Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 16 RA 420/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 RA 47/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 7. November 2002 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1943 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war von Oktober 1958 bis Dezember 1982 als Verkäuferin und von April 1983 bis zur Geschäftsaufgabe im März 1987 in der Gastwirtschaft ihres Ehemannes versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog sie bis 27.11.1999 Arbeitslosengeld. Ab 01.03.2003 erhält sie mit Bescheid vom 07.02.2003 Altersrente für Frauen in Höhe von 567,98 EUR monatlich.
Auf den am 30.11.1999 gestellten Rentenatrag erstellten die Internistin Dr. R. und der Orthopäde Dr. N. im Auftrag der Beklagten Gutachten vom Januar 2000, wonach bei der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen gegeben sei. Mit Bescheid vom 14.02.2000 lehnte die Beklagte den gestellten Antrag ab, weil die Klägerin trotz Gesundheitsstörungen an den Kniescheiben, Kreuzschmerzen, degenerativen Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Übergewicht, Fettleber und venöser Insuffizienz der Beine im bisherigen Berufsbereich weiterhin vollschichtig tätig sein könne. Außerdem bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tä-tigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes. Am 26.07.2000 wies die Beklagte den von der Klägerin eingelegte Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben, welches nach Beiziehung der Schwerbehindertenakte des Amtes für Versorgung und Familienförderung Nürnberg sowie diverser Befundberichte der behandelnden Ärzte Gutachten des Orthopäden Dr. M. vom 24.09.2001, des Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. B. vom 22.10.2001 und des Internisten und Sozialmediziners Dr. G. vom 13.11.2001 eingeholt hat. Der Sachverständige Dr. G. ist unter Einbeziehung der Sachverständigengutachten von Dr. M. und Dr. B. zu der Beurteilung gelangt, dass die Klägerin vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, vorzugsweise in geschlossenen Räumen, verrichten könne. Nicht mehr zumutbar seien ihr besondere nervliche Belastungen, eine stärkere Beanspruchung des Bewegungsapparates (ständige Belastung der Wirbelsäule mit überwiegendem Stehen, häufigem Heben und Tragen schwerer Lasten, monotone Zwangshaltungen, ständiges Treppensteigen). Anschließend hat das SG auf Antrag der Klägerin ein Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. O. vom 10.06.2002 eingeholt, wonach die Klägerin noch vollschichtig vorwiegend leichte Tätigkeiten in geschlossenen, wohltemperierten Räumen im Wechselrhythmus, ohne besondere nervliche Belastung und besondere Belastungen des Bewegungs und Stützsystems verrichten könne. Durch Urteil vom 07.11.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei weder erwerbs - noch berufsunfähig. Sie könne einer Berufstätigkeit noch vollschichtig nachgehen, weswegen die Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen sei. Es könne noch vollschichtig zumindest leichte Arbeit in wechselnder Körperhaltung vorzugsweise in geschlossenen Räumen erbracht werden. Zu vermeiden seien besondere nervliche Belastungen (wie Nacht- oder Wechselschicht), stärkere Belastungen des Bewegungsapparates (ständige Belastung der Wirbelsäule mit überwiegendem Stehen, häufigem Heben und Tragen schwerer Lasten, monotone Zwangshaltungen) und ständiges Treppensteigen.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und mit ihren mannigfaltigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen begründet. Insbesondere leide sie unter dauernden Schmerzsymptomen, die sich trotz Therapie nicht besserten. Vom Versorgungsamt sei ihr u.a. deswegen ein GdB von 30 zuerkannt worden.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat ein Gutachten des Chirurgen Dr. S. vom 10.11.2003 eingeholt, wonach die Klägerin zu den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig einsetzbar sei. Sie könne noch leichte Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, teilweise im Gehen, nur gelegentlich im Stehen und nicht im Freien verrichten.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Nürnberg vom 07.11.2002 sowie des Bescheides vom 14.02.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2000 zu verurteilen, auf den Antrag vom 30.11.1999 bis zum 28.02.2003 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu leisten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die auf die Sozialleistung Versichertenrente gerichtete Berufung ist statthaft und zulässig (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - in der Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 01.03.1993 - SGG). Sie ist auch fristgemäß eingelegt (§§ 151 Abs. 1, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2, 66 Abs. 2 SGG) sowie auch ansonsten zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel aber keinen Erfolg.
Ungeachtet des Vorliegens der allgemeinen Wartezeit und der besonderen persönlichen Voraussetzungen für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (besondere Belegungsdichte nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) - insoweit weist der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.01.1993, BGBl. I, 50) - ist die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig oder teilweise erwerbsgemindert.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI i.d.F. des Rentenreformgesetzes 1992 - RRG 92, anwendbar gem. § 300 Absätze 1 und 2 SGB VI noch vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - EMRefG- BGBl I, S. 1827 aufgrund des am 30.11.1999 gestellten Antrags). Wegen des für die beschäftigungslose Klägerin geltenden richterrechtlichen Gewohnheitsrechts zu Arbeitsmarktrenten (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, GS 2/95, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; früher BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr. 13) genügt zwar schon ein Unvermögen zur vollschichtigen Berufsausübung. Aber auch daran ist die Klägerin durch ihren Gesundheitszustand nicht gehindert.
Zur Beurteilung des zunächst festzustellenden beruflichen Leistungsvermögens stützt sich der Senat auf die Feststellungen aller Sachverständigen und der Verwaltungsgutachter. Bei der Klägerin bestehen lediglich Verschleißveränderungen der Wirbelsäule ohne funktionelles Defizit und eine mäßige Retropatellararthrose mit Knorpelschaden bei freier Beweglichkeit beider Kniegelenke bei festem Bandapparat. Die auf psychiatrischem Fachgebiet festgestellte somatoforme Störung führt zu keinen Funktionsdefiziten. Der Stoffwechselstörung kann im Rahmen der Ernährung wie bei einem gesunden Arbeitnehmer während der Arbeitszeit im Rahmen der sog. Verteilzeit begegnet werden. Wegen weiter Einzelheiten nimmt nimmt der Senat wiederum Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des SG (§ 153 Abs. 2 SGG). Zusammenfassend ist die Klägerin damit zu den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig einsetzbar. Es können noch leichte Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, teilweise im Gehen, nur gelegentlich im Stehen und nicht im Freien durchgeführt werden.
Mit diesem Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Ausgehend von dem in § 43 Abs. 2 SGB VI verankerten Gedanken des Berufsschutzes soll demjenigen Versicherten, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der bisherigen Weise arbeiten kann, ein zu starkes Absinken im Beruf erspart bleiben (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 1997, Az.: 5 RJ 8/96 ). Unter Berücksichtigung dieses Gedankens beurteilt sich die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in verschiedene Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Auch nach der Stufentheorie für Angestellte ist der Anknüpfungspunkt für eine Einteilung in Berufsgruppen die für den jeweiligen Beruf erforderliche Ausbildung als generelle - wenn auch bei tatsächlicher Ausübung des Berufs nicht zwingende - Zugangsvoraussetzung (BSGE 55, 45 bis 53; BSGE 49, 54, 56 = SozR 2200 § 1246 Nr. 51 S. 156). Zur praktischen Ausführung dieser rechtlichen Vorgaben und zur Vermeidung einer rechtlich nicht zu rechtfertigenden unterschiedlichen Anwendung u.a. der § 43 SGB VI bzw. § 240 SGB VI i.d.F. des EMRefG bei Berufen mit gleicher Qualität (SozR 2200 § 1246 Nr. 137) ist ein Mehrstufenschema entwickelt worden, das inzwischen auf sechs Hauptstufen begrenzt ist. Die Stufen sind nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Es haben sich danach im wesentlichen drei Gruppen mit den Leitberufen des "unausgebildeten" Angestellten, des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren und des Angestellten mit einer "längeren Ausbildung" (Entscheidungen des BSG, BSGE 48, 202; 49, 450, 55, 45) herausgebildet.
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist der bisherigen Beruf der Klägerin - wie das SG auch schon zutreffend entschieden hat - keiner Gruppe mit einem Leitberuf der qualifizierten angelernten Angestellten zuzuordnen. Die Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war von Oktober 1958 bis Dezember 1982 als Verkäuferin und von April 1983 bis zur Geschäftsaufgabe im März 1987 in der Gastwirtschaft ihres Ehemannes versicherungspflichtig beschäftigt. Unabhängig von der Wertigkeit des Berufs der Verkäuferin, von dem sie sich gelöst hat, war die Tätigkeit der Klägerin zum Schluss (Hauptberuf) von der einfach angelernten Beschäftigung in einer Gastwirtschaft geprägt. Sofern sie diese Tätigkeit nicht mehr ausüben kann, ist Sie damit nicht berufsunfähig, denn nur Angehörige des oberen Bereichs der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Angestellten dürfen sozial zumutbar nicht schlechthin auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisen werden. Soweit ungelernte Tätigkeiten in Betracht gezogen werden, dürfen diese nicht nur ganz geringen qualitativen Wertes sein. Sie müssen sich vielmehr durch Qualitätsmerkmale auszeichnen, z.B. das Erfordernis einer nicht ganz geringfügigen Einweisung oder Einarbeitung, die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45 S 187 m.w.N.). Derartige Einschränkungen bestehen bei der Klägerin nicht. Damit muss auch nicht mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret benannt werden.
Bei der Klägerin ist eine derartige Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt auch nicht unbillig. Denn bei ihr bestehen keine derart schweren oder vielfältigen Beschäftigungshinder-nisse, die eine Beschäftigungsmöglichkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt praktisch auschlössen. Dies ist im Einzelfall nur zu prüfen, wenn das Verfahrensergebnis - wie hier nicht - Anlass dazu gibt. Denn es können von der Klägerin noch leichte Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, teilweise im Gehen, nur gelegentlich im Stehen und nicht im Freien durchgeführt werden. Dieses Tätigkeitsprofil ist noch vom Begriff der leichten Tätigkeiten umfasst (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, GS 2/95, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Insbesondere werden keine unüblichen Arbeitsbedingungen verlangt, die eine Rücksichtnahme wegen einer besonders schweren Leistungsbeeinträchtigung oder einer Vielzahl von Ausschlüssen (Verengung auf wenige Teilaufgabenbereiche) erforderten. Denn weder hat die Klägerin besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104, 117) noch weist sie Leistungseinschränkungen auf, die sich in Verbindung mit anderen Einschränkungen besonders erschwerend bei einer Arbeitsplatzsuche auswirkten, wie z.B. die von der Rspr. erwähnten Fälle der Erforderlichkeit zusätzlicher Arbeitspausen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 136), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, jederzeit selbstbestimmtem Wechsel vom Sitzen zum Gehen (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8), Einarmigkeit und Einäugigkeit (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 30). Insbesondere ist die Klägerin noch gehörig umstellungsfähig, um sich auf eine neue Tätigkeit einzulassen. Das hat besonders die Beweiserhebung durch die Begutachtung der beiden Psychiater ergeben. Die im Rahmen einer Diabetesdiät erforderlichen Zwischenmahlzeiten (z.B. ein Viertel Liter Buttermilch oder ein Viertel Liter fettarme Milch, ein fettarmer Joghurt, eine Grapefruit, Birne oder ein Apfel) kann ein an Diabetes erkrankter Arbeitnehmer ebenso wie ein gesunder Arbeitnehmer während der Arbeitszeit im Rahmen der sog. Verteilzeit zu sich nehmen. Dies hat der Sachverständige Dr. G. überzeugend dargelegt. Es sind somit auch keine von den betriebsüblichen Arbeitsbedingungen abweichenden Pausen erforderlich.
Da die Klägerin einer vollschichtigen Tätigkeit nachgehen kann. liegt bei ihr auch keine Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 SGB VI in der bis 01.01.2001 geltenden Fassung vor, ebenso wenig Erwerbsunfähigkeit gemäß § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden - noch strengeren - Fassung (sechsstündiges Erwerbsvermögen). Denn erwerbsunfähig sind nach § 44 Abs. 2 SGB VI (Rentenreformgesetz 1992 mit Geltung bis 31.12.2000) Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße bzw. ab 01.04.1999 einen Betrag von 630,00 DM übersteigt. Nach dem EMReformG ist voll erwerbsgemindert, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die 1943 geborene Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war von Oktober 1958 bis Dezember 1982 als Verkäuferin und von April 1983 bis zur Geschäftsaufgabe im März 1987 in der Gastwirtschaft ihres Ehemannes versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend bezog sie bis 27.11.1999 Arbeitslosengeld. Ab 01.03.2003 erhält sie mit Bescheid vom 07.02.2003 Altersrente für Frauen in Höhe von 567,98 EUR monatlich.
Auf den am 30.11.1999 gestellten Rentenatrag erstellten die Internistin Dr. R. und der Orthopäde Dr. N. im Auftrag der Beklagten Gutachten vom Januar 2000, wonach bei der Klägerin ein vollschichtiges Leistungsvermögen gegeben sei. Mit Bescheid vom 14.02.2000 lehnte die Beklagte den gestellten Antrag ab, weil die Klägerin trotz Gesundheitsstörungen an den Kniescheiben, Kreuzschmerzen, degenerativen Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule, Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, Übergewicht, Fettleber und venöser Insuffizienz der Beine im bisherigen Berufsbereich weiterhin vollschichtig tätig sein könne. Außerdem bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tä-tigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes. Am 26.07.2000 wies die Beklagte den von der Klägerin eingelegte Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben, welches nach Beiziehung der Schwerbehindertenakte des Amtes für Versorgung und Familienförderung Nürnberg sowie diverser Befundberichte der behandelnden Ärzte Gutachten des Orthopäden Dr. M. vom 24.09.2001, des Neurologen, Psychiaters und Psychotherapeuten Dr. B. vom 22.10.2001 und des Internisten und Sozialmediziners Dr. G. vom 13.11.2001 eingeholt hat. Der Sachverständige Dr. G. ist unter Einbeziehung der Sachverständigengutachten von Dr. M. und Dr. B. zu der Beurteilung gelangt, dass die Klägerin vollschichtig leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, vorzugsweise in geschlossenen Räumen, verrichten könne. Nicht mehr zumutbar seien ihr besondere nervliche Belastungen, eine stärkere Beanspruchung des Bewegungsapparates (ständige Belastung der Wirbelsäule mit überwiegendem Stehen, häufigem Heben und Tragen schwerer Lasten, monotone Zwangshaltungen, ständiges Treppensteigen). Anschließend hat das SG auf Antrag der Klägerin ein Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. O. vom 10.06.2002 eingeholt, wonach die Klägerin noch vollschichtig vorwiegend leichte Tätigkeiten in geschlossenen, wohltemperierten Räumen im Wechselrhythmus, ohne besondere nervliche Belastung und besondere Belastungen des Bewegungs und Stützsystems verrichten könne. Durch Urteil vom 07.11.2002 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei weder erwerbs - noch berufsunfähig. Sie könne einer Berufstätigkeit noch vollschichtig nachgehen, weswegen die Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen sei. Es könne noch vollschichtig zumindest leichte Arbeit in wechselnder Körperhaltung vorzugsweise in geschlossenen Räumen erbracht werden. Zu vermeiden seien besondere nervliche Belastungen (wie Nacht- oder Wechselschicht), stärkere Belastungen des Bewegungsapparates (ständige Belastung der Wirbelsäule mit überwiegendem Stehen, häufigem Heben und Tragen schwerer Lasten, monotone Zwangshaltungen) und ständiges Treppensteigen.
Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt und mit ihren mannigfaltigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen begründet. Insbesondere leide sie unter dauernden Schmerzsymptomen, die sich trotz Therapie nicht besserten. Vom Versorgungsamt sei ihr u.a. deswegen ein GdB von 30 zuerkannt worden.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat ein Gutachten des Chirurgen Dr. S. vom 10.11.2003 eingeholt, wonach die Klägerin zu den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig einsetzbar sei. Sie könne noch leichte Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, teilweise im Gehen, nur gelegentlich im Stehen und nicht im Freien verrichten.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des SG Nürnberg vom 07.11.2002 sowie des Bescheides vom 14.02.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2000 zu verurteilen, auf den Antrag vom 30.11.1999 bis zum 28.02.2003 Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu leisten.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Rentenakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die auf die Sozialleistung Versichertenrente gerichtete Berufung ist statthaft und zulässig (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - in der Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 01.03.1993 - SGG). Sie ist auch fristgemäß eingelegt (§§ 151 Abs. 1, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2, 66 Abs. 2 SGG) sowie auch ansonsten zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel aber keinen Erfolg.
Ungeachtet des Vorliegens der allgemeinen Wartezeit und der besonderen persönlichen Voraussetzungen für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (besondere Belegungsdichte nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) - insoweit weist der Senat die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung des SG als unbegründet zurück und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11.01.1993, BGBl. I, 50) - ist die Klägerin weder berufs- noch erwerbsunfähig oder teilweise erwerbsgemindert.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist (§ 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI i.d.F. des Rentenreformgesetzes 1992 - RRG 92, anwendbar gem. § 300 Absätze 1 und 2 SGB VI noch vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20.12.2000 - EMRefG- BGBl I, S. 1827 aufgrund des am 30.11.1999 gestellten Antrags). Wegen des für die beschäftigungslose Klägerin geltenden richterrechtlichen Gewohnheitsrechts zu Arbeitsmarktrenten (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, GS 2/95, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; früher BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr. 13) genügt zwar schon ein Unvermögen zur vollschichtigen Berufsausübung. Aber auch daran ist die Klägerin durch ihren Gesundheitszustand nicht gehindert.
Zur Beurteilung des zunächst festzustellenden beruflichen Leistungsvermögens stützt sich der Senat auf die Feststellungen aller Sachverständigen und der Verwaltungsgutachter. Bei der Klägerin bestehen lediglich Verschleißveränderungen der Wirbelsäule ohne funktionelles Defizit und eine mäßige Retropatellararthrose mit Knorpelschaden bei freier Beweglichkeit beider Kniegelenke bei festem Bandapparat. Die auf psychiatrischem Fachgebiet festgestellte somatoforme Störung führt zu keinen Funktionsdefiziten. Der Stoffwechselstörung kann im Rahmen der Ernährung wie bei einem gesunden Arbeitnehmer während der Arbeitszeit im Rahmen der sog. Verteilzeit begegnet werden. Wegen weiter Einzelheiten nimmt nimmt der Senat wiederum Bezug auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des SG (§ 153 Abs. 2 SGG). Zusammenfassend ist die Klägerin damit zu den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig einsetzbar. Es können noch leichte Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, teilweise im Gehen, nur gelegentlich im Stehen und nicht im Freien durchgeführt werden.
Mit diesem Leistungsvermögen ist die Klägerin nicht berufsunfähig. Ausgehend von dem in § 43 Abs. 2 SGB VI verankerten Gedanken des Berufsschutzes soll demjenigen Versicherten, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der bisherigen Weise arbeiten kann, ein zu starkes Absinken im Beruf erspart bleiben (vgl. BSG, Urteil vom 30. Juli 1997, Az.: 5 RJ 8/96 ). Unter Berücksichtigung dieses Gedankens beurteilt sich die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in verschiedene Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufes haben, gebildet worden. Auch nach der Stufentheorie für Angestellte ist der Anknüpfungspunkt für eine Einteilung in Berufsgruppen die für den jeweiligen Beruf erforderliche Ausbildung als generelle - wenn auch bei tatsächlicher Ausübung des Berufs nicht zwingende - Zugangsvoraussetzung (BSGE 55, 45 bis 53; BSGE 49, 54, 56 = SozR 2200 § 1246 Nr. 51 S. 156). Zur praktischen Ausführung dieser rechtlichen Vorgaben und zur Vermeidung einer rechtlich nicht zu rechtfertigenden unterschiedlichen Anwendung u.a. der § 43 SGB VI bzw. § 240 SGB VI i.d.F. des EMRefG bei Berufen mit gleicher Qualität (SozR 2200 § 1246 Nr. 137) ist ein Mehrstufenschema entwickelt worden, das inzwischen auf sechs Hauptstufen begrenzt ist. Die Stufen sind nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Es haben sich danach im wesentlichen drei Gruppen mit den Leitberufen des "unausgebildeten" Angestellten, des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren und des Angestellten mit einer "längeren Ausbildung" (Entscheidungen des BSG, BSGE 48, 202; 49, 450, 55, 45) herausgebildet.
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist der bisherigen Beruf der Klägerin - wie das SG auch schon zutreffend entschieden hat - keiner Gruppe mit einem Leitberuf der qualifizierten angelernten Angestellten zuzuordnen. Die Klägerin hat keinen Beruf erlernt und war von Oktober 1958 bis Dezember 1982 als Verkäuferin und von April 1983 bis zur Geschäftsaufgabe im März 1987 in der Gastwirtschaft ihres Ehemannes versicherungspflichtig beschäftigt. Unabhängig von der Wertigkeit des Berufs der Verkäuferin, von dem sie sich gelöst hat, war die Tätigkeit der Klägerin zum Schluss (Hauptberuf) von der einfach angelernten Beschäftigung in einer Gastwirtschaft geprägt. Sofern sie diese Tätigkeit nicht mehr ausüben kann, ist Sie damit nicht berufsunfähig, denn nur Angehörige des oberen Bereichs der Gruppe mit dem Leitberuf des angelernten Angestellten dürfen sozial zumutbar nicht schlechthin auf das allgemeine Arbeitsfeld verweisen werden. Soweit ungelernte Tätigkeiten in Betracht gezogen werden, dürfen diese nicht nur ganz geringen qualitativen Wertes sein. Sie müssen sich vielmehr durch Qualitätsmerkmale auszeichnen, z.B. das Erfordernis einer nicht ganz geringfügigen Einweisung oder Einarbeitung, die Notwendigkeit beruflicher oder betrieblicher Vorkenntnisse (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45 S 187 m.w.N.). Derartige Einschränkungen bestehen bei der Klägerin nicht. Damit muss auch nicht mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret benannt werden.
Bei der Klägerin ist eine derartige Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt auch nicht unbillig. Denn bei ihr bestehen keine derart schweren oder vielfältigen Beschäftigungshinder-nisse, die eine Beschäftigungsmöglichkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt praktisch auschlössen. Dies ist im Einzelfall nur zu prüfen, wenn das Verfahrensergebnis - wie hier nicht - Anlass dazu gibt. Denn es können von der Klägerin noch leichte Arbeiten, vorwiegend im Sitzen, teilweise im Gehen, nur gelegentlich im Stehen und nicht im Freien durchgeführt werden. Dieses Tätigkeitsprofil ist noch vom Begriff der leichten Tätigkeiten umfasst (Beschluss des Großen Senats des BSG vom 19.12.1996, GS 2/95, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Insbesondere werden keine unüblichen Arbeitsbedingungen verlangt, die eine Rücksichtnahme wegen einer besonders schweren Leistungsbeeinträchtigung oder einer Vielzahl von Ausschlüssen (Verengung auf wenige Teilaufgabenbereiche) erforderten. Denn weder hat die Klägerin besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104, 117) noch weist sie Leistungseinschränkungen auf, die sich in Verbindung mit anderen Einschränkungen besonders erschwerend bei einer Arbeitsplatzsuche auswirkten, wie z.B. die von der Rspr. erwähnten Fälle der Erforderlichkeit zusätzlicher Arbeitspausen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 136), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, jederzeit selbstbestimmtem Wechsel vom Sitzen zum Gehen (BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8), Einarmigkeit und Einäugigkeit (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 30). Insbesondere ist die Klägerin noch gehörig umstellungsfähig, um sich auf eine neue Tätigkeit einzulassen. Das hat besonders die Beweiserhebung durch die Begutachtung der beiden Psychiater ergeben. Die im Rahmen einer Diabetesdiät erforderlichen Zwischenmahlzeiten (z.B. ein Viertel Liter Buttermilch oder ein Viertel Liter fettarme Milch, ein fettarmer Joghurt, eine Grapefruit, Birne oder ein Apfel) kann ein an Diabetes erkrankter Arbeitnehmer ebenso wie ein gesunder Arbeitnehmer während der Arbeitszeit im Rahmen der sog. Verteilzeit zu sich nehmen. Dies hat der Sachverständige Dr. G. überzeugend dargelegt. Es sind somit auch keine von den betriebsüblichen Arbeitsbedingungen abweichenden Pausen erforderlich.
Da die Klägerin einer vollschichtigen Tätigkeit nachgehen kann. liegt bei ihr auch keine Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 SGB VI in der bis 01.01.2001 geltenden Fassung vor, ebenso wenig Erwerbsunfähigkeit gemäß § 43 SGB VI in der ab 01.01.2001 geltenden - noch strengeren - Fassung (sechsstündiges Erwerbsvermögen). Denn erwerbsunfähig sind nach § 44 Abs. 2 SGB VI (Rentenreformgesetz 1992 mit Geltung bis 31.12.2000) Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße bzw. ab 01.04.1999 einen Betrag von 630,00 DM übersteigt. Nach dem EMReformG ist voll erwerbsgemindert, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved