L 11 R 3643/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3961/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 3643/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 7a SGB IV berechtigt die DRV Bund nicht zu der Feststellung, dass eine bestimmte Tätigkeit (hier: Prokurist) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird, wenn in dieser Tätigkeit kraft Gesetzes keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.08.2016 abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 02.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2015 aufgehoben, soweit darin festgestellt wird, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Prokurist bei der Klägerin seit dem 12.11.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird.

Die Klägerin und die Beklagte tragen die Kosten des Rechtstreits in beiden Rechtszügen je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Der Streitwert wird endgültig auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung bezüglich der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Prokurist für die Klägerin.

Die Klägerin wurde 1977 gegründet und verfolgt den Unternehmenszweck "Verarbeitung und Handel mit Alucobondplatten- Material" (Handelsregister des Amtsgerichts S., HRB ...). Der Beigeladene zu 1) war bis 11.11.2014 einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin neben seinem Sohn, der seit 12.11.2014 Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer ist. Der Beigeladene zu 1) bezieht eine Altersvollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 12.11.2014 wurde der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer abberufen. Gleichzeitig wurde ihm ab diesem Tag Prokura erteilt. Die Klägerin schloss am 12.11.2014 mit dem Beigeladenen zu 1) einen Prokuristen-Dienstvertrag. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 3 Umfang der Tätigkeit 1) Der Prokurist hat sein gesamtes Wissen und Können im Interesse der Gesellschaft einzusetzen. 2) Der Prokurist bestimmt seinen Arbeitsort und seine Arbeitszeit eigenverantwortlich. Bezüglich der Dauer, Ableistung der Arbeitszeit unterliegt der Prokurist keinerlei Beschränkungen. 3) Der Prokurist unterliegt keinen Beschränkungen bezüglich anderer Betätigungen. Er darf insbesondere ein eigenes Handelsgewerbe betreiben oder andere Geschäfte auf eigene oder fremde Rechnung machen.

§ 4 Vergütung 1) Die Vergütung beträgt ab 12.11.2014 monatlich 6.600,00 EUR brutto. 2) Ein Urlaubs- und Weihnachtsgeld wird nicht gezahlt. 3) Auf weitere Sozialleistungen hat der Prokurist im betriebsüblichen Umfang Anspruch. 4) Ferner darf der Prokurist ein Firmenfahrzeug für private Zwecke benutzen. 5) Weiterhin wird eine Tantieme in folgendem Umfang gewährt: a. Der Betrieb erfordert einen besonderen, persönlichen Einsatz des Arbeitnehmers. Die zu erwartenden zahlreichen Überstunden und das persönliche Engagement sind durch die monatlichen Gehaltszahlungen nicht abgegolten. b. Dem Arbeitnehmer wird zu Abgeltung seiner besonderen Leistungen eine gewinnabhängige Tantieme zugesagt. Als Bemessungsgrundlage dient das erwirtschaftete Jahresergebnis.

§ 6 Urlaub Der Jahresurlaub des Prokuristen beträgt unter Zugrundelegung einer 5-Tage-Woche 30 Arbeitstage.

§ 7 Krankheit Im Krankheitsfalle wird dem Prokuristen das Gehalt zunächst für 6 Monate ungekürzt weiter bezahlt.

§ 8 Kündigungsfrist/Befristung Das Arbeitsverhältnis ist unbefristet."

Am 08.12.2014 beantragte der Beigeladene zu 1) die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status bei der Beklagten. Er gab an, dass er gesetzlich freiwillig krankenversichert und nicht an der GmbH beteiligt sei, keine anderweitige selbständige Tätigkeit oder weitere abhängige Beschäftigung ausübe und die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreite. Er habe der Klägerin ein Darlehen in Höhe von rund 1,5 Millionen EUR gewährt. In seiner Tätigkeit als Prokurist arbeite er durchschnittlich 40 Stunden pro Woche an 5 Arbeitstagen an wechselnden Orten.

Mit Schreiben vom 21.01.2015 hörte die Beklagte die Klägerin und den Beigeladenen zu 1) bezüglich des beabsichtigten Erlasses eines Bescheides über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung und der Feststellung von Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der Sozialversicherung an. Es würden sich wesentliche Tätigkeitsmerkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ergeben. Die Tätigkeit sei mit einem Anstellungsvertrag geregelt. Als Vergütung werde eine feste Pauschale monatlich gezahlt. Der Beigeladene zu 1) könne, da er kein Geschäftsführer sei, den Geschäftsbetrieb nicht mehr bestimmen. In der Ausführung der Tätigkeit unterliege er den Einschränkungen durch die Geschäftsführung. Am Stammkapital der Klägerin sei er nicht mehr beteiligt. In der Krankenversicherung bestehe Versicherungsfreiheit, weil das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die maßgebliche Jahresarbeitsentgeltgrenze voraussichtlich übersteige. In der Rentenversicherung bestehe Versicherungsfreiheit, weil eine Vollrente wegen Alters bezogen werde. Nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe Versicherungsfreiheit, weil die Regelaltersgrenze erreicht sei.

Der Geschäftsführer der Klägerin nahm Stellung und teilte mit, dass ihm im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge der Beigeladene zu 1) seinen Gesellschaftsanteil an der Klägerin übertragen habe. Die Übertragung sei aus rein steuerlichen Gründen erfolgt. Tatsächlich sei die Firma bereits seit über 20 Jahren eine reine Familiengesellschaft. Alleiniger Anteilseigner sei seit Gründung der Beigeladene zu 1) gewesen. Ein Ausscheiden aus dessen bisheriger Position sei faktisch nie Thema gewesen. Der Rücktritt aus der Geschäftsführung sei jedoch Voraussetzung für die begünstigte Übertragung von GmbH-Anteilen aus einkommensteuerlicher Sicht gewesen. Um die Versorgungsrente, die der jetzige Alleingesellschafter dem Beigeladenen zu 1) aufgrund der Übertragung monatlich bezahle, als Sonderausgabe geltend machen zu können, müsse dieser seine Tätigkeit als Geschäftsführer aufgeben. Zu berücksichtigen sei hier auch die Gewährung des Darlehens. Der Beigeladene zu 1) trage folglich sehr wohl ein unternehmerisches Risiko.

Mit Bescheid vom 02.03.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Prüfung des versicherungsrechtlichen Status ergeben habe, dass die Tätigkeit als Prokurist bei der Klägerin seit dem 12.11.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. In dem Beschäftigungsverhältnis bestehe ab Beginn der Beschäftigung keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2015 zurück. Im Widerspruchsbescheid führte sie aus, dass die Feststellungen, dass der Beigeladene zu 1) die Tätigkeit als Prokurist bei der Klägerin seit dem 12.11.2014 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausübe und das ab Beginn der Tätigkeit keine Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung bestehe, bestehen blieben.

Hiergegen hat die Klägerin am 27.11.2015 Klage um Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Mit Urteil vom 19.08.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtung- und (negative) Feststellungsklage unzulässig sei. Soweit die Klägerin die Feststellung begehre, dass der Beigeladene zu 1) für sie keine Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe, fehle es an einem Feststellungsinteresse. Denn die Feststellung einzelner Elemente eines Rechtsverhältnisses sei, mit Ausnahme der in § 55 SGG geregelten Fälle, nicht zulässig. Im Rahmen eines Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV bestehe kein Interesse der Beteiligten an der Feststellung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses. Soweit die Klägerin weiter die Feststellung des Nichtbestehens von Versicherungspflicht in den Zweigen der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung begehre, fehle es an einem Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag. Denn die Beklagte habe hierüber bereits ausdrücklich entschieden und eine Versicherungspflicht in diesen Zweigen verneint. Die Klägerin begehre diese Feststellung mit Blick auf die unzulässige Elementenfeststellung. Das Verbot einer Elementenfeststellung könne aber nicht dadurch unterlaufen werden, dass neben der begehrten Elementenfeststellung die weitere Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werde. Auch die Pflicht der Klägerin zur Beitragsentrichtung nach dem § 172 Abs 1 SGB VI und § 346 Abs 3 SGB III vermöge hieran nichts zu ändern. Die Klägerin müsse sich mit einer zulässigen Klage gegen den Beitragsbescheid wenden.

Im Übrigen hat das SG darauf hingewiesen, dass, ohne dass es hierauf ankomme, die Feststellungen der Beklagten auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden seien. Aus der Ausgestaltung und der Wortwahl des Dienstvertrages vom 12.11.2014 ergebe sich bereits eine abhängige Beschäftigung. Die Darlehensgewährung seitens des Beigeladenen zu 1) begründe kein Unternehmerrisiko, sondern sei lediglich, wie jede Darlehensgewährung, mit einem Haftungs- und Ausfallrisiko verbunden. Auf die Höhe des Darlehens komme es nicht an. Auch die familiäre Rücksichtnahme vermöge die tatsächliche Rechtsmacht nicht auszuhebeln.

Gegen das der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 01.09.2016 zugestellte Urteil hat diese, nunmehr vertreten durch einen Klägerbevollmächtigten, am 30.09.2016 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt.

Der Berichterstatter hat die Sach- und Rechtslage am 06.06.2017 mit dem Beteiligten erörtert und anschließend die Einzugsstelle und die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren beigeladen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass aufgrund der Pflicht zur Beitragsentrichtung ein Feststellungsinteresse gegeben sei. Zudem liege keine abhängige Beschäftigung vor. Der Beigeladene zu 1) sei nicht der typische Prokurist. Nach der Übertragung der Geschäftsanteile im Rahmen der Unternehmensnachfolge sei er letztendlich für die Klägerin nur noch im Rahmen beratender Funktion tätig geworden. Es sei auch keine klassische Eingliederung in den Betrieb der Klägerin erfolgt. Der Beigeladene zu 1) sei in jeglicher Hinsicht unabhängig gewesen. Ungeachtet der Formulierung des Prokuravertrages sei auf die tatsächliche Handhabung des Beschäftigungsverhältnisses abzustellen.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 19.08.2016 abzuändern und den Bescheid vom 02.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.10.2015 aufzuheben, soweit darin festgestellt wird, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Prokurist bei der Klägerin seit dem 12.11.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass der Bescheid vom 02.03.2015 keine unzulässige Elementenfeststellung beinhalte. Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei in einem ein Statusfeststellungsverfahren abschließenden Bescheid neben den Feststellungen zur Versicherungspflicht bzw Versicherungsfreiheit auch die (positive) Feststellung einer Beschäftigung vorzunehmen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft, zulässig und im Rahmen des zuletzt gestellten Antrags (Anfechtungsklage) begründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 02.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.10.2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, soweit darin zumindest der Rechtsschein der Feststellung gesetzt wird, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Prokurist bei der Klägerin seit dem 12.11.2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird. Im Berufungsverfahren nicht mehr Gegenstand ist die ursprünglich erhobene Feststellungsklage auf Feststellung von Versicherungsfreiheit in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung. Eine solche ist bereits im streitgegenständlichen Bescheid von der Beklagten festgestellt worden. Insoweit wurde die Berufung konkludent zurückgenommen und ist der Bescheid rechtskräftig geworden.

Der Senat kann offenlassen, ob – wie die Beklagte meint – im Bescheid tatsächlich eine eigenständige (zusätzliche) Feststellung getroffen worden ist, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Wortlaut und Aufbau des Bescheides sprechen zumindest im hier vorliegenden Fall für eine solche eigenständige Feststellung des Elements der abhängigen Beschäftigung. Jedenfalls wird aber durch die Mitteilung, dass die Prüfung eine abhängige Beschäftigung ergeben hat und die Darstellung dieser Mitteilung vor Beginn der Begründung des Bescheides ein Rechtsschein einer eigenständigen Feststellung von abhängiger Beschäftigung gesetzt. Dies gilt zumindest in dem hier zu entscheidenden Fall, in dem daran anschließend festgestellt wird, dass eine Versicherungspflicht in sämtlichen Zweigen der Sozialversicherung nicht besteht. Denn nach dem Inhalt der Mitteilungen kommt letztendlich nur noch der Feststellung des Elements der abhängigen Beschäftigung im Bescheid entscheidende Wirkung für die Klägerin zu. Letzteres ist von der Beklagten ja auch explizit beabsichtigt, damit eine rechtsverbindliche Wirkung auch für die Beitragszahlung im vorliegenden Fall eintritt.

