Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 17 SB 1135/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 SB 2304/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Juni 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit mindestens 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft.
Der 1966 geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Republik T., wo er aufwuchs. Er besuchte dort nach der Grundschule jeweils drei Jahre lang die Realschule und das Gymnasium. Nach eigenen Angaben ließ er sich anschließend zum Steuerberater ausbilden und arbeitete in I. von 1980 bis 1995 in diesem Beruf. Anschließend reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er sich mittlerweile aufgrund einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis aufhält. Er war bis 2000 arbeitslos, bevor er eine Arbeit als ungelernter Trockenarbeiter bei der A. und N. GmbH in B., deren Mitgesellschafter sein Bruder war, aufnahm. Ende Dezember 2012 erlitt er einen Arbeitsunfall, als er beim Herabsteigen von einer Leiter die vierte oder fünfte Stufe verfehlte und rückwärts auf die linke Körperseite stürzte sowie sich jeweils linksseitig eine distale Radiusfraktur und eine Beckenringfraktur zuzog. Er ist mittlerweile seit mehreren Jahren wieder arbeitslos und bezieht eine Berufsunfähigkeitsrente aus einer privaten Unfallversicherung. Rente wegen Erwerbsminderung gewährte ihm die Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung nicht, weswegen er das Verfahren S 6 R 3585/15 beim Sozialgericht Mannheim (SG) führt. Der Kläger bewohnt mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern eine Eigentumswohnung in der vierten Etage eines Mehrfamilienhauses, in dem kein Fahrstuhl vorhanden ist.
Am 13. März 2013 beantragte er unter Hinweis auf seelische und körperliche Beschwerden, insbesondere Asthma, eine Allergie und einen Bandscheibenvorfall, die Feststellung des GdB ab diesem Zeitpunkt. Nachdem das Landratsamt R.-N.-Kreis verschiedene medizinische Befundunterlagen beigezogen hatte, lehnte sie das Begehren mit Bescheid vom 4. September 2013 ab, da nach der versorgungsärztlichen Einschätzung von Dr. S. allein die seelische Störung einen GdB von 10 zur Folge habe, weshalb der für eine Feststellung erforderliche GdB von 20 nicht erreicht sei.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, woraufhin der Entlassungsbericht von Dr. Sch., Leitender Chefarzt der Fachklinik H. in Sch., Facharzt für Innere Medizin und Psychotherapie, über seinen stationären Aufenthalt vom 4. März bis 29. April 2014 beigezogen wurde. Danach wurden eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1), eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode (ICD-10 F33.0), eine distale Radiusfraktur links nach einem Leitersturz (ICD-10 T02.9), der Zustand nach einer beim selben Ereignis erlittenen Beckenringfraktur vom Typ II mit konservativer Behandlung im Dezember 2012 (ICD-10 S32), chronische rezidivierende Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrome bei bekanntem Bandscheibenprolaps im Segment L4/5 seit etwa 2004 (ICD-10 M54.8) sowie eine Hypercholesterinämie (ICD-10 E78.0) diagnostiziert. Der Kläger sei nach eigenen Angaben im Kindesalter gestürzt und habe sich dabei schwere Kopfverletzungen zugezogen. Durch den Arbeitsunfall Ende 2012 sei er noch einmal einer lebensbedrohlichen Situation mit Gefühlen von Verzweiflung und Todesangst ausgesetzt gewesen, was bei ihm eine Reaktivierung des Kindheitstraumas verursacht zu haben scheine. Hierdurch habe er eine Blockade mit intensiven Angstgefühlen und vegetativer Hyperaktivität mit Zittern, Schweißausbrüchen, Krampfanfällen und Kreislaufproblemen erlebt, sobald er auf der Baustelle mit bestimmten assoziierten Gegenständen, besonders mit Leitern und Gerüsten, konfrontiert worden sei. Nach der Rehabilitationsbehandlung habe er wieder Kontakt zu seinen Freunden und Bekannten aufnehmen wollen, da er alleine gewesen sei, was ihm große Angst gemacht habe. Nach wie vor emotional belastend für ihn sei der Arbeitsunfall und die Konsequenzen, insbesondere auch der Verlust seiner Leistungsfähigkeit. Es sei ein Hyperarousal mit erhöhter Schreckhaftigkeit zu erkennen gewesen. Insoweit habe ein deutlicher Bedarf an einer psychotherapeutischen Nachsorge im Rahmen einer ambulanten traumaspezifischen Psychotherapie bestanden. Bei der Entlassung habe der Kläger noch Seroquel prolong, 50 mg (0-0-1), eingenommen.
Dem Landratsamt R.-N.-Kreis lag des Weiteren das von Prof. Dr. G., Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L., für die B. der B. (BG Bau) als für das Ereignis von Dezember 2012 zuständige Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 3. Juli 2014 erstattete Gutachten vor. Wegen der Unfallfolgen auf orthopädischem Fachgebiet erreiche die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) keine 10 vom Hundert (v.H.). Auf psychiatrischem Fachgebiet bestünden indes Unfallfolgen, die aktuell weiterhin therapiebedürftig seien. Nach dem von Prof. Dr. B. für die BG Bau nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 10. Juli 2014 erstatteten nervenärztlichen Gutachten habe der Arbeitsunfall zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) geführt. Vor dem Hintergrund der bei ihm zu beschreibenden Symptomatik einer allmählich abklingenden Erkrankung betrage die MdE noch 10 v. H.
Nach diesen und anderen weiter vorhandenen medizinischen Dokumenten bewertete Dr. S. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Mitte Oktober 2014 eine seelische Störung mit einem Einzel-GdB von 10 sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, einschließlich eines Bandscheibenschadens, und eine Schwerhörigkeit jeweils mit einem Einzel-GdB von 20, weshalb ein Gesamt-GdB von 30 begründbar sei. Daraufhin half das Landratsamt R.-N.-Kreis dem Widerspruch mit Bescheid vom 6. November 2014 teilweise ab und stellte den GdB mit 30 seit 13. März 2013 fest.
Der Kläger hielt den Widerspruch aufrecht und legte den Befundbericht von Dr. V., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, von Dezember 2014 vor, wonach eine chronifizierende posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) nach dem Arbeitsunfall von Dezember 2012, eine Panikstörung mit Hyperventilationstetanien (ICD-10 F41.0), der Zustand nach einer Beckenringfraktur vom Typ B II (ICD-10 S32) und einer Radiusfraktur (ICD-10 T02.9) im Dezember 2012, eine Lumboischialgie (ICD-10 M54.4) sowie der Verdacht auf ein Ulnarissyndrom links diagnostiziert worden seien. Der Kläger sei hoch angespannt gewesen und habe im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen über Flashbacks berichtet. Während der stationären Rehabilitationsbehandlung sei ein Zusammenhang mit einem schweren Leiterunfall in der Kindheit gefunden worden, welcher durch das erneute Ereignis getriggert worden sei. Es seien eine Somatisierung in Form von Schmerzen und Schweißausbrüchen sowie Hyperventilationstetanien, Panikattacken, Hyperarousal mit erhöhter Reizbarkeit und verschlechterter Konzentration sowie Ein- und Durchschlafstörungen mit Albträumen festgestellt worden. Trotz ambulanter und stationärer Psychotherapie habe sich offensichtlich die posttraumatische Belastungsstörung chronifiziert bis hin zu einer Angststörung mit Panikattacken, welche auch zu Notfallbehandlungen geführt habe. In Ergänzung des Quetiapins zur Nacht habe sie Venlafaxin, 37,5 mg rezeptiert und die Weiterführung der ambulanten Psychotherapie angeregt.
Nach Einschätzung der Versorgungsärztin A. von Februar 2015 sei die seelische Störung ebenfalls mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten, weshalb sich ein Gesamt-GdB von 40 begründen lasse. Mit Bescheid vom 4. März 2015 wurde dem Widerspruch weiter abgeholfen und der GdB nunmehr mit 40 seit 13. März 2013 festgestellt. Der mit dem Ziel der Feststellung des GdB mit mindestens 50 aufrechterhaltene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2015 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 17. April 2015 beim SG Klage erhoben, welches schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei Dr. B.-H. und Dr. B., Fachärzte für Allgemeinmedizin, Dr. V., dem Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie R. sowie Dr. K., Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohren (HNO)-Heilkunde, eingeholt hat, welche im Juli 2015 vorgelegt worden sind.
Dr. B.-H., welche den Kläger vorrangig behandelt hat, und Dr. B. haben ausgeführt, bei ihm lägen eine schwere Belastung durch eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge von Beckenring- und Radiusfrakturen sowie ein chronisches Schmerzsyndrom bei chronischer Lumboischialgie vor. Saisonal sei er jährlich für vier Monate durch das allergische Asthma bronchiale stark belastet, was ihn erheblich einschränke und während dieser Zeit intensiv medikamentös behandelt werden müsse. Der Gesamt-GdB müsse daher deutlich oberhalb von 30 liegen.
Dr. V. hat die posttraumatische Belastungsstörung nach Schwere und Chronizität für so schwer erachtet, dass sie zu einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit geführt habe, weshalb ein GdB von 50 angemessen sei. Die chronische Schmerzbelastung durch die rezidivierende Lumboischialgie sei ihrer Einschätzung nach mit einem GdB von 30 zu bewerten. Wie sie bereits mehrfach betont habe, halte sie insgesamt einen GdB von 50 für angemessen.
Der Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie R. hat mitgeteilt, er habe den Kläger zuletzt Anfang Februar 2015 untersucht. Die Funktion des linken Handgelenkes sei uneingeschränkt gewesen. Ob die Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes unfallbedingt eine Einschränkung erfahren habe oder schon längerfristig die Werte von 20-0-20° aufgewiesen habe, könne er nicht sicher beantworten.
Dr. K. hat über drei Untersuchungen Ende 2014 und Anfang 2015 berichtet, wonach sich der Kläger wegen einer rezidivierenden Zephalgie vorgestellt habe. Eine allergische Rhinopathie mit behindernder Nasenatmung sei bekannt gewesen. Er leide unter einer Gräser- und Frühblüherallergie. Zuletzt hätten hinsichtlich der bei ihm bestehenden Krankheitsbilder keine bedeutenden Auswirkungen auf den Allgemeinzustand vorgelegen, zumindest habe er keine solchen angeführt.
