L 13 R 1815/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 606/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1815/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. April 2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe zu erstattender Kosten eines Widerspruchsverfahrens.

Der 1948 geborene Kläger hatte in einem vorangegangenen Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Freiburg (SG) - Az. S 14 R 481/12, nach Ruhen und Wiederanrufung S 8 R 5688/13 - die Aufhebung eines Bescheids vom 28. Juni 2011 begehrt, mit welchem ihm für den Zeitraum vom 1. März 2010 bis 28. Februar 2011 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt und verfügt worden war, die Nachzahlung von 6.108,55 EUR werde der Krankenkasse zur Abrechnung überwiesen. Ein Vergleichsangebot der Beklagten vom 15. April 2014 (mit Klarstellung vom 29. April 2014), mit dem sich diese bereit erklärte, den Bescheid vom 28. Juni 2011 aufzuheben, nahm der Kläger am 15. Mai 2015 an und erklärte den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2014 entschied die Beklagte (in Umsetzung des Vergleichs), der Rentenbescheid vom 28. Juni 2011 werde zurückgenommen, ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bestehe für die Zeit vom 1. März 2010 bis 28. Februar 2011 nicht und die Überzahlung von 6.108,55 EUR sei vom Kläger zu erstatten sowie auf das angegebene Konto zu überweisen.

Dagegen erhob der Kläger am 8. Juli 2014 hinsichtlich der Rückforderung von 6.108,55 EUR Widerspruch mit dem Hinweis, er habe diesen Betrag nicht erhalten, er sei von der Beklagten mit der Krankenkasse abgerechnet worden. Er gehe davon aus, dass die - beigefügte - Abrechnungsmitteilung der Krankenkasse (vom 26. Juli 2011) der Beklagten vorliege.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2014 half die Beklagte dem Widerspruch in vollem Umfang ab und nahm den Bescheid vom 26. Juli 2014 hinsichtlich der Rückforderung zurück. Ferner erklärte sie sich bereit, die notwendigen Kosten zu erstatten.

Der Bevollmächtigte des Klägers übersandte hierauf der Beklagten die Vergütungsrechnung vom 29. Juli 2014 für die Kosten des Widerspruchsverfahrens und stellte einen Betrag von 1.551,76 EUR in Rechnung (Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2302 VV Rechtsanwaltsvergütungsgesetz [RVG] 640,00 EUR, Einigungs- oder Erledigungsgebühr sozialrechtliche Angelegenheit gemäß § 3 RVG i.V.m. Nr. 1005 VV RVG 640,00 EUR, Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR, Dokumentenpauschale [s/w, 8 Ablichtungen] gemäß Nr. 7000 VV RVG 4,00 EUR und 19% Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG 247,76 EUR).

Mit Bescheid vom 12. August 2014 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 439,11 EUR fest (Geschäftsgebühr sozialrechtliche Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren betragsarmen Gebühren entstehen [§ 3 RVG] Nr. 2302 VV 345,00 EUR, Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten [Kopien und Ausdrucke] schwarz-weiß Nr. 7000 VV 4,00 EUR, Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen Nr. 7002 VV 20,00 EUR und 19% Umsatzsteuer Nr. 7008 VV 70,11 EUR). Im vorliegenden Fall sei unter Berücksichtigung der maßgeblichen Kriterien hinsichtlich der Geschäftsgebühr die Mittelgebühr von 345,00 EUR anzusetzen. Eine Gebühr von mehr als 300,00 EUR könne nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Vorliegend habe es sich um ein durchschnittliches Widerspruchsverfahren gehandelt. Die geltend gemachte Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV i. V. m. Nr. 1002 VV sei nicht angefallen. Eine solche Gebühr bei Einigung oder Erledigung in sozialgerichtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstünden, falle an, wenn sich die Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch anwaltliche Mitwirkung erledige. Das gleiche gelte, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsaktes erledige. Voraussetzung sei eine besondere, nicht nur unwesentliche und gerade auf die außergerichtliche Erledigung gerichtete Tätigkeit des Anwalts. Nicht ausreichend sei, dass der Rechtsanwalt an der Erledigung nur durch eine Tätigkeit in dem Umfang mitwirke, die nicht über das hinausgehe, was im Allgemeinen im Rahmen seiner Bevollmächtigung zu erwarten sei. Erforderlich sei ein gezielt auf die einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits gerichtetes Tätigwerden. Die unaufgeforderte Beschaffung oder das Erstellenlassen von Beweismitteln stelle nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) eine besondere Tätigkeit nur dar, wenn dies größeren Aufwand erfordere. Der Bevollmächtigte habe eine Bescheinigung über Krankengeldzahlung aus dem Jahr 2011 vorgelegt. Dabei handle es sich um Unterlagen, die ohne größeren Aufwand zu beschaffen gewesen seien, da sie nur zu kopieren gewesen seien. Mit der Widerspruchsbegründung sei nur eine Verfahrenshandlung vollzogen, die die Geschäftsgebühr auslöse. Dies allein genüge nicht, um zusätzlich die Erledigungsgebühr anfallen zu lassen. Bei Beachtung der maßgeblichen Bemessungskriterien sei die Geschäftsgebühr von 345,00 EUR angemessen.

Den dagegen vom Kläger am 22. September 2014 ohne Begründung eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Januar 2015 zurück.

Deswegen hat der Kläger am 12. Februar 2015 Klage beim SG erhoben, die er trotz Ankündigung nicht begründet hat.

Nach vorheriger Anhörung mit Gelegenheit zur Äußerung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. April 2016 abgewiesen. Unter Berücksichtigung der näher dargelegten Kriterien und Bestimmungen habe der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere Geschäftsgebühr. Ein Anspruch auf die geltend gemachte Erledigungsgebühr bestehe ebenfalls nicht. Voraussetzung hierfür wäre eine besondere, auf die Beilegung der Sache ohne gerichtliche Entscheidung abzielende, über die bereits mit der Geschäftsgebühr abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgehende Tätigkeit, die im vorliegenden Fall jedoch nicht festgestellt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gerichtsbescheid verwiesen.

Gegen den am 16. April 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17. Mai 2016, dem Dienstag nach dem Pfingstmontag, Berufung eingelegt. Am 16. Februar 2017 ist dann eine Berufungsbegründung eingegangen, mit der der Bevollmächtigte des Klägers vorträgt, mit dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. Juni 2014 habe er der Beklagten eine Abrechnung der GEK vorgelegt, die er entweder aus einer seiner Handakten entnommen oder vom Kläger gesondert angefordert habe, was ihm nicht mehr erinnerlich sei. Auf jeden Fall sei die Übersendung dieser Unterlage kausal für den dann folgenden Abhilfebescheid gewesen. Es hätten nur 15 Tage zwischen Widerspruchserhebung und Abhilfebescheid gelegen. Zur Widerspruchsbegründung hätte ausgereicht, darauf hinzuweisen, dass der Kläger den entsprechenden Geldbetrag zu keinem Zeitpunkt erhalten habe. Dann hätte das Verfahren aber höchstwahrscheinlich in ein Klageverfahren gemündet und für den Kläger, der hier diverse Verfahren mit der Krankenkasse und der Beklagten gehabt habe, einen neuen Instanzenzug begründet. Das sei nicht das Interesse gewesen. Es stelle sich die Frage, wann denn überhaupt eine Mitwirkungshandlung im Sinne der Rechtsprechung des BSG gegeben sei. Genau betrachtet gebe es dann ja eine Erledigungsgebühr eigentlich überhaupt nicht. Spezielle Dinge zu hinterfragen, was Abrechnungsmitteilungen angehe, Besprechungen deswegen zu führen neben der Widerspruchsbegründung, Unterlagen beizubringen, Querverbindungen zu anderen Akten, die man im Übrigen nur mit einem überbordenden Gehirn zustande bringe, sei keine Selbstverständlichkeit und sei auch nicht eine Mitwirkung im Sinne einer ordnungsgemäßen Widerspruchsbegründung, sondern eine darüber hinausgehende Mitwirkung. Die Rechtsprechung müsse "sich hierzu etwas geschmeidiger anstellen, damit es überhaupt zu einer Erfüllung des Tatbestandes" komme. Ferner gehe es um die Rückforderung von 6.000,00 EUR wofür 640,00 EUR Gebühr "wirklich nicht zu hoch gegriffen" seien. Man könne nicht argumentieren, dass dann bei einer Forderung von 50.000,00 EUR kein Gebührentatbestand mehr gelten würde. Das sei "eben die Crux an den Rahmengebühren" und die Bedeutung der Angelegenheit ziehe hier "nach oben im Rahmen des § 14 RVG" und so habe das BSG entschieden, "dass ein Merkmal bestimmt sein" könne "dafür, welche Gebührenhöhe in Ansatz zu bringen" sei "und dass die Bedeutung der Angelegenheit gleichwertig neben den anderen Tatbestandsmerkmalen" stehe. Es wäre zu begrüßen, wenn diese BSG-Entscheidung endlich einmal richtig Eingang finden würde in die Entscheidungspraxis. Die geltend gemachte Gebühr sei der Höhe nach und auch im Hinblick auf den Erledigungstatbestand nicht unangemessen hoch und nicht unzulässig geltend gemacht. Das RVG, genauso wie auch schon früher die BRAGO seien "in diesem gesamten Bereich eigentlich im Wesentlichen unpraktikabel". Verglichen mit zivilrechtlichen Gebühren wäre diese Gebühr hier überhaupt kein Thema.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. April 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 12. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2015 zu verurteilen, ihm weitere 1.112,64 EUR als Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten über den bereits gezahlten Betrag in Höhe von 439,11 EUR hinaus. Bei der Ansetzung der zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren seien die §§ 3, 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) sowie die Vorschriften des Vergütungsverzeichnisses (VV) anzuwenden. Die geltend gemachte Höchstgebühr von 640,00 EUR sei unbillig. Im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 26. Juni 2014 habe der Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 7. Juli 2014 Widerspruch eingelegt. Ein weiterer Schriftverkehr sei nicht erfolgt. Der Abhilfebescheid sei am 22. Juli 2014 ergangen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers begründe die geltend gemachte Höchstgebühr mit der Bedeutung der Angelegenheit. Die Bedeutung der Angelegenheit sei hier leicht überdurchschnittlich. Dies allein rechtfertigt jedoch keine überdurchschnittliche Gebühr. Sämtliche nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG heranzuziehenden Kriterien stünden selbstständig und gleichwertig nebeneinander. Der Umfang und die Schwierigkeit des Widerspruchsverfahrens sei unterdurchschnittlich gewesen. Es sei nur ein Widerspruchsschreiben gefertigt worden, die Widerspruchsbegründung sei nur kurz gewesen. Es seien keine rechtlichen Probleme und keine medizinischen Sachverhalte zu klären gewesen. Der Bevollmächtigte des Kläger sei mit der Rentenangelegenheit des Klägers auch bereits durch das vorangegangene Verfahren vertraut gewesen. Der im Widerspruchsverfahren angefochtene Bescheid sei in Ausführung des Vergleichs im vorangehenden Klageverfahren ergangen. Die Bedeutung der Angelegenheit sei nur leicht überdurchschnittlich gewesen, da kein monatlicher Anspruch auf eine Rentenleistung, sondern nur eine einmalige Forderung streitig gewesen sei. Die Einkommensverhältnisse des Klägers seien leicht überdurchschnittlich bei einer Nettorente von 1632,61 EUR im Juli 2013. Ein erhöhtes Haftungsrisiko sei nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich. Der unterdurchschnittliche Umfang und die unterdurchschnittliche Schwierigkeit der Angelegenheit kompensierten die leicht überdurchschnittliche Bedeutung. Eine über der Mittelgebühr liegende Gebühr sei deshalb nicht gerechtfertigt. Eine Erledigungsgebühr sei nicht angefallen. Der Bevollmächtigte des Klägers habe mit dem Widerspruch ein Schreiben der Barmer GEK vom 26. Juli 2011 eingesandt. Aus dem Datum und der Anschrift sei zu entnehmen, dass es sich um ein präsentes Beweismittel gehandelt habe. Es sei nicht für das Widerspruchsverfahren erstellt worden und habe sich offensichtlich im Besitz des Klägers befunden. Die Weiterleitung eines präsenten Beweismittels durch den Bevollmächtigten sei der allgemeinen Verfahrensförderung zuzuordnen und mit der Geschäftsgebühr abgegolten. Der Bevollmächtigte habe bei der Begründung des Widerspruchs der Mitwirkungspflichten des Mandanten Rechnung zu tragen und dazu gehöre, dass er präsente Beweismittel unaufgefordert vorlege, wenn diese ohne größeren Aufwand zu beschaffen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Zutreffend hat das SG entschieden, dass dem Kläger kein Anspruch auf Erstattung höherer Kosten als 439,11 EUR zusteht.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 14. April 2016 sowie der Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten vom 12. August 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids 12. Januar 2015, mit dem die Beklagte die von ihr zu erstattenden Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren auf 439,11 EUR begrenzt hat.

Die Notwendigkeit der Zuziehung des Bevollmächtigten im Sinne von § 63 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hat die Beklagte im Abhilfebescheid vom 22. Juli 2014 festgestellt.

Rechtsgrundlage des Anspruchs des Klägers auf Erstattung von Kosten dem Grunde nach ist § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Verbindung mit dem Abhilfebescheid vom 22. Juli 2014 sowie dem Kostenfestsetzungsbescheid vom 12. August 2014. Hiernach hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat - hier die Beklagte -, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten (§ 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Dazu rechnen auch die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts bzw. hier eines Rentenberaters, wenn seine Zuziehung im Vorverfahren notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB X). In diesem Sinne ist mit dem Bescheid vom 22. Juli 2014 bindend entschieden, dass die Beklagte die im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten einschließlich der Gebühren des Bevollmächtigten des Klägers dem Grunde nach zu erstatten hat.

Die hiernach zu erstattenden Gebühren und Auslagen des Bevollmächtigten des Klägers ergeben sich aus dem RVG und dem VV zum RVG in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung.

Die nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X zu erstattenden Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts bzw. Rentenberaters im Sinne von § 63 Abs. 2 SGB X sind die gesetzlichen Gebühren. In sozialrechtlichen Angelegenheiten außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, für die - wie hier - bei Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens das GKG nicht anzuwenden wäre, entstehen danach Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 2 RVG), die sich nach dem VV Teil 1 zum RVG bestimmen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG). Sie umfassen nach Nr. 2302 des VV zum RVG eine Geschäftsgebühr u.a. für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (vgl. Vorbemerkung 2.3 zu Nr. 2300 VV RVG). Sie bestimmte sich in der hier geltenden Fassung innerhalb eines Betragsrahmens von 50,00 EUR bis 640,00 EUR, wobei eine Gebühr von mehr als 300,00 EUR Euro (Schwellengebühr) nur gefordert werden konnte, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.

Innerhalb dieses Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt bzw. hier Rentenberater nach § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG), und zwar bei Rahmengebühren, die sich - wie hier - nicht nach dem Gegenstandswert richten, unter Berücksichtigung auch des Haftungsrisikos (§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).

Dass hiernach die ursprüngliche Kostennote des Bevollmächtigten der Klägerin vom 29. Juli 2014 mit einer Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG in Höhe der Höchstgebühr von 640,00 EUR unbillig ist, hat die Beklagte zutreffend und auch wirksam beanstandet. Anders als mit diesem Gebührenansatz zu Grunde gelegt entspricht die mit ihm abgerechnete anwaltliche Tätigkeit unter Berücksichtigung der in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG angeführten Gesichtspunkte allenfalls einem durchschnittlichen sozialrechtlichen "Normal"-Widerspruchsverfahren, so dass sie die Erhebung einer höheren Geschäftsgebühr als 345,00 EUR, die die Beklagte zu Grunde gelegt hat und eher großzügig erscheint, nicht rechtfertigen könnte.

Vielmehr war insbesondere der Umfang der abgerechneten anwaltlichen Tätigkeit, also der benötigte Zeitaufwand, vergleichsweise gering und jedenfalls unterdurchschnittlich und auch die Schwierigkeit, also die Intensität der Arbeit, ebenfalls deutlich unterdurchschnittlich. Das Widerspruchsvorbringen erschöpfte sich in dem Vorbringen, die Rentennachzahlung sei nicht an den Kläger geflossen, was sich bereits aus dem aufgehobenen Rentenbescheid ergab. Dass dies ein aufwändiges Aktenstudium oder die Anforderung weiterer Unterlagen oder die Prüfung schwieriger Rechtsfragen erfordert hätte, ist nicht zu erkennen. In etwa durchschnittlich waren bei einer Nettorente von 1.632,61 EUR auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers und besondere gebührenerhöhende Haftungsrisiken, die zu einer höheren Geschäftsgebühr führen könnten, bestanden ebenfalls nicht. Auch die Bedeutung der Angelegenheit ist im Hinblick auf den Rückforderungsbetrag von 6.108,55 EUR verglichen mit Verfahren, in denen es um Rentenleistungen für mehrere Jahre und insofern um weit höhere Summen geht, allenfalls leicht überdurchschnittlich. Zusammengefasst hat auch der Bevollmächtigte des Klägers, nichts vorgetragen, was unter Berücksichtigung aller Umstände den Ansatz einer höheren Geschäftsgebühr als der festgesetzten rechtfertigen könnte. Entsprechende Umstände sind auch aus den Akten nicht ersichtlich. Die vom Bevollmächtigten des Klägers geforderte Gebühr ist angesichts dessen unbillig. Es verbleibt deshalb bei der von der Beklagten anerkannten Geschäftsgebühr in Höhe von 345,00 EUR.

Weiterhin hat das SG zutreffend entschieden, dass die geltend gemachte Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV i. V. m. Nr. 1002 VV nicht angefallen ist. Nach der Rechtsprechung des BSG zu Nr. 1005 bzw. 1002 VV kann eine Gebühr für die Mitwirkung an der Erledigung eines isolierten Vorverfahrens nur beansprucht werden, wenn der Rechtsanwalt eine über die Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgehende besondere Tätigkeit entfaltet hat, die ursächlich für die unstreitige Erledigung des Verfahrens war (vgl. dazu u.a. auch BSG, Urteile vom 17. Dezember 2013, B 11 AL 15/12 R, 9. Dezember 2010, B 13 R 63/09 R, und 5. Mai 2010, B 11 AL 14/09 R, jeweils in Juris). Erforderlich ist eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung, die über das Maß hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im Widerspruchsverfahren abgegolten wird. Eine solche qualifizierte, eine Erledigungsgebühr begründende Tätigkeit liegt beispielsweise vor, wenn der Rechtsanwalt zum Zwecke des Beweises entscheidungserheblicher Tatsachen unaufgefordert neue Beweismittel, etwa während des Vorverfahrens auf seine Veranlassung neu erstattete Befundberichte oder fachliche Stellungnahmen, beibringt. In der Vorlage der Abrechnung der Krankenkasse vom 26. Juli 2011 zum Widerspruch vom 8. Juli 2014, und in dem Hinweis, dass die Rentennachzahlung nicht an den Kläger erbracht worden war, was sich schon aus dem (aufgehobenen) Rentenbescheid vom 28. Juni 2011 ergab, liegt hier allenfalls eine Tätigkeit vor, die durch die Geschäftsgebühr abgegolten ist. Um neue Unterlagen, die vom Bevollmächtigten des Klägers erst hätten beschafft werden müssen, handelte es sich bei dem Schreiben der Krankenkasse vom 26. Juli 2011 nicht und er ging auch davon aus, dass entsprechende Unterlagen der Beklagten bereits vorlagen. Beschaffen musste der Bevollmächtigte des Klägers diese Unterlagen nicht. Dass dies der Fall gewesen ist, wird weder behauptet, noch wäre dies nachvollziehbar, da der Bevollmächtigte der Klägers diesen insoweit in den weiteren Verfahren gegen die Beklagte und in Verfahren gegen die Krankenkasse vertreten hatte. Es handelte sich um präsente Unterlagen, deren Vorlage mit der Geschäftsgebühr abgegolten ist. Die geltend gemachte Erledigungsgebühr ist somit nicht angefallen. Der Kläger hat insoweit nichts vorgetragen, was zu einem anderen Ergebnis führen würde.

Zu der zu beanspruchenden Geschäftsgebühr kommen die zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitigen Auslagentatbestände nach Nr. 7000 VV RVG (Kopierkosten in Höhe von 4,00 EUR), Nr. 7002 VV RVG (Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von 20,00 EUR) und Nr. 7008 VV RVG (Umsatzsteuer auf die Vergütung in Höhe von 70,11 EUR) hinzu, woraus sich der von der Beklagten festgesetzte Betrag in Höhe von insgesamt 439,11 EUR ergibt.

Damit hat der Kläger keinen Anspruch auf höhere als die von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten erstattungsfähigen Kosten, so dass das SG die Klage zu Recht abgewiesen hat. Der Senat weist deshalb die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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