Die Beklagte war jedoch entgegen ihrer Ansicht nicht berechtigt, eine eigenständige separate Feststellung des Vorliegens von abhängiger Beschäftigung zusätzlich zur Feststellung der Versicherungsfreiheit zu treffen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats und des BSG. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Beklagten zitierten Urteilen des BSG. Im Urteil des BSG vom 04.06.2009 (B 12 R 6/08 R) wird hierzu unmissverständlich wie folgt Stellung genommen:

"Die Bedeutung der Norm [§7a SGB IV], die trotz dieser Regelungstechnik eine übergreifende Einheitlichkeit innerhalb des Sozialversicherungsrechts weiterhin nicht gewährleistet, ist vornehmlich auf das Deckungsverhältnis der einzelnen Zweige der Sozialversicherung begrenzt (vgl § 1 Abs 3, § 2 Abs 2 Nr 1 SGB IV) und damit auf Feststellung der Versicherungspflicht (BSG aaO, Rn 15). Als bloßes Tatbestandselement ist das (Nicht-)Vorliegen einer Beschäftigung im Einzelfall einer isolierten Bestätigung durch einen - feststellenden - Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X) grundsätzlich nicht zugänglich. Dies entspricht zunächst der gesetzlichen Umschreibung des Gegenstandes entsprechender Verfahren der Einzugsstellen (§ 28h Abs 2 Satz 1 SGB IV) und der Träger der Rentenversicherung als Prüfstellen (§ 28p Abs 1 Satz 5 SGB IV), die ausdrücklich jeweils nur zur Feststellung der Sozialversicherungspflicht Beschäftigter, nicht aber des Vorliegens einer Beschäftigung ermächtigt sind. In Übereinstimmung hiermit eröffnet auch § 7a SGB IV als Regelung im Rahmen der Beschäftigtenversicherung neben diesen Verfahrensarten und in Konkurrenz hierzu den Weg nur zu einer unselbstständigen Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung aus Anlass und im Zusammenhang der umfassenden Prüfung der Voraussetzungen von Versicherungspflicht/-freiheit. Entgegen der Auffassung der beklagten Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund geben Wortlaut, Sinn und Zweck, systematische Stellung und Entstehungsgeschichte der Norm demgegenüber keinen Anhalt dafür, dass mit § 7a SGB IV ein besonderes Verfahren zur bloßen Elementen-Feststellung einer abhängigen Beschäftigung eröffnet werden sollte. Das "Anfrageverfahren" tritt in vollem Umfang gleichwertig neben die genannten Verfahren der Einzugsstellen und der Rentenversicherungsträger als Prüfstellen. Abgegrenzt wird es hiervon nach dem Kriterium der zeitlichen Vorrangigkeit. Auch die Entscheidungskompetenz der DRV Bund als "Clearing-Stelle" über das (Nicht-)Vorliegen einer Beschäftigung ist daher allein im Zusammenhang der Beurteilung der Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung (§ 1 Abs 1 SGB IV) und hierauf begrenzt eröffnet. Eine reduzierte Feststellung der "Versicherungspflicht dem Grunde nach" kennt das Gesetz dagegen ebenso wenig wie die isolierte Feststellung, dass eine unselbstständige Tätigkeit vorliegt (BSG aaO, Rn 16)."

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze kann auch ein separater Verfügungssatz im Bescheid bezüglich der Feststellung abhängiger Beschäftigung zusätzlich zur Feststellung von Versicherungspflicht oder Versicherungsfreiheit nicht auf § 7a SGB IV gestützt werden. Vielmehr kann die Feststellung des Vorliegens einer Beschäftigung nur als Begründungselement für eine sich daraus ergebende Versicherungspflicht dienen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des BSG vom 11.03.2009 (B 12 R 11/07 R, BSGE 103, 17-27, SozR 4-2400 § 7a Nr 2) in Rn 21. Dort heißt es: "Das Anfrageverfahren könnte darüber hinaus schon im Binnenbereich des § 7a SGB IV den mit ihm verfolgten Zielen nicht genügen, wollte man es stets als auf eine Feststellung des Vorliegens einer Beschäftigung iS der bloßen Erbringung abhängiger Arbeit begrenzt ansehen. Weder die Bestimmung eines vom "Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis" (vgl § 186 Abs 1 SGB V) abweichenden Zeitpunkts für den Eintritt der Versicherungspflicht wie auch die Regelung eines von § 23 SGB IV abweichenden Zeitpunkts der Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (§ 28d SGB IV) in § 7a Abs 6 Satz 2 SGB IV ist nämlich denkbar, ohne dass die das Anfrageverfahren abschließende Entscheidung sich gerade auf das Vorliegen von Versicherungspflicht bezieht. Dies schließt nicht aus, dass sich im Einzelfall der tatsächlich anfallende Prüfungsumfang auf das (Nicht-)Vorliegen einer Beschäftigung beschränkt. Fehlt es schon hieran, ist der Eintritt von Rechtsfolgen im Rahmen der Beschäftigtenversicherung bereits ausgeschlossen, weil damit eine von mehreren Voraussetzungen entfällt, die nur kumulativ zur Versicherungspflicht führen. Umgekehrt ist jedoch die - positive - Feststellung einer Beschäftigung für die Feststellung der entsprechenden Versicherungspflicht zwar stets notwendig, schon wegen § 8 f SGB IV, § 27 Abs 2 SGB III, § 7 SGB V, § 5 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB VI, § 20 Abs 1 Satz 1 SGB X für sich aber nie hinreichend."

