Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 7/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revisionen der Kläger und der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2002 werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats über die Honoraranforderungen der Kläger erneut zu entscheiden hat. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Streitig ist die Begrenzung vertragsärztlicher Honoraransprüche durch Regelungen über sog Individualbudgets.
Die Kläger sind seit 1991 als Ärzte für Allgemeinmedizin - Psychotherapie - im Bereich der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) in Gemeinschaftspraxis niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Beklagte begrenzte die Honoraranforderungen der Kläger für die Quartale III und IV/1999 in Anwendung von Regelungen, die sie mit Wirkung ab dem 1. Juli 1999 in ihren Honorarverteilungsmaßstab (HVM) aufgenommen hatte. In §§ 7, 7a HVM war bestimmt, dass für jede vertragsärztliche Praxis ein quartalsbezogenes individuelles Leistungsbudget in Form eines Punktzahlvolumens festgelegt wird, bis zu dem dem Vertragsarzt grundsätzlich eine Vergütung mit einem festen Punktwert von 10 Pf gesichert werden sollte. Das Punktzahlvolumen wurde - mit verschiedenen Einzelregelungen - auf der Basis der Honorarumsätze der Quartale III/1997 bis II/1998 errechnet und so begrenzt, dass ein Punktwert von 10 Pf gewährt werden konnte. Für die Kläger, die in ihren Honoraranforderungen 1.051.265,4 Punkte (Quartal III/1999) und 1.144.046,8 Punkte (IV/1999) geltend gemacht hatten, ergaben sich im Rahmen des Individualbudgets zu vergütende Punktzahlvolumina von 788.735,7 bzw 858.725,8 Punkten.
Gegen die Honorarbescheide für die Quartale III und IV/1999 haben die Kläger nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben, der das Sozialgericht (SG) im Sinne einer Neubescheidungsverpflichtung - unter Aufhebung der Honorarkürzungen - stattgegeben hat (Urteil vom 10. Oktober 2001). Die HVM-Regelungen stünden zwar im Grundsatz im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Jedoch sei die Wachstumsmöglichkeit für Praxen mit unterdurchschnittlicher Fallzahl, die - wie die der Kläger - bereits mehr als fünf Jahre bestünden, zu eng begrenzt.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten im Wesentlichen zurückgewiesen (Urteil vom 20. November 2002). Im Berufungsurteil ist ausgeführt, das System einer Bindung des Vertragsarztes an einen in der Vergangenheit erzielten eigenen Honorarumsatz sei grundsätzlich rechtmäßig. Nicht zu beanstanden sei, dass den Berechnungen der Individualbudgets das in den Quartalen III/1997 bis II/1998 erzielte Honorar und nicht die angeforderte oder zugestandene Punktmenge zu Grunde liege, ebenso, dass die Honoraranteile für die in § 7 Abs 1 Satz 3 iVm § 6 Abs 3 HVM aufgeführten Leistungen unberücksichtigt blieben. Gleichfalls unbedenklich sei die Rückstellung von 3 % gemäß § 7 Abs 1 Satz 4 HVM, ebenso die Regelung des § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 2 Satz 2 HVM über die "Nichtvergütung" von Punkten oberhalb der Punktzahlengrenzwerte, denn in Wahrheit sinke lediglich entsprechend der Überschreitung des Grenzwertes die Vergütung für jede einzelne erbrachte Leistung. Überdies sei nicht das gesamte vertragsärztliche Honorar budgetiert; nicht einbezogen seien Honoraranteile von ca 40 %. Unschädlich sei, dass der genaue Punktzahlengrenzwert jeweils erst nach Ablauf des Quartals mitgeteilt werde und dass gemäß § 7 Abs 2 Satz 3 und 4 HVM als Variable die Fachgruppenquote eingeschaltet sei. Hiervon abgesehen habe der Normsetzer einen Anfangs- und Erprobungsspielraum gehabt, der ihm Erfahrungen vermittelt habe, die er zum Anlass für diverse Anpassungen binnen eines Jahres genommen habe. Unbedenklich sei auch die Differenzierung, den unterdurchschnittlich abrechnenden, bereits etablierten Praxen nur ein Wachstum um jährlich 3 %, den neu geschaffenen (bis zu fünf Jahre bestehenden) dagegen ein unbegrenztes Wachstum bis zum Fachgruppendurchschnitt zuzubilligen (§ 7 Abs 3 Satz 2 und Abs 8 HVM). Dies sei durch Besonderheiten in der Phase des Aufbaus einer Praxis gerechtfertigt. Zu Recht sei auch eine Ausnahme gemäß § 7a Abs 7 Buchst d HVM versagt worden. Rechtswidrig sei indessen die Begrenzung des Wachstums auf 3 % gemäß § 7 Abs 3 Satz 2 HVM. Dadurch dauere das Erreichen des Durchschnittsumsatzes der Fachgruppe unangemessen lange, zB bei einer Praxis mit nur 50 % des Punktzahlengrenzwertes der Fachgruppe 24 Jahre, bei einer mit 75 % noch 10 Jahre, wobei jeweils die Punktzahlminderung um 3 % gemäß § 7 Abs 1 Satz 4 HVM nicht mitberücksichtigt worden sei. Zu beanstanden sei zudem, dass die Wachstumsbegrenzung auf 3 % für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen nicht danach differenziere, ob diese Steigerungen der Leistungsmenge aufzuweisen hätten, und auch nicht danach, ob sie ihr Leistungsvolumen durch Fallzahlerhöhungen oder durch Ausweitung des Behandlungsvolumens je Einzelfall steigerten. Rechtswidrig sei ferner, dass bei Vertragsärzten, bei denen bei Inkrafttreten der Regelung am 1. Juli 1999 die fünfjährige Aufbauphase erst seit Kurzem beendet gewesen sei, der Bemessungszeitraum (Quartale III/1997 bis II/1998) in diese Phase falle und ihr Individualbudget dadurch an die in dieser Zeit typischerweise geringeren Umsätze anknüpfe. Die Berufung der Beklagten sei lediglich insoweit begründet, als die Honorarkürzungen entgegen dem Tenor des SG-Urteils nicht ersatzlos wegfallen dürften, sondern im Rahmen der Neubescheidung neu festzulegen seien.
Sowohl die Kläger als auch die Beklagte haben Revision eingelegt.
Die Kläger machen geltend, das LSG habe ihnen zwar - zu Recht - eine höhere Steigerungsmöglichkeit als 3 % zugestanden, aber - ebenso wie schon das SG - die Rechtmäßigkeit der Individualbudgets incidenter bestätigt. Diese seien ungeeignet, feste Punktwerte zu ermöglichen, jedenfalls in der vorliegenden Ausgestaltung mit der floatenden Quotierung der Gesamtvergütungen für jede Fachgruppe. Dies könne nicht durch das damit verfolgte Ziel der Gewährung eines Punktwertes von 10 Pf gerechtfertigt werden. Zusammen mit den damals noch geltenden Praxisbudgets des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) liege eine doppelte und damit unverhältnismäßige Belastung vor. Eine übermäßige Belastung ergebe sich auch aus der erheblichen Verringerung der vergüteten Punktzahlen im Vergleich mit dem vorher in Kraft gewesenen HVM. Ferner fehle eine Möglichkeit, "nicht verbrauchte" Punkte auf andere Behandlungsfälle und/oder in andere Quartale zu übertragen sowie das ungefähre Ausmaß der Begrenzungen schon während der Leistungserbringung im Quartal vorauszusehen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2002 zu ändern und die Beklagte unter Änderung ihrer Bescheide vom 14. Januar und 13. April 2000 - in Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2001 - und ihres Bescheides vom 27. Januar 2000 - in Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 25. September 2001 - zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neue Honorarbescheide für die Quartale III und IV/1999 zu erlassen, sowie die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2002 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10. Oktober 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie
die Revision der Kläger zurückzuweisen.
Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, ihr HVM sei entgegen der Auffassung des LSG mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vereinbar. Sie weist unter anderem darauf hin, dass sie die Zuwachsregelung für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen mit Wirkung ab dem 1. Januar 2003 verbessert habe, indem sie ihrem HVM eine neue Regelung in § 13 HVM eingefügt habe, wodurch der 3 %ige Zuwachs statt auf das Leistungsvolumen im Bemessungszeitraum auf das gegenwärtige Leistungsvolumen bezogen werde, wenn eine Volumenssteigerung im Vergleich zum Bemessungszeitraum bzw beim Übergang von einer so genannten Jung- zur Altpraxis gegeben sei. Der zugestandene Zuwachs von 3 % reiche ansonsten aber aus. Diese Begrenzung betreffe nur einen Honoraranteil von ca 60 %, weil große Bereiche durch die Regelungen in § 7 Abs 1 Satz 3 und § 7a Abs 2 HVM nicht erfasst seien. Der Wert von 3 % basiere auf Erfahrungen im KÄV-Bezirk, in dem die Steigerungen der Leistungsmengen bei ca 2,1 % lägen. Die Zuwachsrate von 3 % gelte ferner nur für ein Jahr, in jedem folgenden kämen wieder je 3 % hinzu.
II
Die Revisionen der Kläger und der Beklagten haben keinen Erfolg.
Die Revision der Kläger ist unzulässig. Ihr Begehren, dass die HVM-Regelungen über das Individualbudget insgesamt für rechtswidrig erklärt werden mögen, ist vom SG bereits rechtskräftig zurückgewiesen worden (vgl § 141 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Gegen das SG-Urteil legten die Kläger kein Rechtsmittel ein, vielmehr beschränkten sie sich im Berufungsverfahren darauf, die Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu beantragen. Nur im Umfang der Berufung der Beklagten, die sich gegen die vom SG erhobene Beanstandung der Zuwachsmöglichkeit als zu eng gewandt hat, ist das SG-Urteil noch nicht rechtskräftig geworden und nach der Berufungszurückweisung noch mit der Revision - durch die Beklagte - anfechtbar.
