B 12 KR 14/00 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 14/00 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 7. April 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge.

Der 1922 geborene Kläger war als Versicherungsagent selbständig erwerbstätig und ist seit 1973 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Als laufende Einnahmen bezieht er eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, eine Betriebsrente und eine Rente aus einem privaten Unfallversicherungsvertrag (Unfallrente). Diese wird als Jahresrente von 4.276,65 DM (= monatlich 356,39 DM) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 vH wegen eines Unfalls im Jahre 1990 gezahlt.

Die Beklagte hatte zunächst keine Kenntnis von der Unfallrente und stufte den Kläger mit Bescheid vom 30. Juni 1994 unter Berücksichtigung von Provisionszahlungen aus seiner früheren selbständigen Tätigkeit für die Zeit von Juli 1994 bis 30. Juni 1995 in die Beitragsklasse 791 ein (sonstige nichtversicherungspflichtige Mitglieder mit beitragspflichtigen Einnahmen von 2.375 DM bis 2.625 DM). Später erließ die Beklagte auch für weitere Zeiten Bescheide und korrigierte die Beitragseinstufung mehrfach, auch nachdem sie im November 1995 von der Unfallrente erfahren hatte. Mit Bescheid vom 9. Februar 1996 regelte die Beklagte die Beitragseinstufung für die Zeit von Januar 1994 bis August 1996 unter Einbeziehung der Unfallrente. Der Kläger beanstandete dieses und legte Widerspruch ein. Während des Widerspruchsverfahrens stufte die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 18. September 1996 für die Zeit vom 1. September 1996 bis zum 30. Juni 1997 nach beitragspflichtigen Einnahmen von monatlich 2.446,90 DM ein (1.561,60 DM Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, 528,91 DM Betriebsrente und 356,39 DM Unfallrente). Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 28. November 1996).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 10. März 1998). Der Kläger hat Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens hat die Beklagte ihre Beitragsbescheide insoweit aufgehoben, als die Unfallrente für die Zeit bis zum 29. Februar 1996 berücksichtigt worden ist. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit wegen der Beiträge für die Zeit bis Februar 1996 für erledigt erklärt. Hinsichtlich der Beitragsfestsetzung für die Zeit ab März 1996 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 7. April 2000). Soweit die Beklagte die Unfallrente als beitragspflichtige Einnahme berücksichtigt habe, sei dieses rechtmäßig. Beitragspflichtig seien nach ihrer Satzung alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Darunter falle auch die Unfallrente.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers. Sie rügt eine Verletzung des § 240 Abs 1 Satz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Die private Unfallrente enthalte eine Zweckbindung iS einer Abdeckung des unfallbedingten Mehrbedarfs und dürfe bei der Beitragsbemessung nicht als Einnahme berücksichtigt werden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des LSG vom 7. April 2000 und des Urteils des SG vom 10. März 1998 die Bescheide der Beklagten vom 9. Februar 1996 und 18. September 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 1996 insoweit aufzuheben, als darin für die Zeit vom 1. März 1996 bis 30. Juni 1997 wegen Berücksichtigung der Unfallrente zu hohe Beiträge festgesetzt worden sind.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

II

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Angefochten ist der Bescheid vom 9. Februar 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 1996, soweit die Beklagte bei der Beitragsfestsetzung die Unfallrente berücksichtigt hat. In diesem Umfang ist auch der Bescheid vom 18. September 1996 angegriffen, der nach § 86 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Vorverfahrens geworden war.

Der Kläger hat für die Anfechtungsklage, die nur einen Teil der Beitragsbemessung beanstandet, ein Rechtsschutzinteresse. Die Beklagte hatte bis 1996 von dem Recht des § 240 Abs 5 SGB V Gebrauch gemacht, Beitragsklassen vorzusehen und diese mit Abständen von 250 DM gebildet. Der Kläger wäre bei Nichtberücksichtigung der Unfallrente von 356,39 DM monatlich in eine günstigere Beitragsklasse einzustufen. Dies gilt auch, wenn die Unfallrente nur mit dem der Grundrente nach § 31 Abs 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) entsprechenden Betrag beitragsfrei bliebe. Auch dann wäre die Unfallrente hier beitragsfrei. Denn die monatliche Grundrente nach § 31 Abs 1 BVG für eine MdE von 50 vH überstieg mit monatlich 388 DM bis Juni 1996 und mit anschließend monatlich 390 DM die Unfallrente des Klägers von monatlich 356,39 DM.

Das LSG hat die Berufung gegen das klagabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Beklagte brauchte für die Beitragsfestsetzung im Bescheid vom 9. Februar 1996 und die Zeit ab März 1996, auf die der Streit beschränkt ist, frühere Bescheide nicht nach §§ 45, 48 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) zu ändern, soweit sie nunmehr erstmals die Unfallrente als beitragspflichtige Einnahme berücksichtigte. Eine bindende Beitragsfestsetzung bestand aus früherer Zeit im Februar 1996 nicht mehr, weil frühere Beitragsfestsetzungen befristet und ausgelaufen waren.

