Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 207 AS 11808/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1984/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. September 2017 aufgehoben. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, Mietschulden des Antragstellers in Höhe von 1.034,07 EUR als Darlehen zu übernehmen und den genannten Betrag unmittelbar an die Vermieterin M F auszuzahlen. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers im gesamten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers, über die nach Ablauf der dem Antragsgegner gesetzten Erwiderungsfrist zu entscheiden war, ist begründet.
Dem Antragsteller steht ein nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG einstweilen zu sichernder Anspruch auf darlehensweise Übernahme der im Tenor bezeichneten Mietschulden aus der Zeit vor Beginn des Leistungsbezugs bei dem Antragsgegner zu, die unmittelbar an die Vermieterin auszuzahlen sind.
Der Anordnungsanspruch folgt aus § 22 Abs. 8 Satz 2 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Nach dieser Vorschrift sollen Schulden übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm vorliegen, besteht im Regelfall ein Rechtsanspruch auf Hilfe. Drohende Wohnungslosigkeit ist hier schon deshalb anzunehmen, weil die Vermieterin eine Kündigung des Mietverhältnisses in Aussicht gestellt hat (vgl Schreiben vom 15. August 2017). Damit ist zu besorgen, dass der Antragsteller mit den Kosten einer Räumungsklage belastet werden könnte, was im Eilrechtsverfahren zu berücksichtigen ist. Es darf insoweit nicht allein auf die Erhebung einer Räumungsklage abgestellt werden (vgl BVerfG, Beschluss vom 1. August 2017 – 1 BvR 1910/12 – juris).
Die Übernahme der Mietschulden ist im vorliegenden Einzelfall auch gerechtfertigt und notwendig iSv § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II, und zwar ungeachtet dessen, dass der Mietzins der Wohnung des Antragstellers nicht angemessen iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sein dürfte (vgl die insoweit zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Beschluss). Dies folgt aus folgenden Erwägungen:
Aus der Gesamtkonzeption des § 22 SGB II ergibt sich, dass bei neu in den Bezug von SGB II-Leistungen Eintretenden zunächst die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) in voller Höhe zu übernehmen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Erst wenn es dem Hilfeberechtigten binnen sechs Monaten nach einem Hinweis des Leistungsträgers nicht gelingt, die KdUH auf ein angemessenes Niveau zu senken, ist der Leistungsträger danach berechtigt, nur noch in angemessener Höhe zu zahlen. Diese gesetzgeberische Konzeption würde verfehlt, wenn der Leistungsträger der Übernahme von vor dem Eintritt in den Leistungsbezug aufgelaufenen Mietschulden in jedem Fall entgegenhalten könnte, die laufenden KdUH seien unangemessen. Damit würde die in § 22 Abs. 1 Satz 3 vorgesehene Regelschutzfrist von sechs Monaten zur Absenkung der KdUH möglicherweise erheblich verkürzt. Vorliegend kommt hinzu, dass es dem Antragsteller unbenommen bleibt, einen Teil seiner Regelleistung zur Deckung der laufenden KdUH einzusetzen, soweit dadurch nicht sein unerlässliches Existenzminimum gefährdet wird. Hiervon ist auch in Ansehung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufrechnung in § 42a Abs. 2 SGB II iHv 10 vH des maßgebenden Regelbedarfs auszugehen, zumal bei dem Antragsteller auch die Zahlung von Arbeitslosengeld zu erwarten steht und der Antragsgegner dem Grunde nach ohnehin verpflichtet sein dürfte, jedenfalls bis Februar 2018 die vollen laufenden KdUH zu übernehmen (vgl auch Kostensenkungsaufforderung vom 22. August 2017). Es ist daher auch im Hinblick auf die Höhe der Mietschulden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine dauerhafte Sicherung der Unterkunft zu erwarten. Dass der Antragsteller die Notlage gezielt zu Lasten des Leistungsträgers herbeigeführt hätte, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dem Antragsteller war in Anwendung von § 73 a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung keine Prozesskostenhilfe zu gewähren, weil er wegen des verlautbarten Kostenerstattungsanspruches gegen den Antragsgegner insoweit nicht als bedürftig anzusehen ist.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers, über die nach Ablauf der dem Antragsgegner gesetzten Erwiderungsfrist zu entscheiden war, ist begründet.
Dem Antragsteller steht ein nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG einstweilen zu sichernder Anspruch auf darlehensweise Übernahme der im Tenor bezeichneten Mietschulden aus der Zeit vor Beginn des Leistungsbezugs bei dem Antragsgegner zu, die unmittelbar an die Vermieterin auszuzahlen sind.
Der Anordnungsanspruch folgt aus § 22 Abs. 8 Satz 2 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Nach dieser Vorschrift sollen Schulden übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm vorliegen, besteht im Regelfall ein Rechtsanspruch auf Hilfe. Drohende Wohnungslosigkeit ist hier schon deshalb anzunehmen, weil die Vermieterin eine Kündigung des Mietverhältnisses in Aussicht gestellt hat (vgl Schreiben vom 15. August 2017). Damit ist zu besorgen, dass der Antragsteller mit den Kosten einer Räumungsklage belastet werden könnte, was im Eilrechtsverfahren zu berücksichtigen ist. Es darf insoweit nicht allein auf die Erhebung einer Räumungsklage abgestellt werden (vgl BVerfG, Beschluss vom 1. August 2017 – 1 BvR 1910/12 – juris).
Die Übernahme der Mietschulden ist im vorliegenden Einzelfall auch gerechtfertigt und notwendig iSv § 22 Abs. 8 Satz 2 SGB II, und zwar ungeachtet dessen, dass der Mietzins der Wohnung des Antragstellers nicht angemessen iSv § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sein dürfte (vgl die insoweit zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Beschluss). Dies folgt aus folgenden Erwägungen:
Aus der Gesamtkonzeption des § 22 SGB II ergibt sich, dass bei neu in den Bezug von SGB II-Leistungen Eintretenden zunächst die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) in voller Höhe zu übernehmen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Erst wenn es dem Hilfeberechtigten binnen sechs Monaten nach einem Hinweis des Leistungsträgers nicht gelingt, die KdUH auf ein angemessenes Niveau zu senken, ist der Leistungsträger danach berechtigt, nur noch in angemessener Höhe zu zahlen. Diese gesetzgeberische Konzeption würde verfehlt, wenn der Leistungsträger der Übernahme von vor dem Eintritt in den Leistungsbezug aufgelaufenen Mietschulden in jedem Fall entgegenhalten könnte, die laufenden KdUH seien unangemessen. Damit würde die in § 22 Abs. 1 Satz 3 vorgesehene Regelschutzfrist von sechs Monaten zur Absenkung der KdUH möglicherweise erheblich verkürzt. Vorliegend kommt hinzu, dass es dem Antragsteller unbenommen bleibt, einen Teil seiner Regelleistung zur Deckung der laufenden KdUH einzusetzen, soweit dadurch nicht sein unerlässliches Existenzminimum gefährdet wird. Hiervon ist auch in Ansehung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufrechnung in § 42a Abs. 2 SGB II iHv 10 vH des maßgebenden Regelbedarfs auszugehen, zumal bei dem Antragsteller auch die Zahlung von Arbeitslosengeld zu erwarten steht und der Antragsgegner dem Grunde nach ohnehin verpflichtet sein dürfte, jedenfalls bis Februar 2018 die vollen laufenden KdUH zu übernehmen (vgl auch Kostensenkungsaufforderung vom 22. August 2017). Es ist daher auch im Hinblick auf die Höhe der Mietschulden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine dauerhafte Sicherung der Unterkunft zu erwarten. Dass der Antragsteller die Notlage gezielt zu Lasten des Leistungsträgers herbeigeführt hätte, ist nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dem Antragsteller war in Anwendung von § 73 a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung keine Prozesskostenhilfe zu gewähren, weil er wegen des verlautbarten Kostenerstattungsanspruches gegen den Antragsgegner insoweit nicht als bedürftig anzusehen ist.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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BRB
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