Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 8 KR 75/15
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 395/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Erstattung von Kosten einer Krankenhausbehandlung in einer Privatklinik in der Türkei.
Die 2002 geborene Klägerin ist über ihre Mutter bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 18. März 2014 stellte die Beklagte der Mutter der Klägerin einen Auslandskrankenschein für die Türkei aus. Die Klägerin reiste am 13. April 2014 mit ihrem Onkel in die Türkei. Die Rückreise war für Sonntag, den 20. April 2014 gebucht. Am Donnerstag, den 17. April 2014 bekam die Klägerin laut einem Arztberichtbericht des Privatkrankenhauses D. Fieber, war dehydriert, schwach, hatte einen verringerten Hautunterdruck, ferner wurden Rasselgeräusche in der Lunge festgestellt und sie hatte starke Schmerzen. Auf Veranlassung des Hotelarztes wurde die Klägerin daraufhin mit einem Notarztwagen in die 2,7 km entfernte Klinik D. verbracht und dort bis zum 19. April 2014 behandelt. Am Entlassungstag stellte das Krankenhaus für die Behandlung 6.757,85 Türkische Lira (TL) in Rechnung. Der Onkel der Klägerin beglich die Rechnung vor Ort per Kreditkarte. Am 25. April 2014 beantragte die Mutter der Klägerin bei der Beklagten die Erstattung der Kosten der Auslandskrankenhausbehandlung. Hierzu legte sie die Rechnung des Krankenhauses vom 19. April 2014 vor, in der 14 Abrechnungspositionen aufgelistet waren. Die Beklagte legte die Krankenhausrechnung der Verbindungsstelle nach dem deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommen (DT-SVA), der "Sosyal Güvenlik Kurumu, Baskanligi" in G./Türkei vor. Diese erteilte die Auskunft, dass bei Erbringung der Krankenhausbehandlung als Sachleistung durch den türkischen Sozialversicherungsträger der Klägerin von der Beklagten 1.094,13 TL zu erstatten gewesen wären, was umgerechnet einem Betrag in Höhe von 371,79 EUR entspricht.
Daraufhin erstattete die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 25. Juli 2014 einen Betrag in Höhe von 371,79 EUR. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, dass nach Aussage des vor Ort behandelnden Arztes eine sofortige Krankenhausbehandlung notwendig gewesen sei. Da der Gesamtzustand der Klägerin während des Transportes sich hätte verschlechtern können, habe der behandelnde Arzt entschieden, sie in die nur 2,7 km entfernte Privatklinik D. zu verbringen. Die nächste staatliche Klinik befände sich in E-Stadt. Diese liege 15,4 km vom Hotel entfernt. Aufgrund des lebensbedrohlichen Zustandes der Klägerin und der Tatsache, dass ein Transport in die mehr als 5-mal so weit entfernte staatliche Klinik erhebliche Gesundheitsrisiken bedeutet hätte, seien die Behandlungskosten in der Privatklinik in jedem Fall unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) vollständig zu übernehmen. Es sei daher auch der Differenzbetrag der Rechnung der Privatklinik gegenüber dem bisher ausgezahlten Betrag in Höhe von 371,79 EUR zu erstatten. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung bestehe auch aus dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Die Mutter der Klägerin habe einen Auslandskrankenschein beantragt und diesen von der Beklagten mit Schreiben vom 18. März 2014 erhalten. Hierbei sei keine weitere Aufklärung über die Grenzen des Erstattungsanspruchs im Ausland erfolgt. Die Beklagte sei diesbezüglich in der Aufklärungspflicht gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei bestehe ein Sozialversicherungsabkommen, das die Gewährung von Leistungen der sozialen Sicherung an Versicherte des jeweils anderen Staates regele. Nach dem DT-SVA hätten Versicherte, wenn sie während eines vorübergehenden Aufenthaltes in der Türkei erkrankten und ambulante ärztliche oder stationäre Behandlungen benötigten, Anspruch auf sofort notwendige Leistungen. Grundsätzlich seien Aufwendungen in der Höhe zu vergüten, wie sie vom aushelfenden türkischen Träger übernommen worden wären. Die Beklagte habe sich mit dem türkischen Sozialversicherungsträger in Verbindung gesetzt und die Auskunft erhalten, dass von diesem für die Behandlung der Klägerin 1.094,13 TL = 371,79 EUR übernommen worden wären. Eine darüber hinausgehende Erstattung komme nicht in Betracht. Soweit die Klägerin geltend mache, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht in Bezug auf die Risiken eines Auslandsaufenthaltes verletzt, werde darauf verwiesen, dass dem Auslandskrankenschein immer ein entsprechendes Informationsblatt beigefügt sei. Außerdem werde über diese Problematik ständig in der Mitliederzeitschrift der Beklagten und in den sonstigen Medien berichtet. Aus den genannten Gründen sei es der Beklagten nicht möglich, dem Antrag vollständig zu entsprechen.
Hiergegen richtet sich die am 24. Februar 2015 vor dem Sozialgericht Kassel erhobene Klage.
Zu deren Begründung ist für die Klägerin vorgetragen worden, dass der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V bestehe. Aufgrund des lebensbedrohlichen Zustandes der Klägerin und der Tatsache, dass ein Transport in die mehr als 5-mal so weit entfernte staatliche Klinik erhebliche Gesundheitsrisiken beinhaltet habe, seien die Behandlungskosten in der Privatklinik in jedem Fall unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens zu übernehmen. Außerdem ergebe sich der Anspruch der Klägerin auch aus dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Die Klägerin habe einen Auslandskrankenschein beantragt und diesen von der Beklagten mit Schreiben vom 18. März 2014 erhalten. In diesem Zusammenhang sei keine weitere Aufklärung über die Grenzen des Erstattungsanspruchs im Ausland erfolgt. Bei Erhalt des Auslandskrankenscheins sei die Klägerin darüber zu informieren gewesen, dass im Nicht-EU-Ausland nur staatliche Krankenhäuser vom Sozialversicherungsabkommen erfasst seien und dass auch die Behandlungskosten nur bezüglich der Einrichtungen, die diesem Abkommen unterliegen, von der Krankenkasse erstattet werden könnten. Ferner bestünden Zweifel an der Auskunft des ausländischen Versicherungsträgers. Die große Diskrepanz zwischen den Behandlungskosten der Privatklinik und dem von der Beklagten zu übernehmende Betrag sei nicht erklärbar.
Die Beklagte hat ausgeführt, es lasse sich aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr rekonstruieren, welche Unterlagen der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt zur Verfügung gestellt worden seien. Üblicherweise würden bei Anfragen nach einem Krankenversicherungsschutz in der Türkei jedoch Unterlagen zur Verfügung gestellt, die die Beklagte mit Schreiben vom 9. Oktober 2015 übersandt hat. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit könne dann aufgrund der allgemeinen Anweisungslage davon ausgegangen werden, dass die Mutter der Klägerin diese Unterlagen erhalten habe.
