Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 3144/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 4063/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. September 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013.
Der 1946 geborene Kläger griechischer Staatsangehörigkeit ist verheiratet und berentet. Er spricht nur gebrochen Deutsch, eine Verständigung mit ihm ist aber möglich (polizeiliche Geschädigtenvernehmung vom 22. März 2013). Er befand sich zum Unfallzeitpunkt auf dem Heimweg von seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit als angestellte Reinigungskraft, die er zur Aufstockung seines Rentenbezugs in Teilzeit ausübte.
Am 1. Februar 2013 wurde er bei Dunkelheit und Regen als dunkel gekleideter Fußgänger beim Überqueren der Straße, nachdem die Ampel Grün angezeigt hatte, von einem anfahrenden PKW von der rechten Fahrzeugseite (rechter Außenspiegel) erfasst und kam zu Fall. Initial trat keine Ohnmacht, kein Erbrechen und keine Amnesie ein. Der Kläger wurde sofort in das Kreisklinikum in R. verbracht, wo er bis 5. Februar 2013 stationär behandelt wurde, so dass er bei intakter Durchblutung, Motorik und Sensibilität bei rückläufiger Beschwerdesymptomatik und guter Mobilisation entlassen werden konnte. Nach dem D-Arztbericht erlitt er eine Kopfplatzwunde und Prellungen des Rumpfes, des Sitzbeins und der Wade. Die Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Lendenwirbelkörpers (LWK) mit erhaltener Wirbelsäulenhinterkante wurde zunächst als Prellung behandelt.
Die LWK-2-Kompressionsfraktur wurde am 19. Februar 2013 mittels einer inzwischen wieder entfernten Fixateur interne von LWK 1 auf LWK 3 stabilisiert. Der Kläger war während der stationären Behandlung bis 28. Februar 2013 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) unter bedarfsgerechter Analgesie beschwerdearm, es konnte eine Mobilisation unter physiotherapeutischer Anleitung erfolgen. Die Entlassung fand bei unauffälligem Lokalbefund statt. Im Anschluss daran erfolgte eine stationäre Rehabilitation vom 21. März bis 16. April 2013 in der BG-Klinik T., aus der er als arbeitsunfähig entlassen wurde. Die Beweglichkeit der gesamten Wirbelsäule und speziell der Lendenwirbelsäule (LWS) sei nach allen Bewegungsrichtungen noch leicht eingeschränkt, am deutlichsten in der Flexion. Durch physiotherapeutische Behandlung gelang es, die Kraft der gesamten Rückenmuskulatur sowie die Rumpfstabilität zu verbessern. Die Schmerzen waren insgesamt rückläufig, das Gangbild verbessert. Sensomotorische Defizite waren zu keinem Zeitpunkt vorhanden (Entlassungsbericht vom 19. April 2013). Am 18. Oktober 2013 erfolgte die Metallentfernung des einliegenden Fixateur interne in der BG-Klinik. Bei der Verlaufskontrolle vom 16. Dezember 2013 stellte PD Dr. B. fest, dass die Wirbelsäulenbeweglichkeit mit einer Rotation rechts/links von 20-0-10° und eine Seitneigung rechts/links von 20-0-20° noch deutlich eingeschränkt sei. Der Finger-Boden-Abstand sei mit 36 cm gemessen worden bei dann auftretenden Schmerzen im Frakturbereich. Das Gehen im Außenbereich sei nur mit Gehstock möglich. Der Kläger habe berichtet, dass die Schmerzen nach der Metallentfernung deutlich besser geworden seien, jedoch nicht gänzlich abgeklungen wären. Es sei ein Verharrungszustand eingetreten, von einer Re-Inte¬gration als Teilzeit-Reinigungskraft könne nicht mehr ausgegangen werden, sodass eine entsprechende Rentenbegutachtung empfohlen werde (Zwischenbericht vom 15. Januar 2014).
In dem ersten Rentengutachten vom 15. Mai 2014 kam PD Dr. B. zu dem Ergebnis, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 10 vom Hundert (v. H.) betrage. Auf den Unfall seien eine knöchern verheilter LWK-2-Bruch, in leichter Keilform deformiert, eine diskret eingezogene Narbenbildung nach dorsaler Stabilisierung des Bruchs und endgradige Bewegungseinschränkung sowie belastungsabhängige Schmerzen zurückzuführen. Die angefertigten Röntgenaufnahmen der unteren LWS zeigten einen deutlichen Verschleiß insbesondere der Segmente L4/5 und L5/S1 mit deutlicher Osteochondrose, Spondylarthrose und spondylophytären Anbauten, wobei diese im Vergleich zu den unfallnahen Aufnahmen unverändert seien und somit als vorbestehend gewertet werden müssten. Unfallunabhängige Erkrankungen seien ein Zustand nach multiplen Lipom-Entfernungen vor ca. zehn Jahren, ein Zustand nach Appendektomie, ein Diabetes mellitus, ein Zustand nach Stent-Implantation 2008, eine arterielle Hypertonie, eine Hypercholesterinämie sowie das degenerative LWS-Syndrom insbesondere in den Segmenten L4/5 und L5/S1.
Mit Bescheid vom 6. Juni 2014 beendete die Beklagte daraufhin zunächst die Verletztengeldzahlung mit Ablauf des 31. Juli 2014, d.h. ab der 78. Woche nach dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014).
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes befragte die Beklagte noch die behandelnden Ärzte des Klägers. Die Hausärztin Dr. M. teilte mit, es sei zu einer Verschlechterung des Diabetes mellitus gekommen, wobei ein Zusammenhang mit dem Betriebsunfall nicht auszuschließen sei, da die Operation zu einer Inaktivität und Bewegungseinschränkungen geführt habe (Bericht vom 19. August 2014). Der behandelnde Orthopäde Dr. K. gab am 11. März 2015 an, der Kläger habe im Wesentlichen keine schmerzfreien Phasen, es würden ständig Medikamente benötigt, die Alltagsfähigkeit sei erheblich eingeschränkt. Er zeige auch nur endgradige Bewegungsmöglichkeiten. Er plädiere daher für die Anerkennung einer höheren MdE. In seiner Auswertung kam PD Dr. B. am 19. Mai 2015 zu dem Ergebnis, dass die MdE mit 10 v.H. korrekt eingeschätzt sei, insbesondere könne ein Unfallzusammenhang mit dem Diabetes nicht hergestellt werden. Aufgrund der zahlreichen Begleiterkrankungen seien die geringgradig verbliebenen Unfallfolgen nicht in der Lage, den Verlauf der Diabeteserkrankung oder die medikamentöse Einstellung wesentlich zu verändern. Zur Gesamtsituation sei auszuführen, dass die Bewegungsmaße korrekt dokumentiert seien. Die LWK-2-Fraktur sei in annähernd anatomischer Stellung konsolidiert und die wesentlichen Bewegungsausmaße durch die unfallunabhängigen Veränderungen bedingt. Werde das Segmentprinzip zur Einschätzung der MdE betrachtet, liege die MdE sogar unter 10 v. H. Zu berücksichtigen seien jedoch zusätzlich die Operationsnarben und die zugangsbedingte Mobilität, welche eine gewisse Rest-Beschwerdesymptomatik erklären könnten.
Mit Bescheid vom 4. August 2015 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Verletztenrente mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit sei über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalls bzw. nach dem Ende des Verletztengeldanspruchs nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert. Der Arbeitsunfall habe zu einer endgradigen Bewegungseinschränkung der LWS mit belastungsabhängigen Schmerzen und reizloser Narbenbildung in Höhe des 2. LWK nach knöchern unter leichter Keilformbildung fest verheiltem Bruch des 2. LWK geführt. Unfallunabhängig sei die endgradige Einschränkung der HWS, das degenerative LWS-Syndrom, insbesondere in den Segmenten L4/5 und L5/S1, sowie die Diabeteserkrankung. Der mit der Begründung erhobenen Widerspruch, die behandelnden Ärzte seien weiterhin der Ansicht, dass die MdE 20 v. H. betrage, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. November 2015).
Mit seiner dagegen am 15. Dezember 2015 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat der Kläger unter Verweis auf Dr. K. und Dr. M. geltend gemacht, infolge des Unfalls ein chronisches Schmerzsyndrom und eine Verschlechterung des Diabetes erlitten zu haben.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG Dr. K. als sachverständigen Zeugen gehört und den Kläger anschließend von ihm orthopädisch begutachten lassen. Dr. K. hat angegeben, dass gegenwärtig zur Schmerzlinderung eine Akupunktur durchgeführt werde. Der neurologische Befund sei bei seitengleichen Reflexen und unauffälliger Sensomotorik normal. Unfallunabhängig lägen ein Bandscheibenvorfall L4/5 mit Neuroforamenstenose sowie degenerative Foramenstenosen L5/S1 beidseits vor. Eine durchgreifende Besserung habe nicht festgestellt werden können. Es sei zu erwägen, die MdE auf 20 v. H. aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms zu erhöhen.
Der Orthopäde Dr. D. hat in seinem Gutachten aufgrund der Untersuchung vom 12. Mai 2016 eine knöchern stabil ausgeheilte Fraktur des 2. LWK in leichter Keilwirbelbildung diagnostiziert. Es liege eine regelrechte Beweglichkeit in den angrenzenden Bewegungssegmenten vor, d.h. eine unfallbedingte Hypomobilität wie auch unfallbedingte Instabilität könnten ausgeschlossen werden. Die Funktionsprüfung sämtlicher Wirbelsäulenabschnitte zeige end- bis mittelgradige Bewegungseinschränkungen. Das sensible Nervenwurzelreiz-Syndrom seitens des linksseitigen Spinalnervs S1 müsse auf die Einengung des Nervenaustritts in Höhe L5/S1 zurückgeführt werden, welches aus unfallunabhängigen vermehrten Verschleißerscheinungen resultiere. Aufgrund gesicherter orthopädischer Erfahrung führten die Verschleißerscheinungen in den unteren Bewegungssegmenten der LWS (LWK4/5 und LWK5/S1) zu entsprechenden Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Allein die knöchern stabil konsolidierte ehemalige Deckenplattenimpressionsfraktur des 2. LWK sei unfallbedingt und begründe eine MdE von unter 10 v. H. Seine Abweichung zu der Einschätzung von Dr. K. beruhe darauf, dass die Schmerzsymptomatik auf die unfallunabhängigen Verschleißerscheinungen der LWS zurückgeführt werden müssten.
Die Beklagte hat hierauf noch den Zwischenbericht des PD Dr. B. vom 22. Februar 2016 über die Untersuchung des Klägers vom selben Tag vorgelegt, wonach ein chronisches Schmerzsyndrom in Form von Lumboischialgien bestehe. Die neurologische Untersuchung habe Zeichen einer diabetischen Polyneuropathie mit Achillessehnenverlust beidseits und diskreter Pallhypästhesie ergeben. Ergänzend hat PD Dr. B. am 30. März 2016 ausgeführt, der rechtsseitige Bandscheibenvorfall mit Einengung des Neuroforamens dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Schmerzsymptomatik verantwortlich sein, sie könne nicht mit dem Unfallgeschehen in Verbindung gebracht werden. Für eine Akupunkturbehandlung sei demnach die gesetzliche Krankenkasse zuständig.
Mit Urteil vom 21. September 2016 hat das SG daraufhin die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger könne zwar zulässigerweise mit seiner Klage die Feststellung von Unfallfolgen begehren, das chronische Schmerzsyndrom sei indessen nicht als Unfallfolge festzustellen, dem Kläger stünde auch keine Verletztenrente zu. Bei dem Unfall sei es als maßgeblichem Gesundheitserstschaden zu einer Fraktur des 2. LWK gekommen. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger erstmalig auch psychische Gesundheitsstörungen als Unfallfolge geltend gemacht und insoweit Alpträume beschrieben. Diese seien jedoch keine Gesundheitsstörungen und träten auch beim gesunden Menschen auf. Dass die Diabeteserkrankung durch den Unfall verschlechtert worden sei, stehe ebenfalls nicht fest. Dr. M. habe auch lediglich ausgeführt, ein Unfallzusammenhang sei "nicht auszuschließen", sie halte somit einen solchen Zusammenhang nur für möglich. Es sei nicht wahrscheinlich, dass die eingeschränkte Beweglichkeit zu einer Verschlechterung des Diabetes maßgeblich beigetragen habe. Der Kläger leide an zahlreichen Begleiterkrankungen wie einer Hypertonie, einer Hypercholesterinämie und einer behandelten koronaren Herzerkrankung, auch sein Alter spreche gegen eine Verursachung. Ein chronisches Schmerzsyndrom liege nicht vor. Dieses werde von den behandelnden Ärzten dahingehend spezifiziert, dass es "in Form von Lumboischialgien" vorliege, wofür ausreichend Veränderungen an der Wirbelsäule vorhanden seien, welche die Rückenbeschwerden erklärten. Diese Lumboischialgien seien keine Unfallfolge, das gleiche gelte auch dann, wenn diese als chronisches Schmerzsyndrom bezeichnet würden. Denn ein erheblicher Teil der Beschwerden sei auf die degenerativen Verschleißerscheinungen an den Segmenten L4/5 und L5/S1 zurückzuführen. Dies werde durch das zeitnah erstellte bildgebende Material bestätigt. Dr. D. habe ausführlich dargestellt, dass die an die Fraktur angrenzenden Bewegungssegmente eine regelrechte Beweglichkeit gezeigt hätten und dass die Einschränkungen aus unfallunabhängigen Verschleißerscheinungen resultierten, welche die geklagten Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursachten. Sie könnten nicht dem Arbeitsunfall zugerechnet werden, insofern überzeuge die gegenteilige Auffassung von Dr. K. nicht. Dieser habe sich mit den vorbestehenden Verschleißerscheinungen an anderen Wirbelsäulensegmenten nicht ausreichend auseinandergesetzt. Somit habe die Beklagte zutreffend die durch den Unfall verursachten Gesundheitsstörungen festgestellt. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe ebenfalls nicht. Dies ergebe sich aus den übereinstimmenden Gutachten von PD Dr. B. und Dr. D. Danach bedinge ein stabil sowie ohne Versteifung und ohne Instabilität oder erheblichen Knickwinkel ausgeheilter Wirbelkörper¬bruch mit einer nur geringen Veränderung der Statik auch unter Berücksichtigung eines gewissen Anteils der Rückenschmerzen und der zum Teil schwach ausgebildeten Muskulatur nur eine MdE um 10 v. H.
Gegen das am 4. Oktober 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. November 2016 Berufung mit der Begründung eingelegt, er habe infolge des Unfalls ein chronisches Schmerzsyndrom entwickelt, das auch eine psychische Komponente habe. Es liege in der Natur der Sache, dass dieses erst schleichend aufgetreten und zunächst verdrängt worden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. September 2016 sowie den Bescheid vom 4. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ein chronisches Schmerzsyndrom und eine ausgeprägte posttraumatische Symptombildung als weitere Unfallfolgen festzustellen sowie eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H. ab 1. August 2014 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist darauf, dass es bisher in den vielfältig in der Akte vorhandenen Arztbriefen keine Anhaltspunkte dafür gäbe, dass psychische Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen vorlägen. Die geklagten Schmerzen seien auch nicht somatoformer Art, sondern insgesamt durch die erheblichen degenerativ bedingten Veränderungen der Wirbelsäule in nicht vom Unfall betroffenen Wirbelsäulenabschnitten erklärbar. Zusätzlich seien bei der neurologischen Untersuchung neurologische Ausfälle als Folge der Diabeteserkrankung nachgewiesen worden, die ebenfalls Schmerzen verursachen könnten.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat die neu behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt. Der Neurologe Dr. Da. hat am 24. April 2017 über eine einmalige neurologische Untersuchung vom 3. Februar 2016 berichtet. Unfallbedingte neurologische Funktionsstörungen oder Ausfälle nach der Fraktur des 2. LWK hätten sich nicht gefunden. Der Kläger leide an Lumbago, einem Diabetes mellitus mit Zeichen einer diabetischen Polyneuropathie mit ASR-Verlust beidseits und diskreter Pallhypästhesie bei Verdacht auf neuropathischem Schmerzsyndrom. Der Neurologe und Psychiater Dr. M. hat am 18. April 2017 ausgeführt, der Kläger sei am 29. November 2016 und 26. Januar 2017 untersucht worden. Klinisch bestehe eine erschwerte Verarbeitung der Unfallerinnerungen mit Alpträumen vom Unfall und Schreckreaktionen im Straßenverkehr. Dabei liege nicht das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung vor, sondern eine Verarbeitungsstörung der Unfallerinnerungen mit weiter nachweisbarer Ausprägung. Es sei ein Behandlungsversuch mit Opipramol vorgeschlagen worden, der Kläger wolle aber keine Psychotherapie aufnehmen. Auch eine medikamentöse Behandlung werde nicht in Anspruch genommen.
Daraufhin hat der Kläger vorgetragen, dass es nicht zutreffend sei, dass er die Verlaufskontrolle über die verordneten Psychopharmaka nicht wahrgenommen habe. Er sei vielmehr am 24. April 2017 zur Verlaufskontrolle erschienen. Er hat des Weiteren einen Bericht des Dipl.-Psycholo-gen Sch. vom 18. Juli 2017 vorgelegt, wonach der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS, ICD 10 F 43.1), einer depressiven Episode, gegenwärtig mittelgradig (ICD 10 F 22.1) sowie episodisch paroxysmalen Angstzuständen (Panikattacken, ICD 10 F 40.1) leide. Der Kläger befinde sich seit 15. Mai 2017 in seiner psychotherapeutischen Behandlung. Seine Gedanken kreisten um den 2013 erlittenen Unfall und die daraus resultierende jetzige Lebenssituation, die er als hilflos erlebe. Infolge des als traumatisch erlebten Unfalls sei es zu einer suggestiven Verschlechterung des psychischen Allgemeinbefindens gekommen, mit dem er über lange Zeit versucht habe, alleine umzugehen. Durch den Verlust der Teilzeitarbeit fühle er sich auch existenziell bedroht. Selbst bei optimistischer Bewertung eines günstigen Behandlungsverlaufs könne nicht davon ausgegangen werden, dass der prämorbide Zustand jemals wiederherstellbar sei. Insofern müsse auch das Lebensalter und der eingetretene Chronifizierungsgrad mit berücksichtigt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligtenwird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (zwei Bände) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet.
Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist das angefochtene Urteil des SG vom 21. September 2016, mit dem die als jeweils kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -, BSGE 108, 274 (276)) sowie Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) erhobene Klage, mit welcher der Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 4. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2015 die Verpflichtung der Beklagten zu den Feststellungen eines chronischen Schmerzsyndroms und einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folgen des Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013 und deren Verurteilung zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. wegen dieses Versicherungsfalls begehrt hat, abgewiesen wurde. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bezogen auf die vorliegenden Klagearten der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34).
Die Berufung des Klägers ist bereits mangels Zulässigkeit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen unbegründet, soweit mit ihnen unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen begehrt worden ist, die Beklagte zu verpflichten, ein chronisches Schmerzsyndrom und eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10-GM-2017 F43.1) als Folge des Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013 festzustellen. Die Sachentscheidungsvoraussetzungen für dieses Klageziel liegen nicht vor. In Bezug auf die Anfechtungsklage fehlt es an der Klagebefugnis im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Es reicht zwar aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und Rechtsschutzsuchende die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SGB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An der Klagebefugnis fehlt es demgegenüber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 (130)), weil hinsichtlich des Klagebegehrens keine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vorliegt (BSG, Urteil vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 12). Eine negative Feststellung, dass ein chronisches Schmerzsyndrom und eine posttraumatische Belastungsstörung nicht Folge des Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013 ist, wurde indes mit dem Bescheid vom 4. August 2015 nicht getroffen. Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage zieht diejenige der mit ihr kombinierten Verpflichtungsklage nach sich.
Soweit der Kläger mit der Anfechtungs- und Leistungsklage die Beseitigung des ablehnenden Bescheides vom 4. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2015 und die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. wegen dieses Versicherungsfalls verfolgt hat, ist die Berufung ebenfalls unbegründet, hingegen nicht wegen der Unzulässigkeit der Klage. Denn hinsichtlich dieses Begehrens liegt eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vor. Die Klage ist jedoch insoweit unbegründet.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Rentengewährung ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier eines Arbeitsunfalls in Form des Wegeunfalls - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren (§ 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 123). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 16 m. w. N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, BSGE 93, 63 (65)).
Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass der Arbeitsunfall beim Kläger eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat, entweder durch einen unfallbedingten Gesundheitserst- oder einen damit im Ursachenzusammenhang stehenden Gesundheitsfolgeschaden.
Die unfallversicherungsrechtliche Zurechnung setzt erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, objektiv (mit-)verursacht hat. Für Einbußen der Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die in Frage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele ("conditio sine qua non"). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "Conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, darüber hinaus in seiner besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein.
Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und die Einwirkung eine (Wirk-)Ursache für den Gesundheitserstschaden (oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht ("ex post") nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 61 ff.).
Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln von Verletzten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht, zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Als objektives Handeln der Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder den Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder im Sinne von § 11 SGB VII, der für die zweite Prüfungsstufe andere Zurechnungsgründe als die Wesentlichkeit regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie auch zur MdE reichen, derentwegen das SGB VII mit der Rente ein Leistungsrecht vorsieht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 31).
Erst wenn die Verrichtung, die möglicherweise dadurch verursachte Einwirkung und der möglicherweise dadurch verursachte Erstschaden festgestellt sind, kann und darf auf der ersten Prüfungsstufe der Zurechnung, also der objektiven Verursachung, über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung zwischen der Verrichtung und der Einwirkung mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, eine (Wirk-)Ursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper von Versicherten war (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 32).
Zweitens muss der letztlich durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 33).
Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage, ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, also wesentlich, war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 34). Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 16/11 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rz. 21 ff.). Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als wesentliche Ursache (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 37).
Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. Ein solcher ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden, die infolge ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, juris, Rz. 39).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die solche Gesundheitsschäden erfüllen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten Einwirkung und einem Gesundheitserstschaden sowie zwischen einem Gesundheitserst- und einem Gesundheitsfolgeschaden der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 - B 2 U 29/07 R -, juris, Rz. 16 und 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, juris, Rz. 17).
Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden. Soweit die MdE sich nicht ausnahmsweise unmittelbar aus den Unfallfolgen erschließt, bilden festgestellte und eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen (z. B. ICD-10, DSM-IV) konkret zu bezeichnende Krankheiten (vgl. BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 (203) und vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R -, juris, Rz. 18; Urteile des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 50/15 -, juris, Rz. 48 m. w. N. und vom 17. März 2016 - L 6 U 4796/13 -, juris, Rz. 37) die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens auf dem Gebiet des gesamten Erwerbslebens zu beurteilen ist (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben führen die Folgen des mit Bescheid vom 4. August 2015 bindend (§ 77 SGG) anerkannten Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013 nur zu einer MdE von 10 v. H.
Am Unfalltag war der Kläger nach Beendigung seiner Arbeitsschicht gegen 19:00 Uhr zu Fuß auf dem Nachhauseweg und legte hierbei zu seinem Wohnsitz als geplantem Fahrziel einen mit seiner versicherten Tätigkeit als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zusammenhängenden unmittelbaren Weg zurück. Er stand damit unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, als er auf dem St. Knoten bei Überquerung der Fahrbahn bei grünem Licht von dem Opel Combo erfasst wurde. Dieser Unfallhergang steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der schriftlichen Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten Ende Oktober 2013 und der Ermittlungen der Polizeidirektion R. fest.
Der Kläger erlitt am 1. Februar 2013 durch die Krafteinwirkung infolge des Aufpralls eine Kopfplatzwunde sowie Prellungen des Rumpfes, des Sitzbeins und der Wade, die nach den ärztlichen Behandlungsberichten sämtlich folgenlos ausheilten, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Allein die später diagnostizierte, aber eindeutig auf den Unfall zurückzuführende Deckplattenimpressionsfraktur des 2. LWK als maßgeblicher Gesundheitserstschaden, die zunächst als Prellung behandelt wurde, verursacht noch weitere Beschwerden, denen allerdings ausreichend mit einer MdE von 10 v. H. Rechnung getragen wird. Der Senat entnimmt das dem überzeugenden und im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwerteten Behördengutachten von PD Dr. B. wie dem damit übereinstimmenden Gerichtsgutachten des Gerichtssachverständigen Dr. D. Danach ist die knöcherne Verletzung, die nicht zu einer Bandscheibenbeteiligung geführt hat, was sich dem Kernspintomogramm entnehmen lässt, in leichter Keilwirbelbildung stabil ausgeheilt. Dafür spricht, dass die angrenzenden Bewegungssegmente eine regelrechte Beweglichkeit zeigen, eine unfallbedingte Hypomobilität daher ausgeschlossen werden kann. Ebenso besteht keine unfallbedingte Instabilität im Sinne eines krankhaften Wirbelgleitens, was der Senat den Darlegungen des Dr. D. entnimmt. Somit ist die MdE von 10 v. H. allein im Hinblick darauf begründet, dass eine Keilwirbelbildung von 7 Grad und damit sogar unter dem maßgeblichen Wert von 10 Grad für eine MdE von 10 v. H., also nicht erheblicher Art (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 453, 465), vorliegt, die zu einer Schmerzbildung beiträgt.
Die verbliebenen Gesundheitsstörungen seitens der LWS sind zumindest vom 31. Juli 2014 an mit hinreichender Wahrscheinlichkeit überwiegend auf die Verschleißzeichen beim Kläger als vorliegend nicht nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte Alternativursache zurückzuführen. Hier ist es mittlerweile zu einem breitbasigen Bandscheibenvorfall L4/5 mit Foramenstenose rechts gekommen, ferner hat die Kernspintomographie der LWS von Dezember 2015 eine Osteochondrose L5/S1 gezeigt, die nach übereinstimmender und schlüssig dargelegter Einschätzung von PD Dr. B. wie Dr. D. in erster Linie für die Schmerzen verantwortlich sind, da es zu der maßgebenden Einengung des Neuroforamens gekommen ist. Unfallbedingte neurologische Funktionsstörungen konnten zuletzt von dem behandelnden Neurologen Dr. Da. ausgeschlossen werden, der das Schmerzsyndrom denn auch eher auf eine neuropathische Ursache zurückgeführt hat. Die abweichende Einschätzung des Dr. K. berücksichtigt diesen Umstand nicht ausreichend, sondern will, obwohl unzweifelhaft eine unfallunabhängige Verschlimmerung der LWS eingetreten ist, alles dem Unfall zurechnen. Zu Recht hat in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf verwiesen, dass die Schmerzen somit ein organisches Korrelat haben und daher nicht somatoformer Natur sind, so dass das Berufungsvorbringen vom 14. März 2017 insofern fehlgeht. Zuletzt konnte noch zusätzlich eine diabetische Polyneuropathie mit Achillessehnenverlust beidseits und diskreter Pallhypästhesie gesichert werden, die ebenfalls zu den geklagten Schmerzen unfallunabhängig beigetragen haben. Denn die dem zugrunde liegende Diabetes-Erkrankung hat sich durch den Unfall – entgegen der möglichen Annahme der behandelnden Ärztin Dr. M. - nicht verschlimmert, was das SG in Anbetracht des Bagatellunfalls wie den anderen Grunderkrankungen des Klägers und nicht zuletzt seines Lebensalters zutreffend dargelegt hat, weswegen der Senat insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des SG nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt, denen er sich nach eigener Würdigung anschließt.
Zu weiteren Unfallfolgen, insbesondere auf psychiatrischem Fachgebiet, die geeignet wären, eine MdE von 20 v. H. zu stützen, hat der Arbeitsunfall vom 1. Februar 2013 ebenfalls nicht geführt. Insofern besteht auch kein weiterer Aufklärungsbedarf mehr. Der Kläger soll solche Beschwerden erstmals in der mündlichen Verhandlung beim SG behauptet haben, wenngleich das Protokoll darüber keinen Aufschluss gibt. Die Ermittlungen des Senats bei dem Psychiater Dr. M. haben dies auch zunächst bestätigt, allein der seit Mai 2017 behandelnde Dipl. Psych. Sch., also kein Facharzt, beurteilt dies – ohne Aktenkenntnis – anders.
Eine posttraumatische Belastungsstörung, wie sie der Dipl. Psych. Sch. diagnostizierte und Dr. M. noch ausschloss, steht nicht zur Überzeugung des Senats fest. Die posttraumatische Belastungsstörung, welche nach der von der Weltgesundheitsorganisation herausgegebenen Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme in ihrer aktuellen und international gültigen Ausgabe ICD-10, Version 2017 (ICD-10-GM-2017) als F43.1 kodiert wird, bezeichnet eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (ICD-10-GM-2017 F62.0) über. Kriterien für die Diagnosestellung sind (vgl. Schnyder, MedSach 2003, S. 142 (143 f.)) ein Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß, das nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde (A-Kriterium), Wiedererleben: Erinnerungen tagsüber, Träume, Flashbacks, Bedrängnis bei Konfrontation mit ähnlichen Ereignissen (B-Kriterium), Vermeidung von Umständen, welche der Belastung ähneln (C-Kriterium), Amnesie oder erhöhte Sensitivität und Erregung: mindestens zwei der folgenden Merkmale: Schlafstörungen, Reizbarkeit oder Wutausbrüche, Konzentrationsstörungen, Hypervigilanz, erhöhte Schreckhaftigkeit (D-Kriterium) sowie das Auftreten in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach dem Ereignis (E-Kriterium). Nach diesem Diagnosesystem orientiert sich die vertragsärztliche Behandlung (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, juris, Rz. 36). Es ist daher in erster Linie auch von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten sowie den Sachverständigen anzuwenden, da es die nachvollziehbare Feststellung einer konkreten psychischen Gesundheitsstörung unter Verwendung eines üblichen Diagnosesystems sowie des dortigen Schlüssels und der Bezeichnungen ermöglicht. Zur Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung herangezogen wird auch das von der American Psychiatric Association in den Vereinigten Staaten von Amerika herausgegebene Diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen, seit 1996 auch auf Deutsch; die Textrevision der vierten Auflage wurde 2000 veröffentlicht (DSM-IV-TR). Nach DSM-IV-TR 309.81 ist das so genannte "Traumakriterium", das A-Kriterium, eingängiger gefasst. Danach ist Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (A1-Kriterium). Es muss ein extremes, lebensbedrohliches Ereignis tatsächlich stattgefunden haben (Foerster/Leonhardt, MedSach 2003, S. 146 (147)). Bezüglich des Erlebnisses ist eine Reaktion von Angst, Hilflosigkeit oder Grauen zu verlangen (A2-Kriterium). Weitere Kriterien sind (vgl. Schnyder, a. a. O.) ständiges Wiedererleben des traumatischen Ereignisses (B-Kriterium), anhaltendes Vermeiden spezifischer Stimuli, welche an das Trauma erinnern (C-Kriterium), Angst oder erhöhtes Erregungsniveau (D-Kriterium), Dauer mindestens ein Monat (E-Kriterium) sowie erhebliches Leiden oder Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen (F-Kriterium). Die seit Mai 2013 dem DSM-IV-TR folgende, nunmehr in deutscher Sprache vorliegende 5. Auflage des Diagnostischen und statistischen Manuals (DSM-5) steht dem an sich nicht entgegen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, a. a. O., Rz. 40; Widder/Dreßing/Gonschorek/Tegenthoff/Drechsel-Schlund, MedSach 2016, S. 156 ff.). Unter das A-Kriterium wird nunmehr allerdings auch die Erfahrung wiederholter oder extremer Konfrontation mit aversiven Details von einem oder mehreren derartigen traumatischen Ereignissen (z. B. Ersthelfer, die menschliche Leichenteile aufsammeln, oder Polizisten, die wiederholt mit schockierenden Details von Kindesmissbrauch konfrontiert werden) gefasst. Damit löst sich, ohne dies deutlich zu machen, die DSM-5 deutlich von der historischen Entwicklung der Erfassung seelischer Folgen schwerer Traumatisierung in den psychiatrischen Klassifikationsschemata, welche nicht zuletzt unter dem Druck der Veteranen des 1955 begonnenen Vietnamkrieges erfolgte, denen ganz unzweifelhaft permanente lebensbedrohliche Ereignisse widerfuhren und die Gräueltaten mit anblicken mussten (vgl. Hirschmüller, MedSach 2003, S. 137 (140)). Hiervon unterscheidet sich der Fall des Klägers gravierend. An dem Diagnosesystem DSM-5 wird im fachmedizinischen Schrifttum zudem die fehlende Validität bemängelt (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, a. a. O., Rz. 41). Da die exakte psychische Diagnose es nachvollziehbar machen muss, warum und in welchem Ausmaß eine Person psychisch krank ist, ist das DSM-5 besonders bei der posttraumatischen Belastungsstörung nicht geeignet, diese Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, a. a. O., Rz. 42).
Nach beiden Diagnosesystemen, also nach ICD-10-GM-2017 und DSM-IV-TR fehlt es vorliegend an nahezu sämtlichen Voraussetzungen für eine Diagnosestellung (vgl. hierzu auch Urteile des Senats vom 26. Juni 2014 - L 6 VU 2236/13 ZVW -, vom 23. Juni 2016 - L 6 VH 4633/14 -, und vom 28. Juli 2016 - L 6 U 1013/15 -, jeweils juris). Dr. M. hat überzeugend dargelegt, dass er diese Diagnose nicht stellen konnte, beim Kläger nicht das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung vorliegt. Durch den Arbeitsunfall vom 1. Februar 2013 war er weder einem belastenden Ereignis oder einer Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, ausgesetzt, noch war er mit einem extrem traumatischen Ereignis konfrontiert, weshalb nach beiden Diagnosesystemen das A-Kriterium nicht erfüllt ist. Die Schwere des Unfalls war zu gering, um eine posttraumatische Belastungsstörung auszulösen. Der Kläger wurde nur durch den Außenspiegel erfasst, er war nicht bewusstlos, schwere Verletzungen sind nicht eingetreten, dem eingetretenen Dauerschaden kann ausreichend mit einer nicht rentenberechtigenden MdE Rechnung getragen werden. Zudem fehlt es jeweils am B-Kriterium. Beim Kläger kam es durch das Unfallereignis im Februar 2013 weder zu Intrusionen noch zu Albträumen oder Flashbacks, sämtliche Arztberichte, auch über länger andauernde stationäre Behandlungen, erwähnen keinerlei psychische Auffälligkeiten. Von Gegenteiligem konnte sich der Senat daher nicht überzeugen. Die Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung lagen damit zu keinem Zeitpunkt im Vollbeweis vor. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Kläger sich hinreichend artikulieren konnte, zumal er wiederholt deswegen stationär behandelt wurde, wo über die lange Zeitspanne Sprachprobleme am ehesten hätten auffallen müssen, was indes nicht belegt ist.
Auch das Vorliegen einer mittelgradigen Depression, wie sie Dipl. Psych. Sch. nach ICD-10 F 32.1 diagnostiziert hat, ist nicht im erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen. Vielmehr spricht der psychische Befund, wie ihn Dr. M. erhoben hat, gegen eine solche Erkrankung, die mit einer gedrückten Stimmung und einem verminderten Antrieb sowie Aktivität einhergeht, was der Senat der Klassifikation der Krankheit in der ICD-10 F 32.- entnimmt. Der Kläger zeigte demgegenüber einen unauffälligen Antrieb, eine ausgeglichene Stimmung und war affektiv gut schwingungsfähig. Warum es dann nur vier Monate später und über vier Jahre nach dem Unfallereignis plötzlich dazu gekommen sein soll, dass eine depressive Stimmung mit z. T. extremen Albträumen vorliegt, hat Dipl.-Psych. Sch. ebenso wenig dargelegt wie seine Annahme, dies sei unfallbedingt. Dazu hätte aber umso mehr Anlass bestanden, als gerade die lange Latenz von mehreren Jahren zu dem Unfallereignis eine Prüfung geboten hätte, ob konkurrierende, ereignisunabhängige Faktoren den Krankheitsverlauf wesentlich bedingen (vgl. Schönberger/Mehr¬tens/Valentin, a.a.O., S. 168).
Gleiches gilt für die behaupteten episodisch paroxysmalen Angstzustände (Panikattacken), die über die vielen Behandlungsjahre niemals einem Arzt aufgefallen sind und die allein Dipl.-Psych. Sch. festgestellt haben will.
Aus diesem Grund bestand auch kein Anlass den Sachverhalt von Amts wegen weiter nach § 103 SGG aufzuklären, nachdem sämtliche behandelnden Ärzte keine psychischen Unfallfolgen feststellen konnten.
Somit liegen nur orthopädische Gesundheitsstörungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013 vor, die über den 31. Juli 2014 hinaus zu Funktionsbeeinträchtigungen mit einer MdE von 10 v. H. geführt haben. Daraus folgt kein Rentenanspruch, mangels eines Stützrententatbestandes auch nicht Form einer "gestützten" Rente (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 SGB VII).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013.
Der 1946 geborene Kläger griechischer Staatsangehörigkeit ist verheiratet und berentet. Er spricht nur gebrochen Deutsch, eine Verständigung mit ihm ist aber möglich (polizeiliche Geschädigtenvernehmung vom 22. März 2013). Er befand sich zum Unfallzeitpunkt auf dem Heimweg von seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit als angestellte Reinigungskraft, die er zur Aufstockung seines Rentenbezugs in Teilzeit ausübte.
Am 1. Februar 2013 wurde er bei Dunkelheit und Regen als dunkel gekleideter Fußgänger beim Überqueren der Straße, nachdem die Ampel Grün angezeigt hatte, von einem anfahrenden PKW von der rechten Fahrzeugseite (rechter Außenspiegel) erfasst und kam zu Fall. Initial trat keine Ohnmacht, kein Erbrechen und keine Amnesie ein. Der Kläger wurde sofort in das Kreisklinikum in R. verbracht, wo er bis 5. Februar 2013 stationär behandelt wurde, so dass er bei intakter Durchblutung, Motorik und Sensibilität bei rückläufiger Beschwerdesymptomatik und guter Mobilisation entlassen werden konnte. Nach dem D-Arztbericht erlitt er eine Kopfplatzwunde und Prellungen des Rumpfes, des Sitzbeins und der Wade. Die Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Lendenwirbelkörpers (LWK) mit erhaltener Wirbelsäulenhinterkante wurde zunächst als Prellung behandelt.
Die LWK-2-Kompressionsfraktur wurde am 19. Februar 2013 mittels einer inzwischen wieder entfernten Fixateur interne von LWK 1 auf LWK 3 stabilisiert. Der Kläger war während der stationären Behandlung bis 28. Februar 2013 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. (BG-Klinik) unter bedarfsgerechter Analgesie beschwerdearm, es konnte eine Mobilisation unter physiotherapeutischer Anleitung erfolgen. Die Entlassung fand bei unauffälligem Lokalbefund statt. Im Anschluss daran erfolgte eine stationäre Rehabilitation vom 21. März bis 16. April 2013 in der BG-Klinik T., aus der er als arbeitsunfähig entlassen wurde. Die Beweglichkeit der gesamten Wirbelsäule und speziell der Lendenwirbelsäule (LWS) sei nach allen Bewegungsrichtungen noch leicht eingeschränkt, am deutlichsten in der Flexion. Durch physiotherapeutische Behandlung gelang es, die Kraft der gesamten Rückenmuskulatur sowie die Rumpfstabilität zu verbessern. Die Schmerzen waren insgesamt rückläufig, das Gangbild verbessert. Sensomotorische Defizite waren zu keinem Zeitpunkt vorhanden (Entlassungsbericht vom 19. April 2013). Am 18. Oktober 2013 erfolgte die Metallentfernung des einliegenden Fixateur interne in der BG-Klinik. Bei der Verlaufskontrolle vom 16. Dezember 2013 stellte PD Dr. B. fest, dass die Wirbelsäulenbeweglichkeit mit einer Rotation rechts/links von 20-0-10° und eine Seitneigung rechts/links von 20-0-20° noch deutlich eingeschränkt sei. Der Finger-Boden-Abstand sei mit 36 cm gemessen worden bei dann auftretenden Schmerzen im Frakturbereich. Das Gehen im Außenbereich sei nur mit Gehstock möglich. Der Kläger habe berichtet, dass die Schmerzen nach der Metallentfernung deutlich besser geworden seien, jedoch nicht gänzlich abgeklungen wären. Es sei ein Verharrungszustand eingetreten, von einer Re-Inte¬gration als Teilzeit-Reinigungskraft könne nicht mehr ausgegangen werden, sodass eine entsprechende Rentenbegutachtung empfohlen werde (Zwischenbericht vom 15. Januar 2014).
In dem ersten Rentengutachten vom 15. Mai 2014 kam PD Dr. B. zu dem Ergebnis, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 10 vom Hundert (v. H.) betrage. Auf den Unfall seien eine knöchern verheilter LWK-2-Bruch, in leichter Keilform deformiert, eine diskret eingezogene Narbenbildung nach dorsaler Stabilisierung des Bruchs und endgradige Bewegungseinschränkung sowie belastungsabhängige Schmerzen zurückzuführen. Die angefertigten Röntgenaufnahmen der unteren LWS zeigten einen deutlichen Verschleiß insbesondere der Segmente L4/5 und L5/S1 mit deutlicher Osteochondrose, Spondylarthrose und spondylophytären Anbauten, wobei diese im Vergleich zu den unfallnahen Aufnahmen unverändert seien und somit als vorbestehend gewertet werden müssten. Unfallunabhängige Erkrankungen seien ein Zustand nach multiplen Lipom-Entfernungen vor ca. zehn Jahren, ein Zustand nach Appendektomie, ein Diabetes mellitus, ein Zustand nach Stent-Implantation 2008, eine arterielle Hypertonie, eine Hypercholesterinämie sowie das degenerative LWS-Syndrom insbesondere in den Segmenten L4/5 und L5/S1.
Mit Bescheid vom 6. Juni 2014 beendete die Beklagte daraufhin zunächst die Verletztengeldzahlung mit Ablauf des 31. Juli 2014, d.h. ab der 78. Woche nach dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Der dagegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 13. November 2014).
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes befragte die Beklagte noch die behandelnden Ärzte des Klägers. Die Hausärztin Dr. M. teilte mit, es sei zu einer Verschlechterung des Diabetes mellitus gekommen, wobei ein Zusammenhang mit dem Betriebsunfall nicht auszuschließen sei, da die Operation zu einer Inaktivität und Bewegungseinschränkungen geführt habe (Bericht vom 19. August 2014). Der behandelnde Orthopäde Dr. K. gab am 11. März 2015 an, der Kläger habe im Wesentlichen keine schmerzfreien Phasen, es würden ständig Medikamente benötigt, die Alltagsfähigkeit sei erheblich eingeschränkt. Er zeige auch nur endgradige Bewegungsmöglichkeiten. Er plädiere daher für die Anerkennung einer höheren MdE. In seiner Auswertung kam PD Dr. B. am 19. Mai 2015 zu dem Ergebnis, dass die MdE mit 10 v.H. korrekt eingeschätzt sei, insbesondere könne ein Unfallzusammenhang mit dem Diabetes nicht hergestellt werden. Aufgrund der zahlreichen Begleiterkrankungen seien die geringgradig verbliebenen Unfallfolgen nicht in der Lage, den Verlauf der Diabeteserkrankung oder die medikamentöse Einstellung wesentlich zu verändern. Zur Gesamtsituation sei auszuführen, dass die Bewegungsmaße korrekt dokumentiert seien. Die LWK-2-Fraktur sei in annähernd anatomischer Stellung konsolidiert und die wesentlichen Bewegungsausmaße durch die unfallunabhängigen Veränderungen bedingt. Werde das Segmentprinzip zur Einschätzung der MdE betrachtet, liege die MdE sogar unter 10 v. H. Zu berücksichtigen seien jedoch zusätzlich die Operationsnarben und die zugangsbedingte Mobilität, welche eine gewisse Rest-Beschwerdesymptomatik erklären könnten.
Mit Bescheid vom 4. August 2015 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Verletztenrente mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit sei über die 26. Woche nach Eintritt des Arbeitsunfalls bzw. nach dem Ende des Verletztengeldanspruchs nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert. Der Arbeitsunfall habe zu einer endgradigen Bewegungseinschränkung der LWS mit belastungsabhängigen Schmerzen und reizloser Narbenbildung in Höhe des 2. LWK nach knöchern unter leichter Keilformbildung fest verheiltem Bruch des 2. LWK geführt. Unfallunabhängig sei die endgradige Einschränkung der HWS, das degenerative LWS-Syndrom, insbesondere in den Segmenten L4/5 und L5/S1, sowie die Diabeteserkrankung. Der mit der Begründung erhobenen Widerspruch, die behandelnden Ärzte seien weiterhin der Ansicht, dass die MdE 20 v. H. betrage, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20. November 2015).
Mit seiner dagegen am 15. Dezember 2015 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhobenen Klage hat der Kläger unter Verweis auf Dr. K. und Dr. M. geltend gemacht, infolge des Unfalls ein chronisches Schmerzsyndrom und eine Verschlechterung des Diabetes erlitten zu haben.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG Dr. K. als sachverständigen Zeugen gehört und den Kläger anschließend von ihm orthopädisch begutachten lassen. Dr. K. hat angegeben, dass gegenwärtig zur Schmerzlinderung eine Akupunktur durchgeführt werde. Der neurologische Befund sei bei seitengleichen Reflexen und unauffälliger Sensomotorik normal. Unfallunabhängig lägen ein Bandscheibenvorfall L4/5 mit Neuroforamenstenose sowie degenerative Foramenstenosen L5/S1 beidseits vor. Eine durchgreifende Besserung habe nicht festgestellt werden können. Es sei zu erwägen, die MdE auf 20 v. H. aufgrund des chronischen Schmerzsyndroms zu erhöhen.
Der Orthopäde Dr. D. hat in seinem Gutachten aufgrund der Untersuchung vom 12. Mai 2016 eine knöchern stabil ausgeheilte Fraktur des 2. LWK in leichter Keilwirbelbildung diagnostiziert. Es liege eine regelrechte Beweglichkeit in den angrenzenden Bewegungssegmenten vor, d.h. eine unfallbedingte Hypomobilität wie auch unfallbedingte Instabilität könnten ausgeschlossen werden. Die Funktionsprüfung sämtlicher Wirbelsäulenabschnitte zeige end- bis mittelgradige Bewegungseinschränkungen. Das sensible Nervenwurzelreiz-Syndrom seitens des linksseitigen Spinalnervs S1 müsse auf die Einengung des Nervenaustritts in Höhe L5/S1 zurückgeführt werden, welches aus unfallunabhängigen vermehrten Verschleißerscheinungen resultiere. Aufgrund gesicherter orthopädischer Erfahrung führten die Verschleißerscheinungen in den unteren Bewegungssegmenten der LWS (LWK4/5 und LWK5/S1) zu entsprechenden Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Allein die knöchern stabil konsolidierte ehemalige Deckenplattenimpressionsfraktur des 2. LWK sei unfallbedingt und begründe eine MdE von unter 10 v. H. Seine Abweichung zu der Einschätzung von Dr. K. beruhe darauf, dass die Schmerzsymptomatik auf die unfallunabhängigen Verschleißerscheinungen der LWS zurückgeführt werden müssten.
Die Beklagte hat hierauf noch den Zwischenbericht des PD Dr. B. vom 22. Februar 2016 über die Untersuchung des Klägers vom selben Tag vorgelegt, wonach ein chronisches Schmerzsyndrom in Form von Lumboischialgien bestehe. Die neurologische Untersuchung habe Zeichen einer diabetischen Polyneuropathie mit Achillessehnenverlust beidseits und diskreter Pallhypästhesie ergeben. Ergänzend hat PD Dr. B. am 30. März 2016 ausgeführt, der rechtsseitige Bandscheibenvorfall mit Einengung des Neuroforamens dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Schmerzsymptomatik verantwortlich sein, sie könne nicht mit dem Unfallgeschehen in Verbindung gebracht werden. Für eine Akupunkturbehandlung sei demnach die gesetzliche Krankenkasse zuständig.
Mit Urteil vom 21. September 2016 hat das SG daraufhin die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger könne zwar zulässigerweise mit seiner Klage die Feststellung von Unfallfolgen begehren, das chronische Schmerzsyndrom sei indessen nicht als Unfallfolge festzustellen, dem Kläger stünde auch keine Verletztenrente zu. Bei dem Unfall sei es als maßgeblichem Gesundheitserstschaden zu einer Fraktur des 2. LWK gekommen. In der mündlichen Verhandlung habe der Kläger erstmalig auch psychische Gesundheitsstörungen als Unfallfolge geltend gemacht und insoweit Alpträume beschrieben. Diese seien jedoch keine Gesundheitsstörungen und träten auch beim gesunden Menschen auf. Dass die Diabeteserkrankung durch den Unfall verschlechtert worden sei, stehe ebenfalls nicht fest. Dr. M. habe auch lediglich ausgeführt, ein Unfallzusammenhang sei "nicht auszuschließen", sie halte somit einen solchen Zusammenhang nur für möglich. Es sei nicht wahrscheinlich, dass die eingeschränkte Beweglichkeit zu einer Verschlechterung des Diabetes maßgeblich beigetragen habe. Der Kläger leide an zahlreichen Begleiterkrankungen wie einer Hypertonie, einer Hypercholesterinämie und einer behandelten koronaren Herzerkrankung, auch sein Alter spreche gegen eine Verursachung. Ein chronisches Schmerzsyndrom liege nicht vor. Dieses werde von den behandelnden Ärzten dahingehend spezifiziert, dass es "in Form von Lumboischialgien" vorliege, wofür ausreichend Veränderungen an der Wirbelsäule vorhanden seien, welche die Rückenbeschwerden erklärten. Diese Lumboischialgien seien keine Unfallfolge, das gleiche gelte auch dann, wenn diese als chronisches Schmerzsyndrom bezeichnet würden. Denn ein erheblicher Teil der Beschwerden sei auf die degenerativen Verschleißerscheinungen an den Segmenten L4/5 und L5/S1 zurückzuführen. Dies werde durch das zeitnah erstellte bildgebende Material bestätigt. Dr. D. habe ausführlich dargestellt, dass die an die Fraktur angrenzenden Bewegungssegmente eine regelrechte Beweglichkeit gezeigt hätten und dass die Einschränkungen aus unfallunabhängigen Verschleißerscheinungen resultierten, welche die geklagten Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursachten. Sie könnten nicht dem Arbeitsunfall zugerechnet werden, insofern überzeuge die gegenteilige Auffassung von Dr. K. nicht. Dieser habe sich mit den vorbestehenden Verschleißerscheinungen an anderen Wirbelsäulensegmenten nicht ausreichend auseinandergesetzt. Somit habe die Beklagte zutreffend die durch den Unfall verursachten Gesundheitsstörungen festgestellt. Ein Anspruch auf Verletztenrente bestehe ebenfalls nicht. Dies ergebe sich aus den übereinstimmenden Gutachten von PD Dr. B. und Dr. D. Danach bedinge ein stabil sowie ohne Versteifung und ohne Instabilität oder erheblichen Knickwinkel ausgeheilter Wirbelkörper¬bruch mit einer nur geringen Veränderung der Statik auch unter Berücksichtigung eines gewissen Anteils der Rückenschmerzen und der zum Teil schwach ausgebildeten Muskulatur nur eine MdE um 10 v. H.
Gegen das am 4. Oktober 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. November 2016 Berufung mit der Begründung eingelegt, er habe infolge des Unfalls ein chronisches Schmerzsyndrom entwickelt, das auch eine psychische Komponente habe. Es liege in der Natur der Sache, dass dieses erst schleichend aufgetreten und zunächst verdrängt worden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. September 2016 sowie den Bescheid vom 4. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ein chronisches Schmerzsyndrom und eine ausgeprägte posttraumatische Symptombildung als weitere Unfallfolgen festzustellen sowie eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H. ab 1. August 2014 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und verweist darauf, dass es bisher in den vielfältig in der Akte vorhandenen Arztbriefen keine Anhaltspunkte dafür gäbe, dass psychische Gesundheitsstörungen als Unfallfolgen vorlägen. Die geklagten Schmerzen seien auch nicht somatoformer Art, sondern insgesamt durch die erheblichen degenerativ bedingten Veränderungen der Wirbelsäule in nicht vom Unfall betroffenen Wirbelsäulenabschnitten erklärbar. Zusätzlich seien bei der neurologischen Untersuchung neurologische Ausfälle als Folge der Diabeteserkrankung nachgewiesen worden, die ebenfalls Schmerzen verursachen könnten.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat die neu behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen befragt. Der Neurologe Dr. Da. hat am 24. April 2017 über eine einmalige neurologische Untersuchung vom 3. Februar 2016 berichtet. Unfallbedingte neurologische Funktionsstörungen oder Ausfälle nach der Fraktur des 2. LWK hätten sich nicht gefunden. Der Kläger leide an Lumbago, einem Diabetes mellitus mit Zeichen einer diabetischen Polyneuropathie mit ASR-Verlust beidseits und diskreter Pallhypästhesie bei Verdacht auf neuropathischem Schmerzsyndrom. Der Neurologe und Psychiater Dr. M. hat am 18. April 2017 ausgeführt, der Kläger sei am 29. November 2016 und 26. Januar 2017 untersucht worden. Klinisch bestehe eine erschwerte Verarbeitung der Unfallerinnerungen mit Alpträumen vom Unfall und Schreckreaktionen im Straßenverkehr. Dabei liege nicht das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung vor, sondern eine Verarbeitungsstörung der Unfallerinnerungen mit weiter nachweisbarer Ausprägung. Es sei ein Behandlungsversuch mit Opipramol vorgeschlagen worden, der Kläger wolle aber keine Psychotherapie aufnehmen. Auch eine medikamentöse Behandlung werde nicht in Anspruch genommen.
Daraufhin hat der Kläger vorgetragen, dass es nicht zutreffend sei, dass er die Verlaufskontrolle über die verordneten Psychopharmaka nicht wahrgenommen habe. Er sei vielmehr am 24. April 2017 zur Verlaufskontrolle erschienen. Er hat des Weiteren einen Bericht des Dipl.-Psycholo-gen Sch. vom 18. Juli 2017 vorgelegt, wonach der Kläger an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS, ICD 10 F 43.1), einer depressiven Episode, gegenwärtig mittelgradig (ICD 10 F 22.1) sowie episodisch paroxysmalen Angstzuständen (Panikattacken, ICD 10 F 40.1) leide. Der Kläger befinde sich seit 15. Mai 2017 in seiner psychotherapeutischen Behandlung. Seine Gedanken kreisten um den 2013 erlittenen Unfall und die daraus resultierende jetzige Lebenssituation, die er als hilflos erlebe. Infolge des als traumatisch erlebten Unfalls sei es zu einer suggestiven Verschlechterung des psychischen Allgemeinbefindens gekommen, mit dem er über lange Zeit versucht habe, alleine umzugehen. Durch den Verlust der Teilzeitarbeit fühle er sich auch existenziell bedroht. Selbst bei optimistischer Bewertung eines günstigen Behandlungsverlaufs könne nicht davon ausgegangen werden, dass der prämorbide Zustand jemals wiederherstellbar sei. Insofern müsse auch das Lebensalter und der eingetretene Chronifizierungsgrad mit berücksichtigt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligtenwird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (zwei Bände) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet.
Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist das angefochtene Urteil des SG vom 21. September 2016, mit dem die als jeweils kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG; vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -, BSGE 108, 274 (276)) sowie Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) erhobene Klage, mit welcher der Kläger unter Aufhebung des Bescheides vom 4. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2015 die Verpflichtung der Beklagten zu den Feststellungen eines chronischen Schmerzsyndroms und einer posttraumatischen Belastungsstörung als Folgen des Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013 und deren Verurteilung zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. wegen dieses Versicherungsfalls begehrt hat, abgewiesen wurde. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bezogen auf die vorliegenden Klagearten der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34).
Die Berufung des Klägers ist bereits mangels Zulässigkeit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen unbegründet, soweit mit ihnen unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen begehrt worden ist, die Beklagte zu verpflichten, ein chronisches Schmerzsyndrom und eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10-GM-2017 F43.1) als Folge des Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013 festzustellen. Die Sachentscheidungsvoraussetzungen für dieses Klageziel liegen nicht vor. In Bezug auf die Anfechtungsklage fehlt es an der Klagebefugnis im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Es reicht zwar aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und Rechtsschutzsuchende die Beseitigung einer in ihre Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstreben, von der sie behaupten, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SGB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An der Klagebefugnis fehlt es demgegenüber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 (130)), weil hinsichtlich des Klagebegehrens keine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vorliegt (BSG, Urteil vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 12). Eine negative Feststellung, dass ein chronisches Schmerzsyndrom und eine posttraumatische Belastungsstörung nicht Folge des Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013 ist, wurde indes mit dem Bescheid vom 4. August 2015 nicht getroffen. Die Unzulässigkeit der Anfechtungsklage zieht diejenige der mit ihr kombinierten Verpflichtungsklage nach sich.
Soweit der Kläger mit der Anfechtungs- und Leistungsklage die Beseitigung des ablehnenden Bescheides vom 4. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. November 2015 und die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. wegen dieses Versicherungsfalls verfolgt hat, ist die Berufung ebenfalls unbegründet, hingegen nicht wegen der Unzulässigkeit der Klage. Denn hinsichtlich dieses Begehrens liegt eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung vor. Die Klage ist jedoch insoweit unbegründet.
Anspruchsgrundlage für die begehrte Rentengewährung ist § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls - hier eines Arbeitsunfalls in Form des Wegeunfalls - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII). Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren (§ 56 Abs. 1 Satz 4 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Um das Vorliegen der MdE beurteilen zu können, ist zunächst zu fragen, ob das aktuelle körperliche oder geistige Leistungsvermögen beeinträchtigt ist. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang dadurch die Arbeitsmöglichkeiten der versicherten Person auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens vermindert werden. Entscheidend ist, in welchem Ausmaß Versicherte durch die Folgen des Versicherungsfalls in ihrer Fähigkeit gehindert sind, zuvor offenstehende Arbeitsmöglichkeiten zu ergreifen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl. 2017, S. 123). Die Bemessung des Grades der MdE erfolgt als Tatsachenfeststellung des Gerichts, die dieses gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 16 m. w. N.). Die zur Bemessung der MdE in Rechtsprechung und Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind dabei zu beachten. Sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche und gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen ständigem Wandel (BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, BSGE 93, 63 (65)).
Die Einschätzung der MdE setzt voraus, dass der Arbeitsunfall beim Kläger eine Beeinträchtigung des Leistungsvermögens hervorgerufen hat, entweder durch einen unfallbedingten Gesundheitserst- oder einen damit im Ursachenzusammenhang stehenden Gesundheitsfolgeschaden.
Die unfallversicherungsrechtliche Zurechnung setzt erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, objektiv (mit-)verursacht hat. Für Einbußen der Verletzten, für welche die versicherte Tätigkeit keine (Wirk-)Ursache war, besteht schlechthin kein Versicherungsschutz und haben die Trägerinnen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht einzustehen. (Wirk-)Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die in Frage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt der Zurechnung die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele ("conditio sine qua non"). Im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung muss eine versicherte Verrichtung, die im Sinne der "Conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges war, darüber hinaus in seiner besonderen tatsächlichen und rechtlichen Beziehung zu diesem Erfolg stehen. Sie muss (Wirk-)Ursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur eine im Einzelfall nicht wegdenkbare zufällige Randbedingung gewesen sein.
Ob die versicherte Verrichtung eine (Wirk-)Ursache für die festgestellte Einwirkung und die Einwirkung eine (Wirk-)Ursache für den Gesundheitserstschaden (oder den Tod) war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht ("ex post") nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen, gegebenenfalls unter Einholung von Sachverständigengutachten, beantwortet werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 61 ff.).
Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln von Verletzten, das objektiv seiner Art nach von Dritten beobachtbar und subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht, zumindest auch auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Als objektives Handeln der Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder den Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder im Sinne von § 11 SGB VII, der für die zweite Prüfungsstufe andere Zurechnungsgründe als die Wesentlichkeit regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie auch zur MdE reichen, derentwegen das SGB VII mit der Rente ein Leistungsrecht vorsieht (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 31).
Erst wenn die Verrichtung, die möglicherweise dadurch verursachte Einwirkung und der möglicherweise dadurch verursachte Erstschaden festgestellt sind, kann und darf auf der ersten Prüfungsstufe der Zurechnung, also der objektiven Verursachung, über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung zwischen der Verrichtung und der Einwirkung mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und gegebenenfalls mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung, gegebenenfalls neben anderen konkret festgestellten unversicherten (Wirk-)Ursachen, eine (Wirk-)Ursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper von Versicherten war (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 32).
Zweitens muss der letztlich durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 33).
Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage, ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, also wesentlich, war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der (Wirk-)Ursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzweckes der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden (vgl. BSG, a. a. O., Rz. 34). Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 16/11 R -, SozR 4-2700 § 2 Nr. 21, Rz. 21 ff.). Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als wesentliche Ursache (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz. 37).
Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. Ein solcher ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden, die infolge ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R -, juris, Rz. 39).
Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die solche Gesundheitsschäden erfüllen, im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen der versicherten Einwirkung und einem Gesundheitserstschaden sowie zwischen einem Gesundheitserst- und einem Gesundheitsfolgeschaden der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteile vom 2. April 2009 - B 2 U 29/07 R -, juris, Rz. 16 und 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R -, juris, Rz. 17).
Das Bestehen einer Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens muss ausgehend von konkreten Funktionseinbußen beurteilt werden. Soweit die MdE sich nicht ausnahmsweise unmittelbar aus den Unfallfolgen erschließt, bilden festgestellte und eindeutig nach gängigen Diagnosesystemen (z. B. ICD-10, DSM-IV) konkret zu bezeichnende Krankheiten (vgl. BSG, Urteile vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196 (203) und vom 15. Mai 2012 - B 2 U 31/11 R -, juris, Rz. 18; Urteile des Senats vom 26. November 2015 - L 6 U 50/15 -, juris, Rz. 48 m. w. N. und vom 17. März 2016 - L 6 U 4796/13 -, juris, Rz. 37) die Tatsachengrundlage, von der ausgehend die Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Leistungsvermögens auf dem Gebiet des gesamten Erwerbslebens zu beurteilen ist (BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 5/10 R -, juris, Rz. 17 m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben führen die Folgen des mit Bescheid vom 4. August 2015 bindend (§ 77 SGG) anerkannten Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013 nur zu einer MdE von 10 v. H.
Am Unfalltag war der Kläger nach Beendigung seiner Arbeitsschicht gegen 19:00 Uhr zu Fuß auf dem Nachhauseweg und legte hierbei zu seinem Wohnsitz als geplantem Fahrziel einen mit seiner versicherten Tätigkeit als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zusammenhängenden unmittelbaren Weg zurück. Er stand damit unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, als er auf dem St. Knoten bei Überquerung der Fahrbahn bei grünem Licht von dem Opel Combo erfasst wurde. Dieser Unfallhergang steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der schriftlichen Angaben des Klägers gegenüber der Beklagten Ende Oktober 2013 und der Ermittlungen der Polizeidirektion R. fest.
Der Kläger erlitt am 1. Februar 2013 durch die Krafteinwirkung infolge des Aufpralls eine Kopfplatzwunde sowie Prellungen des Rumpfes, des Sitzbeins und der Wade, die nach den ärztlichen Behandlungsberichten sämtlich folgenlos ausheilten, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist. Allein die später diagnostizierte, aber eindeutig auf den Unfall zurückzuführende Deckplattenimpressionsfraktur des 2. LWK als maßgeblicher Gesundheitserstschaden, die zunächst als Prellung behandelt wurde, verursacht noch weitere Beschwerden, denen allerdings ausreichend mit einer MdE von 10 v. H. Rechnung getragen wird. Der Senat entnimmt das dem überzeugenden und im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) verwerteten Behördengutachten von PD Dr. B. wie dem damit übereinstimmenden Gerichtsgutachten des Gerichtssachverständigen Dr. D. Danach ist die knöcherne Verletzung, die nicht zu einer Bandscheibenbeteiligung geführt hat, was sich dem Kernspintomogramm entnehmen lässt, in leichter Keilwirbelbildung stabil ausgeheilt. Dafür spricht, dass die angrenzenden Bewegungssegmente eine regelrechte Beweglichkeit zeigen, eine unfallbedingte Hypomobilität daher ausgeschlossen werden kann. Ebenso besteht keine unfallbedingte Instabilität im Sinne eines krankhaften Wirbelgleitens, was der Senat den Darlegungen des Dr. D. entnimmt. Somit ist die MdE von 10 v. H. allein im Hinblick darauf begründet, dass eine Keilwirbelbildung von 7 Grad und damit sogar unter dem maßgeblichen Wert von 10 Grad für eine MdE von 10 v. H., also nicht erheblicher Art (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 453, 465), vorliegt, die zu einer Schmerzbildung beiträgt.
Die verbliebenen Gesundheitsstörungen seitens der LWS sind zumindest vom 31. Juli 2014 an mit hinreichender Wahrscheinlichkeit überwiegend auf die Verschleißzeichen beim Kläger als vorliegend nicht nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte Alternativursache zurückzuführen. Hier ist es mittlerweile zu einem breitbasigen Bandscheibenvorfall L4/5 mit Foramenstenose rechts gekommen, ferner hat die Kernspintomographie der LWS von Dezember 2015 eine Osteochondrose L5/S1 gezeigt, die nach übereinstimmender und schlüssig dargelegter Einschätzung von PD Dr. B. wie Dr. D. in erster Linie für die Schmerzen verantwortlich sind, da es zu der maßgebenden Einengung des Neuroforamens gekommen ist. Unfallbedingte neurologische Funktionsstörungen konnten zuletzt von dem behandelnden Neurologen Dr. Da. ausgeschlossen werden, der das Schmerzsyndrom denn auch eher auf eine neuropathische Ursache zurückgeführt hat. Die abweichende Einschätzung des Dr. K. berücksichtigt diesen Umstand nicht ausreichend, sondern will, obwohl unzweifelhaft eine unfallunabhängige Verschlimmerung der LWS eingetreten ist, alles dem Unfall zurechnen. Zu Recht hat in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf verwiesen, dass die Schmerzen somit ein organisches Korrelat haben und daher nicht somatoformer Natur sind, so dass das Berufungsvorbringen vom 14. März 2017 insofern fehlgeht. Zuletzt konnte noch zusätzlich eine diabetische Polyneuropathie mit Achillessehnenverlust beidseits und diskreter Pallhypästhesie gesichert werden, die ebenfalls zu den geklagten Schmerzen unfallunabhängig beigetragen haben. Denn die dem zugrunde liegende Diabetes-Erkrankung hat sich durch den Unfall – entgegen der möglichen Annahme der behandelnden Ärztin Dr. M. - nicht verschlimmert, was das SG in Anbetracht des Bagatellunfalls wie den anderen Grunderkrankungen des Klägers und nicht zuletzt seines Lebensalters zutreffend dargelegt hat, weswegen der Senat insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des SG nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug nimmt, denen er sich nach eigener Würdigung anschließt.
Zu weiteren Unfallfolgen, insbesondere auf psychiatrischem Fachgebiet, die geeignet wären, eine MdE von 20 v. H. zu stützen, hat der Arbeitsunfall vom 1. Februar 2013 ebenfalls nicht geführt. Insofern besteht auch kein weiterer Aufklärungsbedarf mehr. Der Kläger soll solche Beschwerden erstmals in der mündlichen Verhandlung beim SG behauptet haben, wenngleich das Protokoll darüber keinen Aufschluss gibt. Die Ermittlungen des Senats bei dem Psychiater Dr. M. haben dies auch zunächst bestätigt, allein der seit Mai 2017 behandelnde Dipl. Psych. Sch., also kein Facharzt, beurteilt dies – ohne Aktenkenntnis – anders.
Eine posttraumatische Belastungsstörung, wie sie der Dipl. Psych. Sch. diagnostizierte und Dr. M. noch ausschloss, steht nicht zur Überzeugung des Senats fest. Die posttraumatische Belastungsstörung, welche nach der von der Weltgesundheitsorganisation herausgegebenen Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme in ihrer aktuellen und international gültigen Ausgabe ICD-10, Version 2017 (ICD-10-GM-2017) als F43.1 kodiert wird, bezeichnet eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (ICD-10-GM-2017 F62.0) über. Kriterien für die Diagnosestellung sind (vgl. Schnyder, MedSach 2003, S. 142 (143 f.)) ein Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß, das nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde (A-Kriterium), Wiedererleben: Erinnerungen tagsüber, Träume, Flashbacks, Bedrängnis bei Konfrontation mit ähnlichen Ereignissen (B-Kriterium), Vermeidung von Umständen, welche der Belastung ähneln (C-Kriterium), Amnesie oder erhöhte Sensitivität und Erregung: mindestens zwei der folgenden Merkmale: Schlafstörungen, Reizbarkeit oder Wutausbrüche, Konzentrationsstörungen, Hypervigilanz, erhöhte Schreckhaftigkeit (D-Kriterium) sowie das Auftreten in der Regel innerhalb von sechs Monaten nach dem Ereignis (E-Kriterium). Nach diesem Diagnosesystem orientiert sich die vertragsärztliche Behandlung (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, juris, Rz. 36). Es ist daher in erster Linie auch von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten sowie den Sachverständigen anzuwenden, da es die nachvollziehbare Feststellung einer konkreten psychischen Gesundheitsstörung unter Verwendung eines üblichen Diagnosesystems sowie des dortigen Schlüssels und der Bezeichnungen ermöglicht. Zur Feststellung einer posttraumatischen Belastungsstörung herangezogen wird auch das von der American Psychiatric Association in den Vereinigten Staaten von Amerika herausgegebene Diagnostische und statistische Manual psychischer Störungen, seit 1996 auch auf Deutsch; die Textrevision der vierten Auflage wurde 2000 veröffentlicht (DSM-IV-TR). Nach DSM-IV-TR 309.81 ist das so genannte "Traumakriterium", das A-Kriterium, eingängiger gefasst. Danach ist Hauptmerkmal der posttraumatischen Belastungsstörung die Entwicklung charakteristischer Symptome nach der Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis. Das traumatische Ereignis beinhaltet unter anderem das direkte persönliche Erleben einer Situation, die mit dem Tod oder der Androhung des Todes, einer schweren Verletzung oder einer anderen Bedrohung der körperlichen Unversehrtheit zu tun hat (A1-Kriterium). Es muss ein extremes, lebensbedrohliches Ereignis tatsächlich stattgefunden haben (Foerster/Leonhardt, MedSach 2003, S. 146 (147)). Bezüglich des Erlebnisses ist eine Reaktion von Angst, Hilflosigkeit oder Grauen zu verlangen (A2-Kriterium). Weitere Kriterien sind (vgl. Schnyder, a. a. O.) ständiges Wiedererleben des traumatischen Ereignisses (B-Kriterium), anhaltendes Vermeiden spezifischer Stimuli, welche an das Trauma erinnern (C-Kriterium), Angst oder erhöhtes Erregungsniveau (D-Kriterium), Dauer mindestens ein Monat (E-Kriterium) sowie erhebliches Leiden oder Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen (F-Kriterium). Die seit Mai 2013 dem DSM-IV-TR folgende, nunmehr in deutscher Sprache vorliegende 5. Auflage des Diagnostischen und statistischen Manuals (DSM-5) steht dem an sich nicht entgegen (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, a. a. O., Rz. 40; Widder/Dreßing/Gonschorek/Tegenthoff/Drechsel-Schlund, MedSach 2016, S. 156 ff.). Unter das A-Kriterium wird nunmehr allerdings auch die Erfahrung wiederholter oder extremer Konfrontation mit aversiven Details von einem oder mehreren derartigen traumatischen Ereignissen (z. B. Ersthelfer, die menschliche Leichenteile aufsammeln, oder Polizisten, die wiederholt mit schockierenden Details von Kindesmissbrauch konfrontiert werden) gefasst. Damit löst sich, ohne dies deutlich zu machen, die DSM-5 deutlich von der historischen Entwicklung der Erfassung seelischer Folgen schwerer Traumatisierung in den psychiatrischen Klassifikationsschemata, welche nicht zuletzt unter dem Druck der Veteranen des 1955 begonnenen Vietnamkrieges erfolgte, denen ganz unzweifelhaft permanente lebensbedrohliche Ereignisse widerfuhren und die Gräueltaten mit anblicken mussten (vgl. Hirschmüller, MedSach 2003, S. 137 (140)). Hiervon unterscheidet sich der Fall des Klägers gravierend. An dem Diagnosesystem DSM-5 wird im fachmedizinischen Schrifttum zudem die fehlende Validität bemängelt (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, a. a. O., Rz. 41). Da die exakte psychische Diagnose es nachvollziehbar machen muss, warum und in welchem Ausmaß eine Person psychisch krank ist, ist das DSM-5 besonders bei der posttraumatischen Belastungsstörung nicht geeignet, diese Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VS 4569/14 -, a. a. O., Rz. 42).
Nach beiden Diagnosesystemen, also nach ICD-10-GM-2017 und DSM-IV-TR fehlt es vorliegend an nahezu sämtlichen Voraussetzungen für eine Diagnosestellung (vgl. hierzu auch Urteile des Senats vom 26. Juni 2014 - L 6 VU 2236/13 ZVW -, vom 23. Juni 2016 - L 6 VH 4633/14 -, und vom 28. Juli 2016 - L 6 U 1013/15 -, jeweils juris). Dr. M. hat überzeugend dargelegt, dass er diese Diagnose nicht stellen konnte, beim Kläger nicht das Vollbild einer posttraumatischen Belastungsstörung vorliegt. Durch den Arbeitsunfall vom 1. Februar 2013 war er weder einem belastenden Ereignis oder einer Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, ausgesetzt, noch war er mit einem extrem traumatischen Ereignis konfrontiert, weshalb nach beiden Diagnosesystemen das A-Kriterium nicht erfüllt ist. Die Schwere des Unfalls war zu gering, um eine posttraumatische Belastungsstörung auszulösen. Der Kläger wurde nur durch den Außenspiegel erfasst, er war nicht bewusstlos, schwere Verletzungen sind nicht eingetreten, dem eingetretenen Dauerschaden kann ausreichend mit einer nicht rentenberechtigenden MdE Rechnung getragen werden. Zudem fehlt es jeweils am B-Kriterium. Beim Kläger kam es durch das Unfallereignis im Februar 2013 weder zu Intrusionen noch zu Albträumen oder Flashbacks, sämtliche Arztberichte, auch über länger andauernde stationäre Behandlungen, erwähnen keinerlei psychische Auffälligkeiten. Von Gegenteiligem konnte sich der Senat daher nicht überzeugen. Die Diagnosekriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung lagen damit zu keinem Zeitpunkt im Vollbeweis vor. Der Senat ist auch davon überzeugt, dass der Kläger sich hinreichend artikulieren konnte, zumal er wiederholt deswegen stationär behandelt wurde, wo über die lange Zeitspanne Sprachprobleme am ehesten hätten auffallen müssen, was indes nicht belegt ist.
Auch das Vorliegen einer mittelgradigen Depression, wie sie Dipl. Psych. Sch. nach ICD-10 F 32.1 diagnostiziert hat, ist nicht im erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen. Vielmehr spricht der psychische Befund, wie ihn Dr. M. erhoben hat, gegen eine solche Erkrankung, die mit einer gedrückten Stimmung und einem verminderten Antrieb sowie Aktivität einhergeht, was der Senat der Klassifikation der Krankheit in der ICD-10 F 32.- entnimmt. Der Kläger zeigte demgegenüber einen unauffälligen Antrieb, eine ausgeglichene Stimmung und war affektiv gut schwingungsfähig. Warum es dann nur vier Monate später und über vier Jahre nach dem Unfallereignis plötzlich dazu gekommen sein soll, dass eine depressive Stimmung mit z. T. extremen Albträumen vorliegt, hat Dipl.-Psych. Sch. ebenso wenig dargelegt wie seine Annahme, dies sei unfallbedingt. Dazu hätte aber umso mehr Anlass bestanden, als gerade die lange Latenz von mehreren Jahren zu dem Unfallereignis eine Prüfung geboten hätte, ob konkurrierende, ereignisunabhängige Faktoren den Krankheitsverlauf wesentlich bedingen (vgl. Schönberger/Mehr¬tens/Valentin, a.a.O., S. 168).
Gleiches gilt für die behaupteten episodisch paroxysmalen Angstzustände (Panikattacken), die über die vielen Behandlungsjahre niemals einem Arzt aufgefallen sind und die allein Dipl.-Psych. Sch. festgestellt haben will.
Aus diesem Grund bestand auch kein Anlass den Sachverhalt von Amts wegen weiter nach § 103 SGG aufzuklären, nachdem sämtliche behandelnden Ärzte keine psychischen Unfallfolgen feststellen konnten.
Somit liegen nur orthopädische Gesundheitsstörungen als Folgen des Arbeitsunfalls vom 1. Februar 2013 vor, die über den 31. Juli 2014 hinaus zu Funktionsbeeinträchtigungen mit einer MdE von 10 v. H. geführt haben. Daraus folgt kein Rentenanspruch, mangels eines Stützrententatbestandes auch nicht Form einer "gestützten" Rente (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2, Satz 3 SGB VII).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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