Die Revision der Beklagten ist zwar zulässig, aber unbegründet. Das LSG hat die Regelungen ihres HVM, die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegen, zu Recht als teilweise rechtswidrig beanstandet.
Rechtsgrundlage für Regelungen über Honorarbegrenzungen durch sog individuelle Leistungsbudgets ist § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) (in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988, BGBl I S 2477, geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1999, BGBl I S 2626). Danach haben die KÄVen die Gesamtvergütung nach Maßgabe des HVM an die Vertragsärzte zu verteilen; bei der Verteilung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen. Bei der Ausgestaltung des HVM haben die KÄVen einen Gestaltungsspielraum, weil die Honorarverteilung eine in der Rechtsform einer Satzung ergehende Maßnahme der Selbstverwaltung ist (BSGE 89, 173, 175 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 370; BSG SozR aaO Nr 44 S 360). Der HVM muss mit der Ermächtigungsgrundlage in Einklang stehen und insbesondere das in § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars (vgl BVerfGE 33, 171, 184 = SozR Nr 12 zu Art 12 GG S Ab 15 R; BSGE 81, 213, 217 = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 152) sowie den aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) herzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit beachten (hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 11. September 2002 - B 6 KA 30/01 R = SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 408). Honorarbegrenzungsregelungen können den sich daraus ergebenden Maßstäben widersprechen, weil Honorarkürzungen bei Überschreitung sog individueller Leistungsbudgets zur Folge haben, dass sich das Honorar vermindert, obwohl auch die Leistungen, die nicht in die Vergütung mit einbezogen sind, der Leistungsbeschreibung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) entsprechend erbracht worden sind. Bei dem Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars handelt es sich jedoch nur um einen Grundsatz. Von diesem darf abgewichen werden, wenn die KÄV damit andere billigenswerte Zwecke verfolgt (BSGE 89, 173, 175 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 370 f; BSG SozR aaO Nr 44 S 360; Nr 48 S 408). Solche anerkennenswerten Zielsetzungen können in einer Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes durch die Begrenzung des Anstiegs der zu vergütenden Leistungsmenge liegen, weil auf diese Weise den Vertragsärzten für einen bestimmten Anteil des vertragsärztlichen Honorars eine gewisse Kalkulationssicherheit gewährleistet wird.
Die HVM-Regelungen der Beklagten, auf denen die angefochtenen Honorarbescheide beruhen, stehen mit den sich aus § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ergebenden Anforderungen nicht in vollem Umfang in Einklang und sind insoweit rechtswidrig.
§ 7 HVM in der zum 1. Juli 1999 beschlossenen Fassung (Rheinisches Ärzteblatt (RhÄrzteBl) 9/1999 S 59 ff) sieht für jede Praxis ein individuelles Leistungsbudget in Form eines Punktzahlengrenzwertes für das Gros der von ihr erbrachten Leistungen vor (Abs 1 Satz 1). Davon ausgenommen sind Notfall-, Präventions-, Impf-, Methadon- und psychotherapeutische Leistungen, die hausärztliche Grundvergütung, die übrigen Vorwegzahlungen nach § 6 Abs 3 - wie zB Fremdkassenausgleich, Dialyse-Kostenerstattungen - sowie bestimmte Labor-Kostenanteile (Abs 1 Satz 3). Der Punktzahlengrenzwert wird aus den - um die vorgenannten Leistungen bereinigten - Honorarumsätzen der Quartale III/1997 bis II/1998 errechnet (Abs 6 mit Detailregelungen in § 7a Abs 2), wovon 3 % abgezogen werden (§ 7 Abs 1 Satz 4 - für die Finanzierung neuer Praxen und des bestimmten Praxen erlaubten Zuwachses). Bei Ärzten, deren Niederlassungsdauer am 30. Juni 1999 weniger als 21 Quartale betrug, können auf Antrag die Umsätze vier anderer Quartale zu Grunde gelegt werden (§ 7a Abs 6). Diese DM-Beträge ergeben multipliziert mit 10 (dem Faktor zur Umrechnung der DM-Beträge auf eine am Wert von 10 Pf orientierte Punktzahl) das zulässige Punktzahlvolumen (§ 7 Abs 2 Satz 1). Darüber hinaus abgerechnete Punkte "werden nicht vergütet" (Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 2). Ein Punktzahlzuwachs wird nur Praxen gewährt, die unter dem durchschnittlichen Punktzahlengrenzwert der jeweiligen Fach-/Untergruppe abrechnen (Abs 3 Satz 1 iVm Abs 4 HVM - Tabelle -, hier für Allgemein- und praktische Ärzte 612.066 Punkte bzw für Gemeinschaftspraxen aus zwei Ärzten 1.224.132 Punkte). Der Zuwachs ist auf 3 %, jeweils bezogen auf das Honorarvolumen im Vorjahresquartal bzw seit dem 1. Januar 2000 bezogen auf dasjenige im Bemessungszeitraum, begrenzt (Abs 3 Satz 2 HVM, - Änderung vom 2. Dezember 1999, RhÄrzteBl 1/2000 S 59, 66 f); nur für neu niedergelassene Ärzte ist 20 Quartale lang unbegrenzter Zuwachs möglich (Abs 8). Das hiernach für den einzelnen Arzt bzw die einzelne Praxis zulässige Punktzahlvolumen wird entsprechend dem im jeweiligen Honorartopf zur Verfügung stehenden Honorarvolumen so weit quotiert, dass ein Punktwert von 10 Pf gewährt werden kann (Abs 2 Satz 3 und 4 - Quotierung für die Allgemein- und praktischen Ärzte sowie die Kläger 95,0385 % ( Quartal III/1999 ) bzw 103,1495 % ( IV/1999 )). Der Vorstand der Beklagten kann aber bei besonderen Umständen des Einzelfalls - auf Antrag - Zuschläge auf den individuellen Punktzahlengrenzwert bewilligen sowie erforderlichenfalls weitere (Ausnahme-)Regelungen beschließen (§ 7a Abs 7 Buchst d und Abs 8). Die Beklagte hat die Bestimmungen nachträglich durch Neuregelungen in §§ 7a, 7b HVM ergänzt (Beschluss vom 2. Dezember 1999, RhÄrzteBl 1/2000 S 59, 68 f, 73 mit Inkrafttreten teils zum 1. Juli 1999, im Übrigen zum 1. Januar 2000).
Die Honoraranforderungen der Kläger für die Quartale III und IV/1999 betrugen 1.051.265,4 und 1.144.046,8 Punkte, von denen die Beklagte im Rahmen des Individualbudgets die Honorierung auf der Basis von 788.735,7 und 858.725,8 Punkten vornahm. Für die Berechnung des zulässigen Punktzahlvolumens der Kläger legte sie das von ihnen in den Quartalen III/1997 bis II/1998 erzielte Honorar in Höhe von 454.343,05 DM zu Grunde und zog hiervon bestimmte, nicht einzubeziehende Leistungen ab. Damit verblieb für die vier Quartale ein Betrag von 330.609,04 DM, der in den vom Individualbudget erfassten Leistungsbereich fiel. Dies ergab für ein Quartal - nach Abzug von 3 % und multipliziert mit dem Faktor 10 (zur Umrechnung des DM-Betrags auf eine am Wert von 10 Pf orientierte Punktzahl) - das maßgebliche Punktzahlvolumen von 801.726,8 Punkten. Es wurde mit der zulässigen Steigerungsrate von 3 % im Vergleich mit dem Vorjahresquartal auf 829.911,8 (Quartal III/1999) und auf 832.506,1 Punkte (IV/1999) erhöht und in Anwendung der Quoten von 95,0385 % und 103,1495 % verringert bzw erhöht, die sich - unter Berücksichtigung des Ziels einer Honorierung mit einem Punktwert von 10 Pf - aus dem Verhältnis des im Honorartopf zur Verfügung stehenden Vergütungsvolumens und der Gesamtpunktzahlanforderung der Fachgruppe ergaben. Das so auf 788.735,7 Punkte verminderte bzw auf 858.725,8 Punkte erhöhte Punktzahlvolumen war Grundlage der Honorarabrechnung in dem vom Individualbudget erfassten Leistungsbereich. Da der individuelle Punktzahlengrenzwert der Kläger mit 829.911,8 (Quartal III/1999) und 832.506,1 Punkten (IV/1999) niedriger als der Punktzahlengrenzwert der Fachgruppe lag (612.066 Punkte bei der Fachgruppe der Allgemein- und praktischen Ärzte bzw für Gemeinschaftspraxen aus zwei Ärzten 1.224.132 Punkte), folgte hieraus keine zusätzliche Begrenzung.
Die aufgezeigten Begrenzungen der Honorarverteilung, die der HVM durch die Einführung individueller Leistungsbudgets für den einzelnen Vertragsarzt getroffen hat, sind von Ansatz und wesentlicher Ausgestaltung her mit den von der Rechtsprechung des erkennenden Senats entwickelten Grundsätzen vereinbar. In dieser sind zunächst am Fachgruppendurchschnitt ausgerichtete Grenzen gebilligt worden (BSG, Urteil vom 3. Dezember 1997, BSGE 81, 213, 220 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 155 ff; ebenso Urteil vom 21. Oktober 1998 - B 6 KA 60/97 R = USK 98 181 S 1090 ff). In weiteren Entscheidungen hat er auch solche Honorarkontingente für grundsätzlich rechtmäßig erklärt, die sich für den einzelnen Vertrags(zahn)arzt nach den Abrechnungsergebnissen in vergangenen Zeiträumen bemessen (BSG, Urteile vom 21. Oktober 1998 - B 6 KA 71/97 R = BSGE 83, 52, 54 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 203 ff; B 6 KA 65/97 R = SozR aaO Nr 27; B 6 KA 67/97 R = USK 98 178; B 6 KA 68/97 R = SGb 1999, 524, 526 ff; B 6 KA 35/98 R = MedR 1999, 472, 474 ff; ebenso Urteil vom 28. April 1999, USK 99 119 S 688 ff). Dem liegt die berechtigte Annahme zu Grunde, dass der in der Vergangenheit erreichte Praxisumsatz bei typisierender Betrachtung ein maßgebendes Indiz für den Umfang ist, auf den der Vertragsarzt seine vertragsärztliche Tätigkeit ausgerichtet hat. Die sachliche Rechtfertigung für solche Honorarkontingente ergibt sich aus dem Ziel, die Anreize zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, dadurch die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und damit die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern sowie die Versorgungsqualität zu steigern (s vorgenannte Urteile, zB BSGE 83, 52, 56 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 205 f).