Das BSG stellt hier eindeutig auf den Prüfungsumfang und nicht auf die bescheidmäßige isolierte Feststellung eines Tatbestandselements ab. Noch deutlicher und die vom Senat vertretene Auffassung bestätigend wird das BSG in Rn 25 des Urteils vom 11.03.2009 (aaO): "Für eine Feststellung der Versicherungspflicht als Gegenstand von § 7a SGB IV spricht schließlich bestätigend auch das in den sog Materialien benannte Ziel der "Statusfeststellung" (vgl BT-Drucks 14/1855 S 7). Unter Status wird heute in Anknüpfung an Georg Jellineks System der subjektiven öffentlichen Rechte (vgl Georg Jellinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, 1892, S 76 ff, 89 ff, 109 ff, 129 ff, und hierzu insgesamt Rudolf Summer/Matthias Pechstein, Beiträge zum Beamtenrecht, 2007, S 74 f) ein Rechtsverhältnis verstanden, das sich als Rechtsfolge öffentlich-rechtlicher Normen ergibt und seinerseits Anknüpfungspunkt für die Zuordnung von Rechten und Pflichten ist (vgl in diesem Sinne Rudolf Summer/Matthias Pechstein, aaO, S 76 und BVerfG, Urteil vom 8.6.1982, 2 BvE 2/82, BVerfGE 60, 374 = DVBl 1982, 780 f). "Status" ist folglich weder der Lebenssachverhalt, an den das öffentliche Recht typisierend anknüpft (vgl zur Rechtsnatur der Beschäftigung BVerfG, Kammerbeschluss vom 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr 11), noch der bloße Umstand einer Benennung dieses Sachverhalts, sondern allein die hieran unter Einbeziehung weiterer rechtlich relevanter Umstände ergebende Rechtsfolge der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit."

Soweit die Beklagte auf die Entscheidung des BSG vom 11.11.2015 (B 12 KR 10/14 R) Bezug nimmt, ist der dort entschiedene Sachverhalt nicht mit dem hier vergleichbar. Aus den Gründen des Urteils des BSG und noch klarer aus den Entscheidungsgründen des aufgehobenen Urteils des Hessisches Landessozialgerichts vom 15. Mai 2014 (L 1 KR 235/13) ergibt sich zum einen, dass positiv Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt worden ist. Zum anderen hat die Beklagte dort mit Berichtigungsbescheid während des Klageverfahrens klargestellt, dass auch mit dem Widerspruchsbescheid lediglich über die Versicherungs- und Beitragspflicht zur Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung verfügt worden sei.

Wenn die Beklagte demnach schon nicht berechtigt war, eine eigenständige separate Feststellung des Vorliegens von abhängiger Beschäftigung zusätzlich zur Feststellung der Versicherungsfreiheit zu treffen, ist die Klägerin auch durch den dementsprechend gesetzten Rechtsschein einer solchen Feststellung beschwert. Sie hat demnach auch einen Anspruch auf Beseitigung dieses Rechtsscheins.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 155 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt, dass die Berufung bzgl. des Feststellungsantrag konkludent zurückgenommen worden ist. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Diese haben keine Anträge gestellt und damit auch kein Prozessrisiko auf sich genommen (§ 197 Abs 1 SGG iVm §§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO). Sie tragen ihre Kosten selbst.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht Auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 Satz 1, 52 Abs 2, 47 Gerichtskostengesetz. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Regelstreitwert von 5.000,- EUR, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden (ständige Senatsrechtsprechung, zB Urteil vom 17.11.2015, L 11 R 1901/14; Beschluss vom 17.07.2014, L 11 R 2546/14 B).
Rechtskraft
Aus
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