Das Sozialgericht Kassel hat in seiner mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2016 die Mutter der Klägerin sowie die Klägerin persönlich angehört und die Klage sodann mit Urteil vom 7. Juli 2016 abgewiesen. Die Beklagte habe den Erstattungsbetrag zu Recht auf 371,79 EUR begrenzt. Nach Artikel 15 DT-SVA würden die Leistungen im Wege der so genannten Leistungsaushilfe von dem nach türkischem Recht zuständigen Träger, der (Sozialversicherungsanstalt) Sosyal Sigortalar Kurumu (SSK) nach dem für diesen geltenden - türkischen - Recht mit Wirkung für die deutschen Krankenkassen erbracht. Die Ermittlungen der Beklagten bei der türkischen Sozialversicherungsanstalt hätten ergeben, dass das maßgebliche türkische Recht sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche zur Zeit der Behandlung der Klägerin vorgesehen habe. Dem türkischen Sozialversicherungsträger habe die Rechnung des Krankenhauses D. vorgelegen. Er habe der Beklagten auf dieser Grundlage mitgeteilt, dass von ihm Kosten in Höhe von 371,79 EUR entstanden wären, wenn die Leistungen durch ihn erbracht worden wären. Angesichts der Differenziertheit der türkischen Krankenhausrechnung habe die Kammer keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Kostenauskunft des türkischen Sozialversicherungsträgers zutreffend sei. Allein der Umstand, dass die Differenz zwischen dem mitgeteilten Kostenbetrag und dem tatsächlichen Rechnungsbetrag fast 2.000 EUR betrage, bedeute nicht, dass der vom türkischen Sozialversicherungsträger mitgeteilte Betrag falsch sei. Zu einem handele es sich bei dem Krankenhaus um eine Privatklinik; die privatärztliche Behandlung in einer solchen Privatklinik sei üblicherweise um ein Vielfaches höher als die Behandlung in einem (staatlichen) Vertragskrankenhaus, nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Türkei. Zum anderen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die tatsächlich der Klägerin in Rechnung gestellten und von ihr bezahlten Kosten von 2.297,60 EUR eine irgendwie nachvollziehbare rechtliche Grundlage hätten, wie sie etwa in Deutschland die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) darstelle. Maßstab für den Kostenerstattungsanspruch sei aber nicht eine - wie auch immer begründete (oder unbegründete) - Kostenforderung der türkischen Privatklinik, sondern der Kostenansatz, den die türkische Sozialversicherungsanstalt bei einer vergleichbaren Behandlung in einem Vertragskrankenhaus zu zahlen gehabt hätte. Den entsprechenden Betrag von 371,79 EUR habe die Beklagte der Klägerin auch erstattet. Außerhalb des Kostenerstattungsanspruchs nach dem DT-SVA könne die Klägerin eine weitergehende Kostenerstattung nur nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative SGB V verlangen, wenn der türkische Sozialversicherungsträger seinen Pflichten im Rahmen der Leistungsaushilfe mit Sachleistungen nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Der Klägerin sei es aber durchaus zumutbar gewesen, das 15,4 km entfernte staatliche Krankenhaus aufzusuchen. Ein weitergehender Kostenerstattungsanspruch gegenüber der beklagten Krankenkasse habe dementsprechend nicht bestanden. Die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch auf der Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien ebenfalls nicht erfüllt. Vorliegend komme es nicht darauf an, ob die Klägerin über ihre Mutter seitens der Beklagten darüber informiert worden sei, dass im Nicht-EU-Ausland nur staatliche Krankenhäuser vom Sozialversicherungsabkommen erfasst seien und dass die Behandlungskosten nur aus Einrichtungen, die diesen Abkommen unterliegen, von der Krankenkasse erstattet werden könnten. Über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne nur eine entsprechende Aufklärung fingiert werden, der Abschluss einer entsprechenden Zusatzversicherung hingegen nicht. Insofern müsse die Klägerin einen etwaigen Schadenersatzanspruch gegebenenfalls bei dem entsprechenden Zivilgericht geltend machen.
Das Urteil ist am 15. August 2016 an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt worden. Die Berufung ist am 18. August 2016 am Hessischen Landessozialgericht eingegangen.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, das Sozialgericht habe sich nicht hinreichend mit der Frage beschäftigt hat, ob der Kostenerstattungsanspruch aufgrund eines Systemversagens gerechtfertigt sein könne. Ein solches Systemversagen könne sich aus der Entfernung des Krankenhauses zum Hotel sowie der Bedrohlichkeit der gesundheitlichen Beeinträchtigung ergeben. Aufgrund der Entfernung zu dem nächst gelegenen staatlichen Krankenhaus und der zu erwartenden Verschlechterung ihres Zustandes habe es der Klägerin nicht zugemutet werden können, dieses aufzusuchen. Trotz eingehender Schilderungen des Krankheitsbildes der Klägerin, insbesondere nochmals in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2016 habe sich das Sozialgericht damit begnügt, lediglich in einem Satz festzustellen, dass es nach Auffassung der Kammer der Klägerin durchaus zumutbar gewesen sei, das 15,4 km entfernte staatliche Krankenhaus aufzusuchen. Mangels Fachkompetenz des Gerichts hätte es insoweit der Begutachtung durch einen Notfallmediziner bedurfte. Zwei Tage vor der Behandlungsmaßnahme in der Türkei sei bereits ein massiver Flüssigkeitsverlust durch die Gastroenteritis und Bronchitis entstanden, der zunächst zu einer Dehydration und später zu einer Exsikkose und damit zu einer für die Klägerin lebensbedrohlichen Situation geführt habe. Aus diesem Grund sei ihr eine Verbringung in die wesentlich weiter entfernte staatliche Klinik unter keinen Gesichtspunkten zuzumuten gewesen. Die Tatsache, dass sie sich unter Flüssigkeits- und Mineralgabe kurzfristig erholt habe, spreche nicht gegen eine lebensbedrohende Situation im konkreten Fall.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25. Juli 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2015 zu verurteilen, der Klägerin weitere Kosten der Krankenhausbehandlung in der Türkei in der Zeit vom 17. April 2014 bis 20. April 2014 in Höhe von 1.925,88 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich durch das Urteil des Sozialgerichts Kassel bestätigt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten, der Gegenstand der Beratung des Senats war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§§ 152, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Das Sozialgericht Kassel hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2016 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2015 sind nicht zu beanstanden und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten der Krankenhausbehandlung in der Türkei in der Zeit vom 17. April 2014 bis 20. April 2014 in Höhe von 1.925,88 EUR zu.