Die Beklagte hat zu Recht bei der Beitragsbemessung neben dem Zahlbetrag der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und dem Zahlbetrag der Betriebsrente auch den Zahlbetrag der Unfallrente berücksichtigt. Die Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder ist nach § 240 Abs 1 Satz 1 SGB V durch die Satzung zu regeln. Dabei ist sicherzustellen, daß die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds berücksichtigt (Abs 1 Satz 2), mindestens jedoch die Einnahmen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtigen Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (Abs 2 Satz 1). Die Satzung der Beklagten bestimmt, daß für die Beitragsbemessung bei nichtversicherungspflichtigen Personen die monatlichen Gesamtbezüge maßgebend sind. Nach § 20 Abs 5 (seit 1. Januar 1997: § 19 Abs 5) der Satzung gelten als Gesamtbezüge die Bruttobezüge; ihnen zuzurechnen sind das Arbeitsentgelt und alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung. Leistungen, die wie hier die Unfallrente einmal jährlich gezahlt werden, sind monatlich mit einem Zwölftel anzurechnen.

Einnahmen, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden können, sind, was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die Betriebsrente. Diese Renten zählen auch bei Versicherungspflichtigen zu den beitragspflichtigen Einnahmen (§ 226 Abs 1 Satz 1 Nr 2, 3, § 228 Abs 1, § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 5, § 237 Satz 1 Nr 1, 2, Satz 2 SGB V). Sie sind deshalb schon nach § 240 Abs 2 Satz 1 SGB V bei freiwillig Versicherten in der Satzung als beitragspflichtige Einnahmen zu berücksichtigen.

Die Unfallrente ist ebenfalls eine Einnahme, die der Kläger zum Lebensunterhalt verbrauchen kann und deshalb zu den beitragspflichtigen Gesamtbezügen iS der Satzung gehört. Es handelt sich nach den Feststellungen des LSG zum Versicherungsvertrag um eine Rente aus einer Risikoversicherung. Solche Renten waren nach der Rechtsprechung des Senats schon unter Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO) bis Ende 1988 als Einnahmen zum Lebensunterhalt iS des § 180 Abs 4 RVO beitragspflichtig (vgl BSG SozR 2200 § 180 Nr 32 S 131 zur Beitragspflicht einer privaten Berufsunfähigkeitsrente als "Einnahme zum Lebensunterhalt"). Unter der Geltung des § 240 SGB V (ab 1989) sind nunmehr Versicherungsrenten als "Einnahmen, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können", bei freiwilligen Mitgliedern allgemein beitragspflichtig, denn der Zahlbetrag dieser Renten bestimmt die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds iS des § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V (Urteil vom 6. September 2001 - B 12 KR 5/01 R, zur Veröffentlichung in SozR 3 vorgesehen). Die Definition der beitragspflichtigen Einnahmen in § 20 Abs 5 der Satzung ist hinreichend, um Unfallrenten wie die des Klägers zu erfassen. Sie wiederholt die Begründung der Vorschrift im Entwurf des Gesundheits-Reformgesetzes (BT-Drucks 11/2237 S 225, damals zu Art 1 § 249). Mit dieser allgemeinen Formulierung werden Renten aus privaten Versicherungsverträgen als Einnahmen erfaßt. Eine Aufzählung einzelner privater Rentenarten in der Satzung ist nicht notwendig (vgl Urteil vom 6. September 2001 - B 12 KR 5/01 R). Unerheblich ist der Hinweis der Revision darauf, daß hier nach dem Versicherungsvertrag bei einem Unfall, der sich vor dem 65. Lebensjahr des Klägers ereignet hätte, keine Rente, sondern ein Kapitalbetrag zu zahlen gewesen wäre. Die Beitragspflicht der Rente entfällt nicht deshalb, weil bei einer anderen Gestaltung die Beitragslast auf eine solche Einnahme geringer sein oder entfallen könnte (vgl auch die Regelung in § 229 Abs 1 Satz 3 SGB V und die Rspr dazu in BSG SozR 3-2500 § 229 Nr 10 mwN).

Die private Unfallrente braucht nicht in der Höhe beitragsfrei zu bleiben, in der die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung als Einnahme zum Lebensunterhalt iS des § 180 Abs 4 RVO beitragsfrei war und heute nicht als Einnahme zum Lebensunterhalt iS der Zuzahlungsregelung des § 61 Abs 2 Nr 1 SGB V gilt. Nach § 180 Abs 4 RVO waren für die Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt und sonstige Einnahmen zum Lebensunterhalt maßgebend. Die Rechtsprechung hat zu dieser Vorschrift entschieden, zweckbestimmte Sozialleistungen gehörten nicht zu den "Einnahmen zum Lebensunterhalt" und damit nicht zum beitragspflichtigen Grundlohn. Das galt für die Grundrente nach dem BVG, die nicht dem allgemeinen Lebensunterhalt diene, bei zahlreichen Sozialleistungen von der Anrechnung ausgeschlossen sei und den Beschädigten wirtschaftlich im Verhältnis zu Gesunden nicht besser stelle (BSGE 50, 243 = SozR 2200 § 180 Nr 5). Als eine Sozialleistung, die jedenfalls zum Teil zweckbestimmt ist, hat die Rechtsprechung nach früherem Recht auch die Verletztenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung angesehen. Sie blieben bei freiwillig Versicherten in der Höhe beitragsfrei, die der Grundrente nach dem BVG für die vergleichbare MdE entsprach (BSGE 60, 128 = SozR 2200 § 180 Nr 31 und SozR 3-2200 § 511 Nr 1). Begründet wurde dies damit, daß die Verletztenrente zum Teil die Funktion der Grundrente nach dem BVG habe. Diese Rechtsprechung, die Ersatzkassenmitglieder betraf, beruhte auf der Auslegung der "Einnahmen zum Lebensunterhalt" iS des § 180 Abs 4 RVO und der entsprechenden Satzungsregelung einer Ersatzkasse (BSGE 60, 128, 132 = SozR 2200 § 180 Nr 31 S 127).

Unter Geltung des SGB V hat das Bundessozialgericht an dieser Rechtsprechung für die "Einnahmen zum Lebensunterhalt" in § 61 Abs 2 Nr 1 SGB V festgehalten und entschieden, daß die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung zu diesen Einnahmen gehöre, jedoch ergänzend darauf hingewiesen, daß der Teil, der der Grundrente nach dem BVG entspreche, weiterhin nicht dazu zähle (BSGE 71, 299, 303, 304 = SozR 3-2500 § 61 Nr 2 S 11 � insoweit allerdings nicht entscheidungserheblich). Es kann offen bleiben, ob diese Rechtsprechung, soweit sie die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung als zweckbestimmte Sozialleistung beurteilt und zum Teil nicht als Einnahme zum Lebensunterhalt berücksichtigt, auch auf Renten aus privaten Unfallversicherungsverträgen erstreckt werden kann. Für eine andere Beurteilung könnte möglicherweise angeführt werden, daß nur die gesetzliche Unfallversicherung die Kosten der Krankenbehandlung von Unfallfolgen trägt, um die gesetzliche Krankenkassen entlastet werden, während dies bei privaten Unfallrenten nicht der Fall ist.

Für die geforderte Beitragsfreiheit der Unfallrente beruft sich die Revision ohne Erfolg auf eine Gleichbehandlung dieser Unfallrente mit der Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung. Im Sinne der Satzung der Beklagten und des § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V ist auch die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung bei freiwilligen Mitgliedern eine Einnahme, die zum Lebensunterhalt verbraucht werden kann, und mit dem Zahlbetrag ohne Anrechnung eines Freibetrags beitragspflichtig. Auch die Verletztenrente bestimmt bei den freiwilligen Mitgliedern deren gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit iS des § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V. Davon geht auch der Gesetzgeber aus. Er hat deshalb durch Art 3 Nr 3 des Pflege-Versicherungsgesetzes vom 26. Mai 1994 (BGBl I S 1014) in § 18b Abs 5 Satz 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) bei der Aufzählung der Leistungen, die nur nach Abzug von darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträgen als Einkommen gelten, die Verletztenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 18a Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB IV) zusätzlich aufgenommen und sie damit in der freiwilligen Krankenversicherung als beitragspflichtig angesehen (vgl zu dieser Änderung des § 18b Abs 5 Satz 2 SGB IV die Beschlussempfehlung und den Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu Art 3 Nr 1b des Entwurfs des Pflegeversicherungsgesetzes (BT-Drucks 12/5920 S 99 und BT-Drucks 12/5952 S 51)).

Es erscheint nicht gerechtfertigt, die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung abweichend hiervon zum Teil als zweckgerichtete und deshalb beitragsfreie Leistung zu behandeln. Auch ist es nicht geboten, einen pauschal in Höhe des entsprechenden Grundrentenbetrags verletzungsbedingten Mehrbedarf zu unterstellen und einnahmemindernd zu berücksichtigen. Die Forderung des § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V, die Beiträge nach der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu bemessen, soll die Beschränkung der Beitragspflicht auf bestimmte Einkunftsarten ebenso aufheben, wie die einnahmenmindernde Berücksichtigung von Zwecksetzungen bei Einkünften. Der Senat hat die Beitragsfreiheit deshalb selbst bei zweckgerichteten Sozialleistungen nur noch für die Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) anerkannt (vgl dazu BSGE 71, 237 = SozR 3-2500 § 240 Nr 12 S 48), für die Mehrbedarfszuschläge nach § 22 Abs 1 Satz 2 und § 23 BSHG jedoch verneint (BSGE 87, 228, 235 = SozR 3-2500 § 240 Nr 34 S 162 f). Auch das Wohngeld sieht der Senat nunmehr als eine Einnahme an, die jedenfalls kraft Satzung der Beitragsbemessung unterworfen werden kann (BSGE 87, 228, 237 f = SozR 3-2500 § 240 Nr 34 S 165). Die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit iS des § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V wird von den Einnahmen und nicht von der Bedarfssituation des Mitglieds aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen bestimmt. Für die Beitragsbemessung macht es keinen Unterschied, ob bei zwei Mitgliedern mit denselben gesundheitlichen Einschränkungen und gleich hohen Renteneinnahmen das eine Mitglied ausschließlich eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung und Versorgungsbezüge, das andere Mitglied dagegen eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung oder wie hier der Kläger eine Rente aus einem privaten Unfallversicherungsvertrag bezieht. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit all dieser Mitglieder ist gleich.

Bei freiwilligen Mitgliedern der Krankenversicherung ist eine Beitragsfreiheit der Verletztenrente in Höhe der Grundrente nach dem BVG nicht deshalb geboten, weil dieser Betrag im Sozialrecht allgemein als Einnahme unberücksichtigt bliebe. Ein solcher Grundsatz besteht nicht. So ist zB eine entsprechende Einschränkung in § 76 BSHG nicht vorgesehen. Nach dessen Abs 1 gelten nur die Grundrente nach dem BVG und bestimmte Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz nicht als Einkommen. Mit diesen Leistungen wird die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung nicht gleichgestellt (Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 9. September 1992 - 9 UE 2489/89 = ZfS 1993, 23 f). Unerheblich ist auch, daß nach § 18a Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB IV die Verletztenrenten der gesetzlichen Unfallversicherung nur mit dem Betrag anzurechnen sind, der den Betrag übersteigt, der bei gleicher MdE als Grundrente nach dem BVG gezahlt würde. § 18a SGB IV zählt Einnahmen auf, die als Erwerbs- oder Erwerbsersatzeinkommen gelten. Eine Leistung wie die Unfallrente des Klägers wäre nach dieser Vorschrift ohnehin nicht als Einnahme anzurechnen.

Werden hiernach bei freiwilligen Mitgliedern Renten aus einer privaten Unfallversicherung wie Renten der gesetzlichen Unfallversicherung als beitragspflichtige Einnahmen behandelt, so erscheint allerdings die Behandlung der Unfallrenten bei der Beitragsbemessung in der Krankenversicherung nicht widerspruchsfrei. Diese Renten sind zur Zeit nur bei den freiwillig Versicherten nach Maßgabe der Satzungen der Krankenkassen beitragspflichtig, Diese Beitragspflicht kommt allerdings bei freiwillig versicherten Arbeitnehmern mit einem Arbeitsentgelt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze nicht zum Tragen, weil sie schon aus dem Arbeitsentgelt Höchstbeiträge entrichten. Bei Pflichtversicherten sind Unfallrenten allgemein nicht beitragspflichtig. Ob die Beitragsfreiheit von Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung insgesamt bei Pflichtversicherten heute noch gerechtfertigt ist, erscheint fraglich. Dies gilt insbesondere bei Rentnern, bei denen wegen des Bezugs einer Verletztenrente die Beitragsbemessungsgrundlage gemindert wird, weil die beitragspflichtige Rente der gesetzlichen Rentenversicherung zum Teil ruht und in Höhe des Ruhensbetrages nicht mehr beitragspflichtig ist. Hier tritt die Ungleichbehandlung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten besonders zutage, weil die beitragspflichtigen Einnahmen bei den freiwillig versicherten früheren Arbeitnehmern die Beitragsbemessungsgrenze nicht mehr übersteigen. Verletztenrenten werden bei diesen freiwillig Versicherten erstmals bei Rentenbezug beitragspflichtig. Der Gesetzgeber hat bei der vom Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 15. März 2000 (BVerfGE 102, 68 = SozR 3-2500 § 5 Nr 42 S 188 ff) geforderten Neuregelung Gelegenheit, auch die Ungleichbehandlung von freiwilligen und versicherungspflichtigen Mitgliedern bei der Berücksichtigung von Verletztenrenten aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu überprüfen. Dieses könnte auch Auswirkungen auf Renten aus der privaten Unfallversicherung haben. Bis dahin kann jedoch die Beitragspflicht von privaten Unfallversicherungsrenten nicht mit dem Hinweis auf die Beitragsfreiheit der Verletztenrente bei den Pflichtversicherten beanstandet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved