Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 2478/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 2339/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 17.04.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten der auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten von Prof. Dr. T. E. vom 26.02.2016, von Prof. Dr. R. vom 24.07.2015 und von Dr. H. vom 09.09.2015 sowie die dabei angefallenen baren Auslagen endgültig selbst.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, mit welchem Grad der Behinderung (GdB) die bei dem Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen zu bewerten sind.
Der 1949 geborene Kläger beantragte am 12.10.2012 beim Landratsamt R. (LRA) wegen eines Bluthochdrucks, Gelenkarthrose, eines Bandscheibenvorfalls, Rückenschmerzen, Depressionen, Schwindel, einer Hörminderung und eines Tinnitus erstmals die Feststellung eines GdB (Bl. 2 ff. der Verwaltungsakte).
Das LRA zog daraufhin Befundunterlagen von dem Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. G. (Bl. 9 der Verwaltungsakte) und dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. (Bl. 13/20 der Verwaltungsakte) bei und ließ diese versorgungsmedizinisch auswerten.
Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Z. vom 25.01.2013 (Bl. 21/22 der Verwaltungsakte) stellte das LRA mit Bescheid vom 27.02.2013 wegen einer Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (GdB 20), einer seelischen Störung (GdB 20), einer Schwerhörigkeit beidseits (GdB 20), degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (GdB 10), einer Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks (GdB 10) sowie eines Bluthochdrucks (GdB 10) einen Gesamt-GdB von 40 seit dem 12.10.2012 fest (Bl. 23 der Verwaltungsakte).
Am 26.03.2013 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch (Bl. 25 der Verwaltungsakte) und führte zur Begründung an, er leide unter schweren degenerativen Veränderungen der Kniegelenke, die verhinderten, dass er längere Zeit gehe, stehe bzw. sitze. Er könne deswegen auch nicht mehr in die Hocke gehen, weshalb es z.B. ausgeschlossen sei, dass er seiner bisherigen Berufstätigkeit weiter nachgehe. Auch die degenerative Veränderung der Wirbelsäule mit Ausstrahlungen in die Beine wiege schwer. Mittlerweile träten sogar Lähmungserscheinungen auf. Auch diese schlössen eine gehende, stehende bzw. lang sitzende Tätigkeit vollkommen aus. Hinzu kämen die Beeinträchtigungen des rechten Schultergelenks. Auch die seelische Störung, unter der er vor allem wegen der schweren und lang anhaltenden Schmerzen leide, sei völlig unterbewertet. Hinzu komme die Schlaflosigkeit, die durch sein Tinnitus-Leiden verursacht werde. Hieraus resultierten neben den Depressionen auch Schwindelgefühle sowie eine erhebliche Konzentrationsschwäche. Vor diesem Hintergrund sei die Zuerkennung eines GdB von 40 nicht angemessen. Er übersandte zudem die ärztliche Stellungnahme des Dr. D. vom 09.04.2013 (Bl. 32 der Verwaltungsakte).
Entsprechend der versorgungsmedizinischen Stellungnahme des Dr. Schw. vom 21.05.2013 (Bl. 34 der Verwaltungsakte) wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2013 (Bl. 36/38 der Verwaltungsakte), welcher ausweislich des Absendevermerks am 13.06.2013 zur Post gegeben worden war, zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 15.07.2013 (einem Montag) Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und führte zur Begründung an, dass die Gelenkschmerzen, die alle Gelenke beträfen, zu niedrig bewertet seien. Insbesondere in den Kniegelenken leide er bei einer diagnostizierten Gonarthrose mit einhergehender retropatellarer Chondromalazie und Pes-Anserinus-Syndrom unter starken Schmerzen, die seine Gehfähigkeit in hohem Maße einschränke. Vergleichbares gelte für die Arthrose im Schultergelenk und die Beeinträchtigung der Rotatorenmanschette. Auch hier seien besonders schmerzhafte Bewegungseinschränkungen vorhanden. Auch die Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule rechtfertigten einen höheren GdB als 10. Die Beeinträchtigungen beträfen sämtliche Segmente der Wirbelsäule und verursachten eine äußerst schmerzhafte Bewegungseinschränkung. Ebenfalls vollkommen unterbewertet sei die Depression und die dadurch verursachten erheblichen Schlafstörungen. Diese lägen bereits seit sechs Jahren vor und hätten sich bislang als behandlungsresistent erwiesen, da er die Medikamente nicht vertrage. Gänzlich unberücksichtigt sei der Tinnitus. Zudem sei auch die Bildung des Gesamt-GdB nicht nachvollziehbar, selbst wenn man die von dem Beklagten festgestellten Einzel-GdB zu Grunde lege. Es erscheine nicht gerechtfertigt, die niedrigen Einzel-GdB völlig unberücksichtigt zu lassen.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG Beweis durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Facharzt für Orthopädie Dr. P. gab an (Auskunft vom 25.10.2013, Bl. 35 ff. der SG-Akte), die Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule sowie im Bereich der Kniegelenke seien als leicht zuzuordnen und voraussichtlich vorübergehender Genese. Ein GdB von 20 für Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke halte er für ausreichend, gleiches gelte für den GdB von 10 für die Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule. Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. S. teilte mit (Auskunft vom 25.10.2013, Bl. 47 der SG-Akte), der Kläger sei insgesamt fünf Mal bei ihm vorstellig geworden, zuletzt habe er ihn am 13.05.2011 gesehen. Er könne daher keine Angabe machen. Kardiologe Prof. Dr. St. gab an (Auskunft vom 31.10.2013, Bl. 48 f. der SG-Akte), er teile die Auffassung des versorgungsmedizinischen Dienstes. HNO-Arzt Dr. W. bekundete (Auskunft vom 21.11.2013, Bl. 50 ff. der SG-Akte), der Kläger sei seit 2011 nicht mehr vorstellig geworden. Er teile die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes.
Der Kläger reichte mit Schreiben vom 19.02.2014 die ärztliche Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. D. vom 14.01.2014 (Bl. 67 der SG-Akte) zu den Akten.
Mit Urteil vom 17.04.2014 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Festsetzung eines höheren GdB als 40.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 25.04.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 26.05.2014 Berufung bei dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung führt er aus, das SG sei seiner Amtsermittlungspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Es habe bei seiner Entscheidung auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet, obwohl er ausführlich zu den körperlichen Beeinträchtigungen vorgetragen habe. Das SG habe seine Entscheidung damit alleine auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Beklagten und die sachverständige Zeugenaussage derjenigen Ärzte gestützt, die den Kläger teilweise seit 2011 nicht mehr behandelt hätten. Diese spiegelten daher nicht das aktuelle bzw. das zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Beschwerdebild wieder. Auf orthopädischem Fachgebiet gehe das SG davon aus, dass es keine Beschwerden gebe, weil bei der (vorzeitig abgebrochenen) Reha-Maßnahme Befunde nicht hätten erhoben werden können. Aus nicht erhobenen Befunden könne jedoch nicht geschlossen werden, dass keine Beschwerden existierten. Es sei eine reine Unterstellung, dass er – der Kläger – dies durch eine willkürliche Muskelanspannung verhindert habe. Auch die sachverständige Zeugenaussage des Dr. P. sei nicht ausreichend aussagekräftig, nachdem eine Behandlung durch ihn zuletzt 2013 stattgefunden habe. Seine Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet müssten daher als nicht ausreichend ermittelt angesehen werden. Dies gelte auch für seine Beschwerden im Bereich der Kniegelenke, der Schultergelenke sowie der rechten Hand. Soweit sich das SG darauf berufe, dass keine Befunde vorlägen, sei es die Pflicht des Gerichts ermittelnd tätig zu werden. So schließe das SG auch voreilig aus der Tatsache, dass derzeit keine psychiatrische Behandlung durchgeführt werde darauf, dass kein Leidensdruck bestünde. Das Gegenteil sei jedoch der Fall. Zudem spiele auch das Tinnitusleiden eine hervorgehobene Rolle. Dieses führe nicht nur zu Schlafstörungen sondern auch zu einem gravierenden Schwindelgefühl. Dieses trete immer häufiger auf und führe dazu, dass er sich hinlegen müsse. Bereits das SG hätte in all diesen Bereichen Sachverständigen-Gutachten erheben müssen, dieser Antrag werde wiederholt.
Der Kläger beantragt zuletzt,
das Urteil des Sozialgericht Karlsruhe vom 17.04.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 27.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.06.2013 abzuändern und einen GdB von mindestens 50 seit Antragstellung anzuerkennen,
hilfsweise die Gutachter Prof. Dr. T. E. und Dr. H. zum Beweis der Tatsache, dass der GdB von mindestens 50 bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung im Verwaltungsverfahren vorlag, ergänzend zu befragen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein psychiatrisch, neuropsychiatrisch, psychotherapeutisches Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. T. E. vom 26.02.2016 (Bl. 119 ff. der Senatsakte) erhoben, der den Kläger am 22.12.2015 persönlich untersucht hat und sein Gutachten unter Berücksichtigung von Zusatzgutachten auf Hals-Nasen-Ohren-ärztlichen Fachgebiet (Gutachten des Facharztes für HNO-Heilkunde und Phoniatrie/Pädaudiologie Prof. Dr. R. vom 24.07.2015, Bl. 78 ff. der Senatsakte) und auf orthopädischem Fachgebiet (Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H. vom 09.09.2015, Bl. 95 ff. der Senatsakte) erstellt hat. Auf HNO-ärztlichem Fachgebiet leide der Kläger unter einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits mit Betonung des Hochtonbereichs rechts ausgeprägter als links und einem begleitendem Tinnitus aurium beidseits. Eine Störung des peripheren vestibulären Organs (Gleichgewichtsorgans) habe nicht festgestellt werden können. Auf orthopädischem Fachgebiet leide der Kläger unter einer chronischen Cervicobrachialgie und Cervicocephalgie bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule bei Osteochondrose, Spondylose und Uncarthose der HWS, einer ausgeprägten Dorsolumbalgie bei Skoliose und Wirbelsäulenfehlstatik nach LWK 1 Fraktur mit erheblicher Einschränkung der Beweglichkeit, einer chronischen Lumboischialgie rechts nach Bandscheibenvorfall und Nukleotomie L5/S1 2007 mit Wurzelschädigung (Taubheit am rechten Bein), einer mittelgradigen Ellenbogenarthrose mit Funktionseinschränkung, einer Initialgonarthrose beidseits und Menuscussymptomatik bei degenerativen Veränderungen und einer schmerzhaften Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk bei Ruptur der Supraspinatussehne. Auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe eine leichtgradige depressive Symptomatik. Der Gesamt-GdB betrage 60 seit Antragstellung.
Mit Schreiben vom 12.05.2015 (Bl. 152 ff. der Senatsakte) ist der Beklagte dieser Einschätzung unter Vorlage einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme entgegengetreten.
Der Senat hat daraufhin die ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. T. E. vom 02.08.2016 (Bl. 177 ff. der Senatsakte) sowie die ergänzende Stellungnahme des Dr. H. vom 02.09.2016 (Bl. 184 ff. der Senatsakte) eingeholt. Dr. H. hat nach nochmaliger Untersuchung des Klägers am 26.08.2016 mitgeteilt, dass die Funktionsbehinderung im Bereich der rechten Schulter mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten sei. Auf orthopädischem Fachgebiet sei ein Gesamt-GdB von 50 gerechtfertigt.
Mit Schreiben vom 23.11.2016 hat der Beklagte ein Vergleichsangebot unterbreitet, wonach der GdB 50 seit 09.09.2015 betrage. Der Kläger hat das Vergleichsangebot nicht zur Erledigung des Rechtsstreits angenommen.
Die Sach- und Rechtslage war Gegenstand des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 13.06.2017. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen (vgl. Bl. 180 f. der Senatsakte).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 181 der Senatsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 27.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.06.2013, mit welchem bei dem Kläger ein GdB von 40 festgestellt und eine höhere Feststellung abgelehnt worden war, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage daher zutreffend abgewiesen. Ein Anspruch auf die Feststellung eines GdB von 50 seit dem 12.10.2012 besteht nicht. Ebenso besteht auch kein Anspruch auf die Feststellung eines GdB von 50 ab einem späteren Zeitpunkt.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) – auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die bei dem Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau einen Gesamt-GdB von 50 nicht rechtfertigen.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen.
Nach Teil B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) bedingen einen GdB von 30 bis 40. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind mit einem GdB von 50 bis 70 zu bewerten. Soweit Prof. Dr. T. E. alternativ auch auf die Bewertung nach Teil B Nr. 3.6 VG abstellt, hat der Senat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass bei depressiven Erkrankungen eine Bewertung nach Teil B Nr. 3.7 VG zu erfolgen hat (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 16.06.2017 - L 8 SB 4298/15 m.w.N., sozialgerichtsbarkeit). In der Sache führt dies jedoch vorliegend auch nach der Einschätzung von Prof. T. E. zu keiner anderen Beurteilung.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegt bei dem Kläger zwar eine leichtere psychische Störung vor. Diese rechtfertigt jedoch noch nicht die Feststellung eines GdB.