Entsprechendes gilt für die Einführung der individuellen Leistungsbudgets durch die Beklagte. Mit diesen Regelungen will die Beklagte durch eine Begrenzung der zu vergütenden Punktmenge bei bestimmten Leistungen eine Stabilisierung des Punktwertes für den einzelnen Arzt erreichen. Dieser soll in dem vom Budget erfassten Bereich 10 Pf betragen (§ 7 Abs 2 HVM). Damit hat der einzelne Arzt für die Leistungsmenge in Höhe seines individuellen Budgets Kalkulationssicherheit in dem Sinne, dass er bei ungefähr gleich bleibenden Behandlungsfällen und -voraussetzungen schon zu Beginn eines Quartals die Höhe des insoweit zu erwartenden Honorars sicherer abschätzen kann. Ausweitungen der Leistungsmenge durch andere Ärzte wirken sich in dem durch das individuelle Budget gesicherten Bereich nicht aus. Bei der von der Beklagten angestrebten Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes und der damit verbundenen Schaffung einer gewissen finanziellen Kalkulationssicherheit handelt es sich um ein im Rahmen des § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit billigenswertes Ziel (st Rspr, zB BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 44 S 362).
Die Einwände, die gegen die Einführung sog individueller Leistungsbudgets und ihrer im HVM der Beklagten vorgenommenen Ausgestaltung erhoben worden sind, greifen ganz überwiegend nicht durch. So ist nicht zu beanstanden, dass durch § 7 Abs 1 Satz 3 iVm § 6 Abs 3 HVM zahlreiche Leistungsbereiche nicht von den Individualbudgets erfasst werden, diese sich vielmehr auf Teilbereiche beschränken, die das Berufungsgericht auf durchschnittlich ca 60 % geschätzt hat. Es besteht keine Verpflichtung der KÄVen, bei Einführung individueller Leistungsbudgets diese auf alle Leistungsbereiche zu erstrecken. Demgemäss hat die Rechtsprechung des BSG Individualbudgets, die auf Teile der vertrags(zahn)ärztlichen Tätigkeit begrenzt waren, als rechtmäßig beurteilt (s die zitierten Urteile vom 21. Oktober 1998 und vom 28. April 1999 mit Regelungen nur für die konservierend-chirurgischen Leistungen oder nur für diese zuzüglich der Parodontose- und Kieferbruchbehandlungen). Auch das Fehlen einer sog Restvergütungsregelung führt nicht zur Rechtswidrigkeit der HVM-Bestimmungen (s den Fall BSGE 81, 213 = SozR aaO Nr 23).
Rechtlich unbedenklich ist gleichfalls die Kombination von Individualbudgets und floatendem Element, die hier durch die in § 7 Abs 2 Satz 3 und 4 HVM geregelte Quotierung des für den einzelnen Arzt zulässigen Punktzahlvolumens entsprechend dem im jeweiligen Honorartopf zur Verfügung stehenden Honorarvolumen zur Gewährung eines Punktwerts von 10 Pf vorgenommen worden ist (vgl dazu BSGE 81, 213 = SozR aaO Nr 23 mit erst nachträglicher Festlegung des Abrechnungswerts auf 97 Punkte; ebenso BSGE 83, 52, 54 = SozR aaO Nr 28 S 203; s auch BSG SozR aaO Nr 27 S 194 f zur Kombination des Individualbudgets mit einer flexiblen Restleistungsvergütung, die aber auch entfallen kann, aaO S 195). Der Einwand, die Quotierung bewirke eine ungerechtfertigte Reduzierung der zu vergütenden Punkte, trifft nicht zu. Durch die Quotierung wird lediglich nominell die Punktzahl verringert, damit für die so verminderte Punktzahl dann ein Punktwert von 10 Pf gewährt werden kann. Für das sich letztlich ergebende Honorarvolumen bleibt es gleich, ob einer größeren Punktzahl ein entsprechend verminderter Punktwert oder - nach einer "Quotierung" - einer geringeren Punktzahl ein entsprechend erhöhter Punktwert zugeordnet wird. Dagegen kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, letztlich bleibe ein Teil der durch ärztliche Tätigkeit erarbeiteten Punkte unvergütet. Die Einführung von Honorarobergrenzen bedeutet nicht, dass für einzelne Leistungen oder Teile von ihnen keine Vergütung gewährt werde; vielmehr wird lediglich das Ausmaß der Vergütungen insgesamt der Höhe nach begrenzt, sodass das auf die einzelne Leistung entfallende Honorar entsprechend der größeren Anzahl erbrachter Leistungen sinkt (s BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 411 mwN). Daran ändert die Terminologie des § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 2 Satz 2 HVM (" ... werden nicht vergütet") nichts.
Die Bemessung der Individualbudgets muss nicht an Punktmengen, sondern kann - wie hier gemäß § 7 Abs 6 HVM - an Honorarumsätze anknüpfen, die in DM bemessen sind (vgl zB BSGE 83, 52, 54 f, 57 = SozR aaO Nr 28 S 203, 206). Dabei können auch Honorarvolumina aus zurückliegenden (Bemessungs-)Zeiträumen zu Grunde gelegt werden (ebenso bei Honorartöpfen: BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 409 oben; - und bei einem gesetzlichen Ausgabenvolumen: BSGE 90, 111, 117 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 49 S 421). Gleichfalls unbedenklich ist die weitere Begrenzung gemäß § 7 Abs 1 Satz 4 HVM, wonach die zu vergütende Punktmenge um eine 3 %ige Zurückstellung gemindert wird. Diese ist, wie in dieser Rechtsnorm ausdrücklich angeführt ist, für die Finanzierung neuer Praxen und des bestimmten Praxen erlaubten Zuwachses erforderlich. Dementsprechend hat der Senat auch bisher solche Reduzierungen nicht beanstandet (vgl BSGE 83, 52, 55 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 204 f zu einer Minderung um 8 bzw 10 %; ebenso BSG USK 98 178 S 1065 f, 1068 und BSG SGb 1999, 524, 525 ff; - weitergehend BSG MedR 1999, 472, 474 zu einer Reduzierung um bis zu 15 %). Der Rechtmäßigkeit der hier zu beurteilenden Regelung steht weiterhin nicht entgegen, dass sie keine Übertragung "nicht verbrauchter" Punkte auf andere Quartale zulässt. Weder aus der bisherigen Rechtsprechung noch sonst ergeben sich rechtliche Ansatzpunkte dafür, dass bei Individualbudgets eine solche Möglichkeit bestehen müsste.
Nach den Regelungen des § 7a HVM können Sondersituationen durch Ausnahmeentscheidungen berücksichtigt werden (vgl dazu zB BSGE 83, 52, 61 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 210). Danach ist es ua möglich, bei Aufbaupraxen als Bemessungsgrundlage die Umsätze vier anderer Quartale zu Grunde zu legen (Abs 6), aus Gründen einer atypisch veränderten Versorgungslage Zuschläge zum individuellen Punktzahlengrenzwert zu bewilligen (Abs 7 Buchst d) oder weitere (Ausnahme-)Regelungen zu beschließen (Abs 8).
Rechtlich unbedenklich ist die nachträgliche, teils rückwirkende Inkraftsetzung ergänzender Bestimmungen in §§ 7a, 7b HVM (idF vom 2. Dezember 1999, RhÄrzteBl 1/2000 S 59, 68 f), nachdem die "Grundregelung" des § 7 HVM bereits im Juni 1999 verkündet worden war (allgemein zur grundsätzlichen Unschädlichkeit erst späterer rückwirkender Inkraftsetzungen und Festlegungen: BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 239 f; - Ausnahmen gelten nur in Sonderfällen, vgl dazu BSG, Urteil vom 24. September 2003 - B 6 KA 41/02 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).
Zwischenzeitliche Änderungen des SGB V haben der in der Rechtsprechung des BSG anerkannten Berechtigung der KÄVen, Regelungen über Individualbudgets zu treffen, nicht die Grundlage entzogen. So enthalten die Bestimmungen, die die Schaffung von Regelleistungsvolumina ermöglichen (§ 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V idF des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes (GKV-SolG) vom 19. Dezember 1998, BGBl I 3853), keine abschließenden Gestaltungsvorgaben, wie schon die einleitende Formulierung "Insbesondere" ergibt. Die 1996/97 durch den EBM-Ä eingeführten Teil- bzw Praxisbudgets stehen der Schaffung von Individualbudgets schon deshalb nicht entgegen, weil sie die Gestaltungsfreiheit der KÄVen im Rahmen ihres Honorarverteilungsmaßstabes grundsätzlich nicht beseitigen (s hierzu BSGE 86, 16, 26 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 125 f; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 410 f). Auch das Auslaufen der für die Jahre 1993 bis 1998 bestehenden Obergrenzen für Erhöhungen der Gesamtvergütungen (vgl § 85 Abs 3 bis 3c SGB V und weitere Regelungen, s dazu BSGE 86, 126, 140 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 301) hat keine grundlegenden Änderungen bewirkt. Nach wie vor bestehen Begrenzungen - jedenfalls in Gestalt des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (s im Einzelnen BSG aaO; - für 1999 s auch Art 14 GKV-SolG) -, die einen sachlichen Grund darstellen können, diese auf die verschiedenen Arztgruppen bzw Leistungsbereiche "herunterzubrechen" und den einzelnen Vertragsärzten in Form von Honorarobergrenzen oder Individualbudgets weiterzugeben (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 409).
Rechtswidrig sind die hier zu beurteilenden HVM-Regelungen aber insoweit, als sie nicht in ausreichendem Maße Rücksicht auf unterdurchschnittlich abrechnende Praxen nehmen. Die Zuwachsmarge von 3 % genügt nicht den rechtlichen Anforderungen.
In der Rechtsprechung ist wiederholt klargestellt worden, dass umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen - typischerweise insbesondere neu gegründete Praxen - die Möglichkeit haben müssen, durch Erhöhung der Zahl der von ihnen behandelten Patienten den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen (vgl zB BSGE 83, 52, 55, 58 f = SozR aaO Nr 28 S 203, 207 ff). Dem Vertragsarzt muss die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern (vgl BSG aaO S 56 f bzw S 205). Das gilt für die damit verbundenen Umsatzsteigerungen jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe.
Dabei muss der HVM es dem einzelnen Vertragsarzt mit unterdurchschnittlichem Umsatz nicht nur überhaupt, sondern auch in effektiver Weise ermöglichen, den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Das bedeutet nicht, dass Praxen mit unterdurchschnittlichem Umsatz von jeder Begrenzung des Honorarwachstums verschont werden müssten. Im Hinblick auf die mit der Einführung individueller Leistungsbudgets verfolgten Ziele der Punktwertstabilisierung und der Gewährleistung von Kalkulationssicherheit ist es auch solchen Praxen zumutbar, dass ihr pro Jahr zulässiges Honorarwachstum beschränkt wird, sofern diese Begrenzung nicht zu eng ist. Daher sind Wachstumsraten in einer Größenordnung zuzulassen, die es noch gestattet, den durchschnittlichen Umsatz in absehbarer Zeit zu erreichen. Absehbar in diesem Sinne ist ein Zeitraum von fünf Jahren. Dabei können für die Vertragsärzte unterschiedliche Steigerungssätze je nach dem, wie weit ihr Umsatz noch von dem Fachgruppendurchschnitt entfernt ist, festgelegt werden. Werden im HVM prozentuale Steigerungssätze bestimmt, sollten diese nicht auf das bisherige Abrechnungsvolumen des Arztes, sondern auf einen generellen Wert wie zB den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe bezogen werden, um ungleiche Zuwachsmöglichkeiten auszuschließen.
Die Steigerungsmöglichkeit, die bei der vorliegenden Ausgestaltung des HVM Praxen mit unterdurchschnittlichem Umsatz einzuräumen ist, kann allerdings in der Weise begrenzt werden, dass sie ihren Umsatz nur bis zum Fachgruppendurchschnitt steigern dürfen. Weder aus § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V noch aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit lässt sich ableiten, dass es beim Eingreifen von Honorarbegrenzungsmaßnahmen gestattet sein muss, in Honorarumsätze oberhalb des Fachgruppendurchschnitts hineinzuwachsen. Würden unterdurchschnittlich abrechnende Praxen ihren Umsatz nämlich über den Fachgruppendurchschnitt hinaus steigern können und täten einige von ihnen dies auch - und könnten bereits überdurchschnittlich abrechnende ihren Umsatz noch weiter erhöhen -, so ergäbe dies Punktwertminderungen für alle Vertragsärzte. Das Erreichen des mit den Individualbudgets verfolgten Zieles, die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern, wäre damit gefährdet (s oben zitierte Urteile vom 21. Oktober 1998, zB BSGE 83, 52, 56 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 205 f). Aus diesem Grund kann ein HVM, in dem Honorarbegrenzungen durch individuelle Leistungsbudgets eingeführt werden, bei Praxen mit überdurchschnittlichem Umsatz auch eine weitere Steigerung des Honorarumsatzes ausschließen (vgl dazu Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 6 KA 76/02 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 bestimmt).
Die hier zu beurteilende Zuwachsregelung entspricht den rechtlichen Anforderungen nur teilweise. Rechtswidrig ist die Vorschrift des § 7 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 1 HVM insoweit, als der Zuwachs, berechnet nach dem eigenen Umsatz im Vorjahresquartal, auf höchstens 3 % beschränkt ist. Hierdurch ist es nicht allen unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen möglich, den durchschnittlichen Umsatz ihrer Fachgruppe in absehbarer Zeit, dh binnen ca fünf Jahren, zu erreichen. Die Begrenzung auf jährlich 3 % bedeutet - nach den Berechnungen im Berufungsurteil, die Fehler nicht erkennen lassen und nicht einmal die Punktzahlminderung um 3 % gemäß § 7 Abs 1 Satz 4 HVM einberechnen -, dass zB bei einer Praxis mit 50 % des Punktzahlengrenzwertes der Fachgruppe der Durchschnittsumsatz der Fachgruppe erst nach mehr als 24 Jahren erreicht werden kann. Bei einer Praxis mit 75 % des Punktzahlengrenzwertes der Fachgruppe sind dafür immer noch mehr als 10 Jahre erforderlich. Der danach gebotenen Zulassung größerer Steigerungsmöglichkeiten kann nicht entgegengehalten werden, dass dies nicht finanzierbar sei. Ausgehend von den Berechnungen im Berufungsurteil, wonach zB für eine Verdreifachung der Wachstumsmargen die Punktzahlminderung gemäß § 7 Abs 1 Satz 4 HVM lediglich verdoppelt werden müsste, bedeutet die Steigerung der Zuwachsmöglichkeiten für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen keine unzumutbare Belastung der übrigen Praxen. Erfolglos ist auch der Einwand, die Begrenzung des Wachstums auf 3 % stelle eine zulässige Pauschalierung dar, denn erfahrungsgemäß gebe es kaum je ein schnelleres Wachstum. Dies trifft so nicht zu. Nach den Feststellungen des LSG sind mehr als 25 % aller Praxen und sogar mehr als 80 % der unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen von der Begrenzung auf 3 % negativ betroffen.
Die Regelungen über die Individualbudgets sind des Weiteren insofern rechtswidrig, als sie die Zuwachsmöglichkeiten von Praxen nach der Aufbauphase betreffen, wie im Urteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 54/02 R im Einzelnen dargelegt ist (zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Dies wirkt sich jedoch auf die Kläger des hier zu entscheidenden Verfahrens nicht aus, weil bei ihnen die Aufbauphase schon vor dem Beginn des Bemessungszeitraums (Quartal III/1997) abgeschlossen war. Daher bedarf es hier dazu keiner näheren Ausführungen.
Soweit die Regelungen über die Individualbudgets den Anforderungen des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht genügen, müssen sie neu gefasst werden. Bis dies geschehen ist, sind sie im Umfang der Unvereinbarkeit mit dem höherrangigen Recht nicht anwendbar (vgl BSGE 83, 218, 223, 224 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 112, 113 mit BVerfG-Angaben; s auch BVerfGE 107, 27, 58). Bei der erforderlichen Neuregelung muss der Normgeber die Rechtswidrigkeit nicht nur für die Zukunft beseitigen, sondern auch für die Vergangenheit, insoweit unter Beachtung des Verbots rückwirkender Schlechterstellung. Bei der Neuregelung für die Vergangenheit kann er deren Anwendung auf die noch nicht bestandskräftig entschiedenen Fälle beschränken (BSG aaO S 223 f bzw S 113 mwN; BVerfG aaO). Die Neuregelung muss bis zum Ende des Jahres 2004 erfolgen (zur Rechtsfolge bei Fristüberschreitungen s BSG aaO S 224 bzw S 113 f mwN).
Der nach der Neuregelung zu erlassende neue Honorarbescheid für die Quartale III und IV/1999 kann einen Zuschlag zum individuellen Punktzahlengrenzwert gemäß der Ausnahmeregelung des § 7a Abs 7 Buchst d HVM, wie ihn die Kläger im vorinstanzlichen Verfahren gefordert haben, nicht berücksichtigen. Insbesondere hat das Berufungsgericht keine atypisch veränderte Versorgungslage im Umfeld ihrer Praxis feststellen können (vgl dazu zB BSGE 83, 52, 61 = SozR aaO Nr 28 S 210 zu Änderungen der Versorgungsstruktur bzw der Behandlungsausrichtung gegenüber dem Bemessungszeitraum). Die von den Klägern geltend gemachte Schließung einer anderen Praxis erfolgte bereits 1996. Andere Umstände, die eine solche Ausnahme rechtfertigen könnten, liegen ebenfalls nicht vor, wie die Feststellungen des Berufungsurteils ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff). Der Senat erachtet es als angemessen, dass Kosten gegenseitig nicht zu erstatten sind, denn die Revisionen sowohl der Kläger als auch der Beklagten sind ohne Erfolg geblieben.
Gründe:
I
Streitig ist die Begrenzung vertragsärztlicher Honoraransprüche durch Regelungen über sog Individualbudgets.