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Leistungen der deutschen Krankenversicherung nach dem SGB V grundsätzlich in der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen. Der Anspruch auf diese Leistungen ruht, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten, und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken, soweit im SGB V nichts Abweichendes bestimmt ist. Darüber hinaus kann sich ein Anspruch aus zwischenstaatlichem Recht ergeben (§ 6 Sozialgesetzbuch Viertes Buch Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV).
Ein Anspruch der Klägerin auf die Erstattung weiterer Kosten der Krankenhausbehandlung in der Türkei in der Zeit vom 17. April 2014 bis 20. April 2014 in Höhe von 1.925,88 EUR ergibt sich vorliegend nicht aus der insoweit allein in Betracht kommenden Regelung des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) und b) in Verbindung mit Art. 4a des DT-SVA (Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 30. April 1964 - BGBl. II 1972, S. 2, in der Fassung vom 2. November 1984 - BGBl. II 1986, S. 1040). Versicherten in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung kann danach grundsätzlich auch bei Aufenthalt in der Türkei ein Anspruch auf Leistungen zustehen, wenn der Versicherungsfall während des vorübergehenden Aufenthalts im Gebiet der anderen Vertragspartei eingetreten ist und wenn sie wegen ihres Zustandes sofort Leistungen benötigen (Art. 12 Abs. 1 Buchstabe b) DT-SVA).
Ein solcher medizinischer Notfall während des vorübergehenden Aufenthalts in der Türkei im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe b) DT-SVA wurde vom Sozialgericht zutreffend bejaht, da die Klägerin aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes am 17. April 2014 auf sofortige ärztliche Hilfe angewiesen war.
Daraus allein resultiert allerdings noch nicht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der vollständigen Kosten der Behandlung der Klägerin in dem Privatkrankenhaus D. Das Sozialgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Leistungsrechts des SGB V durch Artikel 15 DT-SVA als Spezialnorm für Sachleistungen in der Weise modifiziert wird, dass sich der Anspruch der Versicherten und damit die Leistungspflicht der Krankenkassen in der Türkei nach türkischem Recht richtet. Nach Artikel 15 DT-SVA werden die Leistungen im Wege der so genannten Leistungsaushilfe von dem nach türkischem Recht zuständigen Träger, der Sozialversicherungsanstalt Sosyal Sigortalar Kurumu (SSK, vgl. Artikel 15 Abs. 1 DT-SVA) nach dem für diesen geltenden - türkischen - Recht mit Wirkung für die deutschen Krankenkassen erbracht. Nach Artikel 15 Abs. 2 DT-SVA gelten für die Erbringung der Sachleistungen die für den Träger des Aufenthaltsortes maßgebenden Rechtsvorschriften (mit den vorliegend nicht einschlägigen Ausnahme der Rechtsvorschriften über die Dauer der Leistungsgewährung, den Kreis der zu berücksichtigenden Angehörigen sowie der sich hierauf beziehenden Rechtsvorschriften über das Leistungsstreitverfahren). Nach Artikel 15 Abs. 4 DT-SVA sind Personen und Einrichtungen, die mit der SSK Verträge über die Erbringung von Sachleistungen für deren Versicherte abgeschlossen haben, verpflichtet, die Sachleistungen auch für die in Artikel 4a DT-SVA genannten Personen unter denselben Bedingungen zu erbringen, wie wenn diese Personen bei der SSK versichert oder Angehörige solcher Versicherten wären und als ob die Verträge sich auch auf diese Personen erstreckten. Der krankenversicherungsrechtliche Sachleistungsanspruch der Klägerin war mithin bei dem in der Türkei eingetretenen Leistungsfall wirksam durch Artikel 15 DT-SVA auf die nach dem türkischen Krankenversicherungssystem zustehenden Leistungen beschränkt. Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich die Bestimmung des Artikels 15 DT-SVA nach seinem Sinn und Zweck auch auf sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche erstreckt, da solche Ansprüche der Ergänzung des Sachleistungssystems dienen und dessen integraler Bestandteil sind.
Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs wurde von der Beklagten eine Auskunft bei der türkischen Verbindungsstelle der SSK (vgl. § 48 Abs. 2 DT-SVA) eingeholt, wonach sich der Erstattungsbetrag für die entsprechende Krankenhausbehandlung nach der für diese geltendem türkischem Recht auf 1094,13 TL bzw. umgerechnet 371,79 EUR beläuft. Für den Senat besteht keine Veranlassung, die Auskunft der SSK infrage zu stellen. Von Seiten der Klägerin wurde insoweit zwar im erstinstanzlichen Verfahren Zweifel angesichts der Höhe der streitgegenständlichen Differenz zwischen der privatärztlichen Rechnung der Klinik und dem Erstattungsanspruch unter Berücksichtigung der Kostensätze staatlicher Kliniken in der Türkei bzw. türkischer Leistungserbringer nach Art. 15 Abs. 4 DT-SVA geäußert. Diese wurden allerdings nicht konkretisiert und insbesondere nicht substantiiert dargelegt, aus welchem Grund die Behandlung der Klägerin durch Personen oder Einrichtungen gemäß Art. 15 Abs. 4 DT-SVA höhere Kosten als 1094,13 TL bzw. 371,79 EUR verursacht hätte. Anhaltspunkte hierfür sind für den Senat auch ansonsten nicht ersichtlich.
Ein weitergehender Kostenerstattungsanspruch der Klägerin lässt sich auch weder aufgrund Systemversagens noch aus dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begründen.
Aufgrund von Systemversagen nach § 13 Abs. 3 Fall 1 SGB V käme der Anspruch in Betracht, wenn der türkische Träger SSK seinen Pflichten im Rahmen der Leistungsaushilfe mit Sachleistungen nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. In diesem Fall müsste sich die Beklagte aufgrund der Einwirkungsmöglichkeiten Deutschlands auf den Abkommenspartner dessen Versäumnis zurechnen lassen. Ein solches Systemversagen lässt sich vorliegend jedoch nicht feststellen. Insbesondere ergibt sich dies nicht daraus, dass die Klägerin aufgrund der zu großen Entfernung zur nächstgelegenen staatlichen Klinik aus medizinischen Gründen dazu gezwungen gewesen sein könnte, die näher gelegene private Klinik D. in Anspruch zu nehmen.
