S 13 AS 1204/13

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 13 AS 1204/13
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Anrechnung von Pflegegeld von Herrn M. für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 30. April 2013 bei der Berechnung von Leistungen nach dem Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II –.

Die Klägerin stand bis zum 31. Juli 2014 im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Der Leistungsbezug endete mit der Eheschließung der Klägerin mit Herrn M. am xxxxx 2014. Mit Bescheid vom 26. März 2009 wurden der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis zum 31. Oktober 2009 Leistungen in Höhe von 514,46 Euro bewilligt. Ursprünglich wohnte die Klägerin mit ihrer am 16. September 1929 geborenen Mutter, Z., von der die Klägerin ebenfalls Leistungen der Pflegekasse (Pflegegeld) erhielt, und ihrem Sohn L. zusammen. Der Sohn zog zum 1. September 2010 aus. Die Mutter der Klägerin ist am xxxxx 2010 verstorben.

Im Rahmen der Einleitung eines Mietkostensenkungsverfahrens teilte der Sohn der Klägerin dem Beklagten am 16. Februar 2011 mit, dass die Klägerin die Wohnung nicht mehr alleine bewohne, sondern sie sich die Wohnung mit ihrem Lebensgefährten teile.

Die Klägerin nahm selbst dazu am 2. März 2011 Stellung und führte aus, sie pflege ihren 75 jährigen und an Demenz erkrankten Lebensgefährten in der Wohnung. Diese sei behindertengerecht. Es wurde eine Meldebescheinigung vom 22. Juni 2010 vorgelegt über den am 1. September 2009 erfolgten Einzug des am xxxxx 1936 geboren M ...

Am 6. April 2011 ließ die Klägerin mitteilen, Herr M. sei am 1. Juni 2010 eingezogen, nachdem er seine Wohnung in der M1 aufgegeben habe. Die geänderte Anmeldebescheinigung vom 31. März 2011 bezüglich des erfolgten Einzugs zum 1. Juni 2010 wurde beigefügt. Dazu führte die Klägerin aus, es habe nicht geklärt werden können, warum beim Einwohneramt zunächst ein anderes Datum eingetragen worden sei. Es liege keine Lebensgemeinschaft mit Herrn M. vor. Man sei lediglich bekannt. Die Mitteilung, es handele sich um den Lebensgefährten der Klägerin sei aufgrund von Verständigungsschwierigkeiten zustande gekommen.

Am 21. April 2011 wurde dem Beklagten mitgeteilt, Herr M. sei ausgezogen und wohne jetzt zusammen mit dem Sohn der Klägerin in einer Wohnung im gleichen Haus, ebenfalls B.Straße. Herr M. werde weiter von der Klägerin gepflegt. Sie erhalte ein Pflegegeld in Höhe von monatlich 430,- Euro.

Die Klägerin wurde aufgefordert, eine geänderte Meldebestätigung vorzulegen. Eine solche wurde vom 10. Mai 2011 vorgelegt, die den Eintrag enthielt, der Einzug des Herrn M. bei L. erfolgte zum 1. Juni 2010.

Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 12. April 2011 für den Bewilligungszeitraum ab dem 1. Mai 2011 erhielt die Klägerin den Bewilligungsbescheid vom 6. Mai 2011 unter Berücksichtigung des Pflegegeldes als Einkommen. Gleichzeitig ergingen mehrere Änderungsbescheide, die die Zeiträume ab dem 1. September 2009 betrafen. Der Beklagte passte die Leistungsbewilligung der Meldebestätigung vom 22. Juni 2010 an und berücksichtigte die Haushaltsgemeinschaft mit Herrn M. rückwirkend zum 1. September 2009.

Auch für die Zeit ab dem 1. November 2012 stellte die Klägerin einen Weiterbewilligungsantrag.

Mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 bewilligte der Beklagte Leistungen unter Anrechnung des Pflegegeldes in Höhe von zunächst monatlich 440,- Euro, später in Höhe von 430,- Euro für die Zeit vom 1. November 2012 bis zum 30. April 2013.

Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein und führte aus, es sei das Pflegegeld nicht anzurechnen, unabhängig davon, ob ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Pflegepersonen und Pflegebedürftigen vorliege, oder nicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. April 2013 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Er führte im Wesentlichen aus, die Klägerin erhalte ein Pflegegeld in Höhe von monatlich 430,- Euro von Herrn M., was gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II anzurechnen sei den Hilfebedarf der Klägerin mindere. Pflegegeldeinnahmen seien nur privilegiert bei der Pflege von Angehörigen. Angehörige seien Ehepartner, Verlobte, Geschwister, Verwandte und Verschwägerte sowie Geschwister des Ehepartners und Ehepartner und Kinder von Geschwistern, auch Pflegeeltern und Pflegekinder. Eine sittliche Pflicht könne auch infolge innerer Bindungen, z. B. als Stiefkind, Partner in eheähnlicher Gemeinschaft oder langjähriger Haushaltshilfe angenommen werden, insbesondere bei Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft. Im Übrigen komme es vornehmlich auf lange Beziehungen oder soziale Bindungen an, z.B. bei Nachbarn. Es habe zu keiner Zeit zwischen der Klägerin und dem Herrn M. eine Haushaltsgemeinschaft bestanden, da jeder für seine Haushaltskosten selbst aufgekommen sei. Tatsächlich habe es sich um eine Wohngemeinschaft gehandelt, die dazu gedient habe, die Pflege zu erleichtern. Das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft werde durch die Klägerin bestritten. Da es sich bei Herrn M. weder um einen Verwandten handele noch eine sittliche Pflicht zur Pflege ersichtlich sei, sei das Pflegegeld als Einkommen anzurechnen.

Hiergegen hat die Klägerin am 15. April 2013 Klage vor dem Sozialgericht in Hamburg erhoben. Im Wesentlichen trägt die Klägerin vor, sie könne der Argumentation des Beklagten nicht folgen. Es könne nicht zulässig bei der Anrechnung von Pflegegeld danach differenziert werden, ob die pflegende Person mit der pflegebedürftigen Person in einem Verwandtschaftsverhältnis stehe. Eine solche Ungleichbehandlung gegenüber anderen Pflegepersonen sei nicht gerechtfertigt. Gem. § 19 SGB XI würden Pflegepersonen nicht erwerbsmäßig im Sinne des § 14 SGB XI pflegen, wenn die Pflege im häuslichen Bereich erfolge. Die Pflegetätigkeit gelte als ehrenamtlich. Ein Arbeitsverhältnis liege nicht vor. Dabei sei es gleichgültig, ob es sich um Familienangehörige handele oder um Familienfremde. Dem Willen des Gesetzgebers entspreche es, die häusliche Pflege zu ermöglichen. Sofern das Pflegegeld als Einkommen anzurechnen sei, würde die Bereitschaft sinken, diese verantwortungs- und anspruchsvolle Tätigkeit zu übernehmen. Die Pflege würde mit dem Pflegegeld ohnehin nicht angemessen honoriert. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Klägerin zu viel erhaltenes Pflegegeld zurückzahlen müsse.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 1. Oktober 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 30. April 2013 Leistungen nach dem SGB II ohne Anrechnung des von ihr erhaltenen Pflegegeldes zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.

Dem Gericht haben neben der Gerichtsakte auch die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Weiter haben dem Gericht vorgelegen die Verfahrensakten S 13 AS 3162/11, S 13 AS 362/13, S 13 AS 2303/13, S 13 AS 650/14 und S 13 AS 2588/14, in denen es ebenfalls um die Frage der Anrechnung von Pflegegeld für weitere Bewilligungszeiträume ging. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Für weitere Einzelheiten zum Sachverhalt wird hierauf Bezug genommen. Auf die Sitzungsprotokolle der mündlichen Verhandlung vom 6. Mai 2014 und 3. November 2015 wird hingewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klage ist zulässig; sie wurde frist- und formgerecht erhoben.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid vom 1. Oktober 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. April 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Zu Recht hat der Beklagte die bei der Leistungsbewilligung das für die Pflege von Herrn M. an die Klägerin weitergeleitete Pflegegeld als Einnahme berücksichtigt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von anrechnungsfreien Leistungen.

Der Beklagte hat insbesondere im Widerspruchsbescheid vom 3. April 2013 die Sach- und Rechtslage zutreffend dargestellt. Das Gericht nimmt hierauf ausdrücklich Bezug und sieht insoweit von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe gem. § 136 Abs. 3 SGG ab.

Die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Prüfung der Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung durch das Gericht konnte für die Klägerin kein günstigeres Ergebnis herbeiführen. Ergänzend zu den von dem Beklagten zutreffend dargestellten Voraussetzungen für die angefochtene Entscheidung führt das Gericht daher Folgendes aus:

Soweit im Wesentlichen mit der Klage die Anrechnung des Pflegegeldes gerügt wird, vermochte sich die Kammer der Ansicht der Klägerin, die Anrechnung müsse auch bei der Pflege von nicht Familienangehörigen unterbleiben, ebenfalls nicht anzuschließen. Rechtsgrundlage für die Anrechnung des Pflegegeldes ist § 11 Abs. 1 SGB II. Eine Ausnahme von den Anrechnungsvorschriften ist bei dem Erhalt von Pflegegeld im vorliegenden Falle nicht erfüllt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 der ALG II-VO in der hier gültigen Fassung vom 18. Dezember 2008 sind als Einkommen nicht zu berücksichtigen nicht steuerpflichtige Einnahmen einer Pflegeperson für Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die Steuerfreiheit von Einnahmen von Pflegepersonen ist in den §§ 3 Nr. 36 i.V.m. 33 Abs. 2 Satz 1 EStG geregelt. Danach sind Einnahmen für Leistungen der Grundpflege oder hauswirtschaftlichen Versorgung steuerfrei, wenn diese Leistungen zur Grundpflege entweder von Angehörigen des Pflegebedürftigen erbracht würden oder von anderen Personen, die damit eine sittliche Pflicht gegenüber dem Pflegebedürftigen erfüllten, d.h. von Personen, die sich dieser Pflicht aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen könnten. Eine solche sittliche Pflicht im Sinne des EStG besteht, wenn sich die pflegende Person nach dem Urteil von billig und gerecht denkenden Menschen zur Pflege verpflichtet halten könnte.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle nicht gegeben. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Übernahme der Pflegetätigkeit für Herrn M. keine Angehörige im oben genannten Sinne. Die Eheschließung erfolgte erst am xxxxx 2014. Für ein bereits zum früheren Zeitpunkt vorliegendes Verhältnis dergestalt, dass nach dem Urteil von gerecht und billig denkenden Menschen eine sittliche Pflicht die Klägerin hätte veranlassen können, sich zur Übernahme der Pflege von Herrn M. für verpflichtet zu halten, liegen der Kammer keine Anhaltspunkte vor. Die Klägerin hat anlässlich der Kenntnis vom Einzug des Herrn M. in ihre Wohnung stets angegeben, dass Herr M. in keiner näheren Beziehung zu ihr stehe, insbesondere dass keine Lebensgemeinschaft mit Herrn M. bestünde. Im Verhandlungstermin vom 6. Mai 2014 hat die Klägerin beschrieben, wie das Verhältnis zu Herrn M., den sie schließlich am xxxxx 2014 geheiratet hat, entstanden ist. Die Kammer entnimmt diesen Ausführungen, dass sich zwischen der Klägerin und Herrn M. eine vertrauensvolle Beziehung entwickelte. Dass sich daraus aus Sicht der Klägerin ergeben haben mag, dass sie die Pflege von Herrn M. selbstverständlich übernehme, rechtfertigt nach Ansicht der Kammer nicht den Schluss, dass diese Sichtweise sich für andere Menschen ebenso aufgedrängt hätte. Für die Annahme einer sittlichen Pflicht im Sinne des EStG reicht es nicht aus, dass die Pflege aufgrund einer langjährigen vertrauensvollen Beziehung auf Bitten der zu pflegenden Person übernommen werde (vgl. Hess. FinanzG, Urteil vom 20.9.2000, 5 K 1668/00). Auch führt die von der Klägerin vorgetragene zuvor geleistete Hilfe des Herrn M. in der Zeit der Pflege der Mutter der Klägerin nicht zum Vorliegen einer sittlichen Pflicht. Zum einen ist die Hilfe, die Herr M. leistete, in dem er für Medikamente und Essen aufkam, nicht konkret genug, als dass ein unausweichliches Gegenseitigkeitsverhältnis daraus abgeleitet werden könnte. Zum anderen ist aber vor dem Hintergrund, dass es kaum denkbar ist, dass die Mutter der Klägerin angesichts hiesiger Lebensbedingungen Hunger hat leiden müssen und dass angesichts des hiesigen Kranken – und Pflegeversicherungsschutzes die medizinische Versorgung der Mutter der Klägerin nicht aus der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung hat geleistet werden können, nicht nachvollziehbar, dass Herr M. existenzielle Hilfen für die Mutter der Klägerin erbracht hat.

Die Kammer vermag nicht zu erkennen, dass der Anreiz, pflegebedürftige Menschen mit Pflegeleistungen zu versorgen, verloren ginge, würde die Anrechnung des an die nicht privilegierten Pflegepersonen weitergeleiteten Pflegegeldes bestätigt werden. Der Gesetzgeber hat im Anwendungsbereich des SGB II die hier genannten Vorschriften zur Anrechnung von laufenden Einnahmen aus nicht selbständiger Arbeit bzw. sonstigem Einkommen geschaffen, die nicht außer Acht zu lassen sind. Den Vorschriften des SGB II liegt der Gedanke zu Grunde, dass Leistungsempfänger grundsätzlich dazu motiviert sind, ihren Leistungsbezug zu beenden oder zu verringern und im Rahmen der Freibeträge hierzu ausreichenden finanziellen Anreiz erhalten, eine Tätigkeit aufzunehmen, wovon auch die Aufnahme einer Pflegetätigkeit nicht ausgeschlossen ist. Mit dieser Ansicht schließt sich die Kammer den Ausführungen des SG Kassel in seinem Urteil vom 6. Juni 2011 (S 4 AS 596/09) und der Berufungsinstanz (LSG Hessen, Urteil vom 12.11.2014, L 6 AS 491/11) an. Soweit das SG Lüneburg in seinem Urteil vom 3. Mai 2012 (S 30 AS 1308/08) zu einem anderen Ergebnis kommt, verweist das Gericht ebenfalls auf die Ausführungen in den oben genannten gerichtlichen Entscheidungen aus Hessen: Das SG Lüneburg vermag mit seiner Entscheidung die Kammer nicht zu überzeugen, denn eine Auseinandersetzung mit der Frage des Vorliegens einer sittlichen Verpflichtung im Sinne des EStG fand dort nicht statt.

Soweit die Klägerin meint, es sei vielleicht nicht anfangs, aber später eine solche sittliche Verpflichtung in jedem Falle entstanden, da sich das Verhältnis der Klägerin zu Herrn M. jedenfalls so entwickelt habe, dass daraus später die Eheschließung resultiert sei, vermag das an der hier vorgenommenen Würdigung nichts zu ändern. Einen objektivierbaren Anhaltspunkt für eine sittliche Verpflichtung, die eine Vielzahl von Personen zur Übernahme der Pflegetätigkeit veranlasst haben würde, vermag das Gericht aus der späteren Eheschließung nicht abzuleiten. Die Motivation für die 2014 erfolgte Eheschließung zwischen der 1955 geborenen Klägerin und dem 1936 geborenen Kläger ist der Kammer nicht bekannt. Ggfls. könnte hier der Versorgungsgedanke für die Klägerin eine Rolle spielen, der möglicherweise bereits vor der Eheschließung durch die in Aussicht genommene Ehe (Verlöbnis) eine sittliche Pflicht begründen könnte. Dies allerdings muss dem Bereich der Vermutung überlassen bleiben und kann hier der Kammer keine Grundlage sein, zu einem für die Klägerin günstigen Ergebnis zu gelangen. Zudem wäre es der Kammer verwehrt, einen konkreten Zeitpunkt festzustellen, zu dem sich das Verhältnis zwischen der Klägerin und Herrn M. so angenähert haben könnte, dass hieraus eine sittliche Verpflichtung zur Übernahme der Pflegetätigkeit abgeleitet werden könnte. Welche nach Außen erkennbare Umstände hierfür heranzuziehen wären, um ein solches Verhältnis anzunehmen, was eine sittliche Pflicht zur Übernahme der Pflegetätigkeit auslösen könnte, sind für die Kammer nicht ersichtlich. Ein solches Verhältnis lag spätestens mit der Eheschließung als nach Außen erkennbare Handlung zur Bekundung eines Einstandswillens vor. Die Kammer hat sich nicht veranlasst gesehen, über einen früheren Zeitpunkt Ermittlungen anzustellen, weil das – wenn auch sich erst später ergebende – Näheverhältnis nicht kausal gewesen sein dürfte für die Übernahme der Pflegetätigkeit des Herrn M. durch die Klägerin, denn die Pflegetätigkeit nahm sie bereits 2009 auf, zu einer Zeit also, in der nach ihren eigenen Angaben lediglich ein gutes Bekanntschaftsverhältnis zu Herrn M. bestand, aus dem jedenfalls keine Einstandspflicht des Herrn M. für die Klägerin resultierte. Aus diesem Grunde war seitens des Beklagten schließlich auch nicht vom Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft für die Zeit der gemeinsamen Wohnung ausgegangen worden. Um gänzlich die Gefahr der Anrechnung der Rente von Herrn M. zu vermeiden, ist Herr M. in die Wohnung des Sohnes gezogen, die im gleichen Haus wie die Mietwohnung der Klägerin liegt. Dies entnimmt die Kammer den Ausführungen der Klägerin im Termin am 6. Mai 2014. Dort hat sie erklärt, das Arbeitsamt habe ihr gesagt, wenn Herr M. bei ihr angemeldet und wohnen bleibe, bekomme sie kein Geld. Hieraus entnimmt die Kammer, dass der Umzug von Herrn M. in die Wohnung des Sohnes lediglich der Klarstellung halber vorgenommen wurde, um weitere Auseinandersetzung mit dem Beklagten wegen des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft zu vermeiden. Aus welchen Gründen denn nun doch nachträglich das Verhältnis zwischen der Klägerin und Herrn M. so beschrieben wird, dass zwischen ihnen eine so enge Bindung bestanden habe, dass die Übernahme der Pflegetätigkeit einer sittlichen Pflicht entsprechen würde, erschließt sich der Kammer nicht. Die Kammer ist der Auffassung, dass sich die Klägerin an ihren Ausführungen festhalten lassen muss.

Soweit die Klägerin ausführt, sie sehe sich einem Rückforderungsanspruch der Pflegekasse gegenüber, weil sie für eine Zeit zu viel Pflegegeld erhalten habe, vermag dies an dem vorstehenden Ergebnis nichts zu ändern. Auch die Zuvielleistungen standen der Klägerin im fraglichen Zeitraum zur Verfügung und sind daher anzurechnen. Der Beklagte hat später die Anrechnung korrigiert.

Der Klage war der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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