Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 U 135/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 108/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 27. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1960 geborene Kläger rutschte am 30.09.2000 von einer Leiter und fiel aus ca. zwei Meter Höhe auf die rechte Schulter. Er gab an, er habe danach weitergearbeitet.
Der Durchgangsarzt, der Chirurg Dr.D. , diagnostizierte am 01.10.2000 eine Kontusion der rechten Schulter mit Druckschmerz und Schwellung; auch ihm gegenüber gab der Kläger an, er habe nach dem Sturz weitergearbeitet. Ein MR vom 06.10.2000 zeigte eine breitflächige komplette ansatznahe Ruptur der Supraspinatussehne mit Retraktion des ausgefransten Sehnenstumpfes, Dehiszenz bis ca. 25 mm, ausgedehnte ödematöse Veränderungen im Bereich der Infraspinatussehne ansatznah, Retraktion des Sehnenstumpfes und Dehiszenzen bis ca. 20 mm. Es bestanden ödematöse Veränderungen im ventralen Kapselbandapparat und eine Ödem/Flüssigkeitsauffüllung in der Bursa. Der Orthopäde Dr.F. berichtete am 25.10.2000, seit dem Sturz mit direkter Prellung der rechten Schulter klage der Kläger über Schmerzen und Bewegungseinschränkung bei etwas rückläufiger Pseudoparalyse. Der Chirurg Prof.Dr.B. äußerte nach Untersuchung des Klägers am 14.11.2000, der Kläger gebe an, er sei auf die rechte Schulter und den rechten Ellenbogen gestürzt. Eine so ausgeprägte Sehnendegeneration, wie sie kernspintomographisch dargestellt worden sei, sei bei einem 40-Jährigen sehr ungewöhnlich, so dass von einer unfallbedingten Entstehungsweise auszugehen sei. Nach operativer Akromioplastik am 20.11.00 erklärte Prof.Dr.B. , die Sehnenplatte der Rotatorenmanschette sei so stark retrahiert, dass eine Refixation nicht mehr möglich gewesen sei. Auf Grund der starken Retraktion sei eine frische Ruptur unwahrscheinlich, vielmehr handle es sich wahrscheinlich um vorbestehende degenerative Läsionen. Eine unfallbedingte MdE auf Grund der Schulterprellung sei nicht zu erwarten. Auch im Abschlussbericht vom 18.12.2000 äußerte Prof. Dr.B. , eine Retraktion des Sehnengewebes in dem Ausmaß, wie sie sieben Tage nach dem Unfall festzustellen gewesen sei, könne nicht innerhalb dieser kurzen Zeit eingetreten sein. Die feingewebliche Untersuchung habe Sehnengewebe mit deutlichen degenerativen Veränderungen sowie chronisch-granulierender Entzündung gezeigt. Eine Verursachung des Rotatorenmanschetten-Defektschadens durch das Ereignis vom 30.09.2000 sei also unwahrscheinlich, dennoch sei die derzeit bestehende Funktionseinschränkung ohne den Leitersturz nicht denkbar. Nachdem die rechte Schulter vor dem Ereignis ohne Beschwerden und ohne Funktionseinschränkungen gewesen sei, zielten die therapeutischen Bemühungen jetzt dahin, diesen Zustand wieder zu erreichen. Gelinge dies nicht, bleibe der Unfall wesentliche Teilursache.
Mit Verwaltungsakt vom 23.01.2001 gewährte die Beklagte dem Kläger bis 15.12.2000 Verletztengeld. Ab dem 16.12.2000 könnten von der Beklagten keine Leistungen mehr erbracht werden. Beigefügt war ein Schreiben an die AOK Bayern, in dem ausgeführt wurde, auf Grund des erheblichen vorbestehenden Rotatorenmanschetten-Defektschadens sei es zu nachhaltigen Funktionseinbußen am rechten Schultergürtel gekommen. Die weitere Behandlung und Arbeitsunfähigkeit ab dem 16.12.2000 sei wegen unfallunabhängiger Beschwerden erforderlich.
Den Widerspruch des Klägers vom 26.01.2001 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2001 zurück. Unter Berücksichtigung des Unfallherganges, der Erstbefunde sowie der bei der Operation am 20.11.2000 erhobenen Befunde sei es unfallbedingt lediglich zu einer Prellung der rechten Schulter gekommen, die ein bereits zum Unfallzeitpunkt ausgeprägt degenerativ vorgeschädigtes Sehnengewebe im Bereich des rechten Schultergelenkes betroffen habe. Unter Berücksichtigung des ausgeprägten degenerativen Vorschadens sei ein verzögerter Heilungsverlauf mit unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit längstens bis zum 15.12.2000 anzunehmen. Das sich darüber hinaus darstellende Beschwerdebild sei rechtlich wesentlich auf die vorbestehenden ausgeprägten degenerativen Vorgänge im Bereich der rechten Schulter zurückzuführen.
Hiergegen hat sich die Klage vom 30.04.2001 gerichtet, zu deren Begründung der Kläger auf Befundberichte des Dr.F. und des Dr.D. verwiesen hat. Dr.F. hat im Schreiben vom 27.03.2001 ausgeführt, beim Kläger bestehe ein residuelles Subakromialsyndrom der rechten Schulter nach Dekompressionsoperation bei ausgedehnter Rotatorenmanschettenruptur. Dr.D. hat im Bericht vom 10.05.2001 bestätigt, dass die rechte Schulter schmerzhaft in der Beweglichkeit eingeschränkt sei. Der Orthopäde Dr.D. hat im Bericht vom 17.08.2001 die Diagnose gestellt: ausgedehnte veraltete Rotatorenmanschettenruptur.
Im Gutachten vom 24.01.2002 hat der Orthopäde Dr.H. ausgeführt, die feingeweblichen Befunde sprächen für eine möglicherweise bis zum Unfallereignis nicht mit einer Symptomatik verbundene ausgeprägte Schadensanlage. Da nach dem Sturz von der Leiter die Arbeit fortgesetzt worden sei, ein verletzungsbedingter sofortiger Funktionsverlust an der rechten oberen Extremität also nicht eingetreten sei, könne von einem belangvollen Unfallereignis nicht ausgegangen werden. Die am 01.10.2000 gesicherten klinischen Befunde seien nicht geeignet, sie einem eindrucksvollen und prellungsbedingten Funktionsverlust in plausibler Weise zuzuordnen. Es sei weder ein verletzungskonformes makroskopisches oder mikroskopisches Schadensbild zu sichern, noch ein verletzungskonformes Verhalten und auch kein verletzungskonformer klinischer Erstbefund, wie er bei einer traumatischen Schädigung der Rotatorenmanschette zu erwarten wäre. Die Rotatorenmanschette liege gut geschützt unter dem Deltamuskel und dem knöchern-bindegewebigen Schulterdach. Es sei biomechanisch kaum nachvollziehbar, wie diese Strukturen durch eine äußere Gewalteinwirkung übersprungen werden sollten und es zu Schäden an den einzelnen Muskeln der Rotatorenmanschette kommen könne. Häufig bildeten nur das natürliche Kausalitätsbedürfnis und der zeitliche Zusammenhang die Grundlage für die Annahme des hier nicht zu bestätigenden ursächlichen Zusammenhangs. Prellungsbedingte Arbeitsunfähigkeit habe für 8 bis 10 Tage bestanden.
Der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr.D. hat im Gutachten vom 11.09.2002 ausgeführt, der Kläger gebe an, er sei bei angelegtem Arm auf das gebeugte Ellenbogengelenk gestürzt und habe sich Oberarm bzw. Schulter nach oben gestaucht. Er habe danach nur noch aufgeräumt und sei nach Hause gegangen. Er habe den Arm nicht mehr heben können. Im Rahmen der Operation, etwa sieben Wochen nach dem Unfallereignis, habe sich eine starke Retraktion des Sehnengewebes gefunden. Auch die eine Woche nach dem Unfall erstellte Kernspintomographie belege degenerative Veränderungen; die Bilder wiesen aber auch posttraumatische Veränderungen auf. In dem langen Zeitraum von sieben Wochen zwischen Unfallgeschehen und Operation könne das verletzte Sehnengewebe auch im Sinne eines frustranen Selbstausheilungsversuchs retrahieren. Im vorliegenden Fall ergebe sich ein Mischbild zwischen degenerativen und posttraumatischen Veränderungen. Auf Grund der Unfallschilderung, der Befunde sowie des Verlaufs sei davon auszugehen, dass durch den Unfall eine degenerativ vorveränderte Rotatorenmanschette rupturiert worden sei. Zwar fänden sich auch im Bereich der vom Unfall nicht betroffenen linken Seite degenerative Rotatorenmanschettenveränderungen, sogar ein kleiner Teilanriss im Supraspinatusgebiet, aber noch keine größere oder komplette Ruptur. Auch dieser Befund spiegele wieder, dass sicherlich zum Unfallzeitpunkt im Bereich der rechten Seite degenerative Vorveränderungen vorgelegen hätten. Die rechte Rotatorenmanschette wäre aber sicher ohne das Unfallgeschehen nicht in etwa derselben Zeit und in etwa demselben Ausmaß dermaßen verletzt worden. So sei es durch den Unfall zu einer richtunggebenden Verschlimmerung eines vorbestehenden degenerativen Leidens gekommen. Die MdE sei mit 20 v.H. einzuschätzen. Als Kfz-Mechaniker sei der Kläger auf Dauer arbeitsunfähig.
Hierzu hat der Chirurg Dr.L. im Auftrag der Beklagten am 04.10.2002 Stellung genommen und ausgeführt, Dr.D. vernachlässige das klinische Schadensbild und differenziere nicht ausreichend zwischen fraglichen Verletzungszeichen und Zeichen degenerativer Veränderungen. Der Zeitpunkt der Manifestation von Beschwerden werde in unzulässiger Weise gleichgesetzt mit dem Zeitpunkt der Entstehung des Schadensbildes. Am 01.10.2000 seien lediglich eine Weichteilschwellung an der Vorderseite der rechten Schulter und die Angabe von Druckschmerzen gesichert, dagegen keine signifikanten Zeichen einer Schulterprellung. Es sei medizinisch nicht nachvollziehbar, dass ein Sturz auf das Ellenbogengelenk dort völlig symptomlos geblieben sein solle, das Schultergelenk aber signifikant gestaucht worden sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass ein Sturz von einer Leiter ohne weitergehende Verletzungen der Vorderseite der rechten Schulter abgelaufen sein solle. Nicht nachvollziehbar sei außerdem, dass, eine Stauchung unterstellt, nur der unter dem Schulterdach gelegene Schleimbeutel eine Ödembildung aufgewiesen habe, nicht aber alle anderen beteiligten Strukturen, insbesondere auf dem Oberarmkopf. Eine Ödembildung bzw. eine Flüssigkeitsansammlung im Bereich der Schleimbeutel sei im Übrigen ein typisches Zeichen von Reizerscheinungen im Bereich des Schultergelenks. Gesichert seien ausgeprägte Zeichen degenerativer Veränderungen und - sechs Tage nach dem Unfall - eine deutliche Lückenbildung im Bereich der Rotatorenmanschette. Zurückgezogene Sehnenenden seien ein Indiz für eine länger vorbestehende Veränderung. Die Ursache für eine Dekompensation des Schadensbildes liege im Wesentlichen darin begründet, dass die Rotatorenmanschette ihre gelenksichernde Funktion infolge der Zusammenhangstrennung verliere und es durch Fehlbewegungen des Oberarmkopfes zu Fehlbelastungen und dadurch bedingt zu Reizerscheinungen und Funktionsbeeinträchtigungen komme. Die Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette seien im zeitlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit offenbar geworden, aber nicht durch die versicherte Tätigkeit verursacht.
Darauf hat Dr.D. am 10.12.2002 erwidert, der Kläger habe ihm gegenüber ein Sturzereignis geltend gemacht, das in den früheren ärztlichen Berichten nicht so exakt geschildert worden sei. Der Bericht über die Primärbehandlung vom 01.10.2000 sei sehr spärlich, dies dürfe aber nicht zu Lasten des Klägers gehen. Erst anlässlich der Behandlung durch Dr.F. am 25.10.2000 sei eine Pseudoparalyse aufgeführt, die auch von Prof.Dr.B. am 15.11.2000 festgestellt worden sei. Daher müsse mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass bereits zum Unfallzeitpunkt ein sog. "Drop-Arm" vorgelegen habe, auch wenn dies im Arztbericht nicht erwähnt sei. Es sei unzweifelhaft, dass zum Zeitpunkt der kernspintomographischen Untersuchung am 06.10.2000 bereits degenerative Veränderungen vorhanden gewesen seien. Nach dem histologischen Befund habe sich auch eine chronisch-granulierende Entzündung gezeigt als Hinweis darauf, dass gewisse reparative Heilungsversuche vorgelegen hätten. Dies bedeute, dass in einem gewissen zeitlichen Rahmen (bis zu drei Monaten) eine Verletzung des Sehnengewebes stattgefunden haben müsse, da solche reparativen Vorgänge nach Ablauf von drei Monaten histologisch nicht mehr nachweisbar seien.
Dr.L. hat in der Stellungnahme vom 12.01.2003 darauf hingewiesen, Dr.D. unterstelle ein Drop-Arm-Zeichen als klinischen Erstbefund, obwohl es von Dr.D. nicht erwähnt worden sei. Die These von der geringen Häufigkeit von Rotatorenmanschettenveränderungen im Alter des Klägers sei nicht überzeugend, da der Kläger ja auch im Bereich der linken Schulter Rotatorenmanschettenveränderungen habe. Die Abgrenzung allein degenerativer Veränderungen von traumatischen Veränderungen hänge von deren Ausprägung ab. Wenn ödematöse Veränderungen mit einem Unfallmechanismus in Zusammenhang stünden, so zeige der Oberarmkopf selbst derartige Veränderungen. Dies sei hier aber nicht der Fall. Die Ärzte der Unfallklinik M. hätten die chronisch-granulierenden Entzündungen nicht als reparative Heilungsversuche angesehen. Eine Verursachung der Verletzung durch versicherte Tätigkeit könne nicht belegt werden.
Mit Urteil vom 27.02.2003 hat das SG die Klage abgewiesen und sich dabei im Wesentlichen auf die Ausführungen des Dr.H. und Dr.L. gestützt.
Zur Begründung der Berufung macht der Kläger geltend, Dr.H. Einschätzung werde durch das überzeugende Gutachten des Dr.D. widerlegt. Das Unfallgeschehen sei ganz überwiegend für den jetzigen Schaden ursächlich gewesen. Er sei beim Aufbau eines Regals aus zwei Metern Höhe direkt auf die rechte Schulter gefallen, vor dem Unfall habe er niemals Beschwerden gehabt, danach die Arbeit sofort eingestellt. Die MdE sei, wie von Dr.D., mit 20 v.H. zu bewerten.
Der Kläger stellt die Anträge
aus dem Schriftsatz vom 10.07.2003.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Der Kläger hat unstreitig am 30.09.2000 einen Arbeitsunfall (§ 8 SGB VII) erlitten. Die festgestellte Rotatorenmanschettenruptur ist aber keine Unfallfolge. Arbeitsunfähigkeit hat über den 15.12.2000 nicht vorlegen. Eine MdE von mindestens 20 v.H. der Vollrente, die Voraussetzung für einen Anspruch auf Verletztenrente wäre (§ 56 SGB VII), liegt über den 15.12.2000 hinaus nicht vor. Der ärztliche Sachverständige Dr.H. hat im Klageverfahren im Gutachten vom 24.01.2002 überzeugend erläutert, dass eine MdE wegen der Folgen des Unfalls vom 30.09.2000 nicht verblieben ist.
Die Rotatorenmanschette liegt zwischen dem Oberarmkopf und dem knöchernd bindegewebigen Schulterdach, gebildet von der Schulterhöhe (Akromion), dem Rabenschnabelfortsatz und einem straffen Band, das dazwischen verläuft. Sie bildet eine Sekundärpfanne zwischen Oberarmkopf und Schulterhöhe und kontrolliert die Rollgleitbewegungen des Oberarmkopfes. Die Rotatorenmanschette unterliegt in hohem Maße der Degeneration, die ab dem dritten Lebensjahrzehnt beginnt. Untersuchungen ergaben klinisch unauffällige Defekte in 25 % bei über Vierzigjährigen, in 75 % bei über Fünfzigjährigen und bis zu 100 % bei über Sechzigjährigen. Neben dem traumatischen Riss können Rupturen entstehen durch lokale Minderdurchblutung oder zunehmenden Verschleiß der Sehnen durch Abrieb in der Enge des subakromialen Raumes. Dabei handelt es sich um eine Störung der Gleitbewegung zwischen dem Oberarmkopf und dem Schulterdach. Jede Veränderung des subakromialen Raumes kann zu einem Engpass des Schultergelenkes führen mit degenerativen Erscheinungen einschließlich Teilrupturen, Kalkeinlagerungen, vorzeitigem Verschleiß des Schultereckgelenkes. Den isolierten, ausschließlich traumatischen Supraspinatussehnenriss gibt es nicht. In Frage kommt allein ein Verletzungsmechanismus im Sinne der wesentlichen Teilursache bei bestehender Degeneration (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, S.503 f.).
Die Annahme eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall am 30.09.2000 und dem beim Kläger festgestellten Defektschaden der Rotatorenmanschette scheitert bereits am Nachweis eines geeigneten Unfallereignisses. Berücksichtigt man die Angaben, die der Kläger zeitnah zum Unfall gegenüber den behandelnden Ärzten und der Beklagten gemacht hat, so stürzte er aus einer Höhe von zwei Metern auf die rechte Schulter und den rechten Ellenbogen. Einen speziellen Stauchungsmechanismus mit entsprechender Schmerzschilderung, wie gegenüber Dr.D. , hat der Kläger zuvor nicht erwähnt. In jedem Fall beschreibt der Kläger aber keinen Unfallmechanismus, der geeignet wäre, eine Belastung auf die Rotatorenmanschette auszuüben, die zu einem Sehnenriss führen könnte. Geeignete Verletzungsmechanismen sind überfallartige Krafteinwirkungen, massives plötzliches Rückwärtsreißen oder Heranführen des Armes, z.B. Absturz beim Fensterputzen mit noch festhaltender Hand oder starke Zugbelastung bei gewaltsamer Rotation des Armes, z.B. Verdrehen des Armes, wenn er in eine laufende Maschine gezogen wird, sowie beim Hineinfallen einer Last in ausgebreitete Arme (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin, a.a.O., S.507). Direkte Krafteinwirkungen durch Sturz, Prellung oder Schlag können die Rotatorenmanschette dagegen nicht verletzen, da sie durch Schulterblatthöhe und Deltamuskulatur gut geschützt ist. Ein geeigneter Unfallhergang ist damit nicht bewiesen. Im Übrigen hat Dr.L. zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einer Stauchung des Ellenbogens nicht nur der Schleimbeutel, sondern auch andere Strukturen des Oberarmes und der Schultermuskulatur Quetschungszeichen hätten aufweisen müssen; das Ödem an der Bursa allein ist, wie Dr.L. erläutert, als Zeichen degenerativer Reizerscheinungen zu deuten und damit keine Unfallfolge.
Schon die Kernspintomographie vom 06.10.2000 zeigte deutliche degenerative Veränderungen, die bereits vor dem Unfall vorlagen. Die erheblichen vorbestehenden degenerativen Veränderungen, auf die insbesondere der Radiologe Dr. P. hingewiesen hat, sprechen gegen einen Zusammenhang der Supraspinatus- und der Infraspinatussehnenruptur mit dem angeschuldigten Unfall. Insbesondere ist bereits im MR vom 06.10.2000 eine starke Retraktion des Sehnenstumpfes mit Dehiszenz bis 25 bzw. 20 mm festzustellen. Sowohl Prof.Dr.B. als auch Dr.H. haben darauf hingewiesen, dass diese starke Retraktion gegen eine frische traumatische Rotatorenmanschettenläsion spricht (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin a.a.O., S.510). Seine erste Einschätzung des Unfallszusammenhangs hat Prof.Dr.B. zutreffend im Bericht vom 07.12.2000 entsprechend korrigiert.
Auch die Einwendung des Klägers, er habe vor dem Unfall nie Schmerzen an der rechten Schulter gehabt, wiederlegt die Annahme eines rein degenerativen Schadens nicht, denn Schmerzen nach einem Sehnenriss hängen davon ab, ob der der Ruptur zu Grunde liegende Prozess zu einem Ausfall der Schmerzrezeptoren geführt hat (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin a.a.O., S.506).
Im Hinblick auf die überzeugenden Ausführungen von Dr.H. und Dr.L. ist die Rotatorenmanschettenruptur keine Unfallfolge. Der Unfall hat lediglich zu einer Schulterprellung geführt, die jedenfalls keine längere Arbeitsunfähigkeit als bis zum 15.12.00 verursachen konnte. Eine MdE von mindestens 20 v.H. ist nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1960 geborene Kläger rutschte am 30.09.2000 von einer Leiter und fiel aus ca. zwei Meter Höhe auf die rechte Schulter. Er gab an, er habe danach weitergearbeitet.
Der Durchgangsarzt, der Chirurg Dr.D. , diagnostizierte am 01.10.2000 eine Kontusion der rechten Schulter mit Druckschmerz und Schwellung; auch ihm gegenüber gab der Kläger an, er habe nach dem Sturz weitergearbeitet. Ein MR vom 06.10.2000 zeigte eine breitflächige komplette ansatznahe Ruptur der Supraspinatussehne mit Retraktion des ausgefransten Sehnenstumpfes, Dehiszenz bis ca. 25 mm, ausgedehnte ödematöse Veränderungen im Bereich der Infraspinatussehne ansatznah, Retraktion des Sehnenstumpfes und Dehiszenzen bis ca. 20 mm. Es bestanden ödematöse Veränderungen im ventralen Kapselbandapparat und eine Ödem/Flüssigkeitsauffüllung in der Bursa. Der Orthopäde Dr.F. berichtete am 25.10.2000, seit dem Sturz mit direkter Prellung der rechten Schulter klage der Kläger über Schmerzen und Bewegungseinschränkung bei etwas rückläufiger Pseudoparalyse. Der Chirurg Prof.Dr.B. äußerte nach Untersuchung des Klägers am 14.11.2000, der Kläger gebe an, er sei auf die rechte Schulter und den rechten Ellenbogen gestürzt. Eine so ausgeprägte Sehnendegeneration, wie sie kernspintomographisch dargestellt worden sei, sei bei einem 40-Jährigen sehr ungewöhnlich, so dass von einer unfallbedingten Entstehungsweise auszugehen sei. Nach operativer Akromioplastik am 20.11.00 erklärte Prof.Dr.B. , die Sehnenplatte der Rotatorenmanschette sei so stark retrahiert, dass eine Refixation nicht mehr möglich gewesen sei. Auf Grund der starken Retraktion sei eine frische Ruptur unwahrscheinlich, vielmehr handle es sich wahrscheinlich um vorbestehende degenerative Läsionen. Eine unfallbedingte MdE auf Grund der Schulterprellung sei nicht zu erwarten. Auch im Abschlussbericht vom 18.12.2000 äußerte Prof. Dr.B. , eine Retraktion des Sehnengewebes in dem Ausmaß, wie sie sieben Tage nach dem Unfall festzustellen gewesen sei, könne nicht innerhalb dieser kurzen Zeit eingetreten sein. Die feingewebliche Untersuchung habe Sehnengewebe mit deutlichen degenerativen Veränderungen sowie chronisch-granulierender Entzündung gezeigt. Eine Verursachung des Rotatorenmanschetten-Defektschadens durch das Ereignis vom 30.09.2000 sei also unwahrscheinlich, dennoch sei die derzeit bestehende Funktionseinschränkung ohne den Leitersturz nicht denkbar. Nachdem die rechte Schulter vor dem Ereignis ohne Beschwerden und ohne Funktionseinschränkungen gewesen sei, zielten die therapeutischen Bemühungen jetzt dahin, diesen Zustand wieder zu erreichen. Gelinge dies nicht, bleibe der Unfall wesentliche Teilursache.
Mit Verwaltungsakt vom 23.01.2001 gewährte die Beklagte dem Kläger bis 15.12.2000 Verletztengeld. Ab dem 16.12.2000 könnten von der Beklagten keine Leistungen mehr erbracht werden. Beigefügt war ein Schreiben an die AOK Bayern, in dem ausgeführt wurde, auf Grund des erheblichen vorbestehenden Rotatorenmanschetten-Defektschadens sei es zu nachhaltigen Funktionseinbußen am rechten Schultergürtel gekommen. Die weitere Behandlung und Arbeitsunfähigkeit ab dem 16.12.2000 sei wegen unfallunabhängiger Beschwerden erforderlich.
Den Widerspruch des Klägers vom 26.01.2001 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.04.2001 zurück. Unter Berücksichtigung des Unfallherganges, der Erstbefunde sowie der bei der Operation am 20.11.2000 erhobenen Befunde sei es unfallbedingt lediglich zu einer Prellung der rechten Schulter gekommen, die ein bereits zum Unfallzeitpunkt ausgeprägt degenerativ vorgeschädigtes Sehnengewebe im Bereich des rechten Schultergelenkes betroffen habe. Unter Berücksichtigung des ausgeprägten degenerativen Vorschadens sei ein verzögerter Heilungsverlauf mit unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit längstens bis zum 15.12.2000 anzunehmen. Das sich darüber hinaus darstellende Beschwerdebild sei rechtlich wesentlich auf die vorbestehenden ausgeprägten degenerativen Vorgänge im Bereich der rechten Schulter zurückzuführen.
Hiergegen hat sich die Klage vom 30.04.2001 gerichtet, zu deren Begründung der Kläger auf Befundberichte des Dr.F. und des Dr.D. verwiesen hat. Dr.F. hat im Schreiben vom 27.03.2001 ausgeführt, beim Kläger bestehe ein residuelles Subakromialsyndrom der rechten Schulter nach Dekompressionsoperation bei ausgedehnter Rotatorenmanschettenruptur. Dr.D. hat im Bericht vom 10.05.2001 bestätigt, dass die rechte Schulter schmerzhaft in der Beweglichkeit eingeschränkt sei. Der Orthopäde Dr.D. hat im Bericht vom 17.08.2001 die Diagnose gestellt: ausgedehnte veraltete Rotatorenmanschettenruptur.