Laut dem Ergebnis einer durch den Senat durchgeführten Internetrecherche unter "google.maps", beträgt die Distanz zwischen dem Hotel, in dem sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Einweisung in die Klinik befand (F., E-Stadt/G., Türkei) und dem nächstgelegenen staatlichen Krankenhaus (E-Stadt H. Hospital) 12 km und ist mit dem Auto in einer Fahrtzeit von 16 Minuten zu erreichen. Von der Klägerin wurde dies grundsätzlich nicht in Abrede gestellt und gegenüber dem Ergebnis der Internetrecherche des Senats lediglich eine um 200 m längerer Fahrtstrecke geltend gemacht. Hierzu bedarf es keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung, da auch in diesem Fall nicht ersichtlich ist, dass der Klägerin ein Krankentransport über diese Fahrtstrecke nicht zumutbar gewesen sein könnte. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden nach dem Behandlungsbericht der Klinik vor deren Aufnahme bereits zwei Tage bestanden, ohne dass sich die Klägerin bzw. deren Onkel zunächst veranlasst sahen, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bei der Klägerin wurde in der Klinik nach ihrer Einweisung eine Gastroenteritis (Magen-Darm-Entzündung) festgestellt wobei sie als dehydriert und schwach beschrieben und eine Körpertemperatur von 37,8° gemessen wurde. Die Klägerin wurde nachfolgend im Wesentlichen durch Infusionen behandelt, konnte die Klinik bereits zwei Tage nach ihrer Aufnahme wieder verlassen und am Folgetag die Heimreise nach Deutschland antreten. Im Ergebnis bestand damit zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Klinik zwar durchaus eine ernsthafte Erkrankung der Klägerin, die insbesondere bei einem zwölfjährigen Kind durchaus die Einweisung in ein Krankenhaus zur stationären Behandlung und Überwachung rechtfertigt. Eine lebensbedrohliche Situation, welche es nicht zulässt, ein Krankentransport über einen Zeitraum von 16 Minuten durchzuführen, wird durch vorliegenden Befundunterlagen jedoch zweifelsfrei nicht beschrieben. Nach den Angaben der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren betrug die Fahrtstrecke vom Hotel zur Klinik D. 2,7 km und die hierfür erforderliche Fahrtdauer 5 Minuten. Gegenüber dem Anfahrtsweg zur nächstgelegenen staatlichen Klinik E-Stadt H. Hospital bedeutet dies im Ergebnis eine Einsparung von 11 Minuten. Für den Senat ergeben sich weder nach dem Vorbringen der Klägerin noch unter Berücksichtigung sämtlicher Behandlungsunterlagen Anhaltspunkte, wonach es der Klägerin aus medizinischen Gründen nicht zumutbar gewesen sein könnte, diese zusätzliche Fahrtstrecke mit einer Dauer von 11 Minuten bis zur Einleitung der stationären Behandlung zurückzulegen. Dies gilt umso mehr, als sich die Klägerin nach eigenen Angaben bereits während des Transportes zur Klinik in ärztlicher Betreuung befand. Nach ihren Angaben gegenüber dem Sozialgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2016 wurde sie vom Hotel in das Krankenhaus durch Notärzte "in Begleitung der gesamten Rettungsmannschaft" verbracht. Eine Lebensgefahr bzw. die konkrete Gefahr des Eintritts von gesundheitlichen Verschlimmerungen aufgrund der Durchführung eines Krankentransportes zur nächstgelegenen staatlichen Klinik E-Stadt H. Hospital vermag der Senat insofern nicht einmal im Ansatz zu erkennen.
Der geltend gemachte Anspruch lässt sich schließlich auch nicht mit dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begründen. Dabei kann es mit den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil dahingestellt bleiben, ob es der Beklagten als Beratungsfehler angelastet werden kann, die Klägerin bzw. deren Mutter vor Antritt der Reise nicht hinreichend darauf hingewiesen zu haben, dass der Auslands-Krankenversicherungsschutz in der Türkei nicht auch die Behandlung in Privatkliniken umfasst. Insoweit bestehen schon erhebliche Bedenken, ob eine solche Hinweispflicht der Beklagten besteht. Die stationäre Behandlung in einer Privatklinik gehört auch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies kann ohne weiteres als allgemein bekannt angenommen werden, so dass es insoweit keiner expliziten Aufklärung der Versicherten durch die Krankenkassen bedarf. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum der Versicherungsschutz auf der Grundlage eines Auslands-Krankenscheins in der Türkei über den im Inland bestehenden Versicherungsschutz hinausgehen sollte. Unabhängig hiervon lässt sich die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge eines Anspruchs auf Erstattung der vollständigen Kosten der privatärztlichen Behandlung in der Türkei nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist ein vom BSG entwickeltes Rechtsinstitut, das tatbestandlich an die Verletzung behördlicher Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten im Sozialrechtsverhältnis anknüpft. Er soll "als Institut des Verwaltungsrechts eine Lücke im Schadensersatzrecht schließen", ist aber nicht auf die Gewährung von Schadensersatz im Sinne einer Kompensationsleistung, sondern auf Naturalrestitution gerichtet, d.h. auf Vornahme einer Handlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustandes, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Der Anspruch ist mangels einer Regelungslücke nicht gegeben, wenn die Rechtsfolgen einer Verletzung von Nebenpflichten des Sozialleistungsträgers in Richtung auf einen sozialrechtlichen Anspruch des Betroffenen gesetzlich ausdrücklich geregelt sind. Dies hat das BSG für die gesetzliche Krankenversicherung im Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3 SGB V angenommen. Der in § 13 Abs. 3 SGB V geregelte Anspruch auf Kostenerstattung hat Ähnlichkeit zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Er ist in der gesetzlichen Krankenversicherung als abschließende gesetzliche Regelung gegenüber der auf dem Herstellungsgedanken beruhenden Kostenerstattungsansprüche anzusehen (Schlegel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 1 SGB V, Rn. 91 ff.). Das Sozialgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass der geltend gemachte weitergehender Kostenerstattungsanspruch sich vorliegend allenfalls im Wege des Schadensersatzes im Sinne einer Kompensationsleistung realisieren ließe und hierfür die Zuständigkeit des Sozialgerichts wie auch des erkennenden Senats nicht gegeben ist. Die Vornahme einer Handlung zur Erlangung eines umfassenden, auch die Behandlung in der Privatklinik beinhaltenden Versicherungsschutzes könnte demgegenüber allein in dem Abschluss einer entsprechenden Zusatzversicherung bestehen. Für den zurückliegenden Türkei-Aufenthalt der Klägerin lässt sich eine solche Zusatzversicherung auch im Wege des sozialrechtlichen Erstattungsanspruchs nicht mehr rückwirkend abschließen.
Die Kostenentscheidung folgt der Hauptsache und ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Erstattung von Kosten einer Krankenhausbehandlung in einer Privatklinik in der Türkei.
Die 2002 geborene Klägerin ist über ihre Mutter bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 18. März 2014 stellte die Beklagte der Mutter der Klägerin einen Auslandskrankenschein für die Türkei aus. Die Klägerin reiste am 13. April 2014 mit ihrem Onkel in die Türkei. Die Rückreise war für Sonntag, den 20. April 2014 gebucht. Am Donnerstag, den 17. April 2014 bekam die Klägerin laut einem Arztberichtbericht des Privatkrankenhauses D. Fieber, war dehydriert, schwach, hatte einen verringerten Hautunterdruck, ferner wurden Rasselgeräusche in der Lunge festgestellt und sie hatte starke Schmerzen. Auf Veranlassung des Hotelarztes wurde die Klägerin daraufhin mit einem Notarztwagen in die 2,7 km entfernte Klinik D. verbracht und dort bis zum 19. April 2014 behandelt. Am Entlassungstag stellte das Krankenhaus für die Behandlung 6.757,85 Türkische Lira (TL) in Rechnung. Der Onkel der Klägerin beglich die Rechnung vor Ort per Kreditkarte. Am 25. April 2014 beantragte die Mutter der Klägerin bei der Beklagten die Erstattung der Kosten der Auslandskrankenhausbehandlung. Hierzu legte sie die Rechnung des Krankenhauses vom 19. April 2014 vor, in der 14 Abrechnungspositionen aufgelistet waren. Die Beklagte legte die Krankenhausrechnung der Verbindungsstelle nach dem deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommen (DT-SVA), der "Sosyal Güvenlik Kurumu, Baskanligi" in G./Türkei vor. Diese erteilte die Auskunft, dass bei Erbringung der Krankenhausbehandlung als Sachleistung durch den türkischen Sozialversicherungsträger der Klägerin von der Beklagten 1.094,13 TL zu erstatten gewesen wären, was umgerechnet einem Betrag in Höhe von 371,79 EUR entspricht.
Daraufhin erstattete die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 25. Juli 2014 einen Betrag in Höhe von 371,79 EUR. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, dass nach Aussage des vor Ort behandelnden Arztes eine sofortige Krankenhausbehandlung notwendig gewesen sei. Da der Gesamtzustand der Klägerin während des Transportes sich hätte verschlechtern können, habe der behandelnde Arzt entschieden, sie in die nur 2,7 km entfernte Privatklinik D. zu verbringen. Die nächste staatliche Klinik befände sich in E-Stadt. Diese liege 15,4 km vom Hotel entfernt. Aufgrund des lebensbedrohlichen Zustandes der Klägerin und der Tatsache, dass ein Transport in die mehr als 5-mal so weit entfernte staatliche Klinik erhebliche Gesundheitsrisiken bedeutet hätte, seien die Behandlungskosten in der Privatklinik in jedem Fall unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) vollständig zu übernehmen. Es sei daher auch der Differenzbetrag der Rechnung der Privatklinik gegenüber dem bisher ausgezahlten Betrag in Höhe von 371,79 EUR zu erstatten. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung bestehe auch aus dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Die Mutter der Klägerin habe einen Auslandskrankenschein beantragt und diesen von der Beklagten mit Schreiben vom 18. März 2014 erhalten. Hierbei sei keine weitere Aufklärung über die Grenzen des Erstattungsanspruchs im Ausland erfolgt. Die Beklagte sei diesbezüglich in der Aufklärungspflicht gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei bestehe ein Sozialversicherungsabkommen, das die Gewährung von Leistungen der sozialen Sicherung an Versicherte des jeweils anderen Staates regele. Nach dem DT-SVA hätten Versicherte, wenn sie während eines vorübergehenden Aufenthaltes in der Türkei erkrankten und ambulante ärztliche oder stationäre Behandlungen benötigten, Anspruch auf sofort notwendige Leistungen. Grundsätzlich seien Aufwendungen in der Höhe zu vergüten, wie sie vom aushelfenden türkischen Träger übernommen worden wären. Die Beklagte habe sich mit dem türkischen Sozialversicherungsträger in Verbindung gesetzt und die Auskunft erhalten, dass von diesem für die Behandlung der Klägerin 1.094,13 TL = 371,79 EUR übernommen worden wären. Eine darüber hinausgehende Erstattung komme nicht in Betracht. Soweit die Klägerin geltend mache, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht in Bezug auf die Risiken eines Auslandsaufenthaltes verletzt, werde darauf verwiesen, dass dem Auslandskrankenschein immer ein entsprechendes Informationsblatt beigefügt sei. Außerdem werde über diese Problematik ständig in der Mitliederzeitschrift der Beklagten und in den sonstigen Medien berichtet. Aus den genannten Gründen sei es der Beklagten nicht möglich, dem Antrag vollständig zu entsprechen.
Hiergegen richtet sich die am 24. Februar 2015 vor dem Sozialgericht Kassel erhobene Klage.
Zu deren Begründung ist für die Klägerin vorgetragen worden, dass der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V bestehe. Aufgrund des lebensbedrohlichen Zustandes der Klägerin und der Tatsache, dass ein Transport in die mehr als 5-mal so weit entfernte staatliche Klinik erhebliche Gesundheitsrisiken beinhaltet habe, seien die Behandlungskosten in der Privatklinik in jedem Fall unter dem Gesichtspunkt des Systemversagens zu übernehmen. Außerdem ergebe sich der Anspruch der Klägerin auch aus dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Die Klägerin habe einen Auslandskrankenschein beantragt und diesen von der Beklagten mit Schreiben vom 18. März 2014 erhalten. In diesem Zusammenhang sei keine weitere Aufklärung über die Grenzen des Erstattungsanspruchs im Ausland erfolgt. Bei Erhalt des Auslandskrankenscheins sei die Klägerin darüber zu informieren gewesen, dass im Nicht-EU-Ausland nur staatliche Krankenhäuser vom Sozialversicherungsabkommen erfasst seien und dass auch die Behandlungskosten nur bezüglich der Einrichtungen, die diesem Abkommen unterliegen, von der Krankenkasse erstattet werden könnten. Ferner bestünden Zweifel an der Auskunft des ausländischen Versicherungsträgers. Die große Diskrepanz zwischen den Behandlungskosten der Privatklinik und dem von der Beklagten zu übernehmende Betrag sei nicht erklärbar.
Die Beklagte hat ausgeführt, es lasse sich aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr rekonstruieren, welche Unterlagen der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt zur Verfügung gestellt worden seien. Üblicherweise würden bei Anfragen nach einem Krankenversicherungsschutz in der Türkei jedoch Unterlagen zur Verfügung gestellt, die die Beklagte mit Schreiben vom 9. Oktober 2015 übersandt hat. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit könne dann aufgrund der allgemeinen Anweisungslage davon ausgegangen werden, dass die Mutter der Klägerin diese Unterlagen erhalten habe.
Das Sozialgericht Kassel hat in seiner mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2016 die Mutter der Klägerin sowie die Klägerin persönlich angehört und die Klage sodann mit Urteil vom 7. Juli 2016 abgewiesen. Die Beklagte habe den Erstattungsbetrag zu Recht auf 371,79 EUR begrenzt. Nach Artikel 15 DT-SVA würden die Leistungen im Wege der so genannten Leistungsaushilfe von dem nach türkischem Recht zuständigen Träger, der (Sozialversicherungsanstalt) Sosyal Sigortalar Kurumu (SSK) nach dem für diesen geltenden - türkischen - Recht mit Wirkung für die deutschen Krankenkassen erbracht. Die Ermittlungen der Beklagten bei der türkischen Sozialversicherungsanstalt hätten ergeben, dass das maßgebliche türkische Recht sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche zur Zeit der Behandlung der Klägerin vorgesehen habe. Dem türkischen Sozialversicherungsträger habe die Rechnung des Krankenhauses D. vorgelegen. Er habe der Beklagten auf dieser Grundlage mitgeteilt, dass von ihm Kosten in Höhe von 371,79 EUR entstanden wären, wenn die Leistungen durch ihn erbracht worden wären. Angesichts der Differenziertheit der türkischen Krankenhausrechnung habe die Kammer keinen Anlass daran zu zweifeln, dass die Kostenauskunft des türkischen Sozialversicherungsträgers zutreffend sei. Allein der Umstand, dass die Differenz zwischen dem mitgeteilten Kostenbetrag und dem tatsächlichen Rechnungsbetrag fast 2.000 EUR betrage, bedeute nicht, dass der vom türkischen Sozialversicherungsträger mitgeteilte Betrag falsch sei. Zu einem handele es sich bei dem Krankenhaus um eine Privatklinik; die privatärztliche Behandlung in einer solchen Privatklinik sei üblicherweise um ein Vielfaches höher als die Behandlung in einem (staatlichen) Vertragskrankenhaus, nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Türkei. Zum anderen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die tatsächlich der Klägerin in Rechnung gestellten und von ihr bezahlten Kosten von 2.297,60 EUR eine irgendwie nachvollziehbare rechtliche Grundlage hätten, wie sie etwa in Deutschland die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) darstelle. Maßstab für den Kostenerstattungsanspruch sei aber nicht eine - wie auch immer begründete (oder unbegründete) - Kostenforderung der türkischen Privatklinik, sondern der Kostenansatz, den die türkische Sozialversicherungsanstalt bei einer vergleichbaren Behandlung in einem Vertragskrankenhaus zu zahlen gehabt hätte. Den entsprechenden Betrag von 371,79 EUR habe die Beklagte der Klägerin auch erstattet. Außerhalb des Kostenerstattungsanspruchs nach dem DT-SVA könne die Klägerin eine weitergehende Kostenerstattung nur nach § 13 Abs. 3 Satz 1, 1. Alternative SGB V verlangen, wenn der türkische Sozialversicherungsträger seinen Pflichten im Rahmen der Leistungsaushilfe mit Sachleistungen nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei. Der Klägerin sei es aber durchaus zumutbar gewesen, das 15,4 km entfernte staatliche Krankenhaus aufzusuchen. Ein weitergehender Kostenerstattungsanspruch gegenüber der beklagten Krankenkasse habe dementsprechend nicht bestanden. Die Voraussetzungen für einen Kostenerstattungsanspruch auf der Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs seien ebenfalls nicht erfüllt. Vorliegend komme es nicht darauf an, ob die Klägerin über ihre Mutter seitens der Beklagten darüber informiert worden sei, dass im Nicht-EU-Ausland nur staatliche Krankenhäuser vom Sozialversicherungsabkommen erfasst seien und dass die Behandlungskosten nur aus Einrichtungen, die diesen Abkommen unterliegen, von der Krankenkasse erstattet werden könnten. Über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch könne nur eine entsprechende Aufklärung fingiert werden, der Abschluss einer entsprechenden Zusatzversicherung hingegen nicht. Insofern müsse die Klägerin einen etwaigen Schadenersatzanspruch gegebenenfalls bei dem entsprechenden Zivilgericht geltend machen.
Das Urteil ist am 15. August 2016 an die Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt worden. Die Berufung ist am 18. August 2016 am Hessischen Landessozialgericht eingegangen.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, das Sozialgericht habe sich nicht hinreichend mit der Frage beschäftigt hat, ob der Kostenerstattungsanspruch aufgrund eines Systemversagens gerechtfertigt sein könne. Ein solches Systemversagen könne sich aus der Entfernung des Krankenhauses zum Hotel sowie der Bedrohlichkeit der gesundheitlichen Beeinträchtigung ergeben. Aufgrund der Entfernung zu dem nächst gelegenen staatlichen Krankenhaus und der zu erwartenden Verschlechterung ihres Zustandes habe es der Klägerin nicht zugemutet werden können, dieses aufzusuchen. Trotz eingehender Schilderungen des Krankheitsbildes der Klägerin, insbesondere nochmals in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2016 habe sich das Sozialgericht damit begnügt, lediglich in einem Satz festzustellen, dass es nach Auffassung der Kammer der Klägerin durchaus zumutbar gewesen sei, das 15,4 km entfernte staatliche Krankenhaus aufzusuchen. Mangels Fachkompetenz des Gerichts hätte es insoweit der Begutachtung durch einen Notfallmediziner bedurfte. Zwei Tage vor der Behandlungsmaßnahme in der Türkei sei bereits ein massiver Flüssigkeitsverlust durch die Gastroenteritis und Bronchitis entstanden, der zunächst zu einer Dehydration und später zu einer Exsikkose und damit zu einer für die Klägerin lebensbedrohlichen Situation geführt habe. Aus diesem Grund sei ihr eine Verbringung in die wesentlich weiter entfernte staatliche Klinik unter keinen Gesichtspunkten zuzumuten gewesen. Die Tatsache, dass sie sich unter Flüssigkeits- und Mineralgabe kurzfristig erholt habe, spreche nicht gegen eine lebensbedrohende Situation im konkreten Fall.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25. Juli 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2015 zu verurteilen, der Klägerin weitere Kosten der Krankenhausbehandlung in der Türkei in der Zeit vom 17. April 2014 bis 20. April 2014 in Höhe von 1.925,88 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie sieht sich durch das Urteil des Sozialgerichts Kassel bestätigt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten, der Gegenstand der Beratung des Senats war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§§ 152, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Das Sozialgericht Kassel hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2016 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2015 sind nicht zu beanstanden und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch auf Erstattung weiterer Kosten der Krankenhausbehandlung in der Türkei in der Zeit vom 17. April 2014 bis 20. April 2014 in Höhe von 1.925,88 EUR zu.
Nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Leistungen der deutschen Krankenversicherung nach dem SGB V grundsätzlich in der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen. Der Anspruch auf diese Leistungen ruht, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten, und zwar auch dann, wenn sie dort während eines vorübergehenden Aufenthalts erkranken, soweit im SGB V nichts Abweichendes bestimmt ist. Darüber hinaus kann sich ein Anspruch aus zwischenstaatlichem Recht ergeben (§ 6 Sozialgesetzbuch Viertes Buch Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV).
Ein Anspruch der Klägerin auf die Erstattung weiterer Kosten der Krankenhausbehandlung in der Türkei in der Zeit vom 17. April 2014 bis 20. April 2014 in Höhe von 1.925,88 EUR ergibt sich vorliegend nicht aus der insoweit allein in Betracht kommenden Regelung des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe a) und b) in Verbindung mit Art. 4a des DT-SVA (Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 30. April 1964 - BGBl. II 1972, S. 2, in der Fassung vom 2. November 1984 - BGBl. II 1986, S. 1040). Versicherten in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung kann danach grundsätzlich auch bei Aufenthalt in der Türkei ein Anspruch auf Leistungen zustehen, wenn der Versicherungsfall während des vorübergehenden Aufenthalts im Gebiet der anderen Vertragspartei eingetreten ist und wenn sie wegen ihres Zustandes sofort Leistungen benötigen (Art. 12 Abs. 1 Buchstabe b) DT-SVA).
Ein solcher medizinischer Notfall während des vorübergehenden Aufenthalts in der Türkei im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Buchstabe b) DT-SVA wurde vom Sozialgericht zutreffend bejaht, da die Klägerin aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes am 17. April 2014 auf sofortige ärztliche Hilfe angewiesen war.
Daraus allein resultiert allerdings noch nicht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der vollständigen Kosten der Behandlung der Klägerin in dem Privatkrankenhaus D. Das Sozialgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass der Grundsatz der Maßgeblichkeit des Leistungsrechts des SGB V durch Artikel 15 DT-SVA als Spezialnorm für Sachleistungen in der Weise modifiziert wird, dass sich der Anspruch der Versicherten und damit die Leistungspflicht der Krankenkassen in der Türkei nach türkischem Recht richtet. Nach Artikel 15 DT-SVA werden die Leistungen im Wege der so genannten Leistungsaushilfe von dem nach türkischem Recht zuständigen Träger, der Sozialversicherungsanstalt Sosyal Sigortalar Kurumu (SSK, vgl. Artikel 15 Abs. 1 DT-SVA) nach dem für diesen geltenden - türkischen - Recht mit Wirkung für die deutschen Krankenkassen erbracht. Nach Artikel 15 Abs. 2 DT-SVA gelten für die Erbringung der Sachleistungen die für den Träger des Aufenthaltsortes maßgebenden Rechtsvorschriften (mit den vorliegend nicht einschlägigen Ausnahme der Rechtsvorschriften über die Dauer der Leistungsgewährung, den Kreis der zu berücksichtigenden Angehörigen sowie der sich hierauf beziehenden Rechtsvorschriften über das Leistungsstreitverfahren). Nach Artikel 15 Abs. 4 DT-SVA sind Personen und Einrichtungen, die mit der SSK Verträge über die Erbringung von Sachleistungen für deren Versicherte abgeschlossen haben, verpflichtet, die Sachleistungen auch für die in Artikel 4a DT-SVA genannten Personen unter denselben Bedingungen zu erbringen, wie wenn diese Personen bei der SSK versichert oder Angehörige solcher Versicherten wären und als ob die Verträge sich auch auf diese Personen erstreckten. Der krankenversicherungsrechtliche Sachleistungsanspruch der Klägerin war mithin bei dem in der Türkei eingetretenen Leistungsfall wirksam durch Artikel 15 DT-SVA auf die nach dem türkischen Krankenversicherungssystem zustehenden Leistungen beschränkt. Das Sozialgericht hat zutreffend ausgeführt, dass sich die Bestimmung des Artikels 15 DT-SVA nach seinem Sinn und Zweck auch auf sachleistungsersetzende Kostenerstattungsansprüche erstreckt, da solche Ansprüche der Ergänzung des Sachleistungssystems dienen und dessen integraler Bestandteil sind.
Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs wurde von der Beklagten eine Auskunft bei der türkischen Verbindungsstelle der SSK (vgl. § 48 Abs. 2 DT-SVA) eingeholt, wonach sich der Erstattungsbetrag für die entsprechende Krankenhausbehandlung nach der für diese geltendem türkischem Recht auf 1094,13 TL bzw. umgerechnet 371,79 EUR beläuft. Für den Senat besteht keine Veranlassung, die Auskunft der SSK infrage zu stellen. Von Seiten der Klägerin wurde insoweit zwar im erstinstanzlichen Verfahren Zweifel angesichts der Höhe der streitgegenständlichen Differenz zwischen der privatärztlichen Rechnung der Klinik und dem Erstattungsanspruch unter Berücksichtigung der Kostensätze staatlicher Kliniken in der Türkei bzw. türkischer Leistungserbringer nach Art. 15 Abs. 4 DT-SVA geäußert. Diese wurden allerdings nicht konkretisiert und insbesondere nicht substantiiert dargelegt, aus welchem Grund die Behandlung der Klägerin durch Personen oder Einrichtungen gemäß Art. 15 Abs. 4 DT-SVA höhere Kosten als 1094,13 TL bzw. 371,79 EUR verursacht hätte. Anhaltspunkte hierfür sind für den Senat auch ansonsten nicht ersichtlich.
Ein weitergehender Kostenerstattungsanspruch der Klägerin lässt sich auch weder aufgrund Systemversagens noch aus dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begründen.
Aufgrund von Systemversagen nach § 13 Abs. 3 Fall 1 SGB V käme der Anspruch in Betracht, wenn der türkische Träger SSK seinen Pflichten im Rahmen der Leistungsaushilfe mit Sachleistungen nicht oder nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. In diesem Fall müsste sich die Beklagte aufgrund der Einwirkungsmöglichkeiten Deutschlands auf den Abkommenspartner dessen Versäumnis zurechnen lassen. Ein solches Systemversagen lässt sich vorliegend jedoch nicht feststellen. Insbesondere ergibt sich dies nicht daraus, dass die Klägerin aufgrund der zu großen Entfernung zur nächstgelegenen staatlichen Klinik aus medizinischen Gründen dazu gezwungen gewesen sein könnte, die näher gelegene private Klinik D. in Anspruch zu nehmen.
Laut dem Ergebnis einer durch den Senat durchgeführten Internetrecherche unter "google.maps", beträgt die Distanz zwischen dem Hotel, in dem sich die Klägerin zum Zeitpunkt der Einweisung in die Klinik befand (F., E-Stadt/G., Türkei) und dem nächstgelegenen staatlichen Krankenhaus (E-Stadt H. Hospital) 12 km und ist mit dem Auto in einer Fahrtzeit von 16 Minuten zu erreichen. Von der Klägerin wurde dies grundsätzlich nicht in Abrede gestellt und gegenüber dem Ergebnis der Internetrecherche des Senats lediglich eine um 200 m längerer Fahrtstrecke geltend gemacht. Hierzu bedarf es keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung, da auch in diesem Fall nicht ersichtlich ist, dass der Klägerin ein Krankentransport über diese Fahrtstrecke nicht zumutbar gewesen sein könnte. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden nach dem Behandlungsbericht der Klinik vor deren Aufnahme bereits zwei Tage bestanden, ohne dass sich die Klägerin bzw. deren Onkel zunächst veranlasst sahen, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bei der Klägerin wurde in der Klinik nach ihrer Einweisung eine Gastroenteritis (Magen-Darm-Entzündung) festgestellt wobei sie als dehydriert und schwach beschrieben und eine Körpertemperatur von 37,8° gemessen wurde. Die Klägerin wurde nachfolgend im Wesentlichen durch Infusionen behandelt, konnte die Klinik bereits zwei Tage nach ihrer Aufnahme wieder verlassen und am Folgetag die Heimreise nach Deutschland antreten. Im Ergebnis bestand damit zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Klinik zwar durchaus eine ernsthafte Erkrankung der Klägerin, die insbesondere bei einem zwölfjährigen Kind durchaus die Einweisung in ein Krankenhaus zur stationären Behandlung und Überwachung rechtfertigt. Eine lebensbedrohliche Situation, welche es nicht zulässt, ein Krankentransport über einen Zeitraum von 16 Minuten durchzuführen, wird durch vorliegenden Befundunterlagen jedoch zweifelsfrei nicht beschrieben. Nach den Angaben der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren betrug die Fahrtstrecke vom Hotel zur Klinik D. 2,7 km und die hierfür erforderliche Fahrtdauer 5 Minuten. Gegenüber dem Anfahrtsweg zur nächstgelegenen staatlichen Klinik E-Stadt H. Hospital bedeutet dies im Ergebnis eine Einsparung von 11 Minuten. Für den Senat ergeben sich weder nach dem Vorbringen der Klägerin noch unter Berücksichtigung sämtlicher Behandlungsunterlagen Anhaltspunkte, wonach es der Klägerin aus medizinischen Gründen nicht zumutbar gewesen sein könnte, diese zusätzliche Fahrtstrecke mit einer Dauer von 11 Minuten bis zur Einleitung der stationären Behandlung zurückzulegen. Dies gilt umso mehr, als sich die Klägerin nach eigenen Angaben bereits während des Transportes zur Klinik in ärztlicher Betreuung befand. Nach ihren Angaben gegenüber dem Sozialgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2016 wurde sie vom Hotel in das Krankenhaus durch Notärzte "in Begleitung der gesamten Rettungsmannschaft" verbracht. Eine Lebensgefahr bzw. die konkrete Gefahr des Eintritts von gesundheitlichen Verschlimmerungen aufgrund der Durchführung eines Krankentransportes zur nächstgelegenen staatlichen Klinik E-Stadt H. Hospital vermag der Senat insofern nicht einmal im Ansatz zu erkennen.
Der geltend gemachte Anspruch lässt sich schließlich auch nicht mit dem Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs begründen. Dabei kann es mit den zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil dahingestellt bleiben, ob es der Beklagten als Beratungsfehler angelastet werden kann, die Klägerin bzw. deren Mutter vor Antritt der Reise nicht hinreichend darauf hingewiesen zu haben, dass der Auslands-Krankenversicherungsschutz in der Türkei nicht auch die Behandlung in Privatkliniken umfasst. Insoweit bestehen schon erhebliche Bedenken, ob eine solche Hinweispflicht der Beklagten besteht. Die stationäre Behandlung in einer Privatklinik gehört auch innerhalb der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich nicht zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung. Dies kann ohne weiteres als allgemein bekannt angenommen werden, so dass es insoweit keiner expliziten Aufklärung der Versicherten durch die Krankenkassen bedarf. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum der Versicherungsschutz auf der Grundlage eines Auslands-Krankenscheins in der Türkei über den im Inland bestehenden Versicherungsschutz hinausgehen sollte. Unabhängig hiervon lässt sich die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge eines Anspruchs auf Erstattung der vollständigen Kosten der privatärztlichen Behandlung in der Türkei nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist ein vom BSG entwickeltes Rechtsinstitut, das tatbestandlich an die Verletzung behördlicher Auskunfts-, Beratungs- und Betreuungspflichten im Sozialrechtsverhältnis anknüpft. Er soll "als Institut des Verwaltungsrechts eine Lücke im Schadensersatzrecht schließen", ist aber nicht auf die Gewährung von Schadensersatz im Sinne einer Kompensationsleistung, sondern auf Naturalrestitution gerichtet, d.h. auf Vornahme einer Handlung zur Herstellung einer sozialrechtlichen Position im Sinne desjenigen Zustandes, der bestehen würde, wenn der Sozialleistungsträger die ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis erwachsenen Nebenpflichten ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Der Anspruch ist mangels einer Regelungslücke nicht gegeben, wenn die Rechtsfolgen einer Verletzung von Nebenpflichten des Sozialleistungsträgers in Richtung auf einen sozialrechtlichen Anspruch des Betroffenen gesetzlich ausdrücklich geregelt sind. Dies hat das BSG für die gesetzliche Krankenversicherung im Anwendungsbereich des § 13 Abs. 3 SGB V angenommen. Der in § 13 Abs. 3 SGB V geregelte Anspruch auf Kostenerstattung hat Ähnlichkeit zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Er ist in der gesetzlichen Krankenversicherung als abschließende gesetzliche Regelung gegenüber der auf dem Herstellungsgedanken beruhenden Kostenerstattungsansprüche anzusehen (Schlegel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 1 SGB V, Rn. 91 ff.). Das Sozialgericht hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass der geltend gemachte weitergehender Kostenerstattungsanspruch sich vorliegend allenfalls im Wege des Schadensersatzes im Sinne einer Kompensationsleistung realisieren ließe und hierfür die Zuständigkeit des Sozialgerichts wie auch des erkennenden Senats nicht gegeben ist. Die Vornahme einer Handlung zur Erlangung eines umfassenden, auch die Behandlung in der Privatklinik beinhaltenden Versicherungsschutzes könnte demgegenüber allein in dem Abschluss einer entsprechenden Zusatzversicherung bestehen. Für den zurückliegenden Türkei-Aufenthalt der Klägerin lässt sich eine solche Zusatzversicherung auch im Wege des sozialrechtlichen Erstattungsanspruchs nicht mehr rückwirkend abschließen.
Die Kostenentscheidung folgt der Hauptsache und ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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