Bei dem Kläger besteht allenfalls ein leichtes depressives Syndrom am ehesten im Sinne einer Anpassungsstörung. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. T. E ...
Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. E. stellte sich der Kläger voll orientiert vor. Auffassung und Konzentration waren gut. Auch die Daueraufmerksamkeit war im Rahmen der langen gutachterlichen Untersuchung nicht erkennbar gestört. Die Befragung war jederzeit gut möglich. Die Gesprächsführung gestaltete sich völlig unauffällig. Der Kläger stellte sich im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung euthym gestimmt und auslenkbar dar. Er konnte auch lachen. Psychomotorisch war er nicht gehemmt. Zwar berichtete der Kläger von Zuständen mit innerer Unruhe, die aber im Rahmen der über 2-stündigen Untersuchung nicht durch den Gutachter zu beobachten waren. Im Rahmen der psychopathologischen Befunderhebung zeigte sich allenfalls eine sehr diskrete affektive Symptomatik.
Nach alledem ist insoweit kein Teil-GdB festzustellen. Dieser ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der psychovegetativen Beschwerden, die aus dem Tinnitus resultieren. Der Senat konnte sich unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen weder davon überzeugen, dass bei dem Kläger eine GdB-relevante psychische Beeinträchtigung vorliegt, noch dass der Tinnitus erhebliche psychovegetative Begleiterscheinungen hervorruft. Der psychopathologische Befund im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung war weitgehend unauffällig, das psychosoziale Funktionsniveau und die soziale Integration des Klägers in seine alltäglichen familiären Bezüge sind ungestört. Es besteht ein intaktes Familienleben und (wenn auch wenige) außerfamiliäre freundschaftliche Kontakte. Störungen der Kommunikationsfähigkeit, der Mobilität sowie der täglichen Routine bestehen nicht. Die psychosoziale Situation ist geordnet. So hat der Kläger gegenüber Prof. Dr. T. E. angegeben, er stehe gegen 5:00 Uhr auf und gehe dann ca. 1 Stunde spazieren. Danach ruhe er sich aus und frühstücke mit seiner Ehefrau. Danach gingen sie gemeinsam ca. 1 ½ Stunden spazieren, bevor sie zu Mittag äßen, welches seine Ehefrau zubereite. Nachmittags würde er versuchen, etwas zu lesen, zudem gehe er oft einkaufen. Seit 2010 fahre er nur noch wenig Auto, aktuell nutze er das Auto seines Sohnes vor allem zum Einkaufen. Nach dem Abendessen gehe er wieder mit seiner Ehefrau spazieren, am Abend schaue man TV. Sein Hobby sei das Laufen, er lese pro Tag ca. ½ Stunde, gelegentlich auch Bücher und Geschichten. Die wichtigsten Menschen seien für ihn die Familie, Freunde habe er wenige. Der Kläger ist mithin in der Lage, seinen Alltag und sein Sozialleben zu gestalten und daran auch emotional und geistig teilzuhaben. Zwar schildert er durchaus einen monotonen Tagesablauf, Anhaltspunkte dafür, dass dieser durch psychische Beeinträchtigungen veranlasst wäre, ergeben sich jedoch nicht. Dementsprechend konnte auch der Kläger selbst bei der Begutachtung durch Prof. Dr. T. E. auf Anhieb keine psychischen Beeinträchtigungen angeben.
Auch aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (dazu vgl. Senatsurteil vom 17.12.2010 L 8 SB 1549/10, juris RdNr. 31). Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten wäre, findet sich nicht. Entsprechend wurde von dem Kläger im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung auch nicht spontan über eine psychische Symptomatik geklagt. Eine spezifisch ambulante therapeutische Behandlung wird nicht durchgeführt, stationäre Aufenthalte in psychiatrisch-psychotherapeutischen oder psychosomatischen Kliniken fanden bisher nicht statt. Die Behandlung durch Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. erfolgte ausweislich seiner zeugenschaftlichen Auskunft vom 25.10.2013 nur sporadisch (einmal im Jahr 2007, vier Mal im Jahr 2011). Medikamente, die dort verschrieben worden waren, nahm der Kläger nach seinen Angaben für ca. vier Wochen und setzte sie dann selbständig ab. Umstände, die der fehlenden Behandlung eine andere Indizwirkung zukommen lassen, wie z. B. die Nichtgenehmigung der Behandlung seitens der Krankenkasse oder eine lange Wartezeit vor der Behandlung, sind nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger angibt, sein Schlaf sei insbesondere wegen des Tinnitus und der Schmerzen gestört, konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass sich hieraus psychovegetative Beschwerden ergeben, die die Feststellung eines GdB rechtfertigen. Soweit Prof. Dr. T. E. Beeinträchtigungen durch Schlafstörungen annimmt, ergeben sich diese allein aus den anamnestische Beschwerdeangaben des Klägers. Diese sind jedoch nicht zu objektivieren. Weder bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. E. noch bei den Untersuchungen durch die übrigen Gutachter konnte eine (bei entsprechenden Schlafstörungen zu erwartende) Tagesmüdigkeit festgestellt werden. Insbesondere bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. E. war die Befragung während der über 2-stündigen Untersuchung jederzeit gut möglich. Auffassung, Konzentration und auch Daueraufmerksamkeit waren altersentsprechend ungestört, obgleich der Kläger eigenen Angaben zufolge jede Stunde in der Nacht wach sei und drei- bis viermal pro Nacht aufstehen würde. Die behauptete Dauer und Intensität dieser Störung sind in den erhobenen Befunden jedoch nicht abgebildet. Darüber hinaus bestehen auch Zweifel an der Glaubhaftigkeit der klägerischen Angaben, weil der Kläger im Jahr 2012 eine gestörte Nachtruhe auf einen seit zweieinhalb Jahren bestehenden erhöhten Harndrang bezogen hat, was zunächst grundsätzlich eine andere Qualität der Unterbrechung des Nachtschlafs, nämlich zunächst nur für die Dauer des Toilettengangs und ohne Einschlafstörungen, beinhaltet. Andererseits hatte der Kläger im August 2012 noch eine Nykturie (vermehrte nächtliche Miktion, Pschyrembel-online, Stichwort: Nykturie) mit 0-1x/d angegeben (vgl. Bericht von Prof. Dr. St. vom 28.08.2012), dagegen wird im Entlassungsbericht der Rehaklinik H. , B. , vom 27.12.2012 anamnestisch eine Pollakisurie (Drang zu häufigem Wasserlassen, meist mit jeweils nur geringen Harnmengen, Pschyrembel-online, Stichwort: Pollakisurie) angegeben, weshalb er alle 30-60 Minuten die Toilette aufsuchen müsse. Diese werde aus für die Rehaklinik unerklärlichen Gründen nicht behandelt. Befunde über Schlafstörungen oder einen vermehrten Harndrang sind im Reha-Bericht vom 27.12.2012 nicht aufgeführt, dagegen vielfache Hinweise auf Aggravation und demonstratives Verhalten bei der orthopädischen Befunderhebung.
Ein Einzel-GdB ist im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche nach alledem nicht festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Befundberichten des Dr. S ... In seinem Befundbericht vom 11.02.2011 (Bl. 14 Rückseite der Verwaltungsakte) berichtet Dr. S. von einem depressiv unterlegtem Affekt mit Leidensdruck, beschreibt den Kläger jedoch als freundlich und schwingungsfähig. Zwar stellte Dr. S. in den Befundberichten die Diagnose eines depressiven Syndroms. Entscheidend für die GdB-Bewertung sind jedoch nicht die Diagnosen, sondern die vorliegenden Funktionseinbußen sowie die konkreten Einschränkungen in der Alltagsgestaltung. Angaben hierzu finden sich nicht. Entsprechende Angaben finden sich auch nicht im Reha-Entlassbericht der Rehaklinik H. , wo sich der Kläger in der Zeit vom 05.12.2012 bis 14.12.2012 in stationärer Behandlung befunden hat (Bl. 37 ff. der SG-Akte). Psychische oder soziale Belastungen waren dort nicht zu eruieren. Das alltägliche Leben könne bewältigt werden. Die Einschätzung einer depressiven Verstimmung unter Einbeziehung der Auswirkungen des Tinnitus mit einem GdB 20 in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 02.05.2016 war für den Senat ebenfalls nicht überzeugend, weshalb er diese nicht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat.
Im Funktionssystem der Ohren konnte der Senat unter Berücksichtigung der Innenohrschwerhörigkeit sowie der Schwindelbeschwerden keinen Einzel-GdB feststellen. Die psychischen Auswirkungen des ebenfalls vorliegenden Tinnitus wurden bereits im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche berücksichtigt. Eine mehrfache Berücksichtigung derselben Teilhabebeeinträchtigungen in mehreren Funktionssystemen ist unzulässig (Senatsurteil vom 24.03.2017 – L 8 SB 1342/14, sozialgerichtsbarkeit; LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 24.09.2015 - L 7 SB 72/14, juris).
Nach Teil B Nr. 5 VG ist für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen die Herabsetzung des Sprachgehörs, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist, maßgebend. Der Beurteilung ist die von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie empfohlene Tabelle (siehe Teil B Nr. 5.2.4, Tabelle D) zugrunde zu legen. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus den entsprechenden Tabellen abzuleiten.
Bei dem Kläger besteht rechts eine gerade schon geringgradige Schwerhörigkeit und rechts Normalhörigkeit. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. R. vom 24.07.2015. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. R. betrug der Hörverlust für Sprache (Mehrsilber) rechts ca. 15 dB, links ca. 18 dB. Im Einsilberverständnis rechts erreichte der Kläger bei 60 dB 70 % Verständnis, bei 65 dB 85 %, ab 80 dB wird 100% Einsilberverständnis erreicht, welches bis 100 dB bestehen bleibt. Links erreichte der Kläger bei 60 dB 85 %, bei 65 dB 85 %, ab 80 dB 100 % Einsilberverständnis, welches bis 100 dB erhalten blieb. Im gewichteten Gesamtwortverstehen (3 x Verständnisquote bei 60 dB + 2 x Verständnisquote bei 80 dB + 1 x Verständnisquote bei 100 dB: 2) berechnet sich rechts ein Wert von 205, links von 277. Unter Berücksichtigung der Tabelle A, Teil B Nr. 5.2.1 VG ergibt sich rechts ein Hörverlust von 20 % und links ein Hörverlust von 0 %.
Bei Zugrundelegung der von Prof. Dr. R. ermittelten Hörverluste ergibt sich nach Teil B Nr. 5.2.4 Tabelle D VG bei einer geringgradigen Schwerhörigkeit rechts sowie einer Normalhörigkeit links ein Teil-GdB von 0. Der Senat konnte dabei offenlassen, ob die bei dem Kläger vorliegende Hörstörung rechts mit einem prozentualen Hörverlust von 20 % in der genannten Tabelle noch in die Zeile "Normalhörigkeit" oder schon in die Zeile "geringgradige Schwerhörigkeit" fällt. Die Bewertung mit einem Teil-GdB von 10 käme jedenfalls nur dann in Betracht, wenn die Zeile auch links voll ausgefüllt wäre. Dort besteht bei dem Kläger jedoch kein Hörverlust.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus der zeugenschaftlichen Auskunft des Dr. W. vom 21.11.2013. Soweit er eine mittelgradige Schwerhörigkeit annimmt, stützen die von ihm angegebenen Befunde diese Einschätzung nicht und konnte auch nicht durch Prof. Dr. R. objektiviert werden.
Im Funktionssystem der Ohren leidet der Kläger weiterhin unter einem Tinnitus rechts. Nach Teil B Nr. 5.3 VG bedingen Ohrgeräusche (Tinnitus) ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen einen GdB von 0 bis 10, solche mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen einen GdB von 20. Ohrgeräusche mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit rechtfertigen einen GdB von 30 bis 40. Die psychischen Auswirkungen des Tinnitus sind allerdings – wie oben dargestellt – bereits im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche berücksichtigt. Eine Erhöhung des Einzel-GdB für das Funktionssystem der Ohren ergibt sich demnach nicht.