Im Gutachten vom 24.01.2002 hat der Orthopäde Dr.H. ausgeführt, die feingeweblichen Befunde sprächen für eine möglicherweise bis zum Unfallereignis nicht mit einer Symptomatik verbundene ausgeprägte Schadensanlage. Da nach dem Sturz von der Leiter die Arbeit fortgesetzt worden sei, ein verletzungsbedingter sofortiger Funktionsverlust an der rechten oberen Extremität also nicht eingetreten sei, könne von einem belangvollen Unfallereignis nicht ausgegangen werden. Die am 01.10.2000 gesicherten klinischen Befunde seien nicht geeignet, sie einem eindrucksvollen und prellungsbedingten Funktionsverlust in plausibler Weise zuzuordnen. Es sei weder ein verletzungskonformes makroskopisches oder mikroskopisches Schadensbild zu sichern, noch ein verletzungskonformes Verhalten und auch kein verletzungskonformer klinischer Erstbefund, wie er bei einer traumatischen Schädigung der Rotatorenmanschette zu erwarten wäre. Die Rotatorenmanschette liege gut geschützt unter dem Deltamuskel und dem knöchern-bindegewebigen Schulterdach. Es sei biomechanisch kaum nachvollziehbar, wie diese Strukturen durch eine äußere Gewalteinwirkung übersprungen werden sollten und es zu Schäden an den einzelnen Muskeln der Rotatorenmanschette kommen könne. Häufig bildeten nur das natürliche Kausalitätsbedürfnis und der zeitliche Zusammenhang die Grundlage für die Annahme des hier nicht zu bestätigenden ursächlichen Zusammenhangs. Prellungsbedingte Arbeitsunfähigkeit habe für 8 bis 10 Tage bestanden.
Der auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG zum ärztlichen Sachverständigen ernannte Orthopäde Dr.D. hat im Gutachten vom 11.09.2002 ausgeführt, der Kläger gebe an, er sei bei angelegtem Arm auf das gebeugte Ellenbogengelenk gestürzt und habe sich Oberarm bzw. Schulter nach oben gestaucht. Er habe danach nur noch aufgeräumt und sei nach Hause gegangen. Er habe den Arm nicht mehr heben können. Im Rahmen der Operation, etwa sieben Wochen nach dem Unfallereignis, habe sich eine starke Retraktion des Sehnengewebes gefunden. Auch die eine Woche nach dem Unfall erstellte Kernspintomographie belege degenerative Veränderungen; die Bilder wiesen aber auch posttraumatische Veränderungen auf. In dem langen Zeitraum von sieben Wochen zwischen Unfallgeschehen und Operation könne das verletzte Sehnengewebe auch im Sinne eines frustranen Selbstausheilungsversuchs retrahieren. Im vorliegenden Fall ergebe sich ein Mischbild zwischen degenerativen und posttraumatischen Veränderungen. Auf Grund der Unfallschilderung, der Befunde sowie des Verlaufs sei davon auszugehen, dass durch den Unfall eine degenerativ vorveränderte Rotatorenmanschette rupturiert worden sei. Zwar fänden sich auch im Bereich der vom Unfall nicht betroffenen linken Seite degenerative Rotatorenmanschettenveränderungen, sogar ein kleiner Teilanriss im Supraspinatusgebiet, aber noch keine größere oder komplette Ruptur. Auch dieser Befund spiegele wieder, dass sicherlich zum Unfallzeitpunkt im Bereich der rechten Seite degenerative Vorveränderungen vorgelegen hätten. Die rechte Rotatorenmanschette wäre aber sicher ohne das Unfallgeschehen nicht in etwa derselben Zeit und in etwa demselben Ausmaß dermaßen verletzt worden. So sei es durch den Unfall zu einer richtunggebenden Verschlimmerung eines vorbestehenden degenerativen Leidens gekommen. Die MdE sei mit 20 v.H. einzuschätzen. Als Kfz-Mechaniker sei der Kläger auf Dauer arbeitsunfähig.
Hierzu hat der Chirurg Dr.L. im Auftrag der Beklagten am 04.10.2002 Stellung genommen und ausgeführt, Dr.D. vernachlässige das klinische Schadensbild und differenziere nicht ausreichend zwischen fraglichen Verletzungszeichen und Zeichen degenerativer Veränderungen. Der Zeitpunkt der Manifestation von Beschwerden werde in unzulässiger Weise gleichgesetzt mit dem Zeitpunkt der Entstehung des Schadensbildes. Am 01.10.2000 seien lediglich eine Weichteilschwellung an der Vorderseite der rechten Schulter und die Angabe von Druckschmerzen gesichert, dagegen keine signifikanten Zeichen einer Schulterprellung. Es sei medizinisch nicht nachvollziehbar, dass ein Sturz auf das Ellenbogengelenk dort völlig symptomlos geblieben sein solle, das Schultergelenk aber signifikant gestaucht worden sei. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass ein Sturz von einer Leiter ohne weitergehende Verletzungen der Vorderseite der rechten Schulter abgelaufen sein solle. Nicht nachvollziehbar sei außerdem, dass, eine Stauchung unterstellt, nur der unter dem Schulterdach gelegene Schleimbeutel eine Ödembildung aufgewiesen habe, nicht aber alle anderen beteiligten Strukturen, insbesondere auf dem Oberarmkopf. Eine Ödembildung bzw. eine Flüssigkeitsansammlung im Bereich der Schleimbeutel sei im Übrigen ein typisches Zeichen von Reizerscheinungen im Bereich des Schultergelenks. Gesichert seien ausgeprägte Zeichen degenerativer Veränderungen und - sechs Tage nach dem Unfall - eine deutliche Lückenbildung im Bereich der Rotatorenmanschette. Zurückgezogene Sehnenenden seien ein Indiz für eine länger vorbestehende Veränderung. Die Ursache für eine Dekompensation des Schadensbildes liege im Wesentlichen darin begründet, dass die Rotatorenmanschette ihre gelenksichernde Funktion infolge der Zusammenhangstrennung verliere und es durch Fehlbewegungen des Oberarmkopfes zu Fehlbelastungen und dadurch bedingt zu Reizerscheinungen und Funktionsbeeinträchtigungen komme. Die Veränderungen im Bereich der Rotatorenmanschette seien im zeitlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit offenbar geworden, aber nicht durch die versicherte Tätigkeit verursacht.
Darauf hat Dr.D. am 10.12.2002 erwidert, der Kläger habe ihm gegenüber ein Sturzereignis geltend gemacht, das in den früheren ärztlichen Berichten nicht so exakt geschildert worden sei. Der Bericht über die Primärbehandlung vom 01.10.2000 sei sehr spärlich, dies dürfe aber nicht zu Lasten des Klägers gehen. Erst anlässlich der Behandlung durch Dr.F. am 25.10.2000 sei eine Pseudoparalyse aufgeführt, die auch von Prof.Dr.B. am 15.11.2000 festgestellt worden sei. Daher müsse mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass bereits zum Unfallzeitpunkt ein sog. "Drop-Arm" vorgelegen habe, auch wenn dies im Arztbericht nicht erwähnt sei. Es sei unzweifelhaft, dass zum Zeitpunkt der kernspintomographischen Untersuchung am 06.10.2000 bereits degenerative Veränderungen vorhanden gewesen seien. Nach dem histologischen Befund habe sich auch eine chronisch-granulierende Entzündung gezeigt als Hinweis darauf, dass gewisse reparative Heilungsversuche vorgelegen hätten. Dies bedeute, dass in einem gewissen zeitlichen Rahmen (bis zu drei Monaten) eine Verletzung des Sehnengewebes stattgefunden haben müsse, da solche reparativen Vorgänge nach Ablauf von drei Monaten histologisch nicht mehr nachweisbar seien.
Dr.L. hat in der Stellungnahme vom 12.01.2003 darauf hingewiesen, Dr.D. unterstelle ein Drop-Arm-Zeichen als klinischen Erstbefund, obwohl es von Dr.D. nicht erwähnt worden sei. Die These von der geringen Häufigkeit von Rotatorenmanschettenveränderungen im Alter des Klägers sei nicht überzeugend, da der Kläger ja auch im Bereich der linken Schulter Rotatorenmanschettenveränderungen habe. Die Abgrenzung allein degenerativer Veränderungen von traumatischen Veränderungen hänge von deren Ausprägung ab. Wenn ödematöse Veränderungen mit einem Unfallmechanismus in Zusammenhang stünden, so zeige der Oberarmkopf selbst derartige Veränderungen. Dies sei hier aber nicht der Fall. Die Ärzte der Unfallklinik M. hätten die chronisch-granulierenden Entzündungen nicht als reparative Heilungsversuche angesehen. Eine Verursachung der Verletzung durch versicherte Tätigkeit könne nicht belegt werden.
Mit Urteil vom 27.02.2003 hat das SG die Klage abgewiesen und sich dabei im Wesentlichen auf die Ausführungen des Dr.H. und Dr.L. gestützt.
Zur Begründung der Berufung macht der Kläger geltend, Dr.H. Einschätzung werde durch das überzeugende Gutachten des Dr.D. widerlegt. Das Unfallgeschehen sei ganz überwiegend für den jetzigen Schaden ursächlich gewesen. Er sei beim Aufbau eines Regals aus zwei Metern Höhe direkt auf die rechte Schulter gefallen, vor dem Unfall habe er niemals Beschwerden gehabt, danach die Arbeit sofort eingestellt. Die MdE sei, wie von Dr.D., mit 20 v.H. zu bewerten.
Der Kläger stellt die Anträge
aus dem Schriftsatz vom 10.07.2003.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den wesentlichen Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sachlich aber nicht begründet.
Der Kläger hat unstreitig am 30.09.2000 einen Arbeitsunfall (§ 8 SGB VII) erlitten. Die festgestellte Rotatorenmanschettenruptur ist aber keine Unfallfolge. Arbeitsunfähigkeit hat über den 15.12.2000 nicht vorlegen. Eine MdE von mindestens 20 v.H. der Vollrente, die Voraussetzung für einen Anspruch auf Verletztenrente wäre (§ 56 SGB VII), liegt über den 15.12.2000 hinaus nicht vor. Der ärztliche Sachverständige Dr.H. hat im Klageverfahren im Gutachten vom 24.01.2002 überzeugend erläutert, dass eine MdE wegen der Folgen des Unfalls vom 30.09.2000 nicht verblieben ist.
Die Rotatorenmanschette liegt zwischen dem Oberarmkopf und dem knöchernd bindegewebigen Schulterdach, gebildet von der Schulterhöhe (Akromion), dem Rabenschnabelfortsatz und einem straffen Band, das dazwischen verläuft. Sie bildet eine Sekundärpfanne zwischen Oberarmkopf und Schulterhöhe und kontrolliert die Rollgleitbewegungen des Oberarmkopfes. Die Rotatorenmanschette unterliegt in hohem Maße der Degeneration, die ab dem dritten Lebensjahrzehnt beginnt. Untersuchungen ergaben klinisch unauffällige Defekte in 25 % bei über Vierzigjährigen, in 75 % bei über Fünfzigjährigen und bis zu 100 % bei über Sechzigjährigen. Neben dem traumatischen Riss können Rupturen entstehen durch lokale Minderdurchblutung oder zunehmenden Verschleiß der Sehnen durch Abrieb in der Enge des subakromialen Raumes. Dabei handelt es sich um eine Störung der Gleitbewegung zwischen dem Oberarmkopf und dem Schulterdach. Jede Veränderung des subakromialen Raumes kann zu einem Engpass des Schultergelenkes führen mit degenerativen Erscheinungen einschließlich Teilrupturen, Kalkeinlagerungen, vorzeitigem Verschleiß des Schultereckgelenkes. Den isolierten, ausschließlich traumatischen Supraspinatussehnenriss gibt es nicht. In Frage kommt allein ein Verletzungsmechanismus im Sinne der wesentlichen Teilursache bei bestehender Degeneration (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, S.503 f.).
Die Annahme eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfall am 30.09.2000 und dem beim Kläger festgestellten Defektschaden der Rotatorenmanschette scheitert bereits am Nachweis eines geeigneten Unfallereignisses. Berücksichtigt man die Angaben, die der Kläger zeitnah zum Unfall gegenüber den behandelnden Ärzten und der Beklagten gemacht hat, so stürzte er aus einer Höhe von zwei Metern auf die rechte Schulter und den rechten Ellenbogen. Einen speziellen Stauchungsmechanismus mit entsprechender Schmerzschilderung, wie gegenüber Dr.D. , hat der Kläger zuvor nicht erwähnt. In jedem Fall beschreibt der Kläger aber keinen Unfallmechanismus, der geeignet wäre, eine Belastung auf die Rotatorenmanschette auszuüben, die zu einem Sehnenriss führen könnte. Geeignete Verletzungsmechanismen sind überfallartige Krafteinwirkungen, massives plötzliches Rückwärtsreißen oder Heranführen des Armes, z.B. Absturz beim Fensterputzen mit noch festhaltender Hand oder starke Zugbelastung bei gewaltsamer Rotation des Armes, z.B. Verdrehen des Armes, wenn er in eine laufende Maschine gezogen wird, sowie beim Hineinfallen einer Last in ausgebreitete Arme (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin, a.a.O., S.507). Direkte Krafteinwirkungen durch Sturz, Prellung oder Schlag können die Rotatorenmanschette dagegen nicht verletzen, da sie durch Schulterblatthöhe und Deltamuskulatur gut geschützt ist. Ein geeigneter Unfallhergang ist damit nicht bewiesen. Im Übrigen hat Dr.L. zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einer Stauchung des Ellenbogens nicht nur der Schleimbeutel, sondern auch andere Strukturen des Oberarmes und der Schultermuskulatur Quetschungszeichen hätten aufweisen müssen; das Ödem an der Bursa allein ist, wie Dr.L. erläutert, als Zeichen degenerativer Reizerscheinungen zu deuten und damit keine Unfallfolge.
Schon die Kernspintomographie vom 06.10.2000 zeigte deutliche degenerative Veränderungen, die bereits vor dem Unfall vorlagen. Die erheblichen vorbestehenden degenerativen Veränderungen, auf die insbesondere der Radiologe Dr. P. hingewiesen hat, sprechen gegen einen Zusammenhang der Supraspinatus- und der Infraspinatussehnenruptur mit dem angeschuldigten Unfall. Insbesondere ist bereits im MR vom 06.10.2000 eine starke Retraktion des Sehnenstumpfes mit Dehiszenz bis 25 bzw. 20 mm festzustellen. Sowohl Prof.Dr.B. als auch Dr.H. haben darauf hingewiesen, dass diese starke Retraktion gegen eine frische traumatische Rotatorenmanschettenläsion spricht (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin a.a.O., S.510). Seine erste Einschätzung des Unfallszusammenhangs hat Prof.Dr.B. zutreffend im Bericht vom 07.12.2000 entsprechend korrigiert.
Auch die Einwendung des Klägers, er habe vor dem Unfall nie Schmerzen an der rechten Schulter gehabt, wiederlegt die Annahme eines rein degenerativen Schadens nicht, denn Schmerzen nach einem Sehnenriss hängen davon ab, ob der der Ruptur zu Grunde liegende Prozess zu einem Ausfall der Schmerzrezeptoren geführt hat (vgl. Schoenberger-Mehrtens-Valentin a.a.O., S.506).
Im Hinblick auf die überzeugenden Ausführungen von Dr.H. und Dr.L. ist die Rotatorenmanschettenruptur keine Unfallfolge. Der Unfall hat lediglich zu einer Schulterprellung geführt, die jedenfalls keine längere Arbeitsunfähigkeit als bis zum 15.12.00 verursachen konnte. Eine MdE von mindestens 20 v.H. ist nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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