Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 24 AS 1860/17 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 616/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. August 2017 wird abgeändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellern vorläufig, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25. Juni 2017, weitere Leistungen i.H.v. 134 EUR/Monat für die Zeit von Juli bis Dezember 2017 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Beschwerde des Antragsgegners sowie der Antrag der Antragsteller auf einstweiligen Rechtsschutz zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für beide Rechtszüge zu 2/3 zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) i.H.v. weiteren 220 EUR/Monat für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2017.
Die 1975 geborene Antragstellerin zu 1. bezieht mit ihren minderjährigen Kindern, den Antragstellern zu 2. bis 4., laufende Leistungen nach dem SGB II. Sie hat Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Für die Antragsteller zu 2. bis 4. wird Kindergeld gewährt.
Die Antragsteller bewohnen eine Wohnung in einem Zweifamilienhaus, das die Antragstellerin zu 1. und ihr mittlerweile geschiedener Ehemann und Kindsvater der Antragsteller zu 3. bis 4. S. P. gemeinsam erworben hatten. Die Mutter der Antragstellerin zu 1. hatte im Mai 2010 den Kaufpreis i.H.v. 40.000 EUR aufgebracht. Nach der Scheidung wurde durch Überlassungsvertrag mit Auflassung vom 25. August 2016 der Grundbesitz der Mutter der Antragstellerin zu 1. ohne Gegenleistung zum Alleineigentum überlassen. Die Eintragung als Alleineigentümerin im Grundbuch erfolgte am 28. Oktober 2016.
Nach dem undatierten Mietvertrag zwischen der Antragstellerin zu 1. und ihrer Mutter für die Wohnung im Obergeschoss (86 m²) sind seit 1. Dezember 2016 eine monatliche Grundmiete i.H.v. 220 EUR plus Nebenkosten pauschal i.H.v. 80 EUR zu zahlen. Für die Zeit seit Januar 2017 sind monatliche Überweisungen i.H.v. 300 EUR vom Konto der Antragstellerin zu 1. an die Mutter erfolgt. S. P. bewohnt seit 1. Dezember 2016 eine Wohnung im Erdgeschoss des Wohngebäudes (36 qm) und hat laut undatiertem Mietvertrag eine Gesamtmiete i.H.v. 260 EUR/Monat zu zahlen.
Nach der handschriftlichen Unterhaltsvereinbarung der Antragstellerin zu 1. mit S. P. vom 7. Januar 2015 sollten die Antragsteller zu 3. bis 4. abwechselnd im Wochenrhythmus betreut werden. Gegenseitige Unterhaltszahlungen sollten nicht erfolgen. Nach einer weiteren Vereinbarung vom 25. April 2015 sollten die Kinder sich monatlich zu 2/3 bei der Mutter und zu 1/3 beim Vater aufhalten. Nach den Angaben der Antragsteller im Beschwerdeverfahren überweist S. P. 122 EUR/Monat Schulgeld für den Antragsteller zu 4. an die besuchte freie Schule "B. R.".
Nach der Unterhaltsvereinbarung der Antragstellerin zu 1. mit dem Kindsvater des Antragstellers zu 2. K. S. vom 27. Januar 2015 sollte sich dieser an acht Tagen im Monat beim Kindsvater aufhalten. Vereinbart war eine monatliche Unterhaltszahlung von 155 EUR/Monat, zahlbar als Schulgeld für die besuchte freie Schule. Nach Angaben der Antragsteller im Beschwerdeverfahren überweist K. S. monatlich 215 EUR (Schulgeld und Kinderwerkstatt) für den Antragsteller zu 2. an die Schule.
Das Schulgeld ab August 2017 für den Antragsteller zu 3. (85 EUR) und die Kosten der Mittagsverpflegung für die Antragsteller zu 2. bis 4. (159 EUR) werden von der Antragstellerin zu 1. gezahlt.
Im Rahmen eines vorangegangenen Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes war der Antragsgegner vom Sozialgericht Magdeburg für die Zeit von Januar bis Juli 2017 zur vorläufigen Bewilligung höherer Leistungen verpflichtet worden (u.a. Unterkunftskosten 300 EUR/Monat glaubhaft gemacht, keine Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an den Antragsteller zu 2. als Einkommen (Beschluss vom 3. Mai 2017, S 24 AS 359/17 ER)).
Auf den weiteren Zahlungsantrag der Antragsteller bewilligte der Antragsgegner diesen mit Bescheid vom 25. Juni 2017 vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2017 in unterschiedlicher Höhe. Beim Hilfebedarf berücksichtigte der Antragsgegner u.a. für die Antragsteller zu 2. bis 4. nur ein anteiliges Sozialgeld (unterschiedlich hoch je nach 30/31 Monatstagen), einen Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nur für den Antragsteller zu 2. sowie als Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) lediglich 80 EUR/Monat. Als Einkommen rechnete der Antragsgegner bei den Antragstellern zu 2. bis 4. das Kindergeld sowie für den Antragsteller zu 2. Unterhaltszahlungen i.H.v. 155 EUR an. Das überschießende Kindergeld wurde als Einkommen der Antragstellerin zu 1. zugeordnet. Deren vorläufig i.H.v. 100 EUR/Monat ermitteltes Einkommen blieb anrechnungsfrei. Dagegen legten die Antragsteller Widerspruch ein.
Am 26. Juni 2017 haben die Antragsteller erneut einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Magdeburg beantragt. Der Antragsteller zu 2. beziehe keinen Unterhalt i.H.v. 155 EUR, da das Geld von K. S. direkt an die Schule gezahlt werde und nicht zur Verfügung stehe. Das Schulgeld für den Antragsteller zu 4. werde seit 2017 von S. P. gezahlt, da die Großeltern nicht mehr leistungsfähig seien. Es werde auch die Grundmiete i.H.v. 200 EUR geschuldet. Aufgrund der Trennung hätten die Kindseltern keinen Kredit für die erforderliche Sanierung aufnehmen können und sich deshalb für das Mietverhältnis mit der Mutter entschieden. Diese müsse nun den Sanierungskredit tilgen und sei auf die Mietzahlungen angewiesen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 5. August 2017 den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern vorläufig für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2017 weitere 220 EUR/Monat zu zahlen. Zu Recht habe der Antragsgegner wegen temporärer Bedarfsgemeinschaft das Sozialgeld für den Antragsteller zu 2. (238 EUR bzw. 228 EUR) und für die Antragsteller zu 3. und 4. (155 EUR bzw. 146 EUR) nur anteilig berücksichtigt. Auch sei nur für den Antragsteller zu 2. ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung (49,08 EUR) zu bewilligen gewesen.
Nach summarischer Prüfung entstünden den Antragstellern auch KdU i.H.v. 300 EUR/Monat. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass diese keiner wirksamen Mietforderung ausgesetzt seien und der Mietvertrag nur zum Schein abgeschlossen worden sei. Die Miete werde in voller Höhe geleistet. Die Antragsteller hätten vor der unentgeltlichen Rückübertragung auch nicht mietfrei gewohnt, sondern sämtliche Nebenkosten selbst zu tragen gehabt. Die Antragstellerin zu 1. und der geschiedene Ehemann hätten als Hauseigentümer Reparaturarbeiten finanzieren müssen, die möglicherweise der Antragsgegner teilweise hätte übernehmen müssen. Die Umstände für die Rückübertragung des Grundstücks seien für die Frage eines wirksamen Mietvertrags unerheblich. Das gleiche gelte für die Frage, ob sich die Antragsteller durch die unentgeltliche Rückübertragung hilfebedürftig gemacht hätten. Zwar würde in einem Fremdvergleich niemand sein Eigentum unentgeltlich zurückgeben. Der Antragstellerin zu 1. und dem geschiedenen Ehemann sei jedoch das Grundstück von ihrer Mutter kostenfrei zur Verfügung gestellt worden, was unter Fremden nicht erfolgen würde. Die Mietzahlungen seien auch nicht wegen temporärer Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller zu 2. bis 4. anteilig zu reduzieren.
Auf den Gesamtbedarf sei das vorläufige Einkommen i.H.v. 100 EUR/Monat der Antragstellerin zu 1. aus selbstständiger Tätigkeit nicht anzurechnen. Auf die Bedarfe der Antragsteller 2. bis 4. sei jeweils das Kindergeld bedarfsmindernd anzurechnen.
Für den Antragsteller zu 2. seien ferner 155 EUR/Monat Unterhaltszahlung zu berücksichtigen. Zwar stehe das Geld nicht als bereites Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung. Allerdings sei eine Vereinbarung getroffen worden, wonach die 155 EUR für das Schulgeld zu verwenden seien. Damit komme der Kindsvater seiner Unterhaltsverpflichtung nach. Anderenfalls hätten die Antragsteller das Schulgeld aus dem Regelbedarf aufbringen müssen. Denn einen Anspruch auf Übernahme dieser Aufwendungen nach dem SGB II hätten die Antragsteller nicht.
Gegen den Beschluss hat der Antragsgegner am 24. August 2017 Beschwerde eingelegt und ausgeführt:
Die Übertragung der Grundstückshälfte der Antragstellerin zu 1. an ihre Mutter sei eine Schenkung im Wert von mindestens 18.500 EUR. Die Antragstellerin zu 1. habe durch die Schenkung ihre Bedürftigkeit erhöht. Sie sei auch keiner wirksamen Mietzinsforderung ausgesetzt, denn die Vermieterin würde nie ein Räumungsverfahren betreiben. Gleichzeitig zahle diese das Schulgeld für den Antragsteller zu 4., was nicht nachvollziehbar sei. Ohne Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts würden "nicht ernsthaft 300 EUR Mietzins über Rückzahlung in Form von Schulgeld gezahlt". Bemerkenswert sei auch die Angabe im Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz einer Grundmiete von 200 EUR (statt vertraglich geschuldeter 220 EUR).
Die Zahlungen des Kindsvaters des Antragstellers zu 2. an die freie Schule seien Einkommen des Kindes. Freiwillige Mehrzahlungen an Unterhalt führten nicht zu einer Freistellung von der Anrechnung. Die direkte Überweisung an die Schule umgehe lediglich den Zufluss auf das Konto der Antragstellerin zu 1. Die Nichtanrechnung würde bedeuten, dass der Kindsvater nicht mit schuldbefreiender Wirkung leistete und Kindesunterhalt über diese Zinszahlung hinaus noch leisten müsste. Ebenfalls als Einkommen anzurechnen sei die monatliche Zahlung des Kindsvaters des Antragstellers zu 3. an die Schule. Dieser könne seinen Bedarf somit vollständig decken. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Gericht nur 155 EUR für den Antragsteller zu 2. berücksichtigt habe.
Auch eine Eilbedürftigkeit sei nicht zu erkennen. Eine akute Notlage sei weder vorgetragen noch nachgewiesen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. August 2017 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zuzuweisen.
Die Antragsgegner beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie haben ausgeführt, die Antragstellerin zu 1. trage das Schwergewicht der Betreuung der Kinder, die sich hauptsächlich bei ihr aufhielten. Das Kinderzimmer im Erdgeschoss habe sich als ungeeignet erwiesen. Eine entsprechende Regelung mit dem Kindsvater sei schon im April 2015 getroffen worden. Der Anspruch für Alleinerziehende bestehe auch, wenn der Vater in dem gleichen Haus wohne.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte des Antragsgegners hat auszugsweise vorgelegen und ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
1.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist form- und fristgerecht gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Sie ist auch statthaft gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Denn der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt hier 750 EUR (220 EUR x 6 Monate).
2.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist teilweise begründet. Das Sozialgericht hat diesen zu Unrecht verpflichtet, vorläufig weitere 220 EUR/Monat als Leistungen dem SGB II zu bewilligen. Nach der im Verfahren des einseitigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung steht den Antragstellern lediglich ein weiterer Betrag i.H.v. 134 EUR/Monat für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2017 zu.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 86b Rn. 16b).
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen ein Abwarten der Entscheidung in dem Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Ein Anordnungsgrund fehlt daher, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bedeutet. Erforderlich ist eine existentielle Notlage.
a.
Zu Recht ist das Sozialgericht unter Hinweis auf die Differenz zwischen bewilligten Leistungen und ermitteltem Anspruch von dem Vorliegen eines Anordnungsgrunds ausgegangen.
Soweit der Antragsgegner darauf abstellt, dass unter Verwandten wohl keine Räumungsklage erfolgen werde, folgt der Senat dieser Argumentation nicht. Das mutmaßliche künftige Verhalten des Vermieters ist im Hinblick auf laufende Mietzinsforderungen kein geeignetes Kriterium für die Prüfung einer existenziellen Notlage. Der erkennende Senat nimmt eine solche in ständiger Rechtsprechung an, wenn keine Bagatellbeträge geltend gemacht werden. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die begehrte vorläufige Leistungsbewilligung 5% der Regelleistung übersteigt (vgl. Beschluss vom 6. Februar 2013, L 5 AS 982/12 B ER). Dies trifft bei der streitigen Grundmiete i.H.v. 220 EUR/Monat zu.
b.
Die Antragsteller haben einen Anspruch auf höhere Leistungen i.H.v. 134 EUR/Monat glaubhaft gemacht.
a.a.
Bei der Ermittlung des Gesamthilfebedarfs der Antragsteller hat das Sozialgericht zu Recht die vertraglich vereinbarte Miete i.H.v. 300 EUR/Monat zu Grunde gelegt. Insoweit verweist der Senat in vollem Umfang auf die überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss und macht sich diese ausdrücklich zu eigen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Ergänzend ist auszuführen: Soweit der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren vorgetragen hat, die Vermieterin überweise teilweise das Schulgeld, ist dies für das Jahr 2017 - dem Beginn der Mietzahlungsverpflichtung - unrichtig. Die Antragsteller haben angegeben, dass die Großeltern nicht mehr leistungsfähig seien. Auch der Hinweis auf eine falsche Zahlenangabe zur vertraglich vereinbarten Grundmiete im Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz führt nicht dazu, die Angaben nicht als glaubhaft anzusehen. Es ist dokumentiert, dass die vereinbarte Miete in vollem Umfang überwiesen wird.
Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner das Sozialgeld für den Antragsteller zu 2. wegen einer temporären Bedarfsgemeinschaft entsprechend der Tage des Aufenthalts beim Kindsvater (8 Tage/Monat) anteilig gekürzt hat.
Die Kürzung des Sozialgelds für die Antragsteller zu 3. bis 4. auf 146 EUR bzw. 155 EUR/Monat ist jedoch wohl fehlerhaft. Dies berücksichtigt nicht die handschriftliche Vereinbarung der Kindseltern vom 25. April 2015. Danach sollten ihre Kinder sich monatlich zu 2/3 bei der Mutter und zu 1/3 beim Vater aufhalten. Die Antragstellerin zu 1. hat im Beschwerdeverfahren glaubhaft dargelegt, dass die zunächst beabsichtigte hälftige Betreuung der Kinder wegen der räumlichen Bedingungen nicht funktioniert habe. Somit ist für die Antragsteller zu 3. bis 4. ein monatliches Sozialgeld von 194 EUR (2/3 von 291 EUR) zu Grunde zu legen. Im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung ist eine Differenzierung nach Monatstagen nicht erforderlich. § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB II sieht eine Monatsberechnung mit 30 Tagen vor.
Der von den Antragstellern begehrte Mehrbedarf wegen Alleinerziehung für die Antragsteller zu 3. und 4. ist vom Antragsgegner zu Recht abgelehnt worden. Nach § 21 Abs. 3 SGB II wird ein Mehrbedarf anerkannt für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammen leben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen. Der Kindsvater der Antragsteller zu 3. und 4., der im gleichen Haus wohnt, kümmert sich zumindest zu 1/3 um Pflege und Erziehung der Kinder. Insoweit liegt keine Alleinerziehung vor.
Ob die von der Antragstellerin zu 1. bezahlten Kosten für die Schulspeisung nach § 28 Abs. 6 SGB II zum Hilfebedarf gehören, kann hier offen bleiben. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden diese Leistungen durch Sach- und Dienstleistungen, insbesondere in Form von personalisierten Gutscheinen oder Direktzahlungen an Anbieter von Leistungen geleistet. Entsprechende Anträge sind bisher nicht gestellt worden.
b.b.
Hinsichtlich der Anrechnung von Einkommen auf den Gesamthilfebedarf kommt der Senat zu einem anderen Ergebnis als das Sozialgericht.
Zu Recht ist für die Antragstellerin zu 1. vorläufig kein Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit angerechnet worden, da diese nach ihren Angaben nur 100 EUR/Monat erzielt.
Das für die Antragsteller zu 2. bis 4. bewilligte Kindergeld ist entsprechend der Zahlbeträge auf deren jeweiligen Hilfebedarf zu Recht angerechnet worden.
Als zu berücksichtigendes Einkommen der Antragsteller zu 2. und 4. sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II deren Einnahmen durch monatliche Unterhaltszahlungen der beiden Kindsväter i.H.v. 215 EUR für den Antragsteller zu 2. und i.H.v. 122 EUR für den Antragsteller zu 4. zu berücksichtigen.
Das Sozialgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass ein Anspruch auf Übernahme von Schulgeld für die besuchte freie Schule nach dem SGB II nicht besteht. Der Senat folgt auch der Argumentation, dass die Antragsteller durch die vereinbarte Direktüberweisung an die Schule lediglich von ihrer Zahlungsverpflichtung befreit worden sind. Die Antragstellerin zu 1. hat im Vorhinein mit den Kindsvätern eine Verwendungsvereinbarung über das zu erwartende Einkommen getroffen. Sie hat hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Mittel entschieden, dass diese nicht für den Lebensunterhalt, sondern für das Schulgeld verwendet werden sollen. Die Vereinbarung kann nicht anders gewertet werden als jede andere Entscheidung über die zur Verfügung stehenden Mittel. Insbesondere kann nicht eingewendet werden, nach den Grundsätzen zum "bereiten Mittel" hätten die Antragsteller nicht genug Geld zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts. Die Zahlungen der Kindsväter führen zu einem Wertzuwachs bei der Bedarfsgemeinschaft, die im Vorhinein entschieden hat, diese Einkommen nicht ausschließlich für das soziokulturelle Existenzminimum, sondern auch für das Schulgeld zu verwenden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Mai 2017, B 14 AS 32/16 R (25) zur Vereinbarung des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber, dass Teile des Lohns für die Tilgung eines privaten Kredits verwendet werden sollen). Zu Recht weist auch der Antragsgegner darauf hin, dass bei Außerachtlassung der Zahlungen als Einkommen indirekt eine Kostenübernahme des Schulgelds durch diesen erfolgen würde.
Anders als das Sozialgericht wertet der Senat aber nicht lediglich einen Betrag i.H.v. 155 EUR/Monat als Unterhaltszahlung. Vielmehr sind alle monatlichen Zahlungen der beiden Kindsväter i.H.v. 215 EUR für den Antragsteller zu 2. und i.H.v. 122 EUR für den Antragsteller zu 4. auf deren Hilfebedarf anzurechnen. Insoweit ist nicht von Bedeutung, dass lediglich in der handschriftlichen Unterhaltsvereinbarung der Antragstellerin zu 1. mit dem Kindsvater des Antragstellers zu 2. K. S. vom 27. Januar 2015 ausdrücklich eine monatliche Unterhaltszahlung von - seinerzeit - 155 EUR/Monat, zahlbar als Schulgeld vereinbart war. Der Senat geht im Rahmen der vorläufigen Würdigung davon aus, dass die Übernahme des Schulgelds durch die beiden Kindsväter für ihre jeweiligen Kinder eine faktische Unterhaltszahlung darstellt. Ein anderer Rechtsgrund als die Erfüllung einer Unterhaltspflicht durch Freistellung der Antragsteller von der Schulgeldzahlung ist nicht erkennbar.
Da die Antragsteller zu 2. und 4. ihren Bedarf somit decken können, sind die überschießenden Einkünfte als Einkommen der Antragstellerin zu 1. anzusehen.
c.c.
Nach der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung ist der Gesamthilfebedarf der Antragsteller um 316 EUR höher als von dem Antragsgegner angenommen (weitere 220 EUR für die KdU plus 2 x 48 EUR höheres anteiliges Sozialgeld für die Antragsteller zu 3. und 4. (194 EUR statt 146 EUR )).
Dem stehen jedoch höhere Einkünfte als im Bewilligungsbescheid zugrunde gelegt gegenüber (Antragsteller zu 2. +60 EUR, Antragsteller zu 4. +122 EUR). Insgesamt sind den Antragstellern für den streitigen Zeitraum von Juli bis Dezember 2017 134 EUR/Monat zu wenig bewilligt worden.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Im Übrigen werden die Beschwerde des Antragsgegners sowie der Antrag der Antragsteller auf einstweiligen Rechtsschutz zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für beide Rechtszüge zu 2/3 zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) i.H.v. weiteren 220 EUR/Monat für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2017.
Die 1975 geborene Antragstellerin zu 1. bezieht mit ihren minderjährigen Kindern, den Antragstellern zu 2. bis 4., laufende Leistungen nach dem SGB II. Sie hat Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit. Für die Antragsteller zu 2. bis 4. wird Kindergeld gewährt.
Die Antragsteller bewohnen eine Wohnung in einem Zweifamilienhaus, das die Antragstellerin zu 1. und ihr mittlerweile geschiedener Ehemann und Kindsvater der Antragsteller zu 3. bis 4. S. P. gemeinsam erworben hatten. Die Mutter der Antragstellerin zu 1. hatte im Mai 2010 den Kaufpreis i.H.v. 40.000 EUR aufgebracht. Nach der Scheidung wurde durch Überlassungsvertrag mit Auflassung vom 25. August 2016 der Grundbesitz der Mutter der Antragstellerin zu 1. ohne Gegenleistung zum Alleineigentum überlassen. Die Eintragung als Alleineigentümerin im Grundbuch erfolgte am 28. Oktober 2016.
Nach dem undatierten Mietvertrag zwischen der Antragstellerin zu 1. und ihrer Mutter für die Wohnung im Obergeschoss (86 m²) sind seit 1. Dezember 2016 eine monatliche Grundmiete i.H.v. 220 EUR plus Nebenkosten pauschal i.H.v. 80 EUR zu zahlen. Für die Zeit seit Januar 2017 sind monatliche Überweisungen i.H.v. 300 EUR vom Konto der Antragstellerin zu 1. an die Mutter erfolgt. S. P. bewohnt seit 1. Dezember 2016 eine Wohnung im Erdgeschoss des Wohngebäudes (36 qm) und hat laut undatiertem Mietvertrag eine Gesamtmiete i.H.v. 260 EUR/Monat zu zahlen.
Nach der handschriftlichen Unterhaltsvereinbarung der Antragstellerin zu 1. mit S. P. vom 7. Januar 2015 sollten die Antragsteller zu 3. bis 4. abwechselnd im Wochenrhythmus betreut werden. Gegenseitige Unterhaltszahlungen sollten nicht erfolgen. Nach einer weiteren Vereinbarung vom 25. April 2015 sollten die Kinder sich monatlich zu 2/3 bei der Mutter und zu 1/3 beim Vater aufhalten. Nach den Angaben der Antragsteller im Beschwerdeverfahren überweist S. P. 122 EUR/Monat Schulgeld für den Antragsteller zu 4. an die besuchte freie Schule "B. R.".
Nach der Unterhaltsvereinbarung der Antragstellerin zu 1. mit dem Kindsvater des Antragstellers zu 2. K. S. vom 27. Januar 2015 sollte sich dieser an acht Tagen im Monat beim Kindsvater aufhalten. Vereinbart war eine monatliche Unterhaltszahlung von 155 EUR/Monat, zahlbar als Schulgeld für die besuchte freie Schule. Nach Angaben der Antragsteller im Beschwerdeverfahren überweist K. S. monatlich 215 EUR (Schulgeld und Kinderwerkstatt) für den Antragsteller zu 2. an die Schule.
Das Schulgeld ab August 2017 für den Antragsteller zu 3. (85 EUR) und die Kosten der Mittagsverpflegung für die Antragsteller zu 2. bis 4. (159 EUR) werden von der Antragstellerin zu 1. gezahlt.
Im Rahmen eines vorangegangenen Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes war der Antragsgegner vom Sozialgericht Magdeburg für die Zeit von Januar bis Juli 2017 zur vorläufigen Bewilligung höherer Leistungen verpflichtet worden (u.a. Unterkunftskosten 300 EUR/Monat glaubhaft gemacht, keine Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an den Antragsteller zu 2. als Einkommen (Beschluss vom 3. Mai 2017, S 24 AS 359/17 ER)).
Auf den weiteren Zahlungsantrag der Antragsteller bewilligte der Antragsgegner diesen mit Bescheid vom 25. Juni 2017 vorläufig Leistungen für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2017 in unterschiedlicher Höhe. Beim Hilfebedarf berücksichtigte der Antragsgegner u.a. für die Antragsteller zu 2. bis 4. nur ein anteiliges Sozialgeld (unterschiedlich hoch je nach 30/31 Monatstagen), einen Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nur für den Antragsteller zu 2. sowie als Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) lediglich 80 EUR/Monat. Als Einkommen rechnete der Antragsgegner bei den Antragstellern zu 2. bis 4. das Kindergeld sowie für den Antragsteller zu 2. Unterhaltszahlungen i.H.v. 155 EUR an. Das überschießende Kindergeld wurde als Einkommen der Antragstellerin zu 1. zugeordnet. Deren vorläufig i.H.v. 100 EUR/Monat ermitteltes Einkommen blieb anrechnungsfrei. Dagegen legten die Antragsteller Widerspruch ein.
Am 26. Juni 2017 haben die Antragsteller erneut einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Magdeburg beantragt. Der Antragsteller zu 2. beziehe keinen Unterhalt i.H.v. 155 EUR, da das Geld von K. S. direkt an die Schule gezahlt werde und nicht zur Verfügung stehe. Das Schulgeld für den Antragsteller zu 4. werde seit 2017 von S. P. gezahlt, da die Großeltern nicht mehr leistungsfähig seien. Es werde auch die Grundmiete i.H.v. 200 EUR geschuldet. Aufgrund der Trennung hätten die Kindseltern keinen Kredit für die erforderliche Sanierung aufnehmen können und sich deshalb für das Mietverhältnis mit der Mutter entschieden. Diese müsse nun den Sanierungskredit tilgen und sei auf die Mietzahlungen angewiesen.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 5. August 2017 den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern vorläufig für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2017 weitere 220 EUR/Monat zu zahlen. Zu Recht habe der Antragsgegner wegen temporärer Bedarfsgemeinschaft das Sozialgeld für den Antragsteller zu 2. (238 EUR bzw. 228 EUR) und für die Antragsteller zu 3. und 4. (155 EUR bzw. 146 EUR) nur anteilig berücksichtigt. Auch sei nur für den Antragsteller zu 2. ein Mehrbedarf wegen Alleinerziehung (49,08 EUR) zu bewilligen gewesen.
Nach summarischer Prüfung entstünden den Antragstellern auch KdU i.H.v. 300 EUR/Monat. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass diese keiner wirksamen Mietforderung ausgesetzt seien und der Mietvertrag nur zum Schein abgeschlossen worden sei. Die Miete werde in voller Höhe geleistet. Die Antragsteller hätten vor der unentgeltlichen Rückübertragung auch nicht mietfrei gewohnt, sondern sämtliche Nebenkosten selbst zu tragen gehabt. Die Antragstellerin zu 1. und der geschiedene Ehemann hätten als Hauseigentümer Reparaturarbeiten finanzieren müssen, die möglicherweise der Antragsgegner teilweise hätte übernehmen müssen. Die Umstände für die Rückübertragung des Grundstücks seien für die Frage eines wirksamen Mietvertrags unerheblich. Das gleiche gelte für die Frage, ob sich die Antragsteller durch die unentgeltliche Rückübertragung hilfebedürftig gemacht hätten. Zwar würde in einem Fremdvergleich niemand sein Eigentum unentgeltlich zurückgeben. Der Antragstellerin zu 1. und dem geschiedenen Ehemann sei jedoch das Grundstück von ihrer Mutter kostenfrei zur Verfügung gestellt worden, was unter Fremden nicht erfolgen würde. Die Mietzahlungen seien auch nicht wegen temporärer Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller zu 2. bis 4. anteilig zu reduzieren.
Auf den Gesamtbedarf sei das vorläufige Einkommen i.H.v. 100 EUR/Monat der Antragstellerin zu 1. aus selbstständiger Tätigkeit nicht anzurechnen. Auf die Bedarfe der Antragsteller 2. bis 4. sei jeweils das Kindergeld bedarfsmindernd anzurechnen.
Für den Antragsteller zu 2. seien ferner 155 EUR/Monat Unterhaltszahlung zu berücksichtigen. Zwar stehe das Geld nicht als bereites Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung. Allerdings sei eine Vereinbarung getroffen worden, wonach die 155 EUR für das Schulgeld zu verwenden seien. Damit komme der Kindsvater seiner Unterhaltsverpflichtung nach. Anderenfalls hätten die Antragsteller das Schulgeld aus dem Regelbedarf aufbringen müssen. Denn einen Anspruch auf Übernahme dieser Aufwendungen nach dem SGB II hätten die Antragsteller nicht.
Gegen den Beschluss hat der Antragsgegner am 24. August 2017 Beschwerde eingelegt und ausgeführt:
Die Übertragung der Grundstückshälfte der Antragstellerin zu 1. an ihre Mutter sei eine Schenkung im Wert von mindestens 18.500 EUR. Die Antragstellerin zu 1. habe durch die Schenkung ihre Bedürftigkeit erhöht. Sie sei auch keiner wirksamen Mietzinsforderung ausgesetzt, denn die Vermieterin würde nie ein Räumungsverfahren betreiben. Gleichzeitig zahle diese das Schulgeld für den Antragsteller zu 4., was nicht nachvollziehbar sei. Ohne Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts würden "nicht ernsthaft 300 EUR Mietzins über Rückzahlung in Form von Schulgeld gezahlt". Bemerkenswert sei auch die Angabe im Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz einer Grundmiete von 200 EUR (statt vertraglich geschuldeter 220 EUR).
Die Zahlungen des Kindsvaters des Antragstellers zu 2. an die freie Schule seien Einkommen des Kindes. Freiwillige Mehrzahlungen an Unterhalt führten nicht zu einer Freistellung von der Anrechnung. Die direkte Überweisung an die Schule umgehe lediglich den Zufluss auf das Konto der Antragstellerin zu 1. Die Nichtanrechnung würde bedeuten, dass der Kindsvater nicht mit schuldbefreiender Wirkung leistete und Kindesunterhalt über diese Zinszahlung hinaus noch leisten müsste. Ebenfalls als Einkommen anzurechnen sei die monatliche Zahlung des Kindsvaters des Antragstellers zu 3. an die Schule. Dieser könne seinen Bedarf somit vollständig decken. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Gericht nur 155 EUR für den Antragsteller zu 2. berücksichtigt habe.
Auch eine Eilbedürftigkeit sei nicht zu erkennen. Eine akute Notlage sei weder vorgetragen noch nachgewiesen.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. August 2017 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zuzuweisen.
Die Antragsgegner beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie haben ausgeführt, die Antragstellerin zu 1. trage das Schwergewicht der Betreuung der Kinder, die sich hauptsächlich bei ihr aufhielten. Das Kinderzimmer im Erdgeschoss habe sich als ungeeignet erwiesen. Eine entsprechende Regelung mit dem Kindsvater sei schon im April 2015 getroffen worden. Der Anspruch für Alleinerziehende bestehe auch, wenn der Vater in dem gleichen Haus wohne.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Beiakten Bezug genommen. Die Verwaltungsakte des Antragsgegners hat auszugsweise vorgelegen und ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
1.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist form- und fristgerecht gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Sie ist auch statthaft gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG. Denn der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt hier 750 EUR (220 EUR x 6 Monate).
2.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist teilweise begründet. Das Sozialgericht hat diesen zu Unrecht verpflichtet, vorläufig weitere 220 EUR/Monat als Leistungen dem SGB II zu bewilligen. Nach der im Verfahren des einseitigen Rechtsschutzes vorzunehmenden summarischen Prüfung steht den Antragstellern lediglich ein weiterer Betrag i.H.v. 134 EUR/Monat für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2017 zu.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 SGG eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragsstellers erschwert oder wesentlich vereitelt wird. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) stets die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. § 86b Rn. 16b).
Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen ein Abwarten der Entscheidung in dem Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003 S. 1236 und vom 12. Mai 2005, 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803). Ein Anordnungsgrund fehlt daher, wenn die vermutliche Zeitdauer des Hauptsacheverfahrens keine Gefährdung für die Rechtsverwirklichung und -durchsetzung bedeutet. Erforderlich ist eine existentielle Notlage.
a.
Zu Recht ist das Sozialgericht unter Hinweis auf die Differenz zwischen bewilligten Leistungen und ermitteltem Anspruch von dem Vorliegen eines Anordnungsgrunds ausgegangen.
Soweit der Antragsgegner darauf abstellt, dass unter Verwandten wohl keine Räumungsklage erfolgen werde, folgt der Senat dieser Argumentation nicht. Das mutmaßliche künftige Verhalten des Vermieters ist im Hinblick auf laufende Mietzinsforderungen kein geeignetes Kriterium für die Prüfung einer existenziellen Notlage. Der erkennende Senat nimmt eine solche in ständiger Rechtsprechung an, wenn keine Bagatellbeträge geltend gemacht werden. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn die begehrte vorläufige Leistungsbewilligung 5% der Regelleistung übersteigt (vgl. Beschluss vom 6. Februar 2013, L 5 AS 982/12 B ER). Dies trifft bei der streitigen Grundmiete i.H.v. 220 EUR/Monat zu.
b.
Die Antragsteller haben einen Anspruch auf höhere Leistungen i.H.v. 134 EUR/Monat glaubhaft gemacht.
a.a.
Bei der Ermittlung des Gesamthilfebedarfs der Antragsteller hat das Sozialgericht zu Recht die vertraglich vereinbarte Miete i.H.v. 300 EUR/Monat zu Grunde gelegt. Insoweit verweist der Senat in vollem Umfang auf die überzeugenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss und macht sich diese ausdrücklich zu eigen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Ergänzend ist auszuführen: Soweit der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren vorgetragen hat, die Vermieterin überweise teilweise das Schulgeld, ist dies für das Jahr 2017 - dem Beginn der Mietzahlungsverpflichtung - unrichtig. Die Antragsteller haben angegeben, dass die Großeltern nicht mehr leistungsfähig seien. Auch der Hinweis auf eine falsche Zahlenangabe zur vertraglich vereinbarten Grundmiete im Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz führt nicht dazu, die Angaben nicht als glaubhaft anzusehen. Es ist dokumentiert, dass die vereinbarte Miete in vollem Umfang überwiesen wird.
Es ist nicht zu beanstanden, dass der Antragsgegner das Sozialgeld für den Antragsteller zu 2. wegen einer temporären Bedarfsgemeinschaft entsprechend der Tage des Aufenthalts beim Kindsvater (8 Tage/Monat) anteilig gekürzt hat.
Die Kürzung des Sozialgelds für die Antragsteller zu 3. bis 4. auf 146 EUR bzw. 155 EUR/Monat ist jedoch wohl fehlerhaft. Dies berücksichtigt nicht die handschriftliche Vereinbarung der Kindseltern vom 25. April 2015. Danach sollten ihre Kinder sich monatlich zu 2/3 bei der Mutter und zu 1/3 beim Vater aufhalten. Die Antragstellerin zu 1. hat im Beschwerdeverfahren glaubhaft dargelegt, dass die zunächst beabsichtigte hälftige Betreuung der Kinder wegen der räumlichen Bedingungen nicht funktioniert habe. Somit ist für die Antragsteller zu 3. bis 4. ein monatliches Sozialgeld von 194 EUR (2/3 von 291 EUR) zu Grunde zu legen. Im Rahmen der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung ist eine Differenzierung nach Monatstagen nicht erforderlich. § 41 Abs. 1 Satz 2 SGB II sieht eine Monatsberechnung mit 30 Tagen vor.
Der von den Antragstellern begehrte Mehrbedarf wegen Alleinerziehung für die Antragsteller zu 3. und 4. ist vom Antragsgegner zu Recht abgelehnt worden. Nach § 21 Abs. 3 SGB II wird ein Mehrbedarf anerkannt für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammen leben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen. Der Kindsvater der Antragsteller zu 3. und 4., der im gleichen Haus wohnt, kümmert sich zumindest zu 1/3 um Pflege und Erziehung der Kinder. Insoweit liegt keine Alleinerziehung vor.
Ob die von der Antragstellerin zu 1. bezahlten Kosten für die Schulspeisung nach § 28 Abs. 6 SGB II zum Hilfebedarf gehören, kann hier offen bleiben. Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden diese Leistungen durch Sach- und Dienstleistungen, insbesondere in Form von personalisierten Gutscheinen oder Direktzahlungen an Anbieter von Leistungen geleistet. Entsprechende Anträge sind bisher nicht gestellt worden.
b.b.
Hinsichtlich der Anrechnung von Einkommen auf den Gesamthilfebedarf kommt der Senat zu einem anderen Ergebnis als das Sozialgericht.
Zu Recht ist für die Antragstellerin zu 1. vorläufig kein Einkommen aus der selbstständigen Tätigkeit angerechnet worden, da diese nach ihren Angaben nur 100 EUR/Monat erzielt.
Das für die Antragsteller zu 2. bis 4. bewilligte Kindergeld ist entsprechend der Zahlbeträge auf deren jeweiligen Hilfebedarf zu Recht angerechnet worden.
Als zu berücksichtigendes Einkommen der Antragsteller zu 2. und 4. sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II deren Einnahmen durch monatliche Unterhaltszahlungen der beiden Kindsväter i.H.v. 215 EUR für den Antragsteller zu 2. und i.H.v. 122 EUR für den Antragsteller zu 4. zu berücksichtigen.
Das Sozialgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass ein Anspruch auf Übernahme von Schulgeld für die besuchte freie Schule nach dem SGB II nicht besteht. Der Senat folgt auch der Argumentation, dass die Antragsteller durch die vereinbarte Direktüberweisung an die Schule lediglich von ihrer Zahlungsverpflichtung befreit worden sind. Die Antragstellerin zu 1. hat im Vorhinein mit den Kindsvätern eine Verwendungsvereinbarung über das zu erwartende Einkommen getroffen. Sie hat hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Mittel entschieden, dass diese nicht für den Lebensunterhalt, sondern für das Schulgeld verwendet werden sollen. Die Vereinbarung kann nicht anders gewertet werden als jede andere Entscheidung über die zur Verfügung stehenden Mittel. Insbesondere kann nicht eingewendet werden, nach den Grundsätzen zum "bereiten Mittel" hätten die Antragsteller nicht genug Geld zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts. Die Zahlungen der Kindsväter führen zu einem Wertzuwachs bei der Bedarfsgemeinschaft, die im Vorhinein entschieden hat, diese Einkommen nicht ausschließlich für das soziokulturelle Existenzminimum, sondern auch für das Schulgeld zu verwenden (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Mai 2017, B 14 AS 32/16 R (25) zur Vereinbarung des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber, dass Teile des Lohns für die Tilgung eines privaten Kredits verwendet werden sollen). Zu Recht weist auch der Antragsgegner darauf hin, dass bei Außerachtlassung der Zahlungen als Einkommen indirekt eine Kostenübernahme des Schulgelds durch diesen erfolgen würde.
Anders als das Sozialgericht wertet der Senat aber nicht lediglich einen Betrag i.H.v. 155 EUR/Monat als Unterhaltszahlung. Vielmehr sind alle monatlichen Zahlungen der beiden Kindsväter i.H.v. 215 EUR für den Antragsteller zu 2. und i.H.v. 122 EUR für den Antragsteller zu 4. auf deren Hilfebedarf anzurechnen. Insoweit ist nicht von Bedeutung, dass lediglich in der handschriftlichen Unterhaltsvereinbarung der Antragstellerin zu 1. mit dem Kindsvater des Antragstellers zu 2. K. S. vom 27. Januar 2015 ausdrücklich eine monatliche Unterhaltszahlung von - seinerzeit - 155 EUR/Monat, zahlbar als Schulgeld vereinbart war. Der Senat geht im Rahmen der vorläufigen Würdigung davon aus, dass die Übernahme des Schulgelds durch die beiden Kindsväter für ihre jeweiligen Kinder eine faktische Unterhaltszahlung darstellt. Ein anderer Rechtsgrund als die Erfüllung einer Unterhaltspflicht durch Freistellung der Antragsteller von der Schulgeldzahlung ist nicht erkennbar.
Da die Antragsteller zu 2. und 4. ihren Bedarf somit decken können, sind die überschießenden Einkünfte als Einkommen der Antragstellerin zu 1. anzusehen.
c.c.
Nach der hier vorzunehmenden summarischen Prüfung ist der Gesamthilfebedarf der Antragsteller um 316 EUR höher als von dem Antragsgegner angenommen (weitere 220 EUR für die KdU plus 2 x 48 EUR höheres anteiliges Sozialgeld für die Antragsteller zu 3. und 4. (194 EUR statt 146 EUR )).
Dem stehen jedoch höhere Einkünfte als im Bewilligungsbescheid zugrunde gelegt gegenüber (Antragsteller zu 2. +60 EUR, Antragsteller zu 4. +122 EUR). Insgesamt sind den Antragstellern für den streitigen Zeitraum von Juli bis Dezember 2017 134 EUR/Monat zu wenig bewilligt worden.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
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