Für die von dem Kläger vorgetragenen Schwindelbeschwerden ist ebenfalls kein Teil-GdB festzustellen. Nach Teil B Nr. 5.3 VG bedingen Gleichgewichtstörungen ohne wesentliche Folgen [beschwerdefrei, allenfalls Gefühl der Unsicherheit bei alltäglichen Belastungen (z. B. Gehen, Bücken, Aufrichten, Kopfdrehungen, leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung) leichte Unsicherheit, geringe Schwindelerscheinungen (Schwanken) bei höheren Belastungen (z. B. Heben von Lasten, Gehen im Dunkeln, abrupte Körperbewegungen) stärkere Unsicherheit mit Schwindelerscheinungen (Fallneigung, Ziehen nach einer Seite) erst bei außergewöhnlichen Belastungen (z. B. Stehen und Gehen auf Gerüsten, sportliche Übungen mit raschen Körperbewegungen) keine nennenswerten Abweichungen bei den Geh- und Stehversuchen einen GdB von 0 bis 10, solche mit leichten Folgen [leichte Unsicherheit, geringe Schwindelerscheinungen wie Schwanken, Stolpern, Ausfallsschritte bei alltäglichen Belastungen, stärkere Unsicherheit und Schwindelerscheinungen bei höheren Belastungen, leichte Abweichungen bei den Geh- und Stehversuchen erst auf höherer Belastungsstufe] einen GdB von 20. Gleichgewichtsstörungen mit mittelgradigen Folgen [stärkere Unsicherheit, Schwindelerscheinungen mit Fallneigung bereits bei alltäglichen Belastungen, heftiger Schwindel (mit vegetativen Erscheinungen, gelegentlich Übelkeit, Erbrechen) bei höheren und außergewöhnlichen Belastungen, deutliche Abweichungen bei den Geh- und Stehversuchen bereits auf niedriger Belastungsstufe] rechtfertigen einen GdB von 30 bis 40.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe sind bei dem Kläger keine GdB-relevanten Gleichgewichtsstörungen nachgewiesen. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. R. ließ sich keine Störung des peripheren vestibulären Organs (Gleichgewichtsorgans) feststellen. Belangvolle Gangstörungen lassen sich den Gutachten nicht entnehmen. Bei der Untersuchung durch Dr. H. war der Fußspitzen- und Fersenstand beidseits möglich. Nach den eigenen Angaben des Klägers im Rahmen der Untersuchung durch Prof. Dr. T. E. kommt der Schwindel erst bei längerem und vor allem schnellen Laufen nach über etwa 500 m Gehstrecke zum Tragen. Auch aus den Schilderungen zum Tagesablauf lassen sich keine wesentlichen Einschränkungen entnehmen. Ein Teil-GdB ergibt sich hieraus nicht.
Daran ändert auch die ärztliche Stellungnahme des Hausarztes Dr. D. vom 09.04.2013 (Bl. 32 der Verwaltungsakte) sowie dessen zeugenschaftliche Aussage vom 14.01.2014 nichts, wonach bei dem Kläger ein ständiger Schwindel bestehe. Weder ließ sich dieser objektivieren noch entsprechen die Angaben den eigenen Angaben des Klägers im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung.
Im Funktionssystem des Gehörs konnte der Senat nach alledem keinen Einzel-GdB feststellen.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, war ein Einzel-GdB von 30 anzunehmen.
Nach Teil B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11, juris).
Bei dem Kläger besteht insoweit eine chronische Cervicobrachialgie und Cervicocephalgie bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule bei Osteochondrose, Spondylose und Uncarthose der HWS, eine ausgeprägte Dorolumbalgie bei Skoliose und Wirbelsäulenfehlstatik nach LWK 1 Fraktur und eine chronische Lumboischialgie rechts nach Bandscheibenvorfall und Nukleotomie L5/S 1 2007 mit Wurzelschädigung. Bei der Untersuchung durch Dr. H. am 09.09.2015 zeigte sich ein Druckschmerz paravertebral in Höhe C3 – C5 rechts und muskuläre Verhärtungen über den Trapeziusmuskel zum Schultergelenk hin, rechtsbetont. Die Seitneigung war beidseits bis 30° möglich. Die Rotation nach rechts um ½ eingeschränkt, nach links frei mit endgradigem Dehnungsschmerz. Die Inklination war bis zu einem Kinn-Sternum-Abstand von 0 cm möglich, bei Reklination von 40°. Es zeigte sich ein Klopfschmerz über der mittleren Brustwirbelsäule und am dorsolumbalen Übergang. Die Inklination war bis zu einem Finger-Boden-Abstand von 27 cm möglich bei unzureichender Entfaltung der lumbalen Segmente. Das Schober’sche Zeichen betrug 10/11,5 cm. Das Aufrichten der Brustwirbelsäule war eingeschränkt, bei Inklination zeigten sich Torsionszeichen. Bei der Untersuchung am 26.08.2016 zeigte sich rechtskonvex im BWS-Abschnitt eine deutliche paravertebrale Wulstbildung und links paravertebral im LWS-Abschnitt. Das Ott’sche Zeichen betrug 31/30 cm. Die Seitneigung war beidseits um 2/3 eingeschränkt und es verblieb ein Abstand zwischen der Fingerspitze und dem Wadenbeinköpfchen von 12 cm. Die Rotation war beidseits bis 40° möglich. Sensible Ausfälle und Gefühlsminderung fanden sich im Dermatom L4/L5 und am Fußrand im Dermatom S1. Der Skoliosewinkel ließ sich mit 14° objektivieren.
Nach alledem ergeben sich mittelgradige Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie im Bereich der Halswirbelsäule, so dass ein Teil-GdB von 30 festzustellen ist. Ein Teil-GdB von 40, wie von Dr. H. vorgeschlagen, lässt sich hingegen nicht annehmen. Dieser setzt – wie dargelegt – schwere Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus. Die von Dr. H. mitgeteilten Befunde tragen eine solche Bewertung nicht, auch geht er selbst nur von mittelgradigen Auswirkungen im Bereich der Halswirbelsäule sowie mittel- bis schwergradigen Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule aus. Im Bereich der Halswirbelsäule ist zwar die Rotation nach rechts um ½ eingeschränkt, im Übrigen finden sich jedoch die Bewegungsmaße noch im Normbereich.
Ein höherer Einzel-GdB als 30 lässt sich mithin im Funktionssystem des Rumpfes nicht begründen.
Im Funktionssystem der Arme kann der Senat einen Einzel-GdB von 20 feststellen.
Nach Teil B Nr. 18.13 VG bedingt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) einen GdB von 10, wenn die Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich ist, gelingt die Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ist ein GdB von 20 anzunehmen.
Der Kläger leidet insoweit unter einer schmerzhaften Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk bei Ruptur der Supraspinatussehne. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. H ... Bei der Nachuntersuchung am 26.08.2016 war die Vorwärtsbewegung des rechten Armes auf 90° limitiert, links gelang die Vorwärtsbewegung mit 140°, die Rückwärtsbewegung war rechts auf 30° limitiert, links gelang sie mit 50°. Die Seitwärtsbewegung des Oberarmes war rechts bis 80° möglich, links bis 140°. Die körperwärts geführte Bewegung war auf 20° rechts, 30° links eingeschränkt. Die Auswärts- bzw. Einwärtsdrehung des Oberarms bei anliegendem Arm betrug rechts 40-0-90°, links ebenfalls 40-0-90°, die Auswärts- bzw. Einwärtsdrehung des Oberarmes bei 90° Abwickelung betrug rechts 40-0-60°, gegenüber links 70-0-70°. Der Nackengriff war mit dem rechten Arm nicht möglich, es verblieb eine Distanz von 22 cm. Der Schürzengriff war ebenfalls eingeschränkt, es verblieb eine Distanz von 6 cm.
Für die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der rechten Schulter ist damit ein Teil-GdB von 20 festzustellen. Dieser ist für die Zeit ab dem 09.09.2015 (Begutachtung bei Dr. H. ) nachgewiesen. Für den davorliegenden Zeitraum ist eine dauerhafte Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks mit Hebung des Armes nur bis 90° - wie auch der Beklagte zutreffend dargelegt hat – nicht objektiv belegt. Der Senat konnte sich unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht davon überzeugen, dass eine Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Schulter, welche einen GdB von 20 bedingt, bereits seit der Antragstellung am 12.12.2012 vorlag. Nach dem Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. P. vom 13.05.2011 (Bl. 16 der Verwaltungsakte) gelang die Abduktion/Adduktion bei der Untersuchung am 13.05.2011 rechts mit 110-0-30°, bei der Abschlussuntersuchung in der Klinik H. war der Arm bei massiver Gegenspannung des Klägers ebenfalls bis max. 110° anhebbar. Bei sehr ausgeprägten Demonstrations- und Aggravationstendenzen mit heftigem Gegenspannen war ein aussagekräftiger Status des Bewegungsapparates nicht zu erheben. Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind jedoch, dies gilt nach allgemeinen Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R, juris; Bayerisches LSG 05.02.2013 - L 15 SB 23/10, juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R, juris), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (BSG 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92, juris). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen. So liegt der Fall hier.
Im Funktionssystem der Beine konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen.
Nach Teil B Nr. 18.14 VG rechtfertigen Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 0-0-90°) beidseitig einen GdB von 10 bis 20. Beim Vorliegen mittelgradiger Bewegungseinschränkungen (z.B. Streckung/Beugung 0-10-90°) ist bei einseitigem Vorliegen ein GdB von 20, bei beidseitigen Vorliegen ein GdB von 40 vorgesehen. Ein GdB von 10 bis 30 ist anzunehmen bei ausgeprägten Knorpelschäden der Kniegelenke (z.B. Chondromalacia patellae Stadium II – IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen, einseitig und ohne Bewegungseinschränkung. Liegt eine Bewegungseinschränkung vor, beträgt der GdB 20 bis 40.
Bei dem Kläger besteht insoweit eine Initialgonarthrose beidseits mit Meniskussymptomatik bei degenerativen Veränderungen. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H ... Bei der Untersuchung durch Dr. H. war das linke Kniegelenk normal konfiguriert. Es zeigte sich eine deutliche Verschwielung. Der Bandapparat war fest. Es fanden sich keine Entzündungszeichen, kein Erguss und keine Blockade. Am inneren Gelenkspalt wurde ein mäßiger Druckschmerz angegeben. Am rechten Kniegelenk war der Bandapparat fest. Der Kläger gab einen Druck- und Bewegungsschmerz beim Beugen an. Es fand sich kein Erguss, keine Blockade. Die Streckung/Beugung gelang rechts mit 0-0-120°, links mit 0-0-160°. Der Senat konnte damit weder im linken noch im rechten Kniegelenk Bewegungsdefizite feststellen, die die Schwelle einer geringgradigen Bewegungseinschränkung i.S.d. Teil B Nr. 18.14 VG erreichen. Ohne Belastung beugt der Kläger das rechte Knie bis 120°, das linke Knie bis 160°. Auch anhaltende Reizerscheinungen, worunter längerfristig vorhandene sichtbare Veränderungen an den Kniegelenken in Form von Überwärmungen, Schwellungen oder Ergüssen zu verstehen sind, konnte der Senat nicht feststellen.
Ein Teil-GdB ergibt sich demnach nicht. Soweit Dr. H. dennoch einen Teil-GdB von 20 annimmt, tragen die von ihm mitgeteilten Befunde diese Einschätzung nicht. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der zeugenschaftlichen Aussage des Dr. P ... Bei dessen Untersuchung im Februar 2013 gelang die Extension/Flexion beidseits mit 0-0-140°. Das Innenband, Außenband und die Kreuzbänder waren stabil. Innenmeniskus- und Außenmeniskuszeichen waren negativ. Anhaltende Reizerscheinungen wurden nicht angegeben und ergeben sich auch nicht aus dem Befundbericht des Dr. P. vom 21.01.2011 (Bl. 13 der Verwaltungsakte). Vielmehr bestanden bei der Untersuchung im Januar 2011 zwar Schmerzen, eine Überwärmung, eine Weichteilschwellung oder Ergussbildung fand sich jedoch nicht. Entsprechend fand auch Fachärztin für Radiologie Dr. H. bei der Computertomographie weder im rechten noch im linken Kniegelenk einen Kniegelenkserguss. Für diese Beurteilung sprechen auch die Angaben im Entlassbericht der Rehaklinik H ... Bei der Untersuchung dort waren die Kniegelenke beidseits allenfalls diskret vergröbert, es fand sich keine Überwärmung und keine Ergussbildung. Die Extension/Flexion gelang mit 0-0-110°. Die festgestellten Knorpelschäden im rechten Kniegelenk ohne Bewegungseinschränkung und ohne anhaltende Reizerscheinungen rechtfertigen keine Höherbewertung. Nach den VG (Teil B 18.1) kommt allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB.
Ein Einzel-GdB für das Funktionssystem der Beine ergibt sich nach alledem nicht.
Im Funktionssystem Herz-Kreislauf ergibt sich jedenfalls kein höherer Einzel-GdB als 10. Nach Teil B Nr. 9 VG ist für die Bemessung des GdB bei Herz- und Kreislauferkrankungen weniger die Art der Krankheit als die Leistungseinbuße maßgeblich. Dies gilt nach Teil B Nr. 9.1.2 auch nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen; auch hier ist der GdB von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei der Beurteilung des GdB ist vom klinischen Bild und von den Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten ergänzen das klinische Bild.
Nach Teil B Nr. 9.1.1 VG bedingt eine Einschränkung der Herzleistung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, wie z.B. ohne Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, selbst bei gewohnter stärkerer Belastung, ohne Einschränkung der Sollleistung bei Ergometerbelastung einen GdB von 0 bis 10. Eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung mit 75 Watt über wenigstens zwei Minuten rechtfertigt einen GdB von 20 bis 40. Die Implantation eines Herzschrittmachers führt nach Nr. 9.1.6 Teil B VG zu einem GdB von 10. Eine Hypertonie (Bluthochdruck) führt nach Nr. 9.3 Teil B VG in leichter Form zu einem GdB von 0 bis 10. Eine leichte Form ist anzunehmen, wenn keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen aufgetreten sind. Bei einer mittelschweren Form und Organbeteiligung (fundus hypertonus I II, Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) leichten bis mittleren Grades, diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung ist ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt.
Der Kläger leidet insoweit unter einer Hypertonie. Dies entnimmt der Senat den Befundberichten des Kardiologen Prof. Dr. St. vom 31.05.2011 und 28.08.2012.
Bei der Untersuchung am 26.05.2011 durch Prof. Dr. St. (Befundbericht vom 31.05.2011, Bl. 19 der Verwaltungsakte) fand sich rechts ein Blutdruck von 120/80 und links 120/85 mmHg. Das Belastungs-EKG gelang nach Steigerung der Belastung in 25-Watt-Stufen über je 1 Minute bis maximal 125 Watt (91 % Ausbelastung/102 % der Sollfrequenz), der Abbruch erfolgte wegen des Erreichens der Ziel-HF. Es zeigte sich keine angina pectoris, keine Erregungsrückbildungsstörungen und keine Rhythmusstörungen. Insgesamt fand sich damit eine gute körperliche Leistungsfähigkeit. Bei der Untersuchung am 27.08.2012 fand sich rechts ein Blutdruck von 130/90 mmHg und links von 140/90 mmHg. Nach den eigenen Angaben des Klägers ist dieser im Alltag bei Belastungen weitgehend beschwerdefrei, es besteht keine relevante Angina und keine relevante Dyspnoe. Ein höherer GdB als 10 ist mithin nicht nachgewiesen.
Weitere Gesundheitsstörungen, die einen Teil-GdB von 10 bedingen, sind weder vorgetragen noch konnte der Senat solche feststellen. Dies gilt namentlich für die von Dr. D. angegebene vaskuläre Encephalopathie. Entsprechende Befunde liegen nicht vor und konnten auch durch Prof. Dr. T. E. nicht erhoben werden.
Der Sachverhalt ist mithin vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Der Senat musste auch dem Antrag des Klägers, die Gutachter Prof. Dr. T. E. und Dr. H. hinsichtlich der Frage, ab wann ein GdB von 50 anzunehmen ist, ergänzend zu hören, nicht nachkommen, nachdem es auf diese schon nicht entscheidungserheblich ankommt. Der Kläger hat zudem bereits keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt. Hierzu muss der Antrag aufzeigen, über welche im Einzelnen zu bezeichnenden Punkte Beweis erhoben werden soll. Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache. Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte (BSG, Urteil vom 09.07.2015 - B 9 SB 19/15 B, juris). Diesen Voraussetzungen entspricht der Antrag des Klägers nicht. Der Kläger hätte insoweit konkrete Funktionsbeeinträchtigungen benennen müssen. Er verkennt insoweit, dass die Bemessung des GdB nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterlicher Aufgabe ist, wobei das Gericht nur bei der Feststellung der einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen (erster Schritt) ausschließlich ärztliches Fachwissen heranziehen muss. Die Beweiswürdigung anhand der medizinischen Tatsachen und die Beurteilung des Gesamt-GdB ist hingegen Aufgabe des Gerichts (BSG, Beschluss vom 16.03.2016 – B 9 SB 85/15 B, juris). Zudem haben die Gutachter die Frage bereits in ihren Gutachten beantwortet. Eine auch aus Klägersicht ausfüllungsbedürftige Lücke in den gutachterlichen Ausführungen von Prof. Dr. T. E. und Dr. H. hat der Kläger nicht behauptet und liegt auch nicht vor.
Damit ist bei dem Kläger ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht festzustellen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB – nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder ein anderer Wert – fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht allein die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB. Vielmehr ist der Gesamt-GdB durch einen wertenden Vergleich dadurch zu bilden, dass die in dem zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen in Beziehung zu setzen sind - z.B. ist bei Feststellung der Schwerbehinderung der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 - L 8 SB 5215/13 - juris) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von
• 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes • 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme ab 09.09.2015 • 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem Herz-/Kreislauf
wobei sich Einzel-GdB-Werte von 10 regelmäßig nicht erhöhend auswirken (Teil A Nr. 3 lit. d, ee VG).
Die Feststellung eines höheren GdB als 40 kommt derzeit damit nicht in Betracht.
Vorliegend spricht gegen die Annahme einer Schwerbehinderung auch ein wertungsmäßiger Vergleich mit anderen Erkrankungsgruppen, für die ein Einzel-GdB von 50 festgestellt werden kann. Die Schwerbehinderteneigenschaft kann nur angenommen werden, wenn die zu berücksichtigende Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsstörungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach vergleichender Betrachtung so schwer beeinträchtigt wie etwa schwere Störungen (z.B. Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten (bei dem Kläger bestehen allenfalls leichtere psychischen Störungen), die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule (bei dem Kläger bestehen mittelgradige Bewegungseinschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten), die Versteifung des Schultergelenks in ungünstiger Stellung oder bei gestörter Beweglichkeit des Schultergürtels (bei dem Kläger ist die Vorwärtsbewegung des rechten Armes auf 90° limitiert) oder eine Hypertonie schwerer Form mit Beteiligung mehrerer Organe (bei dem Kläger besteht allenfalls eine leichte Form ohne Leistungsbeeinträchtigungen). Auch in ihrer Zusammenschau liegen bei dem Kläger derartig schwere Funktionsstörungen nicht vor, weshalb ein GdB von 50 vorliegend nicht gerechtfertigt ist. Der Senat ist dabei auch nicht an das Vergleichsangebot des Beklagten vom 23.11.2016, welches der Kläger nicht angenommen hat, gebunden, worauf die Berichterstatterin im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 13.06.2017 auch ausdrücklich hingewiesen hat.
Ein Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB als 40 besteht damit nicht. Zwar empfiehlt Prof. Dr. T. E. unter Berücksichtigung eines GdB von 50 auf orthopädischem Fachgebiet einen Gesamt-GdB von 60. Die durch Dr. H. erhobenen Befunde rechtfertigen eine solche Annahme jedoch nicht. Auch der Empfehlung des Hausarztes Dr. D. , einen Gesamt-GdB von 70 festzustellen (Bl. 67 der SG-Akte), kann nicht gefolgt werden. Dieser teilt schon keine Befunde mit, auf die eine entsprechende Annahme gestützt werden könnte.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr. T. E. vom 26.02.2016, von Prof. Dr. R. vom 24.07.2015 und von Dr. H. vom 09.09.2015 sowie die dabei angefallenen baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 – L 1 U 3854/06 KO-B, juris; Urteil des Senats vom 23.11.2012 – L 8 U 3868/11, unveröffentlicht), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese daher endgültig selbst zu tragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Es muss sich, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11). Von einer "wesentlichen" Förderung der Sachverhaltsaufklärung kann unter Anlegung eines objektiven Maßstabes nur dann ausgegangen werden, wenn zusätzliche neue Erkenntnisse gewonnen werden, die zu einer Entscheidung führen können, die auf Grundlage des bis dahin gewonnenen Ermittlungsergebnisses - insbesondere des Ergebnisses des Verwaltungsverfahrens und der im Gerichtsverfahren eingeholten Vorgutachten - nicht möglich gewesen wäre (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.07.2016 - L 10 U 82/16 B, juris).
Hiervon ausgehend ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten der Gutachten von Prof. Dr. T. E. vom 26.02.2016, von Prof. Dr. R. vom 24.07.2015 und von Dr. H. vom 09.09.2015 auf die Staatskasse zu übernehmen. Die Gutachten haben keine zusätzliche für die Sachaufklärung bedeutsamen Gesichtspunkte erbracht und die Sachaufklärung damit nicht maßgeblich gefördert. Damit waren die Gutachten im Hinblick auf den Streitgegenstand für die Beendigung des Rechtstreits nicht von wesentlicher Bedeutung. Dies gilt insbesondere für das Gutachten des Prof. Dr. T. E ... Weder vor der Begutachtung noch nach der Begutachtung bestanden Anhaltspunkte für eine GdB-relevante psychische Erkrankung des Klägers. Zwar hat Prof. Dr. T. E. einen Einzel-GdB von 20 für das Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche angenommen und davon ausgehend einen Gesamt-GdB von 60 empfohlen. Dieser Bewertung konnte sich der Senat aufgrund der erhobenen Befunde jedoch nicht anschließen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Der Kläger trägt die Kosten der auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten von Prof. Dr. T. E. vom 26.02.2016, von Prof. Dr. R. vom 24.07.2015 und von Dr. H. vom 09.09.2015 sowie die dabei angefallenen baren Auslagen endgültig selbst.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, mit welchem Grad der Behinderung (GdB) die bei dem Kläger vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen zu bewerten sind.
Der 1949 geborene Kläger beantragte am 12.10.2012 beim Landratsamt R. (LRA) wegen eines Bluthochdrucks, Gelenkarthrose, eines Bandscheibenvorfalls, Rückenschmerzen, Depressionen, Schwindel, einer Hörminderung und eines Tinnitus erstmals die Feststellung eines GdB (Bl. 2 ff. der Verwaltungsakte).
Das LRA zog daraufhin Befundunterlagen von dem Facharzt für HNO-Heilkunde Dr. G. (Bl. 9 der Verwaltungsakte) und dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. (Bl. 13/20 der Verwaltungsakte) bei und ließ diese versorgungsmedizinisch auswerten.
Entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. Z. vom 25.01.2013 (Bl. 21/22 der Verwaltungsakte) stellte das LRA mit Bescheid vom 27.02.2013 wegen einer Funktionsbehinderung beider Kniegelenke (GdB 20), einer seelischen Störung (GdB 20), einer Schwerhörigkeit beidseits (GdB 20), degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (GdB 10), einer Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks (GdB 10) sowie eines Bluthochdrucks (GdB 10) einen Gesamt-GdB von 40 seit dem 12.10.2012 fest (Bl. 23 der Verwaltungsakte).
Am 26.03.2013 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch (Bl. 25 der Verwaltungsakte) und führte zur Begründung an, er leide unter schweren degenerativen Veränderungen der Kniegelenke, die verhinderten, dass er längere Zeit gehe, stehe bzw. sitze. Er könne deswegen auch nicht mehr in die Hocke gehen, weshalb es z.B. ausgeschlossen sei, dass er seiner bisherigen Berufstätigkeit weiter nachgehe. Auch die degenerative Veränderung der Wirbelsäule mit Ausstrahlungen in die Beine wiege schwer. Mittlerweile träten sogar Lähmungserscheinungen auf. Auch diese schlössen eine gehende, stehende bzw. lang sitzende Tätigkeit vollkommen aus. Hinzu kämen die Beeinträchtigungen des rechten Schultergelenks. Auch die seelische Störung, unter der er vor allem wegen der schweren und lang anhaltenden Schmerzen leide, sei völlig unterbewertet. Hinzu komme die Schlaflosigkeit, die durch sein Tinnitus-Leiden verursacht werde. Hieraus resultierten neben den Depressionen auch Schwindelgefühle sowie eine erhebliche Konzentrationsschwäche. Vor diesem Hintergrund sei die Zuerkennung eines GdB von 40 nicht angemessen. Er übersandte zudem die ärztliche Stellungnahme des Dr. D. vom 09.04.2013 (Bl. 32 der Verwaltungsakte).
Entsprechend der versorgungsmedizinischen Stellungnahme des Dr. Schw. vom 21.05.2013 (Bl. 34 der Verwaltungsakte) wies das Regierungspräsidium Stuttgart – Landesversorgungsamt den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 06.06.2013 (Bl. 36/38 der Verwaltungsakte), welcher ausweislich des Absendevermerks am 13.06.2013 zur Post gegeben worden war, zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 15.07.2013 (einem Montag) Klage bei dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und führte zur Begründung an, dass die Gelenkschmerzen, die alle Gelenke beträfen, zu niedrig bewertet seien. Insbesondere in den Kniegelenken leide er bei einer diagnostizierten Gonarthrose mit einhergehender retropatellarer Chondromalazie und Pes-Anserinus-Syndrom unter starken Schmerzen, die seine Gehfähigkeit in hohem Maße einschränke. Vergleichbares gelte für die Arthrose im Schultergelenk und die Beeinträchtigung der Rotatorenmanschette. Auch hier seien besonders schmerzhafte Bewegungseinschränkungen vorhanden. Auch die Beeinträchtigungen im Bereich der Wirbelsäule rechtfertigten einen höheren GdB als 10. Die Beeinträchtigungen beträfen sämtliche Segmente der Wirbelsäule und verursachten eine äußerst schmerzhafte Bewegungseinschränkung. Ebenfalls vollkommen unterbewertet sei die Depression und die dadurch verursachten erheblichen Schlafstörungen. Diese lägen bereits seit sechs Jahren vor und hätten sich bislang als behandlungsresistent erwiesen, da er die Medikamente nicht vertrage. Gänzlich unberücksichtigt sei der Tinnitus. Zudem sei auch die Bildung des Gesamt-GdB nicht nachvollziehbar, selbst wenn man die von dem Beklagten festgestellten Einzel-GdB zu Grunde lege. Es erscheine nicht gerechtfertigt, die niedrigen Einzel-GdB völlig unberücksichtigt zu lassen.
Zur weiteren Aufklärung des medizinischen Sachverhalts erhob das SG Beweis durch schriftliche Befragung der behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen. Facharzt für Orthopädie Dr. P. gab an (Auskunft vom 25.10.2013, Bl. 35 ff. der SG-Akte), die Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule sowie im Bereich der Kniegelenke seien als leicht zuzuordnen und voraussichtlich vorübergehender Genese. Ein GdB von 20 für Funktionsbeeinträchtigungen der Kniegelenke halte er für ausreichend, gleiches gelte für den GdB von 10 für die Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule. Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. S. teilte mit (Auskunft vom 25.10.2013, Bl. 47 der SG-Akte), der Kläger sei insgesamt fünf Mal bei ihm vorstellig geworden, zuletzt habe er ihn am 13.05.2011 gesehen. Er könne daher keine Angabe machen. Kardiologe Prof. Dr. St. gab an (Auskunft vom 31.10.2013, Bl. 48 f. der SG-Akte), er teile die Auffassung des versorgungsmedizinischen Dienstes. HNO-Arzt Dr. W. bekundete (Auskunft vom 21.11.2013, Bl. 50 ff. der SG-Akte), der Kläger sei seit 2011 nicht mehr vorstellig geworden. Er teile die Auffassung des versorgungsärztlichen Dienstes.
Der Kläger reichte mit Schreiben vom 19.02.2014 die ärztliche Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. D. vom 14.01.2014 (Bl. 67 der SG-Akte) zu den Akten.
Mit Urteil vom 17.04.2014 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Festsetzung eines höheren GdB als 40.
Gegen das seiner Prozessbevollmächtigten am 25.04.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 26.05.2014 Berufung bei dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung führt er aus, das SG sei seiner Amtsermittlungspflicht nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Es habe bei seiner Entscheidung auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichtet, obwohl er ausführlich zu den körperlichen Beeinträchtigungen vorgetragen habe. Das SG habe seine Entscheidung damit alleine auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Beklagten und die sachverständige Zeugenaussage derjenigen Ärzte gestützt, die den Kläger teilweise seit 2011 nicht mehr behandelt hätten. Diese spiegelten daher nicht das aktuelle bzw. das zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehende Beschwerdebild wieder. Auf orthopädischem Fachgebiet gehe das SG davon aus, dass es keine Beschwerden gebe, weil bei der (vorzeitig abgebrochenen) Reha-Maßnahme Befunde nicht hätten erhoben werden können. Aus nicht erhobenen Befunden könne jedoch nicht geschlossen werden, dass keine Beschwerden existierten. Es sei eine reine Unterstellung, dass er – der Kläger – dies durch eine willkürliche Muskelanspannung verhindert habe. Auch die sachverständige Zeugenaussage des Dr. P. sei nicht ausreichend aussagekräftig, nachdem eine Behandlung durch ihn zuletzt 2013 stattgefunden habe. Seine Beschwerden auf orthopädischem Fachgebiet müssten daher als nicht ausreichend ermittelt angesehen werden. Dies gelte auch für seine Beschwerden im Bereich der Kniegelenke, der Schultergelenke sowie der rechten Hand. Soweit sich das SG darauf berufe, dass keine Befunde vorlägen, sei es die Pflicht des Gerichts ermittelnd tätig zu werden. So schließe das SG auch voreilig aus der Tatsache, dass derzeit keine psychiatrische Behandlung durchgeführt werde darauf, dass kein Leidensdruck bestünde. Das Gegenteil sei jedoch der Fall. Zudem spiele auch das Tinnitusleiden eine hervorgehobene Rolle. Dieses führe nicht nur zu Schlafstörungen sondern auch zu einem gravierenden Schwindelgefühl. Dieses trete immer häufiger auf und führe dazu, dass er sich hinlegen müsse. Bereits das SG hätte in all diesen Bereichen Sachverständigen-Gutachten erheben müssen, dieser Antrag werde wiederholt.
Der Kläger beantragt zuletzt,
das Urteil des Sozialgericht Karlsruhe vom 17.04.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 27.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.06.2013 abzuändern und einen GdB von mindestens 50 seit Antragstellung anzuerkennen,
hilfsweise die Gutachter Prof. Dr. T. E. und Dr. H. zum Beweis der Tatsache, dass der GdB von mindestens 50 bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung im Verwaltungsverfahren vorlag, ergänzend zu befragen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein psychiatrisch, neuropsychiatrisch, psychotherapeutisches Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Prof. Dr. T. E. vom 26.02.2016 (Bl. 119 ff. der Senatsakte) erhoben, der den Kläger am 22.12.2015 persönlich untersucht hat und sein Gutachten unter Berücksichtigung von Zusatzgutachten auf Hals-Nasen-Ohren-ärztlichen Fachgebiet (Gutachten des Facharztes für HNO-Heilkunde und Phoniatrie/Pädaudiologie Prof. Dr. R. vom 24.07.2015, Bl. 78 ff. der Senatsakte) und auf orthopädischem Fachgebiet (Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H. vom 09.09.2015, Bl. 95 ff. der Senatsakte) erstellt hat. Auf HNO-ärztlichem Fachgebiet leide der Kläger unter einer Innenohrschwerhörigkeit beidseits mit Betonung des Hochtonbereichs rechts ausgeprägter als links und einem begleitendem Tinnitus aurium beidseits. Eine Störung des peripheren vestibulären Organs (Gleichgewichtsorgans) habe nicht festgestellt werden können. Auf orthopädischem Fachgebiet leide der Kläger unter einer chronischen Cervicobrachialgie und Cervicocephalgie bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule bei Osteochondrose, Spondylose und Uncarthose der HWS, einer ausgeprägten Dorsolumbalgie bei Skoliose und Wirbelsäulenfehlstatik nach LWK 1 Fraktur mit erheblicher Einschränkung der Beweglichkeit, einer chronischen Lumboischialgie rechts nach Bandscheibenvorfall und Nukleotomie L5/S1 2007 mit Wurzelschädigung (Taubheit am rechten Bein), einer mittelgradigen Ellenbogenarthrose mit Funktionseinschränkung, einer Initialgonarthrose beidseits und Menuscussymptomatik bei degenerativen Veränderungen und einer schmerzhaften Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk bei Ruptur der Supraspinatussehne. Auf psychiatrischem Fachgebiet bestehe eine leichtgradige depressive Symptomatik. Der Gesamt-GdB betrage 60 seit Antragstellung.
Mit Schreiben vom 12.05.2015 (Bl. 152 ff. der Senatsakte) ist der Beklagte dieser Einschätzung unter Vorlage einer versorgungsmedizinischen Stellungnahme entgegengetreten.
Der Senat hat daraufhin die ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. T. E. vom 02.08.2016 (Bl. 177 ff. der Senatsakte) sowie die ergänzende Stellungnahme des Dr. H. vom 02.09.2016 (Bl. 184 ff. der Senatsakte) eingeholt. Dr. H. hat nach nochmaliger Untersuchung des Klägers am 26.08.2016 mitgeteilt, dass die Funktionsbehinderung im Bereich der rechten Schulter mit einem Teil-GdB von 20 zu bewerten sei. Auf orthopädischem Fachgebiet sei ein Gesamt-GdB von 50 gerechtfertigt.
Mit Schreiben vom 23.11.2016 hat der Beklagte ein Vergleichsangebot unterbreitet, wonach der GdB 50 seit 09.09.2015 betrage. Der Kläger hat das Vergleichsangebot nicht zur Erledigung des Rechtsstreits angenommen.
Die Sach- und Rechtslage war Gegenstand des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 13.06.2017. Auf die Niederschrift wird Bezug genommen (vgl. Bl. 180 f. der Senatsakte).
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 181 der Senatsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats sowie die beigezogenen Akten des SG und auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet.
Der angefochtene Bescheid des LRA vom 27.02.2013 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 06.06.2013, mit welchem bei dem Kläger ein GdB von 40 festgestellt und eine höhere Feststellung abgelehnt worden war, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das SG hat die Klage daher zutreffend abgewiesen. Ein Anspruch auf die Feststellung eines GdB von 50 seit dem 12.10.2012 besteht nicht. Ebenso besteht auch kein Anspruch auf die Feststellung eines GdB von 50 ab einem späteren Zeitpunkt.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die GdB-Bewertung sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die der Zuerkennung eines GdB zugrundeliegende Behinderung wird gemäß § 69 Abs. 1 SGB IX im Hinblick auf deren Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Dabei stellt die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2009 (BGBl. I, 2412), den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) – wie auch die zuvor geltenden Anhaltspunkte (AHP) – auf funktionelle Beeinträchtigungen ab, die im Allgemeinen zunächst nach Funktionssystemen zusammenfassend (dazu vgl. Teil A Nr. 2 Buchst. e) VG) und die hieraus gebildeten Einzel-GdB (vgl. A Nr. 3a) VG) nach § 69 Abs. 3 SGB IX anschließend in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen sind. Die Feststellung der jeweiligen Einzel-GdB folgt dabei nicht einzelnen Erkrankungen sondern den funktionellen Auswirkungen aller derjenigen Erkrankungen, die ein einzelnes Funktionssystem betreffen.
Der Senat ist nach eigener Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass die bei dem Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen in ihrer Gesamtschau einen Gesamt-GdB von 50 nicht rechtfertigen.
Im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen.
Nach Teil B Nr. 3.7 VG sind leichtere psychovegetative oder psychische Störungen mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) bedingen einen GdB von 30 bis 40. Schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sind mit einem GdB von 50 bis 70 zu bewerten. Soweit Prof. Dr. T. E. alternativ auch auf die Bewertung nach Teil B Nr. 3.6 VG abstellt, hat der Senat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass bei depressiven Erkrankungen eine Bewertung nach Teil B Nr. 3.7 VG zu erfolgen hat (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 16.06.2017 - L 8 SB 4298/15 m.w.N., sozialgerichtsbarkeit). In der Sache führt dies jedoch vorliegend auch nach der Einschätzung von Prof. T. E. zu keiner anderen Beurteilung.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegt bei dem Kläger zwar eine leichtere psychische Störung vor. Diese rechtfertigt jedoch noch nicht die Feststellung eines GdB.
Bei dem Kläger besteht allenfalls ein leichtes depressives Syndrom am ehesten im Sinne einer Anpassungsstörung. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. T. E ...
Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. E. stellte sich der Kläger voll orientiert vor. Auffassung und Konzentration waren gut. Auch die Daueraufmerksamkeit war im Rahmen der langen gutachterlichen Untersuchung nicht erkennbar gestört. Die Befragung war jederzeit gut möglich. Die Gesprächsführung gestaltete sich völlig unauffällig. Der Kläger stellte sich im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung euthym gestimmt und auslenkbar dar. Er konnte auch lachen. Psychomotorisch war er nicht gehemmt. Zwar berichtete der Kläger von Zuständen mit innerer Unruhe, die aber im Rahmen der über 2-stündigen Untersuchung nicht durch den Gutachter zu beobachten waren. Im Rahmen der psychopathologischen Befunderhebung zeigte sich allenfalls eine sehr diskrete affektive Symptomatik.
Nach alledem ist insoweit kein Teil-GdB festzustellen. Dieser ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der psychovegetativen Beschwerden, die aus dem Tinnitus resultieren. Der Senat konnte sich unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen weder davon überzeugen, dass bei dem Kläger eine GdB-relevante psychische Beeinträchtigung vorliegt, noch dass der Tinnitus erhebliche psychovegetative Begleiterscheinungen hervorruft. Der psychopathologische Befund im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung war weitgehend unauffällig, das psychosoziale Funktionsniveau und die soziale Integration des Klägers in seine alltäglichen familiären Bezüge sind ungestört. Es besteht ein intaktes Familienleben und (wenn auch wenige) außerfamiliäre freundschaftliche Kontakte. Störungen der Kommunikationsfähigkeit, der Mobilität sowie der täglichen Routine bestehen nicht. Die psychosoziale Situation ist geordnet. So hat der Kläger gegenüber Prof. Dr. T. E. angegeben, er stehe gegen 5:00 Uhr auf und gehe dann ca. 1 Stunde spazieren. Danach ruhe er sich aus und frühstücke mit seiner Ehefrau. Danach gingen sie gemeinsam ca. 1 ½ Stunden spazieren, bevor sie zu Mittag äßen, welches seine Ehefrau zubereite. Nachmittags würde er versuchen, etwas zu lesen, zudem gehe er oft einkaufen. Seit 2010 fahre er nur noch wenig Auto, aktuell nutze er das Auto seines Sohnes vor allem zum Einkaufen. Nach dem Abendessen gehe er wieder mit seiner Ehefrau spazieren, am Abend schaue man TV. Sein Hobby sei das Laufen, er lese pro Tag ca. ½ Stunde, gelegentlich auch Bücher und Geschichten. Die wichtigsten Menschen seien für ihn die Familie, Freunde habe er wenige. Der Kläger ist mithin in der Lage, seinen Alltag und sein Sozialleben zu gestalten und daran auch emotional und geistig teilzuhaben. Zwar schildert er durchaus einen monotonen Tagesablauf, Anhaltspunkte dafür, dass dieser durch psychische Beeinträchtigungen veranlasst wäre, ergeben sich jedoch nicht. Dementsprechend konnte auch der Kläger selbst bei der Begutachtung durch Prof. Dr. T. E. auf Anhieb keine psychischen Beeinträchtigungen angeben.
Auch aufgrund der fehlenden ärztlichen Behandlung kann nicht davon ausgegangen werden, dass das diagnostizierte seelische Leiden des Klägers über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (dazu vgl. Senatsurteil vom 17.12.2010 L 8 SB 1549/10, juris RdNr. 31). Ein entsprechender Leidensdruck des Klägers, der bei einer stärker behindernden psychischen Störung zu erwarten wäre, findet sich nicht. Entsprechend wurde von dem Kläger im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung auch nicht spontan über eine psychische Symptomatik geklagt. Eine spezifisch ambulante therapeutische Behandlung wird nicht durchgeführt, stationäre Aufenthalte in psychiatrisch-psychotherapeutischen oder psychosomatischen Kliniken fanden bisher nicht statt. Die Behandlung durch Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. erfolgte ausweislich seiner zeugenschaftlichen Auskunft vom 25.10.2013 nur sporadisch (einmal im Jahr 2007, vier Mal im Jahr 2011). Medikamente, die dort verschrieben worden waren, nahm der Kläger nach seinen Angaben für ca. vier Wochen und setzte sie dann selbständig ab. Umstände, die der fehlenden Behandlung eine andere Indizwirkung zukommen lassen, wie z. B. die Nichtgenehmigung der Behandlung seitens der Krankenkasse oder eine lange Wartezeit vor der Behandlung, sind nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger angibt, sein Schlaf sei insbesondere wegen des Tinnitus und der Schmerzen gestört, konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass sich hieraus psychovegetative Beschwerden ergeben, die die Feststellung eines GdB rechtfertigen. Soweit Prof. Dr. T. E. Beeinträchtigungen durch Schlafstörungen annimmt, ergeben sich diese allein aus den anamnestische Beschwerdeangaben des Klägers. Diese sind jedoch nicht zu objektivieren. Weder bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. E. noch bei den Untersuchungen durch die übrigen Gutachter konnte eine (bei entsprechenden Schlafstörungen zu erwartende) Tagesmüdigkeit festgestellt werden. Insbesondere bei der Untersuchung durch Prof. Dr. T. E. war die Befragung während der über 2-stündigen Untersuchung jederzeit gut möglich. Auffassung, Konzentration und auch Daueraufmerksamkeit waren altersentsprechend ungestört, obgleich der Kläger eigenen Angaben zufolge jede Stunde in der Nacht wach sei und drei- bis viermal pro Nacht aufstehen würde. Die behauptete Dauer und Intensität dieser Störung sind in den erhobenen Befunden jedoch nicht abgebildet. Darüber hinaus bestehen auch Zweifel an der Glaubhaftigkeit der klägerischen Angaben, weil der Kläger im Jahr 2012 eine gestörte Nachtruhe auf einen seit zweieinhalb Jahren bestehenden erhöhten Harndrang bezogen hat, was zunächst grundsätzlich eine andere Qualität der Unterbrechung des Nachtschlafs, nämlich zunächst nur für die Dauer des Toilettengangs und ohne Einschlafstörungen, beinhaltet. Andererseits hatte der Kläger im August 2012 noch eine Nykturie (vermehrte nächtliche Miktion, Pschyrembel-online, Stichwort: Nykturie) mit 0-1x/d angegeben (vgl. Bericht von Prof. Dr. St. vom 28.08.2012), dagegen wird im Entlassungsbericht der Rehaklinik H. , B. , vom 27.12.2012 anamnestisch eine Pollakisurie (Drang zu häufigem Wasserlassen, meist mit jeweils nur geringen Harnmengen, Pschyrembel-online, Stichwort: Pollakisurie) angegeben, weshalb er alle 30-60 Minuten die Toilette aufsuchen müsse. Diese werde aus für die Rehaklinik unerklärlichen Gründen nicht behandelt. Befunde über Schlafstörungen oder einen vermehrten Harndrang sind im Reha-Bericht vom 27.12.2012 nicht aufgeführt, dagegen vielfache Hinweise auf Aggravation und demonstratives Verhalten bei der orthopädischen Befunderhebung.
Ein Einzel-GdB ist im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche nach alledem nicht festzustellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Befundberichten des Dr. S ... In seinem Befundbericht vom 11.02.2011 (Bl. 14 Rückseite der Verwaltungsakte) berichtet Dr. S. von einem depressiv unterlegtem Affekt mit Leidensdruck, beschreibt den Kläger jedoch als freundlich und schwingungsfähig. Zwar stellte Dr. S. in den Befundberichten die Diagnose eines depressiven Syndroms. Entscheidend für die GdB-Bewertung sind jedoch nicht die Diagnosen, sondern die vorliegenden Funktionseinbußen sowie die konkreten Einschränkungen in der Alltagsgestaltung. Angaben hierzu finden sich nicht. Entsprechende Angaben finden sich auch nicht im Reha-Entlassbericht der Rehaklinik H. , wo sich der Kläger in der Zeit vom 05.12.2012 bis 14.12.2012 in stationärer Behandlung befunden hat (Bl. 37 ff. der SG-Akte). Psychische oder soziale Belastungen waren dort nicht zu eruieren. Das alltägliche Leben könne bewältigt werden. Die Einschätzung einer depressiven Verstimmung unter Einbeziehung der Auswirkungen des Tinnitus mit einem GdB 20 in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 02.05.2016 war für den Senat ebenfalls nicht überzeugend, weshalb er diese nicht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat.
Im Funktionssystem der Ohren konnte der Senat unter Berücksichtigung der Innenohrschwerhörigkeit sowie der Schwindelbeschwerden keinen Einzel-GdB feststellen. Die psychischen Auswirkungen des ebenfalls vorliegenden Tinnitus wurden bereits im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche berücksichtigt. Eine mehrfache Berücksichtigung derselben Teilhabebeeinträchtigungen in mehreren Funktionssystemen ist unzulässig (Senatsurteil vom 24.03.2017 – L 8 SB 1342/14, sozialgerichtsbarkeit; LSG Sachsen-Anhalt Urteil vom 24.09.2015 - L 7 SB 72/14, juris).
Nach Teil B Nr. 5 VG ist für die Bewertung des GdB bei Hörstörungen die Herabsetzung des Sprachgehörs, deren Umfang durch Prüfung ohne Hörhilfen zu bestimmen ist, maßgebend. Der Beurteilung ist die von der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie empfohlene Tabelle (siehe Teil B Nr. 5.2.4, Tabelle D) zugrunde zu legen. Nach Durchführung eines Ton- und Sprachaudiogramms ist der Prozentsatz des Hörverlustes aus den entsprechenden Tabellen abzuleiten.
Bei dem Kläger besteht rechts eine gerade schon geringgradige Schwerhörigkeit und rechts Normalhörigkeit. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. R. vom 24.07.2015. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. R. betrug der Hörverlust für Sprache (Mehrsilber) rechts ca. 15 dB, links ca. 18 dB. Im Einsilberverständnis rechts erreichte der Kläger bei 60 dB 70 % Verständnis, bei 65 dB 85 %, ab 80 dB wird 100% Einsilberverständnis erreicht, welches bis 100 dB bestehen bleibt. Links erreichte der Kläger bei 60 dB 85 %, bei 65 dB 85 %, ab 80 dB 100 % Einsilberverständnis, welches bis 100 dB erhalten blieb. Im gewichteten Gesamtwortverstehen (3 x Verständnisquote bei 60 dB + 2 x Verständnisquote bei 80 dB + 1 x Verständnisquote bei 100 dB: 2) berechnet sich rechts ein Wert von 205, links von 277. Unter Berücksichtigung der Tabelle A, Teil B Nr. 5.2.1 VG ergibt sich rechts ein Hörverlust von 20 % und links ein Hörverlust von 0 %.
Bei Zugrundelegung der von Prof. Dr. R. ermittelten Hörverluste ergibt sich nach Teil B Nr. 5.2.4 Tabelle D VG bei einer geringgradigen Schwerhörigkeit rechts sowie einer Normalhörigkeit links ein Teil-GdB von 0. Der Senat konnte dabei offenlassen, ob die bei dem Kläger vorliegende Hörstörung rechts mit einem prozentualen Hörverlust von 20 % in der genannten Tabelle noch in die Zeile "Normalhörigkeit" oder schon in die Zeile "geringgradige Schwerhörigkeit" fällt. Die Bewertung mit einem Teil-GdB von 10 käme jedenfalls nur dann in Betracht, wenn die Zeile auch links voll ausgefüllt wäre. Dort besteht bei dem Kläger jedoch kein Hörverlust.
Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht aus der zeugenschaftlichen Auskunft des Dr. W. vom 21.11.2013. Soweit er eine mittelgradige Schwerhörigkeit annimmt, stützen die von ihm angegebenen Befunde diese Einschätzung nicht und konnte auch nicht durch Prof. Dr. R. objektiviert werden.
Im Funktionssystem der Ohren leidet der Kläger weiterhin unter einem Tinnitus rechts. Nach Teil B Nr. 5.3 VG bedingen Ohrgeräusche (Tinnitus) ohne nennenswerte psychische Begleiterscheinungen einen GdB von 0 bis 10, solche mit erheblichen psychovegetativen Begleiterscheinungen einen GdB von 20. Ohrgeräusche mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit rechtfertigen einen GdB von 30 bis 40. Die psychischen Auswirkungen des Tinnitus sind allerdings – wie oben dargestellt – bereits im Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche berücksichtigt. Eine Erhöhung des Einzel-GdB für das Funktionssystem der Ohren ergibt sich demnach nicht.
Für die von dem Kläger vorgetragenen Schwindelbeschwerden ist ebenfalls kein Teil-GdB festzustellen. Nach Teil B Nr. 5.3 VG bedingen Gleichgewichtstörungen ohne wesentliche Folgen [beschwerdefrei, allenfalls Gefühl der Unsicherheit bei alltäglichen Belastungen (z. B. Gehen, Bücken, Aufrichten, Kopfdrehungen, leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung) leichte Unsicherheit, geringe Schwindelerscheinungen (Schwanken) bei höheren Belastungen (z. B. Heben von Lasten, Gehen im Dunkeln, abrupte Körperbewegungen) stärkere Unsicherheit mit Schwindelerscheinungen (Fallneigung, Ziehen nach einer Seite) erst bei außergewöhnlichen Belastungen (z. B. Stehen und Gehen auf Gerüsten, sportliche Übungen mit raschen Körperbewegungen) keine nennenswerten Abweichungen bei den Geh- und Stehversuchen einen GdB von 0 bis 10, solche mit leichten Folgen [leichte Unsicherheit, geringe Schwindelerscheinungen wie Schwanken, Stolpern, Ausfallsschritte bei alltäglichen Belastungen, stärkere Unsicherheit und Schwindelerscheinungen bei höheren Belastungen, leichte Abweichungen bei den Geh- und Stehversuchen erst auf höherer Belastungsstufe] einen GdB von 20. Gleichgewichtsstörungen mit mittelgradigen Folgen [stärkere Unsicherheit, Schwindelerscheinungen mit Fallneigung bereits bei alltäglichen Belastungen, heftiger Schwindel (mit vegetativen Erscheinungen, gelegentlich Übelkeit, Erbrechen) bei höheren und außergewöhnlichen Belastungen, deutliche Abweichungen bei den Geh- und Stehversuchen bereits auf niedriger Belastungsstufe] rechtfertigen einen GdB von 30 bis 40.
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe sind bei dem Kläger keine GdB-relevanten Gleichgewichtsstörungen nachgewiesen. Bei der gutachterlichen Untersuchung durch Prof. Dr. R. ließ sich keine Störung des peripheren vestibulären Organs (Gleichgewichtsorgans) feststellen. Belangvolle Gangstörungen lassen sich den Gutachten nicht entnehmen. Bei der Untersuchung durch Dr. H. war der Fußspitzen- und Fersenstand beidseits möglich. Nach den eigenen Angaben des Klägers im Rahmen der Untersuchung durch Prof. Dr. T. E. kommt der Schwindel erst bei längerem und vor allem schnellen Laufen nach über etwa 500 m Gehstrecke zum Tragen. Auch aus den Schilderungen zum Tagesablauf lassen sich keine wesentlichen Einschränkungen entnehmen. Ein Teil-GdB ergibt sich hieraus nicht.
Daran ändert auch die ärztliche Stellungnahme des Hausarztes Dr. D. vom 09.04.2013 (Bl. 32 der Verwaltungsakte) sowie dessen zeugenschaftliche Aussage vom 14.01.2014 nichts, wonach bei dem Kläger ein ständiger Schwindel bestehe. Weder ließ sich dieser objektivieren noch entsprechen die Angaben den eigenen Angaben des Klägers im Rahmen der gutachterlichen Untersuchung.
Im Funktionssystem des Gehörs konnte der Senat nach alledem keinen Einzel-GdB feststellen.
Im Funktionssystem des Rumpfes, zu dem der Senat die Wirbelsäule einschließlich der Halswirbelsäule zählt, war ein Einzel-GdB von 30 anzunehmen.
Nach Teil B Nr. 18.9 VG ist bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 10, mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 20, mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) ein Teil-GdB von 30 und mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ein Teil-GdB von 30 bis 40 gerechtfertigt. Maßgebend ist dabei, dass die Bewertungsstufe GdB 30 bis 40 erst erreicht wird, wenn mittelgradige bis schwere funktionelle Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten vorliegen. Die Obergrenze des GdB 40 ist danach erreicht bei schweren Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten (Urteil des erkennenden Senats vom 24.01.2014 - L 8 SB 2497/11, juris).
Bei dem Kläger besteht insoweit eine chronische Cervicobrachialgie und Cervicocephalgie bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule bei Osteochondrose, Spondylose und Uncarthose der HWS, eine ausgeprägte Dorolumbalgie bei Skoliose und Wirbelsäulenfehlstatik nach LWK 1 Fraktur und eine chronische Lumboischialgie rechts nach Bandscheibenvorfall und Nukleotomie L5/S 1 2007 mit Wurzelschädigung. Bei der Untersuchung durch Dr. H. am 09.09.2015 zeigte sich ein Druckschmerz paravertebral in Höhe C3 – C5 rechts und muskuläre Verhärtungen über den Trapeziusmuskel zum Schultergelenk hin, rechtsbetont. Die Seitneigung war beidseits bis 30° möglich. Die Rotation nach rechts um ½ eingeschränkt, nach links frei mit endgradigem Dehnungsschmerz. Die Inklination war bis zu einem Kinn-Sternum-Abstand von 0 cm möglich, bei Reklination von 40°. Es zeigte sich ein Klopfschmerz über der mittleren Brustwirbelsäule und am dorsolumbalen Übergang. Die Inklination war bis zu einem Finger-Boden-Abstand von 27 cm möglich bei unzureichender Entfaltung der lumbalen Segmente. Das Schober’sche Zeichen betrug 10/11,5 cm. Das Aufrichten der Brustwirbelsäule war eingeschränkt, bei Inklination zeigten sich Torsionszeichen. Bei der Untersuchung am 26.08.2016 zeigte sich rechtskonvex im BWS-Abschnitt eine deutliche paravertebrale Wulstbildung und links paravertebral im LWS-Abschnitt. Das Ott’sche Zeichen betrug 31/30 cm. Die Seitneigung war beidseits um 2/3 eingeschränkt und es verblieb ein Abstand zwischen der Fingerspitze und dem Wadenbeinköpfchen von 12 cm. Die Rotation war beidseits bis 40° möglich. Sensible Ausfälle und Gefühlsminderung fanden sich im Dermatom L4/L5 und am Fußrand im Dermatom S1. Der Skoliosewinkel ließ sich mit 14° objektivieren.
Nach alledem ergeben sich mittelgradige Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie im Bereich der Halswirbelsäule, so dass ein Teil-GdB von 30 festzustellen ist. Ein Teil-GdB von 40, wie von Dr. H. vorgeschlagen, lässt sich hingegen nicht annehmen. Dieser setzt – wie dargelegt – schwere Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten voraus. Die von Dr. H. mitgeteilten Befunde tragen eine solche Bewertung nicht, auch geht er selbst nur von mittelgradigen Auswirkungen im Bereich der Halswirbelsäule sowie mittel- bis schwergradigen Auswirkungen im Bereich der Lendenwirbelsäule aus. Im Bereich der Halswirbelsäule ist zwar die Rotation nach rechts um ½ eingeschränkt, im Übrigen finden sich jedoch die Bewegungsmaße noch im Normbereich.
Ein höherer Einzel-GdB als 30 lässt sich mithin im Funktionssystem des Rumpfes nicht begründen.
Im Funktionssystem der Arme kann der Senat einen Einzel-GdB von 20 feststellen.
Nach Teil B Nr. 18.13 VG bedingt eine Bewegungseinschränkung des Schultergelenks (einschließlich Schultergürtel) einen GdB von 10, wenn die Armhebung nur bis zu 120° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit möglich ist, gelingt die Armhebung nur bis zu 90° mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit ist ein GdB von 20 anzunehmen.
Der Kläger leidet insoweit unter einer schmerzhaften Funktionseinschränkung im rechten Schultergelenk bei Ruptur der Supraspinatussehne. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Dr. H ... Bei der Nachuntersuchung am 26.08.2016 war die Vorwärtsbewegung des rechten Armes auf 90° limitiert, links gelang die Vorwärtsbewegung mit 140°, die Rückwärtsbewegung war rechts auf 30° limitiert, links gelang sie mit 50°. Die Seitwärtsbewegung des Oberarmes war rechts bis 80° möglich, links bis 140°. Die körperwärts geführte Bewegung war auf 20° rechts, 30° links eingeschränkt. Die Auswärts- bzw. Einwärtsdrehung des Oberarms bei anliegendem Arm betrug rechts 40-0-90°, links ebenfalls 40-0-90°, die Auswärts- bzw. Einwärtsdrehung des Oberarmes bei 90° Abwickelung betrug rechts 40-0-60°, gegenüber links 70-0-70°. Der Nackengriff war mit dem rechten Arm nicht möglich, es verblieb eine Distanz von 22 cm. Der Schürzengriff war ebenfalls eingeschränkt, es verblieb eine Distanz von 6 cm.
Für die Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der rechten Schulter ist damit ein Teil-GdB von 20 festzustellen. Dieser ist für die Zeit ab dem 09.09.2015 (Begutachtung bei Dr. H. ) nachgewiesen. Für den davorliegenden Zeitraum ist eine dauerhafte Bewegungseinschränkung des rechten Schultergelenks mit Hebung des Armes nur bis 90° - wie auch der Beklagte zutreffend dargelegt hat – nicht objektiv belegt. Der Senat konnte sich unter Berücksichtigung der vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht davon überzeugen, dass eine Funktionsbeeinträchtigung im Bereich der Schulter, welche einen GdB von 20 bedingt, bereits seit der Antragstellung am 12.12.2012 vorlag. Nach dem Befundbericht des Facharztes für Orthopädie Dr. P. vom 13.05.2011 (Bl. 16 der Verwaltungsakte) gelang die Abduktion/Adduktion bei der Untersuchung am 13.05.2011 rechts mit 110-0-30°, bei der Abschlussuntersuchung in der Klinik H. war der Arm bei massiver Gegenspannung des Klägers ebenfalls bis max. 110° anhebbar. Bei sehr ausgeprägten Demonstrations- und Aggravationstendenzen mit heftigem Gegenspannen war ein aussagekräftiger Status des Bewegungsapparates nicht zu erheben. Die anspruchsbegründenden Tatsachen sind jedoch, dies gilt nach allgemeinen Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens auch im Schwerbehindertenrecht grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl. BSG 15.12.1999 - B 9 VS 2/98 R, juris; Bayerisches LSG 05.02.2013 - L 15 SB 23/10, juris). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG 28.06.2000 - B 9 VG 3/99 R, juris), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (BSG 05.05.1993 - 9/9a RV 1/92, juris). Lässt sich der Vollbeweis nicht führen, geht die Nichterweislichkeit einer Tatsache zu Lasten dessen, der sich zur Begründung seines Anspruchs oder rechtlichen Handelns auf ihr Vorliegen stützen. So liegt der Fall hier.
Im Funktionssystem der Beine konnte der Senat keinen Einzel-GdB feststellen.
Nach Teil B Nr. 18.14 VG rechtfertigen Bewegungseinschränkungen im Kniegelenk geringen Grades (z.B. Streckung/Beugung bis 0-0-90°) beidseitig einen GdB von 10 bis 20. Beim Vorliegen mittelgradiger Bewegungseinschränkungen (z.B. Streckung/Beugung 0-10-90°) ist bei einseitigem Vorliegen ein GdB von 20, bei beidseitigen Vorliegen ein GdB von 40 vorgesehen. Ein GdB von 10 bis 30 ist anzunehmen bei ausgeprägten Knorpelschäden der Kniegelenke (z.B. Chondromalacia patellae Stadium II – IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen, einseitig und ohne Bewegungseinschränkung. Liegt eine Bewegungseinschränkung vor, beträgt der GdB 20 bis 40.
Bei dem Kläger besteht insoweit eine Initialgonarthrose beidseits mit Meniskussymptomatik bei degenerativen Veränderungen. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. H ... Bei der Untersuchung durch Dr. H. war das linke Kniegelenk normal konfiguriert. Es zeigte sich eine deutliche Verschwielung. Der Bandapparat war fest. Es fanden sich keine Entzündungszeichen, kein Erguss und keine Blockade. Am inneren Gelenkspalt wurde ein mäßiger Druckschmerz angegeben. Am rechten Kniegelenk war der Bandapparat fest. Der Kläger gab einen Druck- und Bewegungsschmerz beim Beugen an. Es fand sich kein Erguss, keine Blockade. Die Streckung/Beugung gelang rechts mit 0-0-120°, links mit 0-0-160°. Der Senat konnte damit weder im linken noch im rechten Kniegelenk Bewegungsdefizite feststellen, die die Schwelle einer geringgradigen Bewegungseinschränkung i.S.d. Teil B Nr. 18.14 VG erreichen. Ohne Belastung beugt der Kläger das rechte Knie bis 120°, das linke Knie bis 160°. Auch anhaltende Reizerscheinungen, worunter längerfristig vorhandene sichtbare Veränderungen an den Kniegelenken in Form von Überwärmungen, Schwellungen oder Ergüssen zu verstehen sind, konnte der Senat nicht feststellen.
Ein Teil-GdB ergibt sich demnach nicht. Soweit Dr. H. dennoch einen Teil-GdB von 20 annimmt, tragen die von ihm mitgeteilten Befunde diese Einschätzung nicht. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der zeugenschaftlichen Aussage des Dr. P ... Bei dessen Untersuchung im Februar 2013 gelang die Extension/Flexion beidseits mit 0-0-140°. Das Innenband, Außenband und die Kreuzbänder waren stabil. Innenmeniskus- und Außenmeniskuszeichen waren negativ. Anhaltende Reizerscheinungen wurden nicht angegeben und ergeben sich auch nicht aus dem Befundbericht des Dr. P. vom 21.01.2011 (Bl. 13 der Verwaltungsakte). Vielmehr bestanden bei der Untersuchung im Januar 2011 zwar Schmerzen, eine Überwärmung, eine Weichteilschwellung oder Ergussbildung fand sich jedoch nicht. Entsprechend fand auch Fachärztin für Radiologie Dr. H. bei der Computertomographie weder im rechten noch im linken Kniegelenk einen Kniegelenkserguss. Für diese Beurteilung sprechen auch die Angaben im Entlassbericht der Rehaklinik H ... Bei der Untersuchung dort waren die Kniegelenke beidseits allenfalls diskret vergröbert, es fand sich keine Überwärmung und keine Ergussbildung. Die Extension/Flexion gelang mit 0-0-110°. Die festgestellten Knorpelschäden im rechten Kniegelenk ohne Bewegungseinschränkung und ohne anhaltende Reizerscheinungen rechtfertigen keine Höherbewertung. Nach den VG (Teil B 18.1) kommt allein dem Vorliegen degenerativer Veränderungen der Haltungs- und Bewegungsorgane für die Bewertung des Teil-GdB nicht die ausschlaggebende Bedeutung zu, sondern der dadurch hervorgerufenen Funktionsbehinderung. Mit bildgebenden Verfahren festgestellte Veränderungen (z.B. degenerativer Art) rechtfertigen noch nicht die Annahme eines GdB.
Ein Einzel-GdB für das Funktionssystem der Beine ergibt sich nach alledem nicht.
Im Funktionssystem Herz-Kreislauf ergibt sich jedenfalls kein höherer Einzel-GdB als 10. Nach Teil B Nr. 9 VG ist für die Bemessung des GdB bei Herz- und Kreislauferkrankungen weniger die Art der Krankheit als die Leistungseinbuße maßgeblich. Dies gilt nach Teil B Nr. 9.1.2 auch nach operativen und anderen therapeutischen Eingriffen am Herzen; auch hier ist der GdB von der bleibenden Leistungsbeeinträchtigung abhängig. Bei der Beurteilung des GdB ist vom klinischen Bild und von den Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag auszugehen. Ergometerdaten ergänzen das klinische Bild.