Das SG hat Dr. W. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Nach der unter Anwesenheit eines Dolmetschers durchgeführten ambulanten klinischen und röntgenologischen Untersuchung des Klägers am 3. Februar 2016 hat er ausgeführt, der Speichenbruch links und die vordere Beckenringfraktur nach dem Arbeitsunfall von Ende Dezember 2012 seien knöchern optimal verheilt gewesen. Weiter habe eine leichte Funktionsstörung der Wirbelsäule bei leicht bis mäßig degenerativen Veränderungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule vorgelegen. Diese Beeinträchtigungen seien mit einem Einzel-GdB von 10 ausreichend bewertet. Es habe sich insgesamt eine gute bis zufriedenstellende Beweglichkeit der Wirbelsäule gefunden. Das spontane Bewegen und Verhalten bei der Begutachtung sei gleichermaßen unauffällig gewesen. Weder klinisch noch bildgebend hätten sich Hinweise auf eine Wirbelkanalverengung ergeben. Darüber hinaus sei die Rumpfmuskulatur altersüberdurchschnittlich ausgebildet gewesen. Ein Hinweis für ein Schonverhalten habe nicht vorgelegen. Schmerzmittel würden keine eingenommen. Eine Nervenwurzelreizsymptomatik sei nicht festgestellt worden. Würden Einzel-GdB von jeweils 20 für die seelischen Störungen und die Schwerhörigkeit berücksichtigt, erreiche der Gesamt-GdB 30, aber nicht mehr. Bei der Anamnese habe der Kläger angegeben, mit seiner Ehefrau, welche an einem Glioblastom erkrankt sei, jeden Tag ein bis zwei Stunden spazieren gehen zu müssen. Seit seinem Unfall fahre er wegen Panikattacken und einer Gleichgewichtsstörung kein Auto mehr, jedenfalls keine längeren Strecken. Er habe eine Rückenbandage getragen, welche er seit fünfzehn Jahren verwende. Schmerzmittel habe er keine eingenommen. Er habe angeführt, keine Hobbys und Freizeit zu haben, da er sich nur mit seiner Ehefrau beschäftige. Außer Tee kochen und selten Essen zubereiten erledige er im Haushalt nichts. Reinigungsarbeiten führe er nicht durch, dafür hätten sie über die Krankenkasse eine Putzhilfe. Das Entkleiden bei der Untersuchung sei teils im Stehen und teils im Sitzen erfolgt. Der Kläger sei mehrfach geschwind aufgestanden und habe sich ebenso zügig wieder zum Ausziehen der Schuhe und Strümpfe hingesetzt. Das Sitzverhalten während der Befragung und Untersuchung sei unauffällig gewesen. Beide Hände seien zielgerichtet eingesetzt worden. Ein Schonverhalten habe er nicht gezeigt. Er sei am Rumpf und an beiden Armen sowie in geringerem Ausmaß auch an den Beinen auffallend athletisch und muskelkräftig gebaut gewesen. Die Rücken-, Bauchdecken- und Brustkorbmuskulatur sei jeweils gut ausgebildet gewesen. Er habe sich in der Praxis ohne erkennbare Behinderungen oder Bewegungseinschränkungen zügig fortbewegt. Der Kinn-Jugulum-Abstand habe 1/18 cm betragen. Das Vor- und Rückneigen sei bis 35-0-35°, die Seitneigung nach rechts und links bis 30-0-30° und das Drehen nach rechts und links bis 75-0-75° gelungen. Obwohl das Normmaß für die Seitneigung 45° betrage, habe auch insoweit ein altersentsprechendes Bewegungsausmaß vorgelegen. Im Bereich der Rumpfwirbelsäule habe sich eine gute Beweglichkeit gezeigt. Bei der Vorneigung sei kein Rippenbuckel oder Lendenwulst entstanden. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/32,5 cm und 10/15,5 cm gemessen worden. Die Seitneigung und das -drehen im Sitzen nach rechts und links seien jeweils bis 25-0-25° vorgenommen worden. Der Finger-Boden-Abstand habe 21 cm eingenommen und der Finger-Zehen-Abstand im Langsitz sei mit 15 cm demonstriert worden. Bei der Ausführung des Schürzenbandgriffes hätten beide Hände die untere Brustwirbelsäule erreicht. Bei der Vornahme des Nackengriffes hätten beide Hände im mittleren Bogen bis zur Mitte der Halswirbelsäule geführt werden können. Druckschmerzen seien keine angegeben worden. Das Bewegungsausmaß der passiven Bewegungsprüfung habe dem aktiven entsprochen. Der Kraftgrad habe 5/5 betragen, weshalb die Kraftentfaltung gut gewesen sei. Im Bereich der Hüftgelenke habe der Kläger endgradig bei der Beugung und bei Drehbewegungen links Bewegungsschmerzen angegeben. Entzündungszeichen wie eine Rötung, Schwellung oder Überwärmung hätten sich nicht gezeigt. Die Streckung und Beugung sei mit 10-0-130° rechts und 10-0-115° links gemessen worden. Das Abspreizen und Anführen sei bis 40-0-25° rechts und 40-0-20° links gelungen. Die Drehung aus- und einwärts, bei Beugung um 90°, habe bis 40-0-30° rechts und 25-0-25° links vorgenommen werden können. Im Bereich der Kniegelenke seien ebenfalls keine Entzündungszeichen festzustellen gewesen, insbesondere sei kein Gelenkerguss erkannt worden. Die Bandführung sei stabil gewesen. Die Streckung und Beugung der Kniegelenke sei beidseits bis 0-0-145° vorgenommen worden. Teilweise habe sich an den Fußnägeln und am linken Daumen eine Nageldystrophie gezeigt, welche vermutlich auf eine Mykose zurückzuführen sei.
Das SG hat ein weiteres Gutachten bei Dr. N., Facharzt für Neurologie sowie Psychiatrie und Psychotherapie, eingeholt. Nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 12. April 2016, wiederum unter Anwesenheit eines Dolmetschers, hat er dargetan, dieser habe angegeben, normalerweise gegen 9 Uhr zusammen mit seiner Ehefrau aufzustehen. Nach dem Frühstück gehe er oft mit ihr zusammen etwa eineinhalb Stunden spazieren. Er begleite sie zur Krankengymnastik und nehme selbst einmal in der Woche Physiotherapie wahr. Zu Bett gehe er zwischen 22 Uhr und 23 Uhr. Hobbys habe er nicht, er höre aber manchmal Musik. Die Funktion als Zweiter Vorsitzender im deutsch-türkischen Arbeiterverein in Mannheim habe er mittlerweile aufgegeben, er besuche jedoch dort noch alle zwei Monate eine Veranstaltung. Die meisten Einkäufe erledige er selbst, oft in Begleitung seines Sohnes. Im Dezember 2015 sei er zuletzt fünf Wochen in der türkischen Heimat gewesen. Er habe dort Angehörige besucht und noch Urlaub in A. gemacht. Der Kläger habe insgesamt durch seine Beschwerden wenig belastet gewirkt. Im Gespräch habe er den Augenkontakt gut gehalten, sei freundlich, offen und hilfsbereit gewesen. Beschrieben worden seien häufige Albträume mit Szenen des Arbeitsunfalls. Ein Vermeidungsverhalten sei jedoch nicht zu eruieren gewesen. Ein phobisches Verhalten oder Panikattacken seien verneint worden. Der Kläger sei affektiv gut schwingungsfähig, seine Stimmung euthym und der Antrieb unauffällig gewesen. Es habe eine Residualsymptomatik einer nahezu abgeklungenen posttraumatischen Belastungsstörung und ein degeneratives Lumbovertebralsyndrom ohne Wurzelreiz- oder -ausfallsymptome vorgelegen. Die Residualsymptomatik einer leichten posttraumatischen Belastungsstörung habe eine leichte Minderung der psychischen Belastbarkeit, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sowie der sozialen Interaktionsfähigkeit bedingt. Hierfür sei ein GdB von 20 ausreichend. Das degenerative Lumbovertebralsyndrom bedinge eine Behinderung hinsichtlich der Verrichtung körperlich schwerer Arbeiten, welche mit häufigem Bücken, Heben und Tragen schwerer Gegenstände und Zwangshaltungen verbunden seien. Die hieraus sich ergebenden Funktionsstörungen rechtfertigten ebenfalls einen GdB von 20. Unter Berücksichtigung der auf HNO-ärztlichem Fachgebiet angenommenen Hörbehinderung sei ein Gesamt-GdB von 40 erreicht, ein höherer jedoch nicht begründbar. Die Beurteilung der behandelnden Nervenärztin Dr. V., welche einen GdB von 50 für angemessen halte, sei nicht nachvollziehbar, da deren Einschätzung ausschließlich auf dem subjektiven Beschwerdevortrag des Klägers beruhe und die notwendige kritische Plausibilitäts- und Konsistenzprüfung der reklamierten Beschwerden vermissen lasse.
Im Verfahren beim SG ist der Kläger, nachdem der zunächst anberaumte Termin wegen eines sechswöchigen T.-Urlaubes verlegt worden ist, in der nichtöffentlichen Sitzung am 9. Juni 2016 gehört worden, bei der er den Bericht von Dr. V. von Anfang dieses Monats sowie die Verordnung über Hörhilfen beiderseits wegen einer Innenohrschwerhörigkeit von Dr. K. von Ende Februar 2016 und Audiogramme vorgelegt hat. Dr. V. hat angegeben, trotz stationärem Aufenthalt in der Fachklinik H. im Frühjahr 2014 sowie türkischsprachiger ambulanter Psychotherapie seit Juni 2013 bis Mitte 2014 und weiterer zehn Behandlungsstunden sei der Kläger nach wie vor schreckhaft, schmerzgeplagt, schlafgestört und in der Konzentration gemindert. Deswegen sei ihm zuletzt Venlafaxin, 75 mg und Quetiapin, 50 mg verordnet worden. Die Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung sei unverändert, nicht residual und leicht wie Dr. N. in seinem Gutachten angegeben habe. Dr. K. hat mitgeteilt, dass auch ein Tinnitus vorgelegen habe. Ergänzend hat der Kläger ausgeführt, die verordneten Hörhilfen mittlerweile zu tragen. In diesem Termin sind die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden. Das SG hat die Klage daraufhin mit Gerichtsbescheid vom 13. Juni 2016 abgewiesen. Ausgehend von Einzel-GdB von jeweils 20 für die Residualsymptomatik nach nahezu abgeklungener posttraumatischer Belastungsstörung und die Schwerhörigkeit sei ein Gesamt-GdB von 40 nicht überschritten. Die Einzel-GdB von jeweils 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule und wegen der Allergie wirkten nicht erhöhend.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Juni 2016 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt.
Auf seinen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Dr. K., Facharzt für Allgemeinmedizin sowie für physikalische und rehabilitative Medizin, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt worden. Nach der ambulanten klinischen Untersuchung des Klägers am 23. September 2016 hat er ausgeführt, dieser habe aktuell Venlafaxin, 100 mg (1-0-0), Quentiax, 100 mg (0-0-1), Ibuprofen, 600 mg (1-0-1), Amineurin, 10 mg (0-0-1) und nach Bedarf Fluxiform eingenommen. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule sei für die Seitneigung nach rechts und links mit 30-0-30°, für die Rotation nach rechts und links mit 60-0-60° und für die Reklination mit 20° festgestellt worden. Die Werte nach der Neutral-0-Methode hätten im Bereich der Lendenwirbelsäule für die Seitneigung und Rotation nach rechts und links jeweils 20-0-20° betragen. Der Finger-Boden-Abstand habe über 60 cm eingenommen. Es seien beim Wiederaufrichten mit Abstützen an beiden Oberschenkeln lumbale Schmerzen berichtet worden. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/32 cm und 10/12 cm festgestellt worden. Die Mimik, die Gestik, die Psychomotorik und die äußere Erscheinung seien unauffällig, die Grundstimmung ausgeglichen, und die affektive Schwingungsfähigkeit normal gewesen. Im Gespräch seien keine Orientierungsstörungen aufgefallen. Inhaltliche oder formale Gedankenstörungen seien nicht festgestellt worden. Merkfähigkeits- oder Konzentrationsstörungen seien auszuschließen gewesen. Das Antriebsniveau sei normal gewesen. Im Bereich der Wirbelsäule seien ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit therapieresistenten Lumbalgien und Lumboischialgien bei einer alten Fraktur des zwölften Brustwirbelkörpers, eine alte intraspongiöse Hernierung im Bereich der Deckplatte des dritten Lendenwirbelkörpers sowie Bandscheibenvorfälle in den Segmenten L4/5 und L5/S1 festgestellt worden. Im Bereich der Halswirbelsäule seien ein chronisches Syndrom mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits, rezidivierende Zervikozephalgien bei röntgenologisch gesicherter Chondrose m Bereich C3 bis C6, eine Spondylose und eine Uncarthrose erkannt worden. Damit hätten im Bereich der Halswirbelsäule Verschleißerscheinungen im mittleren und unteren Abschnitt bestanden, welche mit schweren funktionellen Auswirkungen vergleichbar seien. Diese Funktionseinschränkungen seien mit einem Einzel-GdB von 30 angemessen bewertet. Unter weiterer Berücksichtigung der Einzel-GdB von jeweils 20 für die seelische Störung und die Hörminderung sei ein Gesamt-GdB von 50 begründet. Das Bronchialasthma mit unauffälliger Lungenfunktion und ohne Hinweis auf eine restriktive oder obstruktive Ventilationsstörung, die Minderbelastbarkeit des linken Handgelenkes sowie die Funktionsstörung des Beckens seien ohne Auswirkungen auf den Gesamt-GdB. Dr. W. habe den GdB für die Wirbelsäule zu niedrig bewertet. Mit den Ausführungen im Gutachten von Dr. N. stimme er hingegen überein.
Von Dr. K. ist der Entlassungsbericht des Assistenzarztes K. der HNO-Klinik des Universitätsklinikums H. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 16. bis 19. Juni 2015 übermittelt worden, wonach eine chronische Pansinusitis beidseits (ICD-10 I32.4) diagnostiziert worden ist. Weiter ist der Bericht von Dr. T., Assistenzarzt in der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie der Schön Klinik L. über die ambulante Untersuchung des Klägers am 17. September 2016 vorgelegt worden. Nach dessen Angaben träten seit Jahren gelegentlich Knie- und Hüftschmerzen auf. Seit zwei Tagen bestehe eine Schmerzexazerbation. Aktuell habe er über Schmerzen im Bereich der rechten Hüfte und im Bereich des linken Kniegelenkes geklagt. Es seien rechts eine akute Coxalgie bei beginnender Coxarthrose und links eine akute Gonalgie bei beginnender Gonarthrose festgestellt worden. Eine konservative Therapie mit Schonung, Verbänden mit Voltarensalbe und einer bedarfsgerechten Analgesie, etwa mit Ibuprofen, 600 mg (1-1-1) oder Pantozol, 20 mg (1-0-0), sei vorgeschlagen worden.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, nicht zuletzt durch das Gutachten von Dr. K. sei ein GdB von mindestens 50 begründet.
