L 8 SO 135/13

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 21 SO 49/13
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 135/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Klage auf Unterhalt nach der Haager Landkriegsordnung
Antrag, Widerspruch und Klage auf Unterhalt nach der Haager Landkriegsordnung sind offensichtlich rechtsmissbräuchlich und daher mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 6. November 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der auch unter dem Namen " B." auftretende Kläger wurde am 11.12.2012 beim Jobcenter C ... vorstellig. Er legte den dortigen Mitarbeitern einen selbst verfassten "Antrag auf Sozialgeld" vor, in dem er mitteilte. dass er in D ..., Straße seinen Wohnsitz habe. Er habe seit dem 17.01.2012 seinen Personenstand geändert und seine Staatsangehörigkeitserklärung abgegeben. Daraus ergebe sich, dass er wegen Nichtzuständigkeit der Stadtverwaltung E ... dort unangemeldet bleibe. Er sei als Bürger und natürliche Person bei dem unter der gleichen Anschrift errichteten Außenministerium des bei den Vereinten Nationen (UN) angemeldeten Staates Freies Deutschland angemeldet. Da das Jobcenter momentan die Verwaltungsaufgaben für die Besatzungsmächte als Usurpator des nicht untergegangenen Deutschen Reiches ausübe, sei es der Anlaufpunkt für diesen Antrag. Beigefügt war ein "Antrag auf Zahlung von Unterhalt nach HLKO, Kapitel II Artikel 7", mit dem der Kläger unter Berufung auf die Haager Landkriegsordnung (HLKO) geltend machte, den Verwaltungsorganen der Bundesrepublik Deutschland seit dem 07.09.2012 exterritorial gegenüberzustehen. Da das Deutsche Reich nicht untergegangen sei, sei er weiterhin Kriegsgefangener. Ihm stehe deshalb Sozialgeld in Höhe des geringsten Soldes zu, der einem Bediensteten der Truppe der Bundesrepublik Deutschland gezahlt werde. Dies seien nach der Besoldungsgruppe A 2 1.744,80 EUR monatlich. Dem Antrag fügte der Kläger einen selbst erstellten "Personenausweis" bei, dem zufolge er unter dem Namen "A " am 1966 in F. geboren worden ist. Das Jobcenter forderte den Kläger mit Schreiben vom 19.12.2012 zum Ausfüllen eines formularmäßigen Antrags auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) auf. Nachdem keine weiteren Unterlagen eingegangen waren, lehnte es den Antrag mit Bescheid vom 07.01.2013 ab. Parallel dazu war der Kläger am 03.01.2013 beim Beklagten vorstellig geworden und hatte dort eine Kopie des zuvor beim Jobcenter abgegeben Antrags eingereicht. Dies hatte er damit begründet, dass die Mitarbeiter des Jobcenters ihm gesagt hätten, der Antrag werde an das Sozialamt des Beklagten weitergeleitet. Das Jobcenter und der Beklagte nahmen daraufhin am 21.01.2013 telefonisch Rücksprache. Dabei teilte der Geschäftsführer des Jobcenters dem Beklagten mit, dass die Anträge jeweils in eigener Zuständigkeit weiter zu bearbeiten und nicht weiterzuleiten seien. Eine Entscheidung des Beklagten erging in der Folge nicht mehr. Dies begründete der Beklagte in den Akten damit, dass das Jobcenter den Antrag des Klägers bereits in eigener Verantwortung bearbeite. Am 04.03.2013 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) Klage gegen den als "Firma Stadt Zwickau" und näher als Sozialamt des Landratsamts Zwickau bezeichneten Beklagten erhoben, auf den am 03.01.2013 dort gestellten Antrag hingewiesen und erklärt, dass er ausdrücklich Unterhalt nach der HLKO und nicht Sozialhilfe beantragt habe. Da der Beklagte dem Antrag nicht widersprochen habe, sei dieser in Rechtskraft erwachsen. Das SG hat die Klage als Rechtsstreit gegen den Beklagten erfasst und nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid vom 06.11.2013 abgewiesen. Eine Firma Stadt Zwickau gebe es nicht. Soweit sich die Klage gegen den Beklagten als Gebietskörperschaft Landkreis Zwickau richte, sei sie unzulässig, weil der Kläger ein Recht behaupte, das ihm unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt zustehe. Der Kläger habe damit auch keinen Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsakts, so dass die Untätigkeitsklage rechtsmissbräuchlich sei. Auch der gestellte Antrag, festzustellen, dass der Antrag auf Unterhalt nach der HLKO Rechtskraft erlangt hat, sei unzulässig. Gegen den am 12.11.2013 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12.12.2013 unter Angabe des Namens " A ..." und der Anschrift " ..., Straße." Berufung an das Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er beantragt, den Gerichtsbescheid des SG vom 06.11.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm gegenüber einen Bescheid über die Zahlung von Unterhalt nach der HLKO zu erlassen und festzustellen, dass der Antrag vom 03.01.2013 am 17.01.2013 gegenüber dem Beklagten Rechtskraft erlangt hat. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Aus der beigezogenen Akte des Jobcenters C ergibt sich, dass der Kläger auch den Namen B. führt und über sein Vermögen am 12.12.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

Dem Kläger konnte während des Berufungsverfahrens die Post des LSG unter der von ihm angegebenen Anschrift in der. Straße in D ... weder unter dem Namen " A ..." noch unter dem Namen "B." zugestellt werden, da der dortige Briefkasten unbeschriftet und der Kläger als Adressat dort nicht zu ermitteln ist. Abfragen beim Einwohnermeldeamt unter beiden Namen haben zu keinem Erfolg geführt, der Kläger ist unter der genannten Anschrift nicht zu ermitteln und eine andere Anschrift ist den Behörden nicht bekannt. Der Senat hat durch Beschluss vom 05.12.2016 die öffentliche Zustellung der Ladung des Klägers zur mündlichen Verhandlung am 19.01.2017 bewilligt.

Entscheidungsgründe:

1. Der Senat konnte im Streitfall aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil entscheiden, obwohl der Kläger in der Verhandlung nicht erschienen und auch nicht durch einen Bevollmächtigten vertreten ist. Der Kläger ist in der Ladung zum Termin darauf hingewiesen worden, dass im Falle seines Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann (§ 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Der Kläger ist auch zum Termin am 19.01.2017 durch Ladungsverfügung vom 07.12.2016, öffentlich zugestellt durch Aushang an der Gerichtstafel vom 07.12.2016 bis zum 10.01.2017, ordnungsgemäß geladen worden. Die öffentliche Zustellung der Ladungsverfügung war zulässig, weil der Kläger unter der von ihm angegebenen Anschrift nicht ermittelt werden konnte und alle anderen Bemühungen des Senats, seinen Aufenthaltsort zu ermitteln, erfolglos geblieben sind. 2. Die Berufung ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt, da Zahlungen von monatlich mindestens 1.744,80 EUR streitig sind, den in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG genannten Betrag von 750,00 EUR. Die Berufung ist auch im Übrigen form- und fristgerecht eingelegt worden. 3. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unzulässig, da ihr das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Beim Rechtsschutzinteresse als Voraussetzung jeder Rechtsverfolgung ist darauf abzustellen, ob angesichts der besonderen Umstände des Falls eine Klage nicht erforderlich oder aus anderen Gründen unnütz oder das Klageziel nicht erreichbar ist. Letzteres ist hier der Fall. Die Beklagte brauchte weder den Antrag noch einen etwaigen Widerspruch verbescheiden, weil Antrag, Widerspruch und Klage offensichtlich rechtsmissbräuchlich sind. Denn der Kläger vermag unter keinem denkbaren Aspekt einen Unterhaltsanspruch nach der HLKO geltend zu machen. Ein sein Begehren stützender materiell-rechtliche Anspruch scheidet offensichtlich und unter jedem denkbaren Gesichtspunkt aus. Die HLKO ist Teil des humanitären Völkerrechts und begründet keinerlei subjektive Rechte, auf die der Kläger sich gegenüber einem Träger öffentlicher Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland berufen könnte. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sieht der Senat nicht.

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Rechtskraft
Aus
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