Nach Teil B Nr. 9.1.1 VG bedingt eine Einschränkung der Herzleistung ohne wesentliche Leistungsbeeinträchtigung, wie z.B. ohne Insuffizienzerscheinungen wie Atemnot, anginöse Schmerzen, selbst bei gewohnter stärkerer Belastung, ohne Einschränkung der Sollleistung bei Ergometerbelastung einen GdB von 0 bis 10. Eine Leistungsbeeinträchtigung bei mittelschwerer Belastung, Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei einer Ergometerbelastung mit 75 Watt über wenigstens zwei Minuten rechtfertigt einen GdB von 20 bis 40. Die Implantation eines Herzschrittmachers führt nach Nr. 9.1.6 Teil B VG zu einem GdB von 10. Eine Hypertonie (Bluthochdruck) führt nach Nr. 9.3 Teil B VG in leichter Form zu einem GdB von 0 bis 10. Eine leichte Form ist anzunehmen, wenn keine oder eine geringe Leistungsbeeinträchtigung und höchstens leichte Augenhintergrundveränderungen aufgetreten sind. Bei einer mittelschweren Form und Organbeteiligung (fundus hypertonus I II, Linkshypertrophie des Herzens und/oder Proteinurie) leichten bis mittleren Grades, diastolischem Blutdruck mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung ist ein GdB von 20 bis 40 gerechtfertigt.
Der Kläger leidet insoweit unter einer Hypertonie. Dies entnimmt der Senat den Befundberichten des Kardiologen Prof. Dr. St. vom 31.05.2011 und 28.08.2012.
Bei der Untersuchung am 26.05.2011 durch Prof. Dr. St. (Befundbericht vom 31.05.2011, Bl. 19 der Verwaltungsakte) fand sich rechts ein Blutdruck von 120/80 und links 120/85 mmHg. Das Belastungs-EKG gelang nach Steigerung der Belastung in 25-Watt-Stufen über je 1 Minute bis maximal 125 Watt (91 % Ausbelastung/102 % der Sollfrequenz), der Abbruch erfolgte wegen des Erreichens der Ziel-HF. Es zeigte sich keine angina pectoris, keine Erregungsrückbildungsstörungen und keine Rhythmusstörungen. Insgesamt fand sich damit eine gute körperliche Leistungsfähigkeit. Bei der Untersuchung am 27.08.2012 fand sich rechts ein Blutdruck von 130/90 mmHg und links von 140/90 mmHg. Nach den eigenen Angaben des Klägers ist dieser im Alltag bei Belastungen weitgehend beschwerdefrei, es besteht keine relevante Angina und keine relevante Dyspnoe. Ein höherer GdB als 10 ist mithin nicht nachgewiesen.
Weitere Gesundheitsstörungen, die einen Teil-GdB von 10 bedingen, sind weder vorgetragen noch konnte der Senat solche feststellen. Dies gilt namentlich für die von Dr. D. angegebene vaskuläre Encephalopathie. Entsprechende Befunde liegen nicht vor und konnten auch durch Prof. Dr. T. E. nicht erhoben werden.
Der Sachverhalt ist mithin vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Denn der festgestellte medizinische Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung des GdB unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen. Der Senat musste auch dem Antrag des Klägers, die Gutachter Prof. Dr. T. E. und Dr. H. hinsichtlich der Frage, ab wann ein GdB von 50 anzunehmen ist, ergänzend zu hören, nicht nachkommen, nachdem es auf diese schon nicht entscheidungserheblich ankommt. Der Kläger hat zudem bereits keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag gestellt. Hierzu muss der Antrag aufzeigen, über welche im Einzelnen zu bezeichnenden Punkte Beweis erhoben werden soll. Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache. Dafür ist die behauptete Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zumindest hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte (BSG, Urteil vom 09.07.2015 - B 9 SB 19/15 B, juris). Diesen Voraussetzungen entspricht der Antrag des Klägers nicht. Der Kläger hätte insoweit konkrete Funktionsbeeinträchtigungen benennen müssen. Er verkennt insoweit, dass die Bemessung des GdB nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterlicher Aufgabe ist, wobei das Gericht nur bei der Feststellung der einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen (erster Schritt) ausschließlich ärztliches Fachwissen heranziehen muss. Die Beweiswürdigung anhand der medizinischen Tatsachen und die Beurteilung des Gesamt-GdB ist hingegen Aufgabe des Gerichts (BSG, Beschluss vom 16.03.2016 – B 9 SB 85/15 B, juris). Zudem haben die Gutachter die Frage bereits in ihren Gutachten beantwortet. Eine auch aus Klägersicht ausfüllungsbedürftige Lücke in den gutachterlichen Ausführungen von Prof. Dr. T. E. und Dr. H. hat der Kläger nicht behauptet und liegt auch nicht vor.
Damit ist bei dem Kläger ein höherer Gesamt-GdB als 40 nicht festzustellen. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. Insoweit scheiden dahingehende Rechtsgrundsätze, dass ein Einzel-GdB nie mehr als die Hälfte seines Wertes den Gesamt-GdB erhöhen kann, aus. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Teil A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Insoweit ist für die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft – gleiches gilt für alle Feststellungsstufen des GdB – nach den allgemeinen Beschreibungen in den einleitenden Teilen der VG als Maßstab der Vergleich zu den Teilhabebeeinträchtigungen anderer Behinderungen anzustellen, für die im Tabellenteil ein Wert von 50 – oder ein anderer Wert – fest vorgegeben ist (BSG 16.12.2014 - B 9 SB 2/13 R - SozR 4-3250 § 69 Nr. 18 = juris). Damit entscheidet nicht allein die Anzahl einzelner Einzel-GdB oder deren Höhe die Höhe des festzustellenden Gesamt-GdB. Vielmehr ist der Gesamt-GdB durch einen wertenden Vergleich dadurch zu bilden, dass die in dem zu beurteilenden Einzelfall bestehenden Funktionsbehinderungen mit den vom Verordnungsgeber in den VG für die Erreichung einer bestimmten Feststellungsstufe des GdB bestimmten Funktionsbehinderungen in Beziehung zu setzen sind - z.B. ist bei Feststellung der Schwerbehinderung der Vergleich mit den für einen GdB von 50 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen, bei Feststellung eines GdB von 60 ist der Vergleich mit den für einen GdB von 60 in den VG vorgesehenen Funktionsbehinderungen usw. vorzunehmen. Maßgeblich sind damit grundsätzlich weder Erkrankungen oder deren Schlüsselung in Diagnosemanualen an sich noch ob eine Beeinträchtigung der beruflichen Leistungsfähigkeit aufgetreten ist, sondern ob und wie stark die funktionellen Auswirkungen der tatsächlich vorhandenen bzw. ärztlich objektivierten Erkrankungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) anhand eines abstrakten Bemessungsrahmens (Senatsurteil 26.09.2014 - L 8 SB 5215/13 - juris) beeinträchtigen. Dies ist – wie dargestellt – anhand eines Vergleichs mit den in den VG gelisteten Fällen z.B. eines GdB von 50 festzustellen. Letztlich handelt es sich bei der GdB-Bewertung nicht um eine soziale Bewertung von Krankheit und Leid, sondern um eine anhand rechtlicher Rahmenbedingungen vorzunehmende, funktionell ausgerichtete Feststellung.
Nach Überzeugung des Senats ist der Gesamt-GdB unter integrierender Bewertung der Funktionsbehinderungen und unter Beachtung ihrer gegenseitigen Auswirkungen zu bilden aus Einzel-GdB-Werten von
• 30 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem des Rumpfes • 20 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem der Arme ab 09.09.2015 • 10 für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem Herz-/Kreislauf
wobei sich Einzel-GdB-Werte von 10 regelmäßig nicht erhöhend auswirken (Teil A Nr. 3 lit. d, ee VG).
Die Feststellung eines höheren GdB als 40 kommt derzeit damit nicht in Betracht.
Vorliegend spricht gegen die Annahme einer Schwerbehinderung auch ein wertungsmäßiger Vergleich mit anderen Erkrankungsgruppen, für die ein Einzel-GdB von 50 festgestellt werden kann. Die Schwerbehinderteneigenschaft kann nur angenommen werden, wenn die zu berücksichtigende Gesamtauswirkung der verschiedenen Funktionsstörungen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach vergleichender Betrachtung so schwer beeinträchtigt wie etwa schwere Störungen (z.B. Zwangskrankheiten) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten (bei dem Kläger bestehen allenfalls leichtere psychischen Störungen), die vollständige Versteifung großer Abschnitte der Wirbelsäule (bei dem Kläger bestehen mittelgradige Bewegungseinschränkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten), die Versteifung des Schultergelenks in ungünstiger Stellung oder bei gestörter Beweglichkeit des Schultergürtels (bei dem Kläger ist die Vorwärtsbewegung des rechten Armes auf 90° limitiert) oder eine Hypertonie schwerer Form mit Beteiligung mehrerer Organe (bei dem Kläger besteht allenfalls eine leichte Form ohne Leistungsbeeinträchtigungen). Auch in ihrer Zusammenschau liegen bei dem Kläger derartig schwere Funktionsstörungen nicht vor, weshalb ein GdB von 50 vorliegend nicht gerechtfertigt ist. Der Senat ist dabei auch nicht an das Vergleichsangebot des Beklagten vom 23.11.2016, welches der Kläger nicht angenommen hat, gebunden, worauf die Berichterstatterin im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 13.06.2017 auch ausdrücklich hingewiesen hat.
Ein Anspruch auf die Feststellung eines höheren GdB als 40 besteht damit nicht. Zwar empfiehlt Prof. Dr. T. E. unter Berücksichtigung eines GdB von 50 auf orthopädischem Fachgebiet einen Gesamt-GdB von 60. Die durch Dr. H. erhobenen Befunde rechtfertigen eine solche Annahme jedoch nicht. Auch der Empfehlung des Hausarztes Dr. D. , einen Gesamt-GdB von 70 festzustellen (Bl. 67 der SG-Akte), kann nicht gefolgt werden. Dieser teilt schon keine Befunde mit, auf die eine entsprechende Annahme gestützt werden könnte.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kosten der gemäß § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten von Prof. Dr. T. E. vom 26.02.2016, von Prof. Dr. R. vom 24.07.2015 und von Dr. H. vom 09.09.2015 sowie die dabei angefallenen baren Auslagen des Klägers, über die als Gerichtskosten der Senat in Ausübung des ihm nach § 109 Abs. 1 Satz 2 SGG zustehenden Ermessens von Amts wegen auch im Urteil entscheiden kann (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.08.2006 – L 1 U 3854/06 KO-B, juris; Urteil des Senats vom 23.11.2012 – L 8 U 3868/11, unveröffentlicht), werden nicht auf die Staatskasse übernommen. Der Kläger hat diese daher endgültig selbst zu tragen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats können die Kosten eines nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens dann auf die Staatskasse übernommen werden, wenn dieses Gutachten für die gerichtliche Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war und zu seiner Erledigung beigetragen bzw. zusätzliche, für die Sachaufklärung bedeutsame Gesichtspunkte erbracht hat. Es muss sich, gemessen an dem Prozessziel des Klägers, um einen wesentlichen Beitrag gehandelt haben und dementsprechend die Entscheidung des Rechtsstreits (oder die sonstige Erledigung) maßgeblich gefördert haben. Durch die Anbindung an das Prozessziel wird verdeutlicht, dass es nicht genügt, wenn eine für die Entscheidung unmaßgebliche Abklärung eines medizinischen Sachverhalts durch das Gutachten nach § 109 SGG vorangetrieben worden ist. Vielmehr muss sich die Förderung der Sachaufklärung auf den Streitgegenstand beziehen (Kühl in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Auflage, § 109 RdNr. 11). Von einer "wesentlichen" Förderung der Sachverhaltsaufklärung kann unter Anlegung eines objektiven Maßstabes nur dann ausgegangen werden, wenn zusätzliche neue Erkenntnisse gewonnen werden, die zu einer Entscheidung führen können, die auf Grundlage des bis dahin gewonnenen Ermittlungsergebnisses - insbesondere des Ergebnisses des Verwaltungsverfahrens und der im Gerichtsverfahren eingeholten Vorgutachten - nicht möglich gewesen wäre (Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.07.2016 - L 10 U 82/16 B, juris).
Hiervon ausgehend ist es nicht gerechtfertigt, die Kosten der Gutachten von Prof. Dr. T. E. vom 26.02.2016, von Prof. Dr. R. vom 24.07.2015 und von Dr. H. vom 09.09.2015 auf die Staatskasse zu übernehmen. Die Gutachten haben keine zusätzliche für die Sachaufklärung bedeutsamen Gesichtspunkte erbracht und die Sachaufklärung damit nicht maßgeblich gefördert. Damit waren die Gutachten im Hinblick auf den Streitgegenstand für die Beendigung des Rechtstreits nicht von wesentlicher Bedeutung. Dies gilt insbesondere für das Gutachten des Prof. Dr. T. E ... Weder vor der Begutachtung noch nach der Begutachtung bestanden Anhaltspunkte für eine GdB-relevante psychische Erkrankung des Klägers. Zwar hat Prof. Dr. T. E. einen Einzel-GdB von 20 für das Funktionssystem des Gehirns einschließlich der Psyche angenommen und davon ausgehend einen Gesamt-GdB von 60 empfohlen. Dieser Bewertung konnte sich der Senat aufgrund der erhobenen Befunde jedoch nicht anschließen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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