Er beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Juni 2016 aufzuheben und den Bescheid vom 4. September 2016 in den Fassungen der Teilabhilfebescheide vom 6. November 2014 und 4. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2015 teilweise aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, bei ihm den Grad der Behinderung mit mindestens 50 ab 13. März 2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er trägt, im Wesentlichen gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. von Dezember 2016, vor, Dr. W. sei bezüglich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule von einem Einzel-GdB von 10 ausgegangen. Die Brüche des Beckens und der Speiche, jeweils links, seien optimal ausgeheilt, so dass insoweit kein relevanter GdB mehr zu begründen sei. Dr. N. sei von einer leichten Minderung der psychischen Belastbarkeit, der Anpassungsfähigkeit und der sozialen Integrationsfähigkeit ausgegangen. Seiner Einschätzung eines Einzel-GdB von 20 werde gefolgt. Das vorliegende Sprachaudiogramm ohne Datum und das Tonaudiogramm vom 9. Februar 2016 decke sich nicht mit dem aktuellen. Beim Vergleich der von Dr. K. ermittelten Messwerte mit denjenigen, welche Dr. W. erhoben habe, zeigten sich deutliche Unterschiede. Einerseits sei der Finger-Boden-Abstand mit über 60 cm und andererseits mit 21 cm festgestellt worden. Die Drehbewegung sei mit 60-0-60° gegenüber 75-0-75°, die Rückneigung mit 20° gegenüber 35 °, die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule in der Seitneigung mit 20-0-20° gegenüber 25-0-25° und die Drehbewegung mit 20-0-20° gegenüber 25-0-25° gemessen worden. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/32 cm gegenüber 30/32,5 cm und 10/12 cm gegenüber 10/15,5 cm ermittelt worden. Dr. K. habe im Gegensatz zu Dr. W. auch nicht den Finger-Zehen-Abstand im Langsitz überprüft. Weiter habe er nicht mitgeteilt, dass der Finger-Boden-Abstand durch eine passive Führung nicht zu verkürzen gewesen sei. Selbst wenn die von Dr. K. erhobenen Werte zugrunde gelegt würden, lasse sich kein Einzel-GdB von 30 abbilden. Hierfür seien mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten oder eine schwere Funktionsstörung in einem Bereich dieses Körperteils erforderlich. Sowohl die Seitneigung als auch die Drehbewegungen der Halswirbelsäule seien jedoch nur als leichtgradig einzuschätzen. Im Bereich der Lendenwirbelsäule seien die Drehbewegung ebenfalls leichtgradig und die Seitneigung mittelgradig gewesen, so dass über alle drei Wirbelsäulenabschnitte hinweg vorwiegend leichte und nur in zwei Bewegungsebenen mittelgradige Funktionsbehinderungen vorlägen, woraus sich kein höherer Einzel-GdB als 10 abbilden lasse. Daher werde der Einschätzung des sozialmedizinisch erfahrenen orthopädischen Gutachters Dr. W. gefolgt. Nach alledem sei kein höherer Gesamt-GdB als 30 begründbar.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 SGG), ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m. w. N.) zulässige Klage zu Recht abgewiesen, soweit mit ihr die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung des GdB mit mindestens 50 ab 13. März 2013 verfolgt worden ist. Der Kläger hat ab diesem Datum keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40, wie ihn der Beklagte mit dem Teilabhilfebescheid vom 4. März 2015 bereits zuerkannt hat. Daher ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Gegenstand der Klage ist ein Anspruch des Klägers auf Feststellung des GdB mit mindestens 50 ab 13. März 2013 aufgrund seiner Erstantragstellung an diesem Tag. Diesem Anspruch steht der Bescheid vom 4. September 2016 in den Fassungen der Teilabhilfebescheide vom 6. November 2014 und 4. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2015 entgegen, da ihn das SG nicht zumindest teilweise aufgehoben hat. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage an sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34); mangels Durchführung einer solchen ist indes derjenige der Entscheidung maßgebend.
Der Anspruch des Klägers gründet auf § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der aktuellen Fassung durch Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers ab 13. März 2013 mit einem GdB von 40 ausreichend bewertet sind, wie er vom Beklagten mit Bescheid vom 4. März 2015 festgestellt wurde.
Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" hat keinen höheren Teil-GdB als 20 zur Folge.
In Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7, wonach Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten sind, stützen die wegen der Erkrankungen des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet, welche die sachverständige Zeugin Dr. V. und Prof. Dr. B. in seinem für die BG Bau erstatteten Gutachten, welches im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwertet worden ist, als posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10-GM-2017 F43.1) sowie Dr. Sch. im Frühjahr 2014 darüber hinaus als rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode (ICD-10-GM-2017 F33.0) diagnostiziert haben, bestehenden Funktionsstörungen allenfalls einen GdB von 20. Die von dem Sachverständigen Dr. N. objektivierte Residualsymptomatik einer nahezu abgeklungenen posttraumatischen Belastungsstörung führt nicht zu einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, wie Dr. V. weitgehend aufgrund der subjektiven Angaben des Klägers und damit unzureichend angenommen hat, weshalb kein höherer GdB begründbar ist. Der von Dr. N. erhobene psychopathologische Befund war nahezu unauffällig. Im Gespräch hielt der Kläger den Augenkontakt gut und war offen. Er beschrieb zwar häufige Albträume mit Szenen des Arbeitsunfalls, ein Vermeidungsverhalten war jedoch nicht zu eruieren. Er war affektiv gut schwingungsfähig, seine Stimmung ausgeglichen und der Antrieb unauffällig. Ein phobisches Verhalten oder Panikattacken wurden von ihm verneint, was hierzu passt. Er wirkte insgesamt durch seine Beschwerden auch wenig belastet. Bei der zwar nicht fachspezifischen, aber gutachterlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. K. ergab der orientierende psychische Befund damit in Einklang stehend eine ausgeglichene Grundstimmung, eine normale affektive Schwingungsfähigkeit und ein normales Antriebsniveau. Gegen eine maßgebliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit spricht weiter die gegenüber Dr. N. geschilderte erhaltene Tagesstruktur. Ein sozialer Rückzug liegt nicht vor. Der Kläger gab zwar durchgängig an, keine Hobbys zu haben. Dies führte er jedoch, wie im Übrigen auch seine fehlende Freizeit, darauf zurück, dass er sich um seine an einem Hirntumor erkrankte Ehefrau kümmern muss, wie er gegenüber dem Sachverständigen Dr. W. sinngemäß kundtat. Diese Einschränkung ist damit nicht auf seine psychiatrische Erkrankung zurückzuführen und für den GdB nicht relevant. Darüber hinaus erledigt er die meisten Einkäufe selbst, wenn auch mit Hilfe seines Sohnes. Die Funktion als Zweiter Vorsitzender im deutsch-türkischen Arbeiterverein in M. gab er zwar zwischen zeitlich auf, besucht aber dort immer noch alle zwei Monate eine Veranstaltung. Ferner war er nicht daran gehindert, Ende 2015 einen fünfwöchigen und im Sommer 2016 einen sechswöchigen T.aufenthalt durchzuführen. Die Bewertung von Dr. V., welche einen GdB von 50 für angemessen hält, ist für den Senat genauso wenig wie für Dr. N. nachvollziehbar, da deren Einschätzung weitgehend auf dem subjektiven Beschwerdevortrag des Klägers beruht hat und sie die notwendige kritische Plausibilitäts- und Konsistenzprüfung der angeführten Beschwerden hat vermissen lassen. Soweit diese in ihrem Bericht von Juni 2016 hierauf repliziert und die Auffassung geäußert hat, die Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung sei unverändert, nicht residual und leicht wie Dr. N. in seinem Gutachten angegeben habe, folgt der Senat ihrer Ansicht nicht. Denn auch in dieser jüngsten Äußerung hat sie sich unzureichend ausschließlich auf die Angaben des Klägers gestützt, wonach er nach wie vor schreckhaft, schmerzgeplagt, schlafgestört und in der Konzentration gemindert sei. Ohnehin ist die angeblich bestehende Minderung der Konzentration nicht nur durch Dr. N., sondern zuletzt auch durch Dr. K. ausgeschlossen worden, welcher im Übrigen mit den Ausführungen in dessen Gutachten übereingestimmt hat. Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" ist daher mangels Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit keinem höheren Teil-GdB als 20 zu bewerten.
Die beim Kläger wegen der Gesundheitsstörungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen bedingen in Bezug auf das Funktionssystem "Rumpf" einen Teil-GdB von 10, in Bezug auf "Arme" und "Beine" jeweils keinen in messbarem Grad.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Im Bereich der Wirbelsäule ist durch die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. W. nur eine leichte Funktionsstörung der Wirbelsäule bei leicht bis mäßig degenerativen Veränderungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule objektiviert. Diese Beeinträchtigungen sind mit einem GdB von 10 ausreichend bewertet. Bei seiner gutachterlichen Untersuchung fand sich insgesamt eine gute bis zufriedenstellende Beweglichkeit der Wirbelsäule. Der Kinn-Jugulum-Abstand betrug 1/18 cm. Das Vor- und Rückneigen war bis 35-0-35° und das Drehen nach rechts und links bis 75-0-75° gelungen. Lediglich die Seitneigung nach rechts und links erfolgte nur bis 30-0-30°, bei einem Referenzwert von 45° (vgl. hierzu und zu den sonstigen Daten Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 23 ff.). Dahinstehen kann, ob dies noch ein altersentsprechendes Bewegungsausmaß darstellt, wie Dr. W. angenommen hat, jedenfalls sind hierdurch keine mindestens mittelgradigen funktionellen Auswirkungen belegt. Im Bereich der Rumpfwirbelsäule zeigte sich eine gute Beweglichkeit. Bei der Vorneigung entstand kein Rippenbuckel oder Lendenwulst. Die Zeichen nach Ott und Schober wurden mit 30/32,5 cm und 10/15,5 cm gemessen. Die Seitneigung und das -drehen im Sitzen nach rechts und links wurden jeweils bis 25-0-25° vorgenommen. Der Finger-Boden-Abstand nahm 21 cm. Der Finger-Zehen-Abstand im Langsitz wurde hierzu passend mit 15 cm demonstriert. Bei der Ausführung des Schürzenbandgriffes erreichten beide Hände die untere Brustwirbelsäule. Bei der Vornahme des Nackengriffes konnten beide Hände im mittleren Bogen bis zur Mitte der Halswirbelsäule geführt werden. Druckschmerzen wurden keine angegeben. Das Bewegungsausmaß der passiven Bewegungsprüfung entsprach dem aktiven. Der Kraftgrad betrug 5/5, weshalb die Kraftentfaltung gut war. Weder klinisch noch bildgebend ergab sich zudem ein Hinweis auf eine Wirbelkanalverengung. Eine Nervenwurzelreizsymptomatik wurde nicht festgestellt. Damit in Einklang steht, dass das spontane Bewegen und Verhalten bei der Begutachtung gleichermaßen unauffällig war. Der Kläger stand mehrfach schnell auf und setzte sich ebenso zügig wieder zum Ausziehen der Schuhe und Strümpfe hin. Das Sitzverhalten während der Befragung und Untersuchung war ebenfalls unauffällig. Beide Hände wurden zielgerichtet eingesetzt. Ein Schonverhalten zeigte er nicht. Er war am Rumpf und an beiden Armen auffallend athletisch und muskelkräftig gebaut, was belegt, dass er sich weit mehr sportlich bewegt, als er dies den Gutachtern gegenüber einräumte. Die Rücken-, Bauchdecken- und Brustkorbmuskulatur war jeweils gut ausgebildet. Er bewegte sich in der Praxis ohne erkennbare Behinderungen oder Bewegungseinschränkungen zügig fort. Hierdurch ist für den Bereich der Wirbelsäule ein GdB von 10 belegt, ein höherer jedoch nicht begründet. Die von Dr. K. angeführten Werte nach der Neutral-0-Methode, woraus sich deutlich weitergehende Funktionseinschränkungen ergäben, sind für den Senat nicht nachvollziehbar. Im Gegensatz zu der von Dr. W. durchgeführten gutachterlichen Untersuchung ergaben sich teilweise deutliche Unterschiede. Die Drehbewegung der Halswirbelsäule wurde mit 60-0-60° gegenüber 75-0-75°, die Rückneigung mit 20° gegenüber 35 °, die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule in der Seitneigung mit 20-0-20° gegenüber 25-0-25° und die Drehbewegung mit 20-0-20° gegenüber 25-0-25° gemessen. Die Zeichen nach Ott und Schober wurden mit 30/32 cm gegenüber 30/32,5 cm und 10/12 cm gegenüber 10/15,5 cm ermittelt. Darüber hinaus wurde der Finger-Boden-Abstand von Dr. K. mit über 60 cm und von Dr. W. mit nur 21 cm gemessen. Für die Plausibilität hätte Dr. K. daher wegen der sonstigen einheitlich besseren Werte eine Plausibilitätsprüfung durch passive Beweglichkeitsprüfungen vornehmen müssen, wie sie Dr. W. durchführte und er sie demgegenüber unterließ. Etwa der tatsächlich noch mögliche Finger-Boden-Abstand wäre anhand des Finger-Zehen-Abstandes im Langsitz zu überprüfen gewesen. Auch sonst wurde von ihm kein weiterer klinischer Befund erhoben, woraus sich die gravierenderen Funktionsstörungen schlüssig erklären ließen. Die ohnehin nicht fachspezifische Annahme von Dr. K., die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule rechtfertigten einen GdB von 30, ist daher nicht mittels objektiver Befunde unterfüttert.
Zum Funktionssystem "Rumpf" zählt zwar weiter die Hüfte. Diese Körperregion betreffend stellte Dr. W. eine knöchern optimal verheilte vordere Beckenringfraktur fest. Unabhängig davon, ob sich die von dem sachverständigen Zeugen R. Mitte 2015 mitgeteilten Werte von 20-0-20° auf das Abspreizen und Anführen oder die Drehung aus- und einwärts, bei Beugung um 90°, bezogen haben, was er nicht deutlich aufgezeigt hat, konnte der Kläger bei der gutachterlichen Untersuchung bei Dr. W. Anfang Februar 2016 die eine Bewegungsprüfung bis 40-0-25° rechts und 40-0-20° links (Referenzwert: 30 bis 45°-0-20 bis 30°) sowie die andere bis 40-0-30° rechts und 25-0-25° links (40 bis 50°-0-30 bis 45°) demonstrieren. Mittels dieser Werte nach der Neutral-0-Methode ist eine dauerhafte Bewegungseinschränkung, welcher nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 GdB-Relevanz zukäme, wonach ein Beuge- oder Streckdefizit hinzutreten muss, nicht belegt. Dr. T. sah zwar Mitte September 2016 eine akute Coxalgie bei beginnender Coxarthrose. Die hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen erhöhen den Teil-GdB für das Funktionssystem "Rumpf" jedoch nicht. Gegenüber Dr. W. gab der Kläger nur sieben Monate zuvor lediglich endgradig bei der Beugung und bei Drehbewegungen links Bewegungsschmerzen an. Die Streckung und Beugung wurde mit 10-0-130° rechts und 10-0-115° links gemessen, wodurch sich nur links eine leichtgradige Beugeeinschränkung objektivieren ließ. Entzündungszeichen wie eine Rötung, Schwellung oder Überwärmung zeigten sich nicht. Maßgebliche Funktionsstörungen im Bereich der Hüftgelenke sind somit durchgängig nicht nachgewiesen.
Außergewöhnliche Schmerzen, welche geeignet wären, den GdB zu erhöhen (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j und Teil B, Nr. 18.1), sind nicht objektiviert. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. W. Anfang 2016 wurden keine Schmerzmittel eingenommen und im anschließenden Herbst, als der Kläger von Dr. K. untersucht wurde, nur Ibuprofen, 600 mg (1-0-1). Damit steht fest, dass er bislang weder auf stärkste Schmerzmittel wie Opiate oder deren Derivate zurückgegriffen noch gar eine stationäre Schmerztherapie in Anspruch genommen hat. Üblicherweise mit Gesundheitsstörungen auftretende Schmerzen sind demgegenüber bereits bei den in der GdB-Tabelle angegebenen Werten eingeschlossen, wobei auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände berücksichtigt sind. Der Teil-GdB von 10 für das Funktionssystem "Rumpf" erhöht sich daher aus deswegen nicht.
Die Funktionssysteme "Arme" und "Beine" haben jeweils keine Teil-GdB in messbarem Grad zur Folge.
Der GdB bei Gliedmaßenschäden ergibt sich nach den VG, Teil B, Nr. 18.11 aus dem Vergleich mit dem GdB für entsprechende Gliedverluste. Trotz erhaltener Extremität kann der Zustand gelegentlich ungünstiger sein als der Verlust. Die aufgeführten GdB für Gliedmaßenverluste gehen, soweit nichts anderes erwähnt ist, von günstigen Verhältnissen des Stumpfes und der benachbarten Gelenke aus. Bei ausgesprochen ungünstigen Stumpfverhältnissen, bei nicht nur vorübergehenden Stumpfkrankheiten sowie bei nicht unwesentlicher Funktionsbeeinträchtigung des benachbarten Gelenkes sind diese Sätze im allgemeinen um 10 zu erhöhen, unabhängig davon, ob Körperersatzstücke getragen werden oder nicht. Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel mindern bei Verlust und Funktionsstörungen der Gliedmaßen sowie bei Funktionseinschränkungen des Rumpfes die Auswirkungen der Behinderung, ohne dass dadurch der durch den Schaden allein bedingte GdB eine Änderung erfährt. Bei der Bewertung des GdB von Pseudarthrosen ist zu berücksichtigen, dass straffe günstiger sind als schlaffe. Bei habituellen Luxationen richtet sich die Höhe des GdB außer nach der Funktionsbeeinträchtigung der Gliedmaße auch nach der Häufigkeit der Ausrenkungen.
Danach bedingt das Funktionssystem "Arme" keinen Teil-GdB von wenigstens 10 (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.13). Der Speichenbruch links war im Februar 2016 von Dr. W. medizinisch als knöchern optimal verheilt bewertet worden. Somit ist keine Funktionsbeeinträchtigung objektiviert, welche einen messbaren Teil-GdB für dieses Funktionssystem stützen könnte. Die von Dr. K. gesehene Minderbelastbarkeit der linken Hand stützt noch keinen GdB von wenigstens 10. Auf ein Ulnarissyndrom äußerte Dr. V. lediglich den Verdacht.
Das Funktionssystem "Beine" erreicht ebenfalls keinen Teil-GdB von 10 (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.14). Die Streckung und Beugung der Kniegelenke war bei der Untersuchung durch Dr. W. frei, denn sie konnte beidseits bis 0-0-145° vorgenommen werden. Weiter war die Bandführung stabil. Zudem konnten keine Entzündungszeichen festgestellt werden, insbesondere war kein Gelenkerguss erkannt worden. Ein Anhaltspunkt, dass die von Dr. T. Mitte September 2016 festgestellte akute Gonalgie bei beginnender Gonarthrose mittlerweile zu Funktionsstörungen geführt hat, ergeben sich aus seinem Untersuchungsbericht nicht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Ein Teil-GdB von wenigstens 10 ist daher für dieses Funktionssystem nicht gerechtfertigt.
Das Funktionssystem "Ohren" bedingt keinesfalls einen Teil-GdB von 40, der vorliegend, da einzig mit einem Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" ein höherer Teil-GdB als 10 vorliegt, erforderlich wäre, um die Schwerbehinderteneigenschaft begründen zu können.
Maßgebend für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen ist nach der Vorbemerkung zu den VG, Teil B, Nr. 5 die Herabsetzung des Sprachgehörs, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist.
Die sachverständige Zeugin Dr. K. hat zwar in ihrer Verordnung über Hörhilfen beidseits von Februar 2016 eine Innenohrschwerhörigkeit angeführt. Um einen höheren Gesamt-GdB als 40 zu erreichen, wäre im Falle des Klägers, welcher mittlerweile beidseits mit Hörgeräten versorgt ist, für das Funktionssystem "Ohren" indes ein Teil-GdB von 40 erforderlich, um vorliegend die Schwerbehinderteneigenschaft zu erreichen. Nach den VG, Teil B, Nr. 5.2.4 müsste hierfür auf einem Ohr eine mittelgradige Schwerhörigkeit und auf dem anderen eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit vorliegen, was nicht belegt ist. Wegen der beidseitigen Hörgeräteversorgung liegt hierfür noch kein Anhaltspunkt vor. Denn für die beidohrige Versorgung mit Hörgeräten ist nach § 21 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung in der Neufassung vom 21. Dezember 2011/15. März 2012 (BAnz AT vom 10. April 2012) Voraussetzung, dass der tonaudiometrische Hörverlust (DIN ISO 8253-1) auf dem besseren Ohr mindestens 30 dB in mindestens einer der Prüffrequenzen zwischen 500 und 4.000 Hz sowie sprachaudiometrisch die Verstehensquote auf dem besseren Ohr mit Kopfhörern (DIN ISO 8253-3) bei Verwendung des Freiburger Einsilbertests bei 65 dB nicht mehr als 80 % beträgt. Die Voraussetzungen können indes bereits bei einer weniger als mittelgradigen Schwerhörigkeit vorliegen (vgl. VG, Teil B, Nrn. 5.2.2 und 5.2.4), weshalb die Versorgung mit Hörgeräten keinen Umstand darstellt, welcher den Schluss zulässt, es bestünde eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit auf mindestens einem Ohr. Der Kläger hat dies im gerichtlichen Verfahren auch nicht vorgetragen. Darüber hinaus hat er gegenüber den drei Sachverständigen im Rahmen der Anamnesen, als er nach seinen Beschwerden gefragt wurde, zuletzt Ende September 2016 gegenüber Dr. K., nicht kundgetan, überhaupt eine Hörstörung zu haben. Die vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren übermittelten Audiogramme zwangen den Senat daher nicht, weitere Ermittlungen von Amts wegen (§ 103 Satz 1 SGG) anzustellen, zumal Dr. K. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem SG, mit der sie über Untersuchungen bis Anfang 2015 berichtet hat, noch überhaupt nichts von einer Hörstörung erwähnte. Für den von ihr vermerkten Tinnitus sind keine psychischen oder psychovegetativen Begleiterscheinungen beschrieben (vgl. VG, Teil B, Nr. 5.3), weshalb sich der Teil-GdB für das Funktionssystem "Ohren" deswegen nicht erhöht.
Auch sonst sind insbesondere mit dem Bronchialasthma, mit unauffälliger Lungenfunktion und ohne Hinweis auf eine restriktive oder obstruktive Ventilationsstörung, wie es die sachverständigen Zeugen Dr. B.-H. und Dr. B. angedeutet haben und zuletzt Dr. K. herausgestellt hat, der allergischen Rhinopathie mit behindernder Nasenatmung, aber ohne von der sachverständigen Zeugin Dr. K. objektivierte bedeutende Auswirkungen auf den Allgemeinzustand, der rezidivierenden Zephalgie, der Hypercholesterinämie sowie der Nageldystrophie an den Fußnägeln und am linken Daumen Gesundheitsstörungen nachgewiesen worden, derentwegen einem Funktionssystem zuzuordnende Einschränkungen vorliegen, welche überhaupt erst geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB beträgt dieser ab 13. März 2013 nicht mehr als 40.
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit mindestens 50 und damit die Schwerbehinderteneigenschaft.
Der 1966 geborene Kläger ist Staatsangehöriger der Republik T., wo er aufwuchs. Er besuchte dort nach der Grundschule jeweils drei Jahre lang die Realschule und das Gymnasium. Nach eigenen Angaben ließ er sich anschließend zum Steuerberater ausbilden und arbeitete in I. von 1980 bis 1995 in diesem Beruf. Anschließend reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo er sich mittlerweile aufgrund einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis aufhält. Er war bis 2000 arbeitslos, bevor er eine Arbeit als ungelernter Trockenarbeiter bei der A. und N. GmbH in B., deren Mitgesellschafter sein Bruder war, aufnahm. Ende Dezember 2012 erlitt er einen Arbeitsunfall, als er beim Herabsteigen von einer Leiter die vierte oder fünfte Stufe verfehlte und rückwärts auf die linke Körperseite stürzte sowie sich jeweils linksseitig eine distale Radiusfraktur und eine Beckenringfraktur zuzog. Er ist mittlerweile seit mehreren Jahren wieder arbeitslos und bezieht eine Berufsunfähigkeitsrente aus einer privaten Unfallversicherung. Rente wegen Erwerbsminderung gewährte ihm die Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung nicht, weswegen er das Verfahren S 6 R 3585/15 beim Sozialgericht Mannheim (SG) führt. Der Kläger bewohnt mit seiner Ehefrau und seinen beiden Kindern eine Eigentumswohnung in der vierten Etage eines Mehrfamilienhauses, in dem kein Fahrstuhl vorhanden ist.
Am 13. März 2013 beantragte er unter Hinweis auf seelische und körperliche Beschwerden, insbesondere Asthma, eine Allergie und einen Bandscheibenvorfall, die Feststellung des GdB ab diesem Zeitpunkt. Nachdem das Landratsamt R.-N.-Kreis verschiedene medizinische Befundunterlagen beigezogen hatte, lehnte sie das Begehren mit Bescheid vom 4. September 2013 ab, da nach der versorgungsärztlichen Einschätzung von Dr. S. allein die seelische Störung einen GdB von 10 zur Folge habe, weshalb der für eine Feststellung erforderliche GdB von 20 nicht erreicht sei.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, woraufhin der Entlassungsbericht von Dr. Sch., Leitender Chefarzt der Fachklinik H. in Sch., Facharzt für Innere Medizin und Psychotherapie, über seinen stationären Aufenthalt vom 4. März bis 29. April 2014 beigezogen wurde. Danach wurden eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1), eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode (ICD-10 F33.0), eine distale Radiusfraktur links nach einem Leitersturz (ICD-10 T02.9), der Zustand nach einer beim selben Ereignis erlittenen Beckenringfraktur vom Typ II mit konservativer Behandlung im Dezember 2012 (ICD-10 S32), chronische rezidivierende Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrome bei bekanntem Bandscheibenprolaps im Segment L4/5 seit etwa 2004 (ICD-10 M54.8) sowie eine Hypercholesterinämie (ICD-10 E78.0) diagnostiziert. Der Kläger sei nach eigenen Angaben im Kindesalter gestürzt und habe sich dabei schwere Kopfverletzungen zugezogen. Durch den Arbeitsunfall Ende 2012 sei er noch einmal einer lebensbedrohlichen Situation mit Gefühlen von Verzweiflung und Todesangst ausgesetzt gewesen, was bei ihm eine Reaktivierung des Kindheitstraumas verursacht zu haben scheine. Hierdurch habe er eine Blockade mit intensiven Angstgefühlen und vegetativer Hyperaktivität mit Zittern, Schweißausbrüchen, Krampfanfällen und Kreislaufproblemen erlebt, sobald er auf der Baustelle mit bestimmten assoziierten Gegenständen, besonders mit Leitern und Gerüsten, konfrontiert worden sei. Nach der Rehabilitationsbehandlung habe er wieder Kontakt zu seinen Freunden und Bekannten aufnehmen wollen, da er alleine gewesen sei, was ihm große Angst gemacht habe. Nach wie vor emotional belastend für ihn sei der Arbeitsunfall und die Konsequenzen, insbesondere auch der Verlust seiner Leistungsfähigkeit. Es sei ein Hyperarousal mit erhöhter Schreckhaftigkeit zu erkennen gewesen. Insoweit habe ein deutlicher Bedarf an einer psychotherapeutischen Nachsorge im Rahmen einer ambulanten traumaspezifischen Psychotherapie bestanden. Bei der Entlassung habe der Kläger noch Seroquel prolong, 50 mg (0-0-1), eingenommen.
Dem Landratsamt R.-N.-Kreis lag des Weiteren das von Prof. Dr. G., Direktor der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L., für die B. der B. (BG Bau) als für das Ereignis von Dezember 2012 zuständige Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 3. Juli 2014 erstattete Gutachten vor. Wegen der Unfallfolgen auf orthopädischem Fachgebiet erreiche die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) keine 10 vom Hundert (v.H.). Auf psychiatrischem Fachgebiet bestünden indes Unfallfolgen, die aktuell weiterhin therapiebedürftig seien. Nach dem von Prof. Dr. B. für die BG Bau nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 10. Juli 2014 erstatteten nervenärztlichen Gutachten habe der Arbeitsunfall zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) geführt. Vor dem Hintergrund der bei ihm zu beschreibenden Symptomatik einer allmählich abklingenden Erkrankung betrage die MdE noch 10 v. H.
Nach diesen und anderen weiter vorhandenen medizinischen Dokumenten bewertete Dr. S. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Mitte Oktober 2014 eine seelische Störung mit einem Einzel-GdB von 10 sowie degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, einschließlich eines Bandscheibenschadens, und eine Schwerhörigkeit jeweils mit einem Einzel-GdB von 20, weshalb ein Gesamt-GdB von 30 begründbar sei. Daraufhin half das Landratsamt R.-N.-Kreis dem Widerspruch mit Bescheid vom 6. November 2014 teilweise ab und stellte den GdB mit 30 seit 13. März 2013 fest.
Der Kläger hielt den Widerspruch aufrecht und legte den Befundbericht von Dr. V., Ärztin für Neurologie und Psychiatrie, von Dezember 2014 vor, wonach eine chronifizierende posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) nach dem Arbeitsunfall von Dezember 2012, eine Panikstörung mit Hyperventilationstetanien (ICD-10 F41.0), der Zustand nach einer Beckenringfraktur vom Typ B II (ICD-10 S32) und einer Radiusfraktur (ICD-10 T02.9) im Dezember 2012, eine Lumboischialgie (ICD-10 M54.4) sowie der Verdacht auf ein Ulnarissyndrom links diagnostiziert worden seien. Der Kläger sei hoch angespannt gewesen und habe im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen über Flashbacks berichtet. Während der stationären Rehabilitationsbehandlung sei ein Zusammenhang mit einem schweren Leiterunfall in der Kindheit gefunden worden, welcher durch das erneute Ereignis getriggert worden sei. Es seien eine Somatisierung in Form von Schmerzen und Schweißausbrüchen sowie Hyperventilationstetanien, Panikattacken, Hyperarousal mit erhöhter Reizbarkeit und verschlechterter Konzentration sowie Ein- und Durchschlafstörungen mit Albträumen festgestellt worden. Trotz ambulanter und stationärer Psychotherapie habe sich offensichtlich die posttraumatische Belastungsstörung chronifiziert bis hin zu einer Angststörung mit Panikattacken, welche auch zu Notfallbehandlungen geführt habe. In Ergänzung des Quetiapins zur Nacht habe sie Venlafaxin, 37,5 mg rezeptiert und die Weiterführung der ambulanten Psychotherapie angeregt.
Nach Einschätzung der Versorgungsärztin A. von Februar 2015 sei die seelische Störung ebenfalls mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten, weshalb sich ein Gesamt-GdB von 40 begründen lasse. Mit Bescheid vom 4. März 2015 wurde dem Widerspruch weiter abgeholfen und der GdB nunmehr mit 40 seit 13. März 2013 festgestellt. Der mit dem Ziel der Feststellung des GdB mit mindestens 50 aufrechterhaltene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2015 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 17. April 2015 beim SG Klage erhoben, welches schriftliche sachverständige Zeugenaussagen bei Dr. B.-H. und Dr. B., Fachärzte für Allgemeinmedizin, Dr. V., dem Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie R. sowie Dr. K., Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohren (HNO)-Heilkunde, eingeholt hat, welche im Juli 2015 vorgelegt worden sind.
Dr. B.-H., welche den Kläger vorrangig behandelt hat, und Dr. B. haben ausgeführt, bei ihm lägen eine schwere Belastung durch eine posttraumatische Belastungsstörung als Folge von Beckenring- und Radiusfrakturen sowie ein chronisches Schmerzsyndrom bei chronischer Lumboischialgie vor. Saisonal sei er jährlich für vier Monate durch das allergische Asthma bronchiale stark belastet, was ihn erheblich einschränke und während dieser Zeit intensiv medikamentös behandelt werden müsse. Der Gesamt-GdB müsse daher deutlich oberhalb von 30 liegen.
Dr. V. hat die posttraumatische Belastungsstörung nach Schwere und Chronizität für so schwer erachtet, dass sie zu einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit geführt habe, weshalb ein GdB von 50 angemessen sei. Die chronische Schmerzbelastung durch die rezidivierende Lumboischialgie sei ihrer Einschätzung nach mit einem GdB von 30 zu bewerten. Wie sie bereits mehrfach betont habe, halte sie insgesamt einen GdB von 50 für angemessen.
Der Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie R. hat mitgeteilt, er habe den Kläger zuletzt Anfang Februar 2015 untersucht. Die Funktion des linken Handgelenkes sei uneingeschränkt gewesen. Ob die Beweglichkeit des linken Hüftgelenkes unfallbedingt eine Einschränkung erfahren habe oder schon längerfristig die Werte von 20-0-20° aufgewiesen habe, könne er nicht sicher beantworten.
Dr. K. hat über drei Untersuchungen Ende 2014 und Anfang 2015 berichtet, wonach sich der Kläger wegen einer rezidivierenden Zephalgie vorgestellt habe. Eine allergische Rhinopathie mit behindernder Nasenatmung sei bekannt gewesen. Er leide unter einer Gräser- und Frühblüherallergie. Zuletzt hätten hinsichtlich der bei ihm bestehenden Krankheitsbilder keine bedeutenden Auswirkungen auf den Allgemeinzustand vorgelegen, zumindest habe er keine solchen angeführt.
Das SG hat Dr. W. mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens beauftragt. Nach der unter Anwesenheit eines Dolmetschers durchgeführten ambulanten klinischen und röntgenologischen Untersuchung des Klägers am 3. Februar 2016 hat er ausgeführt, der Speichenbruch links und die vordere Beckenringfraktur nach dem Arbeitsunfall von Ende Dezember 2012 seien knöchern optimal verheilt gewesen. Weiter habe eine leichte Funktionsstörung der Wirbelsäule bei leicht bis mäßig degenerativen Veränderungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule vorgelegen. Diese Beeinträchtigungen seien mit einem Einzel-GdB von 10 ausreichend bewertet. Es habe sich insgesamt eine gute bis zufriedenstellende Beweglichkeit der Wirbelsäule gefunden. Das spontane Bewegen und Verhalten bei der Begutachtung sei gleichermaßen unauffällig gewesen. Weder klinisch noch bildgebend hätten sich Hinweise auf eine Wirbelkanalverengung ergeben. Darüber hinaus sei die Rumpfmuskulatur altersüberdurchschnittlich ausgebildet gewesen. Ein Hinweis für ein Schonverhalten habe nicht vorgelegen. Schmerzmittel würden keine eingenommen. Eine Nervenwurzelreizsymptomatik sei nicht festgestellt worden. Würden Einzel-GdB von jeweils 20 für die seelischen Störungen und die Schwerhörigkeit berücksichtigt, erreiche der Gesamt-GdB 30, aber nicht mehr. Bei der Anamnese habe der Kläger angegeben, mit seiner Ehefrau, welche an einem Glioblastom erkrankt sei, jeden Tag ein bis zwei Stunden spazieren gehen zu müssen. Seit seinem Unfall fahre er wegen Panikattacken und einer Gleichgewichtsstörung kein Auto mehr, jedenfalls keine längeren Strecken. Er habe eine Rückenbandage getragen, welche er seit fünfzehn Jahren verwende. Schmerzmittel habe er keine eingenommen. Er habe angeführt, keine Hobbys und Freizeit zu haben, da er sich nur mit seiner Ehefrau beschäftige. Außer Tee kochen und selten Essen zubereiten erledige er im Haushalt nichts. Reinigungsarbeiten führe er nicht durch, dafür hätten sie über die Krankenkasse eine Putzhilfe. Das Entkleiden bei der Untersuchung sei teils im Stehen und teils im Sitzen erfolgt. Der Kläger sei mehrfach geschwind aufgestanden und habe sich ebenso zügig wieder zum Ausziehen der Schuhe und Strümpfe hingesetzt. Das Sitzverhalten während der Befragung und Untersuchung sei unauffällig gewesen. Beide Hände seien zielgerichtet eingesetzt worden. Ein Schonverhalten habe er nicht gezeigt. Er sei am Rumpf und an beiden Armen sowie in geringerem Ausmaß auch an den Beinen auffallend athletisch und muskelkräftig gebaut gewesen. Die Rücken-, Bauchdecken- und Brustkorbmuskulatur sei jeweils gut ausgebildet gewesen. Er habe sich in der Praxis ohne erkennbare Behinderungen oder Bewegungseinschränkungen zügig fortbewegt. Der Kinn-Jugulum-Abstand habe 1/18 cm betragen. Das Vor- und Rückneigen sei bis 35-0-35°, die Seitneigung nach rechts und links bis 30-0-30° und das Drehen nach rechts und links bis 75-0-75° gelungen. Obwohl das Normmaß für die Seitneigung 45° betrage, habe auch insoweit ein altersentsprechendes Bewegungsausmaß vorgelegen. Im Bereich der Rumpfwirbelsäule habe sich eine gute Beweglichkeit gezeigt. Bei der Vorneigung sei kein Rippenbuckel oder Lendenwulst entstanden. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/32,5 cm und 10/15,5 cm gemessen worden. Die Seitneigung und das -drehen im Sitzen nach rechts und links seien jeweils bis 25-0-25° vorgenommen worden. Der Finger-Boden-Abstand habe 21 cm eingenommen und der Finger-Zehen-Abstand im Langsitz sei mit 15 cm demonstriert worden. Bei der Ausführung des Schürzenbandgriffes hätten beide Hände die untere Brustwirbelsäule erreicht. Bei der Vornahme des Nackengriffes hätten beide Hände im mittleren Bogen bis zur Mitte der Halswirbelsäule geführt werden können. Druckschmerzen seien keine angegeben worden. Das Bewegungsausmaß der passiven Bewegungsprüfung habe dem aktiven entsprochen. Der Kraftgrad habe 5/5 betragen, weshalb die Kraftentfaltung gut gewesen sei. Im Bereich der Hüftgelenke habe der Kläger endgradig bei der Beugung und bei Drehbewegungen links Bewegungsschmerzen angegeben. Entzündungszeichen wie eine Rötung, Schwellung oder Überwärmung hätten sich nicht gezeigt. Die Streckung und Beugung sei mit 10-0-130° rechts und 10-0-115° links gemessen worden. Das Abspreizen und Anführen sei bis 40-0-25° rechts und 40-0-20° links gelungen. Die Drehung aus- und einwärts, bei Beugung um 90°, habe bis 40-0-30° rechts und 25-0-25° links vorgenommen werden können. Im Bereich der Kniegelenke seien ebenfalls keine Entzündungszeichen festzustellen gewesen, insbesondere sei kein Gelenkerguss erkannt worden. Die Bandführung sei stabil gewesen. Die Streckung und Beugung der Kniegelenke sei beidseits bis 0-0-145° vorgenommen worden. Teilweise habe sich an den Fußnägeln und am linken Daumen eine Nageldystrophie gezeigt, welche vermutlich auf eine Mykose zurückzuführen sei.
Das SG hat ein weiteres Gutachten bei Dr. N., Facharzt für Neurologie sowie Psychiatrie und Psychotherapie, eingeholt. Nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 12. April 2016, wiederum unter Anwesenheit eines Dolmetschers, hat er dargetan, dieser habe angegeben, normalerweise gegen 9 Uhr zusammen mit seiner Ehefrau aufzustehen. Nach dem Frühstück gehe er oft mit ihr zusammen etwa eineinhalb Stunden spazieren. Er begleite sie zur Krankengymnastik und nehme selbst einmal in der Woche Physiotherapie wahr. Zu Bett gehe er zwischen 22 Uhr und 23 Uhr. Hobbys habe er nicht, er höre aber manchmal Musik. Die Funktion als Zweiter Vorsitzender im deutsch-türkischen Arbeiterverein in Mannheim habe er mittlerweile aufgegeben, er besuche jedoch dort noch alle zwei Monate eine Veranstaltung. Die meisten Einkäufe erledige er selbst, oft in Begleitung seines Sohnes. Im Dezember 2015 sei er zuletzt fünf Wochen in der türkischen Heimat gewesen. Er habe dort Angehörige besucht und noch Urlaub in A. gemacht. Der Kläger habe insgesamt durch seine Beschwerden wenig belastet gewirkt. Im Gespräch habe er den Augenkontakt gut gehalten, sei freundlich, offen und hilfsbereit gewesen. Beschrieben worden seien häufige Albträume mit Szenen des Arbeitsunfalls. Ein Vermeidungsverhalten sei jedoch nicht zu eruieren gewesen. Ein phobisches Verhalten oder Panikattacken seien verneint worden. Der Kläger sei affektiv gut schwingungsfähig, seine Stimmung euthym und der Antrieb unauffällig gewesen. Es habe eine Residualsymptomatik einer nahezu abgeklungenen posttraumatischen Belastungsstörung und ein degeneratives Lumbovertebralsyndrom ohne Wurzelreiz- oder -ausfallsymptome vorgelegen. Die Residualsymptomatik einer leichten posttraumatischen Belastungsstörung habe eine leichte Minderung der psychischen Belastbarkeit, Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit sowie der sozialen Interaktionsfähigkeit bedingt. Hierfür sei ein GdB von 20 ausreichend. Das degenerative Lumbovertebralsyndrom bedinge eine Behinderung hinsichtlich der Verrichtung körperlich schwerer Arbeiten, welche mit häufigem Bücken, Heben und Tragen schwerer Gegenstände und Zwangshaltungen verbunden seien. Die hieraus sich ergebenden Funktionsstörungen rechtfertigten ebenfalls einen GdB von 20. Unter Berücksichtigung der auf HNO-ärztlichem Fachgebiet angenommenen Hörbehinderung sei ein Gesamt-GdB von 40 erreicht, ein höherer jedoch nicht begründbar. Die Beurteilung der behandelnden Nervenärztin Dr. V., welche einen GdB von 50 für angemessen halte, sei nicht nachvollziehbar, da deren Einschätzung ausschließlich auf dem subjektiven Beschwerdevortrag des Klägers beruhe und die notwendige kritische Plausibilitäts- und Konsistenzprüfung der reklamierten Beschwerden vermissen lasse.
Im Verfahren beim SG ist der Kläger, nachdem der zunächst anberaumte Termin wegen eines sechswöchigen T.-Urlaubes verlegt worden ist, in der nichtöffentlichen Sitzung am 9. Juni 2016 gehört worden, bei der er den Bericht von Dr. V. von Anfang dieses Monats sowie die Verordnung über Hörhilfen beiderseits wegen einer Innenohrschwerhörigkeit von Dr. K. von Ende Februar 2016 und Audiogramme vorgelegt hat. Dr. V. hat angegeben, trotz stationärem Aufenthalt in der Fachklinik H. im Frühjahr 2014 sowie türkischsprachiger ambulanter Psychotherapie seit Juni 2013 bis Mitte 2014 und weiterer zehn Behandlungsstunden sei der Kläger nach wie vor schreckhaft, schmerzgeplagt, schlafgestört und in der Konzentration gemindert. Deswegen sei ihm zuletzt Venlafaxin, 75 mg und Quetiapin, 50 mg verordnet worden. Die Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung sei unverändert, nicht residual und leicht wie Dr. N. in seinem Gutachten angegeben habe. Dr. K. hat mitgeteilt, dass auch ein Tinnitus vorgelegen habe. Ergänzend hat der Kläger ausgeführt, die verordneten Hörhilfen mittlerweile zu tragen. In diesem Termin sind die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden. Das SG hat die Klage daraufhin mit Gerichtsbescheid vom 13. Juni 2016 abgewiesen. Ausgehend von Einzel-GdB von jeweils 20 für die Residualsymptomatik nach nahezu abgeklungener posttraumatischer Belastungsstörung und die Schwerhörigkeit sei ein Gesamt-GdB von 40 nicht überschritten. Die Einzel-GdB von jeweils 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule und wegen der Allergie wirkten nicht erhöhend.
Hiergegen hat der Kläger am 23. Juni 2016 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg Berufung eingelegt.
Auf seinen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist Dr. K., Facharzt für Allgemeinmedizin sowie für physikalische und rehabilitative Medizin, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt worden. Nach der ambulanten klinischen Untersuchung des Klägers am 23. September 2016 hat er ausgeführt, dieser habe aktuell Venlafaxin, 100 mg (1-0-0), Quentiax, 100 mg (0-0-1), Ibuprofen, 600 mg (1-0-1), Amineurin, 10 mg (0-0-1) und nach Bedarf Fluxiform eingenommen. Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule sei für die Seitneigung nach rechts und links mit 30-0-30°, für die Rotation nach rechts und links mit 60-0-60° und für die Reklination mit 20° festgestellt worden. Die Werte nach der Neutral-0-Methode hätten im Bereich der Lendenwirbelsäule für die Seitneigung und Rotation nach rechts und links jeweils 20-0-20° betragen. Der Finger-Boden-Abstand habe über 60 cm eingenommen. Es seien beim Wiederaufrichten mit Abstützen an beiden Oberschenkeln lumbale Schmerzen berichtet worden. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/32 cm und 10/12 cm festgestellt worden. Die Mimik, die Gestik, die Psychomotorik und die äußere Erscheinung seien unauffällig, die Grundstimmung ausgeglichen, und die affektive Schwingungsfähigkeit normal gewesen. Im Gespräch seien keine Orientierungsstörungen aufgefallen. Inhaltliche oder formale Gedankenstörungen seien nicht festgestellt worden. Merkfähigkeits- oder Konzentrationsstörungen seien auszuschließen gewesen. Das Antriebsniveau sei normal gewesen. Im Bereich der Wirbelsäule seien ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit therapieresistenten Lumbalgien und Lumboischialgien bei einer alten Fraktur des zwölften Brustwirbelkörpers, eine alte intraspongiöse Hernierung im Bereich der Deckplatte des dritten Lendenwirbelkörpers sowie Bandscheibenvorfälle in den Segmenten L4/5 und L5/S1 festgestellt worden. Im Bereich der Halswirbelsäule seien ein chronisches Syndrom mit Schulter-Arm-Syndrom beidseits, rezidivierende Zervikozephalgien bei röntgenologisch gesicherter Chondrose m Bereich C3 bis C6, eine Spondylose und eine Uncarthrose erkannt worden. Damit hätten im Bereich der Halswirbelsäule Verschleißerscheinungen im mittleren und unteren Abschnitt bestanden, welche mit schweren funktionellen Auswirkungen vergleichbar seien. Diese Funktionseinschränkungen seien mit einem Einzel-GdB von 30 angemessen bewertet. Unter weiterer Berücksichtigung der Einzel-GdB von jeweils 20 für die seelische Störung und die Hörminderung sei ein Gesamt-GdB von 50 begründet. Das Bronchialasthma mit unauffälliger Lungenfunktion und ohne Hinweis auf eine restriktive oder obstruktive Ventilationsstörung, die Minderbelastbarkeit des linken Handgelenkes sowie die Funktionsstörung des Beckens seien ohne Auswirkungen auf den Gesamt-GdB. Dr. W. habe den GdB für die Wirbelsäule zu niedrig bewertet. Mit den Ausführungen im Gutachten von Dr. N. stimme er hingegen überein.
Von Dr. K. ist der Entlassungsbericht des Assistenzarztes K. der HNO-Klinik des Universitätsklinikums H. über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 16. bis 19. Juni 2015 übermittelt worden, wonach eine chronische Pansinusitis beidseits (ICD-10 I32.4) diagnostiziert worden ist. Weiter ist der Bericht von Dr. T., Assistenzarzt in der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie der Schön Klinik L. über die ambulante Untersuchung des Klägers am 17. September 2016 vorgelegt worden. Nach dessen Angaben träten seit Jahren gelegentlich Knie- und Hüftschmerzen auf. Seit zwei Tagen bestehe eine Schmerzexazerbation. Aktuell habe er über Schmerzen im Bereich der rechten Hüfte und im Bereich des linken Kniegelenkes geklagt. Es seien rechts eine akute Coxalgie bei beginnender Coxarthrose und links eine akute Gonalgie bei beginnender Gonarthrose festgestellt worden. Eine konservative Therapie mit Schonung, Verbänden mit Voltarensalbe und einer bedarfsgerechten Analgesie, etwa mit Ibuprofen, 600 mg (1-1-1) oder Pantozol, 20 mg (1-0-0), sei vorgeschlagen worden.
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, nicht zuletzt durch das Gutachten von Dr. K. sei ein GdB von mindestens 50 begründet.
Er beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Juni 2016 aufzuheben und den Bescheid vom 4. September 2016 in den Fassungen der Teilabhilfebescheide vom 6. November 2014 und 4. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2015 teilweise aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, bei ihm den Grad der Behinderung mit mindestens 50 ab 13. März 2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er trägt, im Wesentlichen gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. R. von Dezember 2016, vor, Dr. W. sei bezüglich der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule von einem Einzel-GdB von 10 ausgegangen. Die Brüche des Beckens und der Speiche, jeweils links, seien optimal ausgeheilt, so dass insoweit kein relevanter GdB mehr zu begründen sei. Dr. N. sei von einer leichten Minderung der psychischen Belastbarkeit, der Anpassungsfähigkeit und der sozialen Integrationsfähigkeit ausgegangen. Seiner Einschätzung eines Einzel-GdB von 20 werde gefolgt. Das vorliegende Sprachaudiogramm ohne Datum und das Tonaudiogramm vom 9. Februar 2016 decke sich nicht mit dem aktuellen. Beim Vergleich der von Dr. K. ermittelten Messwerte mit denjenigen, welche Dr. W. erhoben habe, zeigten sich deutliche Unterschiede. Einerseits sei der Finger-Boden-Abstand mit über 60 cm und andererseits mit 21 cm festgestellt worden. Die Drehbewegung sei mit 60-0-60° gegenüber 75-0-75°, die Rückneigung mit 20° gegenüber 35 °, die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule in der Seitneigung mit 20-0-20° gegenüber 25-0-25° und die Drehbewegung mit 20-0-20° gegenüber 25-0-25° gemessen worden. Die Zeichen nach Ott und Schober seien mit 30/32 cm gegenüber 30/32,5 cm und 10/12 cm gegenüber 10/15,5 cm ermittelt worden. Dr. K. habe im Gegensatz zu Dr. W. auch nicht den Finger-Zehen-Abstand im Langsitz überprüft. Weiter habe er nicht mitgeteilt, dass der Finger-Boden-Abstand durch eine passive Führung nicht zu verkürzen gewesen sei. Selbst wenn die von Dr. K. erhobenen Werte zugrunde gelegt würden, lasse sich kein Einzel-GdB von 30 abbilden. Hierfür seien mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten oder eine schwere Funktionsstörung in einem Bereich dieses Körperteils erforderlich. Sowohl die Seitneigung als auch die Drehbewegungen der Halswirbelsäule seien jedoch nur als leichtgradig einzuschätzen. Im Bereich der Lendenwirbelsäule seien die Drehbewegung ebenfalls leichtgradig und die Seitneigung mittelgradig gewesen, so dass über alle drei Wirbelsäulenabschnitte hinweg vorwiegend leichte und nur in zwei Bewegungsebenen mittelgradige Funktionsbehinderungen vorlägen, woraus sich kein höherer Einzel-GdB als 10 abbilden lasse. Daher werde der Einschätzung des sozialmedizinisch erfahrenen orthopädischen Gutachters Dr. W. gefolgt. Nach alledem sei kein höherer Gesamt-GdB als 30 begründbar.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 124 Abs. 2 SGG), ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG) sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), aber unbegründet. Das SG hat die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, juris, Rz. 25 m. w. N.) zulässige Klage zu Recht abgewiesen, soweit mit ihr die Verpflichtung des Beklagten zur Feststellung des GdB mit mindestens 50 ab 13. März 2013 verfolgt worden ist. Der Kläger hat ab diesem Datum keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 40, wie ihn der Beklagte mit dem Teilabhilfebescheid vom 4. März 2015 bereits zuerkannt hat. Daher ist die angefochtene Verwaltungsentscheidung rechtmäßig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Gegenstand der Klage ist ein Anspruch des Klägers auf Feststellung des GdB mit mindestens 50 ab 13. März 2013 aufgrund seiner Erstantragstellung an diesem Tag. Diesem Anspruch steht der Bescheid vom 4. September 2016 in den Fassungen der Teilabhilfebescheide vom 6. November 2014 und 4. März 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2015 entgegen, da ihn das SG nicht zumindest teilweise aufgehoben hat. Die gerichtliche Nachprüfung richtet sich in Fällen einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage an sich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 54 Rz. 34); mangels Durchführung einer solchen ist indes derjenige der Entscheidung maßgebend.
Der Anspruch des Klägers gründet auf § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der aktuellen Fassung durch Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz - BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (AHP) getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens. Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes" oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verstärken. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, juris, Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzel-fall zugrundeliegenden Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, juris, Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers ab 13. März 2013 mit einem GdB von 40 ausreichend bewertet sind, wie er vom Beklagten mit Bescheid vom 4. März 2015 festgestellt wurde.
Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" hat keinen höheren Teil-GdB als 20 zur Folge.
In Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7, wonach Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten sind, stützen die wegen der Erkrankungen des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet, welche die sachverständige Zeugin Dr. V. und Prof. Dr. B. in seinem für die BG Bau erstatteten Gutachten, welches im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwertet worden ist, als posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10-GM-2017 F43.1) sowie Dr. Sch. im Frühjahr 2014 darüber hinaus als rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichte Episode (ICD-10-GM-2017 F33.0) diagnostiziert haben, bestehenden Funktionsstörungen allenfalls einen GdB von 20. Die von dem Sachverständigen Dr. N. objektivierte Residualsymptomatik einer nahezu abgeklungenen posttraumatischen Belastungsstörung führt nicht zu einer stärker behindernden Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, wie Dr. V. weitgehend aufgrund der subjektiven Angaben des Klägers und damit unzureichend angenommen hat, weshalb kein höherer GdB begründbar ist. Der von Dr. N. erhobene psychopathologische Befund war nahezu unauffällig. Im Gespräch hielt der Kläger den Augenkontakt gut und war offen. Er beschrieb zwar häufige Albträume mit Szenen des Arbeitsunfalls, ein Vermeidungsverhalten war jedoch nicht zu eruieren. Er war affektiv gut schwingungsfähig, seine Stimmung ausgeglichen und der Antrieb unauffällig. Ein phobisches Verhalten oder Panikattacken wurden von ihm verneint, was hierzu passt. Er wirkte insgesamt durch seine Beschwerden auch wenig belastet. Bei der zwar nicht fachspezifischen, aber gutachterlichen Untersuchung durch den Sachverständigen Dr. K. ergab der orientierende psychische Befund damit in Einklang stehend eine ausgeglichene Grundstimmung, eine normale affektive Schwingungsfähigkeit und ein normales Antriebsniveau. Gegen eine maßgebliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit spricht weiter die gegenüber Dr. N. geschilderte erhaltene Tagesstruktur. Ein sozialer Rückzug liegt nicht vor. Der Kläger gab zwar durchgängig an, keine Hobbys zu haben. Dies führte er jedoch, wie im Übrigen auch seine fehlende Freizeit, darauf zurück, dass er sich um seine an einem Hirntumor erkrankte Ehefrau kümmern muss, wie er gegenüber dem Sachverständigen Dr. W. sinngemäß kundtat. Diese Einschränkung ist damit nicht auf seine psychiatrische Erkrankung zurückzuführen und für den GdB nicht relevant. Darüber hinaus erledigt er die meisten Einkäufe selbst, wenn auch mit Hilfe seines Sohnes. Die Funktion als Zweiter Vorsitzender im deutsch-türkischen Arbeiterverein in M. gab er zwar zwischen zeitlich auf, besucht aber dort immer noch alle zwei Monate eine Veranstaltung. Ferner war er nicht daran gehindert, Ende 2015 einen fünfwöchigen und im Sommer 2016 einen sechswöchigen T.aufenthalt durchzuführen. Die Bewertung von Dr. V., welche einen GdB von 50 für angemessen hält, ist für den Senat genauso wenig wie für Dr. N. nachvollziehbar, da deren Einschätzung weitgehend auf dem subjektiven Beschwerdevortrag des Klägers beruht hat und sie die notwendige kritische Plausibilitäts- und Konsistenzprüfung der angeführten Beschwerden hat vermissen lassen. Soweit diese in ihrem Bericht von Juni 2016 hierauf repliziert und die Auffassung geäußert hat, die Symptomatik der posttraumatischen Belastungsstörung sei unverändert, nicht residual und leicht wie Dr. N. in seinem Gutachten angegeben habe, folgt der Senat ihrer Ansicht nicht. Denn auch in dieser jüngsten Äußerung hat sie sich unzureichend ausschließlich auf die Angaben des Klägers gestützt, wonach er nach wie vor schreckhaft, schmerzgeplagt, schlafgestört und in der Konzentration gemindert sei. Ohnehin ist die angeblich bestehende Minderung der Konzentration nicht nur durch Dr. N., sondern zuletzt auch durch Dr. K. ausgeschlossen worden, welcher im Übrigen mit den Ausführungen in dessen Gutachten übereingestimmt hat. Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" ist daher mangels Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit mit keinem höheren Teil-GdB als 20 zu bewerten.
Die beim Kläger wegen der Gesundheitsstörungen an den Haltungs- und Bewegungsorganen vorliegenden Funktionsbehinderungen bedingen in Bezug auf das Funktionssystem "Rumpf" einen Teil-GdB von 10, in Bezug auf "Arme" und "Beine" jeweils keinen in messbarem Grad.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.1 wird der GdB für angeborene und erworbene Schäden an den Haltungs- und Bewegungsorganen entscheidend bestimmt durch die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen (Bewegungsbehinderung und Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung anderer Organsysteme. Die üblicherweise auftretenden Beschwerden sind dabei mitberücksichtigt. Außergewöhnliche Schmerzen sind gegebenenfalls zusätzlich zu werten (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j). Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Gelenke können schwerwiegender als eine Versteifung sein. Bei Haltungsschäden und/oder degenerativen Veränderungen an Gliedmaßengelenken und an der Wirbelsäule (z. B. Arthrose, Osteochondrose) sind auch Gelenkschwellungen, muskuläre Verspannungen, Kontrakturen oder Atrophien zu berücksichtigen. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z. B. degenerativer Art) allein rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB. Ebenso kann die Tatsache, dass eine Operation an einer Gliedmaße oder an der Wirbelsäule (z. B. Meniskusoperation, Bandscheibenoperation, Synovialektomie) durchgeführt wurde, für sich allein nicht die Annahme eines GdB begründen. Bei den entzündlich-rheumatischen Krankheiten sind unter Beachtung der Krankheitsentwicklung neben der strukturellen und funktionellen Einbuße die Aktivität mit ihren Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die Beteiligung weiterer Organe zu berücksichtigen.
Nach den VG, Teil B, Nr. 18.9 ergibt sich der GdB bei angeborenen und erworbenen Wirbelsäulenschäden (einschließlich Bandscheibenschäden, Scheuermann-Krankheit, Spondylolisthesis, Spinalkanalstenose und dem so genannten "Postdiskotomiesyndrom") primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkung, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität sowie aus der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Der Begriff Instabilität beinhaltet die abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter physiologischer Belastung und die daraus resultierenden Weichteilveränderungen und Schmerzen. So genannte "Wirbelsäulensyndrome" (wie Schulter-Arm-Syndrom, Lumbalsyndrom, Ischialgie sowie andere Nerven- und Muskelreizerscheinungen) können bei Instabilität und bei Einengungen des Spinalkanals oder der Zwischenwirbellöcher auftreten. Für die Bewertung von chronisch-rezidivierenden Bandscheibensyndromen sind aussagekräftige anamnestische Daten und klinische Untersuchungsbefunde über einen ausreichend langen Zeitraum von besonderer Bedeutung. Im beschwerdefreien Intervall können die objektiven Untersuchungsbefunde nur gering ausgeprägt sein. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität haben einen GdB von 0 zur Folge. Gehen diese mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurzdauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einher, ist ein GdB von 10 gerechtfertigt. Ein GdB von 20 ist bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) vorgesehen. Liegen schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt vor (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Teil-GdB von 30 angemessen. Ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 ist bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorgesehen. Besonders schwere Auswirkungen (etwa Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst [z.B. Milwaukee-Korsett]; schwere Skoliose [ab ca. 70° nach Cobb]) eröffnen einen GdB-Rahmen von 50 bis 70. Schließlich ist bei schwerster Belastungsinsuffizienz bis zur Geh- und Stehunfähigkeit ein GdB-Rahmen zwischen 80 und 100 vorgesehen. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (etwa Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Im Bereich der Wirbelsäule ist durch die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen von Dr. W. nur eine leichte Funktionsstörung der Wirbelsäule bei leicht bis mäßig degenerativen Veränderungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule objektiviert. Diese Beeinträchtigungen sind mit einem GdB von 10 ausreichend bewertet. Bei seiner gutachterlichen Untersuchung fand sich insgesamt eine gute bis zufriedenstellende Beweglichkeit der Wirbelsäule. Der Kinn-Jugulum-Abstand betrug 1/18 cm. Das Vor- und Rückneigen war bis 35-0-35° und das Drehen nach rechts und links bis 75-0-75° gelungen. Lediglich die Seitneigung nach rechts und links erfolgte nur bis 30-0-30°, bei einem Referenzwert von 45° (vgl. hierzu und zu den sonstigen Daten Buckup, Klinische Tests an Knochen, Gelenken und Muskeln, 5. Aufl. 2012, S. 23 ff.). Dahinstehen kann, ob dies noch ein altersentsprechendes Bewegungsausmaß darstellt, wie Dr. W. angenommen hat, jedenfalls sind hierdurch keine mindestens mittelgradigen funktionellen Auswirkungen belegt. Im Bereich der Rumpfwirbelsäule zeigte sich eine gute Beweglichkeit. Bei der Vorneigung entstand kein Rippenbuckel oder Lendenwulst. Die Zeichen nach Ott und Schober wurden mit 30/32,5 cm und 10/15,5 cm gemessen. Die Seitneigung und das -drehen im Sitzen nach rechts und links wurden jeweils bis 25-0-25° vorgenommen. Der Finger-Boden-Abstand nahm 21 cm. Der Finger-Zehen-Abstand im Langsitz wurde hierzu passend mit 15 cm demonstriert. Bei der Ausführung des Schürzenbandgriffes erreichten beide Hände die untere Brustwirbelsäule. Bei der Vornahme des Nackengriffes konnten beide Hände im mittleren Bogen bis zur Mitte der Halswirbelsäule geführt werden. Druckschmerzen wurden keine angegeben. Das Bewegungsausmaß der passiven Bewegungsprüfung entsprach dem aktiven. Der Kraftgrad betrug 5/5, weshalb die Kraftentfaltung gut war. Weder klinisch noch bildgebend ergab sich zudem ein Hinweis auf eine Wirbelkanalverengung. Eine Nervenwurzelreizsymptomatik wurde nicht festgestellt. Damit in Einklang steht, dass das spontane Bewegen und Verhalten bei der Begutachtung gleichermaßen unauffällig war. Der Kläger stand mehrfach schnell auf und setzte sich ebenso zügig wieder zum Ausziehen der Schuhe und Strümpfe hin. Das Sitzverhalten während der Befragung und Untersuchung war ebenfalls unauffällig. Beide Hände wurden zielgerichtet eingesetzt. Ein Schonverhalten zeigte er nicht. Er war am Rumpf und an beiden Armen auffallend athletisch und muskelkräftig gebaut, was belegt, dass er sich weit mehr sportlich bewegt, als er dies den Gutachtern gegenüber einräumte. Die Rücken-, Bauchdecken- und Brustkorbmuskulatur war jeweils gut ausgebildet. Er bewegte sich in der Praxis ohne erkennbare Behinderungen oder Bewegungseinschränkungen zügig fort. Hierdurch ist für den Bereich der Wirbelsäule ein GdB von 10 belegt, ein höherer jedoch nicht begründet. Die von Dr. K. angeführten Werte nach der Neutral-0-Methode, woraus sich deutlich weitergehende Funktionseinschränkungen ergäben, sind für den Senat nicht nachvollziehbar. Im Gegensatz zu der von Dr. W. durchgeführten gutachterlichen Untersuchung ergaben sich teilweise deutliche Unterschiede. Die Drehbewegung der Halswirbelsäule wurde mit 60-0-60° gegenüber 75-0-75°, die Rückneigung mit 20° gegenüber 35 °, die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule in der Seitneigung mit 20-0-20° gegenüber 25-0-25° und die Drehbewegung mit 20-0-20° gegenüber 25-0-25° gemessen. Die Zeichen nach Ott und Schober wurden mit 30/32 cm gegenüber 30/32,5 cm und 10/12 cm gegenüber 10/15,5 cm ermittelt. Darüber hinaus wurde der Finger-Boden-Abstand von Dr. K. mit über 60 cm und von Dr. W. mit nur 21 cm gemessen. Für die Plausibilität hätte Dr. K. daher wegen der sonstigen einheitlich besseren Werte eine Plausibilitätsprüfung durch passive Beweglichkeitsprüfungen vornehmen müssen, wie sie Dr. W. durchführte und er sie demgegenüber unterließ. Etwa der tatsächlich noch mögliche Finger-Boden-Abstand wäre anhand des Finger-Zehen-Abstandes im Langsitz zu überprüfen gewesen. Auch sonst wurde von ihm kein weiterer klinischer Befund erhoben, woraus sich die gravierenderen Funktionsstörungen schlüssig erklären ließen. Die ohnehin nicht fachspezifische Annahme von Dr. K., die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule rechtfertigten einen GdB von 30, ist daher nicht mittels objektiver Befunde unterfüttert.
Zum Funktionssystem "Rumpf" zählt zwar weiter die Hüfte. Diese Körperregion betreffend stellte Dr. W. eine knöchern optimal verheilte vordere Beckenringfraktur fest. Unabhängig davon, ob sich die von dem sachverständigen Zeugen R. Mitte 2015 mitgeteilten Werte von 20-0-20° auf das Abspreizen und Anführen oder die Drehung aus- und einwärts, bei Beugung um 90°, bezogen haben, was er nicht deutlich aufgezeigt hat, konnte der Kläger bei der gutachterlichen Untersuchung bei Dr. W. Anfang Februar 2016 die eine Bewegungsprüfung bis 40-0-25° rechts und 40-0-20° links (Referenzwert: 30 bis 45°-0-20 bis 30°) sowie die andere bis 40-0-30° rechts und 25-0-25° links (40 bis 50°-0-30 bis 45°) demonstrieren. Mittels dieser Werte nach der Neutral-0-Methode ist eine dauerhafte Bewegungseinschränkung, welcher nach den VG, Teil B, Nr. 18.14 GdB-Relevanz zukäme, wonach ein Beuge- oder Streckdefizit hinzutreten muss, nicht belegt. Dr. T. sah zwar Mitte September 2016 eine akute Coxalgie bei beginnender Coxarthrose. Die hieraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen erhöhen den Teil-GdB für das Funktionssystem "Rumpf" jedoch nicht. Gegenüber Dr. W. gab der Kläger nur sieben Monate zuvor lediglich endgradig bei der Beugung und bei Drehbewegungen links Bewegungsschmerzen an. Die Streckung und Beugung wurde mit 10-0-130° rechts und 10-0-115° links gemessen, wodurch sich nur links eine leichtgradige Beugeeinschränkung objektivieren ließ. Entzündungszeichen wie eine Rötung, Schwellung oder Überwärmung zeigten sich nicht. Maßgebliche Funktionsstörungen im Bereich der Hüftgelenke sind somit durchgängig nicht nachgewiesen.
Außergewöhnliche Schmerzen, welche geeignet wären, den GdB zu erhöhen (vgl. VG, Teil A, Nr. 2 j und Teil B, Nr. 18.1), sind nicht objektiviert. Zum Zeitpunkt der Untersuchung durch Dr. W. Anfang 2016 wurden keine Schmerzmittel eingenommen und im anschließenden Herbst, als der Kläger von Dr. K. untersucht wurde, nur Ibuprofen, 600 mg (1-0-1). Damit steht fest, dass er bislang weder auf stärkste Schmerzmittel wie Opiate oder deren Derivate zurückgegriffen noch gar eine stationäre Schmerztherapie in Anspruch genommen hat. Üblicherweise mit Gesundheitsstörungen auftretende Schmerzen sind demgegenüber bereits bei den in der GdB-Tabelle angegebenen Werten eingeschlossen, wobei auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände berücksichtigt sind. Der Teil-GdB von 10 für das Funktionssystem "Rumpf" erhöht sich daher aus deswegen nicht.
Die Funktionssysteme "Arme" und "Beine" haben jeweils keine Teil-GdB in messbarem Grad zur Folge.
Der GdB bei Gliedmaßenschäden ergibt sich nach den VG, Teil B, Nr. 18.11 aus dem Vergleich mit dem GdB für entsprechende Gliedverluste. Trotz erhaltener Extremität kann der Zustand gelegentlich ungünstiger sein als der Verlust. Die aufgeführten GdB für Gliedmaßenverluste gehen, soweit nichts anderes erwähnt ist, von günstigen Verhältnissen des Stumpfes und der benachbarten Gelenke aus. Bei ausgesprochen ungünstigen Stumpfverhältnissen, bei nicht nur vorübergehenden Stumpfkrankheiten sowie bei nicht unwesentlicher Funktionsbeeinträchtigung des benachbarten Gelenkes sind diese Sätze im allgemeinen um 10 zu erhöhen, unabhängig davon, ob Körperersatzstücke getragen werden oder nicht. Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel mindern bei Verlust und Funktionsstörungen der Gliedmaßen sowie bei Funktionseinschränkungen des Rumpfes die Auswirkungen der Behinderung, ohne dass dadurch der durch den Schaden allein bedingte GdB eine Änderung erfährt. Bei der Bewertung des GdB von Pseudarthrosen ist zu berücksichtigen, dass straffe günstiger sind als schlaffe. Bei habituellen Luxationen richtet sich die Höhe des GdB außer nach der Funktionsbeeinträchtigung der Gliedmaße auch nach der Häufigkeit der Ausrenkungen.
Danach bedingt das Funktionssystem "Arme" keinen Teil-GdB von wenigstens 10 (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.13). Der Speichenbruch links war im Februar 2016 von Dr. W. medizinisch als knöchern optimal verheilt bewertet worden. Somit ist keine Funktionsbeeinträchtigung objektiviert, welche einen messbaren Teil-GdB für dieses Funktionssystem stützen könnte. Die von Dr. K. gesehene Minderbelastbarkeit der linken Hand stützt noch keinen GdB von wenigstens 10. Auf ein Ulnarissyndrom äußerte Dr. V. lediglich den Verdacht.
Das Funktionssystem "Beine" erreicht ebenfalls keinen Teil-GdB von 10 (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.14). Die Streckung und Beugung der Kniegelenke war bei der Untersuchung durch Dr. W. frei, denn sie konnte beidseits bis 0-0-145° vorgenommen werden. Weiter war die Bandführung stabil. Zudem konnten keine Entzündungszeichen festgestellt werden, insbesondere war kein Gelenkerguss erkannt worden. Ein Anhaltspunkt, dass die von Dr. T. Mitte September 2016 festgestellte akute Gonalgie bei beginnender Gonarthrose mittlerweile zu Funktionsstörungen geführt hat, ergeben sich aus seinem Untersuchungsbericht nicht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Ein Teil-GdB von wenigstens 10 ist daher für dieses Funktionssystem nicht gerechtfertigt.
Das Funktionssystem "Ohren" bedingt keinesfalls einen Teil-GdB von 40, der vorliegend, da einzig mit einem Teil-GdB von 20 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" ein höherer Teil-GdB als 10 vorliegt, erforderlich wäre, um die Schwerbehinderteneigenschaft begründen zu können.
Maßgebend für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen ist nach der Vorbemerkung zu den VG, Teil B, Nr. 5 die Herabsetzung des Sprachgehörs, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist.
Die sachverständige Zeugin Dr. K. hat zwar in ihrer Verordnung über Hörhilfen beidseits von Februar 2016 eine Innenohrschwerhörigkeit angeführt. Um einen höheren Gesamt-GdB als 40 zu erreichen, wäre im Falle des Klägers, welcher mittlerweile beidseits mit Hörgeräten versorgt ist, für das Funktionssystem "Ohren" indes ein Teil-GdB von 40 erforderlich, um vorliegend die Schwerbehinderteneigenschaft zu erreichen. Nach den VG, Teil B, Nr. 5.2.4 müsste hierfür auf einem Ohr eine mittelgradige Schwerhörigkeit und auf dem anderen eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit vorliegen, was nicht belegt ist. Wegen der beidseitigen Hörgeräteversorgung liegt hierfür noch kein Anhaltspunkt vor. Denn für die beidohrige Versorgung mit Hörgeräten ist nach § 21 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung in der Neufassung vom 21. Dezember 2011/15. März 2012 (BAnz AT vom 10. April 2012) Voraussetzung, dass der tonaudiometrische Hörverlust (DIN ISO 8253-1) auf dem besseren Ohr mindestens 30 dB in mindestens einer der Prüffrequenzen zwischen 500 und 4.000 Hz sowie sprachaudiometrisch die Verstehensquote auf dem besseren Ohr mit Kopfhörern (DIN ISO 8253-3) bei Verwendung des Freiburger Einsilbertests bei 65 dB nicht mehr als 80 % beträgt. Die Voraussetzungen können indes bereits bei einer weniger als mittelgradigen Schwerhörigkeit vorliegen (vgl. VG, Teil B, Nrn. 5.2.2 und 5.2.4), weshalb die Versorgung mit Hörgeräten keinen Umstand darstellt, welcher den Schluss zulässt, es bestünde eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit auf mindestens einem Ohr. Der Kläger hat dies im gerichtlichen Verfahren auch nicht vorgetragen. Darüber hinaus hat er gegenüber den drei Sachverständigen im Rahmen der Anamnesen, als er nach seinen Beschwerden gefragt wurde, zuletzt Ende September 2016 gegenüber Dr. K., nicht kundgetan, überhaupt eine Hörstörung zu haben. Die vom Kläger im erstinstanzlichen Verfahren übermittelten Audiogramme zwangen den Senat daher nicht, weitere Ermittlungen von Amts wegen (§ 103 Satz 1 SGG) anzustellen, zumal Dr. K. in ihrer schriftlichen sachverständigen Zeugenauskunft gegenüber dem SG, mit der sie über Untersuchungen bis Anfang 2015 berichtet hat, noch überhaupt nichts von einer Hörstörung erwähnte. Für den von ihr vermerkten Tinnitus sind keine psychischen oder psychovegetativen Begleiterscheinungen beschrieben (vgl. VG, Teil B, Nr. 5.3), weshalb sich der Teil-GdB für das Funktionssystem "Ohren" deswegen nicht erhöht.
Auch sonst sind insbesondere mit dem Bronchialasthma, mit unauffälliger Lungenfunktion und ohne Hinweis auf eine restriktive oder obstruktive Ventilationsstörung, wie es die sachverständigen Zeugen Dr. B.-H. und Dr. B. angedeutet haben und zuletzt Dr. K. herausgestellt hat, der allergischen Rhinopathie mit behindernder Nasenatmung, aber ohne von der sachverständigen Zeugin Dr. K. objektivierte bedeutende Auswirkungen auf den Allgemeinzustand, der rezidivierenden Zephalgie, der Hypercholesterinämie sowie der Nageldystrophie an den Fußnägeln und am linken Daumen Gesundheitsstörungen nachgewiesen worden, derentwegen einem Funktionssystem zuzuordnende Einschränkungen vorliegen, welche überhaupt erst geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen.
Unter Berücksichtigung der dargelegten Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB beträgt dieser ab 13. März 2013 nicht mehr als 40.
Daher war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved