S 8 U 47/16

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 8 U 47/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 198/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall im Sinne des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) streitig.

Die 1953 geborene Klägerin leidet unter einer Polio-Erkrankung mit deutlich links betonten Ausfallerscheinungen. Sie nahm als Behindertenvertreterin auf Veranlassung ihres Arbeitgebers, der Stadt A-Stadt, in der Zeit vom 17. bis zum 19. Juni 2015 an einer internationalen Konferenz zum barrierefreien Bauen in europäischen Städten in C-Stadt teil. Während der Teilnahme an der Konferenz wohnte die Klägerin in einem Hotel. Mit Genehmigung des Arbeitgebers wollte die Klägerin am 20. Juni 2015 abreisen.

Am 20. Juni 2015, einem Samstag, wollte die Klägerin sodann in ihrem Hotelzimmer telefonisch ein Taxi für den Transport zum Flughafen rufen. Auf dem Weg zum Telefon im Hotelzimmer stürzte die Klägerin gegen 13:00 Uhr und zog sich eine distale Femurfraktur links zu, die stationär operativ behandelt werden musste.

Mit Bescheid vom 24. August 2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 20. Juni 2015 als Arbeitsunfall sowie die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen des Ereignisses ab. Zur Begründung gab sie an, dass bei der Durchführung von Dienstreisen nicht bei allen Verrichtungen gesetzlicher Unfallversicherungsschutz bestehe, sondern nur bei Tätigkeiten, die mit dem Beschäftigungsverhältnis und der betrieblich bedingten Dienstreise in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang stünden. Kein Versicherungsschutz bestehe für Verrichtungen, die wesentlich allein dem privaten und eigenwirtschaftlichen Lebensbereich zuzuordnen seien. Der Unfall der Klägerin habe sich in diesem privaten und eigenwirtschaftlichen Lebensbereich ereignet und unterfalle deshalb nicht dem Unfallversicherungsschutz. Es lägen auch keine Anhaltspunkte vor, wonach eine besondere Betriebsgefahr der Übernachtungsstätte bestanden habe. Es könne somit auch dahingestellt bleiben, ob die bei der Klägerin bestehende Polioerkrankung rechtlich wesentlich für den Sturz gewesen sei.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 4. September 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung gab die Klägerin an, dass sie sich zum Zeitpunkt des Sturzes innerhalb des Hotelzimmers, aber nicht mehr im Badezimmer befunden habe, da die Morgentoilette bereits beendet gewesen sei. Ihr Gepäck sei fertig gepackt gewesen und sie sei auf dem Weg gewesen, das Zimmer zu verlassen. Das telefonische Rufen eines Taxis zum Flughafen habe zu ihrer Tätigkeit im Zusammenhang mit der Dienstreise gehört. Es habe somit keine Unterbrechung der dienstlichen Tätigkeit stattgefunden.

Auf Nachfrage des Beklagten teilte die Klägerin in einem Schreiben vom 19. Oktober 2015 zudem mit, dass sie am Abend des 19. Juli 2015 nach Ende der Konferenz noch ein dienstliches Gespräch mit Mitarbeitern der Stadt C-Stadt gehabt habe, welches erst gegen 17:30 Uhr beendet gewesen sei. Zu diesem Gespräch legte sie ein Bestätigungsschreiben der Stadt C-Stadt vor. Die Klägerin gab zudem an, dass es ihr aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht möglich gewesen sei, noch am 19. Juni 2015 in Rückflug anzutreten, da sie sonst die zulässige Dienstzeit von max. 10 Stunden überschritten hätte. Aufgrund einer bei ihr zusätzlich zur Polioerkrankung vorliegenden rheumatoiden Arthritis in den Fingergelenken beider Hände, welche zu einer teilweise mehrstündigen morgendlichen Steifigkeit der Fingergelenke führe, sei es ihr auch nicht möglich, frühmorgens Koffer zu packen und unter Zeitdruck eine Reise anzutreten. Aus diesem Grund habe sie am 20. Juni 2015 erst mittags aus dem Hotel auschecken wollen. Ab dem 22. Juni bis zum 2. Juli 2015 sei ein privater Urlaub geplant gewesen, den sie dann aufgrund des Unfalls nicht habe antreten können.

Die Stadt A-Stadt teilte der Beklagten in einem Schreiben vom 19. Oktober 2015 unter anderem mit, dass der Rückreisetag der Klägerin auf den 2. Juli 2015 datiert gewesen sei, da die Klägerin eine private Reise an die Dienstreise angeschlossen habe. Die Dienstreise habe mit dem Verlassen des Hotels am 20. Juni 2015 geendet. In einem anschließenden Telefonat teilte die Klägerin der Beklagten sodann mit, dass sie am 20. Juni 2015 das Taxi zum Flughafen habe nehmen wollen, um dort für ihren privaten Urlaub in Portugal einen Mietwagen zu mieten. Der Rückflug nach Frankfurt sei für den 2. Juli 2015 gebucht gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Das Unfallereignis während des Aufenthalts im Hotelzimmer sei grundsätzlich dem privaten und eigenwirtschaftlichen Lebensbereich zuzuordnen und stehe nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Die dienstliche Konferenz habe zudem bereits am 19. Juni 2015 geendet. Zudem habe die Klägerin von vornherein nicht geplant, am 20. Juni 2015 die Rückreise anzutreten, sondern habe einen privaten Urlaub an die Dienstreise anschließen und deshalb mit dem Taxi zum Flughafen fahren wollen. Der innere Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit sei auch aus diesem Grund zum Unfallzeitpunkt nicht mehr gegeben gewesen. Schließlich sei auch nicht bekannt, dass im Hotelzimmer eine besondere Gefahrenquelle vorhanden gewesen sei, der die Klägerin am Wohn- oder Betriebsort nicht begegnet wäre, so dass auch aus diesem Grund ein innerer Zusammenhang nicht bejaht werden könne.

Hiergegen hat die Klägerin vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten am 4. März 2016 Klage zum Sozialgericht Frankfurt erhoben. Zur Begründung lässt sie vortragen, dass es sich bei dem Unfall am 20. Juni 2015 um einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII gehandelt habe. Die Dienstreise habe erst mit Verlassen des Hotels am 20. Juni 2015 geendet. Der Unfall habe sich im Hotelzimmer ereignet, als sie von der Toilette zum Telefon habe gehen wollen, um ein Taxi zum Flughafen zu rufen. Im Hotelzimmer sei nach ihrer Erinnerung Parkett verlegt gewesen und sie sei mit dem linken Fuß weggeknickt, als sie am rechten Ende des Hotelbetts herumgegangen sei. Sie sei bei dem auswärtigen Aufenthalt im Hotel auch Gefahren ausgesetzt gewesen, denen sie zu Hause in dieser Form nicht ausgesetzt gewesen wäre. Zum einen habe es keinen Handlauf gegeben, an dem sie sich hätte festhalten können. Zum anderen bedeute Parkett ohne Teppich eine erhöhte Gefahr für sie aufgrund der Vorerkrankung. Nach der Rechtsprechung des BSG bestehe auch dann Versicherungsschutz, wenn durch den auswärtigen aufenthaltsbedingte Gefahren rechtlich wesentlich zum Unfall beigetragen hätten. Zwischen ihr und ihrem Arbeitgeber sei eindeutig bestimmt gewesen, dass die Dienstreise erst bei Verlassen des Hotels am 20. Juni 2015 ende, deshalb spiele es keine Rolle, ob die Klägerin nach dem Verlassen des Hotels eine urlaubsbedingte Reise habe antreten wollen. Das Rufen des Taxis sei dabei zum Verlassen des Hotels zwingend notwendig gewesen, da sie aufgrund ihrer Schwerbehinderung öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen könne.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 24. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Februar 2016 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 20. Juni 2015 um einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt hat.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrags verweist die Beklagte darauf, dass ein lückenloser Versicherungsschutz auch auf Geschäftsreisen nicht bestehe. Es komme vielmehr auch auf Geschäftsreisen auf eine rechtlich bedeutsame Beziehung zwischen der unfallbringenden Betätigung und der betrieblichen Tätigkeit am auswärtigen Dienstort an. Vorliegend müsse die Frage gestellt werden, ob die Dienstreise nicht bereits am 19. Juni 2015 beendet gewesen sei, da die Klägerin am nächsten Tag eine urlaubsbedingte Reise habe antreten wollen. Dies könne aber letztendlich dahinstehen, da jedenfalls das Aufsuchen des Hotelzimmers zur Nachtruhe eindeutig dem privaten Lebensbereich zuzurechnen sei und es sich auch bei dem Weg von der Toilette zum Telefon nicht um eine betriebsbedingte Tätigkeit gehandelt habe. Denn die Klägerin habe das Taxi rufen wollen, um ihre urlaubsbedingte Reise antreten zu können, so dass ein Versicherungsschutz in diesem Zusammenhang eindeutig nicht gegeben sei. Das Verlassen des Hotels wäre auch ohne Rufen des Taxis möglich gewesen, so dass das Taxi nur notwendig gewesen sei, um sich zu Mietwagenverleih fahren zu lassen. Der Aufenthalt im Hotelzimmer sei damit rein eigenwirtschaftlich gewesen und habe nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Auch habe keine besondere, vom üblichen abweichende Gefahrensituation bestanden, mit der der Versicherte nicht habe rechnen können. Denn bei gängigen baulichen Einrichtungen, mit deren Unfallrisiken der Versicherte regelmäßig vertraut sei, handle es sich nicht um besondere Gefahrenquellen. Dies gelte auch dann, wenn der Betroffene selbst nicht über eine derartige Einrichtung verfüge.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Frankfurt erhobene Klage ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Bei dem Unfall der Klägerin am 20. Juni 2015 hat es sich nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Diese Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; st. höchstrichterliche Rspr. vgl zuletzt BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 5/15 R - m. w. N.).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Die Klägerin hat mit dem Sturz im Hotelzimmer zwar einen Unfall und dadurch unstreitig einen Gesundheitserstschaden erlitten. Sie war auch als Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Ihre Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - der Gang zum Telefon, um ein Taxi rufen und das Gepäck aus dem Zimmer abholen zu lassen - stand aber nicht in einem sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit.

Ähnlich wie bei Wegen (vgl. BSG, Urteil vom 4. September 2007 - B 2 U 24/06 R -) sind hierbei zwei Prüfungsschritte zu unterscheiden: die Zurechnung der Reise zu der grundsätzlich versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3 SGB VII und, wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, die Zurechnung der Verrichtung zur Zeit des Unfalls zu dieser unter Versicherungsschutz stehenden Dienstreise (BSG, Urteil vom 18. November 2008 B 2 U 31/07 R -).

Die Zurechnung der Reise zur Teilnahme an der Konferenz in C-Stadt zum Beschäftigungsverhältnis der Klägerin nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ist insoweit vorliegend eindeutig. Der zweite Prüfungsschritt ist jedoch nicht erfüllt, weil der Gang zum Telefon im Hotelzimmer als die Verrichtung, bei der sich der Unfall ereignete, nicht im sachlichen Zusammenhang mit dieser Dienstreise und der ihr zugrunde liegenden versicherten Tätigkeit stand.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist auch bei Dienstreisen zwischen Betätigungen zu unterscheiden, die mit dem Beschäftigungsverhältnis wesentlich zusammenhängen, und solchem Verhalten, das der Privatsphäre des Reisenden zugehörig ist. So gibt es gerade bei längeren Reisen im Ablauf der einzelnen Tage in der Regel Verrichtungen, die mit der Tätigkeit für das Unternehmen bzw. den Dienstherren wesentlich im Zusammenhang stehen, und andere, bei denen dieser Zusammenhang in den Hintergrund tritt oder gänzlich fehlt. Kein Versicherungsschutz besteht, wenn sich der Versicherte rein persönlichen, von der grundsätzlich versicherten Tätigkeit nicht mehr beeinflussten Belangen widmet (zu allem BSG, Urteil vom 18. November 2008, a. a. O.).

Versicherter im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestands der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese innere Tatsache der subjektiven Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten wird als "Handlungstendenz" bezeichnet. Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestands, soweit die Intention objektiviert ist (sog. objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung reicht hingegen nicht (zur Handlungstendenz zuletzt BSG, Urteil vom 5. Juli 2016, a. a. O.; Urteil vom 17. Dezember 2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 55 RdNr 14 m.w.N.; Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 52 RdNr 14 m.w.N.; Urteil vom 4. Juli 2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 50 RdNr 12 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 49 RdNr 18).

Im vorliegenden Fall kann nach Auffassung der Kammer dahinstehen, ob die offizielle Dienstreise der Klägerin bereits am 19. Juni 2015 mit dem Abschluss der Konferenz bzw. dem noch anschließenden Dienstgespräch geendet hat (weil die Klägerin ab dem Folgetag eine private Reise an Ihre Dienstreise anschließen wollte) oder sich die Klägerin am Unfalltag noch auf ihrer offiziellen Dienstreise befand. Denn zur Überzeugung des Gerichts stand jedenfalls die konkrete Verrichtung der Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit der Dienstreise.

Die Klägerin ist verunfallt, als sie ihr Hotelzimmer in Richtung des Telefons durchquerte, um die Rezeption anzurufen, welche der Klägerin ein Taxi rufen und ihr Gepäck aus dem Zimmer abholen sollte. Das Taxi sollte die Klägerin zum Mietwagenverleih am Flughafen bringen, bei welchem die Klägerin das für ihre private Reise gebuchte Auto abholen wollte. Die Taxifahrt wäre mithin eine unversicherte Privatfahrt der Klägerin gewesen. Diese Tatsache führt dazu, dass auch das Rufen des Taxis bzw. der Anruf bei der Rezeption, um ein Taxi rufen zu lassen eine private Besorgung der Klägerin war. Damit war die Handlungstendenz der Klägerin bei dem Gang durch das Hotelzimmer zum Telefon privater Natur, denn die Klägerin hat sich bei der unfallbringenden Verrichtung ausschließlich privaten Belangen gewidmet. Ein sachlicher Zusammenhang mit der von der Klägerin bis dahin unterhaltenen Dienstreise nach C-Stadt bestand somit nicht mehr.

Ein solcher Zusammenhang kann auch nicht durch die Annahme einer besonderen Betriebsgefahr am Aufenthaltsort wegen des im Hotelzimmer verlegten Parketts oder der dort fehlenden Handläufe begründet werden.

Ein rechtlich wesentlicher innerer Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit kann nach der ständigen Rechtsprechung des BSG dadurch begründet werden, dass der Reisende gezwungen ist, sich bei seiner privaten Lebensgestaltung am Aufenthaltsort Risiken auszusetzen, die ihm während seines normalen Verweilens am Wohn- oder Beschäftigungsort nicht begegnet wären (vgl BSGE 39, 180, 181 = SozR 2200 § 548 Nr. 7 S 15; BSG SozR 2200 § 539 Nr. 110 S 306; BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 17 S 65; BSG, Urteil vom 29. August 1974 - 2 RU 189/72 - USK 74128).

Das BSG (Urteil vom 18. März 2008 - B 2 U 13/07 R -) führt hierzu folgendes aus:

"Eine am Ort der auswärtigen Beschäftigung bestehende Gefahrenquelle ist allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Erforderlich ist zum einen, dass sie sich bei solchen privaten Verrichtungen des täglichen Lebens auswirkt, die auch während einer Dienst- oder Geschäftsreise zwangsläufig anfallen, mit der Folge, dass sich der Versicherte der Gefährdung nicht entziehen kann. Ein betrieblicher Bezug ist deshalb gegeben, wenn besondere gefahrbringende Umstände am Ort des Dienstgeschäfts Unfälle beispielsweise bei der Nachtruhe, der Körperreinigung oder der Nahrungsaufnahme einschließlich der damit zusammenhängenden Wege verursachen (Beispiele: BSGE 8, 48 = SozR Nr. 13 zu § 542 RVO a.F.: Riss des Fahrstuhlseils auf dem Weg zur Nachtruhe; BSG SozR Nr. 3 zu § 548 RVO: Sturz aus einem ungesicherten Hotelfenster während einer Unterbrechung der Nachtruhe; BSG SozR Nr. 5 zu § 548 RVO: Sturz aus dem Schlafwagen des für eine Dienstreise benutzten Nachtzuges wegen Verwechslung der Toilettentür mit der Außentür; BSG, Urteil vom 22. Oktober 1975 - 8 RU 148/74 - USK 75123: Ausrutschen auf glattem Boden beim Ankleiden im Hotel; ähnlich: BSG SozR 2200 § 539 Nr. 72: Sturz eines Krankenhauspatienten beim Versuch, die Füße in einem zu hoch angebrachten Waschbecken zu waschen; BSG, Urteil vom 12. Mai 1981 - 2 RU 7/80 - USK 81106: Sturz eines Krankenhauspatienten beim Verstellen der Lautstärke eines an der Wand hoch angebrachten Fernsehgeräts). Dagegen begründen Gefährdungen, denen sich der Reisende bei privaten Unternehmungen am Aufenthaltsort freiwillig aussetzt, keinen Versicherungsschutz (Beispiele: BSGE 39, 180 = SozR 2200 § 548 Nr. 7: Sprung vom Dreimeterbrett des Hotelswimmingpools; BSG SozR 2200 § 539 Nr. 110: Absturz bei einem privaten Spaziergang im Gebirge; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 21: Verkehrsunfall beim Besuch des Oktoberfestes). [ ]

Weitere Voraussetzung für die Annahme eines betrieblichen Zusammenhangs ist, dass es sich um eine Gefahrenquelle handelt, die in ihrer besonderen Eigenart dem Versicherten am Wohn- oder Betriebsort nicht begegnet wäre (BSG SozR Nr. 3 und Nr. 5 zu § 548 RVO; SozR 2200 § 539 Nr. 110 S 306; SozR 3-2200 § 539 Nr. 17). Diese in verschiedenen Urteilen des BSG verwendete Formulierung wird vom Berufungsgericht missverstanden, wenn es auf die konkreten Wohn- und Arbeitsverhältnisse des jeweiligen Versicherten abstellt und den Versicherungsschutz davon abhängig macht, ob in dessen Wohnung oder an dessen Arbeitsplatz die gleiche Einrichtung existiert, die am Dienstort den Unfall verursacht hat. Da sich die Verhältnisse am Wohn- und Arbeitsort und am auswärtigen Dienstort praktisch nie vollkommen gleichen, hätte eine solche Betrachtungsweise zur Folge, dass Versicherte auf Geschäftsreisen über die Figur der dienstreisespezifischen Unfallgefahr einen weitgehenden Versicherungsschutz auch bei privaten Verrichtungen genießen würden. Das ist indes mit der Rechtsprechung zum erweiterten Versicherungsschutz auf Dienstreisen nicht bezweckt.

Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist die Überlegung, dass ein Unfall, der sich bei einer dem persönlichen Lebensbereich zugehörigen und deshalb an sich unversicherten Tätigkeit ereignet, dennoch ausnahmsweise einen betrieblichen Bezug aufweisen kann, wenn er durch eine gefährliche Einrichtung ausgelöst wird, die zu benutzen der Versicherte wegen des auswärtigen Dienstgeschäfts gezwungen ist. Die damit verbundene Ausweitung des Versicherungsschutzes hat jedoch Ausnahmecharakter; sie ist nur gerechtfertigt, soweit sich die aus der Dienstreise erwachsenden Unfallgefahren nach Art und Ausmaß von den vielfältigen alltäglichen Risiken abheben, denen jeder Mensch auch in seinem gewohnten Lebensumfeld ausgesetzt ist. Demgemäß hat das BSG wiederholt zum Ausdruck gebracht, es bedürfe in solchen Fällen einer besonderen, vom Üblichen abweichenden Gefahrensituation, mit der der Betreffende nicht habe rechnen können. So ist etwa eine unbeleuchtete Stufe auf dem Gelände einer beruflichen Bildungsstätte nicht als besonderer Gefahrenherd angesehen worden, weil dem Verunglückten das Gelände bekannt gewesen sei und es sich deshalb nicht um ein einer fremden Umgebung eigentümliches Unfallrisiko gehandelt habe (BSG, Urteil vom 26. Januar 1983 - 9b/8 RU 38/81 - Lauterbach UV § 548 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11345 = HVGBG RdSchr VB 38/83). Ebenso hat der Senat Unfälle beim - wegen einer Erkrankung notwendigen - Saunabesuch oder beim Duschen während eines auswärtigen Arbeitseinsatzes nicht als Arbeitsunfall anerkannt, weil die latent vorhandene Gefahr, auf nassen Fliesen in Saunabädern oder Duschräumen auszurutschen, allgemein bekannt sei und deshalb die Annahme einer besonderen Gefahrenquelle am Ort der Dienstreise nicht gerechtfertigt sei (Urteile vom 27. Juli 1989 - 2 RU 3/89 - SozR 2200 § 548 Nr. 95 und vom 4. Juni 2002 - B 2 U 21/01 R - USK 2002-79). Maßgebend war, dass es sich um gängige bauliche Einrichtungen handelte, deren Unfallrisiken regelmäßig auch solchen Versicherten vertraut sind, die in ihrer Wohnung nicht selbst über eine Dusche oder eine Sauna verfügen."

Unter Beachtung dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung kann die Klägerin sich vorliegend nicht auf eine besondere Betriebsgefahr in ihrem Hotelzimmer wegen des rutschigen Parkett bzw. der fehlenden Handläufe an der Wand berufen. Denn verlegtes Parkett entspricht der normalen Einrichtung eines Zimmers, so dass auch die hieraus erwachsende Unfallgefahr (Ausrutschen) nach Art und Ausmaß einem alltäglichen Risiko entspricht. Gleiches gilt für die fehlenden Handläufe an der Wand, zumal die Klägerin in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben hat, dass auch in ihrer Wohnung keine Handläufe zum ständigen Festhalten an der Wand angebracht sein. Jedenfalls entspricht es der üblichen Einrichtung eines normalen Wohn-/Schlafzimmers oder auch Hotels, dass sich an der Wand keine Handläufe befinden, so dass aus deren Fehlen keine besondere Betriebsgefahr hergeleitet werden kann.

Im Ergebnis hat die Beklagte somit zutreffend festgestellt, dass es sich bei dem Unfall der Klägerin am 20. Juli 2015 nicht um einen versicherten Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII gehandelt hat. Der Bescheid der Beklagten vom 24. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2016 erweist sich damit als rechtmäßig, so dass die Klage abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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