Die Kläger sind seit 1991 als Ärzte für Allgemeinmedizin - Psychotherapie - im Bereich der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) in Gemeinschaftspraxis niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Die Beklagte begrenzte die Honoraranforderungen der Kläger für die Quartale III und IV/1999 in Anwendung von Regelungen, die sie mit Wirkung ab dem 1. Juli 1999 in ihren Honorarverteilungsmaßstab (HVM) aufgenommen hatte. In §§ 7, 7a HVM war bestimmt, dass für jede vertragsärztliche Praxis ein quartalsbezogenes individuelles Leistungsbudget in Form eines Punktzahlvolumens festgelegt wird, bis zu dem dem Vertragsarzt grundsätzlich eine Vergütung mit einem festen Punktwert von 10 Pf gesichert werden sollte. Das Punktzahlvolumen wurde - mit verschiedenen Einzelregelungen - auf der Basis der Honorarumsätze der Quartale III/1997 bis II/1998 errechnet und so begrenzt, dass ein Punktwert von 10 Pf gewährt werden konnte. Für die Kläger, die in ihren Honoraranforderungen 1.051.265,4 Punkte (Quartal III/1999) und 1.144.046,8 Punkte (IV/1999) geltend gemacht hatten, ergaben sich im Rahmen des Individualbudgets zu vergütende Punktzahlvolumina von 788.735,7 bzw 858.725,8 Punkten.
Gegen die Honorarbescheide für die Quartale III und IV/1999 haben die Kläger nach erfolglosem Widerspruch Klage erhoben, der das Sozialgericht (SG) im Sinne einer Neubescheidungsverpflichtung - unter Aufhebung der Honorarkürzungen - stattgegeben hat (Urteil vom 10. Oktober 2001). Die HVM-Regelungen stünden zwar im Grundsatz im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Jedoch sei die Wachstumsmöglichkeit für Praxen mit unterdurchschnittlicher Fallzahl, die - wie die der Kläger - bereits mehr als fünf Jahre bestünden, zu eng begrenzt.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten im Wesentlichen zurückgewiesen (Urteil vom 20. November 2002). Im Berufungsurteil ist ausgeführt, das System einer Bindung des Vertragsarztes an einen in der Vergangenheit erzielten eigenen Honorarumsatz sei grundsätzlich rechtmäßig. Nicht zu beanstanden sei, dass den Berechnungen der Individualbudgets das in den Quartalen III/1997 bis II/1998 erzielte Honorar und nicht die angeforderte oder zugestandene Punktmenge zu Grunde liege, ebenso, dass die Honoraranteile für die in § 7 Abs 1 Satz 3 iVm § 6 Abs 3 HVM aufgeführten Leistungen unberücksichtigt blieben. Gleichfalls unbedenklich sei die Rückstellung von 3 % gemäß § 7 Abs 1 Satz 4 HVM, ebenso die Regelung des § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 2 Satz 2 HVM über die "Nichtvergütung" von Punkten oberhalb der Punktzahlengrenzwerte, denn in Wahrheit sinke lediglich entsprechend der Überschreitung des Grenzwertes die Vergütung für jede einzelne erbrachte Leistung. Überdies sei nicht das gesamte vertragsärztliche Honorar budgetiert; nicht einbezogen seien Honoraranteile von ca 40 %. Unschädlich sei, dass der genaue Punktzahlengrenzwert jeweils erst nach Ablauf des Quartals mitgeteilt werde und dass gemäß § 7 Abs 2 Satz 3 und 4 HVM als Variable die Fachgruppenquote eingeschaltet sei. Hiervon abgesehen habe der Normsetzer einen Anfangs- und Erprobungsspielraum gehabt, der ihm Erfahrungen vermittelt habe, die er zum Anlass für diverse Anpassungen binnen eines Jahres genommen habe. Unbedenklich sei auch die Differenzierung, den unterdurchschnittlich abrechnenden, bereits etablierten Praxen nur ein Wachstum um jährlich 3 %, den neu geschaffenen (bis zu fünf Jahre bestehenden) dagegen ein unbegrenztes Wachstum bis zum Fachgruppendurchschnitt zuzubilligen (§ 7 Abs 3 Satz 2 und Abs 8 HVM). Dies sei durch Besonderheiten in der Phase des Aufbaus einer Praxis gerechtfertigt. Zu Recht sei auch eine Ausnahme gemäß § 7a Abs 7 Buchst d HVM versagt worden. Rechtswidrig sei indessen die Begrenzung des Wachstums auf 3 % gemäß § 7 Abs 3 Satz 2 HVM. Dadurch dauere das Erreichen des Durchschnittsumsatzes der Fachgruppe unangemessen lange, zB bei einer Praxis mit nur 50 % des Punktzahlengrenzwertes der Fachgruppe 24 Jahre, bei einer mit 75 % noch 10 Jahre, wobei jeweils die Punktzahlminderung um 3 % gemäß § 7 Abs 1 Satz 4 HVM nicht mitberücksichtigt worden sei. Zu beanstanden sei zudem, dass die Wachstumsbegrenzung auf 3 % für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen nicht danach differenziere, ob diese Steigerungen der Leistungsmenge aufzuweisen hätten, und auch nicht danach, ob sie ihr Leistungsvolumen durch Fallzahlerhöhungen oder durch Ausweitung des Behandlungsvolumens je Einzelfall steigerten. Rechtswidrig sei ferner, dass bei Vertragsärzten, bei denen bei Inkrafttreten der Regelung am 1. Juli 1999 die fünfjährige Aufbauphase erst seit Kurzem beendet gewesen sei, der Bemessungszeitraum (Quartale III/1997 bis II/1998) in diese Phase falle und ihr Individualbudget dadurch an die in dieser Zeit typischerweise geringeren Umsätze anknüpfe. Die Berufung der Beklagten sei lediglich insoweit begründet, als die Honorarkürzungen entgegen dem Tenor des SG-Urteils nicht ersatzlos wegfallen dürften, sondern im Rahmen der Neubescheidung neu festzulegen seien.
Sowohl die Kläger als auch die Beklagte haben Revision eingelegt.
Die Kläger machen geltend, das LSG habe ihnen zwar - zu Recht - eine höhere Steigerungsmöglichkeit als 3 % zugestanden, aber - ebenso wie schon das SG - die Rechtmäßigkeit der Individualbudgets incidenter bestätigt. Diese seien ungeeignet, feste Punktwerte zu ermöglichen, jedenfalls in der vorliegenden Ausgestaltung mit der floatenden Quotierung der Gesamtvergütungen für jede Fachgruppe. Dies könne nicht durch das damit verfolgte Ziel der Gewährung eines Punktwertes von 10 Pf gerechtfertigt werden. Zusammen mit den damals noch geltenden Praxisbudgets des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) liege eine doppelte und damit unverhältnismäßige Belastung vor. Eine übermäßige Belastung ergebe sich auch aus der erheblichen Verringerung der vergüteten Punktzahlen im Vergleich mit dem vorher in Kraft gewesenen HVM. Ferner fehle eine Möglichkeit, "nicht verbrauchte" Punkte auf andere Behandlungsfälle und/oder in andere Quartale zu übertragen sowie das ungefähre Ausmaß der Begrenzungen schon während der Leistungserbringung im Quartal vorauszusehen.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2002 zu ändern und die Beklagte unter Änderung ihrer Bescheide vom 14. Januar und 13. April 2000 - in Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2001 - und ihres Bescheides vom 27. Januar 2000 - in Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 25. September 2001 - zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neue Honorarbescheide für die Quartale III und IV/1999 zu erlassen, sowie die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2002 und des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10. Oktober 2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie
die Revision der Kläger zurückzuweisen.
Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, ihr HVM sei entgegen der Auffassung des LSG mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vereinbar. Sie weist unter anderem darauf hin, dass sie die Zuwachsregelung für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen mit Wirkung ab dem 1. Januar 2003 verbessert habe, indem sie ihrem HVM eine neue Regelung in § 13 HVM eingefügt habe, wodurch der 3 %ige Zuwachs statt auf das Leistungsvolumen im Bemessungszeitraum auf das gegenwärtige Leistungsvolumen bezogen werde, wenn eine Volumenssteigerung im Vergleich zum Bemessungszeitraum bzw beim Übergang von einer so genannten Jung- zur Altpraxis gegeben sei. Der zugestandene Zuwachs von 3 % reiche ansonsten aber aus. Diese Begrenzung betreffe nur einen Honoraranteil von ca 60 %, weil große Bereiche durch die Regelungen in § 7 Abs 1 Satz 3 und § 7a Abs 2 HVM nicht erfasst seien. Der Wert von 3 % basiere auf Erfahrungen im KÄV-Bezirk, in dem die Steigerungen der Leistungsmengen bei ca 2,1 % lägen. Die Zuwachsrate von 3 % gelte ferner nur für ein Jahr, in jedem folgenden kämen wieder je 3 % hinzu.
II
Die Revisionen der Kläger und der Beklagten haben keinen Erfolg.
Die Revision der Kläger ist unzulässig. Ihr Begehren, dass die HVM-Regelungen über das Individualbudget insgesamt für rechtswidrig erklärt werden mögen, ist vom SG bereits rechtskräftig zurückgewiesen worden (vgl § 141 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Gegen das SG-Urteil legten die Kläger kein Rechtsmittel ein, vielmehr beschränkten sie sich im Berufungsverfahren darauf, die Zurückweisung der Berufung der Beklagten zu beantragen. Nur im Umfang der Berufung der Beklagten, die sich gegen die vom SG erhobene Beanstandung der Zuwachsmöglichkeit als zu eng gewandt hat, ist das SG-Urteil noch nicht rechtskräftig geworden und nach der Berufungszurückweisung noch mit der Revision - durch die Beklagte - anfechtbar.
Die Revision der Beklagten ist zwar zulässig, aber unbegründet. Das LSG hat die Regelungen ihres HVM, die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde liegen, zu Recht als teilweise rechtswidrig beanstandet.
Rechtsgrundlage für Regelungen über Honorarbegrenzungen durch sog individuelle Leistungsbudgets ist § 85 Abs 4 Satz 1 bis 3 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) (in der bis zum 31. Dezember 1999 geltenden Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20. Dezember 1988, BGBl I S 2477, geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1999, BGBl I S 2626). Danach haben die KÄVen die Gesamtvergütung nach Maßgabe des HVM an die Vertragsärzte zu verteilen; bei der Verteilung sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen. Bei der Ausgestaltung des HVM haben die KÄVen einen Gestaltungsspielraum, weil die Honorarverteilung eine in der Rechtsform einer Satzung ergehende Maßnahme der Selbstverwaltung ist (BSGE 89, 173, 175 = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 370; BSG SozR aaO Nr 44 S 360). Der HVM muss mit der Ermächtigungsgrundlage in Einklang stehen und insbesondere das in § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V angesprochene Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars (vgl BVerfGE 33, 171, 184 = SozR Nr 12 zu Art 12 GG S Ab 15 R; BSGE 81, 213, 217 = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 152) sowie den aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) herzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit beachten (hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 11. September 2002 - B 6 KA 30/01 R = SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 408). Honorarbegrenzungsregelungen können den sich daraus ergebenden Maßstäben widersprechen, weil Honorarkürzungen bei Überschreitung sog individueller Leistungsbudgets zur Folge haben, dass sich das Honorar vermindert, obwohl auch die Leistungen, die nicht in die Vergütung mit einbezogen sind, der Leistungsbeschreibung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM-Ä) entsprechend erbracht worden sind. Bei dem Gebot der leistungsproportionalen Verteilung des Honorars handelt es sich jedoch nur um einen Grundsatz. Von diesem darf abgewichen werden, wenn die KÄV damit andere billigenswerte Zwecke verfolgt (BSGE 89, 173, 175 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 45 S 370 f; BSG SozR aaO Nr 44 S 360; Nr 48 S 408). Solche anerkennenswerten Zielsetzungen können in einer Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes durch die Begrenzung des Anstiegs der zu vergütenden Leistungsmenge liegen, weil auf diese Weise den Vertragsärzten für einen bestimmten Anteil des vertragsärztlichen Honorars eine gewisse Kalkulationssicherheit gewährleistet wird.
Die HVM-Regelungen der Beklagten, auf denen die angefochtenen Honorarbescheide beruhen, stehen mit den sich aus § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ergebenden Anforderungen nicht in vollem Umfang in Einklang und sind insoweit rechtswidrig.
§ 7 HVM in der zum 1. Juli 1999 beschlossenen Fassung (Rheinisches Ärzteblatt (RhÄrzteBl) 9/1999 S 59 ff) sieht für jede Praxis ein individuelles Leistungsbudget in Form eines Punktzahlengrenzwertes für das Gros der von ihr erbrachten Leistungen vor (Abs 1 Satz 1). Davon ausgenommen sind Notfall-, Präventions-, Impf-, Methadon- und psychotherapeutische Leistungen, die hausärztliche Grundvergütung, die übrigen Vorwegzahlungen nach § 6 Abs 3 - wie zB Fremdkassenausgleich, Dialyse-Kostenerstattungen - sowie bestimmte Labor-Kostenanteile (Abs 1 Satz 3). Der Punktzahlengrenzwert wird aus den - um die vorgenannten Leistungen bereinigten - Honorarumsätzen der Quartale III/1997 bis II/1998 errechnet (Abs 6 mit Detailregelungen in § 7a Abs 2), wovon 3 % abgezogen werden (§ 7 Abs 1 Satz 4 - für die Finanzierung neuer Praxen und des bestimmten Praxen erlaubten Zuwachses). Bei Ärzten, deren Niederlassungsdauer am 30. Juni 1999 weniger als 21 Quartale betrug, können auf Antrag die Umsätze vier anderer Quartale zu Grunde gelegt werden (§ 7a Abs 6). Diese DM-Beträge ergeben multipliziert mit 10 (dem Faktor zur Umrechnung der DM-Beträge auf eine am Wert von 10 Pf orientierte Punktzahl) das zulässige Punktzahlvolumen (§ 7 Abs 2 Satz 1). Darüber hinaus abgerechnete Punkte "werden nicht vergütet" (Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 2). Ein Punktzahlzuwachs wird nur Praxen gewährt, die unter dem durchschnittlichen Punktzahlengrenzwert der jeweiligen Fach-/Untergruppe abrechnen (Abs 3 Satz 1 iVm Abs 4 HVM - Tabelle -, hier für Allgemein- und praktische Ärzte 612.066 Punkte bzw für Gemeinschaftspraxen aus zwei Ärzten 1.224.132 Punkte). Der Zuwachs ist auf 3 %, jeweils bezogen auf das Honorarvolumen im Vorjahresquartal bzw seit dem 1. Januar 2000 bezogen auf dasjenige im Bemessungszeitraum, begrenzt (Abs 3 Satz 2 HVM, - Änderung vom 2. Dezember 1999, RhÄrzteBl 1/2000 S 59, 66 f); nur für neu niedergelassene Ärzte ist 20 Quartale lang unbegrenzter Zuwachs möglich (Abs 8). Das hiernach für den einzelnen Arzt bzw die einzelne Praxis zulässige Punktzahlvolumen wird entsprechend dem im jeweiligen Honorartopf zur Verfügung stehenden Honorarvolumen so weit quotiert, dass ein Punktwert von 10 Pf gewährt werden kann (Abs 2 Satz 3 und 4 - Quotierung für die Allgemein- und praktischen Ärzte sowie die Kläger 95,0385 % ( Quartal III/1999 ) bzw 103,1495 % ( IV/1999 )). Der Vorstand der Beklagten kann aber bei besonderen Umständen des Einzelfalls - auf Antrag - Zuschläge auf den individuellen Punktzahlengrenzwert bewilligen sowie erforderlichenfalls weitere (Ausnahme-)Regelungen beschließen (§ 7a Abs 7 Buchst d und Abs 8). Die Beklagte hat die Bestimmungen nachträglich durch Neuregelungen in §§ 7a, 7b HVM ergänzt (Beschluss vom 2. Dezember 1999, RhÄrzteBl 1/2000 S 59, 68 f, 73 mit Inkrafttreten teils zum 1. Juli 1999, im Übrigen zum 1. Januar 2000).
Die Honoraranforderungen der Kläger für die Quartale III und IV/1999 betrugen 1.051.265,4 und 1.144.046,8 Punkte, von denen die Beklagte im Rahmen des Individualbudgets die Honorierung auf der Basis von 788.735,7 und 858.725,8 Punkten vornahm. Für die Berechnung des zulässigen Punktzahlvolumens der Kläger legte sie das von ihnen in den Quartalen III/1997 bis II/1998 erzielte Honorar in Höhe von 454.343,05 DM zu Grunde und zog hiervon bestimmte, nicht einzubeziehende Leistungen ab. Damit verblieb für die vier Quartale ein Betrag von 330.609,04 DM, der in den vom Individualbudget erfassten Leistungsbereich fiel. Dies ergab für ein Quartal - nach Abzug von 3 % und multipliziert mit dem Faktor 10 (zur Umrechnung des DM-Betrags auf eine am Wert von 10 Pf orientierte Punktzahl) - das maßgebliche Punktzahlvolumen von 801.726,8 Punkten. Es wurde mit der zulässigen Steigerungsrate von 3 % im Vergleich mit dem Vorjahresquartal auf 829.911,8 (Quartal III/1999) und auf 832.506,1 Punkte (IV/1999) erhöht und in Anwendung der Quoten von 95,0385 % und 103,1495 % verringert bzw erhöht, die sich - unter Berücksichtigung des Ziels einer Honorierung mit einem Punktwert von 10 Pf - aus dem Verhältnis des im Honorartopf zur Verfügung stehenden Vergütungsvolumens und der Gesamtpunktzahlanforderung der Fachgruppe ergaben. Das so auf 788.735,7 Punkte verminderte bzw auf 858.725,8 Punkte erhöhte Punktzahlvolumen war Grundlage der Honorarabrechnung in dem vom Individualbudget erfassten Leistungsbereich. Da der individuelle Punktzahlengrenzwert der Kläger mit 829.911,8 (Quartal III/1999) und 832.506,1 Punkten (IV/1999) niedriger als der Punktzahlengrenzwert der Fachgruppe lag (612.066 Punkte bei der Fachgruppe der Allgemein- und praktischen Ärzte bzw für Gemeinschaftspraxen aus zwei Ärzten 1.224.132 Punkte), folgte hieraus keine zusätzliche Begrenzung.
Die aufgezeigten Begrenzungen der Honorarverteilung, die der HVM durch die Einführung individueller Leistungsbudgets für den einzelnen Vertragsarzt getroffen hat, sind von Ansatz und wesentlicher Ausgestaltung her mit den von der Rechtsprechung des erkennenden Senats entwickelten Grundsätzen vereinbar. In dieser sind zunächst am Fachgruppendurchschnitt ausgerichtete Grenzen gebilligt worden (BSG, Urteil vom 3. Dezember 1997, BSGE 81, 213, 220 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 23 S 155 ff; ebenso Urteil vom 21. Oktober 1998 - B 6 KA 60/97 R = USK 98 181 S 1090 ff). In weiteren Entscheidungen hat er auch solche Honorarkontingente für grundsätzlich rechtmäßig erklärt, die sich für den einzelnen Vertrags(zahn)arzt nach den Abrechnungsergebnissen in vergangenen Zeiträumen bemessen (BSG, Urteile vom 21. Oktober 1998 - B 6 KA 71/97 R = BSGE 83, 52, 54 ff = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 203 ff; B 6 KA 65/97 R = SozR aaO Nr 27; B 6 KA 67/97 R = USK 98 178; B 6 KA 68/97 R = SGb 1999, 524, 526 ff; B 6 KA 35/98 R = MedR 1999, 472, 474 ff; ebenso Urteil vom 28. April 1999, USK 99 119 S 688 ff). Dem liegt die berechtigte Annahme zu Grunde, dass der in der Vergangenheit erreichte Praxisumsatz bei typisierender Betrachtung ein maßgebendes Indiz für den Umfang ist, auf den der Vertragsarzt seine vertragsärztliche Tätigkeit ausgerichtet hat. Die sachliche Rechtfertigung für solche Honorarkontingente ergibt sich aus dem Ziel, die Anreize zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, dadurch die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und damit die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern sowie die Versorgungsqualität zu steigern (s vorgenannte Urteile, zB BSGE 83, 52, 56 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 205 f).
Entsprechendes gilt für die Einführung der individuellen Leistungsbudgets durch die Beklagte. Mit diesen Regelungen will die Beklagte durch eine Begrenzung der zu vergütenden Punktmenge bei bestimmten Leistungen eine Stabilisierung des Punktwertes für den einzelnen Arzt erreichen. Dieser soll in dem vom Budget erfassten Bereich 10 Pf betragen (§ 7 Abs 2 HVM). Damit hat der einzelne Arzt für die Leistungsmenge in Höhe seines individuellen Budgets Kalkulationssicherheit in dem Sinne, dass er bei ungefähr gleich bleibenden Behandlungsfällen und -voraussetzungen schon zu Beginn eines Quartals die Höhe des insoweit zu erwartenden Honorars sicherer abschätzen kann. Ausweitungen der Leistungsmenge durch andere Ärzte wirken sich in dem durch das individuelle Budget gesicherten Bereich nicht aus. Bei der von der Beklagten angestrebten Stabilisierung des Auszahlungspunktwertes und der damit verbundenen Schaffung einer gewissen finanziellen Kalkulationssicherheit handelt es sich um ein im Rahmen des § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit billigenswertes Ziel (st Rspr, zB BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 44 S 362).
Die Einwände, die gegen die Einführung sog individueller Leistungsbudgets und ihrer im HVM der Beklagten vorgenommenen Ausgestaltung erhoben worden sind, greifen ganz überwiegend nicht durch. So ist nicht zu beanstanden, dass durch § 7 Abs 1 Satz 3 iVm § 6 Abs 3 HVM zahlreiche Leistungsbereiche nicht von den Individualbudgets erfasst werden, diese sich vielmehr auf Teilbereiche beschränken, die das Berufungsgericht auf durchschnittlich ca 60 % geschätzt hat. Es besteht keine Verpflichtung der KÄVen, bei Einführung individueller Leistungsbudgets diese auf alle Leistungsbereiche zu erstrecken. Demgemäss hat die Rechtsprechung des BSG Individualbudgets, die auf Teile der vertrags(zahn)ärztlichen Tätigkeit begrenzt waren, als rechtmäßig beurteilt (s die zitierten Urteile vom 21. Oktober 1998 und vom 28. April 1999 mit Regelungen nur für die konservierend-chirurgischen Leistungen oder nur für diese zuzüglich der Parodontose- und Kieferbruchbehandlungen). Auch das Fehlen einer sog Restvergütungsregelung führt nicht zur Rechtswidrigkeit der HVM-Bestimmungen (s den Fall BSGE 81, 213 = SozR aaO Nr 23).
Rechtlich unbedenklich ist gleichfalls die Kombination von Individualbudgets und floatendem Element, die hier durch die in § 7 Abs 2 Satz 3 und 4 HVM geregelte Quotierung des für den einzelnen Arzt zulässigen Punktzahlvolumens entsprechend dem im jeweiligen Honorartopf zur Verfügung stehenden Honorarvolumen zur Gewährung eines Punktwerts von 10 Pf vorgenommen worden ist (vgl dazu BSGE 81, 213 = SozR aaO Nr 23 mit erst nachträglicher Festlegung des Abrechnungswerts auf 97 Punkte; ebenso BSGE 83, 52, 54 = SozR aaO Nr 28 S 203; s auch BSG SozR aaO Nr 27 S 194 f zur Kombination des Individualbudgets mit einer flexiblen Restleistungsvergütung, die aber auch entfallen kann, aaO S 195). Der Einwand, die Quotierung bewirke eine ungerechtfertigte Reduzierung der zu vergütenden Punkte, trifft nicht zu. Durch die Quotierung wird lediglich nominell die Punktzahl verringert, damit für die so verminderte Punktzahl dann ein Punktwert von 10 Pf gewährt werden kann. Für das sich letztlich ergebende Honorarvolumen bleibt es gleich, ob einer größeren Punktzahl ein entsprechend verminderter Punktwert oder - nach einer "Quotierung" - einer geringeren Punktzahl ein entsprechend erhöhter Punktwert zugeordnet wird. Dagegen kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, letztlich bleibe ein Teil der durch ärztliche Tätigkeit erarbeiteten Punkte unvergütet. Die Einführung von Honorarobergrenzen bedeutet nicht, dass für einzelne Leistungen oder Teile von ihnen keine Vergütung gewährt werde; vielmehr wird lediglich das Ausmaß der Vergütungen insgesamt der Höhe nach begrenzt, sodass das auf die einzelne Leistung entfallende Honorar entsprechend der größeren Anzahl erbrachter Leistungen sinkt (s BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 411 mwN). Daran ändert die Terminologie des § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 2 Satz 2 HVM (" ... werden nicht vergütet") nichts.
Die Bemessung der Individualbudgets muss nicht an Punktmengen, sondern kann - wie hier gemäß § 7 Abs 6 HVM - an Honorarumsätze anknüpfen, die in DM bemessen sind (vgl zB BSGE 83, 52, 54 f, 57 = SozR aaO Nr 28 S 203, 206). Dabei können auch Honorarvolumina aus zurückliegenden (Bemessungs-)Zeiträumen zu Grunde gelegt werden (ebenso bei Honorartöpfen: BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 409 oben; - und bei einem gesetzlichen Ausgabenvolumen: BSGE 90, 111, 117 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 49 S 421). Gleichfalls unbedenklich ist die weitere Begrenzung gemäß § 7 Abs 1 Satz 4 HVM, wonach die zu vergütende Punktmenge um eine 3 %ige Zurückstellung gemindert wird. Diese ist, wie in dieser Rechtsnorm ausdrücklich angeführt ist, für die Finanzierung neuer Praxen und des bestimmten Praxen erlaubten Zuwachses erforderlich. Dementsprechend hat der Senat auch bisher solche Reduzierungen nicht beanstandet (vgl BSGE 83, 52, 55 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 204 f zu einer Minderung um 8 bzw 10 %; ebenso BSG USK 98 178 S 1065 f, 1068 und BSG SGb 1999, 524, 525 ff; - weitergehend BSG MedR 1999, 472, 474 zu einer Reduzierung um bis zu 15 %). Der Rechtmäßigkeit der hier zu beurteilenden Regelung steht weiterhin nicht entgegen, dass sie keine Übertragung "nicht verbrauchter" Punkte auf andere Quartale zulässt. Weder aus der bisherigen Rechtsprechung noch sonst ergeben sich rechtliche Ansatzpunkte dafür, dass bei Individualbudgets eine solche Möglichkeit bestehen müsste.
Nach den Regelungen des § 7a HVM können Sondersituationen durch Ausnahmeentscheidungen berücksichtigt werden (vgl dazu zB BSGE 83, 52, 61 = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 210). Danach ist es ua möglich, bei Aufbaupraxen als Bemessungsgrundlage die Umsätze vier anderer Quartale zu Grunde zu legen (Abs 6), aus Gründen einer atypisch veränderten Versorgungslage Zuschläge zum individuellen Punktzahlengrenzwert zu bewilligen (Abs 7 Buchst d) oder weitere (Ausnahme-)Regelungen zu beschließen (Abs 8).
Rechtlich unbedenklich ist die nachträgliche, teils rückwirkende Inkraftsetzung ergänzender Bestimmungen in §§ 7a, 7b HVM (idF vom 2. Dezember 1999, RhÄrzteBl 1/2000 S 59, 68 f), nachdem die "Grundregelung" des § 7 HVM bereits im Juni 1999 verkündet worden war (allgemein zur grundsätzlichen Unschädlichkeit erst späterer rückwirkender Inkraftsetzungen und Festlegungen: BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 31 S 239 f; - Ausnahmen gelten nur in Sonderfällen, vgl dazu BSG, Urteil vom 24. September 2003 - B 6 KA 41/02 R -, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).
Zwischenzeitliche Änderungen des SGB V haben der in der Rechtsprechung des BSG anerkannten Berechtigung der KÄVen, Regelungen über Individualbudgets zu treffen, nicht die Grundlage entzogen. So enthalten die Bestimmungen, die die Schaffung von Regelleistungsvolumina ermöglichen (§ 85 Abs 4 Satz 6 und 7 SGB V idF des GKV-Solidaritätsstärkungsgesetzes (GKV-SolG) vom 19. Dezember 1998, BGBl I 3853), keine abschließenden Gestaltungsvorgaben, wie schon die einleitende Formulierung "Insbesondere" ergibt. Die 1996/97 durch den EBM-Ä eingeführten Teil- bzw Praxisbudgets stehen der Schaffung von Individualbudgets schon deshalb nicht entgegen, weil sie die Gestaltungsfreiheit der KÄVen im Rahmen ihres Honorarverteilungsmaßstabes grundsätzlich nicht beseitigen (s hierzu BSGE 86, 16, 26 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23 S 125 f; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 410 f). Auch das Auslaufen der für die Jahre 1993 bis 1998 bestehenden Obergrenzen für Erhöhungen der Gesamtvergütungen (vgl § 85 Abs 3 bis 3c SGB V und weitere Regelungen, s dazu BSGE 86, 126, 140 = SozR 3-2500 § 85 Nr 37 S 301) hat keine grundlegenden Änderungen bewirkt. Nach wie vor bestehen Begrenzungen - jedenfalls in Gestalt des Grundsatzes der Beitragssatzstabilität (s im Einzelnen BSG aaO; - für 1999 s auch Art 14 GKV-SolG) -, die einen sachlichen Grund darstellen können, diese auf die verschiedenen Arztgruppen bzw Leistungsbereiche "herunterzubrechen" und den einzelnen Vertragsärzten in Form von Honorarobergrenzen oder Individualbudgets weiterzugeben (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 48 S 409).
Rechtswidrig sind die hier zu beurteilenden HVM-Regelungen aber insoweit, als sie nicht in ausreichendem Maße Rücksicht auf unterdurchschnittlich abrechnende Praxen nehmen. Die Zuwachsmarge von 3 % genügt nicht den rechtlichen Anforderungen.
In der Rechtsprechung ist wiederholt klargestellt worden, dass umsatzmäßig unterdurchschnittlich abrechnende Praxen - typischerweise insbesondere neu gegründete Praxen - die Möglichkeit haben müssen, durch Erhöhung der Zahl der von ihnen behandelten Patienten den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen (vgl zB BSGE 83, 52, 55, 58 f = SozR aaO Nr 28 S 203, 207 ff). Dem Vertragsarzt muss die Chance bleiben, durch Qualität und Attraktivität seiner Behandlung oder auch durch eine bessere Organisation seiner Praxis neue Patienten für sich zu gewinnen und so legitimerweise seine Position im Wettbewerb mit den Berufskollegen zu verbessern (vgl BSG aaO S 56 f bzw S 205). Das gilt für die damit verbundenen Umsatzsteigerungen jedenfalls bis zum Durchschnittsumsatz der Fachgruppe.
Dabei muss der HVM es dem einzelnen Vertragsarzt mit unterdurchschnittlichem Umsatz nicht nur überhaupt, sondern auch in effektiver Weise ermöglichen, den durchschnittlichen Umsatz der Arztgruppe zu erreichen. Das bedeutet nicht, dass Praxen mit unterdurchschnittlichem Umsatz von jeder Begrenzung des Honorarwachstums verschont werden müssten. Im Hinblick auf die mit der Einführung individueller Leistungsbudgets verfolgten Ziele der Punktwertstabilisierung und der Gewährleistung von Kalkulationssicherheit ist es auch solchen Praxen zumutbar, dass ihr pro Jahr zulässiges Honorarwachstum beschränkt wird, sofern diese Begrenzung nicht zu eng ist. Daher sind Wachstumsraten in einer Größenordnung zuzulassen, die es noch gestattet, den durchschnittlichen Umsatz in absehbarer Zeit zu erreichen. Absehbar in diesem Sinne ist ein Zeitraum von fünf Jahren. Dabei können für die Vertragsärzte unterschiedliche Steigerungssätze je nach dem, wie weit ihr Umsatz noch von dem Fachgruppendurchschnitt entfernt ist, festgelegt werden. Werden im HVM prozentuale Steigerungssätze bestimmt, sollten diese nicht auf das bisherige Abrechnungsvolumen des Arztes, sondern auf einen generellen Wert wie zB den Durchschnittsumsatz der Fachgruppe bezogen werden, um ungleiche Zuwachsmöglichkeiten auszuschließen.
Die Steigerungsmöglichkeit, die bei der vorliegenden Ausgestaltung des HVM Praxen mit unterdurchschnittlichem Umsatz einzuräumen ist, kann allerdings in der Weise begrenzt werden, dass sie ihren Umsatz nur bis zum Fachgruppendurchschnitt steigern dürfen. Weder aus § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V noch aus dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit lässt sich ableiten, dass es beim Eingreifen von Honorarbegrenzungsmaßnahmen gestattet sein muss, in Honorarumsätze oberhalb des Fachgruppendurchschnitts hineinzuwachsen. Würden unterdurchschnittlich abrechnende Praxen ihren Umsatz nämlich über den Fachgruppendurchschnitt hinaus steigern können und täten einige von ihnen dies auch - und könnten bereits überdurchschnittlich abrechnende ihren Umsatz noch weiter erhöhen -, so ergäbe dies Punktwertminderungen für alle Vertragsärzte. Das Erreichen des mit den Individualbudgets verfolgten Zieles, die Gesamthonorarsituation zu stabilisieren und die Kalkulierbarkeit der Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit zu verbessern, wäre damit gefährdet (s oben zitierte Urteile vom 21. Oktober 1998, zB BSGE 83, 52, 56 f = SozR 3-2500 § 85 Nr 28 S 205 f). Aus diesem Grund kann ein HVM, in dem Honorarbegrenzungen durch individuelle Leistungsbudgets eingeführt werden, bei Praxen mit überdurchschnittlichem Umsatz auch eine weitere Steigerung des Honorarumsatzes ausschließen (vgl dazu Urteil vom 10. Dezember 2003 - B 6 KA 76/02 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 bestimmt).
Die hier zu beurteilende Zuwachsregelung entspricht den rechtlichen Anforderungen nur teilweise. Rechtswidrig ist die Vorschrift des § 7 Abs 3 Satz 2 Halbsatz 1 HVM insoweit, als der Zuwachs, berechnet nach dem eigenen Umsatz im Vorjahresquartal, auf höchstens 3 % beschränkt ist. Hierdurch ist es nicht allen unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen möglich, den durchschnittlichen Umsatz ihrer Fachgruppe in absehbarer Zeit, dh binnen ca fünf Jahren, zu erreichen. Die Begrenzung auf jährlich 3 % bedeutet - nach den Berechnungen im Berufungsurteil, die Fehler nicht erkennen lassen und nicht einmal die Punktzahlminderung um 3 % gemäß § 7 Abs 1 Satz 4 HVM einberechnen -, dass zB bei einer Praxis mit 50 % des Punktzahlengrenzwertes der Fachgruppe der Durchschnittsumsatz der Fachgruppe erst nach mehr als 24 Jahren erreicht werden kann. Bei einer Praxis mit 75 % des Punktzahlengrenzwertes der Fachgruppe sind dafür immer noch mehr als 10 Jahre erforderlich. Der danach gebotenen Zulassung größerer Steigerungsmöglichkeiten kann nicht entgegengehalten werden, dass dies nicht finanzierbar sei. Ausgehend von den Berechnungen im Berufungsurteil, wonach zB für eine Verdreifachung der Wachstumsmargen die Punktzahlminderung gemäß § 7 Abs 1 Satz 4 HVM lediglich verdoppelt werden müsste, bedeutet die Steigerung der Zuwachsmöglichkeiten für unterdurchschnittlich abrechnende Praxen keine unzumutbare Belastung der übrigen Praxen. Erfolglos ist auch der Einwand, die Begrenzung des Wachstums auf 3 % stelle eine zulässige Pauschalierung dar, denn erfahrungsgemäß gebe es kaum je ein schnelleres Wachstum. Dies trifft so nicht zu. Nach den Feststellungen des LSG sind mehr als 25 % aller Praxen und sogar mehr als 80 % der unterdurchschnittlich abrechnenden Praxen von der Begrenzung auf 3 % negativ betroffen.
Die Regelungen über die Individualbudgets sind des Weiteren insofern rechtswidrig, als sie die Zuwachsmöglichkeiten von Praxen nach der Aufbauphase betreffen, wie im Urteil vom heutigen Tag im Verfahren B 6 KA 54/02 R im Einzelnen dargelegt ist (zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). Dies wirkt sich jedoch auf die Kläger des hier zu entscheidenden Verfahrens nicht aus, weil bei ihnen die Aufbauphase schon vor dem Beginn des Bemessungszeitraums (Quartal III/1997) abgeschlossen war. Daher bedarf es hier dazu keiner näheren Ausführungen.
Soweit die Regelungen über die Individualbudgets den Anforderungen des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit nicht genügen, müssen sie neu gefasst werden. Bis dies geschehen ist, sind sie im Umfang der Unvereinbarkeit mit dem höherrangigen Recht nicht anwendbar (vgl BSGE 83, 218, 223, 224 = SozR 3-2500 § 87 Nr 21 S 112, 113 mit BVerfG-Angaben; s auch BVerfGE 107, 27, 58). Bei der erforderlichen Neuregelung muss der Normgeber die Rechtswidrigkeit nicht nur für die Zukunft beseitigen, sondern auch für die Vergangenheit, insoweit unter Beachtung des Verbots rückwirkender Schlechterstellung. Bei der Neuregelung für die Vergangenheit kann er deren Anwendung auf die noch nicht bestandskräftig entschiedenen Fälle beschränken (BSG aaO S 223 f bzw S 113 mwN; BVerfG aaO). Die Neuregelung muss bis zum Ende des Jahres 2004 erfolgen (zur Rechtsfolge bei Fristüberschreitungen s BSG aaO S 224 bzw S 113 f mwN).
Der nach der Neuregelung zu erlassende neue Honorarbescheid für die Quartale III und IV/1999 kann einen Zuschlag zum individuellen Punktzahlengrenzwert gemäß der Ausnahmeregelung des § 7a Abs 7 Buchst d HVM, wie ihn die Kläger im vorinstanzlichen Verfahren gefordert haben, nicht berücksichtigen. Insbesondere hat das Berufungsgericht keine atypisch veränderte Versorgungslage im Umfeld ihrer Praxis feststellen können (vgl dazu zB BSGE 83, 52, 61 = SozR aaO Nr 28 S 210 zu Änderungen der Versorgungsstruktur bzw der Behandlungsausrichtung gegenüber dem Bemessungszeitraum). Die von den Klägern geltend gemachte Schließung einer anderen Praxis erfolgte bereits 1996. Andere Umstände, die eine solche Ausnahme rechtfertigen könnten, liegen ebenfalls nicht vor, wie die Feststellungen des Berufungsurteils ergeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff). Der Senat erachtet es als angemessen, dass Kosten gegenseitig nicht zu erstatten sind, denn die Revisionen sowohl der Kläger als auch der Beklagten sind ohne Erfolg geblieben.
Rechtskraft
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