2007 ab und stellte den GdB mit 40 seit 8. November 2011 fest.
Im Widerspruchsverfahren lag der Entlassungsbericht von Dr. H., K.-Klinik, Fachklinik für ernährungsabhängige Krankheiten, Ü., über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 19. September bis 10. Oktober 2012 vor. Danach wurden eine Adipositas, Grad III, Body-Mass-Index 43,4 kg/m2 (ICD-10 E66.82), ein chronifiziertes vertebragenes Schmerzsyndrom nach einem Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 mit Spinalkanalstenose und Kompression im Bereich L5 (ICD-10 M54.9), ein Diabetes mellitus Typ II mit Erstdiagnose 2006 (ICD-10 E11.8), eine arterielle Hypertonie (ICD-10 I10.9) sowie eine kombinierte Fettstoffwechselstörung (ICD-10 E78.2) diagnostiziert. Nach einem akuten Bandscheibenvorfall im Januar 2010 sei es zu einer Gewichtszunahme um 30 kg durch Immobilisierung und aufgrund einer Therapie mit Kortisonspritzen über sechs Wochen ohne Besserung der Schmerzsymptomatik gekommen. Der Diabetes mellitus sei oral-medikamentös eingestellt. Hypoglykämien seien nicht bekannt. Der HbA1c-Wert sei im November 2010 mit 9,9 % und gegen Ende des stationären Aufenthaltes mit 6,7 % gemessen worden. Nach der Teilnahme an einer Ernährungsschulung im Januar 2012 sei es zu einer Gewichtsabnahme um 22 kg gekommen. Die gegenwärtige Medikation habe aus Siofor, 1.000 mg (0-0-1/2), Ramipril Hexal comp., 5/25 mg (1-0-0) und Repaglinid, 1 mg (1-0-0) bestanden. Bei der Aufnahmeuntersuchung sei der Blutdruck mit 160/90 mmHg bestimmt worden. Das Lasègue-Zeichen sei links bei 30° und rechts bei 60° positiv gewesen. Die Kniegelenke seien gut beweglich gewesen. Die Beinmuskulatur sei beidseits schwach ausgeprägt, das Gangbild aber flüssig gewesen.
Der Widerspruch wurde daraufhin durch das Regierungspräsidium St. mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2013 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin am 28. Februar 2013 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, welche mit dem Aktenzeichen S 3 SB 759/13 geführt worden ist. Sie hat unter anderem den Bericht von Dr. W., Fachärztin für Innere Medizin/Diabetologie, vom 16. Mai 2013 vorgelegt, wonach unter anderem ein Diabetes mellitus bei Erwachsenen diagnostiziert worden ist. Der HbA1c-Wert sei mit 6,7 % gemessen worden und habe sich im Vergleich zu früheren Untersuchungen etwas verschlechtert. Die Therapie mit Siofor, 500 mg habe sich wegen einer sich entwickelten Diarrhoeproblematik nicht weiter steigern lassen und werde daher weiterhin nur einmal täglich eingenommen.
Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei Dr. R., Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, sowie Dr. H., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, eingeholt, welche im Juli 2013 und im Folgemonat vorgelegt worden sind.
Dr. R. hat ausgeführt, es habe sich ein leichtes obstruktives Schlafapnoe-Syndrom gefunden. Die Einsekundenkapazität sei mit 1,61 l und 70,3 % des Solls mit guter Teilreversibilität auf Lyse leichtgradig eingeschränkt gewesen. Der Befund habe einer COPD nach dem Stadium I entsprochen. Die Atemwegserkrankung sei mit einem GdB von 30 ausreichend bewertet.
Dr. H. hat kundgetan, die Klägerin habe sie zweimal, Ende November und Anfang Dezember 2012, aufgesucht. Nach zweimaligem Kontakt sei die Diagnostik noch nicht abgeschlossen gewesen. Die Klägerin habe über eine Energielosigkeit berichtet, welche jedoch auch in Zusammenhang mit dem Schlafapnoe-Syndrom gestanden haben könne. Differenzialdiagnostisch sei auch eine Depression möglich gewesen.
Aus dem beim SG parallel geführten Verfahren S 11 R 624/13 zur Feststellung eines Rechts auf Erwerbsminderungsrente sind die Sachverständigengutachten von Dr. J., Oberarzt der Orthopädischen Klinik der St. V.-Kliniken in K., und Dr. Sch., Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, beigezogen worden.
Nach der ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 18. Juni 2013 hat Dr. J. ausgeführt, es seien eine leichte Fehlstatik der Wirbelsäule, fortgeschrittene degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit multisegmentalen Bandscheibenschäden und einer fraglichen sensiblen Radikulopathie im Bereich L5/S1, eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes bei anzunehmender Tendinitis calcarea mit Impingementsymptomatik, Heberden-Arthrosen im Bereich der Endgelenke der Langfinger beidseits, ein operiertes Karpaltunnelsyndrom rechts, ein Karpaltunnelsyndrom links, ein diskreter Reizzustand beider Kniegelenke mit anzunehmendem mäßigem retropatellarem Knorpelschaden, eine diskrete Krampfaderbildung beidseits sowie ein leichter Spreizfuß beidseits festgestellt worden. Im Januar 2010 sei es zu einer akuten Schmerz-Exazerbation gekommen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche die noch möglichen Tätigkeiten sechs Stunden täglich verrichten. Er habe neben einer leichten Aggravation ein chronisches vertebrales Schmerzsyndrom vermutet; denkbar sei auch eine somatoforme Schmerzstörung. Zu beurteilen sei dies auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet.
Dr. Sch. hat nach der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 4. September 2013 mitgeteilt, sie leide an einer histrionischen Persönlichkeitsakzentuierung (ICD-10 Z73.1). Anhaltspunkte für eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung oder eine relevante Erkrankung des neurologischen Formenkreises hätten sich nicht ergeben. Einen ausreichenden Hinweis für ein klinisch relevantes Rezidiv habe sich nach der Operation des Karpaltunnelsyndroms rechts nicht ergeben. Weiterhin habe ein metabolisches Syndrom mit einem Diabetes mellitus, einer Adipositas, einer arteriellen Hypertonie und einer kombinierten Fettstoffwechselstörung sowie eine chronische obstruktive Lungenerkrankung im Stadium I nach Gold vorgelegen. Bei der Klägerin habe ein arbeitstägliches Leistungsvermögen ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit von mindestens sechs Stunden unter Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche vorgelegen. Sie habe eine leidensgerechte Tätigkeit mit der erforderlichen Regelmäßigkeit ausüben können.
Im Hinblick auf das mittlerweile anhängige Berufungsverfahren L 10 R 174/14 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) haben die Beteiligten das Ruhen des Schwerbehindertenverfahrens beantragt, welches das SG mit Beschluss vom 11. März 2014 angeordnet hat. Nachdem dieses Rechtsmittelverfahren mit Urteil vom 22. Januar 2015 abgeschlossen worden ist, hat die Klägerin am 27. Mai 2015 das Verfahren wieder angerufen, welches nun als S 3 SB 1730/15 fortgeführt worden ist. Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28. Dezember 2015 abgewiesen. Die Beweiserhebung habe ergeben, dass kein GdB von 50 erreicht sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 27. Januar 2016 Berufung beim LSG eingelegt und schließlich beantragt, Priv.-Doz. Dr. Z., Facharzt für Neurochirurgie, im Rahmen von § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Sachverständigen zu hören. Dieser hat nach der ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 29. November 2016 ausgeführt, bei ihr habe ein exzessives Übergewicht (ICD-10 E66.82), ein Diabetes mellitus Typ II (ICD-10 E11.90), ein degeneratives Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom (ICD-10 M47.82, M47.84 und M47.86), eine diabetische Neuropathie an den Beinen (ICD-10 E14.40) sowie der Verdacht auf eine diabetische Nephropathie (ICD-10 E14.20) mit Niereninsuffizienz (ICD-10 N18.9) bestanden. Die beiden letzten Diagnosen bedürften der Bestätigung durch einen Internisten oder Nephrologen. Die Klägerin habe sich nur mühsam und unter Schmerzen bewegen können. Es sei klar, dass ein solcher Zustand zu starken seelischen Beeinträchtigungen führe. Einzig die geistigen Fähigkeiten schienen nicht erkennbar eingeschränkt gewesen zu sein. Sie sei als multimorbid einzustufen. Es sei nicht sinnvoll, einzelne Funktionsstörungen einzustufen. Nur eine Gesamtschau könne weiterhelfen. Die Summe der Funktionsstörungen sei als schwer zu bezeichnen. Die Vorgutachten hätten sich demgegenüber auf die Beurteilung einzelner Sektoren beschränkt, eine Gesamtschau sei in diesen nicht vorgenommen worden. In den letzten zwölf Monaten habe die Klägerin 20 kg zugenommen. Ihr Gesundheitszustand sei mit Sicherheit erheblich schlechter als 2007. Den GdB schätze er auf 100. Sie sei mit Sicherheit nicht in der Lage, irgendeiner bezahlten Tätigkeit zum Bestreiten ihres Lebensunterhaltes nachzugehen. Entgegen der versorgungsärztlichen Einschätzung von Dr. G. liege mit der diabetischen Neuropathie eine neurologische Erkrankung vor. Soweit Dr. J. eine geringgradige Funktionseinschränkung angenommen habe, sei dies für die Halswirbelsäule korrekt. Jedoch sei jegliche andere Bewegung stark schmerzhaft, was zwangsläufig zu einer erheblichen Bewegungseinschränkung führe. Dr. G. habe den Gesamt-GdB nur formal beurteilt. Es fehle der Diabetes mellitus mit seinen Komplikationen.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, das erstinstanzliche Verfahren sei mit dem Erlass des Gerichtsbescheides verfahrensrechtlich fehlerhaft abgeschlossen worden. Der Sachverhalt sei keineswegs geklärt gewesen. Die Sache weise besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Art auf. Die aus dem Verfahren zur Feststellung des Rechts auf Erwerbsminderungsrente beigezogenen Gutachten seien nicht geeignet, einen hinreichenden Aufschluss über die Höhe des GdB zu erbringen. Es gebe zahlreiche Personen, die zwar mit einem GdB von mindestens 50 schwerbehindert seien, welche jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unproblematisch vollschichtig erwerbstätig sein könnten. Bislang ungeachtet geblieben sei, dass Dr. R. ihre Erkrankungen der Atemwege mit einem GdB von 30 eingeschätzt habe. Die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, des Schultergelenkes und der Adipositas erreichten einen Teil-GdB von 40. Unter der weiteren Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für die Kniegelenke sei ein Gesamt-GdB von 50 erreicht.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Dezember 2015 aufzuheben und den Bescheid vom 9. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2013 teilweise aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, bei ihr unter weiterer Abänderung des Bescheides vom 28. August 2007 den Grad der Behinderung mit 50 ab 8. November 2011 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, der von Priv.-Doz. Dr. Z. geschätzte Gesamt-GdB von 100 sei nicht nach Einzel-GdB-Werten aufgeschlüsselt und nicht nachvollziehbar. Nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen sei insbesondere nach Funktionssystemen zu trennen. Er habe keine Funktionsdaten erhoben, welche die von ihm angenommenen Bewegungseinschränkungen verdeutlichten. Die angegebene Kraftminderung im Bereich der Schultermuskulatur beidseits sei nicht als anhaltend dokumentiert. Die von Dr. Sch. vorgenommene Messung der Nervenleitgeschwindigkeit habe einen unauffälligen Befund gezeigt. Aktuelle elektrophysiologische Erhebungen seien von Priv.-Doz. Dr. Z. nicht getätigt worden. Motorische Ausfälle im Bereich der Beine oder höhergradige Koordinationsstörungen seien nicht belegt. Der Diabetes mellitus werde nach Aktenlage mit Siofor behandelt und bedinge mit dieser Behandlung keinen messbaren GdB. Priv.-Doz. Dr. Z. habe keine andere aktuelle Medikation mitgeteilt. Eine für den GdB relevante diabetische Polyneuropathie sei bislang nicht nachgewiesen. Die Niereninsuffizienz sei ebenfalls nicht objektiviert. Ein höherer GdB als 40 sei nicht begründbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, einschließlich der LSG-Akte L 10 R 174/14, sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m. w. N.) zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat bis aktuell keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40, wie ihn der Beklagte mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 seit 8. November 2011 zuerkannt hat. Daher ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Gegenstand der Klage ist ein Anspruch auf Neufeststellung des GdB mit 50 ab 8. November 2011 aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung desjenigen Gesundheitszustandes, der dem bestandskräftigen Bescheid vom 28. August 2007 zugrunde lag. Diesem Begehren steht der Bescheid vom 9. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2013 entgegen, da ihn das SG nicht zumindest teilweise aufgehoben hat. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34), vorliegend dem 1. Juni 2017.
Verfahrensrechtliche Grundlage für den Klageanspruch ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand der Klägerin auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch die zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des (teilweise) aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei dem Bescheid vom 28. August 2007 über die Feststellung des GdB mit 30 seit 4. Mai 2007 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieser Verwaltungsentscheidung vorlagen, ist indes eine wesentliche Änderung nur insoweit eingetreten, als die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin mit einem Gesamt-GdB von 40 zu bewerten sind. Diese Feststellung hat der Beklagte mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 bereits ab 8. November 2011 getroffen.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich materiell-rechtlich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der aktuellen Fassung durch Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze und unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin bis aktuell keinen höheren als den bereits mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 festgestellten GdB von 40 begründen.
Die bei ihr wegen der Gesundheitsstörungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen bedingen in Bezug auf das Funktionssystem "Rumpf" allenfalls einen Teil-GdB von 30, hinsichtlich "Arme" und "Beine" ist jeweils kein höherer Teil-GdB als 10 erreicht.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Bei der Klägerin liegen im Bereich der Halswirbelsäule geringgradige funktionelle Auswirkungen vor, wovon Dr. J. aufgrund seiner Begutachtung im Juni 2013 nachvollziehbar ausgegangen ist. Dessen im Verfahren S 11 R 624/13 beim SG erstellte Expertise hat der Senat als Sachverständigenbeweis verwertet (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411a Zivilprozessordnung - ZPO). Der Sachverständige Priv.-Doz. Dr. Z. ist nach seiner gutachtlichen Untersuchung Ende November 2016 ebenfalls von diesem Schweregrad ausgegangen. Mit den von Dr. J. festgestellten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit multisegmentalen Bandscheibenschäden, welche bereits von Dr. H. nach dem stationären Aufenthalt in der K.-Klinik in Ü. als chronifiziertes vertebragenes Schmerzsyndrom nach einem Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 mit Spinalkanalstenose und Kompression im Bereich L5 (ICD-10-GM-2017 M54.9) beschrieben wurden und mit einer allerdings fraglichen und damit nicht objektivierten sensiblen Radikulopathie im Bereich L5/S1 sind in diesem Wirbelsäulenabschnitt allenfalls mittelgradige funktionelle Auswirkungen objektiviert, wodurch sich für das Funktionssystem "Rumpf", selbst bei Berücksichtigung leichtgradiger Funktionsstörungen im Bereich der Brustwirbelsäule ob der Fehlstatik und eines Wirbelsäulensyndroms, allenfalls ein Teil-GdB von 30 begründen lässt.
Außergewöhnliche Schmerzen, die zusätzlich zu berücksichtigen wären (VG, Teil A, Nr. 2 j; stRspr, vgl. Urteil des Senats vom 26. Februar 2015 - L 6 SB 2969/14 -, juris, Rz. 56), sind indes nicht nachgewiesen. Es ist im Falle der Klägerin nicht belegt, dass sie auf stärkste Schmerzmittel wie Opiate oder deren Derivate zurückgegriffen hat oder gar eine stationäre Schmerztherapie zum Einsatz gekommen ist. Demgegenüber hat Dr. Sch. nach seinem ebenfalls als Sachverständigenbeweis verwerteten überzeugenden Gutachten sogar eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung ausgeschlossen. Daher sind allenfalls üblicherweise mit den bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen vorhandene Schmerzen vorhanden. Diese sind bereits in den in der GdB-Tabelle niedergelegten Sätzen mit eingeschlossen, selbst wenn es sich um erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände handelt, weshalb sich hierdurch der Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Rumpf" nicht weiter erhöht.
Der GdB bei Gliedmaßenschäden ergibt sich nach den VG, Teil B, Nr. 18.11 aus dem Vergleich mit dem GdB für entsprechende Gliedverluste. Trotz erhaltener Extremität kann der Zustand gelegentlich ungünstiger sein als der Verlust. Die aufgeführten GdB für Gliedmaßenverluste gehen, soweit nichts anderes erwähnt ist, von günstigen Verhältnissen des Stumpfes und der benachbarten Gelenke aus. Bei ausgesprochen ungünstigen Stumpfverhältnissen, bei nicht nur vorübergehenden Stumpfkrankheiten sowie bei nicht unwesentlicher Funktionsbeeinträchtigung des benachbarten Gelenkes sind diese Sätze im allgemeinen um 10 zu erhöhen, unabhängig davon, ob Körperersatzstücke getragen werden oder nicht. Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel mindern bei Verlust und Funktionsstörungen der Gliedmaßen sowie bei Funktionseinschränkungen des Rumpfes die Auswirkungen der Behinderung, ohne dass dadurch der durch den Schaden allein bedingte GdB eine Änderung erfährt. Bei der Bewertung des GdB von Pseudarthrosen ist zu berücksichtigen, dass straffe günstiger sind als schlaffe. Bei habituellen Luxationen richtet sich die Höhe des GdB außer nach der Funktionsbeeinträchtigung der Gliedmaße auch nach der Häufigkeit der Ausrenkungen.
Danach ist im Hinblick auf die VG, Teil B, Nrn. 18.13 und 18.14 nach der von Dr. J. erhobenen endgradigen Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes bei anzunehmender Tendinitis calcarea mit Impingementsymptomatik, der Heberden-Arthrosen im Bereich der Endgelenke der Langfinger beidseits, des operiertes Karpaltunnelsyndrom rechts, wofür sich anschließend nach schlüssiger Darlegung von Dr. Sch. kein klinisch relevantes Rezidiv ergeben hat, und des Karpaltunnelsyndrom links einerseits sowie des diskreten Reizzustandes beider Kniegelenke mit mäßigem retropatellarem Knorpelschaden, der diskreten Krampfaderbildung beidseits und des leichten Spreizfußes beidseits andererseits für die Funktionssysteme "Arme" und "Beine" jeweils kein höherer Teil-GdB als 10 gerechtfertigt, zumal die Beinmuskulatur nach den Feststellungen von Dr. H. zwar schwach ausgeprägt, das Gangbild allerdings gleichwohl flüssig war.
Das Funktionssystem "Atmung" bedingt einen Teil-GdB von 10.
Nach den VG, Teil B, Nr. 8.7 hat ein Schlafapnoe-Syndrom, welches im Schlaflabor durch eine Untersuchung nachgewiesen worden ist, ohne Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung einen GdB von 0 bis 10, mit einer solchen Notwendigkeit von 20 sowie, wenn sie nicht durchführbar ist, einen GdB von 50 zur Folge. Folgeerscheinungen oder Komplikationen (z. B. Herzrhythmusstörungen, Hypertonie, Cor pulmonale) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Der sachverständige Zeuge Dr. R. hat lediglich bestätigt, dass bei der Klägerin ein leichtes obstruktives Schlafapnoe-Syndrom gefunden, hingegen nicht, dass es mittels einer Untersuchung im Schlaflabor nachgewiesen worden ist. Die Einsekundenkapazität war mit 1,61 l und 70,3 % des Solls mit guter Teilreversibilität auf Lyse leichtgradig eingeschränkt. Dieser Befund entspricht nach seiner nachvollziehbaren Einschätzung einer COPD im Stadium I, weshalb ein GdB von 10 erreicht, ein höherer, insbesondere der von Dr. R. mit 30 angenommene, nicht nachvollziehbar ist.
Das Funktionssystem "innere Sekretion und Stoffwechsel" erreicht keinen GdB im messbaren Bereich.
Der von Dr. H. festgestellte Diabetes mellitus Typ II mit Erstdiagnose 2006 (ICD-10-GM-2017 E11.8), welchen Dr. W. bestätigt hat, bedingt im Falle der Klägerin keinen GdB von wenigstens 10. Nach den VG, Teil B, Nr. 15.1 erleiden an Diabetes erkrankte Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, welche die Feststellung eines GdB rechtfertigt. Dieser beträgt 0. So stellt sich für den Senat die Situation der Klägerin dar. Der Diabetes mellitus ist mit Siofor oral-medikamentös eingestellt, auch wenn sich die Therapie bereits 2013 wegen einer sich entwickelten Diarrhoeproblematik nicht mehr mit einer höheren Tagesdosis als 500 mg steigern ließ. Der HbA1c-Wert war zuletzt von Dr. W. mit 6,7 % ermittelt worden und lag, auch wenn er sich nach ihrer Darlegung etwas verschlechtert hatte, noch nahe dem Normbereich. Eine diabetische Neuropathie oder eine diabetische Nephropathie, wie sie Priv.-Doz. Dr. Z. fachfremd als möglich ansah, ist bislang nicht objektiviert worden. Ein GdB von wenigstens 10 lässt sich damit nicht herleiten.
Nach den VG, Teil B, Nr. 15.3 bedingt die von Dr. H. diagnostizierte Adipositas, Grad III beziehungsweise das von Priv.-Doz. Dr. Z. festgestellte exzessive Übergewicht (ICD-10-GM-2017 E66.82) allein keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden, insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat, können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna. Mangels solcher neben den bereits beim Funktionssystem "Rumpf" berücksichtigten Folge- und Begleitschäden ist auch hieraus kein maßgeblicher GdB ableitbar. Die von ihm ebenfalls festgestellte kombinierte Fettstoffwechselstörung (ICD-10-GM-2017 E78.2) erreicht mangels einer nachgewiesenen Folgekrankheit genauso wenig einen GdB.
Auch sonst sind insbesondere mit dem Bluthochdruck, welcher durchgängig diastolische Werte unter 100 mmHg aufgewiesen hat (vgl. VG, Teil B, Nr. 9.3), oder wegen des Teilverlustes des Dickdarmes keine Gesundheitsstörungen nachgewiesen worden, derentwegen einem Funktionssystem zuzuordnende Einschränkungen vorliegen, welche überhaupt erst geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen. Eine Depression ist von der sachverständigen Zeugin Dr. H. bereits nicht diagnostiziert, lediglich differentialdiagnostisch angeführt worden.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist im Falle der Klägerin der Gesamt-GdB lediglich aus dem Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Rumpf" zu bilden und erreicht damit bis aktuell keinesfalls einen höheren als den vom Beklagten anerkannten von 40. Der Einschätzung von Priv.-Doz. Dr. Z. ist der Senat nicht gefolgt, da er seine medizinische Einschätzung nicht mit Befunden untermauert hat. Sie entbehrt jeglicher Grundlage und berücksichtigt bereits nicht, dass eine Beurteilung aufgrund der Funktionssysteme nach den VG, Teil A, Nr. 2 e erfolgen soll. Die von ihm angenommene Multimorbidität erklärt allein nicht, weshalb hiervon vorliegend abzuweichen ist.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft.
Die 1955 geborene Klägerin ist verheiratet. Sie wohnt gemeinsam mit dem Ehemann, den beiden erwachsenen Söhnen, der Schwiegertochter und drei Enkelkindern in einem Mehrfamilienhaus. Sie hat die Hauptschule abgeschlossen und anschließend eine Hauswirtschaftsschule besucht. Über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt sie nicht. Bis Mitte Januar 2010 arbeitete sie als Küchenhilfe und Kassiererin in Vollzeit in einer Kantine.
Bei der Klägerin war zuletzt mit Bescheid vom 28. August 2007 der GdB mit 30 seit 4. Mai 2007 festgestellt worden. Dem lag die versorgungsärztliche Einschätzung von Dr. B. vom 22. August 2007 zugrunde, wonach eine degenerative Veränderung und eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sowie eine Funktionsstörung des rechten Schultergelenkes einen Einzel-GdB von 30 zur Folge hätten. Der Teilverlust des Dickdarmes und der Bluthochdruck wurden jeweils mit einem Einzel-GdB von 10 eingeschätzt.
Am 8. November 2011 beantragte die Klägerin unter Vorlage von Berichten von Dr. R., Facharzt für Orthopädie, und des Entlassungsberichtes von Dr. M., Assistenzarzt in der Neurochirurgischen Klinik des Universitätsklinikums M., über ihren stationären Aufenthalt am 28. und 29. September 2010 sowie unter Hinweis auf ihre Darmerkrankung die Neufeststellung des GdB.
Nach Auswertung dieser medizinischen Befundunterlagen bewertete Dr. B. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme von Ende November 2011, wonach nunmehr auch ein Bandscheibenschaden, eine Spinalkanalstenose und eine Adipositas permagna zu berücksichtigen seien, den GdB mit 40. Daraufhin änderte das Landratsamt K. mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 den Verwaltungsakt vom 28. August 2007 ab und stellte den GdB mit 40 seit 8. November 2011 fest.
Im Widerspruchsverfahren lag der Entlassungsbericht von Dr. H., K.-Klinik, Fachklinik für ernährungsabhängige Krankheiten, Ü., über den stationären Aufenthalt der Klägerin vom 19. September bis 10. Oktober 2012 vor. Danach wurden eine Adipositas, Grad III, Body-Mass-Index 43,4 kg/m2 (ICD-10 E66.82), ein chronifiziertes vertebragenes Schmerzsyndrom nach einem Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 mit Spinalkanalstenose und Kompression im Bereich L5 (ICD-10 M54.9), ein Diabetes mellitus Typ II mit Erstdiagnose 2006 (ICD-10 E11.8), eine arterielle Hypertonie (ICD-10 I10.9) sowie eine kombinierte Fettstoffwechselstörung (ICD-10 E78.2) diagnostiziert. Nach einem akuten Bandscheibenvorfall im Januar 2010 sei es zu einer Gewichtszunahme um 30 kg durch Immobilisierung und aufgrund einer Therapie mit Kortisonspritzen über sechs Wochen ohne Besserung der Schmerzsymptomatik gekommen. Der Diabetes mellitus sei oral-medikamentös eingestellt. Hypoglykämien seien nicht bekannt. Der HbA1c-Wert sei im November 2010 mit 9,9 % und gegen Ende des stationären Aufenthaltes mit 6,7 % gemessen worden. Nach der Teilnahme an einer Ernährungsschulung im Januar 2012 sei es zu einer Gewichtsabnahme um 22 kg gekommen. Die gegenwärtige Medikation habe aus Siofor, 1.000 mg (0-0-1/2), Ramipril Hexal comp., 5/25 mg (1-0-0) und Repaglinid, 1 mg (1-0-0) bestanden. Bei der Aufnahmeuntersuchung sei der Blutdruck mit 160/90 mmHg bestimmt worden. Das Lasègue-Zeichen sei links bei 30° und rechts bei 60° positiv gewesen. Die Kniegelenke seien gut beweglich gewesen. Die Beinmuskulatur sei beidseits schwach ausgeprägt, das Gangbild aber flüssig gewesen.
Der Widerspruch wurde daraufhin durch das Regierungspräsidium St. mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2013 zurückgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin am 28. Februar 2013 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, welche mit dem Aktenzeichen S 3 SB 759/13 geführt worden ist. Sie hat unter anderem den Bericht von Dr. W., Fachärztin für Innere Medizin/Diabetologie, vom 16. Mai 2013 vorgelegt, wonach unter anderem ein Diabetes mellitus bei Erwachsenen diagnostiziert worden ist. Der HbA1c-Wert sei mit 6,7 % gemessen worden und habe sich im Vergleich zu früheren Untersuchungen etwas verschlechtert. Die Therapie mit Siofor, 500 mg habe sich wegen einer sich entwickelten Diarrhoeproblematik nicht weiter steigern lassen und werde daher weiterhin nur einmal täglich eingenommen.
Das SG hat schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei Dr. R., Facharzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde, sowie Dr. H., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, eingeholt, welche im Juli 2013 und im Folgemonat vorgelegt worden sind.
Dr. R. hat ausgeführt, es habe sich ein leichtes obstruktives Schlafapnoe-Syndrom gefunden. Die Einsekundenkapazität sei mit 1,61 l und 70,3 % des Solls mit guter Teilreversibilität auf Lyse leichtgradig eingeschränkt gewesen. Der Befund habe einer COPD nach dem Stadium I entsprochen. Die Atemwegserkrankung sei mit einem GdB von 30 ausreichend bewertet.
Dr. H. hat kundgetan, die Klägerin habe sie zweimal, Ende November und Anfang Dezember 2012, aufgesucht. Nach zweimaligem Kontakt sei die Diagnostik noch nicht abgeschlossen gewesen. Die Klägerin habe über eine Energielosigkeit berichtet, welche jedoch auch in Zusammenhang mit dem Schlafapnoe-Syndrom gestanden haben könne. Differenzialdiagnostisch sei auch eine Depression möglich gewesen.
Aus dem beim SG parallel geführten Verfahren S 11 R 624/13 zur Feststellung eines Rechts auf Erwerbsminderungsrente sind die Sachverständigengutachten von Dr. J., Oberarzt der Orthopädischen Klinik der St. V.-Kliniken in K., und Dr. Sch., Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, beigezogen worden.
Nach der ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 18. Juni 2013 hat Dr. J. ausgeführt, es seien eine leichte Fehlstatik der Wirbelsäule, fortgeschrittene degenerative Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit multisegmentalen Bandscheibenschäden und einer fraglichen sensiblen Radikulopathie im Bereich L5/S1, eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes bei anzunehmender Tendinitis calcarea mit Impingementsymptomatik, Heberden-Arthrosen im Bereich der Endgelenke der Langfinger beidseits, ein operiertes Karpaltunnelsyndrom rechts, ein Karpaltunnelsyndrom links, ein diskreter Reizzustand beider Kniegelenke mit anzunehmendem mäßigem retropatellarem Knorpelschaden, eine diskrete Krampfaderbildung beidseits sowie ein leichter Spreizfuß beidseits festgestellt worden. Im Januar 2010 sei es zu einer akuten Schmerz-Exazerbation gekommen. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne die Klägerin im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche die noch möglichen Tätigkeiten sechs Stunden täglich verrichten. Er habe neben einer leichten Aggravation ein chronisches vertebrales Schmerzsyndrom vermutet; denkbar sei auch eine somatoforme Schmerzstörung. Zu beurteilen sei dies auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet.
Dr. Sch. hat nach der ambulanten Untersuchung der Klägerin am 4. September 2013 mitgeteilt, sie leide an einer histrionischen Persönlichkeitsakzentuierung (ICD-10 Z73.1). Anhaltspunkte für eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung oder eine relevante Erkrankung des neurologischen Formenkreises hätten sich nicht ergeben. Einen ausreichenden Hinweis für ein klinisch relevantes Rezidiv habe sich nach der Operation des Karpaltunnelsyndroms rechts nicht ergeben. Weiterhin habe ein metabolisches Syndrom mit einem Diabetes mellitus, einer Adipositas, einer arteriellen Hypertonie und einer kombinierten Fettstoffwechselstörung sowie eine chronische obstruktive Lungenerkrankung im Stadium I nach Gold vorgelegen. Bei der Klägerin habe ein arbeitstägliches Leistungsvermögen ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit von mindestens sechs Stunden unter Berücksichtigung des qualitativen Leistungsbildes auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche vorgelegen. Sie habe eine leidensgerechte Tätigkeit mit der erforderlichen Regelmäßigkeit ausüben können.
Im Hinblick auf das mittlerweile anhängige Berufungsverfahren L 10 R 174/14 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) haben die Beteiligten das Ruhen des Schwerbehindertenverfahrens beantragt, welches das SG mit Beschluss vom 11. März 2014 angeordnet hat. Nachdem dieses Rechtsmittelverfahren mit Urteil vom 22. Januar 2015 abgeschlossen worden ist, hat die Klägerin am 27. Mai 2015 das Verfahren wieder angerufen, welches nun als S 3 SB 1730/15 fortgeführt worden ist. Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28. Dezember 2015 abgewiesen. Die Beweiserhebung habe ergeben, dass kein GdB von 50 erreicht sei.
Hiergegen hat die Klägerin am 27. Januar 2016 Berufung beim LSG eingelegt und schließlich beantragt, Priv.-Doz. Dr. Z., Facharzt für Neurochirurgie, im Rahmen von § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Sachverständigen zu hören. Dieser hat nach der ambulanten klinischen Untersuchung der Klägerin am 29. November 2016 ausgeführt, bei ihr habe ein exzessives Übergewicht (ICD-10 E66.82), ein Diabetes mellitus Typ II (ICD-10 E11.90), ein degeneratives Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom (ICD-10 M47.82, M47.84 und M47.86), eine diabetische Neuropathie an den Beinen (ICD-10 E14.40) sowie der Verdacht auf eine diabetische Nephropathie (ICD-10 E14.20) mit Niereninsuffizienz (ICD-10 N18.9) bestanden. Die beiden letzten Diagnosen bedürften der Bestätigung durch einen Internisten oder Nephrologen. Die Klägerin habe sich nur mühsam und unter Schmerzen bewegen können. Es sei klar, dass ein solcher Zustand zu starken seelischen Beeinträchtigungen führe. Einzig die geistigen Fähigkeiten schienen nicht erkennbar eingeschränkt gewesen zu sein. Sie sei als multimorbid einzustufen. Es sei nicht sinnvoll, einzelne Funktionsstörungen einzustufen. Nur eine Gesamtschau könne weiterhelfen. Die Summe der Funktionsstörungen sei als schwer zu bezeichnen. Die Vorgutachten hätten sich demgegenüber auf die Beurteilung einzelner Sektoren beschränkt, eine Gesamtschau sei in diesen nicht vorgenommen worden. In den letzten zwölf Monaten habe die Klägerin 20 kg zugenommen. Ihr Gesundheitszustand sei mit Sicherheit erheblich schlechter als 2007. Den GdB schätze er auf 100. Sie sei mit Sicherheit nicht in der Lage, irgendeiner bezahlten Tätigkeit zum Bestreiten ihres Lebensunterhaltes nachzugehen. Entgegen der versorgungsärztlichen Einschätzung von Dr. G. liege mit der diabetischen Neuropathie eine neurologische Erkrankung vor. Soweit Dr. J. eine geringgradige Funktionseinschränkung angenommen habe, sei dies für die Halswirbelsäule korrekt. Jedoch sei jegliche andere Bewegung stark schmerzhaft, was zwangsläufig zu einer erheblichen Bewegungseinschränkung führe. Dr. G. habe den Gesamt-GdB nur formal beurteilt. Es fehle der Diabetes mellitus mit seinen Komplikationen.
Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, das erstinstanzliche Verfahren sei mit dem Erlass des Gerichtsbescheides verfahrensrechtlich fehlerhaft abgeschlossen worden. Der Sachverhalt sei keineswegs geklärt gewesen. Die Sache weise besondere Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Art auf. Die aus dem Verfahren zur Feststellung des Rechts auf Erwerbsminderungsrente beigezogenen Gutachten seien nicht geeignet, einen hinreichenden Aufschluss über die Höhe des GdB zu erbringen. Es gebe zahlreiche Personen, die zwar mit einem GdB von mindestens 50 schwerbehindert seien, welche jedoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unproblematisch vollschichtig erwerbstätig sein könnten. Bislang ungeachtet geblieben sei, dass Dr. R. ihre Erkrankungen der Atemwege mit einem GdB von 30 eingeschätzt habe. Die Funktionsbehinderungen der Wirbelsäule, des Schultergelenkes und der Adipositas erreichten einen Teil-GdB von 40. Unter der weiteren Berücksichtigung eines Teil-GdB von 20 für die Kniegelenke sei ein Gesamt-GdB von 50 erreicht.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. Dezember 2015 aufzuheben und den Bescheid vom 9. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2013 teilweise aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, bei ihr unter weiterer Abänderung des Bescheides vom 28. August 2007 den Grad der Behinderung mit 50 ab 8. November 2011 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, der von Priv.-Doz. Dr. Z. geschätzte Gesamt-GdB von 100 sei nicht nach Einzel-GdB-Werten aufgeschlüsselt und nicht nachvollziehbar. Nach den versorgungsmedizinischen Grundsätzen sei insbesondere nach Funktionssystemen zu trennen. Er habe keine Funktionsdaten erhoben, welche die von ihm angenommenen Bewegungseinschränkungen verdeutlichten. Die angegebene Kraftminderung im Bereich der Schultermuskulatur beidseits sei nicht als anhaltend dokumentiert. Die von Dr. Sch. vorgenommene Messung der Nervenleitgeschwindigkeit habe einen unauffälligen Befund gezeigt. Aktuelle elektrophysiologische Erhebungen seien von Priv.-Doz. Dr. Z. nicht getätigt worden. Motorische Ausfälle im Bereich der Beine oder höhergradige Koordinationsstörungen seien nicht belegt. Der Diabetes mellitus werde nach Aktenlage mit Siofor behandelt und bedinge mit dieser Behandlung keinen messbaren GdB. Priv.-Doz. Dr. Z. habe keine andere aktuelle Medikation mitgeteilt. Eine für den GdB relevante diabetische Polyneuropathie sei bislang nicht nachgewiesen. Die Niereninsuffizienz sei ebenfalls nicht objektiviert. Ein höherer GdB als 40 sei nicht begründbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, einschließlich der LSG-Akte L 10 R 174/14, sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m. w. N.) zulässige Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat bis aktuell keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40, wie ihn der Beklagte mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 seit 8. November 2011 zuerkannt hat. Daher ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Gegenstand der Klage ist ein Anspruch auf Neufeststellung des GdB mit 50 ab 8. November 2011 aufgrund einer geltend gemachten Verschlimmerung desjenigen Gesundheitszustandes, der dem bestandskräftigen Bescheid vom 28. August 2007 zugrunde lag. Diesem Begehren steht der Bescheid vom 9. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2013 entgegen, da ihn das SG nicht zumindest teilweise aufgehoben hat. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich, bezogen auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34), vorliegend dem 1. Juni 2017.
Verfahrensrechtliche Grundlage für den Klageanspruch ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten der Betroffenen erfolgt (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X). Dabei liegt eine wesentliche Änderung vor, soweit der Verwaltungsakt nach den nunmehr eingetretenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen nicht mehr so erlassen werden dürfte, wie er ergangen war. Die Änderung muss sich nach dem zugrundeliegenden materiellen Recht auf den Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes auswirken. Das ist bei einer tatsächlichen Änderung nur dann der Fall, wenn diese so erheblich ist, dass sie rechtlich zu einer anderen Bewertung führt. Von einer wesentlichen Änderung ist im vorliegenden Zusammenhang bei einer Verschlechterung im Gesundheitszustand der Klägerin auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 12). Im Falle einer solchen Änderung ist der Verwaltungsakt - teilweise - aufzuheben und durch die zutreffende Bewertung zu ersetzen (vgl. BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 -, juris, Rz. 11 m. w. N.). Die Feststellung einer wesentlichen Änderung setzt einen Vergleich der Sach- und Rechtslage bei Erlass des (teilweise) aufzuhebenden Verwaltungsaktes und zum Zeitpunkt der Überprüfung voraus (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2010 - B 9 V 2/10 R -, juris, Rz. 38 m. w. N.; Schütze, in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Aufl. 2014, § 48 Rz. 4).
Bei dem Bescheid vom 28. August 2007 über die Feststellung des GdB mit 30 seit 4. Mai 2007 handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 31 m. w. N.). In den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass dieser Verwaltungsentscheidung vorlagen, ist indes eine wesentliche Änderung nur insoweit eingetreten, als die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin mit einem Gesamt-GdB von 40 zu bewerten sind. Diese Feststellung hat der Beklagte mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 bereits ab 8. November 2011 getroffen.
Der Anspruch der Klägerin richtet sich materiell-rechtlich nach § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der aktuellen Fassung durch Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach Zehnergraden abgestuft festgestellt (§ 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze und unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen der Klägerin bis aktuell keinen höheren als den bereits mit Bescheid vom 9. Dezember 2011 festgestellten GdB von 40 begründen.
Die bei ihr wegen der Gesundheitsstörungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen bedingen in Bezug auf das Funktionssystem "Rumpf" allenfalls einen Teil-GdB von 30, hinsichtlich "Arme" und "Beine" ist jeweils kein höherer Teil-GdB als 10 erreicht.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Bei der Klägerin liegen im Bereich der Halswirbelsäule geringgradige funktionelle Auswirkungen vor, wovon Dr. J. aufgrund seiner Begutachtung im Juni 2013 nachvollziehbar ausgegangen ist. Dessen im Verfahren S 11 R 624/13 beim SG erstellte Expertise hat der Senat als Sachverständigenbeweis verwertet (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 411a Zivilprozessordnung - ZPO). Der Sachverständige Priv.-Doz. Dr. Z. ist nach seiner gutachtlichen Untersuchung Ende November 2016 ebenfalls von diesem Schweregrad ausgegangen. Mit den von Dr. J. festgestellten degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule mit multisegmentalen Bandscheibenschäden, welche bereits von Dr. H. nach dem stationären Aufenthalt in der K.-Klinik in Ü. als chronifiziertes vertebragenes Schmerzsyndrom nach einem Bandscheibenvorfall im Segment L4/5 mit Spinalkanalstenose und Kompression im Bereich L5 (ICD-10-GM-2017 M54.9) beschrieben wurden und mit einer allerdings fraglichen und damit nicht objektivierten sensiblen Radikulopathie im Bereich L5/S1 sind in diesem Wirbelsäulenabschnitt allenfalls mittelgradige funktionelle Auswirkungen objektiviert, wodurch sich für das Funktionssystem "Rumpf", selbst bei Berücksichtigung leichtgradiger Funktionsstörungen im Bereich der Brustwirbelsäule ob der Fehlstatik und eines Wirbelsäulensyndroms, allenfalls ein Teil-GdB von 30 begründen lässt.
Außergewöhnliche Schmerzen, die zusätzlich zu berücksichtigen wären (VG, Teil A, Nr. 2 j; stRspr, vgl. Urteil des Senats vom 26. Februar 2015 - L 6 SB 2969/14 -, juris, Rz. 56), sind indes nicht nachgewiesen. Es ist im Falle der Klägerin nicht belegt, dass sie auf stärkste Schmerzmittel wie Opiate oder deren Derivate zurückgegriffen hat oder gar eine stationäre Schmerztherapie zum Einsatz gekommen ist. Demgegenüber hat Dr. Sch. nach seinem ebenfalls als Sachverständigenbeweis verwerteten überzeugenden Gutachten sogar eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung ausgeschlossen. Daher sind allenfalls üblicherweise mit den bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen vorhandene Schmerzen vorhanden. Diese sind bereits in den in der GdB-Tabelle niedergelegten Sätzen mit eingeschlossen, selbst wenn es sich um erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände handelt, weshalb sich hierdurch der Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Rumpf" nicht weiter erhöht.
Der GdB bei Gliedmaßenschäden ergibt sich nach den VG, Teil B, Nr. 18.11 aus dem Vergleich mit dem GdB für entsprechende Gliedverluste. Trotz erhaltener Extremität kann der Zustand gelegentlich ungünstiger sein als der Verlust. Die aufgeführten GdB für Gliedmaßenverluste gehen, soweit nichts anderes erwähnt ist, von günstigen Verhältnissen des Stumpfes und der benachbarten Gelenke aus. Bei ausgesprochen ungünstigen Stumpfverhältnissen, bei nicht nur vorübergehenden Stumpfkrankheiten sowie bei nicht unwesentlicher Funktionsbeeinträchtigung des benachbarten Gelenkes sind diese Sätze im allgemeinen um 10 zu erhöhen, unabhängig davon, ob Körperersatzstücke getragen werden oder nicht. Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel mindern bei Verlust und Funktionsstörungen der Gliedmaßen sowie bei Funktionseinschränkungen des Rumpfes die Auswirkungen der Behinderung, ohne dass dadurch der durch den Schaden allein bedingte GdB eine Änderung erfährt. Bei der Bewertung des GdB von Pseudarthrosen ist zu berücksichtigen, dass straffe günstiger sind als schlaffe. Bei habituellen Luxationen richtet sich die Höhe des GdB außer nach der Funktionsbeeinträchtigung der Gliedmaße auch nach der Häufigkeit der Ausrenkungen.
Danach ist im Hinblick auf die VG, Teil B, Nrn. 18.13 und 18.14 nach der von Dr. J. erhobenen endgradigen Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenkes bei anzunehmender Tendinitis calcarea mit Impingementsymptomatik, der Heberden-Arthrosen im Bereich der Endgelenke der Langfinger beidseits, des operiertes Karpaltunnelsyndrom rechts, wofür sich anschließend nach schlüssiger Darlegung von Dr. Sch. kein klinisch relevantes Rezidiv ergeben hat, und des Karpaltunnelsyndrom links einerseits sowie des diskreten Reizzustandes beider Kniegelenke mit mäßigem retropatellarem Knorpelschaden, der diskreten Krampfaderbildung beidseits und des leichten Spreizfußes beidseits andererseits für die Funktionssysteme "Arme" und "Beine" jeweils kein höherer Teil-GdB als 10 gerechtfertigt, zumal die Beinmuskulatur nach den Feststellungen von Dr. H. zwar schwach ausgeprägt, das Gangbild allerdings gleichwohl flüssig war.
Das Funktionssystem "Atmung" bedingt einen Teil-GdB von 10.
Nach den VG, Teil B, Nr. 8.7 hat ein Schlafapnoe-Syndrom, welches im Schlaflabor durch eine Untersuchung nachgewiesen worden ist, ohne Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung einen GdB von 0 bis 10, mit einer solchen Notwendigkeit von 20 sowie, wenn sie nicht durchführbar ist, einen GdB von 50 zur Folge. Folgeerscheinungen oder Komplikationen (z. B. Herzrhythmusstörungen, Hypertonie, Cor pulmonale) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Der sachverständige Zeuge Dr. R. hat lediglich bestätigt, dass bei der Klägerin ein leichtes obstruktives Schlafapnoe-Syndrom gefunden, hingegen nicht, dass es mittels einer Untersuchung im Schlaflabor nachgewiesen worden ist. Die Einsekundenkapazität war mit 1,61 l und 70,3 % des Solls mit guter Teilreversibilität auf Lyse leichtgradig eingeschränkt. Dieser Befund entspricht nach seiner nachvollziehbaren Einschätzung einer COPD im Stadium I, weshalb ein GdB von 10 erreicht, ein höherer, insbesondere der von Dr. R. mit 30 angenommene, nicht nachvollziehbar ist.
Das Funktionssystem "innere Sekretion und Stoffwechsel" erreicht keinen GdB im messbaren Bereich.
Der von Dr. H. festgestellte Diabetes mellitus Typ II mit Erstdiagnose 2006 (ICD-10-GM-2017 E11.8), welchen Dr. W. bestätigt hat, bedingt im Falle der Klägerin keinen GdB von wenigstens 10. Nach den VG, Teil B, Nr. 15.1 erleiden an Diabetes erkrankte Menschen, deren Therapie regelhaft keine Hypoglykämie auslösen kann und die somit in der Lebensführung kaum beeinträchtigt sind, auch durch den Therapieaufwand keine Teilhabebeeinträchtigung, welche die Feststellung eines GdB rechtfertigt. Dieser beträgt 0. So stellt sich für den Senat die Situation der Klägerin dar. Der Diabetes mellitus ist mit Siofor oral-medikamentös eingestellt, auch wenn sich die Therapie bereits 2013 wegen einer sich entwickelten Diarrhoeproblematik nicht mehr mit einer höheren Tagesdosis als 500 mg steigern ließ. Der HbA1c-Wert war zuletzt von Dr. W. mit 6,7 % ermittelt worden und lag, auch wenn er sich nach ihrer Darlegung etwas verschlechtert hatte, noch nahe dem Normbereich. Eine diabetische Neuropathie oder eine diabetische Nephropathie, wie sie Priv.-Doz. Dr. Z. fachfremd als möglich ansah, ist bislang nicht objektiviert worden. Ein GdB von wenigstens 10 lässt sich damit nicht herleiten.
Nach den VG, Teil B, Nr. 15.3 bedingt die von Dr. H. diagnostizierte Adipositas, Grad III beziehungsweise das von Priv.-Doz. Dr. Z. festgestellte exzessive Übergewicht (ICD-10-GM-2017 E66.82) allein keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden, insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat, können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna. Mangels solcher neben den bereits beim Funktionssystem "Rumpf" berücksichtigten Folge- und Begleitschäden ist auch hieraus kein maßgeblicher GdB ableitbar. Die von ihm ebenfalls festgestellte kombinierte Fettstoffwechselstörung (ICD-10-GM-2017 E78.2) erreicht mangels einer nachgewiesenen Folgekrankheit genauso wenig einen GdB.
Auch sonst sind insbesondere mit dem Bluthochdruck, welcher durchgängig diastolische Werte unter 100 mmHg aufgewiesen hat (vgl. VG, Teil B, Nr. 9.3), oder wegen des Teilverlustes des Dickdarmes keine Gesundheitsstörungen nachgewiesen worden, derentwegen einem Funktionssystem zuzuordnende Einschränkungen vorliegen, welche überhaupt erst geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen. Eine Depression ist von der sachverständigen Zeugin Dr. H. bereits nicht diagnostiziert, lediglich differentialdiagnostisch angeführt worden.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist im Falle der Klägerin der Gesamt-GdB lediglich aus dem Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Rumpf" zu bilden und erreicht damit bis aktuell keinesfalls einen höheren als den vom Beklagten anerkannten von 40. Der Einschätzung von Priv.-Doz. Dr. Z. ist der Senat nicht gefolgt, da er seine medizinische Einschätzung nicht mit Befunden untermauert hat. Sie entbehrt jeglicher Grundlage und berücksichtigt bereits nicht, dass eine Beurteilung aufgrund der Funktionssysteme nach den VG, Teil A, Nr. 2 e erfolgen soll. Die von ihm angenommene Multimorbidität erklärt allein nicht, weshalb hiervon vorliegend abzuweichen ist.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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