Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AL 125/02
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AL 178/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.06.2003 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 14.05.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2003 und des Teilanerkenntnisses vom 07.04.2004 wird abgewiesen. Die Klägerin trägt 90 % der Kosten auch für das Berufungsverfahren. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 25.418,71 Euro. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Arbeitslosengeld gemäß § 147 a Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) bezüglich des ehemaligen Arbeitnehmers der Klägerin Jürgen G für die Zeit vom 01.05.2001 bis 18.04.2002 in Höhe von insgesamt 22.850,98 Euro.
Der am 00.00.1941 geborene G war bei der Klägerin vom 01.10.1970 bis 30.04.2001 versicherungspflichtig als Lithograph beschäftigt. Herr G war zu 30 % schwerbehindert und einem Schwerbehinderten gleichgestellt. Mit Schreiben vom 28.07.2000 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis wegen Wegfall des Arbeitsplatzes zum 28.02.2001. Mit Schreiben vom 27.07.2000 beantragte die Klägerin bei der Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Fürsorgestelle schlug vor, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Daraufhin wurde das Arbeitsverhältnis mit Herrn G durch Aufhebungsvertrag vom 20.09.2000 einvernehmlich zum 30.04.2001 beendet. Der Aufhebungsvertrag enthält unter Ziffer 8 die Klausel, dass alle bei der Hauptfürsorgestelle gestellten Anträge auf Zustimmung zur Kündigung durch diese Vereinbarung gegenstandslos geworden seien.
Herr G meldete sich mit Wirkung zum 01.05.2001 bei der Beklagten ohne weitere Einschränkungen arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld, welches ihm die Beklagte ab 01.05.2001 bis 30.05.2002 in Höhe von zunächst 543,31 DM wöchentlich für maximal 960 Leistungstage bewilligte. Nach einer kurzen Unterbrechung bezog Herr G dann wieder ab 06.06.2002 Arbeitslosengeld. Die Beklagte nahm eine Sperrzeit für Herrn G nicht an, weil die Kündigungsfrist eingehalten worden sei und wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes ein wichtiger Grund für den Aufhebungsvertrag anzuerkennen sei.
Nach vorheriger Anhörung forderte die Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 25.10.2001, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 16.05.2002, die Erstattung des zwischen dem 01.05. und 31.08.2001 an Herrn G gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 9.548,49 DM nebst Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 6.468,82 DM, insgesamt 16.017,31 DM (= 8.189,52 Euro).
Hiergegen hat die Klägerin am 27.05.2003 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Zur Begründung trug sie vor: Sie berufe sich ausdrücklich nur darauf, dass sie nicht zur Erstattung gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 4 a SGB III verpfichtet sei, denn der Aufhebungsvertrag sei auf Veranlassung der Hauptfürsorgestelle geschlossen worden und daher einer sozial gerechtfertigten Kündigung gleichzustellen. Dabei sei auch das besondere Kündigungsschutzverfahren behinderter Menschen zu berücksichtigen. Die Hauptfürsorgestelle - heute das Integrationsamt - habe in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken und hätte der Kündigung des Herrn G auch zustimmen müssen, da der betroffene Betriebsteil, in dem Herr G beschäftigt gewesen sei, geschlossen worden sei.
Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 25.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2001 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf die Ausführungen ihrer angefochtenen Bescheide bezogen und ergänzend vorgetragen, auch das besondere Kündigungsschutzverfahren behinderter Menschen begründe den Befreiungstatbestand des § 147 a Abs. 1 Nr. 4 SGB III nicht begründe.
Mit Urteil vom 26.06.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klägerin sei gemäß § 147 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III zur Erstattung verpflichtet sei, weil ein Befreiungstatbestand nicht vorliege. Das Arbeitsverhältnis sei nicht durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung, sondern durch einen Aufhebungsvertrag beendet worden. Auch der Umstand, dass der Aufhebungsvertrag auf Veranlassung der Hauptfürsorgestelle abgeschlossen worden sei, führe nicht zu einer anderen Entscheidung. Auch bei einer solchen Fallgestaltung sei das Arbeitsverhältnis nicht durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung beendet worden. Wegen des genauen Wortlauts der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 16.07.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 24.07.2003 eingegangene Berufung der Klägerin. Sie weist darauf hin, dass die Kündigung des Herrn G sozial gerechtfertigt gewesen sei, weil der Arbeitsplatz ersatzlos weggefallen sei und dem Herrn G kein anderer Arbeitsplatz hätte angeboten werden können. Auch eine Umschulung des Herrn G auf einen neuen Arbeitsplatz sei nicht möglich gewesen. Bei Durchführung des Zustimmungsverfahrens hätte die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zur Kündigung erteilen müssen. Wenn dann nach Prüfung dieser Voraussetzungen die Hauptfürsorgestelle einen Vergleich vorschlage, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber dann auch abschließen, widerspreche es Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmungen des damals geltenden § 17 Abs. 3 Schwerbehindertengesetz und sämtlichen Geboten der Fairness, dem Arbeitgeber vorzuhalten, er habe gar nicht wirksam gekündigt, sondern einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den Wirkungen von Aufhebungsverträgen könne in einem solchen Fall nicht bedenkenlos übernommen werden.
Während des Verfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 14.05.2003, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 29.08.2003, eine weitere Erstattung in Höhe von 17.229,19 Euro für die Zeit vom 01.09.2001 bis zum 30.05.2002 an Arbeitslosengeld und Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträgen gefordert. Auf Hinweis des Senats hin hat die Beklagte am 07.04.2004 die Erstattung auf die Zeit bis zum 18.04.2002 begrenzt, was rechnerisch eine Reduzierung um 2.567,73 Euro auf 14.661,46 Euro bedeutet. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass sie eine Einbeziehung dieser Bescheide und des Teilanerkenntnisses nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wünschen. Damit ergibt sich noch eine streitige Forderung von 8.189,52 Euro + 14.661,46 Euro = 22.850,98 Euro.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.06.2003 zu ändern und den Bescheid vom 25.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2001 sowie den Bescheid vom 14.05.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2003, dieser in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 07.04.2004, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen, soweit sie über das Teilanerkenntnis hinausgehe.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil und den im Berufungsverfahren erlassenen Bescheid für zutreffend, soweit er noch streitig sei. Sie verweist auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) zur Wirkung von Aufhebungsverträgen, insbesondere auf die Entscheidungen vom 07.02.2002 - B 7 AL 102/00 R - und vom 16.10.2003 - B 11 AL 1/03 R -, die ihre Rechtsauffassung bestätigten. Der Umstand, dass der Aufhebungsvertrag auf Veranlassung der Hauptfürsorgestelle geschlossen worden sei, könne zu keiner anderen Beurteilung führen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin und den Arbeitnehmer G betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Nicht begründet ist ebenfalls die Klage gegen den Bescheid vom 14.05.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2003, dieser in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 07.04.2004. Die Beklagte fordert zu Recht für die Zeit vom 01.05.2001 bis 18.04.2002 von der Klägerin die Erstattung von 22.850,98 Euro für an Herrn G gezahltes Arbeitslosengeld inklusive Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung.
Der Bescheid vom 14.05.2003 - nicht wie vom Sozialgericht irrtümlich angenommen vom 25.06.2002 - in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2003 ist nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. BSG vom 22.01.1999 - 11 RAr 61/97 - mit weiteren Nachweisen).
Die Voraussetzungen für eine Erstattung nach § 147 a Abs. 1 SGB III liegen vor. Herr G hat innerhalb der Rahmenfrist vor dem 01.05.2001 mindestens 24 Monate in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung bei der Klägerin gestanden und ist am 18.01.1999 58 Jahre alt geworden. Soweit Arbeitslosengeld zu erstatten ist, schließt dies die auf diese Leistung entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung ein, § 147 a Abs. 4 SGB III.
Die Klägerin ist entgegen ihrer Auffassung auch nicht gemäß § 147 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III von der Erstattung entbunden, weil sie das Arbeitsverhältnis nicht durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung beendet hat. Das Arbeitsverhältnis des Herrn G ist durch den Aufhebungsvertrag vom 20.09.2000 beendet worden. In diesem Vertrag wird in Ziffer 8 ausdrücklich festgelegt, dass mit dieser Vereinbarung alle bei der Hauptfürsorgestelle gestellten Anträge auf Zustimmung zur Kündigung gegenstandslos geworden seien. Die gegenüber Herrn G ausgesprochene Kündigung vom 28.07.2000 war ohnehin mangels Zustimmung der Hauptfürsorgestelle unwirksam. Das eingeleitete Zustimmungsverfahren ist ausdrücklich für gegenstandslos erklärt worden. Damit liegt keine Kündigung vor, die daraufhin überprüft werden könnte, ob sie sozial gerechtfertigt gewesen wäre. Das Arbeitsverhältnis ist vielmehr konstitutiv durch den Aufhebungsvertrag beendet worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfüllt ein Aufhebungsvertrag den Befreiungstatbestand des § 147 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III nicht (vgl. Urteil des BSG vom 16.10.2003 - B 11 AL 1/03 R - mit weiteren Nachweisen). Dieser inzwischen gefestigten Rechtsprechung beider Senate des BSG schließt sich der erkennende Senat an. Unerheblich ist, dass die Klägerin berechtigt war, das Arbeitsverhältnis durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung zu beenden. Hiervon geht der Senat aufgrund der Angaben der Klägerin aus. Der übereinstimmende Wille der Parteien des Aufhebungsvertrages, diese Vereinbarung zum alleinigen Rechtsgrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu machen, folgt aus dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 8 dieses Aufhebungsvertrages. Das BSG hat in der zitierten Entscheidung vom 16.10.2003 ausdrücklich festgestellt, die Auffassung sei unzutreffend, dass ein Aufhebungsvertrag eine bereits ausgesprochene Kündigung nur dann gegenstandslos machen könne, wenn die Kündigung ausdrücklich zurückgenommen werde. Dann gilt dies erst recht, wenn zuvor überhaupt keine rechtlich wirksame Kündigung ausgesprochen worden ist. Die Kündigung vom 28.07.2000 war unwirksam mangels Zustimmung der Hauptfürsorgestelle und der Antrag auf Zustimmung vom 27.07.2000 ist ausdrücklich zurückgenommen worden.
Die Auffassung des Klägers, der vorliegende Fall sei mit dem vom BSG entschiedenen Fall nicht vergleichbar, teilt der Senat nicht. Im Fall des BSG war eine formal wirksame Kündigung durch eine Aufhebungsvereinbarung ersetzt worden, dort auf Betreiben des Arbeitsgerichts hin. Dann muss dies erst recht gelten, wenn eine formal unwirksame Kündigung auf Vorschlag der Hauptfürsorgestelle mit einer Aufhebungsvereinbarung beendet wird. Dem Senat erschließt sich nicht, einen Unterschied darin zu machen, ob das Arbeitsgericht oder die Hauptfürsorgestelle auf eine gütliche Einigung hinwirkt.
Der Höhe nach ist die Erstattungsforderung mit 22.850,98 Euro begründet. Der Senat verweist auf die Berechnungen in den Bescheiden vom 25.10.2001 und vom 14.05.2003 (Bl. 19/20 und 64/65 der Leistungsakten der Beklagten), die für zutreffend gehalten werden. Aufgrund des Teilanerkenntnisses vom 07.04.2004 war von der Erstattungsforderung von 17.229,19 Euro für die Zeit vom 19.04. bis 30.05.2001 ein Betrag von 2.567,73 Euro abzuziehen. Berechtigt für die Zeit vom 01.04. bis 18.04.2002 waren lediglich folgende Erstattungsbeträge: 599,40 Euro für Arbeitslosengeld, 205,82 Euro für Krankenversicherungsbeiträge, 24,13 Euro für Pflegeversicherung und 271,11 Euro für Rentenversicherung. Dies ergibt für die Zeit vom 01.04. bis 18.04. eine berechtigte Erstattungsforderung in Höhe von 1.100,46 Euro. Damit war die geforderte Summe von 17.229,19 Euro um 2.567,73 Euro zu kürzen, so dass noch ein Erstattungsbetrag von 22.850,98 Euro verbleibt.
Gesichtspunkte für eine weitere Reduzierung der Erstattungspflicht liegen nicht vor. Insbesondere war Arbeitslosengeld nicht wegen Eintritts einer Sperrzeit um 12 Wochen zu verkürzen. Herr G war eine sozialgerechtfertigte Kündigung angedroht worden. In einem solchen Fall kann sich der Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz SGB III berufen, der eine Sperrzeit nicht eintreten lässt (BSG in SozR 3 - 4300 § 144 Nr. 8).
Bei der Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz hat der Senat berücksichtigt, dass die Beklagte den geforderten Erstattungsbetrag reduziert hat. Im Übrigen beruhen die Kostenentscheidung und der Streitwertbeschluss auf § 197 a SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG nicht vorliegen. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des BSG ab, sondern hat sie im Gegenteil zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Arbeitslosengeld gemäß § 147 a Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) bezüglich des ehemaligen Arbeitnehmers der Klägerin Jürgen G für die Zeit vom 01.05.2001 bis 18.04.2002 in Höhe von insgesamt 22.850,98 Euro.
Der am 00.00.1941 geborene G war bei der Klägerin vom 01.10.1970 bis 30.04.2001 versicherungspflichtig als Lithograph beschäftigt. Herr G war zu 30 % schwerbehindert und einem Schwerbehinderten gleichgestellt. Mit Schreiben vom 28.07.2000 kündigte die Klägerin das Arbeitsverhältnis wegen Wegfall des Arbeitsplatzes zum 28.02.2001. Mit Schreiben vom 27.07.2000 beantragte die Klägerin bei der Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Fürsorgestelle schlug vor, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Daraufhin wurde das Arbeitsverhältnis mit Herrn G durch Aufhebungsvertrag vom 20.09.2000 einvernehmlich zum 30.04.2001 beendet. Der Aufhebungsvertrag enthält unter Ziffer 8 die Klausel, dass alle bei der Hauptfürsorgestelle gestellten Anträge auf Zustimmung zur Kündigung durch diese Vereinbarung gegenstandslos geworden seien.
Herr G meldete sich mit Wirkung zum 01.05.2001 bei der Beklagten ohne weitere Einschränkungen arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld, welches ihm die Beklagte ab 01.05.2001 bis 30.05.2002 in Höhe von zunächst 543,31 DM wöchentlich für maximal 960 Leistungstage bewilligte. Nach einer kurzen Unterbrechung bezog Herr G dann wieder ab 06.06.2002 Arbeitslosengeld. Die Beklagte nahm eine Sperrzeit für Herrn G nicht an, weil die Kündigungsfrist eingehalten worden sei und wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes ein wichtiger Grund für den Aufhebungsvertrag anzuerkennen sei.
Nach vorheriger Anhörung forderte die Beklagte von der Klägerin mit Bescheid vom 25.10.2001, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 16.05.2002, die Erstattung des zwischen dem 01.05. und 31.08.2001 an Herrn G gezahlten Arbeitslosengeldes in Höhe von 9.548,49 DM nebst Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 6.468,82 DM, insgesamt 16.017,31 DM (= 8.189,52 Euro).
Hiergegen hat die Klägerin am 27.05.2003 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Zur Begründung trug sie vor: Sie berufe sich ausdrücklich nur darauf, dass sie nicht zur Erstattung gemäß § 147 Abs. 1 Nr. 4 a SGB III verpfichtet sei, denn der Aufhebungsvertrag sei auf Veranlassung der Hauptfürsorgestelle geschlossen worden und daher einer sozial gerechtfertigten Kündigung gleichzustellen. Dabei sei auch das besondere Kündigungsschutzverfahren behinderter Menschen zu berücksichtigen. Die Hauptfürsorgestelle - heute das Integrationsamt - habe in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken und hätte der Kündigung des Herrn G auch zustimmen müssen, da der betroffene Betriebsteil, in dem Herr G beschäftigt gewesen sei, geschlossen worden sei.
Vor dem Sozialgericht hat die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 25.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2001 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich zur Begründung auf die Ausführungen ihrer angefochtenen Bescheide bezogen und ergänzend vorgetragen, auch das besondere Kündigungsschutzverfahren behinderter Menschen begründe den Befreiungstatbestand des § 147 a Abs. 1 Nr. 4 SGB III nicht begründe.
Mit Urteil vom 26.06.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klägerin sei gemäß § 147 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III zur Erstattung verpflichtet sei, weil ein Befreiungstatbestand nicht vorliege. Das Arbeitsverhältnis sei nicht durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung, sondern durch einen Aufhebungsvertrag beendet worden. Auch der Umstand, dass der Aufhebungsvertrag auf Veranlassung der Hauptfürsorgestelle abgeschlossen worden sei, führe nicht zu einer anderen Entscheidung. Auch bei einer solchen Fallgestaltung sei das Arbeitsverhältnis nicht durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung beendet worden. Wegen des genauen Wortlauts der Entscheidungsgründe wird auf den Inhalt des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 16.07.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 24.07.2003 eingegangene Berufung der Klägerin. Sie weist darauf hin, dass die Kündigung des Herrn G sozial gerechtfertigt gewesen sei, weil der Arbeitsplatz ersatzlos weggefallen sei und dem Herrn G kein anderer Arbeitsplatz hätte angeboten werden können. Auch eine Umschulung des Herrn G auf einen neuen Arbeitsplatz sei nicht möglich gewesen. Bei Durchführung des Zustimmungsverfahrens hätte die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zur Kündigung erteilen müssen. Wenn dann nach Prüfung dieser Voraussetzungen die Hauptfürsorgestelle einen Vergleich vorschlage, den Arbeitnehmer und Arbeitgeber dann auch abschließen, widerspreche es Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmungen des damals geltenden § 17 Abs. 3 Schwerbehindertengesetz und sämtlichen Geboten der Fairness, dem Arbeitgeber vorzuhalten, er habe gar nicht wirksam gekündigt, sondern einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu den Wirkungen von Aufhebungsverträgen könne in einem solchen Fall nicht bedenkenlos übernommen werden.
Während des Verfahrens hat die Beklagte mit Bescheid vom 14.05.2003, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 29.08.2003, eine weitere Erstattung in Höhe von 17.229,19 Euro für die Zeit vom 01.09.2001 bis zum 30.05.2002 an Arbeitslosengeld und Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträgen gefordert. Auf Hinweis des Senats hin hat die Beklagte am 07.04.2004 die Erstattung auf die Zeit bis zum 18.04.2002 begrenzt, was rechnerisch eine Reduzierung um 2.567,73 Euro auf 14.661,46 Euro bedeutet. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass sie eine Einbeziehung dieser Bescheide und des Teilanerkenntnisses nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wünschen. Damit ergibt sich noch eine streitige Forderung von 8.189,52 Euro + 14.661,46 Euro = 22.850,98 Euro.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.06.2003 zu ändern und den Bescheid vom 25.10.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2001 sowie den Bescheid vom 14.05.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2003, dieser in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 07.04.2004, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen, soweit sie über das Teilanerkenntnis hinausgehe.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil und den im Berufungsverfahren erlassenen Bescheid für zutreffend, soweit er noch streitig sei. Sie verweist auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) zur Wirkung von Aufhebungsverträgen, insbesondere auf die Entscheidungen vom 07.02.2002 - B 7 AL 102/00 R - und vom 16.10.2003 - B 11 AL 1/03 R -, die ihre Rechtsauffassung bestätigten. Der Umstand, dass der Aufhebungsvertrag auf Veranlassung der Hauptfürsorgestelle geschlossen worden sei, könne zu keiner anderen Beurteilung führen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der die Klägerin und den Arbeitnehmer G betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Nicht begründet ist ebenfalls die Klage gegen den Bescheid vom 14.05.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2003, dieser in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom 07.04.2004. Die Beklagte fordert zu Recht für die Zeit vom 01.05.2001 bis 18.04.2002 von der Klägerin die Erstattung von 22.850,98 Euro für an Herrn G gezahltes Arbeitslosengeld inklusive Beiträgen zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung.
Der Bescheid vom 14.05.2003 - nicht wie vom Sozialgericht irrtümlich angenommen vom 25.06.2002 - in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.08.2003 ist nach § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden (vgl. BSG vom 22.01.1999 - 11 RAr 61/97 - mit weiteren Nachweisen).
Die Voraussetzungen für eine Erstattung nach § 147 a Abs. 1 SGB III liegen vor. Herr G hat innerhalb der Rahmenfrist vor dem 01.05.2001 mindestens 24 Monate in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung bei der Klägerin gestanden und ist am 18.01.1999 58 Jahre alt geworden. Soweit Arbeitslosengeld zu erstatten ist, schließt dies die auf diese Leistung entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung ein, § 147 a Abs. 4 SGB III.
Die Klägerin ist entgegen ihrer Auffassung auch nicht gemäß § 147 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III von der Erstattung entbunden, weil sie das Arbeitsverhältnis nicht durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung beendet hat. Das Arbeitsverhältnis des Herrn G ist durch den Aufhebungsvertrag vom 20.09.2000 beendet worden. In diesem Vertrag wird in Ziffer 8 ausdrücklich festgelegt, dass mit dieser Vereinbarung alle bei der Hauptfürsorgestelle gestellten Anträge auf Zustimmung zur Kündigung gegenstandslos geworden seien. Die gegenüber Herrn G ausgesprochene Kündigung vom 28.07.2000 war ohnehin mangels Zustimmung der Hauptfürsorgestelle unwirksam. Das eingeleitete Zustimmungsverfahren ist ausdrücklich für gegenstandslos erklärt worden. Damit liegt keine Kündigung vor, die daraufhin überprüft werden könnte, ob sie sozial gerechtfertigt gewesen wäre. Das Arbeitsverhältnis ist vielmehr konstitutiv durch den Aufhebungsvertrag beendet worden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG erfüllt ein Aufhebungsvertrag den Befreiungstatbestand des § 147 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB III nicht (vgl. Urteil des BSG vom 16.10.2003 - B 11 AL 1/03 R - mit weiteren Nachweisen). Dieser inzwischen gefestigten Rechtsprechung beider Senate des BSG schließt sich der erkennende Senat an. Unerheblich ist, dass die Klägerin berechtigt war, das Arbeitsverhältnis durch eine sozial gerechtfertigte Kündigung zu beenden. Hiervon geht der Senat aufgrund der Angaben der Klägerin aus. Der übereinstimmende Wille der Parteien des Aufhebungsvertrages, diese Vereinbarung zum alleinigen Rechtsgrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu machen, folgt aus dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 8 dieses Aufhebungsvertrages. Das BSG hat in der zitierten Entscheidung vom 16.10.2003 ausdrücklich festgestellt, die Auffassung sei unzutreffend, dass ein Aufhebungsvertrag eine bereits ausgesprochene Kündigung nur dann gegenstandslos machen könne, wenn die Kündigung ausdrücklich zurückgenommen werde. Dann gilt dies erst recht, wenn zuvor überhaupt keine rechtlich wirksame Kündigung ausgesprochen worden ist. Die Kündigung vom 28.07.2000 war unwirksam mangels Zustimmung der Hauptfürsorgestelle und der Antrag auf Zustimmung vom 27.07.2000 ist ausdrücklich zurückgenommen worden.
Die Auffassung des Klägers, der vorliegende Fall sei mit dem vom BSG entschiedenen Fall nicht vergleichbar, teilt der Senat nicht. Im Fall des BSG war eine formal wirksame Kündigung durch eine Aufhebungsvereinbarung ersetzt worden, dort auf Betreiben des Arbeitsgerichts hin. Dann muss dies erst recht gelten, wenn eine formal unwirksame Kündigung auf Vorschlag der Hauptfürsorgestelle mit einer Aufhebungsvereinbarung beendet wird. Dem Senat erschließt sich nicht, einen Unterschied darin zu machen, ob das Arbeitsgericht oder die Hauptfürsorgestelle auf eine gütliche Einigung hinwirkt.
Der Höhe nach ist die Erstattungsforderung mit 22.850,98 Euro begründet. Der Senat verweist auf die Berechnungen in den Bescheiden vom 25.10.2001 und vom 14.05.2003 (Bl. 19/20 und 64/65 der Leistungsakten der Beklagten), die für zutreffend gehalten werden. Aufgrund des Teilanerkenntnisses vom 07.04.2004 war von der Erstattungsforderung von 17.229,19 Euro für die Zeit vom 19.04. bis 30.05.2001 ein Betrag von 2.567,73 Euro abzuziehen. Berechtigt für die Zeit vom 01.04. bis 18.04.2002 waren lediglich folgende Erstattungsbeträge: 599,40 Euro für Arbeitslosengeld, 205,82 Euro für Krankenversicherungsbeiträge, 24,13 Euro für Pflegeversicherung und 271,11 Euro für Rentenversicherung. Dies ergibt für die Zeit vom 01.04. bis 18.04. eine berechtigte Erstattungsforderung in Höhe von 1.100,46 Euro. Damit war die geforderte Summe von 17.229,19 Euro um 2.567,73 Euro zu kürzen, so dass noch ein Erstattungsbetrag von 22.850,98 Euro verbleibt.
Gesichtspunkte für eine weitere Reduzierung der Erstattungspflicht liegen nicht vor. Insbesondere war Arbeitslosengeld nicht wegen Eintritts einer Sperrzeit um 12 Wochen zu verkürzen. Herr G war eine sozialgerechtfertigte Kündigung angedroht worden. In einem solchen Fall kann sich der Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz SGB III berufen, der eine Sperrzeit nicht eintreten lässt (BSG in SozR 3 - 4300 § 144 Nr. 8).
Bei der Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz hat der Senat berücksichtigt, dass die Beklagte den geforderten Erstattungsbetrag reduziert hat. Im Übrigen beruhen die Kostenentscheidung und der Streitwertbeschluss auf § 197 a SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen hierfür gemäß § 160 Abs. 2 Ziffern 1 oder 2 SGG nicht vorliegen. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des BSG ab, sondern hat sie im Gegenteil zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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