Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AL 272/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AL 316/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 01.07.2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg).
Der 1944 geborene türkische Kläger war nach seinen Angaben von 1969 bis 24.04.1992 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig als Setzer/Absetzer beschäftigt. Am 26.04.1992 verlegte er seinen Wohnsitz wieder in die Türkei, wo er seither lebt.
Mit Schreiben vom 11.11.2002 - eingegangen beim Arbeitsamt Koblenz am 22.11.2002 - beantragte er die Gewährung von Alg. Er habe 24 Jahre in Deutschland gearbeitet, aber kein Alg bekommen und denke, dass er hierauf einen Anspruch habe.
Mit Bescheid vom 29.11.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil ein etwaiger Leistungsanspruch verjährt sei. Den Widerspruch des Klägers - er machte geltend, über die Verjährungsregelungen sei er nicht aufgeklärt worden -, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 18.03.2003 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und vorgetragen: Er habe sich mit dem Arbeitsamt Koblenz - Geschäftsstelle Weissenthurm - in Verbindung gesetzt. Wenn er sein Recht nicht bekomme, bringe er sich um; vorher werde er noch im Fernsehen auftreten. Er habe überhaupt kein Geld.
Mit Urteil vom 01.07.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Etwaige Ansprüche auf Alg seien nach § 45 SGB Allgemeiner Teil (SGB I) verjährt; gemäß § 147 Abs 2 Sozialgesetzbuch Arbeitsförderung (SGB III) könnten sie nach Ablauf von vier Jahren seit ihrer Entstehung auch nicht mehr geltend gemacht werden. Der Anspruch sei erloschen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 18.08.2003 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er müsse sich einer (weiteren) Herzoperation unterziehen, habe aber kein Geld, nicht einmal für Medikamente. 23 Jahre habe er in Deutschland gearbeitet und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet. Bislang habe er nicht gewusst, dass er einen Anspruch auf Alg habe. Das Arbeitsamt Koblenz habe ihn über die Vierjahresfrist nicht informiert.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 01.07.2003 sowie den Bescheid vom 29.11.2002 in der Gestalt des Wider spruchsbescheides vom 18.03.2003 aufzuheben und die Beklag te zu verurteilen, ihm dem Grunde nach Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialge richts Nürnberg vom 01.07.2003 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs 2 SGG).
Gemäß § 117 Abs 1 SGB III haben Anspruch auf Alg Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Daneben muss der Arbeitslose bei Antragstellung grundsätzlich einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Territorialitätsprinzip § 30 Abs 1, Abs 3 Satz 1 SGB I; BSG Urteil vom 08.07.1993 - 7 RAr 44/92 -). Der Kläger hat aber seinen Wohnsitz seit mehr als zehn Jahren in der Türkei, so dass er bereits aus diesem Grund keinen aktuellen Anspruch auf Alg gegen die Beklagte hat.
Er hat sich im Übrigen auch nicht persönlich beim Arbeitsamt gemeldet (§ 122 SGB III), sucht in Deutschland keine Beschäftigung (§§ 118 Abs 1 Nr 2, 119 Abs 1 Nr 1 SGB I), steht für Vermittlungsbemühungen des deutschen Arbeitsamtes nicht zur Verfügung (§ 119 Abs 1 Nr 2 SGB III) und erfüllt die für einen Anspruch erforderliche Anwartschaftszeit (§ 123 SGB III) nicht. Die Anwartschaftszeit hätte er erfüllt, wenn er in der Rahmenfrist - diese beträgt gemäß § 124 Abs 1 SGB III drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen auf Alg - mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hätte. Dies ist beim Kläger jedoch nicht der Fall, denn er war in der Bundesrepublik Deutschland zuletzt 1992 beschäftigt gewesen.
Diese gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllte der Kläger auch unmittelbar nach der Beendigung seiner Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland (24.04.1992) nicht, denn er kehrte am 26.04.1992 in die Türkei zurück, ohne sich beim Arbeitsamt persönlich arbeitslos zu melden und einen Leistungsantrag zu stellen. Im Übrigen kann er einen Anspruch auf Alg nicht mehr geltend machen, da nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen sind und er ihn bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im Jahr 1992 nicht rechtzeitig (§§ 187 Abs 1, 188 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch iVm § 26 Abs 1 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren - SGB X -) geltend gemacht hat (§ 147 Abs 2 SGB III). Zwar liegt ein Geltendmachen schon dann vor, wenn der Arbeitslose sein Begehren auf Zahlung des Alg in irgendeiner Form zum Ausdruck bringt (Niesel, SGB III, 2.Aufl, § 147 RdNr 22). Insoweit hat der Kläger am 07.04.2003 vorgetragen, er habe sich mit der Geschäftsstelle Weissenthurm des Arbeitsamtes Koblenz in Verbindung gesetzt. Allerdings gibt er nicht an, wann dies der Fall gewesen sein soll. Für die Zeit vor dem 22.11.2002 sind jedenfalls bei der Beklagten keine Vorgänge vorhanden, aus denen auf eine Geltendmachung eines eventuellen Anspruchs geschlossen werden könnte.
Hinsichtlich des Ablaufs der Verfallsfrist (§ 147 Abs 2 SGB III) hat das jeweilige Arbeitsamt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich eine Beratungs- und Hinweispflicht (BSG SozR 4100 § 125 Nr 3). Diese gilt aber nur für den Fall, dass der Arbeitslose bereits im Leistungsbezug steht bzw die Beklagte mit dem Leistungsfall befasst ist. Im Falle des Klägers erhielt die Beklagte aber erstmals nach über zehn Jahren nach dem Ende der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland Kenntnis vom Leistungsbegehren.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 01.07.2003 ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg).
Der 1944 geborene türkische Kläger war nach seinen Angaben von 1969 bis 24.04.1992 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig als Setzer/Absetzer beschäftigt. Am 26.04.1992 verlegte er seinen Wohnsitz wieder in die Türkei, wo er seither lebt.
Mit Schreiben vom 11.11.2002 - eingegangen beim Arbeitsamt Koblenz am 22.11.2002 - beantragte er die Gewährung von Alg. Er habe 24 Jahre in Deutschland gearbeitet, aber kein Alg bekommen und denke, dass er hierauf einen Anspruch habe.
Mit Bescheid vom 29.11.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil ein etwaiger Leistungsanspruch verjährt sei. Den Widerspruch des Klägers - er machte geltend, über die Verjährungsregelungen sei er nicht aufgeklärt worden -, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 18.03.2003 zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und vorgetragen: Er habe sich mit dem Arbeitsamt Koblenz - Geschäftsstelle Weissenthurm - in Verbindung gesetzt. Wenn er sein Recht nicht bekomme, bringe er sich um; vorher werde er noch im Fernsehen auftreten. Er habe überhaupt kein Geld.
Mit Urteil vom 01.07.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Etwaige Ansprüche auf Alg seien nach § 45 SGB Allgemeiner Teil (SGB I) verjährt; gemäß § 147 Abs 2 Sozialgesetzbuch Arbeitsförderung (SGB III) könnten sie nach Ablauf von vier Jahren seit ihrer Entstehung auch nicht mehr geltend gemacht werden. Der Anspruch sei erloschen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 18.08.2003 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er müsse sich einer (weiteren) Herzoperation unterziehen, habe aber kein Geld, nicht einmal für Medikamente. 23 Jahre habe er in Deutschland gearbeitet und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet. Bislang habe er nicht gewusst, dass er einen Anspruch auf Alg habe. Das Arbeitsamt Koblenz habe ihn über die Vierjahresfrist nicht informiert.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 01.07.2003 sowie den Bescheid vom 29.11.2002 in der Gestalt des Wider spruchsbescheides vom 18.03.2003 aufzuheben und die Beklag te zu verurteilen, ihm dem Grunde nach Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialge richts Nürnberg vom 01.07.2003 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg.
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 124 Abs 2 SGG).
Gemäß § 117 Abs 1 SGB III haben Anspruch auf Alg Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt haben. Daneben muss der Arbeitslose bei Antragstellung grundsätzlich einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Territorialitätsprinzip § 30 Abs 1, Abs 3 Satz 1 SGB I; BSG Urteil vom 08.07.1993 - 7 RAr 44/92 -). Der Kläger hat aber seinen Wohnsitz seit mehr als zehn Jahren in der Türkei, so dass er bereits aus diesem Grund keinen aktuellen Anspruch auf Alg gegen die Beklagte hat.
Er hat sich im Übrigen auch nicht persönlich beim Arbeitsamt gemeldet (§ 122 SGB III), sucht in Deutschland keine Beschäftigung (§§ 118 Abs 1 Nr 2, 119 Abs 1 Nr 1 SGB I), steht für Vermittlungsbemühungen des deutschen Arbeitsamtes nicht zur Verfügung (§ 119 Abs 1 Nr 2 SGB III) und erfüllt die für einen Anspruch erforderliche Anwartschaftszeit (§ 123 SGB III) nicht. Die Anwartschaftszeit hätte er erfüllt, wenn er in der Rahmenfrist - diese beträgt gemäß § 124 Abs 1 SGB III drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen auf Alg - mindestens 12 Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hätte. Dies ist beim Kläger jedoch nicht der Fall, denn er war in der Bundesrepublik Deutschland zuletzt 1992 beschäftigt gewesen.
Diese gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllte der Kläger auch unmittelbar nach der Beendigung seiner Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland (24.04.1992) nicht, denn er kehrte am 26.04.1992 in die Türkei zurück, ohne sich beim Arbeitsamt persönlich arbeitslos zu melden und einen Leistungsantrag zu stellen. Im Übrigen kann er einen Anspruch auf Alg nicht mehr geltend machen, da nach seiner Entstehung vier Jahre verstrichen sind und er ihn bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im Jahr 1992 nicht rechtzeitig (§§ 187 Abs 1, 188 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch iVm § 26 Abs 1 Sozialgesetzbuch Verwaltungsverfahren - SGB X -) geltend gemacht hat (§ 147 Abs 2 SGB III). Zwar liegt ein Geltendmachen schon dann vor, wenn der Arbeitslose sein Begehren auf Zahlung des Alg in irgendeiner Form zum Ausdruck bringt (Niesel, SGB III, 2.Aufl, § 147 RdNr 22). Insoweit hat der Kläger am 07.04.2003 vorgetragen, er habe sich mit der Geschäftsstelle Weissenthurm des Arbeitsamtes Koblenz in Verbindung gesetzt. Allerdings gibt er nicht an, wann dies der Fall gewesen sein soll. Für die Zeit vor dem 22.11.2002 sind jedenfalls bei der Beklagten keine Vorgänge vorhanden, aus denen auf eine Geltendmachung eines eventuellen Anspruchs geschlossen werden könnte.
Hinsichtlich des Ablaufs der Verfallsfrist (§ 147 Abs 2 SGB III) hat das jeweilige Arbeitsamt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich eine Beratungs- und Hinweispflicht (BSG SozR 4100 § 125 Nr 3). Diese gilt aber nur für den Fall, dass der Arbeitslose bereits im Leistungsbezug steht bzw die Beklagte mit dem Leistungsfall befasst ist. Im Falle des Klägers erhielt die Beklagte aber erstmals nach über zehn Jahren nach dem Ende der Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland Kenntnis vom Leistungsbegehren.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 01.07.2003 ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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