Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1767/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 4793/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 02.11.2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der 1961 geborene Kläger durchlief - erfolgreich - eine Berufsausbildung zum Blechner und Gas-Wasser-Installateur. Bis zum 31.12.2005 war er als Blechner versicherungspflichtig beschäftigt. Sodann war er bis Dezember 2008 als Arbeiter in der Fertigung tätig. Seit dem 01.01.2009 ist der Kläger arbeitslos und arbeitsunfähig erkrankt. Er bezieht deswegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Das Landratsamt K. stellte beim Kläger mit Bescheid vom 05.07.2010 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 seit dem 14.01.2010 fest. Es berücksichtigte hierbei als Funktionsbeeinträchtigung einen "operierten Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen".
Am 29.10.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies er auf eine durchgeführte Bandscheibenoperation, wegen derer er seit Februar 2009 nicht mehr erwerbstätig sein könne. Nach Beiziehung eines Gutachtens von Dr. H., Ärztin für Orthopädie, Sozialmedizin, vom 08.02.2010, das in einem früheren Rentenverfahren des Klägers erstattet wurde, veranlasste die Beklagte eine abermalige sozialmedizinische Begutachtung des Klägers. Die Fachärztin für Chirurgie, plastische Chirurgie und Sozialmedizin Z. diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 08.01.2015 beim Kläger eine L5-Wurzelreizsymptomatik mit leichter Fußheberschwäche links und leichten funktionellen Einschränkungen bei Zustand nach L4/5-Dekompression 2008, belastungsabhängige Knieschmerzen rechts nach Innenmeniskusoperation, ohne Reizzustand und ohne funktionelle Einschränkungen, Bluthochdruck, medikamentös eingestellt, sowie Zeichen einer Polyneuropathie ohne wesentliche Gangstörung. Sie vertrat die Einschätzung, dass es dem Kläger möglich und zumutbar sei, sechs Stunden und mehr täglich in leichten bis mittelschweren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig zu sein.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 21.01.2015 ab. Die Einschränkungen, die sich aus den bestehenden Erkrankungen und Behinderungen ergäben, führten, so die Beklagte begründend, nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Der Kläger sei nach der sozialmedizinischen Beurteilung noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Hiergegen erhob der Kläger am 17.02.2015 Widerspruch, zu dessen Begründung er vorbrachte, dass im Hinblick auf das erhebliche Krankheitsgeschehen sowie die schwere Schmerzerkrankung ein regelmäßiges, sechsstündiges Leistungsvermögen nicht mehr bestehe. Der ärztliche Dienst der Bundesagentur für Arbeit habe in einem Gutachten vom 16.06.2014 festgestellt, dass bei ihm ein chronisches Schmerzsyndrom im Vordergrund stehe und eine dauerhafte Besserung trotz multipelster schmerztherapeutischer Maßnahmen nicht erreicht werden könne. Die chirurgische Gutachterin habe der Schmerzproblematik in ihrer sozialmedizinischer Beurteilung zu wenig Bedeutung beigemessen. Es bestehe ein komplexes Schmerzgeschehen, das die Ausdauer, die Konzentration und im Besonderen das Durchhaltevermögen für alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts auf unter sechs Stunden täglich limitiere.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Ergänzend führte sie aus, dass auch unter Berücksichtigung des Vorbringens zur Begründung des Widerspruchs davon auszugehen sei, dass dem Kläger noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend im Gehen und im Sitzen, in Tagesschicht, in Frühschicht/Spätschicht, ohne besonderen Zeitdruck und Akkord, ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Verantwortung für Menschen und Maschinen sowie ohne komplexe Steuerungsvorgänge, ohne häufiges Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüste, ohne Treppensteigen sowie ohne erhöhte Anforderungen an die Stand- und Gangsicherheit sechs Stunden täglich zumutbar seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 29.05.2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zu deren Begründung betonte der Kläger, dass das Gutachten der Fachärztin für Chirurgie Z. die Schmerzsituation und die sich hieraus ergebenden Einschränkungen verkannt habe. In Ansehung der bestehenden Dauerschmerzen könne er keinen regelmäßigen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr nachgehen, er sei seit ca. 10 Jahren chronischer Schmerzpatient. Hierzu legte der Kläger eine Aufstellung der bestehenden gesundheitlichen Probleme sowie der durchgeführten Arztbesuche vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG vernahm die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen ein. Dr. B., Ärztin für Allgemeinmedizin, Sportmedizin, gab in ihrer Stellungnahme vom 20.07.2015 an, dass der Kläger seit Juni 2014 in der Hauptsache wegen eines schweren chronischen Schmerzsyndroms bei einem Zustand nach Bandscheibenoperation 11/2008 bei ihr vorstellig geworden sei. Obschon derzeit durch oral verabreichte Analgetika eine tolerable Schmerzsituation im Alltag bestehe, sei jedoch eine körperliche Belastbarkeit bei entsprechender Schmerzexazerbation nicht möglich. Eine leichte körperliche Tätigkeit könne, soweit keine nervliche Belastung hiermit verbunden sei, lediglich für einen Zeitraum von drei Stunden täglich ausgeübt werden. Dr. G., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, führte unter dem 27.07.2015 aus, dass er den Kläger von November 2008 bis Juli 2014 behandelt habe. Nach der durchgeführten Dekompressionsoperation im November 2008 sei kurzzeitig eine Besserung eingetreten, danach sei es wieder zu einer Zunahme der Beschwerden im linken Bein gekommen. Der Kläger sei in der Lage, einer leichten körperlichen Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Die vom SG ferner befragten Dr. Sch., Orthopäde und Unfallchirurg, und Dr. B., Arzt für Orthopädie, gaben in ihren Stellungnahmen an, den Kläger zuletzt im Jahr 2013 bzw. am 06.10.2010 behandelt zu haben.
Nach Anhörung der Beteiligten wies das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 02.11.2015 ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das SG aus, dass der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Die beim Kläger bestehenden Leiden auf orthopädischem/neurochirurgischem Fachgebiet in Form von Wirbelsäulenproblemen und Knieschmerzen schränkten die berufliche Leistungsfähigkeit, so das SG unter Hinweis auf das Sachverständigengutachten der Chirurgin Z., zwar in qualitativer nicht jedoch in quantitativer Hinsicht ein. Der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich und mehr verrichten. Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger geschilderten Alltags- und Freizeitaktivitäten sei die Leistungseinschätzung der Chirurgin Z. sowie von Dr. G. nachvollziehbar. Die bestehenden Leiden auf psychiatrischem bzw. psychosomatischem Fachgebiet begründeten gleichfalls keine rentenrelevante Einschränkung, da insoweit eine fachärztliche Behandlung nicht erfolge. Gleiches gelte für die internistischen Beschwerden (Bluthochdruck).
Gegen den am 03.11.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.11.2015 Berufung eingelegt. Er betont, dass die bei ihm seit Jahren bestehende Schmerzerkrankung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. So habe er sich im Zeitraum von November 2010 - Februar 2011 sowie von April - Juli 2011 mehrfach im Universitätsklinikum F., Interdisziplinäres Schmerzzentrum, vorgestellt, die dort durchgeführten Maßnahmen hätten jedoch zu keiner Beschwerdebesserung geführt. Auch habe das SG nicht berücksichtigt, dass er unverändert Schmerzmittel einnehmen müsse, die zu erheblichen Nebenwirkungen führten. Auf ergänzende Anfrage des Senats hat der Kläger mitgeteilt, dass er nur vom 15.11.2010 - 09.02.2011 in schmerztherapeutischer Behandlung gestanden habe. Der dort behandelnde Arzt Dr. H. habe diverse Schmerzmittel in unterschiedlichen Dosierungen ausprobiert, jedoch seien hierdurch Nebenwirkungen aufgetreten. Im Anschluss hieran sei er zu keinem anderen "Spezialisten" mehr gegangen. Der Kläger hat ergänzend einen Arztbrief von Dr. B., Facharzt für Neurochirurgie, vom 18.07.2014 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 02.11.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.10.2014 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Aus der Berufungsbegründung ergäben sich, so die Beklagte weiter, keine neuen Gesichtspunkte, die eine abweichende Beurteilung zuließen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Dr. B., Arzt für Orthopädie, Chirotherapie, zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem orthopädischen Gutachten vom 31.03.2017 hat der Gutachter ausgeführt, beim Kläger sei eine Bandscheibenoperation L4/5 linksseitig mit anhaltender Schmerzsymptomatik in beiden Beinen bei diskreter Fußheberschwäche beidseitig, ganz diskret arthrotische Veränderungen beider Hüftgelenke sowie ein anhaltendes Schmerzsyndrom im Rahmen eines Postdiscotomiesyndroms zu diagnostizieren. Dr. B. hat ausgeführt, im Vordergrund stünde die Beschwerdesymptomatik beider Beine, die nach der Bandscheibenoperation im November 2011 aufgetreten sei. Dieses Postdiscotomiesyndrom führe zu einer Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers, die jedoch die Möglichkeit zur Durchführung von leichten körperlichen Arbeiten nicht einschränke. Der Kläger sei in der Lage, derartige Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich an einer Fünf-Tage-Woche auszuüben. Der Kläger ist der gutachterlichen Einschätzung von Dr. B. entgegen getreten und führt hierzu aus, die vom Gutachter angeführten tatsächlichen Lebensverhältnisse seien nicht zutreffend wiedergegeben worden. So habe der Gutachter zwar ausgeführt, er, der Kläger, bewirtschafte alleine ein Gartengrundstück, er habe jedoch nicht erwähnt, dass er lediglich ein Stück des Gartens von ca. vier Quadratmetern, auf dem er Tomaten- und Gurkenpflanzen anbaue, selbst bewirtschafte. Der Rest des Gartens bestehe aus Rasen, der - schmerzbedingt - nur in Etappen gemäht werden könne. Auch habe der Gutachter fälschlicher Weise eine Mitgliedschaft in einem Motorradverein zur Begründung seiner Leistungseinschätzung angeführt, jedoch nicht erwähnt, dass er dort nur passives Mitglied sei. Seine Motorradausfahrten beschränkten sich auf das Vorfahren zum TÜV, das alle zwei Jahre stattfinde. Auch wohne er zwar, wie der Gutachter berichtet habe, alleine, seine Ehefrau und seine Tochter übernähmen jedoch die Reinigung der Wohnung. Eine Arbeit, bei der er nicht lange sitzen und nicht lange stehen müsse, keine Lasten über 5 kg zu heben habe, keine Fahrzeuge und Maschinen zu bedienen habe und nicht auf Leitern und Gerüsten sowie in Zwangshaltungen arbeiten müsse, könne er zwar - theoretisch - noch ausüben, eine solche Tätigkeit könne ihm aber niemand besorgen.
Mit Schriftsatz vom 08.06.2017 hat die Beklagte, mit solchem vom 28.06.2017 der Kläger das Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführte Leistungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu Recht abgelehnt.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 24.04.2007 (BGBl I S. 554) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersrente, wenn sie voll- bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeiten haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung i.S.d. § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
In Anlegung dieser Maßstäbe ist der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert. Er ist in der Lage, leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich und mehr in einer Fünf-Tage-Woche nachzugehen. Der Senat folgt insofern der Leistungseinschätzung des im Berufungsverfahren gutachterlich gehörten Dr. B. sowie der Einschätzung der Fachärztin für Chirurgie und plastische Chirurgie Z. in deren Gutachten vom 08.01.2015, das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet. Hiernach besteht beim Kläger eine Wurzelreizsymptomatik im Wirbelsäulenabschnitt L5, die zu einer leichten Fußheberschwäche führt. Ferner bestehen arthrotische Veränderungen beider Hüftgelenke sowie belastungsabhängige Knieschmerzen ohne funktionelle Einschränkungen. Darüber hinaus leidet der Kläger an Bluthochdruck. Trotz dieser Erkrankungen ist der Kläger jedoch noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich verrichten zu können. Die im Vordergrund des Beschwerdebildes stehende Wirbelsäulenerkrankung führt nicht zu quantitativen Leistungsbeeinträchtigungen. So hat insbesonders das Gutachten von Dr. B. keine Befunde zu Tage gefördert, die eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Achsenorgans belegen. So ist die Halswirbelsäule in allen Abschnitten frei beweglich, die Gesamtbeweglichkeit der Lenden- und Brustwirbelsäule ist zwar eingeschränkt, indes zeigen weder das Ott´sche Zeichen noch das Schober´sche Zeichen Anzeichen einer mehr als geringfügigen Beeinträchtigung der Entfaltbarkeit der Wirbelsäule. Der Senat verkennt nicht, dass beim Kläger eine Wurzelreizsymptomatik mit Ausstrahlung in die Beine besteht, indes wird aus der von Dr. B. geschilderten Untersuchungssituation deutlich, dass diese den Kläger nicht daran hindert, komplexe Bewegungsmuster in ausreichendem Maße verrichten zu können. So ist der Kläger in der Lage gewesen, Schuhe und Strümpfe eigenhändig auszuziehen und sich hierzu weit nach vorne zu beugen. Auch ist ihm der Einbeinstand möglich gewesen, um sich des Beinkleides zu entledigen. Das beschriebene Gangbild, das zwar ein rechtsbetontes Hinken zeigt, ist flüssig und sicher. Ein Schlürfen bzw. Hängenbleiben sei nicht augenfällig gewesen. Dem Kläger war auch ein Aufstehen aus dem Kniebeugewinkel mit symmetrischer Belastung ohne Abstützung möglich. Da dem Kläger derart komplexe Bewegungsabläufe ohne maßgebliche Bewegungseinschränkung möglich sind, ist der Senat davon überzeugt, dass die bestehenden Leistungsbeeinträchtigungen des Klägers lediglich dazu führen, dass bestimmte qualitative Anforderungen an die zu verrichtende Tätigkeit nicht mehr möglich sind. So sind Tätigkeiten, die das Heben und Tragen von schweren Gegenständen erfordern, in wechselnder Körperhaltung verrichtet werden können, Tätigkeiten in Zwangshaltung, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten und Tätigkeiten, die mit längeren Gehstrecken verbunden sind, nicht mehr möglich, indes ist die quantitative Fähigkeit des Klägers, einer leichten Tätigkeit nachzugehen, nicht beeinträchtigt. Dies entspricht auch der Leistungseinschätzung des den Kläger bis Juli 2014 behandelnden Orthopäden Dr. G. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 27.07.2015.
Dies gilt auch in Ansehung der bestehenden Schmerzsymptomatik. Soweit der Kläger zur Begründung seines Begehrens maßgeblich in den Vordergrund rückt, dass er schmerzbedingt nicht in der Lage sei, einer Tätigkeit nachzugehen, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Leistungsfähigkeit durch die Schmerzsymptomatik weitergehend beeinträchtigt wird. Dies gründet für den Senat bereits darin, dass sich der Kläger, nach seinen eigenen Angaben, nicht in schmerztherapeutischer Behandlung befindet. Hieraus wird für den Senat deutlich, dass die Schmerzen jedenfalls keinen, der klägerischen Schilderung korrelierenden Leidensdruck bedingen, wodurch ersichtlich wird, dass diese den (beruflichen und sonstigen) Alltag nicht gravierend beeinträchtigen.
Auch die bestehende Bluthochdruckerkrankung führt zur Überzeugung des Senats nicht zu einer quantitativen Leistungsreduzierung.
In Zusammenschau des sich aus den medizinischen Unterlagen ergebenden körperlichen Leistungsvermögen des Klägers ist dieser zur Überzeugung des Senats daher noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den genannten Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten zu können. Dies bestätigt letztlich auch der Kläger selbst. Der Kläger ist hiernach nicht erwerbsgemindert. Der abweichenden Einschätzung der behandelnden Ärzte vermag sich der Senat nicht anzuschließen, da diese jeweils nicht durch medizinische Befunde gestützt worden ist.
Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen liegen ebenso wenig vor, wie solche für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes. Ob dem Kläger, worauf dieser zuletzt hingewiesen hat, ein den qualitativen Einschränkungen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, ist für die Frage der Erwerbsminderung ohne Bedeutung, da es der konkreten Benennung eines Verweisungsberufes nicht bedarf und das Arbeitsplatzrisiko der Arbeitslosenversicherung bzw. dem Versicherten, nicht jedoch dem Rentenversicherungsträger obliegt.
Der Kläger hat hiernach keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI), da er nach dem dortigen Stichtag, dem 02.01.1961, geboren ist.
Die Berufung des Klägers gegen den klagabweisenden Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2015 ist hiernach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit streitig.
Der 1961 geborene Kläger durchlief - erfolgreich - eine Berufsausbildung zum Blechner und Gas-Wasser-Installateur. Bis zum 31.12.2005 war er als Blechner versicherungspflichtig beschäftigt. Sodann war er bis Dezember 2008 als Arbeiter in der Fertigung tätig. Seit dem 01.01.2009 ist der Kläger arbeitslos und arbeitsunfähig erkrankt. Er bezieht deswegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch. Das Landratsamt K. stellte beim Kläger mit Bescheid vom 05.07.2010 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 seit dem 14.01.2010 fest. Es berücksichtigte hierbei als Funktionsbeeinträchtigung einen "operierten Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen".
Am 29.10.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies er auf eine durchgeführte Bandscheibenoperation, wegen derer er seit Februar 2009 nicht mehr erwerbstätig sein könne. Nach Beiziehung eines Gutachtens von Dr. H., Ärztin für Orthopädie, Sozialmedizin, vom 08.02.2010, das in einem früheren Rentenverfahren des Klägers erstattet wurde, veranlasste die Beklagte eine abermalige sozialmedizinische Begutachtung des Klägers. Die Fachärztin für Chirurgie, plastische Chirurgie und Sozialmedizin Z. diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 08.01.2015 beim Kläger eine L5-Wurzelreizsymptomatik mit leichter Fußheberschwäche links und leichten funktionellen Einschränkungen bei Zustand nach L4/5-Dekompression 2008, belastungsabhängige Knieschmerzen rechts nach Innenmeniskusoperation, ohne Reizzustand und ohne funktionelle Einschränkungen, Bluthochdruck, medikamentös eingestellt, sowie Zeichen einer Polyneuropathie ohne wesentliche Gangstörung. Sie vertrat die Einschätzung, dass es dem Kläger möglich und zumutbar sei, sechs Stunden und mehr täglich in leichten bis mittelschweren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig zu sein.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 21.01.2015 ab. Die Einschränkungen, die sich aus den bestehenden Erkrankungen und Behinderungen ergäben, führten, so die Beklagte begründend, nicht zu einem Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Der Kläger sei nach der sozialmedizinischen Beurteilung noch in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Hiergegen erhob der Kläger am 17.02.2015 Widerspruch, zu dessen Begründung er vorbrachte, dass im Hinblick auf das erhebliche Krankheitsgeschehen sowie die schwere Schmerzerkrankung ein regelmäßiges, sechsstündiges Leistungsvermögen nicht mehr bestehe. Der ärztliche Dienst der Bundesagentur für Arbeit habe in einem Gutachten vom 16.06.2014 festgestellt, dass bei ihm ein chronisches Schmerzsyndrom im Vordergrund stehe und eine dauerhafte Besserung trotz multipelster schmerztherapeutischer Maßnahmen nicht erreicht werden könne. Die chirurgische Gutachterin habe der Schmerzproblematik in ihrer sozialmedizinischer Beurteilung zu wenig Bedeutung beigemessen. Es bestehe ein komplexes Schmerzgeschehen, das die Ausdauer, die Konzentration und im Besonderen das Durchhaltevermögen für alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts auf unter sechs Stunden täglich limitiere.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2015 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Ergänzend führte sie aus, dass auch unter Berücksichtigung des Vorbringens zur Begründung des Widerspruchs davon auszugehen sei, dass dem Kläger noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten, überwiegend im Gehen und im Sitzen, in Tagesschicht, in Frühschicht/Spätschicht, ohne besonderen Zeitdruck und Akkord, ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Verantwortung für Menschen und Maschinen sowie ohne komplexe Steuerungsvorgänge, ohne häufiges Klettern und Steigen auf Leitern und Gerüste, ohne Treppensteigen sowie ohne erhöhte Anforderungen an die Stand- und Gangsicherheit sechs Stunden täglich zumutbar seien.
Hiergegen erhob der Kläger am 29.05.2015 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Zu deren Begründung betonte der Kläger, dass das Gutachten der Fachärztin für Chirurgie Z. die Schmerzsituation und die sich hieraus ergebenden Einschränkungen verkannt habe. In Ansehung der bestehenden Dauerschmerzen könne er keinen regelmäßigen Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr nachgehen, er sei seit ca. 10 Jahren chronischer Schmerzpatient. Hierzu legte der Kläger eine Aufstellung der bestehenden gesundheitlichen Probleme sowie der durchgeführten Arztbesuche vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG vernahm die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen ein. Dr. B., Ärztin für Allgemeinmedizin, Sportmedizin, gab in ihrer Stellungnahme vom 20.07.2015 an, dass der Kläger seit Juni 2014 in der Hauptsache wegen eines schweren chronischen Schmerzsyndroms bei einem Zustand nach Bandscheibenoperation 11/2008 bei ihr vorstellig geworden sei. Obschon derzeit durch oral verabreichte Analgetika eine tolerable Schmerzsituation im Alltag bestehe, sei jedoch eine körperliche Belastbarkeit bei entsprechender Schmerzexazerbation nicht möglich. Eine leichte körperliche Tätigkeit könne, soweit keine nervliche Belastung hiermit verbunden sei, lediglich für einen Zeitraum von drei Stunden täglich ausgeübt werden. Dr. G., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, führte unter dem 27.07.2015 aus, dass er den Kläger von November 2008 bis Juli 2014 behandelt habe. Nach der durchgeführten Dekompressionsoperation im November 2008 sei kurzzeitig eine Besserung eingetreten, danach sei es wieder zu einer Zunahme der Beschwerden im linken Bein gekommen. Der Kläger sei in der Lage, einer leichten körperlichen Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich nachzugehen. Die vom SG ferner befragten Dr. Sch., Orthopäde und Unfallchirurg, und Dr. B., Arzt für Orthopädie, gaben in ihren Stellungnahmen an, den Kläger zuletzt im Jahr 2013 bzw. am 06.10.2010 behandelt zu haben.
Nach Anhörung der Beteiligten wies das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 02.11.2015 ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das SG aus, dass der Kläger weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Die beim Kläger bestehenden Leiden auf orthopädischem/neurochirurgischem Fachgebiet in Form von Wirbelsäulenproblemen und Knieschmerzen schränkten die berufliche Leistungsfähigkeit, so das SG unter Hinweis auf das Sachverständigengutachten der Chirurgin Z., zwar in qualitativer nicht jedoch in quantitativer Hinsicht ein. Der Kläger könne noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich und mehr verrichten. Auch unter Berücksichtigung der vom Kläger geschilderten Alltags- und Freizeitaktivitäten sei die Leistungseinschätzung der Chirurgin Z. sowie von Dr. G. nachvollziehbar. Die bestehenden Leiden auf psychiatrischem bzw. psychosomatischem Fachgebiet begründeten gleichfalls keine rentenrelevante Einschränkung, da insoweit eine fachärztliche Behandlung nicht erfolge. Gleiches gelte für die internistischen Beschwerden (Bluthochdruck).
Gegen den am 03.11.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 17.11.2015 Berufung eingelegt. Er betont, dass die bei ihm seit Jahren bestehende Schmerzerkrankung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. So habe er sich im Zeitraum von November 2010 - Februar 2011 sowie von April - Juli 2011 mehrfach im Universitätsklinikum F., Interdisziplinäres Schmerzzentrum, vorgestellt, die dort durchgeführten Maßnahmen hätten jedoch zu keiner Beschwerdebesserung geführt. Auch habe das SG nicht berücksichtigt, dass er unverändert Schmerzmittel einnehmen müsse, die zu erheblichen Nebenwirkungen führten. Auf ergänzende Anfrage des Senats hat der Kläger mitgeteilt, dass er nur vom 15.11.2010 - 09.02.2011 in schmerztherapeutischer Behandlung gestanden habe. Der dort behandelnde Arzt Dr. H. habe diverse Schmerzmittel in unterschiedlichen Dosierungen ausprobiert, jedoch seien hierdurch Nebenwirkungen aufgetreten. Im Anschluss hieran sei er zu keinem anderen "Spezialisten" mehr gegangen. Der Kläger hat ergänzend einen Arztbrief von Dr. B., Facharzt für Neurochirurgie, vom 18.07.2014 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 02.11.2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2015 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.10.2014 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf ihr erstinstanzliches Vorbringen sowie die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid. Aus der Berufungsbegründung ergäben sich, so die Beklagte weiter, keine neuen Gesichtspunkte, die eine abweichende Beurteilung zuließen.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Dr. B., Arzt für Orthopädie, Chirotherapie, zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem orthopädischen Gutachten vom 31.03.2017 hat der Gutachter ausgeführt, beim Kläger sei eine Bandscheibenoperation L4/5 linksseitig mit anhaltender Schmerzsymptomatik in beiden Beinen bei diskreter Fußheberschwäche beidseitig, ganz diskret arthrotische Veränderungen beider Hüftgelenke sowie ein anhaltendes Schmerzsyndrom im Rahmen eines Postdiscotomiesyndroms zu diagnostizieren. Dr. B. hat ausgeführt, im Vordergrund stünde die Beschwerdesymptomatik beider Beine, die nach der Bandscheibenoperation im November 2011 aufgetreten sei. Dieses Postdiscotomiesyndrom führe zu einer Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit des Klägers, die jedoch die Möglichkeit zur Durchführung von leichten körperlichen Arbeiten nicht einschränke. Der Kläger sei in der Lage, derartige Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich an einer Fünf-Tage-Woche auszuüben. Der Kläger ist der gutachterlichen Einschätzung von Dr. B. entgegen getreten und führt hierzu aus, die vom Gutachter angeführten tatsächlichen Lebensverhältnisse seien nicht zutreffend wiedergegeben worden. So habe der Gutachter zwar ausgeführt, er, der Kläger, bewirtschafte alleine ein Gartengrundstück, er habe jedoch nicht erwähnt, dass er lediglich ein Stück des Gartens von ca. vier Quadratmetern, auf dem er Tomaten- und Gurkenpflanzen anbaue, selbst bewirtschafte. Der Rest des Gartens bestehe aus Rasen, der - schmerzbedingt - nur in Etappen gemäht werden könne. Auch habe der Gutachter fälschlicher Weise eine Mitgliedschaft in einem Motorradverein zur Begründung seiner Leistungseinschätzung angeführt, jedoch nicht erwähnt, dass er dort nur passives Mitglied sei. Seine Motorradausfahrten beschränkten sich auf das Vorfahren zum TÜV, das alle zwei Jahre stattfinde. Auch wohne er zwar, wie der Gutachter berichtet habe, alleine, seine Ehefrau und seine Tochter übernähmen jedoch die Reinigung der Wohnung. Eine Arbeit, bei der er nicht lange sitzen und nicht lange stehen müsse, keine Lasten über 5 kg zu heben habe, keine Fahrzeuge und Maschinen zu bedienen habe und nicht auf Leitern und Gerüsten sowie in Zwangshaltungen arbeiten müsse, könne er zwar - theoretisch - noch ausüben, eine solche Tätigkeit könne ihm aber niemand besorgen.
Mit Schriftsatz vom 08.06.2017 hat die Beklagte, mit solchem vom 28.06.2017 der Kläger das Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführte Leistungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist statthaft und insgesamt zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 21.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu Recht abgelehnt.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 24.04.2007 (BGBl I S. 554) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersrente, wenn sie voll- bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeiten haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung i.S.d. § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
In Anlegung dieser Maßstäbe ist der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert. Er ist in der Lage, leichten Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich und mehr in einer Fünf-Tage-Woche nachzugehen. Der Senat folgt insofern der Leistungseinschätzung des im Berufungsverfahren gutachterlich gehörten Dr. B. sowie der Einschätzung der Fachärztin für Chirurgie und plastische Chirurgie Z. in deren Gutachten vom 08.01.2015, das der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet. Hiernach besteht beim Kläger eine Wurzelreizsymptomatik im Wirbelsäulenabschnitt L5, die zu einer leichten Fußheberschwäche führt. Ferner bestehen arthrotische Veränderungen beider Hüftgelenke sowie belastungsabhängige Knieschmerzen ohne funktionelle Einschränkungen. Darüber hinaus leidet der Kläger an Bluthochdruck. Trotz dieser Erkrankungen ist der Kläger jedoch noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich verrichten zu können. Die im Vordergrund des Beschwerdebildes stehende Wirbelsäulenerkrankung führt nicht zu quantitativen Leistungsbeeinträchtigungen. So hat insbesonders das Gutachten von Dr. B. keine Befunde zu Tage gefördert, die eine wesentliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Achsenorgans belegen. So ist die Halswirbelsäule in allen Abschnitten frei beweglich, die Gesamtbeweglichkeit der Lenden- und Brustwirbelsäule ist zwar eingeschränkt, indes zeigen weder das Ott´sche Zeichen noch das Schober´sche Zeichen Anzeichen einer mehr als geringfügigen Beeinträchtigung der Entfaltbarkeit der Wirbelsäule. Der Senat verkennt nicht, dass beim Kläger eine Wurzelreizsymptomatik mit Ausstrahlung in die Beine besteht, indes wird aus der von Dr. B. geschilderten Untersuchungssituation deutlich, dass diese den Kläger nicht daran hindert, komplexe Bewegungsmuster in ausreichendem Maße verrichten zu können. So ist der Kläger in der Lage gewesen, Schuhe und Strümpfe eigenhändig auszuziehen und sich hierzu weit nach vorne zu beugen. Auch ist ihm der Einbeinstand möglich gewesen, um sich des Beinkleides zu entledigen. Das beschriebene Gangbild, das zwar ein rechtsbetontes Hinken zeigt, ist flüssig und sicher. Ein Schlürfen bzw. Hängenbleiben sei nicht augenfällig gewesen. Dem Kläger war auch ein Aufstehen aus dem Kniebeugewinkel mit symmetrischer Belastung ohne Abstützung möglich. Da dem Kläger derart komplexe Bewegungsabläufe ohne maßgebliche Bewegungseinschränkung möglich sind, ist der Senat davon überzeugt, dass die bestehenden Leistungsbeeinträchtigungen des Klägers lediglich dazu führen, dass bestimmte qualitative Anforderungen an die zu verrichtende Tätigkeit nicht mehr möglich sind. So sind Tätigkeiten, die das Heben und Tragen von schweren Gegenständen erfordern, in wechselnder Körperhaltung verrichtet werden können, Tätigkeiten in Zwangshaltung, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten und Tätigkeiten, die mit längeren Gehstrecken verbunden sind, nicht mehr möglich, indes ist die quantitative Fähigkeit des Klägers, einer leichten Tätigkeit nachzugehen, nicht beeinträchtigt. Dies entspricht auch der Leistungseinschätzung des den Kläger bis Juli 2014 behandelnden Orthopäden Dr. G. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 27.07.2015.
Dies gilt auch in Ansehung der bestehenden Schmerzsymptomatik. Soweit der Kläger zur Begründung seines Begehrens maßgeblich in den Vordergrund rückt, dass er schmerzbedingt nicht in der Lage sei, einer Tätigkeit nachzugehen, ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die Leistungsfähigkeit durch die Schmerzsymptomatik weitergehend beeinträchtigt wird. Dies gründet für den Senat bereits darin, dass sich der Kläger, nach seinen eigenen Angaben, nicht in schmerztherapeutischer Behandlung befindet. Hieraus wird für den Senat deutlich, dass die Schmerzen jedenfalls keinen, der klägerischen Schilderung korrelierenden Leidensdruck bedingen, wodurch ersichtlich wird, dass diese den (beruflichen und sonstigen) Alltag nicht gravierend beeinträchtigen.
Auch die bestehende Bluthochdruckerkrankung führt zur Überzeugung des Senats nicht zu einer quantitativen Leistungsreduzierung.
In Zusammenschau des sich aus den medizinischen Unterlagen ergebenden körperlichen Leistungsvermögen des Klägers ist dieser zur Überzeugung des Senats daher noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den genannten Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten zu können. Dies bestätigt letztlich auch der Kläger selbst. Der Kläger ist hiernach nicht erwerbsgemindert. Der abweichenden Einschätzung der behandelnden Ärzte vermag sich der Senat nicht anzuschließen, da diese jeweils nicht durch medizinische Befunde gestützt worden ist.
Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungsbeeinträchtigungen liegen ebenso wenig vor, wie solche für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes. Ob dem Kläger, worauf dieser zuletzt hingewiesen hat, ein den qualitativen Einschränkungen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, ist für die Frage der Erwerbsminderung ohne Bedeutung, da es der konkreten Benennung eines Verweisungsberufes nicht bedarf und das Arbeitsplatzrisiko der Arbeitslosenversicherung bzw. dem Versicherten, nicht jedoch dem Rentenversicherungsträger obliegt.
Der Kläger hat hiernach keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI), da er nach dem dortigen Stichtag, dem 02.01.1961, geboren ist.
Die Berufung des Klägers gegen den klagabweisenden Gerichtsbescheid des SG vom 02.11.2015 ist hiernach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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