Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 3089/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 6 AS 1900/16 RG
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind zwischen den Beteiligten nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt unter anderem, daß der Beklagte ihm 450,00 EUR für die Abwendung einer 30-tägigen Haft bewilligt.
Der Kläger bezieht Leistungen nach SGB II. Am 04. November 2014 beantragte er die Bewilligung von 450,00 EUR als Zuschuß, hilfsweise auch als Darlehen. Er sei zu einer Geldstrafe von 450,00 EUR, ersatzweise 30 Tage Haft, verurteilt worden. Er könne die Geldstrafe nicht bezahlen. Es sei nicht rechtens, daß Arme die Haft antreten müßten, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlen könnten.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom 08. Januar 2015 abgelehnt. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, es komme weder ein Zuschuß noch ein Darlehen in Betracht.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, "die verfassungswidrige Lücke müsse durch entsprechende Anordnung des Bundesverfassungsgerichts geschlossen werden."
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 2015 zurückgewiesen.
Daraufhin hat der Kläger am 02. August 2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, Klageziel sei der Erhalt positiver Bewilligung für unabweisbare Lebensbedarfe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 08. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.Juli 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 450,00 EUR zu bewilligen und die Auszahlung zu veranlassen.
Ferner stellt der Kläger weitere Anträge aus dem Schriftsatz vom 21. November 2015, die im Wesentlichen das Verwaltungshandeln des Beklagten zum Gegenstand haben. Insoweit wird auf Blatt 18ff der Gerichtsakte Bezug genommen. Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört. Der Kläger hat angegeben, er habe die Haft abwenden können, indem er ein Darlehen über 450,00 EUR habe aufnehmen können. Allerdings müsse er dies jetzt zurückzahlen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Streitakte und die Verwaltungsakten des Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist, soweit es die Bewilligung von 450,00 EUR betrifft, zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert.
Zu Recht hat der Beklagte seinen Antrag abgelehnt.
Ein Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II besteht nicht. Nach dieser Vorschrift wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender und nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil es sich nicht um einen laufenden, sondern um einen einmaligen Bedarf handelt.
Ein Anspruch auf ein Darlehen scheidet ebenfalls aus. Nach § 24 Abs 1 SGB II wird, wenn im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfaßter und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden kann, der Bedarf als Geldleistung durch ein entsprechendes Darlehen gewährt. Geldstrafen gehören nicht zum vom Regelbedarf umfaßten Bedarf. Überdies besteht schon deswegen keine Notwendigkeit für ein Darlehen von dem Beklagten, weil der Kläger sich privat ein Darlehen verschaffen konnte.
Eine verfassungswidrige Lücke kann die Kammer nicht erkennen, vielmehr wäre es widersinnig, wenn Behörden die durch Strafgerichte verhängten Geldstrafen bezahlen würde.
Soweit es die übrigen Anträge des Klägers betrifft, ist der Kammer weder ein Rechtsschutzbedürfnis noch eine Anspruchsgrundlage ersichtlich. Die Kammer weist auf Folgendes hin:
Träger der Leistungen nach SGB II in Bochum ist gemäß § 44 b Abs. 1 Satz 2 SGB II das JobCenter Bochum. Es erfüllt die Aufgaben der Agentur für Arbeit und der Stadt Bochum nach SGB II. Das JobCenter ist gemäß § 44 b Abs. 1 Satz 3 SGB II befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Das JobCenter ist eine Behörde iSv § 1 Abs 1 SGB X. Die Geschäfte des JobCenters werden gemäß § 44 d SGB II von der Geschäftsführerin geführt. Sie vertritt das JobCenter. Sie muß allerdings nicht alle Verwaltungstätigkeiten alleine erledigen, sondern beauftragt die dem JobCenter zugewiesenen Beschäftigten mit Aufgaben. Die Beschäftigten werden in ihrem Auftrag tätig. Dabei ist es nach § 33 Abs. 3 SGB X unerheblich, ob die Beschäftigten i.A. oder i.V. unterschreiben. Die Bescheide müssen lediglich eine Unterschrift oder die Namenswiedergabe des beauftragen Beschäftigten enthalten (BSG 14/14b BEg 7/93). All dies wird in Rechtsprechung und Literatur nicht bezweifelt (vgl BSG B 14 AS 1/15 R, LSG Essen L 2 AS 397/13).
Die Vertretung des JobCenters vor Gericht erfolgt gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 1 SGG durch Beschäftigte. Seit Jahrzehnten ist bei Behörden anerkannt, daß es bei Beschäftigten, die im Gerichtstermin für Behörden auftreten, genügt, wenn für sie bei Gericht eine schriftliche Generalterminsvollmacht hinterlegt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig Kommentar zum SGG 11. Auflage § 73 Rdnr. 62).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer hat keine Veranlassung gesehen, die Berufung zuzulassen. Sie geht jedoch davon aus, daß die Berufung von Gesetzes wegen aufgrund der zahlreichen Klageanträge des Klägers zulässig ist.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt unter anderem, daß der Beklagte ihm 450,00 EUR für die Abwendung einer 30-tägigen Haft bewilligt.
Der Kläger bezieht Leistungen nach SGB II. Am 04. November 2014 beantragte er die Bewilligung von 450,00 EUR als Zuschuß, hilfsweise auch als Darlehen. Er sei zu einer Geldstrafe von 450,00 EUR, ersatzweise 30 Tage Haft, verurteilt worden. Er könne die Geldstrafe nicht bezahlen. Es sei nicht rechtens, daß Arme die Haft antreten müßten, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlen könnten.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom 08. Januar 2015 abgelehnt. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, es komme weder ein Zuschuß noch ein Darlehen in Betracht.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, "die verfassungswidrige Lücke müsse durch entsprechende Anordnung des Bundesverfassungsgerichts geschlossen werden."
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03. Juli 2015 zurückgewiesen.
Daraufhin hat der Kläger am 02. August 2015 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, Klageziel sei der Erhalt positiver Bewilligung für unabweisbare Lebensbedarfe.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 08. Januar 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.Juli 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 450,00 EUR zu bewilligen und die Auszahlung zu veranlassen.
Ferner stellt der Kläger weitere Anträge aus dem Schriftsatz vom 21. November 2015, die im Wesentlichen das Verwaltungshandeln des Beklagten zum Gegenstand haben. Insoweit wird auf Blatt 18ff der Gerichtsakte Bezug genommen. Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.
Das Gericht hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört. Der Kläger hat angegeben, er habe die Haft abwenden können, indem er ein Darlehen über 450,00 EUR habe aufnehmen können. Allerdings müsse er dies jetzt zurückzahlen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf die Streitakte und die Verwaltungsakten des Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist, soweit es die Bewilligung von 450,00 EUR betrifft, zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert.
Zu Recht hat der Beklagte seinen Antrag abgelehnt.
Ein Anspruch auf einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II besteht nicht. Nach dieser Vorschrift wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender und nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, weil es sich nicht um einen laufenden, sondern um einen einmaligen Bedarf handelt.
Ein Anspruch auf ein Darlehen scheidet ebenfalls aus. Nach § 24 Abs 1 SGB II wird, wenn im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfaßter und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden kann, der Bedarf als Geldleistung durch ein entsprechendes Darlehen gewährt. Geldstrafen gehören nicht zum vom Regelbedarf umfaßten Bedarf. Überdies besteht schon deswegen keine Notwendigkeit für ein Darlehen von dem Beklagten, weil der Kläger sich privat ein Darlehen verschaffen konnte.
Eine verfassungswidrige Lücke kann die Kammer nicht erkennen, vielmehr wäre es widersinnig, wenn Behörden die durch Strafgerichte verhängten Geldstrafen bezahlen würde.
Soweit es die übrigen Anträge des Klägers betrifft, ist der Kammer weder ein Rechtsschutzbedürfnis noch eine Anspruchsgrundlage ersichtlich. Die Kammer weist auf Folgendes hin:
Träger der Leistungen nach SGB II in Bochum ist gemäß § 44 b Abs. 1 Satz 2 SGB II das JobCenter Bochum. Es erfüllt die Aufgaben der Agentur für Arbeit und der Stadt Bochum nach SGB II. Das JobCenter ist gemäß § 44 b Abs. 1 Satz 3 SGB II befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Das JobCenter ist eine Behörde iSv § 1 Abs 1 SGB X. Die Geschäfte des JobCenters werden gemäß § 44 d SGB II von der Geschäftsführerin geführt. Sie vertritt das JobCenter. Sie muß allerdings nicht alle Verwaltungstätigkeiten alleine erledigen, sondern beauftragt die dem JobCenter zugewiesenen Beschäftigten mit Aufgaben. Die Beschäftigten werden in ihrem Auftrag tätig. Dabei ist es nach § 33 Abs. 3 SGB X unerheblich, ob die Beschäftigten i.A. oder i.V. unterschreiben. Die Bescheide müssen lediglich eine Unterschrift oder die Namenswiedergabe des beauftragen Beschäftigten enthalten (BSG 14/14b BEg 7/93). All dies wird in Rechtsprechung und Literatur nicht bezweifelt (vgl BSG B 14 AS 1/15 R, LSG Essen L 2 AS 397/13).
Die Vertretung des JobCenters vor Gericht erfolgt gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 1 SGG durch Beschäftigte. Seit Jahrzehnten ist bei Behörden anerkannt, daß es bei Beschäftigten, die im Gerichtstermin für Behörden auftreten, genügt, wenn für sie bei Gericht eine schriftliche Generalterminsvollmacht hinterlegt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig Kommentar zum SGG 11. Auflage § 73 Rdnr. 62).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Kammer hat keine Veranlassung gesehen, die Berufung zuzulassen. Sie geht jedoch davon aus, daß die Berufung von Gesetzes wegen aufgrund der zahlreichen Klageanträge des Klägers zulässig ist.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved