Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 1224/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 1817/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12. April 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs (Merkzeichen) G (gehbehindert).
Der im Jahr 1958 geborene Kläger ist gelernter Einzelhandelskaufmann und ist seit dem Jahr 2001 als Betriebsprüfer für die D. R. Bund im Außendienst und mit krankheitsbedingter Unterbrechung wieder seit August 2011 in Vollzeit tätig, wobei die berufliche Tätigkeit bis zum 66. Lebensjahr geplant ist. Bei einem privaten Traktorunfall bereits im Jahr 1968 zog sich der Kläger eine Vorfußverletzung rechts mit Frakturen der Zehen II bis V zu. Der kleine Zeh rechts wurde in der Folge amputiert.
Ein erstmals im Jahr 1982 gestellter Antrag des Klägers auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und die Zuerkennung des Merkzeichens G blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 1. Oktober 1982, Widerspruchsbescheid vom 19. April 1983). Gleiches gilt für den Antrag vom Juli 1992 (Bescheid vom 10. November 1992, Widerspruchsbescheid vom 17. August 1993).
Auf seinen Antrag vom November 2003 stellte das Versorgungsamt R. schließlich mit Bescheid vom 7. Juli 2004 beim Kläger wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, einer Gebrauchseinschränkung des rechten Fußes, wegen Zehenverlusts und einer Funktionsbehinderung des linken Sprunggelenks einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 fest.
Auf einen im Dezember 2005 gestellten Erhöhungsantrag wegen u.a. einer gestiegenen Schmerzempfindlichkeit und Funktionsbeeinträchtigung durch seine Fußverletzung stellte der Beklagte mit Bescheid vom 10. Oktober 2006 einen GdB von 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz (EStG) seit dem 19. November 2003 fest. Er stützte sich dabei auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Z. (Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Gebrauchseinschränkung des rechten Fußes, Zehenverlust, Funktionsbehinderung des linken Sprunggelenks [Teil-GdB 30], Bluthochdruck [Teil-GdB 20], Refluxkrankheit der Speiseröhre [Teil-GdB 10], Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse [Teil-GdB 10] und chronisches Schmerzsyndrom [Teil-GdB 10], Gesamt-GdB 40). Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2006). Im Klageverfahren beim Sozialgericht Konstanz (SG – S 1 SB 3724/06) legte der Kläger u.a. einen Arztbrief seines Orthopäden Dr. K. vom 19. Dezember 2007 vor, worin dieser Hohl-Spreiz-Füße, eine Arthrose linkes Sprunggelenk, eine aktivierte Sprunggelenksarthrose links, eine Beinverkürzung rechts und eine forcierte Brustwirbelsäulenkyphose diagnostiziert hatte. Die Klage wurde mit Urteil vom 6. Mai 2008 abgewiesen. Die Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg wurde zurückgewiesen (Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2009 – L 6 SB 2873/08), die Nichtzulassungsbeschwerde vom Bundessozialgericht (BSG) als unzulässig verworfen (Beschluss vom 10. Februar 2010 - B 9 SB 66/09 B).
Am 24. März 2010 stellte der Kläger einen weiteren GdB-Erhöhungsantrag wegen einer inzwischen diagnostizierten Magenkarzinomerkrankung und begehrte zusätzlich die Feststellung des Merkzeichens G. Für das Merkzeichen stützte er sich auf das genannte Schreiben von Dr. K. vom Dezember 2007.
Nachdem Dr. G. vom versorgungsärztlichen Dienst u.a. den Teil-GdB wegen der Magenerkrankung in Heilungsbewährung auf 80 und wegen Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Gebrauchseinschränkung des rechten Fußes, Zehenverlusts und Funktionsbehinderung des linken Sprunggelenks auf 30 eingeschätzt sowie aus medizinischer Sicht keine ausreichende Gründe für das Merkzeichen G gesehen hatte, hob der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 18. Mai 2010 den Bescheid vom 10. Oktober 2006 auf und erhöhte den GdB auf 100. Die erforderlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G lägen allerdings nicht vor.
Am 16. November 2011 beantragte der Kläger erneut die Feststellung des Merkzeichens G. Er legte einen Arztbrief der orthopädischen Abteilung des Universitätsklinikums F. vom 14. November 2011 vor, worin ein Zustand nach Vorfußverletzung rechts 1986 mit Amputation D V und Phalanxfrakturen D II-IV und Überlastungsmetatarsalgie, eine Gastrocenmiusverkürzung beidseits und eine beginnende moderate Arthrose des oberen Sprunggelenks beidseits diagnostiziert wurden. Rechts hätten sich vier Zehen mit Krallenzehendeformität gefunden. Die Motorik sei dadurch reduziert, die Zehen seien aber noch mobil und nicht kontrakt. Physiotherapie, Einlagen und Abrollhilfen zur Dehnung der Wadenmuskulatur und Zehenmobilität wurden empfohlen.
Unter Berücksichtigung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Z., wonach die Funktionsbehinderung der Sprunggelenke und des Fußes weiterhin ausreichend gewürdigt und keine wesentliche Änderung eingetreten sei, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29. Dezember 2011 die Feststellung des Merkzeichens G ab.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, dass er zu Fuß nicht zwei Kilometer in einer halben Stunde zurücklegen könnte.
Der vom Beklagten befragte Versorgungsarzt Dr. G. führte hierzu an, dass durch neue Einlagen zur Entlastung im Vorfußbereich der Kläger lang und ausreichend weit gehfähig sei. In der Folge wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2012 den Widerspruch zurück und führte dabei aus, dass der Kläger nicht zu dem Personenkreis gehöre, dem das Merkzeichen G zustehe. Die sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bedingten für sich allein keinen GdB von wenigstens 50. Darüber hinaus seien die Funktionsbeeinträchtigungen an den unteren Gliedmaßen auch mit einer Versteifung des Hüftgelenks oder einer Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung nicht vergleichbar. Keine an den Beinen und an der Lendenwirbelsäule festgestellte Funktionsbeeinträchtigung wirke sich auf die Gehfähigkeit im besonderen Maße aus.
Am 8. Mai 2012 hat der Kläger beim SG Klage erhoben. Er hat angeführt, dass er unter einer Amputation von Zehen und einer Verkrümmung verbleibender Zehen am rechten Fuß leide. Am linken Sprunggelenk liege eine Arthrose vor, die schmerzhaft sei. Er sei nicht in der Lage, ortsübliche Wege zu Fuß zurückzulegen.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Hausarzt A. hat im November 2012 angegeben, dass die Bewegungsfähigkeit des Klägers durch die Einschränkung des Gehvermögens beeinträchtigt sei. Anfälle und eine Störung der Orientierungsfähigkeit aber bestünden nicht. Vorgelegt wurde dabei u. a. ein Bericht der Internistin und Kardiologin Dr. B. vom 2. Mai 2012, wonach der Kläger auf der Fahrradergometrie bis 100 Watt belastet worden sei. Wegen allgemeiner körperlicher Erschöpfung sei abgebrochen worden. Der Orthopäde Dr. K. hat dem SG über die einmalige Behandlung des Klägers im Juni 2011 berichtet, dass er eine thoracolumbale Skoliose, einen fixierten Rundrücken, Spondylose der Brust- und Lendenwirbelsäule, einen Beckenschiefstand, Hüftdysplasie beidseits, Fersensporn rechts, Spreizfüße beidseits, einen Zustand nach Zehenfraktur D II-V rechts, posttraumatische Kontraktur 2. bis 4. Zehe rechts und einen Zustand nach Amputation rechte Kleinzehe diagnostiziert habe. Der Kläger sei damit einverstanden, dass er ihn in Sachen Versorgungsamt/Sozialgericht nicht unterstütze.
Das SG hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten beim Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. W. eingeholt, nachdem das erste Gutachten bei Dr. B. nach Brandschaden der Praxis uneinbringlich gewesen ist. Dieser hat am 25. September 2015 angegeben, dass der Kläger derzeit keinen behandelnden Orthopäden habe. Er arbeite in Vollzeit und sei nicht arbeitsunfähig. Ihm stehe ein Dienstwagen zur Verfügung. Der Kläger sei nach eigenen Angaben wegen seiner Fußprobleme in zahlreichen Alltagsaktivitäten limitiert. Einkaufstätigkeiten seien eingeschränkt, Radfahren und Spazierengehen nicht möglich, das Tennisspielen habe er aufgegeben. Er könne nach seiner eigenen Einschätzung 500 Meter in 30 Minuten laufen und müsse dann Pause machen. Schmerzmittel nehme er nach Bedarf ein. Der Gutachter hat weiter ausgeführt, dass der Kläger ein deutlich verzögertes Gangbild gezeigt habe, rechtsseitig hinkend mit erheblich unvollständiger Abrollbewegung rechts. An- und Auskleiden sei zeitgerecht und ohne Schmerzbekundungen erfolgt. Der Finger-Boden-Abstand habe 10 cm, Ott 30/31 cm und Schober 10/15 cm betragen. Im Bereich der Hüft- und Kniegelenke seien keine über die Altersnorm hinausgehenden Funktionseinschränkungen gefunden worden. Die oberen Sprunggelenke beidseits seien in der Funktion insbesondere beim Senken leicht begrenzt (Bewegungsumfang Heben/Senken 15-0-20°), keine Einschränkung bestehe im Bereich des linken unteren Sprunggelenks. Orthopädisches Schuhwerk trage der Kläger nicht, die Einlagen seien alt. Einschränkungen fänden sich insbesondere im rechten unteren Sprunggelenk. Restbewegungen seien dort im Bereich der Supination von 10° und der Pronation von 5° möglich. Das Großzehenendgelenk links sei versteift, rechts sei die Bewegungsfähigkeit noch erhalten. Die Großzehengrundgelenke seien beidseits teileingesteift. Die Fußzehen II, III und IV rechts seien im Mittelgelenk in ungünstiger Stellung zwischen 70° und 90° eingesteift. Die Endgelenke stünden in 50°-Stellung und wiesen noch eine geringe Restbeweglichkeit auf. Auf der rechten Seite bestünde auch eine Ober- und Unterschenkelmuskelverschmächtigung von jeweils 2 cm im Seitenvergleich. Der Gutachter ist zu der Einschätzung gekommen, dass man in beiden oberen Sprunggelenken von einem Teil-GdB von 10 für das eingeschränkte Senken ausgehen könne. Im unteren rechten Sprunggelenk betrage der GdB ebenfalls bei einer Funktionseinschränkung im mittleren Gradbereich 10. Die Fußdeformität rechts mit u.a. Knick-, Senk- und Spreizfuß beurteile er wegen statischer Auswirkungen stärkeren Grades mit einem GdB von 20. Die langstreckige Narbe im Bereich der rechten Fußsohle im Vorfußbereich bewirke eine geringe Funktionsbehinderung bei der Abrollbewegung des Fußes und habe mindestens einen GdB von 10 zur Folge. Zwar bedingten Versteifungen und Verkrümmungen von Zehen außer der Großzehe keinen GdB. Da aber bei (Teil-) Versteifungen der Zehen II bis IV rechts diese schmerzhaft bewegungseingeschränkt seien, sei hierfür ebenfalls ein GdB von 10 anzusetzen. Bei der Bemessung des GdB für die gesamte untere Extremität bedingten zwar Einzel-GdB von 10 grundsätzlich keine Zunahme. Hier liege allerdings ein Ausnahmefall vor, da sich die Funktionsbeeinträchtigungen auf andere benachbarte Funktionsbeeinträchtigungen negativ auswirkten und diese verstärken würden. Die GdB-Werte für das obere und das untere Sprunggelenk seien daher zu addieren. Auch die GdB-Werte für die Fußdeformität und die Narbe seien zu addieren, so dass man bereits zu einem GdB von 40 für die rechte untere Extremität käme, ohne dass die Muskelatrophie und die chronischen Schmerzen weiter berücksichtigt wären. Für die linke untere Extremität betrage der GdB 10. Im Wirbelsäulenbereich bestünden mittelgradige funktionelle Auswirkungen im Bereich der Brustwirbelsäule. Es bestünden aber keine Instabilitäten, keine Wurzelreizsyndrome und keine sensomotorischen Ausfallerscheinungen, so dass der Einzel-GdB für die Wirbelsäule 20 betrage. Der Gesamt-GdB für das orthopädische Fachgebiet betrage somit 50. Im Hinblick auf das Merkzeichen G sei zwar festzustellen, dass weder im Bereich der unteren Gliedmaßen ein GdB von 50 vorliege und auch nicht im Bereich der Lendenwirbelsäule. Für die Lendenwirbelsäulenproblematik alleine mit Verformung konvex nach links mit leichter Rotationskomponente sei ein GdB von 10 festzustellen. Da sich die Behinderungen im Bereich der rechten unteren Extremität jedoch besonders auf die Gehfähigkeit auswirken würden, reiche im vorliegenden Fall für die erhebliche Beeinträchtigung im Straßenverkehr bereits ein GdB von 40. Außerdem würden die erhobenen Befunde und das vom Kläger gezeigte Gangbild zu dem Schluss führen, dass er eine Wegstrecke von 2 km innerhalb von einer halben Stunde nicht leisten könne. Eine Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr bzw. die Einschränkung des Gehvermögens durch innere Leiden oder durch Anfallsleiden oder durch Störungen der Orientierungsfähigkeit seien aber nicht gegeben. Das Gutachten ist vom Assistenzarzt G. und Dr. W., von letzterem mit dem Vermerk, dass die endgültige Fassung des Gutachtens auf der eigenen Untersuchung und Beurteilung des Klägers beruhe, unterschrieben worden.
Der Beklagte ist dem Gutachten mit einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Arztes D. vom 14. Januar 2016 entgegen getreten, wonach die vom Kläger angegebenen Schmerzen – anders als etwa bei einer arteriellen Verschlusskrankheit - willentlich ausgehalten werden könnten und seine Gehfunktion nicht behinderten. Dr. W. verkenne den Unterschied zwischen Schmerzhaftigkeit und Funktion. Das rechte obere Sprunggelenk sei beim Kläger ausreichend beweglich, so dass zusammen mit der Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk rein funktionell kein Zustand vorliege, wie z. B. bei einem völlig versteiften Sprunggelenk insgesamt, und zwar in ungünstiger Stellung. Der beeinträchtigte Abrollvorgang des Fußes werde dabei nicht verkannt, jedoch rechtfertige dies noch nicht die Annahme einer erheblichen Gehbehinderung, wie etwa beim Verlust des rechten Beines im Unterschenkel. Die Beeinträchtigung der Gehfähigkeit des Klägers erfülle nicht die Ausnahmebedingungen im Sinne einer besonderen Auswirkung auf die Gehfähigkeit.
Mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 12. April 2016, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 14. April 2016, hat das SG die Klage abgewiesen. Ein GdB von 50 allein für Behinderungen an den unteren Gliedmaßen sei auch nach dem Gutachten von Dr. W. nicht gegeben. Der Annahme eines GdB von 40 für die unteren Gliedmaßen durch Dr. W. könne man sich nicht anschließen. In den früheren Gerichtsverfahren sei ein GdB von 30 für die unteren Gliedmaßen und die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bestätigt worden. Eine Verschlimmerung dieses Leidens lasse sich aus den eingeholten Zeugenauskünften von Dr. K. und Dr. A. nicht entnehmen. Gegenüber Dr. W. habe der Kläger angegeben, die von ihm geschilderten Beschwerden rechts bestünden seit der Kindheit und links seit 2005. Am linken Kniegelenk leide er seit 2011 an Schmerzen. Im Hinblick auf die Beschwerden des Kniegelenks gehe Dr. W. jedoch nicht davon aus, dass es sich um eine GdB-bedingende Funktionsbehinderung handele. Somit sei eine Verschlimmerung des Leidens an den unteren Extremitäten weder dargetan noch ersichtlich. Es bestehe daher keine Veranlassung von der bisherigen Bewertung mit einem Einzel-GdB von 30 abzuweichen. Zudem entspreche die Art und Weise, wie Dr. W. den GdB von 40 bilde, nicht den allgemeinen Grundsätzen. Damit seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichen G nichts erfüllt.
Am 17. Mai 2016, dem Tag nach Pfingstmontag, hat der Kläger beim LSG Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Er führt an, dass sich das SG inhaltlich nicht mit dem Gutachten von Dr. W. auseinandergesetzt habe. Aus dem Gutachten von Dr. W. ergebe sich, dass ihm das Merkzeichen G zuzuerkennen sei. Der Gutachter Dr. W. und sein Assistenzarzt G. müssten zur mündlichen Verhandlung geladen werden, damit sie dort erläutern, welche Störungen und Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Gehfähigkeit vorgelegen hätten, die sie veranlasst hätten, einen GdB von 40 für die unteren Extremitäten anzunehmen. Sollte das Gutachten (partiell) nicht verwertbar sein, müsste ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben werden.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12. April 2016 und den Bescheid des Beklagten vom 19. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm, dem Kläger, die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs G (gehbehindert) festzustellen, hilfsweise den Gutachter Dr. W. und den Assistenzarzt G. zur Erörterung ihres Gutachtens zur mündlichen Verhandlung zu laden, höchsthilfsweise ein weiteres Gutachten mit der gleichen Fragestellung wie beim Gutachten von Dr. W. einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Berichterstatter des Senats hat die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert und den Kläger persönlich angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 9. November 2016 verwiesen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakten S 1 SB 3724/06 und L 6 SB 2873/08 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist nach § 143 SGG statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da der Kläger keine Sach-, Dienst- oder Geldleistung begehrt, sondern eine Feststellung. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig; der Kläger hat sie form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Zuerkennung der Merkzeichen G abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch darauf besteht nicht.
Die Feststellung von Merkzeichen richtet sich nach den Vorschriften des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX), zuletzt geändert durch Art. 1a des am 15. Januar 2015 in Kraft getretenen Gesetzes zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über einen Dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung und zur Aufhebung des Beschlusses 2003/174/EG vom 7. Januar 2015 (BGBl. II S. 15).
Auf Antrag des behinderten Menschen treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden, wenn neben dem Vorliegen einer Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind, die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX) und stellen auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die gesundheitlichen Merkmale aus (§ 69 Abs. 5 SGB IX).
Zu diesen Merkmalen gehört die erhebliche Beeinträchtigung im Straßenverkehr. Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, werden von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert (§ 145 Abs. 1 SGB IX). In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Der seit 1. Januar 2009 an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10. Dezember 2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilsausgleichs entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für den nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleich G unwirksam, da es insoweit zum Erlasszeitpunkt an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung gefehlt hat. Eine solche Ermächtigung hat sich weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30. Juni 2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 1. Juli 2011, noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX gefunden (Urteil des Senats vom 9. Juni 2011 - L 6 SB 6140/09 -, juris, Rz. 27 ff.; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
Diesem Mangel hat der Gesetzgeber mit o. g. Gesetz vom 7. Januar 2015 abgeholfen und mit § 70 Abs. 2 SGB IX eine neue Verordnungsermächtigung unmittelbar im SGB IX eingefügt. Danach wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend und nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Da die VersMedV vom 10. Dezember 2008 einschließlich ihrer Anlage zu § 2 VersMedV nicht auf der Grundlage dieser erst seit 15. Januar 2015 gültigen Verordnungsermächtigung erlassen worden ist, ist nach wie vor deren Anwendung hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Merkzeichens G nicht möglich. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber durch den ebenfalls mit Gesetz vom 7. Januar 2015 neu eingefügten § 159 Abs. 7 SGB IX Rechnung getragen. Danach gelten, soweit noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Hierdurch konnte zwar nicht die bezüglich der in den VG enthaltenen Regelungen zu den Merkzeichen G, B, aG und Gl teilunwirksame VersMedV neu erlassen bzw. als Verordnung für anwendbar erklärt werden, da es insoweit schon an der Zuständigkeit des Gesetzgebers hinsichtlich einer vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu erlassenden Verordnung fehlt. Mit noch hinreichend bestimmten Gesetzeswortlaut (vgl. zum rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 3. September 2014 - 1 BvR 3353/13 -, juris, Rz. 16) hat der Gesetzgeber jedoch mit der in § 159 Abs. 7 SGB IX getroffenen Regelung zum Ausdruck gebracht, dass er sich den insoweit maßgeblichen Verordnungstext in der Anlage zu § 2 VersMedV, mithin die unter VG, Teil D Nr. 1 bis 4 getroffenen Bestimmungen, zu eigen macht und bis zum Inkrafttreten der neuen Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX insoweit die VG Gesetzescharakter haben (vgl. BT-Drucks. I. S. 5; vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 11. August 2015 - B 9 SB 1/14 R -, juris, Rz. 16).
Danach gilt, dass es bei der Prüfung der Frage, ob die in § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Voraussetzungen vorliegen, nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles ankommt, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d. h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (VG, Teil D, Nr. 1b). Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z. B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Die übrigen Fallgruppen der VG zum Merkzeichen G (innere Leiden, Seh- und andere Sinnesbeeinträchtigungen, geistige Behinderungen) kommen für den Kläger ersichtlich nicht in Betracht.
Bei dem Kläger liegen keine Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule mit Auswirkungen auf die Gehfähigkeit vor, die für sich einen GdB von wenigstens 50 begründen. Hiervon geht selbst der Gutachter Dr. W. aus. Der aktuelle GdB von 100 betrifft nicht ausschließlich die unteren Gliedmaßen, also vor allem die Probleme am rechten Fuß. Er umfasst vielmehr und insbesondere die Magenerkrankung in Heilungsbewährung sowie daneben Bluthochdruck, ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse und eine Refluxkrankheit der Speiseröhre. Die zusätzlichen Wirbelsäulenbeschwerden beziehen sich ganz überwiegend auf die Brustwirbelsäule und zeigen dort mittelgradige funktionelle Einschränkungen. Die Entfaltbarkeit dort war aufgrund einer Kyphose bei einem von Dr. W. gemessenen Ott’schen Zeichen von 30/31 cm nicht unerheblich beeinträchtigt. Die Lendenwirbelsäule zeigt hingen nur geringe funktionelle Einschränkungen bei einem normalen Schober-Wert von 10/15 cm. Es besteht lediglich eine Verformung im Sinne einer Skoliose, was der Senat aus dem Gutachten von Dr. W. und der Auskunft von Dr. K. entnimmt. Unter Berücksichtigung, dass insgesamt im Wirbelsäulenbereich keine Instabilitäten, Wurzelreizsyndrome und sensomotorische Ausfallserscheinungen bestehen, ergibt sich in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr. W. durch die Wirbelsäulenschäden nach VG, Teil B, Nr. 18.9 ein Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem Rumpf. Für die Lendenwirbelsäule alleine ist dabei angesichts ihrer geringen funktionellen Einschränkungen (Verformung im Sinne einer Lumbalskoliose, normale Entfaltbarkeit bei einem Schober-Wert von 10/15 cm und Fingerbodenabstand von 10 cm) allenfalls ein GdB von 10 anzunehmen
Die Behinderungen im Bereich der unteren Gliedmaßen (Funktionssystem Beine) bedingen einen GdB von (deutlich) unter 40.
Zunächst ist festzustellen, dass für die Hüft- und Kniegelenke kein GdB-Wert zu ermitteln war, da insoweit keine relevanten Funktionsdefizite bestanden. Der Senat entnimmt aus dem Gutachten von Dr. W. eine Streckungs- und Beugungsfähigkeit der Hüftgelenke trotz beginnender Coxarthrose und Hüftdysplasie beidseits von 0-0-120°, was fast dem Normwert (5 bis 10-0-130°) entspricht und noch deutlich von einer geringgradigen Bewegungseinschränkung nach den VG (0-10-90°, vgl. Teil B, Nr. 18.14) entfernt ist. Auch die Kniegelenke sind mit Streckung/Beugung von 0-0-135° rechts, sowie 0-0-140° links normal beweglich (Normwerte 5 bis 10-0-130°).
Im Bereich der Sprunggelenke und der Füße sind nach VG, Teil B, Nr. 18.14 u.a. der Verlust einer Zehe mit einem GdB von 0, der Verlust einer Großzehe mit einem GdB von 10, der Verlust einer Großzehe mit Verlust des Köpfchens des I. Mittelfußknochens mit einem GdB von 20, der Verlust der Zehen II bis V oder I bis III mit einem GdB von 10, der Verlust aller Zehen an einem Fuß mit einem GdB von 20 und der Verlust an beiden Füßen mit einem GdB von 30 zu berücksichtigen. Ferner sind die Versteifung des oberen Sprunggelenks in günstiger Stellung (Plantarflexion um 5° bis 15°) mit einem GdB von 20, die Versteifung des unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung (Mittelstellung) mit einem GdB von 10, die Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung mit einem GdB von 30, in ungünstiger Stellung mit einem GdB von 40, Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk geringen Grades mit einem GdB von 0, mittleren Grades (Heben/Senken 0-0-30°) mit einem GdB von 10 und stärkeren Grades mit einem GdB von 20 sowie Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk mit einem GdB von 0 bis 10 zu bemessen. Fußdeformitäten ohne wesentliche statische Auswirkungen (z.B. Senk-Spreizfuß, Hohlfuß, Knickfuß, auch posttraumatisch) haben einen GdB von 0 zur Folge und mit statischer Auswirkung je nach Funktionsstörung (geringen Grades einen GdB von 10, stärkeren Grades einen GdB von 20). Die Versteifung aller Zehen eines Fußes in günstiger Stellung führt zu einem GdB von 10, in ungünstiger Stellung zu einem GdB von 20. Versteifungen oder Verkrümmungen von Zehen außer der Großzehe bedeuten einen GdB von 0, Versteifung der Großzehengelenke in günstiger Stellung einen GdB von 0 bis 10 und in ungünstiger Stellung (z.B. Plantarflexion im Grundgelenk über 10°) einen GdB von 20. Narben nach größeren Substanzverlusten an Ferse und Fußsohle führen bei geringer Funktionsbehinderung zu einem GdB von 10 und bei starker Funktionsbehinderung zu einem solchen von 20 bis 30.
Beim Kläger weisen die oberen Sprunggelenke rechts eine beginnende Arthrose und links eine initiale Arthrose auf. Dem Gutachten von Dr. W. entnimmt der Senat einen Bewegungsumfang beim Heben und Senken von 15-0-20° (vgl. Bl. 33 des Gutachtens; an andere Stelle – Bl. 46 des Gutachtens - spricht Dr. W. von 10-0-20°). Hierbei kann mit Dr. W. von einer mittelgradigen Bewegungseinschränkung nach VG, Teil B, Nr. 18.14 ausgegangen werden. Zwar ist die Dorsalflexion mit 15° beim Kläger noch besser als die 0°, die in den VG, Teil B, Nr. 18.14 verlangt werden. Hingegen beträgt die Plantarflexion nicht 30°, sondern nur 20°, dass so insgesamt eine mittelgradige Bewegungseinschränkung mit einem Teil-GdB von (maximal) 10 beidseits gut vertretbar erscheint (so auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. Dezember 2014 – L 7 SB 4/13 –, juris, Rz. 34).
Das rechte untere Sprunggelenk zeigt nach dem Gutachten von Dr. W. eine Restbeweglichkeit von 10° (Supination) und 5° (Pronation), was nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 allenfalls einen Teil-GdB von 10 hierfür zulässt. Ein höherer GdB-Wert für die Sprunggelenke kommt nicht in Betracht. Ein solcher ist nach den VG erst ab einer Versteifung des oberen und/oder unteren Sprunggelenks vorgesehen.
Weiter leidet der Kläger unter einer Fußfehlform im Sinn eines Knick-Senk-Spreizfußes bei abgeflachten Fußlängsgewölbe und aufgehobenen Fußquergewölbe. Der Kläger ist in seiner Abrollbewegung eingeschränkt und er zeigt Hornhautverschwielungen. Der vom Sachverständigen Dr. W. dafür angesetzte GdB von 20 steht in Übereinstimmung mit den VG (vgl. dort Teil B, Nr. 18.14), die für Fußdeformitäten mit statischer Auswirkung stärkeren Grads einen GdB in dieser Höhe vorsehen.
Für den Verlust des kleinen Zehs rechts ist nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 kein eigener Teil-GdB vorgesehen. Dass die Zehen zwei bis vier rechts teilweise versteift und verkrümmt sind, führt nach VG, Teil B, Nr. 18.14 nicht zu einem GdB, da die Großzehe davon nicht betroffen ist. Dennoch ist der Einschätzung von Dr. W. mit einem Teil-GdB von 10 zu folgen, da die Krallenzehendeformität schmerzhafte Bewegungseinschränkungen zur Folge hat. Derartige schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke sind schwerwiegender als eine Versteifung und nach VG, Teil B, Nr. 18.1 dementsprechend berücksichtigungsfähig.
Die Narbe an der Fußsohle des Klägers mit Weichteilsubstanzverlust durch den früheren Traktorunfall ist schließlich in Übereinstimmung mit dem Gutachter bei geringer Funktionsbehinderung bei der Abrollbewegung mit einem GdB von 10 nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 zu berücksichtigen.
Nicht zu folgen ist dem Gutachter jedoch in seiner (Teil-) GdB-Bildung für das gesamte Funktionssystem der unteren Gliedmaßen.
Bei der erforderlichen zusammenfassenden Beurteilung des Funktionssystems (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 e) ist der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in seiner Gesamtheit unter Berücksichtigung seiner wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5). Die einzelnen Werte dürfen nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen (z.B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit) abgesehen führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee).
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes kann keinesfalls ein GdB von 40 für das Funktionssystem der Beine angenommen werden. Die vielen Einzel-GdB in Höhe von 10 etwa für die oberen und unteren Sprunggelenke, die Fußsohlennarbe und die Krallenzehenbildung rechts führen zu keiner wesentlichen Zunahme des Ausmaßes der Beeinträchtigungen durch die mit einem Einzel-GdB von 20 bewertete Fußdeformität mit stärkeren statischen Auswirkungen. Es ist nachvollziehbar, dass der Abrollvorgang beim Kläger gestört ist, wie auch sein beim Gutachter präsentiertes Gangbild und die abgenutzten orthopädische Einlagen zeigen. Diese auch durch die Sprunggelenksbeschwerden bedingten Abrollprobleme und damit einhergehende Hornhautverschwielungen werden allerdings bei den Auswirkungen der Fußdeformität teilweise schon mitberücksichtigt. Ein Teil-GdB von 40 für die unteren Gliedmaßen wäre nach VG, Teil B, Nr. 18.14 erst etwa bei einer Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenkes in ungünstiger Stellung gegeben. Die bestehenden Beeinträchtigungen des Klägers im Fußbereich sind mit derartigen Auswirkungen keinesfalls vergleichbar. Beim Kläger ist die Bewegungsfähigkeit der Sprunggelenke des Fußes allenfalls mittelgradig eingeschränkt, so dass ein GdB von 40 auch unter Berücksichtigung der vorgetragenen Schmerzen für die Beine nicht in Betracht kommt, zumal der Kläger nur bedarfsweise Schmerzmittel einnimmt.
Aus Letztgenanntem folgt auch, dass sich die Behinderungen an den unteren Gliedmaßen nicht "besonders" negativ auf das Gehvermögen auswirken. Für diese Fallgruppe nennen die VG, Teil D Nr. 1 d als Beispiele nämlich eine Versteifung des Hüftgelenks, Versteifungen des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung oder arterielle Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Solche Gelenkversteifungen hat der Kläger jedoch gerade nicht.
Der Senat ist weiter, wie der Beklagte, zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gehvermögen des Klägers nicht in dem Maße eingeschränkt ist, wie es die VG, Teil D, Nr. 1 b, grundsätzlich voraussetzen. Der Verordnungsgeber geht davon aus, dass eine Strecke von "etwa" zwei Kilometern in "etwa" einer halben Stunde zurückgelegt werden können muss. Ausschlaggebend ist dabei der objektive Befund, auf den sich die Einschätzung des zumutbaren Restgehvermögens stützen muss. Zwar ist beim Kläger durchaus zu berücksichtigen, dass er ein verzögertes hinkendes Gangbild mit unvollständiger Abrollbewegung rechts wegen der Folgen seiner Vorfußverletzung zeigt und so in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr beeinträchtigt ist. Allerdings gilt dies nicht im von VG, Teil D, Nr. 1 b verlangten erheblichen Maße. Der Kläger zeigt gerade im für die Gehfähigkeit wichtigen Hüft- und Kniebereich keine relevanten Beschwerden. Im rechten Sprunggelenksbereich, das dem Fuß seine Beweglichkeit in allen Ebenen gibt und ein Ausbalancieren auch auf unebenem Untergrund gewährleistet (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valetin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 696), sind die Einschränkungen allenfalls mittelgradig. Auf keinem Fall sind sie mit einer Versteifung in ungünstiger Stellung, was deutliche Auswirkungen auf die Gehfähigkeit hätte, vergleichbar. Die ausreichende Gehfähigkeit zeigt sich beim Kläger auch darin, dass er keine Gehstöcke oder andere Gehhilfen benötigt. Er trägt auch kein orthopädisches Schuhwerk. Die von ihm benutzen Schuheinlagen werden nicht regelmäßig ausgetauscht und professionell angepasst. Vielmehr waren sie bei der Begutachtung sehr stark abgenutzt und teilweise eigenhändig zurechtgeschnitten. Eine von dem Universitätsklinikum F. empfohlene Abrollhilfe zeigte er bei der Begutachtung nicht. In fahrradergometrischer Belastung konnte der Kläger hingegen bis 100 Watt halbsitzend treten. Schließlich ist nicht zu übersehen, dass der Kläger noch voll berufstätig ist, was auch die Absolvierung von Prüfterminen im Außendienst umfasst. Vor diesem Hintergrund kann nicht von einer objektiv gesicherten und relevanten Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ausgegangen werden. Insoweit folgt der Senat der Einschätzung von Dr. W. nicht, der dabei auch zu sehr auf die subjektiven Angaben des Klägers und das als stark eingeschränkt demonstrierte Gangbild abgestellt hat.
Nach alledem sind die Voraussetzungen für das Merkzeichen G beim Kläger nicht erfüllt.
Dem Hilfsantrag, den Gutachter Dr. W. und den Assistenzarzt G. von Amts wegen mündlich zu hören, war nicht stattzugeben. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, das einfachrechtlich geregelte Fragerecht gegenüber Sachverständigen in jedem Fall mündlich auszuüben (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Mai 2013 - 1 BvR 1522/12 -, juris, Rz. 2). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass unabhängig von der nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 411 Abs. 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, das Erscheinen von Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, Beteiligten gemäß § 116 Satz 2, § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 397, § 402, § 411 Abs. 4 ZPO das Recht zusteht, diesen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten (BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 198/13 B -, juris, Rz. 8 m. w. N.). Sachdienlichkeit im Sinne von § 116 Satz 2 SGG ist insbesondere dann zu bejahen, wenn sich die Fragen im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind. Abgelehnt werden kann ein solcher Antrag prozessordnungsgemäß auch dann, wenn er rechtsmissbräuchlich gestellt ist, insbesondere wenn die Notwendigkeit einer Erörterung überhaupt nicht begründet wird, wenn die an Sachverständige zu richtenden Fragen nicht genau benannt, also die erläuterungsbedürftigen Punkte nicht zumindest hinreichend konkret bezeichnet (BSG, Urteil vom 12. April 2000 - B 9 VS 2/99 R -, SozR 3-1750 § 411 Nr. 1), oder nur beweisunerhebliche Fragen an-gekündigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29. August 1995 - 2 BvR 175/95 -, juris, Rz. 29). Die insoweit im sozialgerichtlichen Verfahren gebotenen Einschränkungen des Fragerechts der Beteiligten finden ihren Grund in der gesetzlich vorgeschriebenen Aufklärungspflicht der Tatsachengerichte (§ 103 SGG). Wenn sie nach ihrer Auffassung alles getan haben, um den Sachverhalt umfassend aufzuklären, müssen sie sich, auch durch zusätzliche Fragen der Beteiligten, nicht mehr gedrängt fühlen, dem nachzugehen und den Beteiligten Gelegenheit zu geben, Fragen direkt an die Sachverständigen zu stellen (BSG, Urteil vom 12. April 2000 - B 9 VS 2/99 R -, SozR 3-1750 § 411 Nr. 1). Es ist vorliegend nicht erkennbar, dass eine mündliche Befragung von Dr. W. und den Assistenzarzt G. einen über die Wiederholung ihrer bereits getätigten schriftlichen Äußerungen hinausreichenden Mehrwert hätte. Sie haben im vorausgegangenen erstinstanzlichen Verfahren dem SG eine ausführliche niedergeschriebene Expertise vorgelegt. Sie sind unter Darlegung der einzelnen Behinderungen zu dem Ergebnis gekommen, dass ein GdB von 40 für die unteren Extremitäten vorliegt. Eine nun begehrte nochmalige Erläuterung, welche Störungen und Beeinträchtigungen beim Kläger im Hinblick auf seine Gehfähigkeit vorliegen, begründet indes keinen objektiven Aufklärungsbedarf. Das Fragerecht führt nicht deshalb zu einem Anspruch auf eine neue Befragung, nur weil die Beteiligten bzw. das SG und die Sachverständigen in ihrer Beurteilung nicht übereinstimmen (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 198/13 B -, juris, Rz. 9). Die Bemessung des GdB fußt zwar auf medizinisch zu beurteilenden Verhältnissen, allerdings sind darüber hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen, weshalb es sich um eine grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe handelt (BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5). Die Frage nach dem GdB für die unteren Extremitäten oder gar das Vorliegen der Voraussetzungen des hier begehrten Merkzeichens, ist der gerichtlichen Entscheidung vorbehalten und dem Sachverständigenbeweis, mittels dessen Tatsachen zu klären und nicht Rechtsfragen zu entscheiden sind (BSG, Urteil vom 16. März 2016 - B 9 SB 1/15 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 22, Rz. 23; vgl. auch Senatsurteil vom 17. November 2016 - L 6 VJ 4009/15 -, zur Veröffentlichung vorgesehen), nicht zugänglich gewesen. Der Kläger hat damit nur eine beweisunerhebliche Frage angekündigt, welcher durch mündliche Anhörung von Dr. W. und G. nicht nachzugehen war.
Der Hilfsantrag auf Einholung "eines weiteren Gutachtens mit der gleichen Fragestellung" war zurückzuweisen, da die Würdigung vermeintlich oder tatsächlich widerstreitender Beweisergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen wie die anderer sich vermeintlich oder tatsächlich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst gehört und nicht einfach mit noch einem weiteren Gutachten geklärt werden kann. Eine Verpflichtung hierzu besteht selbst bei einander widersprechenden Expertisen im Allgemeinen nicht. Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung ggf. mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 128 Rz. 7e f. m. w. N.). Das Tatsachengericht wäre ggf. nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde der sie erstellenden beziehungsweise tätigenden Personen geben (vgl. BSG, Beschluss vom 12. Dezember 2003 - B 13 RJ 179/03 B -, SozR 4-1500 § 160a Nr. 3, Rz. 9). Derartige Umstände hat der Kläger weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Das Gutachten von Dr. W. ist unproblematisch verwertbar. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Senat ihm im Ergebnis folgen muss.
Vor diesem Hintergrund ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs (Merkzeichen) G (gehbehindert).
Der im Jahr 1958 geborene Kläger ist gelernter Einzelhandelskaufmann und ist seit dem Jahr 2001 als Betriebsprüfer für die D. R. Bund im Außendienst und mit krankheitsbedingter Unterbrechung wieder seit August 2011 in Vollzeit tätig, wobei die berufliche Tätigkeit bis zum 66. Lebensjahr geplant ist. Bei einem privaten Traktorunfall bereits im Jahr 1968 zog sich der Kläger eine Vorfußverletzung rechts mit Frakturen der Zehen II bis V zu. Der kleine Zeh rechts wurde in der Folge amputiert.
Ein erstmals im Jahr 1982 gestellter Antrag des Klägers auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und die Zuerkennung des Merkzeichens G blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 1. Oktober 1982, Widerspruchsbescheid vom 19. April 1983). Gleiches gilt für den Antrag vom Juli 1992 (Bescheid vom 10. November 1992, Widerspruchsbescheid vom 17. August 1993).
Auf seinen Antrag vom November 2003 stellte das Versorgungsamt R. schließlich mit Bescheid vom 7. Juli 2004 beim Kläger wegen einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, einer Gebrauchseinschränkung des rechten Fußes, wegen Zehenverlusts und einer Funktionsbehinderung des linken Sprunggelenks einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 fest.
Auf einen im Dezember 2005 gestellten Erhöhungsantrag wegen u.a. einer gestiegenen Schmerzempfindlichkeit und Funktionsbeeinträchtigung durch seine Fußverletzung stellte der Beklagte mit Bescheid vom 10. Oktober 2006 einen GdB von 40 sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz (EStG) seit dem 19. November 2003 fest. Er stützte sich dabei auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. Z. (Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Gebrauchseinschränkung des rechten Fußes, Zehenverlust, Funktionsbehinderung des linken Sprunggelenks [Teil-GdB 30], Bluthochdruck [Teil-GdB 20], Refluxkrankheit der Speiseröhre [Teil-GdB 10], Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse [Teil-GdB 10] und chronisches Schmerzsyndrom [Teil-GdB 10], Gesamt-GdB 40). Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2006). Im Klageverfahren beim Sozialgericht Konstanz (SG – S 1 SB 3724/06) legte der Kläger u.a. einen Arztbrief seines Orthopäden Dr. K. vom 19. Dezember 2007 vor, worin dieser Hohl-Spreiz-Füße, eine Arthrose linkes Sprunggelenk, eine aktivierte Sprunggelenksarthrose links, eine Beinverkürzung rechts und eine forcierte Brustwirbelsäulenkyphose diagnostiziert hatte. Die Klage wurde mit Urteil vom 6. Mai 2008 abgewiesen. Die Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg wurde zurückgewiesen (Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2009 – L 6 SB 2873/08), die Nichtzulassungsbeschwerde vom Bundessozialgericht (BSG) als unzulässig verworfen (Beschluss vom 10. Februar 2010 - B 9 SB 66/09 B).
Am 24. März 2010 stellte der Kläger einen weiteren GdB-Erhöhungsantrag wegen einer inzwischen diagnostizierten Magenkarzinomerkrankung und begehrte zusätzlich die Feststellung des Merkzeichens G. Für das Merkzeichen stützte er sich auf das genannte Schreiben von Dr. K. vom Dezember 2007.
Nachdem Dr. G. vom versorgungsärztlichen Dienst u.a. den Teil-GdB wegen der Magenerkrankung in Heilungsbewährung auf 80 und wegen Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Gebrauchseinschränkung des rechten Fußes, Zehenverlusts und Funktionsbehinderung des linken Sprunggelenks auf 30 eingeschätzt sowie aus medizinischer Sicht keine ausreichende Gründe für das Merkzeichen G gesehen hatte, hob der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 18. Mai 2010 den Bescheid vom 10. Oktober 2006 auf und erhöhte den GdB auf 100. Die erforderlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G lägen allerdings nicht vor.
Am 16. November 2011 beantragte der Kläger erneut die Feststellung des Merkzeichens G. Er legte einen Arztbrief der orthopädischen Abteilung des Universitätsklinikums F. vom 14. November 2011 vor, worin ein Zustand nach Vorfußverletzung rechts 1986 mit Amputation D V und Phalanxfrakturen D II-IV und Überlastungsmetatarsalgie, eine Gastrocenmiusverkürzung beidseits und eine beginnende moderate Arthrose des oberen Sprunggelenks beidseits diagnostiziert wurden. Rechts hätten sich vier Zehen mit Krallenzehendeformität gefunden. Die Motorik sei dadurch reduziert, die Zehen seien aber noch mobil und nicht kontrakt. Physiotherapie, Einlagen und Abrollhilfen zur Dehnung der Wadenmuskulatur und Zehenmobilität wurden empfohlen.
Unter Berücksichtigung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Z., wonach die Funktionsbehinderung der Sprunggelenke und des Fußes weiterhin ausreichend gewürdigt und keine wesentliche Änderung eingetreten sei, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29. Dezember 2011 die Feststellung des Merkzeichens G ab.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, dass er zu Fuß nicht zwei Kilometer in einer halben Stunde zurücklegen könnte.
Der vom Beklagten befragte Versorgungsarzt Dr. G. führte hierzu an, dass durch neue Einlagen zur Entlastung im Vorfußbereich der Kläger lang und ausreichend weit gehfähig sei. In der Folge wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2012 den Widerspruch zurück und führte dabei aus, dass der Kläger nicht zu dem Personenkreis gehöre, dem das Merkzeichen G zustehe. Die sich auf die Gehfähigkeit auswirkenden Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bedingten für sich allein keinen GdB von wenigstens 50. Darüber hinaus seien die Funktionsbeeinträchtigungen an den unteren Gliedmaßen auch mit einer Versteifung des Hüftgelenks oder einer Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung nicht vergleichbar. Keine an den Beinen und an der Lendenwirbelsäule festgestellte Funktionsbeeinträchtigung wirke sich auf die Gehfähigkeit im besonderen Maße aus.
Am 8. Mai 2012 hat der Kläger beim SG Klage erhoben. Er hat angeführt, dass er unter einer Amputation von Zehen und einer Verkrümmung verbleibender Zehen am rechten Fuß leide. Am linken Sprunggelenk liege eine Arthrose vor, die schmerzhaft sei. Er sei nicht in der Lage, ortsübliche Wege zu Fuß zurückzulegen.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Der Hausarzt A. hat im November 2012 angegeben, dass die Bewegungsfähigkeit des Klägers durch die Einschränkung des Gehvermögens beeinträchtigt sei. Anfälle und eine Störung der Orientierungsfähigkeit aber bestünden nicht. Vorgelegt wurde dabei u. a. ein Bericht der Internistin und Kardiologin Dr. B. vom 2. Mai 2012, wonach der Kläger auf der Fahrradergometrie bis 100 Watt belastet worden sei. Wegen allgemeiner körperlicher Erschöpfung sei abgebrochen worden. Der Orthopäde Dr. K. hat dem SG über die einmalige Behandlung des Klägers im Juni 2011 berichtet, dass er eine thoracolumbale Skoliose, einen fixierten Rundrücken, Spondylose der Brust- und Lendenwirbelsäule, einen Beckenschiefstand, Hüftdysplasie beidseits, Fersensporn rechts, Spreizfüße beidseits, einen Zustand nach Zehenfraktur D II-V rechts, posttraumatische Kontraktur 2. bis 4. Zehe rechts und einen Zustand nach Amputation rechte Kleinzehe diagnostiziert habe. Der Kläger sei damit einverstanden, dass er ihn in Sachen Versorgungsamt/Sozialgericht nicht unterstütze.
Das SG hat auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten beim Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. W. eingeholt, nachdem das erste Gutachten bei Dr. B. nach Brandschaden der Praxis uneinbringlich gewesen ist. Dieser hat am 25. September 2015 angegeben, dass der Kläger derzeit keinen behandelnden Orthopäden habe. Er arbeite in Vollzeit und sei nicht arbeitsunfähig. Ihm stehe ein Dienstwagen zur Verfügung. Der Kläger sei nach eigenen Angaben wegen seiner Fußprobleme in zahlreichen Alltagsaktivitäten limitiert. Einkaufstätigkeiten seien eingeschränkt, Radfahren und Spazierengehen nicht möglich, das Tennisspielen habe er aufgegeben. Er könne nach seiner eigenen Einschätzung 500 Meter in 30 Minuten laufen und müsse dann Pause machen. Schmerzmittel nehme er nach Bedarf ein. Der Gutachter hat weiter ausgeführt, dass der Kläger ein deutlich verzögertes Gangbild gezeigt habe, rechtsseitig hinkend mit erheblich unvollständiger Abrollbewegung rechts. An- und Auskleiden sei zeitgerecht und ohne Schmerzbekundungen erfolgt. Der Finger-Boden-Abstand habe 10 cm, Ott 30/31 cm und Schober 10/15 cm betragen. Im Bereich der Hüft- und Kniegelenke seien keine über die Altersnorm hinausgehenden Funktionseinschränkungen gefunden worden. Die oberen Sprunggelenke beidseits seien in der Funktion insbesondere beim Senken leicht begrenzt (Bewegungsumfang Heben/Senken 15-0-20°), keine Einschränkung bestehe im Bereich des linken unteren Sprunggelenks. Orthopädisches Schuhwerk trage der Kläger nicht, die Einlagen seien alt. Einschränkungen fänden sich insbesondere im rechten unteren Sprunggelenk. Restbewegungen seien dort im Bereich der Supination von 10° und der Pronation von 5° möglich. Das Großzehenendgelenk links sei versteift, rechts sei die Bewegungsfähigkeit noch erhalten. Die Großzehengrundgelenke seien beidseits teileingesteift. Die Fußzehen II, III und IV rechts seien im Mittelgelenk in ungünstiger Stellung zwischen 70° und 90° eingesteift. Die Endgelenke stünden in 50°-Stellung und wiesen noch eine geringe Restbeweglichkeit auf. Auf der rechten Seite bestünde auch eine Ober- und Unterschenkelmuskelverschmächtigung von jeweils 2 cm im Seitenvergleich. Der Gutachter ist zu der Einschätzung gekommen, dass man in beiden oberen Sprunggelenken von einem Teil-GdB von 10 für das eingeschränkte Senken ausgehen könne. Im unteren rechten Sprunggelenk betrage der GdB ebenfalls bei einer Funktionseinschränkung im mittleren Gradbereich 10. Die Fußdeformität rechts mit u.a. Knick-, Senk- und Spreizfuß beurteile er wegen statischer Auswirkungen stärkeren Grades mit einem GdB von 20. Die langstreckige Narbe im Bereich der rechten Fußsohle im Vorfußbereich bewirke eine geringe Funktionsbehinderung bei der Abrollbewegung des Fußes und habe mindestens einen GdB von 10 zur Folge. Zwar bedingten Versteifungen und Verkrümmungen von Zehen außer der Großzehe keinen GdB. Da aber bei (Teil-) Versteifungen der Zehen II bis IV rechts diese schmerzhaft bewegungseingeschränkt seien, sei hierfür ebenfalls ein GdB von 10 anzusetzen. Bei der Bemessung des GdB für die gesamte untere Extremität bedingten zwar Einzel-GdB von 10 grundsätzlich keine Zunahme. Hier liege allerdings ein Ausnahmefall vor, da sich die Funktionsbeeinträchtigungen auf andere benachbarte Funktionsbeeinträchtigungen negativ auswirkten und diese verstärken würden. Die GdB-Werte für das obere und das untere Sprunggelenk seien daher zu addieren. Auch die GdB-Werte für die Fußdeformität und die Narbe seien zu addieren, so dass man bereits zu einem GdB von 40 für die rechte untere Extremität käme, ohne dass die Muskelatrophie und die chronischen Schmerzen weiter berücksichtigt wären. Für die linke untere Extremität betrage der GdB 10. Im Wirbelsäulenbereich bestünden mittelgradige funktionelle Auswirkungen im Bereich der Brustwirbelsäule. Es bestünden aber keine Instabilitäten, keine Wurzelreizsyndrome und keine sensomotorischen Ausfallerscheinungen, so dass der Einzel-GdB für die Wirbelsäule 20 betrage. Der Gesamt-GdB für das orthopädische Fachgebiet betrage somit 50. Im Hinblick auf das Merkzeichen G sei zwar festzustellen, dass weder im Bereich der unteren Gliedmaßen ein GdB von 50 vorliege und auch nicht im Bereich der Lendenwirbelsäule. Für die Lendenwirbelsäulenproblematik alleine mit Verformung konvex nach links mit leichter Rotationskomponente sei ein GdB von 10 festzustellen. Da sich die Behinderungen im Bereich der rechten unteren Extremität jedoch besonders auf die Gehfähigkeit auswirken würden, reiche im vorliegenden Fall für die erhebliche Beeinträchtigung im Straßenverkehr bereits ein GdB von 40. Außerdem würden die erhobenen Befunde und das vom Kläger gezeigte Gangbild zu dem Schluss führen, dass er eine Wegstrecke von 2 km innerhalb von einer halben Stunde nicht leisten könne. Eine Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr bzw. die Einschränkung des Gehvermögens durch innere Leiden oder durch Anfallsleiden oder durch Störungen der Orientierungsfähigkeit seien aber nicht gegeben. Das Gutachten ist vom Assistenzarzt G. und Dr. W., von letzterem mit dem Vermerk, dass die endgültige Fassung des Gutachtens auf der eigenen Untersuchung und Beurteilung des Klägers beruhe, unterschrieben worden.
Der Beklagte ist dem Gutachten mit einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Arztes D. vom 14. Januar 2016 entgegen getreten, wonach die vom Kläger angegebenen Schmerzen – anders als etwa bei einer arteriellen Verschlusskrankheit - willentlich ausgehalten werden könnten und seine Gehfunktion nicht behinderten. Dr. W. verkenne den Unterschied zwischen Schmerzhaftigkeit und Funktion. Das rechte obere Sprunggelenk sei beim Kläger ausreichend beweglich, so dass zusammen mit der Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk rein funktionell kein Zustand vorliege, wie z. B. bei einem völlig versteiften Sprunggelenk insgesamt, und zwar in ungünstiger Stellung. Der beeinträchtigte Abrollvorgang des Fußes werde dabei nicht verkannt, jedoch rechtfertige dies noch nicht die Annahme einer erheblichen Gehbehinderung, wie etwa beim Verlust des rechten Beines im Unterschenkel. Die Beeinträchtigung der Gehfähigkeit des Klägers erfülle nicht die Ausnahmebedingungen im Sinne einer besonderen Auswirkung auf die Gehfähigkeit.
Mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 12. April 2016, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 14. April 2016, hat das SG die Klage abgewiesen. Ein GdB von 50 allein für Behinderungen an den unteren Gliedmaßen sei auch nach dem Gutachten von Dr. W. nicht gegeben. Der Annahme eines GdB von 40 für die unteren Gliedmaßen durch Dr. W. könne man sich nicht anschließen. In den früheren Gerichtsverfahren sei ein GdB von 30 für die unteren Gliedmaßen und die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bestätigt worden. Eine Verschlimmerung dieses Leidens lasse sich aus den eingeholten Zeugenauskünften von Dr. K. und Dr. A. nicht entnehmen. Gegenüber Dr. W. habe der Kläger angegeben, die von ihm geschilderten Beschwerden rechts bestünden seit der Kindheit und links seit 2005. Am linken Kniegelenk leide er seit 2011 an Schmerzen. Im Hinblick auf die Beschwerden des Kniegelenks gehe Dr. W. jedoch nicht davon aus, dass es sich um eine GdB-bedingende Funktionsbehinderung handele. Somit sei eine Verschlimmerung des Leidens an den unteren Extremitäten weder dargetan noch ersichtlich. Es bestehe daher keine Veranlassung von der bisherigen Bewertung mit einem Einzel-GdB von 30 abzuweichen. Zudem entspreche die Art und Weise, wie Dr. W. den GdB von 40 bilde, nicht den allgemeinen Grundsätzen. Damit seien die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichen G nichts erfüllt.
Am 17. Mai 2016, dem Tag nach Pfingstmontag, hat der Kläger beim LSG Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Er führt an, dass sich das SG inhaltlich nicht mit dem Gutachten von Dr. W. auseinandergesetzt habe. Aus dem Gutachten von Dr. W. ergebe sich, dass ihm das Merkzeichen G zuzuerkennen sei. Der Gutachter Dr. W. und sein Assistenzarzt G. müssten zur mündlichen Verhandlung geladen werden, damit sie dort erläutern, welche Störungen und Beeinträchtigungen im Hinblick auf die Gehfähigkeit vorgelegen hätten, die sie veranlasst hätten, einen GdB von 40 für die unteren Extremitäten anzunehmen. Sollte das Gutachten (partiell) nicht verwertbar sein, müsste ein weiteres Gutachten in Auftrag gegeben werden.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 12. April 2016 und den Bescheid des Beklagten vom 19. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm, dem Kläger, die gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs G (gehbehindert) festzustellen, hilfsweise den Gutachter Dr. W. und den Assistenzarzt G. zur Erörterung ihres Gutachtens zur mündlichen Verhandlung zu laden, höchsthilfsweise ein weiteres Gutachten mit der gleichen Fragestellung wie beim Gutachten von Dr. W. einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Berichterstatter des Senats hat die Sach- und Rechtslage mit den Parteien erörtert und den Kläger persönlich angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vom 9. November 2016 verwiesen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Verwaltungsakten des Beklagten und die Gerichtsakten S 1 SB 3724/06 und L 6 SB 2873/08 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist nach § 143 SGG statthaft, insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da der Kläger keine Sach-, Dienst- oder Geldleistung begehrt, sondern eine Feststellung. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig; der Kläger hat sie form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Zuerkennung der Merkzeichen G abgewiesen. Der geltend gemachte Anspruch darauf besteht nicht.
Die Feststellung von Merkzeichen richtet sich nach den Vorschriften des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX), zuletzt geändert durch Art. 1a des am 15. Januar 2015 in Kraft getretenen Gesetzes zum Vorschlag für einen Beschluss des Rates über einen Dreigliedrigen Sozialgipfel für Wachstum und Beschäftigung und zur Aufhebung des Beschlusses 2003/174/EG vom 7. Januar 2015 (BGBl. II S. 15).
Auf Antrag des behinderten Menschen treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden, wenn neben dem Vorliegen einer Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen sind, die erforderlichen Feststellungen (§ 69 Abs. 4 SGB IX) und stellen auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die gesundheitlichen Merkmale aus (§ 69 Abs. 5 SGB IX).
Zu diesen Merkmalen gehört die erhebliche Beeinträchtigung im Straßenverkehr. Schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt oder hilflos oder gehörlos sind, werden von Unternehmern, die öffentlichen Personenverkehr betreiben, gegen Vorzeigen eines entsprechend gekennzeichneten Ausweises nach § 69 Abs. 5 SGB IX im Nahverkehr im Sinne des § 147 Abs. 1 SGB IX unentgeltlich befördert (§ 145 Abs. 1 SGB IX). In seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist, wer infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden (§ 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
Der seit 1. Januar 2009 an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX) 2008" (AHP) getretenen Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10. Dezember 2008 - BGBl. I. S. 2412 (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) lassen sich im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Nachteilsausgleichs entnehmen. Denn die VG sind hinsichtlich der getroffenen Regelungen für den nach dem Schwerbehindertenrecht zu beurteilenden Nachteilsausgleich G unwirksam, da es insoweit zum Erlasszeitpunkt an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung gefehlt hat. Eine solche Ermächtigung hat sich weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30. Juni 2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 1. Juli 2011, noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX gefunden (Urteil des Senats vom 9. Juni 2011 - L 6 SB 6140/09 -, juris, Rz. 27 ff.; Dau, jurisPR-SozR 4/2009, Anm. 4).
Diesem Mangel hat der Gesetzgeber mit o. g. Gesetz vom 7. Januar 2015 abgeholfen und mit § 70 Abs. 2 SGB IX eine neue Verordnungsermächtigung unmittelbar im SGB IX eingefügt. Danach wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des Grades der Behinderung und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend und nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Da die VersMedV vom 10. Dezember 2008 einschließlich ihrer Anlage zu § 2 VersMedV nicht auf der Grundlage dieser erst seit 15. Januar 2015 gültigen Verordnungsermächtigung erlassen worden ist, ist nach wie vor deren Anwendung hinsichtlich des hier streitgegenständlichen Merkzeichens G nicht möglich. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber durch den ebenfalls mit Gesetz vom 7. Januar 2015 neu eingefügten § 159 Abs. 7 SGB IX Rechnung getragen. Danach gelten, soweit noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend. Hierdurch konnte zwar nicht die bezüglich der in den VG enthaltenen Regelungen zu den Merkzeichen G, B, aG und Gl teilunwirksame VersMedV neu erlassen bzw. als Verordnung für anwendbar erklärt werden, da es insoweit schon an der Zuständigkeit des Gesetzgebers hinsichtlich einer vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu erlassenden Verordnung fehlt. Mit noch hinreichend bestimmten Gesetzeswortlaut (vgl. zum rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 3. September 2014 - 1 BvR 3353/13 -, juris, Rz. 16) hat der Gesetzgeber jedoch mit der in § 159 Abs. 7 SGB IX getroffenen Regelung zum Ausdruck gebracht, dass er sich den insoweit maßgeblichen Verordnungstext in der Anlage zu § 2 VersMedV, mithin die unter VG, Teil D Nr. 1 bis 4 getroffenen Bestimmungen, zu eigen macht und bis zum Inkrafttreten der neuen Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX insoweit die VG Gesetzescharakter haben (vgl. BT-Drucks. I. S. 5; vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 11. August 2015 - B 9 SB 1/14 R -, juris, Rz. 16).
Danach gilt, dass es bei der Prüfung der Frage, ob die in § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Voraussetzungen vorliegen, nicht auf die konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles ankommt, sondern darauf, welche Wegstrecken allgemein - d. h. altersunabhängig von nicht behinderten Menschen - noch zu Fuß zurückgelegt werden. Als ortsübliche Wegstrecke in diesem Sinne gilt eine Strecke von etwa zwei Kilometern, die in etwa einer halben Stunde zurückgelegt wird (VG, Teil D, Nr. 1b). Die Voraussetzungen für die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung des Gehvermögens sind als erfüllt anzusehen, wenn auf die Gehfähigkeit sich auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule bestehen, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Darüber hinaus können die Voraussetzungen bei Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB unter 50 gegeben sein, wenn diese Behinderungen sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken, z. B. bei Versteifung des Hüftgelenks, Versteifung des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung, arteriellen Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Die übrigen Fallgruppen der VG zum Merkzeichen G (innere Leiden, Seh- und andere Sinnesbeeinträchtigungen, geistige Behinderungen) kommen für den Kläger ersichtlich nicht in Betracht.
Bei dem Kläger liegen keine Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule mit Auswirkungen auf die Gehfähigkeit vor, die für sich einen GdB von wenigstens 50 begründen. Hiervon geht selbst der Gutachter Dr. W. aus. Der aktuelle GdB von 100 betrifft nicht ausschließlich die unteren Gliedmaßen, also vor allem die Probleme am rechten Fuß. Er umfasst vielmehr und insbesondere die Magenerkrankung in Heilungsbewährung sowie daneben Bluthochdruck, ein chronisches Schmerzsyndrom, eine Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse und eine Refluxkrankheit der Speiseröhre. Die zusätzlichen Wirbelsäulenbeschwerden beziehen sich ganz überwiegend auf die Brustwirbelsäule und zeigen dort mittelgradige funktionelle Einschränkungen. Die Entfaltbarkeit dort war aufgrund einer Kyphose bei einem von Dr. W. gemessenen Ott’schen Zeichen von 30/31 cm nicht unerheblich beeinträchtigt. Die Lendenwirbelsäule zeigt hingen nur geringe funktionelle Einschränkungen bei einem normalen Schober-Wert von 10/15 cm. Es besteht lediglich eine Verformung im Sinne einer Skoliose, was der Senat aus dem Gutachten von Dr. W. und der Auskunft von Dr. K. entnimmt. Unter Berücksichtigung, dass insgesamt im Wirbelsäulenbereich keine Instabilitäten, Wurzelreizsyndrome und sensomotorische Ausfallserscheinungen bestehen, ergibt sich in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Dr. W. durch die Wirbelsäulenschäden nach VG, Teil B, Nr. 18.9 ein Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem Rumpf. Für die Lendenwirbelsäule alleine ist dabei angesichts ihrer geringen funktionellen Einschränkungen (Verformung im Sinne einer Lumbalskoliose, normale Entfaltbarkeit bei einem Schober-Wert von 10/15 cm und Fingerbodenabstand von 10 cm) allenfalls ein GdB von 10 anzunehmen
Die Behinderungen im Bereich der unteren Gliedmaßen (Funktionssystem Beine) bedingen einen GdB von (deutlich) unter 40.
Zunächst ist festzustellen, dass für die Hüft- und Kniegelenke kein GdB-Wert zu ermitteln war, da insoweit keine relevanten Funktionsdefizite bestanden. Der Senat entnimmt aus dem Gutachten von Dr. W. eine Streckungs- und Beugungsfähigkeit der Hüftgelenke trotz beginnender Coxarthrose und Hüftdysplasie beidseits von 0-0-120°, was fast dem Normwert (5 bis 10-0-130°) entspricht und noch deutlich von einer geringgradigen Bewegungseinschränkung nach den VG (0-10-90°, vgl. Teil B, Nr. 18.14) entfernt ist. Auch die Kniegelenke sind mit Streckung/Beugung von 0-0-135° rechts, sowie 0-0-140° links normal beweglich (Normwerte 5 bis 10-0-130°).
Im Bereich der Sprunggelenke und der Füße sind nach VG, Teil B, Nr. 18.14 u.a. der Verlust einer Zehe mit einem GdB von 0, der Verlust einer Großzehe mit einem GdB von 10, der Verlust einer Großzehe mit Verlust des Köpfchens des I. Mittelfußknochens mit einem GdB von 20, der Verlust der Zehen II bis V oder I bis III mit einem GdB von 10, der Verlust aller Zehen an einem Fuß mit einem GdB von 20 und der Verlust an beiden Füßen mit einem GdB von 30 zu berücksichtigen. Ferner sind die Versteifung des oberen Sprunggelenks in günstiger Stellung (Plantarflexion um 5° bis 15°) mit einem GdB von 20, die Versteifung des unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung (Mittelstellung) mit einem GdB von 10, die Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenks in günstiger Stellung mit einem GdB von 30, in ungünstiger Stellung mit einem GdB von 40, Bewegungseinschränkung im oberen Sprunggelenk geringen Grades mit einem GdB von 0, mittleren Grades (Heben/Senken 0-0-30°) mit einem GdB von 10 und stärkeren Grades mit einem GdB von 20 sowie Bewegungseinschränkung im unteren Sprunggelenk mit einem GdB von 0 bis 10 zu bemessen. Fußdeformitäten ohne wesentliche statische Auswirkungen (z.B. Senk-Spreizfuß, Hohlfuß, Knickfuß, auch posttraumatisch) haben einen GdB von 0 zur Folge und mit statischer Auswirkung je nach Funktionsstörung (geringen Grades einen GdB von 10, stärkeren Grades einen GdB von 20). Die Versteifung aller Zehen eines Fußes in günstiger Stellung führt zu einem GdB von 10, in ungünstiger Stellung zu einem GdB von 20. Versteifungen oder Verkrümmungen von Zehen außer der Großzehe bedeuten einen GdB von 0, Versteifung der Großzehengelenke in günstiger Stellung einen GdB von 0 bis 10 und in ungünstiger Stellung (z.B. Plantarflexion im Grundgelenk über 10°) einen GdB von 20. Narben nach größeren Substanzverlusten an Ferse und Fußsohle führen bei geringer Funktionsbehinderung zu einem GdB von 10 und bei starker Funktionsbehinderung zu einem solchen von 20 bis 30.
Beim Kläger weisen die oberen Sprunggelenke rechts eine beginnende Arthrose und links eine initiale Arthrose auf. Dem Gutachten von Dr. W. entnimmt der Senat einen Bewegungsumfang beim Heben und Senken von 15-0-20° (vgl. Bl. 33 des Gutachtens; an andere Stelle – Bl. 46 des Gutachtens - spricht Dr. W. von 10-0-20°). Hierbei kann mit Dr. W. von einer mittelgradigen Bewegungseinschränkung nach VG, Teil B, Nr. 18.14 ausgegangen werden. Zwar ist die Dorsalflexion mit 15° beim Kläger noch besser als die 0°, die in den VG, Teil B, Nr. 18.14 verlangt werden. Hingegen beträgt die Plantarflexion nicht 30°, sondern nur 20°, dass so insgesamt eine mittelgradige Bewegungseinschränkung mit einem Teil-GdB von (maximal) 10 beidseits gut vertretbar erscheint (so auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. Dezember 2014 – L 7 SB 4/13 –, juris, Rz. 34).
Das rechte untere Sprunggelenk zeigt nach dem Gutachten von Dr. W. eine Restbeweglichkeit von 10° (Supination) und 5° (Pronation), was nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 allenfalls einen Teil-GdB von 10 hierfür zulässt. Ein höherer GdB-Wert für die Sprunggelenke kommt nicht in Betracht. Ein solcher ist nach den VG erst ab einer Versteifung des oberen und/oder unteren Sprunggelenks vorgesehen.
Weiter leidet der Kläger unter einer Fußfehlform im Sinn eines Knick-Senk-Spreizfußes bei abgeflachten Fußlängsgewölbe und aufgehobenen Fußquergewölbe. Der Kläger ist in seiner Abrollbewegung eingeschränkt und er zeigt Hornhautverschwielungen. Der vom Sachverständigen Dr. W. dafür angesetzte GdB von 20 steht in Übereinstimmung mit den VG (vgl. dort Teil B, Nr. 18.14), die für Fußdeformitäten mit statischer Auswirkung stärkeren Grads einen GdB in dieser Höhe vorsehen.
Für den Verlust des kleinen Zehs rechts ist nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 kein eigener Teil-GdB vorgesehen. Dass die Zehen zwei bis vier rechts teilweise versteift und verkrümmt sind, führt nach VG, Teil B, Nr. 18.14 nicht zu einem GdB, da die Großzehe davon nicht betroffen ist. Dennoch ist der Einschätzung von Dr. W. mit einem Teil-GdB von 10 zu folgen, da die Krallenzehendeformität schmerzhafte Bewegungseinschränkungen zur Folge hat. Derartige schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke sind schwerwiegender als eine Versteifung und nach VG, Teil B, Nr. 18.1 dementsprechend berücksichtigungsfähig.
Die Narbe an der Fußsohle des Klägers mit Weichteilsubstanzverlust durch den früheren Traktorunfall ist schließlich in Übereinstimmung mit dem Gutachter bei geringer Funktionsbehinderung bei der Abrollbewegung mit einem GdB von 10 nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 zu berücksichtigen.
Nicht zu folgen ist dem Gutachter jedoch in seiner (Teil-) GdB-Bildung für das gesamte Funktionssystem der unteren Gliedmaßen.
Bei der erforderlichen zusammenfassenden Beurteilung des Funktionssystems (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 e) ist der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in seiner Gesamtheit unter Berücksichtigung seiner wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Er ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5). Die einzelnen Werte dürfen nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen (z.B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit) abgesehen führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee).
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes kann keinesfalls ein GdB von 40 für das Funktionssystem der Beine angenommen werden. Die vielen Einzel-GdB in Höhe von 10 etwa für die oberen und unteren Sprunggelenke, die Fußsohlennarbe und die Krallenzehenbildung rechts führen zu keiner wesentlichen Zunahme des Ausmaßes der Beeinträchtigungen durch die mit einem Einzel-GdB von 20 bewertete Fußdeformität mit stärkeren statischen Auswirkungen. Es ist nachvollziehbar, dass der Abrollvorgang beim Kläger gestört ist, wie auch sein beim Gutachter präsentiertes Gangbild und die abgenutzten orthopädische Einlagen zeigen. Diese auch durch die Sprunggelenksbeschwerden bedingten Abrollprobleme und damit einhergehende Hornhautverschwielungen werden allerdings bei den Auswirkungen der Fußdeformität teilweise schon mitberücksichtigt. Ein Teil-GdB von 40 für die unteren Gliedmaßen wäre nach VG, Teil B, Nr. 18.14 erst etwa bei einer Versteifung des oberen und unteren Sprunggelenkes in ungünstiger Stellung gegeben. Die bestehenden Beeinträchtigungen des Klägers im Fußbereich sind mit derartigen Auswirkungen keinesfalls vergleichbar. Beim Kläger ist die Bewegungsfähigkeit der Sprunggelenke des Fußes allenfalls mittelgradig eingeschränkt, so dass ein GdB von 40 auch unter Berücksichtigung der vorgetragenen Schmerzen für die Beine nicht in Betracht kommt, zumal der Kläger nur bedarfsweise Schmerzmittel einnimmt.
Aus Letztgenanntem folgt auch, dass sich die Behinderungen an den unteren Gliedmaßen nicht "besonders" negativ auf das Gehvermögen auswirken. Für diese Fallgruppe nennen die VG, Teil D Nr. 1 d als Beispiele nämlich eine Versteifung des Hüftgelenks, Versteifungen des Knie- oder Fußgelenks in ungünstiger Stellung oder arterielle Verschlusskrankheiten mit einem GdB von 40. Solche Gelenkversteifungen hat der Kläger jedoch gerade nicht.
Der Senat ist weiter, wie der Beklagte, zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gehvermögen des Klägers nicht in dem Maße eingeschränkt ist, wie es die VG, Teil D, Nr. 1 b, grundsätzlich voraussetzen. Der Verordnungsgeber geht davon aus, dass eine Strecke von "etwa" zwei Kilometern in "etwa" einer halben Stunde zurückgelegt werden können muss. Ausschlaggebend ist dabei der objektive Befund, auf den sich die Einschätzung des zumutbaren Restgehvermögens stützen muss. Zwar ist beim Kläger durchaus zu berücksichtigen, dass er ein verzögertes hinkendes Gangbild mit unvollständiger Abrollbewegung rechts wegen der Folgen seiner Vorfußverletzung zeigt und so in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr beeinträchtigt ist. Allerdings gilt dies nicht im von VG, Teil D, Nr. 1 b verlangten erheblichen Maße. Der Kläger zeigt gerade im für die Gehfähigkeit wichtigen Hüft- und Kniebereich keine relevanten Beschwerden. Im rechten Sprunggelenksbereich, das dem Fuß seine Beweglichkeit in allen Ebenen gibt und ein Ausbalancieren auch auf unebenem Untergrund gewährleistet (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valetin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 696), sind die Einschränkungen allenfalls mittelgradig. Auf keinem Fall sind sie mit einer Versteifung in ungünstiger Stellung, was deutliche Auswirkungen auf die Gehfähigkeit hätte, vergleichbar. Die ausreichende Gehfähigkeit zeigt sich beim Kläger auch darin, dass er keine Gehstöcke oder andere Gehhilfen benötigt. Er trägt auch kein orthopädisches Schuhwerk. Die von ihm benutzen Schuheinlagen werden nicht regelmäßig ausgetauscht und professionell angepasst. Vielmehr waren sie bei der Begutachtung sehr stark abgenutzt und teilweise eigenhändig zurechtgeschnitten. Eine von dem Universitätsklinikum F. empfohlene Abrollhilfe zeigte er bei der Begutachtung nicht. In fahrradergometrischer Belastung konnte der Kläger hingegen bis 100 Watt halbsitzend treten. Schließlich ist nicht zu übersehen, dass der Kläger noch voll berufstätig ist, was auch die Absolvierung von Prüfterminen im Außendienst umfasst. Vor diesem Hintergrund kann nicht von einer objektiv gesicherten und relevanten Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr ausgegangen werden. Insoweit folgt der Senat der Einschätzung von Dr. W. nicht, der dabei auch zu sehr auf die subjektiven Angaben des Klägers und das als stark eingeschränkt demonstrierte Gangbild abgestellt hat.
Nach alledem sind die Voraussetzungen für das Merkzeichen G beim Kläger nicht erfüllt.
Dem Hilfsantrag, den Gutachter Dr. W. und den Assistenzarzt G. von Amts wegen mündlich zu hören, war nicht stattzugeben. Art. 103 Abs. 1 GG gewährt keinen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, das einfachrechtlich geregelte Fragerecht gegenüber Sachverständigen in jedem Fall mündlich auszuüben (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Mai 2013 - 1 BvR 1522/12 -, juris, Rz. 2). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass unabhängig von der nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 411 Abs. 3 ZPO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegenden Möglichkeit, das Erscheinen von Sachverständigen zum Termin von Amts wegen anzuordnen, Beteiligten gemäß § 116 Satz 2, § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 397, § 402, § 411 Abs. 4 ZPO das Recht zusteht, diesen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die sie zur Aufklärung der Sache für dienlich erachten (BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 198/13 B -, juris, Rz. 8 m. w. N.). Sachdienlichkeit im Sinne von § 116 Satz 2 SGG ist insbesondere dann zu bejahen, wenn sich die Fragen im Rahmen des Beweisthemas halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind. Abgelehnt werden kann ein solcher Antrag prozessordnungsgemäß auch dann, wenn er rechtsmissbräuchlich gestellt ist, insbesondere wenn die Notwendigkeit einer Erörterung überhaupt nicht begründet wird, wenn die an Sachverständige zu richtenden Fragen nicht genau benannt, also die erläuterungsbedürftigen Punkte nicht zumindest hinreichend konkret bezeichnet (BSG, Urteil vom 12. April 2000 - B 9 VS 2/99 R -, SozR 3-1750 § 411 Nr. 1), oder nur beweisunerhebliche Fragen an-gekündigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29. August 1995 - 2 BvR 175/95 -, juris, Rz. 29). Die insoweit im sozialgerichtlichen Verfahren gebotenen Einschränkungen des Fragerechts der Beteiligten finden ihren Grund in der gesetzlich vorgeschriebenen Aufklärungspflicht der Tatsachengerichte (§ 103 SGG). Wenn sie nach ihrer Auffassung alles getan haben, um den Sachverhalt umfassend aufzuklären, müssen sie sich, auch durch zusätzliche Fragen der Beteiligten, nicht mehr gedrängt fühlen, dem nachzugehen und den Beteiligten Gelegenheit zu geben, Fragen direkt an die Sachverständigen zu stellen (BSG, Urteil vom 12. April 2000 - B 9 VS 2/99 R -, SozR 3-1750 § 411 Nr. 1). Es ist vorliegend nicht erkennbar, dass eine mündliche Befragung von Dr. W. und den Assistenzarzt G. einen über die Wiederholung ihrer bereits getätigten schriftlichen Äußerungen hinausreichenden Mehrwert hätte. Sie haben im vorausgegangenen erstinstanzlichen Verfahren dem SG eine ausführliche niedergeschriebene Expertise vorgelegt. Sie sind unter Darlegung der einzelnen Behinderungen zu dem Ergebnis gekommen, dass ein GdB von 40 für die unteren Extremitäten vorliegt. Eine nun begehrte nochmalige Erläuterung, welche Störungen und Beeinträchtigungen beim Kläger im Hinblick auf seine Gehfähigkeit vorliegen, begründet indes keinen objektiven Aufklärungsbedarf. Das Fragerecht führt nicht deshalb zu einem Anspruch auf eine neue Befragung, nur weil die Beteiligten bzw. das SG und die Sachverständigen in ihrer Beurteilung nicht übereinstimmen (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - B 13 R 198/13 B -, juris, Rz. 9). Die Bemessung des GdB fußt zwar auf medizinisch zu beurteilenden Verhältnissen, allerdings sind darüber hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen, weshalb es sich um eine grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe handelt (BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5). Die Frage nach dem GdB für die unteren Extremitäten oder gar das Vorliegen der Voraussetzungen des hier begehrten Merkzeichens, ist der gerichtlichen Entscheidung vorbehalten und dem Sachverständigenbeweis, mittels dessen Tatsachen zu klären und nicht Rechtsfragen zu entscheiden sind (BSG, Urteil vom 16. März 2016 - B 9 SB 1/15 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 22, Rz. 23; vgl. auch Senatsurteil vom 17. November 2016 - L 6 VJ 4009/15 -, zur Veröffentlichung vorgesehen), nicht zugänglich gewesen. Der Kläger hat damit nur eine beweisunerhebliche Frage angekündigt, welcher durch mündliche Anhörung von Dr. W. und G. nicht nachzugehen war.
Der Hilfsantrag auf Einholung "eines weiteren Gutachtens mit der gleichen Fragestellung" war zurückzuweisen, da die Würdigung vermeintlich oder tatsächlich widerstreitender Beweisergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen wie die anderer sich vermeintlich oder tatsächlich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst gehört und nicht einfach mit noch einem weiteren Gutachten geklärt werden kann. Eine Verpflichtung hierzu besteht selbst bei einander widersprechenden Expertisen im Allgemeinen nicht. Vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung ggf. mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 128 Rz. 7e f. m. w. N.). Das Tatsachengericht wäre ggf. nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die Gutachten grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde der sie erstellenden beziehungsweise tätigenden Personen geben (vgl. BSG, Beschluss vom 12. Dezember 2003 - B 13 RJ 179/03 B -, SozR 4-1500 § 160a Nr. 3, Rz. 9). Derartige Umstände hat der Kläger weder vorgetragen noch sind sie sonst ersichtlich. Das Gutachten von Dr. W. ist unproblematisch verwertbar. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Senat ihm im Ergebnis folgen muss.
Vor diesem Hintergrund ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
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