L 13 R 2366/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 5860/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 2366/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 30. April 2012 hinaus.

Der am 7. Mai 1957 in Italien geborene Kläger zog im August 1978 nach Deutschland und hat keinen Beruf erlernt. Er war zuletzt seit 1980 bei der Deutschen Post versicherungspflichtig beschäftigt (zuerst als Ladehelfer, dann in den letzten fünf Jahren bis zu einem privaten Unfall im Januar 2004 als Gruppenführer). Seit Januar 2004 war er arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos.

Der erste Rentenantrag vom 23. Februar 2005 wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 23. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Oktober 2005 zurückgewiesen. Im anschließenden Klageverfahren (S 10 R 7060/05) beim Sozialgericht Stuttgart (SG) wurde das Gutachten des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A. vom 4. April 2006 eingeholt. Dieser nannte als Diagnosen eine somatisierte Schmerzstörung und eine selbstunsichere Persönlichkeitsstörung. Er sah lediglich qualitative Einschränkungen und hielt den Kläger für in der Lage, unter Beachtung dieser Einschränkungen leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten. Das Klageverfahren endete am 6. September 2006 durch Klagerücknahme.

Der weitere Rentenantrag vom 18. Februar 2008 wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 24. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. November 2008 zurückgewiesen. Die Beklagte stützte sich hierbei u. a. auf das ihrerseits in Auftrag gegebene Gutachten des Facharztes für Chirurgie, Unfallchirurgie und Sozialmedizin Dr. G. vom 4. April 2008 (D: (1.) gering- bis mäßiggr. degenerat. WS-Veränderungen mit Funktionseinschränkung, Fehlhaltung, (2.) Somatisierungsstörung bei selbstunsicherer Persönlichkeitsstörung, (3.) Nierencysten li. ) re. ohne Einschränkung d. Nierenfunktion). Im anschließenden Klageverfahren (S 5 R 7914/08) anerkannte die Beklagte eine seit dem 15. September 2009 bestehende Erwerbsminderung des Klägers und gewährte eine volle Erwerbsminderungsrente vom 1. April 2010 bis 30. April 2012. Grundlage hierfür war das psychiatrisch-psychotherapeutische Gutachten des Prof. Dr. E., in dem als Diagnosen eine somatoforme Störung, DD hypochondrische Störung mit derzeit mäßiggradiger depressiver Begleitsymptomatik, Nierenzysten bds. ohne Einschränkung der Nierenfunktion, rezidivierende Lumbalgien bei beginnender Osteochondrose und Bandscheibenprotrusion (L5/S1), Tibiaschaftfraktur links plus zwei Etagen Fibulafraktur, Unterschenkelfraktur, Typ Weber C, Z. n. Marknagelung und Metallentfernung, Antrumgastritis ohne Helicobacter pylori Nachweis, thorakale Beschwerden ohne organpathologisches Korrelat und Amblyopie rechts in Folge zentraler Toxoplasmosenarbe seit früher Kindheit angegeben wurden und ein Leistungsvermögen aufgrund der psychischen Diagnosen von drei bis maximal 6 Stunden täglich unter Beachtung ausreichender Pausen gesehen wurde (derzeit; dauerhafte Leistungseinschränkung nicht absehbar, therapeutische Maßnahmen nicht ausreichend, keine Erhöhung der antidepressiven Medikamente erfolgt).

Am 22. Februar 2012 beantragte der Kläger die Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab 1. Mai 2012. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L ... Diese untersuchte den Kläger am 29. März 2012 und nannte in ihrem Gutachten vom 2. April 2012 als Diagnosen eine Anpassungsstörung mit ängstlich depressiven Anteilen, ein rezidivierendes Cervical- und Lumbalsyndrom sowie eine essentielle Hypertonie. Der Kläger sei aus nervenärztlicher Sicht zum jetzigen Zeitpunkt wieder ausreichend in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten unter nicht allzu schwerem Heben und Tragen sowie ohne relevante Überkopfarbeit und ohne übermäßige Konzentrations- und Aufmerksamkeitsleistung vollschichtig sechs Stunden am Tag auszuüben. Eine relevante Abweichung zum 2006 erstellten Gutachten des Dr. A. sah sie nicht. Prognostisch sei allerdings bei eingeschränkter Motivationslage nur eine eingeschränkte Eigeninitiative zur Aufnahme einer erneuten Berufstätigkeit zu erwarten.

Mit Bescheid vom 12. April 2012 lehnte die Beklagte den Antrag auf Weiterzahlung der Rente ab, weil der Kläger die medizinischen Voraussetzungen für diese Rente nicht mehr erfülle. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. In seinem dagegen gerichteten Widerspruch bezog sich der Kläger auf einen Befundbericht seines Hausarztes K. B ... Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen hat der Kläger am 25. Oktober 2012 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Er erfülle die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Entgegen den Feststellungen der Dr. L. seien die bei ihm vorhandenen psychischen Erkrankungen so gravierend, dass sie sich auf seine Leistungsfähigkeit in rentenrelevantem Umfang auswirkten. Dr. L. verweise in der Anamnese lediglich auf ein nervenärztliches Gutachten von Dr. A. und es würden solche ärztliche Aussagen unterschlagen, welche die Feststellung der Gutachterin nicht stützten. Er habe ihr gegenüber auch nicht geäußert, dass er nicht psychisch krank sei. Er befinde sich in ständiger Behandlung bei dem Psychiater Dr. H.; auch dies sei von der Gutachterin unterschlagen worden. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass bei ihm auch Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet vorlägen; hierzu seien jedoch von der Beklagten keine Untersuchungen durchgeführt worden. Der Kläger hat ferner auf den Arztbrief des Dr. W. vom 27. September 2011 verwiesen, aus dem sich folgende Diagnosen ergeben: chronischer Schmerzpatient nach Unterschenkelfraktur links und rezidivierende Lumbalgien, HWS-Schmerzen. Im weiteren Verlauf hat der Kläger weitere Befundberichte vorgelegt (vorläufiger Arztbrief Diakonie-Klinikum vom 25. Januar 2014, Arztbrief internistische Gemeinschaftspraxis vom 29. Oktober 2013, Arztbrief Diakonie-Klinikum Stuttgart vom 15. November 2013, Blutbild vom 2. Dezember 2013 und Arztbrief Radiologie Nuklearmedizin im CityPlaza vom 10. Dezember 2013).

Das SG hat den den Kläger behandelnden Orthopäden Dr. G. schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen und Befundberichte über die Behandlungen bei dem Facharzt für Nervenheilkunde Dr. H. (Bericht vom 15. Juni 2012) und dem Neurologen Dr. W. (Bericht vom 27. September 2011) beigezogen. Dr. G. hat mitgeteilt, aufgrund der 2004 in Italien erlittenen Tibiaspiralfraktur links mit immer wieder auftretenden Beschwerden im Bereich der Hüfte bzw. der LWS könnten leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig ausgeübt werden.

Das SG hat ferner den Facharzt für Innere Medizin, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Sch. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem Gutachten vom 1. Juli 2013 hat dieser als Diagnosen depressive Verstimmungen bei sozialer Belastungssituation, arterielle Hypertonie, keine kardiopulmonalen Dekompensationszeichen, Lungenleiden, bekannte Zystennieren, Reflux-Beschwerden, Adipositas Grad I, Fettstoffwechselstörung, Wirbelsäulen-Syndrom ohne signifikante sensomotorische Ausfälle, Z. n. Unterschenkelfraktur links 2004 mit angegebenen fortbestehenden Beschwerden, Visusminderung rechts seit Geburt, Prostataleiden und Verdacht auf ein obstruktives Schlafapnoe-Syndrom, weitere Diagnostik vorgesehen, angegeben. Auch unter Berücksichtigung der Gesundheitsstörungen fachfremder Gebiete könne der Kläger leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten in verschiedenen Arbeitshaltungen verrichten. Möglich seien leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wie das Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und Zusammensetzungen von Teilen. Unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen liege ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vor. Der Kläger hat dem SG des Weiteren diverse - nach der Begutachtung erstellte - Befundberichte vorgelegt (des Karl-Olga-Krankenhauses vom 23. September 2013, des Diakonie-Klinikums vom 15. November 2013 und 25. Januar 2014, der internistischen Gemeinschaftspraxis nephrologisches Zentrum vom 29. Oktober 2013, der Fachärztin für Diagnostische Radiologie Dr. Schr. vom 10. Dezember 2013). Die Beklagte hat daraufhin die sozialmedizinische Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin Dr. J. vom 8. April 2014 eingeholt, die weiterhin ein vollschichtiges Leistungsvermögen des Klägers bestätigt hat. Der Kläger hat sodann noch einen Befundbericht des Diakonie-Klinikums vom 1. November 2014 zum SG gereicht.

Mit Urteil vom 16. Februar 2015 hat das SG die Klage abgewiesen und sich dabei insbesondere auf das Gutachten des Dr. Sch. sowie das Gutachten der Dr. L. und die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. G. gestützt. Aus den übrigen Unterlagen, insbesondere dem Bericht des Karl-Olga-Krankenhauses vom 23. September 2013, könnten keine Beeinträchtigungen entnommen werden, die gegen die Verrichtung leichter Tätigkeiten für mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sprächen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er zuletzt eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Ladehelfer bei der Post ausgeübt habe und es sich hierbei um eine ungelernte Tätigkeit handele. Der Kläger sei somit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Gegen das ihm am 4. Mai 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Juni 2015 eingelegte Berufung des Klägers, mit der er insbesondere rügt, das Gutachten des Dr. Sch. sei fehlerhaft und deshalb nicht zu verwerten, insbesondere unter Berücksichtigung des Gutachtens des Prof. Dr. E. vom 10. März 2010, welches damals Anlass für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung gewesen sei. Die von Dr. Sch. angegebenen Medikamente, die der Kläger einnehme, seien ein deutliches Indiz für das Vorhandensein einer generalisierten Angststörung und einer depressiven Erkrankung.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. Februar 2015 sowie den Bescheid vom 12. April 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 30. April 2012 hinaus, Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil.

Auf den Hinweis des Senats gemäß § 109 SGG (Frist bis 15. Januar 2016) hat der Kläger mitgeteilt, er werde von der Möglichkeit, einen entsprechenden Antrag zu stellen, nicht Gebrauch machen.

Am 14. Oktober 2016 hat in vorliegendem Verfahren ein Erörterungstermin vor dem LSG stattgefunden. Im Rahmen dieses Termins haben die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 SGG erteilt.

Der Kläger hat einen Gastroskopiebericht des Marienhospitals vom 19. Dezember 2016 zu Gericht gereicht. Außerdem hat das Gericht einen Befundbericht der Pneumologischen Schwerpunktpraxis Dr. W. vom 9. Februar 2017 beigezogen. Mit Schreiben vom 17. Februar 2017 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass das Verfahren zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung vorgemerkt ist.

Mit Schriftsatz vom 19. September 2017 hat der Klägerbevollmächtigte auf Nachfrage des Senats ausdrücklich mitgeteilt, dass sein Klageantrag einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aufgrund von Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI nicht umfasse.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der erst- sowie zweitinstanzlichen Gerichts- und der Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das vorliegende Verfahren konnte gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Entscheidungsweise erteilt haben.

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat in seinem Urteil vom 16. Februar 2015 zu Recht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 30. April 2012 hinaus. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist der Ablehnungsbescheid vom 12. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2012, in dem die Beklagte die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. April 2012 hinaus ablehnt.

Gem. § 43 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im Übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gem. § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen. Gemessen daran vermag der Senat nicht mit der erforderlichen an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit festzustellen, dass bei dem Kläger über den 30. April 2012 hinaus eine rentenrechtlich relevante qualitative oder eine quantitative Minderung des Leistungsvermögens auf weniger als sechs Stunden arbeitstäglich vorliegt.

Das SG hat in seinem Urteil vom 16. Februar 2015 – im Wesentlichen gestützt auf das Sachverständigengutachten des Dr. Sch., das Gutachten im Verwaltungsverfahren der Dr. L., der sachverständigen Zeugenauskunft des Orthopäden Dr. G. und dem Koloskopiebericht des Karl-Olga-Krankenhauses vom 23. September 2013 - zutreffend dargelegt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI über den 30. April 2012 hinaus hat, weil er in der Lage ist, ihm zumutbare Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes bei Beachtung rentenrechtlich nicht relevanter qualitativer Einschränkungen wenigstens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens des Klägers uneingeschränkt an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs. 2 SGG zurück.

Auch aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren sowie des vorgelegten Gastroskopieberichts des Marienhospitals vom 19. Dezember 2016 und dem eingeholten Befundbericht des Dr. W. vom 9. Februar 2017 ergibt sich nichts anderes.

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, das Gutachten des Sachverständigen Dr. Sch. sei in sich fehlerhaft und nicht verwertbar, so vermag der Senat diese Auffassung nicht zu teilen. Das Gutachten des Dr. Sch. ist umfassend und schlüssig und enthält sämtliche für eine Entscheidung erforderlichen Angaben. Insbesondere hat er sehr ausführlich Befund erhoben und den Tagesablauf des Klägers geschildert. Danach hat der Kläger zum Tagesablauf befragt mitgeteilt, dass er gegen 8.00 Uhr aufstehe, die Körperpflege mache, einkaufe und koche. Er interessiere sich sehr für Fußball und gehe bei schönem Wetter gerne spazieren. Am Wochenende pflege er soziale Kontakte zu Freunden und Bekannten. Außerdem besucht der Kläger immer wieder seine in Italien lebende Mutter und würde gerne dauerhaft nach Italien zurückkehren. Der von Dr. Sch. erhobene psychische Untersuchungsbefund ist weitgehend unauffällig gewesen. Der Kläger hat altersentsprechend gewirkt und ist gepflegt gekleidet zur Untersuchung erschienen. Seine Gestik und Mimik ist sehr lebhaft gewesen. Er hat sich auskunftsbereit und kooperativ, freundlich zugewandt und höflich gezeigt. Störungen des Bewusstseins, der Orientierung, der Auffassung, der Konzentration und des Gedächtnisses haben nicht vorgelegen. Es hat sich kein Anhalt für eine hirnorganische Symptomatik ergeben. Eine Antriebsminderung ist nicht zu verzeichnen gewesen, vielmehr hat der Kläger eher lebhaft gewirkt. Auch hat die Grundstimmung ausgeglichen gewirkt und die affektive Resonanzfähigkeit ist nicht eingeschränkt gewesen. Das formale Denken ist nicht verlangsamt gewesen. Ebenso wenig haben sich inhaltliche Denkstörungen, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen, dissoziative oder somatische Störungen gezeigt. Anhaltspunkte für eine Persönlichkeitsstörung oder für eine sozialmedizinisch relevante Suchterkrankung hat Dr. Sch. nicht zu finden vermocht. In neurologischer Hinsicht ergeben sich ebenfalls keine wesentlichen Auffälligkeiten. Dr. Sch. hat insofern lediglich mitgeteilt, dass der Kläger ausgeführt habe, der Zehen- und Hackengang links sei ihm aufgrund der Beschwerden am linken Bein nicht regelrecht möglich. Jedoch sind alle Gelenke der oberen und unteren Extremitäten aktiv und passiv beweglich gewesen ohne Hinweise für Paresen. Auch hat Dr. Sch. keine die Leistungsfähigkeit des Klägers quantitativ einschränkenden internistischen Befund mitgeteilt. Aus diesen Befunden lässt sich eine Erkrankung, die zu einer rentenrelevanten Leistungsminderung führen könnte, nicht ersehen. Sofern der Kläger darauf verweist, PD Dr. E. habe in seinem Gutachten vom 10. März 2010 auf psychiatrischem Fachgebiet eine somatoforme Störung sowie als Dauerdiagnose eine hypochondrische Störung mit derzeitig mäßiggradiger depressiver Begleitsymptomatik und nicht lediglich - wie Dr. Sch. - eine depressive Verstimmung bei sozialer Belastungssituation diagnostiziert, so ist darauf hinzuweisen, dass ausschlaggebend für die vorhandenen, die Leistungsfähigkeit in quantitativer Weise beeinträchtigenden Funktionseinschränkungen nicht die gestellten Diagnosen, sondern die erhobenen Befunde sind. Jedenfalls aus dem von Dr. Sch. in seinem vom 1. Juli 2013 und somit über drei Jahre nach dem Gutachten des Prof. Dr. E. erstellten Gutachten haben sich keine Funktionsbeeinträchtigungen entnehmen lassen, die eine rentenrelevante Leistungsminderung begründen würden. Es spielt auch keine Rolle, ob der psychische Befund des Klägers lediglich aufgrund der eingenommenen (geringdosierten) Psychopharmaka unauffällig gewesen ist. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, so belegt dies lediglich, dass die beim Kläger durchgeführten Therapiemaßnahmen anschlagen und er unter der eingenommenen Medikation mit keinerlei erheblichen psychischen Einschränkungen zu kämpfen hat. Im Übrigen hat auch die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. in ihrem für die Beklagte erstellten Gutachten vom 2. April 2012 keinen psychischen Befund erhoben, der eine eingeschränkte quantitative Leitungsfähigkeit rechtfertigen würde.

In orthopädischer Hinsicht hat der Kläger im Rahmen des Berufungsverfahrens keine Veränderung seines Gesundheitszustandes vorgetragen. Insofern verweist der Senat - wie bereits das SG - auf die sachverständige Zeugenauskunft an das SG des Orthopäden Dr. G. vom 11. Januar 2013, in dem er eine vollschichtige Leistungsfähigkeit des Klägers auf orthopädischem Fachgebiet mitteilt. Überdies hat auch Dr. Sch. keinen neurologischen Befund mitgeteilt, der auf eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastungsfähigkeit hinweisen würde. Bis auf die Aussage des Klägers, er könne links den Zehen- und Hackengang nicht ausführen, waren sämtliche Gelenke der oberen und unteren Extremitäten frei beweglich.

Eine quantitative Leistungseinschränkung ergibt sich auch nicht aus internistischen Beschwerden des Klägers. Dem Entlassbericht des Karl-Olga-Krankenhauses vom 23. September 2013 lässt sich ein unauffälliger Koloskopiebefund entnehmen. Sofern beim Kläger Ende 2013 eine Leisten- sowie Nabelhernie diagnostiziert worden ist, ist diese im Januar 2014 im Diakonie-Klinikum operiert worden. Hieraus ergibt sich allenfalls eine qualitative Leistungseinschränkung in Bezug auf die Schwere von zu hebenden Gegenständen, jedoch keine quantitative Leistungseinschränkung. Auch lassen sich weder dem Gastroskopiebericht des Marienhospitals vom 19. Dezember 2016 (Befund: Unter PPI keine erosive Refluxösophagitis, keine Erosionen, kein Ulkus, kein Tu Hiatusinsuffizienz) noch dem Befundbericht des Dr. W. vom 9. Februar 2017 (D: Belastungsdyspnoe; Befunde: Sauerstoffsättigung im Blut 97 %, Puls 78/min, Thorax bei In- und Exspiration frei beweglich, auskultatorisch über beiden Lungenfeldern vesikuläres Atemgeräusch, lungenfunktionell (Ganzkörperbodyplethysmographie) leichtgradige Restriktion, keine Zeichen einer Überblähung der Lunge, Röntgen Thorax in 2 Ebenen: keine relevante Befundänderung im Vergleich zu den Voraufnahmen zu 2014) keine die quantitative Leistungsfähigkeit des Klägers einschränkenden Befunde entnehmen.

Unter Berücksichtigung der gesamten Beweislage ist es mithin nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellbar, dass der Kläger in rentenberechtigendem Ausmaß über den 30. April 2012 hinaus in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist.

Da der Kläger seinen Antrag auf die Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung gem. § 43 SGB VI beschränkt hat und eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gem. § 240 SGB VI ausdrücklich nicht begehrt, war ein entsprechender Anspruch gem. § 240 SGB VI auch nicht zu prüfen.

Da das SG demnach die Klage zu Recht abgewiesen hat, war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke/Berchtold, Kommentar zum SGG, 5. Aufl., § 193 SGG Rdnr. 8 erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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