Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
49
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 49 AS 3784/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung des Beklagten.
Der Kläger hatte seit 2013 durchgehend im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch [SGB II] gestanden. Er bewohnte eine Wohnung auf der W. Str. 85a, in D.-M ... Mit Bescheid vom 17.07.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis zum 31.01.2015.
Im Juli 2014 wurde der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Zuvor war der Kläger zu keiner Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Im September 2014 erhielt der Kläger auch eine Haftantrittsladung, wonach er ab dem 13.10.2014 seine Haft in der JVA D.-H. antreten solle. Ob das Ladungsschreiben einen Hinweis zum Wegfall von Leistungen nach dem SGB II bei Haftantritt enthielt, ist unklar. Ob der Kläger den Beklagten selbst vorab über den bevorstehenden Haftantritt informierte, ist zwischen den Beteiligten umstritten.
Ende September 2014 überwies der Beklagte dem Kläger die Leistungen für Oktober 2014. Die Miete für Oktober 2014 wurde dabei seitens des Beklagten direkt an den Vermieter abgeführt.
Der Kläger trat die Haftstrafe zum 13.10.2014 an. Am 11.03.2015 wurde der Kläger aus der Haft entlassen. Seitdem wohnt er wieder in derselben Wohnung. Während der Haft hatte der Kläger an sechs Tagen pro Woche vollzeitig gearbeitet. Für diese Tätigkeit bestand eine Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung.
Für den Zeitraum ab dem 01.11.2014 stellte der Beklagte die Leistungsauszahlungen vollumfänglich ein. Die Miete ab November 2014 wurde daraufhin entsprechend eines Bescheides vom 18.02.2014 durch die Stadt D. als örtlich zuständigen Sozialhilfeträger als Darlehen nach § 36 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XII] gewährt. Der Bescheid erwähnt eine Antragstellung des Klägers vom 27.10.2014.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 12.08.2015 hob der Beklagte nachträglich die Leistungsbewilligung vom 17.07.2014 auch für den Zeitraum vom 13.10.2014 bis zum 31.10.2014 auf und verlangte eine Erstattung von 436,20 EUR, von denen 201,60 EUR auf die Unterkunftskosten entfallen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Kläger für den Zeitraum seines Haftaufenthaltes keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gehabt habe, da er aufgrund der Inhaftierung nach § 7 Abs. 4 SGB II von Leistungen ausgeschlossen gewesen sei. Die Bewilligungsentscheidung sei wegen Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis über die Minderung bzw. Wegfall der Leistungen nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X] aufzuheben. Der Kläger wusste bzw. hätte wissen müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch teilweise weggefallen sei. Die überzahlten Leistungen seien daher zu erstatten.
Nur bezogen auf die Erstattung der Kosten der Unterkunft erhob der Kläger hiergegen am 31.08.2015 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass er die Miete bereits überwiesen habe, bevor er das Datum des Haftantritts erfahren habe. Dass die Leistungsauszahlung für den Monat Oktober 2014 zu diesem Zeitpunkt bereits veranlasst gewesen sei, könne man dem Kläger nicht vorwerfen. Zudem habe er den Beklagten unmittelbar nach Erhalt der Ladung über den bevorstehenden Haftantritt informiert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2015 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Beklagte habe erst durch ein Schreiben der JVA D.-H. vom 14.10.2014 erfahren, dass der Kläger vom 13.10.2014 bis voraussichtlich 12.01.2015 inhaftiert worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt sei dem Beklagten der Haftantritt unbekannt gewesen. Am 16.10.2014, als das Schreiben der JVA D.-H. bei dem Beklagten einging, seien die Leistungen für Oktober 2014 bereits ausgezahlt worden. Der Kläger sei für diesen Zeitraum nach § 7 Abs. 4 S. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Dieser Leistungsausschluss greife ab dem ersten Tag der Unterbringung, hier dem 13.10.2014. Beschäftigungen von Inhaftierten u.a. in der JVA würden nicht unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeübt werden und würden daher nicht zu einer Rückausnahme nach § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB II führen. Die zu erstattenden Leistungen seien auch hinsichtlich der Rückforderung gem. § 41 SGB II anteilig pro Kalendertag zu berechnen. Hieraus ergebe sich für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 12.10.2014 ein Teilanspruch von insgesamt 290,80 EUR. Demgegenüber seien tatsächlich 727,00 EUR ausgezahlt worden, was eine unrechtmäßige Überzahlung in Höhe von 436,20 EUR bedeute. Ab dem 13.10.2014 liege insofern eine Änderung der Verhältnisse vor, welche nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X zur Aufhebung der Bewilligungsentscheidung berechtige, da der Kläger auch bösgläubig gewesen sei. Die Bösgläubigkeit müsse nicht bereits im Zeitpunkt der wesentlichen Änderung vorliegen. Vorliegend sei dem Kläger bekannt gewesen, dass er eine Freiheitsstrafe habe antreten müssen. Damit hätte er sich im Klaren sein müssen, dass sein Leistungsanspruch für den Zeitraum des Haftvollzuges kraft Gesetzes weggefallen sei. Bösgläubigkeit sei spätestens aufgrund des Aufenthaltes in der JVA gegeben. Da eine gebundene Entscheidung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III vorliege, seien keine Ermessenserwägungen anzustellen gewesen. Die höhenmäßige Beschränkung der Rückforderung von Anteilen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II sei nach S. 2 nicht anwendbar, da lediglich eine teilweise Aufhebung vorliege.
Mit Schriftsatz vom 24.09.2015, der am Folgetag bei Gericht eingegangen ist, hat der Kläger Klage vor dem SG Duisburg erhoben. Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus, der Kläger habe aufgrund der kurzen Haftstrafe ein überragendes Interesse daran gehabt, die Wohnung zu behalten. Entgegen der Ansicht im Widerspruchsbescheid erfolge die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht pro Kalendertag, sondern monatlich. Aber selbst wenn dem Kläger ab dem 13.10.2014 kein Anspruch auf Unterkunftskosten mehr zugestanden hätte, würde es an den Rücknahmevoraussetzungen fehlen. Der Kläger sei schließlich nicht bösgläubig gewesen. Er habe die Unterkunftsleistungen nach dem SGB II bis zum dritten Werktag des Monats Oktober 2014 an seinen Vermieter zahlen müssen. Dies sei geschehen. Zudem habe auch er den Beklagten nach Erhalt der Ladung über den bevorstehenden Haftantritt selbst in Kenntnis gesetzt. Zwei bis drei Tage nach der Hauptverhandlung habe er die Hotline des Beklagten angerufen und seine Verurteilung mitgeteilt. Der Mitarbeiter habe geantwortet, dass er den Ladungsbefehl nach Zugang einreichen solle. Der Kläger habe dann die Ladung am 13.09.2014 erhalten und sich ausgerechnet, dass er noch seinen Geburtstag am 12.10.2014 in Freiheit begehen könne. In der Ladung sei darauf hingewiesen worden, dass er sich innerhalb von 4 Wochen – nicht innerhalb eines Monats – zum Haftantritt melden müsse. Ein Hinweis auf Folgen der Inhaftierung für den Leistungsbezug nach dem SGB II sei in der Ladung nicht enthalten gewesen. Ihm sei bei früheren Gelegenheiten gesagt worden, dass er für den Leistungsbezug wesentliche Veränderungen vor dem 25. des Monats beim Jobcenter anzeigen müsse, da diese sonst im System nicht mehr verarbeitet werden könnten. Er habe deshalb das Ladungsschreiben im Original in der 39. Kalenderwoche 2014 beim Beklagten eingereicht. Dies sei entweder Montag (22.09.2014), Dienstag (24.09.2014) oder Mittwoch (24.09.2014) bei der Dienststelle in H. geschehen. Warum dieses Schreiben sodann nicht zur Akte gelangt sei, könne sich der Kläger nicht erklären; dies werde wohl auf einem Versäumnis in der Sphäre des Beklagten beruhen. Unmittelbar nach Erhalt der Leistungen für Oktober 2014 habe er Ende September 2014 sich noch einmal telefonisch bei dem Beklagten gemeldet und nachgefragt, ob dies alles seine Richtigkeit habe. Er habe sich selbst im Vorfeld des Haftantrittes im Internet informiert und sei davon ausgegangen, dass er keinen Leistungsanspruch mehr haben werde, sobald er die Haft antrete. Er habe Kontakt zur Wohnungsnotstelle der Stadt D. aufgenommen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 12.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2015 aufzuheben, soweit die Aufhebung bewilligter Unterkunftskosten in Höhe von 201,60 EUR betroffen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt ergänzend zu den Ausführungen des Widerspruchsbescheides vor, dass vor dem Schreiben der JVA keine Information über den Haftantritt des Klägers im Oktober 2014 erfolgt sei. Hierzu könne nur auf das abgestellt werden, was an Schriftstücken vorhanden sei. Die Erhaltung von Wohnraum für Inhaftierte sei nach §§ 67, 68 Abs. 1 S. 1 SGB XII Aufgabe des Sozialhilfeträgers. Bei rechtzeitiger Antragstellung beim Sozialhilfeträger wäre es nicht zu Problemen gekommen.
Im Rahmen des Erörterungstermins vom 26.06.2017 haben die Beteiligten einen Vergleich mit Widerrufsvorbehalt mit Widerrufsfrist bis zum 07.07.2017 geschlossen. Mit Schreiben vom 06.07.2017, das am selben Tag beim SG Duisburg eingegangen ist, hat der Kläger den Vergleich widerrufen.
Bezüglich der Ergebnisse des Verhandlungstermins wird auf das Sitzungsprotokoll vom 12.12.2017 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] ist zulässig aber unbegründet.
I. Das Gericht kann in der Sache eine Entscheidung treffen, da der Rechtsstreit nicht zuvor von den Beteiligten durch einen Vergleichsschluss am 26.06.2017 beendet worden ist. Ein Widerrufsvergleich entfaltet seine Rechtswirkungen i.S.e. aufschiebenden Bedingung regelmäßig erst nach Ablauf einer Widerrufsfrist, sofern bis zu diesem Zeitpunkt kein ordnungsgemäßer Widerruf erfolgt sein sollte (vgl. BAG, Urt. v. 13.06.2007 – 7 AZR 287/06, juris, Rn. 13; BGH, Urt. v. 27.10.1983 – IX ZR 68/83, juris, Rn. 11). Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2017 lag kein verfahrensbeendender Vergleichsvertrag vor. Der am 26.06.2016 geschlossene Vergleich enthielt in Ziffer 5 einen Widerrufsvorbehalt, nach dem die Beteiligten das Recht hatten, den Vergleich bis zum 07.07.2017 gegenüber dem Gericht zu widerrufen. Die mit dem Vergleichsschluss verbundene Beendigung des Rechtsstreites ist nie eingetreten, da der Widerrufsvergleich fristgemäß durch die Widerrufserklärung des Klägers vom 06.07.2017 beseitigt worden ist, die am 06.07.2017 beim SG Duisburg eingegangen ist.
II. Die auch im Übrigen zulässige Klage ist als sog. isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG statthaft. Dem Klagebegehren des Klägers, Beseitigung der Rückzahlungspflicht bzgl. der Unterkunftskosten für Oktober 2014 in Höhe von 201,60 EUR, kann bereits mit der entsprechenden Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 12.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2015 durch das Gericht entsprochen werden. Streitgegenständlich sind vorliegend allein die Anteile der Unterkunftskosten, weil der Kläger den Klagegegenstand entsprechend im Widerspruchs- und Klageverfahren beschränkt hat.
III. Die Klage ist unbegründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 12.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2015 bzgl. der Aufhebung- und Erstattung der Unterkunftskosten für Oktober 2014 in Höhe von 201,60 EUR ist rechtmäßig.
1. Wie der Beklagte zu Recht ausgeführt hat, ist § 48 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III], § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a.F. die zutreffende Ermächtigungsgrundlage der Aufhebungsentscheidung für die zugrundeliegende Bewilligungsentscheidung vom 17.07.2014. Hinsichtlich des späteren Haftantrittes im Oktober 2014 kommt allenfalls eine sog. nachträgliche Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidung nach ihrem Erlasszeitpunkt in Betracht.
2. Die Aufhebung ist formell rechtmäßig erfolgt. Dass eine notwendige Anhörung des Klägers nach § 24 Abs. 1 SGB X vor Erlass der Aufhebungsentscheidung versäumt worden ist, führt vorliegend nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Denn der Kläger konnte sich im Rahmen des durchgeführten Widerspruchsverfahrens zu allen relevanten Umständen, die ihm zuvor durch die Begründung der Aufhebungsentscheidung bekannt waren, ausreichend äußern, so dass eine Heilung nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X eingetreten ist (vgl. hierzu: BSG, Urt. v. 09.11.2010 – B 4 AS 37/09 R, juris, Rn. 17 m.w.N.; Schneider-Danwitz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 41 SGB X, Rn. 31; Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 40, Rn. 14).
3. Die Aufhebungsentscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Der Tatbestand des § 48 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III, § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a.F. ist erfüllt (a)). Die Rechtsfolgen der Vorschrift sind von dem Beklagten zutreffend angewandt worden (b)). Eine Aufhebung ist schließlich auch nicht systematisch durch § 107 SGB X ausgeschlossen (c)).
a) Der Tatbestand des § 48 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 4 SGB X ist erfüllt. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
aa) Bei der Bewilligungsentscheidung vom 17.07.2014 handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, da die entsprechende Bewilligungsentscheidung über den Erlasszeitpunkt hinausgehend Rechtswirkungen für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis zum 31.01.2015 entfaltet (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.08.2016 – L 7 AS 1942/13, juris, Rn. 40; Brandenburg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 48 SGB X, Rn. 54 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
bb) Die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die der Bewilligungsentscheidung vom 17.07.2014 zugrunde lagen, haben sich mit der Inhaftierung des Klägers zum 13.10.2014 i.S.d. § 48 SGB X nachträglich wesentlich geändert. Eine wesentliche, nachträgliche Änderung liegt insbesondere dann vor, wenn die Ausgangsentscheidung wegen einer Änderung nach Erlass des Verwaltungsaktes – so - nicht mehr getroffen werden könnte (BSG, Urt. v. 19.02.1986 – 7 RAr 55/84, juris, Rn. 15 – "Wesentlich sind alle Änderungen, die dazu führen, daß die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen."; Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 48 SGB X, Rn. 4 ff., 12 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Die Leistungsbewilligung vom 17.07.2014, die u.a. für den Zeitraum vom 13.10.2014 bis 31.10.2014 von einem fortbestehenden Leistungsanspruch des Klägers nach dem SGB II ausging, hätte aufgrund der Inhaftierung des Klägers zum 13.10.2014 so nicht mehr getroffen werden dürfen. Mit der Inhaftierung des Klägers ist der Leistungsanspruch des Klägers nach dem SGB II für den Zeitraum ab dem 13.10.2014 weggefallen, da der Kläger nach § 7 Abs. 4 S. 1 und 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen war (1.). Eine Rückausnahme nach § 7 Abs. 4 S. 3 SGB II kommt vorliegend nicht in Betracht (2.). Einem Wegfall der Leistungspflicht des Beklagten für den (Teil-) Zeitraum ab dem 13.10.2014 steht entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht entgegen, dass die Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung bezogen auf den gesamten Monat ermittelt werden (3.).
(1.) Nach § 7 Abs. 4 S. 1 SGB X erhält derjenige keine Leistungen nach dem SGB II, der in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung nach § 7 Abs. 4 S. 2 SGB II gleichgestellt.
Der Kläger hielt sich seit dem 13.10.2014 zum Vollzug seiner mit rechtskräftiger richterlicher Entscheidung aus Juli 2014 angeordneten Inhaftierung tatsächlich in der JVA D.-H. auf und unterfällt seit diesem Tag dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 S. 2 SGB II. Denn der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II gilt unabhängig von der Aufenthaltsdauer ab dem ersten Tag des Aufenthalts in der Einrichtung und erfasst alle richterlich angeordneten Freiheitsentziehungen in sämtlichen Rechtsbereichen (Leopold, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7, Rn. 238 ff.).
(2.) Vorliegend greift zugunsten des Klägers auch nicht die Rückausnahme nach § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB II ein. Nach § 7 Abs. 4 S. 3 SGB II erhält abweichend von Satz 1 derjenige Leistungen nach dem SGB II, der voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus untergebracht ist (Nr. 1) oder in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist (Nr. 2).
Dass der Kläger während der Haft an sechs Tagen pro Woche in der JVA D.-H. vollzeitig gearbeitet hat und für diese Tätigkeit eine Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung, führt vorliegend nicht dazu, dass die Ausnahmevoraussetzungen des § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB II erfüllt wären.
Denn Arbeitstätigkeiten im Freiheitsentzug für eine JVA werden - unabhängig von der Frage, ob eine Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III in der Arbeitslosenversicherung besteht - gerade nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erbracht (so im Ergebnis auch: LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 07.11.2006 – L 29 B 804/06 AS ER, juris, Rn. 26; Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7, Rn. 250, 252). Dies würde eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit voraussetzen, die gegeben ist, wenn die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses hinsichtlich Arbeitsentgelt, Arbeitsort sowie Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit den Bedingungen der Mehrheit der Arbeitsverhältnisse entsprechen (SG Düsseldorf, Beschl. v. 15.12.2006 – S 28 AS 336/06 ER, juris, Rn. 15 – "Der Begriff der Erwerbstätigkeit umfasst jede auf das Erzielen von Einkünften gerichtete Verwertung der Arbeitskraft, wobei dies nicht nur in einer abhängigen Beschäftigung (im Sinne des § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch -Gemeinsame Vorschriften- SGB IV), sondern auch in anderen Tätigkeitsformen (bspw. selbständige oder freiberufliche Tätigkeit) erfolgen kann [ ]. Übliche Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ist ein im Sozialversicherungsrecht, insbesondere Rentenversicherungsrecht geprägter Begriff. [ ] Übliche Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sind solche, die bei einer beachtlichen Zahl von Arbeitsverhältnissen vorhanden sind. Danach müssen Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeiten, persönlichen Verteilzeiten und Pausenzeiten sowie weiterer Arbeitsumstände (Außerhäuslichkeit des Arbeitsplatzes und Wegefähigkeit des Betroffenen, um diesen zu erreichen etc.) den am allgemeinen Arbeitsmarkt üblichen Bedingungen entsprechen."). Diese Voraussetzungen sind bei Beschäftigungen in der JVA nicht erfüllt, da bereits die Sondervorschrift in § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III für Strafgefangene zeigt, dass diese gerade nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. § 7 SGB IV, § 25 SGB III tätig sind. Zudem sind die Tätigkeiten nicht dazu bestimmt in das allgemeine Wirtschaftsleben außerhalb der JVA einfließen. Insofern wird die Tätigkeit für die JVA selbst verrichtet nicht für einen externen Arbeitgeber ausgeübt. Schließlich beruhen die Tätigkeiten regelmäßig auch nicht der Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit vergleichbar, weil sie aufgrund gesetzlicher Arbeitspflichten ausgeübt werden (a.A. scheinbar: SG Düsseldorf, Beschl. v. 15.12.2006 – S 28 AS 336/06 ER, juris, Rn. 15).
(3.) Sofern der Prozessbevollmächtigte ausführt, dass das Bundessozialgericht festgestellt habe, dass die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung monatlich erfolge und nicht pro Kalendertag, missversteht der Prozessbevollmächtigte die entsprechenden Ausführungen der Rechtsprechung.
Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II sind ein Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach §§ 19 ff. SGB II. Diese Leistungen werden nach § 41 Abs. 1 S. 1 SGB II für jeden Kalendertag gesondert erbracht, wobei der Monat mit 30 Tagen berechnet wird. Wenn die Leistungen einem Leistungsberechtigten nicht für einen vollen Monat zustehen, werden die Leistungen nach § 41 Abs. 1 S. 3 SGB II auch nur anteilig erbracht. Sofern das Bundessozialgericht ausführt, dass die Kosten der Unterkunft für einen ganzen Kalendermonat zu ermitteln sind (BSG, Urt. v. 29.11.2012 – B 14 AS 36/12 R, juris, Rn. 14 – "Die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung hat monatsweise zu erfolgen, obwohl zur Prüfung der Angemessenheit bei der Nutzung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen auf die im Kalenderjahr anfallenden Kosten abzustellen ist, weil vor allem die Betriebskosten für Eigenheime (etwa Grundsteuern, Beiträge zu Versicherungen) nicht monatlich, sondern ggf jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich anfallen [ ]. Eine Rechtsgrundlage für die Berechnung eines Durchschnittsbetrags, der dann der Bedarfs- und Leistungsberechnung in den einzelnen Monaten zugrunde gelegt wird, um zB die Kosten des Heizöls bei einer einmaligen Betankung auf das ganze Jahr zu verteilen, ist trotz einer denkbaren Verwaltungsvereinfachung nicht zu erkennen [ ]."), bedeutet dies nicht, dass damit eine abweichende zeitliche Zuordnung der Leistungsbestandteile verbunden wäre (vgl. allgemein auch: Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 41, Rn. 22 ff.; Kallert, in: Gagel, SGB II / SGB III, 67. Ergänzungslieferung September 2017, § 41 SGB II, Rn. 17). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes, der allgemein von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (3. Kapitel, 2. Abschnitt des SGB II - §§ 19 ff., 22 SGB II) spricht und nicht nur von Regelbedarf (§ 19, 20 SGB II). Die Ausführungen des Bundessozialgerichts, auf die der Prozessbevollmächtigte Bezug nehmen möchte, beziehen sich auch erkennbar auf eine andere Fragestellung, nämlich die Ermittlung der Unterkunftskosten nach Einzel- oder Durchschnittsmonaten, als die hier einschlägige Fragestellung, welchen Einzelzeiträumen die so zutreffend ermittelten Bedarfe bei Leistungsbewilligung bzw. –aufhebung zuzuordnen sind.
cc) Vorliegend sind auch die Voraussetzungen für eine Aufhebung für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X erfüllt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste - weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat -, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Die entsprechenden Sondervoraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X sind vorliegend einzuhalten, da mit dem Aufhebungsbescheid vom 12.08.2015 durch den Beklagten keine Aufhebung für die Zukunft, sondern die Vergangenheit vorgenommen wird. Mit dem Aufhebungsbescheid vom 12.08.2015 soll eine Aufhebung der Leistungen für den Zeitraum vom 13.10.2014 bis zum 31.10.2014 erfolgen, die bereits vor Bekanntgabe des Aufhebungsbescheides für den Kläger ausgezahlt worden waren.
Entsprechend der Parallelvorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X handelt derjenige grob fahrlässig im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X, der die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und deshalb nicht erkennt, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Maßgebend dafür ist dabei ein subjektiver Maßstab (BSG, Urt. v. 13.12.1972, 7 RKg 9/69; BSG, Urt. v. 27.07.2000, B 7 AL 88/99 R; BSG, Urt. v. 8.2.2001, B 11 AL 21/00 R). Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt danach, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.09.2013 – L 8 LW 7/13 B ER, juris, Rn. 28 m.w.N.). Soweit ersichtlich besteht Einigkeit in der Frage, dass eine frühere oder spätere Gutgläubigkeit des Bürgers für eine Aufhebung unerheblich ist, sofern der Bürger zum maßgeblichen Zeitpunkt bösgläubig gewesen ist. Wie dieser insofern maßgebliche Zeitpunkt, in dem ein Verschulden nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X vorliegen muss, jedoch zu bestimmen ist, wird hingegen nur auf den ersten Blick uneinheitlich beurteilt. Überwiegend wird – scheinbar unter Bezugnahme auf den Schutzzweck der Aufhebungsvorschriften - davon ausgegangen, dass auf den Zeitpunkt abzustellen ist, an dem Empfänger Kenntnis von der jeweiligen Leistungsauskehr erhalten hat (vgl. BSG, Urt. v. 15.02.1979 – 7 RAr 63/77, juris, Rn. 16 – "Der Kläger hat beim Empfang des Alg von insgesamt 1.328,40 DM gewußt, daß ihm diese Leistung nicht zustand. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG [ ] hat der Kläger dieses Wissen im Zeitpunkt des Erhalts der Kontenauszüge gehabt. Dies ist im vorliegenden Fall der Zeitpunkt, in dem der Kläger gewußt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewußt haben muß, daß die Voraussetzungen für die Leistung nicht vorlagen."; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 10.07.2013 – L 3 AS 2083/11, juris, Rn. 27; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27.08.2010 – L 22 R 1957/08, juris, Rn. 44; Hessisches LSG, Urt. v. 24.04.2006 – L 9 AL 786/03, juris, Rn. 20; Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 48 SGB X, Rn. 28 – "Die Kenntnis oder die grob fahrlässige Unkenntnis vom Wegfall oder Ruhen der Bezugsberechtigung muss in dem Zeitpunkt bestanden haben, in dem der Empfänger Kenntnis von der Auszahlung oder Weiterleitung erhalten hat."). Sofern teilweise in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X ausgeführt wird, dass das Verschulden frühestens ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Änderung der maßgeblichen Verhältnisse zur Aufhebung führen kann bzw. eine Aufhebung spätestens ab dem - erstmaligen - Zeitpunkt des Eintritts der Bösgläubigkeit erfolgt, wenn diese nicht bereits zum Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse vorgelegen hat (vgl. etwa: BSG, Urt. v. 19.02.1986 – 7 RAr 55/84, juris, Rn. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28.01.2004 – L 12 AL 115/03, juris, Rn. 28; Heße, in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 46. Edition, Stand: 01.09.2017, Rn. 32; Steinwedel, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 96. EL September 2017, § 48 SGB X, Rn. 53), versteht die Kammer diese Ausführungen nicht als abweichende Bestimmungen des maßgeblichen Zeitpunktes für das Vorliegen der Bösgläubigkeit i.S.d. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X. Vielmehr betonen diese Ansichten zu Recht, dass - unabhängig von einem bereits früheren Eintritt der Bösgläubigkeit oder einer Änderung der Verhältnisse - eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X erst rückwirkend zu dem Zeitpunkt erfolgen kann, in dem beide Aufhebungsvoraussetzungen (Änderung und Bösgläubigkeit) erstmalig kumulativ erfüllt worden sind. Eine abweichende Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes für die Beurteilung des Vorliegens der subjektiven Aufhebungsvoraussetzungen bei § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X ist hiermit nicht verbunden.
Die Kammer sieht es im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG als erwiesen an, dass der Kläger in Folge seiner eigenen Internetrecherche - bei der er nach eigener Darstellung erfahren hatte, dass er keinen Leistungsanspruch mehr haben werde, sobald er die Haft antritt – zum maßgeblichen Zeitpunkt der fraglichen Leistungen Ende September 2014 gerade nicht davon ausging, dass während seiner Haftdauer in der JVA D.-H. noch ein Leistungsanspruch gegenüber dem Beklagten bestehen würde. Für ein entsprechendes Wissen des Klägers sprechen auch die Kontaktaufnahme mit der Wohnungsnotstelle der Stadt D. sowie die eigenen Kontaktaufnahmen des Klägers mit dem Jobcenter. Denn wenn der Kläger subjektiv nicht bereits davon ausgegangen wäre, dass er ab Oktober 2014 wegen des bevorstehenden Haftantrittes nicht länger leistungsberechtigt gewesen wäre, würde sich nicht erklären, warum der Kläger sich nach eigener Darstellung Ende September 2014 telefonisch noch einmal rückversichert hätte, dass die Leistungsauskehr für Oktober 2014 seine Richtigkeit hat.
Die entsprechenden Kenntnisse des Klägers begründen eine ausreichende Kenntnis bzw. zumindest grob fahrlässige Kenntnis des Klägers davon, dass der mit Bewilligungsbescheid vom 17.07.2014 zuerkannte Leistungsanspruch mit dem Haftantritt zum 13.10.2014 nicht länger bestanden hat. Nachdem der Kläger die Haftantrittsladung bereits Mitte September 2014 erhalten hatte, bestand die grob fahrlässige Unkenntnis auch schon zum maßgeblichen Zeitpunkt der Auskehr der fraglichen Oktoberleistungen Ende September 2014. Inwiefern durch eine spätere Antwort des Beklagten, dass mit der gesamten Leistungsauszahlung für Oktober 2014 "alles richtig wäre", die der Kläger nach eigener – nicht weiter substantiierter - Aussage an der Hotline des Beklagten erhalten hat, unabhängig von Leistungsbewilligung und –auszahlung ein anderer, späterer Vertrauenstatbestand neu geschaffen worden ist, kann das Gericht dahingestellt lassen. Denn zum insofern für § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X maßgeblichen Zeitpunkt der Leistungsauszahlung Ende September 2014 war jedenfalls eine ausreichende grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von einer entsprechenden Leistungsberechtigung gegeben.
Die vom Prozessbevollmächtigten angebrachte Differenzierung, dass der Kläger infolge seiner eigenen Internetrecherchen davon ausgegangen sei, dass allein der Regelbedarf wegfalle, während er gleichzeitig davon ausgegangen sei, dass Kosten der Unterkunft weiterhin erbracht werden würden, stellt sich für die Kammer als eine lebensfremde Schutzbehauptung dar. Für eine derart feinsinnige Differenzierung des Klägers nach einzelnen Leistungsarten bietet der Sachvortrag des Klägers keinerlei Anhaltspunkte. Es erscheint vielmehr naheliegend, dass derjenige, der erfährt, dass er mit einer Inhaftierung seine Ansprüche gegenüber dem Beklagten verliert, davon ausgehen wird, dass dies sämtliche Ansprüche – einschließlich der Miete - betrifft. Für ein entsprechendes Klägerverständnis spricht auch die tatsächliche Kontaktaufnahme des Klägers mit der Wohnungsnotstelle der Stadt D ...
Auf die Frage, ob die Haftantrittsladung des Klägers einen entsprechenden Hinweis enthielt, kommt es daher nicht mehr an. Ob der Kläger zusätzlich auch die Voraussetzungen für einen Aufhebungsgrund des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X erfüllt hat (schuldhafte Verletzungen von Mitteilungspflichten), kann das Gericht ebenfalls dahingestellt lassen.
dd) Die weiteren Aufhebungsvoraussetzungen des § 48 Abs. 3, Abs. 4 SGB X sind ebenfalls erfüllt.
b) § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III sieht bei § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X eine rückwirkende Aufhebung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse als gebundene Entscheidung vor. Diesen Rechtsfolgen ist der Beklagte mit der Aufhebungsentscheidung vom 12.08.2015 gerecht geworden, indem sie die Leistungsbewilligung für den Zeitraum ab dem 13.10.2014 aufhoben hat.
c) Nach Ansicht der Kammer ist die Aufhebung der Leistungsbewilligung vom 17.07.2014 auch nicht ausgeschlossen, weil der Beklagte vorrangig darauf verwiesen wäre, einen Erstattungsanspruch nach § 102 ff. SGB X gegenüber dem örtlichen zuständigen Sozialhilfeträger geltend zu machen.
Aus systematischen Erwägungen scheidet die Aufhebung eines Verwaltungsaktes aus, soweit hierdurch eine Erfüllungsfiktion nach § 107 Abs. 1 SGB X für einen anderen Leistungsträger gegeben ist. Statt der Aufhebung der Leistungen mit Erfüllungswirkung ist der leistende Sozialleistungsträger dann auf seine Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB X gegenüber dem Sozialleistungsträger beschränkt, für den eine Erfüllungswirkung eingetreten ist (vgl. hierzu insgesamt: BSG, Urt. v. 22.05.2002 – B 8 KN 11/00 R, juris, Rn. 15 ff.; Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 45 SGB X, Rn. 13 m.w.N.).
Das Gericht kann hier jedoch offenlassen, ob dem Kläger gegenüber dem örtlich zuständigen Sozialhilfeträger für die Zeit seiner Inhaftierung bspw. nach §§ 67, 68 SGB XII ein Anspruch auf zuschussweise Übernahme der Unterkunftskosten für den Zeitraum vom 13.10.2014 bis zum 31.10.2014 zugestanden hat (vgl. zu diesem Anspruch: LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.05.2011 – L 9 SO 105/10, juris, Rn. 27 ff.; Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 68 SGB XII, Rn. 33) oder zumindest ein Anspruch auf weitere Darlehensleistungen nach § 36 SGB XII bestand. Der Beklagte ist unabhängig von dem Bestehen derartiger Ansprüche mangels eingetretener Erfüllungsfiktion nach § 107 Abs. 1 SGB X nicht an einer Aufhebung der Leistungsbewilligung vom Leistungsbewilligung vom 17.07.2014 gehindert. Denn ein für die Anwendung des § 107 Abs. 1 SGB X notwendiger Erstattungsanspruch des Beklagten nach den §§ 102 ff. SGB X gegenüber dem Sozialhilfeträger besteht nicht für die Leistungen, welche dieser in dem Zeitraum vom 13.10.2014 bis zum 31.10.2014 gegenüber dem Kläger erbracht hat.
Ein entsprechender Erstattungsanspruch kommt für den Beklagten allenfalls nach § 105 Abs. 1, Abs. 2 SGB X in Betracht. Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass – wie im vorliegenden Fall - die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X für vorläufig erbrachte Leistungen vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Dem Grunde nach ist diese Vorschrift auch dann anzuwenden, wenn anstelle von zustehenden Leistungen nach dem SGB XII zu Unrecht Leistungen nach dem SGB II erbracht worden sind (vgl. Kater, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 96. EL September 2017, § 105 SGB X, Rn. 59 ff.). Für Erstattungsansprüche nach § 105 Abs. 1, Abs. 2 SGB X, die gegenüber Trägern der Sozialhilfe geltend gemacht werden, begrenzt die Sonderregelung des § 105 Abs. 3 SGB X die Erstattung allerdings auf die Leistungen, die ab dem Zeitpunkt erbracht werden, von dem an dem Sozialhilfeträger bekannt war, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht vorlagen.
Ausgehend hiervon hat der Beklagte, mangels Kenntnis des Sozialhilfeträgers von seiner Leistungspflicht zum Zeitpunkt der Leistungserbringung durch den Beklagten Ende September 2014, keinen Erstattungsanspruch nach § 105 Abs. 1, Abs. 2 SGB X gegenüber dem zuständigen Sozialhilfeträger.
aa) Positive Kenntnis von einer Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers hatte der Sozialhilfeträger erstmalig am 27.10.2014 mit der Antragstellung des Klägers auf Leistungen nach dem SGB XII erlangt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Leistungen des Beklagten nach dem SGB II für Oktober 2014 allerdings bereits durch den Beklagten vollständig erbracht worden. Frühere Kontaktaufnahmen vor Leistungsauszahlung Ende September 2014 mit der Wohnungsnotstelle der Stadt D. hat der Kläger nicht vorgetragen. Vielmehr sprach der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung davon, dass eine frühere Kontaktaufnahme mit der Wohnungsnotstelle D. in der Vergangenheit gerade nicht wegen einer Inhaftierung erfolgte.
bb) Hinsichtlich der Frage, ob dem Sozialhilfeträger im Rahmen des § 105 Abs. 3 SGB X die Kenntnis des Beklagten von der Hilfebedürftigkeit der Klägerin und der erfolgten Leistungserbringung zugerechnet werden kann, geht die allgemeine Ansicht davon aus, dass eine Zurechnung der Kenntnis an den Sozialhilfeträger nicht möglich sei (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.10.2008 – L 7 AS 34/08, juris, Rn. 64; Prange in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 105 SGB X, Rn. 55 m.w.N.; Roos, in: v. Wulffen / Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 105, Rn. 13; Kater, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 96. EL September 2017, § 105 SGB X, Rn. 28 m.w.N.).
Die Kammer hält an dieser bisherigen Ansicht auf der Ebene der Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB II fest, auch wenn zwischenzeitlich auf der Ebene der Leistungsansprüche anerkannt worden ist, dass dem Sozialhilfeträger eine Kenntnis anderer Behörden (sozial-) leistungsbegründend analog § 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I] zugerechnet werden kann (vgl. etwa: BSG, Urt. v. 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R, juris, Rn. 39; BSG, Beschl. v. 13.02.2014 – B 8 SO 58/13 B, juris, Rn. 8 m.w.N.; BSG, Urt. v. 02.12.2014 – B 14 AS 66/13 R, juris, Rn. 25 – "Die nach § 18 Abs 1 SGB XII [ ] erforderliche Kenntnis des beigeladenen Trägers der Sozialhilfe setzte hier mit der Antragstellung des Klägers beim Beklagten [dem Jobcenter] am 22.10.2010 ein. Denn nach der Rechtsprechung [ ] gilt § 16 SGB I, der Regelungen zur Antragstellung auf Sozialleistungen trifft, auch für die Sozialhilfe, obwohl diese nicht im eigentlichen Sinne antragsabhängig ist, und vermittelt die Antragstellung beim unzuständigen Leistungsträger die nach § 18 SGB XII erforderliche Kenntnis [ ]. Im Zweifel ist danach davon auszugehen, dass ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II wegen der gleichen Ausgangslage (Bedürftigkeit und Bedarf) auch als Antrag nach dem SGB XII zu werten ist.").
Für ein Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung sprechen Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Sinn und Zweck des § 105 Abs. 3 SGB X.
(1) Der Wortlaut des § 105 Abs. 3 SGB X stellt für den Zeitpunkt des Einsetzens der Erstattungspflicht ausdrücklich auf die eigene Kenntnis des Sozialhilfeträgers ab.
(2) Die Entstehungsgeschichte des § 105 SGB X (vgl. BT-Drs. 9/95, S. 39 zu den Vorgängervorschriften der §§ 109, 111) spricht ebenfalls nicht für eine Zurechnung der Kenntnis von anderen Behörden. Vielmehr ging der Gesetzgeber von einer Selbstverständlichkeit aus, dass es dem durch das sog. Gegenwärtigkeitsprinzip geprägten Leistungsrecht der in § 105 Abs. 3 SGB X aufgeführten Träger entspreche, dass ein auch zu Unrecht durch andere Leistungsträger gedeckter Bedarf nicht nachträglich durch Leistungen der Sozialhilfe gedeckt werden müsse.
(3) Auch die Systematik spricht gegen eine Erweiterung der § 105 Abs. 3 SGB X um die Möglichkeit einer Zurechnung der Kenntnis anderer Leistungsträger an den Sozialhilfeträger. § 105 Abs. 3 SGB X soll – abweichend von der allgemeinen Grundregelung des § 105 Abs. 1, Abs. 2 SGB X - gerade einen privilegierten Sonderstatus für die aufgeführten Leistungsträger begründen. Hiervon bliebe bei einer Zurechnung der Kenntnis kaum noch ein denkbarer Anwendungsfall.
Sofern die Zurechnungsmöglichkeit zudem auf der Ebene der Leistungsansprüche aus einer analogen Anwendung des Rechtsgedankens aus § 16 SGB I begründet wird, der eine gegenseitige Zurechnung anspruchsbegründende Antragstellungen für Sozialleistungsansprüche des Bürgers i.S.d. § 11 SGB I regelt, ist diese Begründung nicht auf die Ebene der wesensfremden Erstattungsansprüche unter staatlichen Behörden nach § 102 ff. SGB X übertragbar. Für die Ebene der Erstattungsansprüche fehlt ein entsprechender normativer Anknüpfungspunkt für eine Zurechnung, der § 16 SGB I vergleichbar wäre.
(4) Auch der Sinn und Zweck des § 105 Abs. 3 SGB X, der gerade in einer Begrenzung der Zeiträume liegt, für die der Sozialhilfeträger Leistungen zu erbringen haben soll, spricht gegen eine Erweiterung der Möglichkeit einer Kenntniszurechnung.
Gegen die Ablehnung einer Zurechnung der Kenntnis von anderen Behörden spricht dabei auch nicht der Umstand, dass in bestimmten Fallkonstellationen – wie im vorliegenden Fall – der zu Unrecht leistende Leistungsträger ungehindert seine Leistungsbescheide für die Vergangenheit zu Lasten des Bürgers zurücknehmen kann, obwohl der Bürger zumindest einen Anspruch auf Sozialleistungen gegen den Sozialhilfeträger hatte, den er nun für die Vergangenheit nicht mehr vollumfänglich geltend machen kann. Diese Problematik ist jedoch nicht in die Ebene der Erstattungsansprüche zu verlagern, sondern kann im Rahmen des hierfür einschlägigen Vertrauensschutzes bei der Aufhebung eines Verwaltungsaktes ausreichend berücksichtigt werden. Sofern – anders als im vorliegenden Fall - ein schutzwürdiges Vertrauen des Begünstigten besteht, kommt eine nachteilige Aufhebungsentscheidung nicht in Betracht.
4. Eine Rechtswidrigkeit der Erstattungsentscheidung nach § 50 Abs. 1 SGB X ist nach dem bereits Ausgeführten nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Erstattungsbetrag von 201,60 EUR der Höhe nach zutreffend berechnet. Die Begrenzung des § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II war aufgrund der nur teilweisen Leistungsaufhebung für Oktober 2014 nach § 40 Abs. 4 S. 2 SGB X nicht anwendbar.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Außergerichtliche Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung des Beklagten.
Der Kläger hatte seit 2013 durchgehend im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch [SGB II] gestanden. Er bewohnte eine Wohnung auf der W. Str. 85a, in D.-M ... Mit Bescheid vom 17.07.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis zum 31.01.2015.
Im Juli 2014 wurde der Kläger zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt. Zuvor war der Kläger zu keiner Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Im September 2014 erhielt der Kläger auch eine Haftantrittsladung, wonach er ab dem 13.10.2014 seine Haft in der JVA D.-H. antreten solle. Ob das Ladungsschreiben einen Hinweis zum Wegfall von Leistungen nach dem SGB II bei Haftantritt enthielt, ist unklar. Ob der Kläger den Beklagten selbst vorab über den bevorstehenden Haftantritt informierte, ist zwischen den Beteiligten umstritten.
Ende September 2014 überwies der Beklagte dem Kläger die Leistungen für Oktober 2014. Die Miete für Oktober 2014 wurde dabei seitens des Beklagten direkt an den Vermieter abgeführt.
Der Kläger trat die Haftstrafe zum 13.10.2014 an. Am 11.03.2015 wurde der Kläger aus der Haft entlassen. Seitdem wohnt er wieder in derselben Wohnung. Während der Haft hatte der Kläger an sechs Tagen pro Woche vollzeitig gearbeitet. Für diese Tätigkeit bestand eine Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung.
Für den Zeitraum ab dem 01.11.2014 stellte der Beklagte die Leistungsauszahlungen vollumfänglich ein. Die Miete ab November 2014 wurde daraufhin entsprechend eines Bescheides vom 18.02.2014 durch die Stadt D. als örtlich zuständigen Sozialhilfeträger als Darlehen nach § 36 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XII] gewährt. Der Bescheid erwähnt eine Antragstellung des Klägers vom 27.10.2014.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 12.08.2015 hob der Beklagte nachträglich die Leistungsbewilligung vom 17.07.2014 auch für den Zeitraum vom 13.10.2014 bis zum 31.10.2014 auf und verlangte eine Erstattung von 436,20 EUR, von denen 201,60 EUR auf die Unterkunftskosten entfallen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass der Kläger für den Zeitraum seines Haftaufenthaltes keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gehabt habe, da er aufgrund der Inhaftierung nach § 7 Abs. 4 SGB II von Leistungen ausgeschlossen gewesen sei. Die Bewilligungsentscheidung sei wegen Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis über die Minderung bzw. Wegfall der Leistungen nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X] aufzuheben. Der Kläger wusste bzw. hätte wissen müssen, dass der ihm zuerkannte Anspruch teilweise weggefallen sei. Die überzahlten Leistungen seien daher zu erstatten.
Nur bezogen auf die Erstattung der Kosten der Unterkunft erhob der Kläger hiergegen am 31.08.2015 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass er die Miete bereits überwiesen habe, bevor er das Datum des Haftantritts erfahren habe. Dass die Leistungsauszahlung für den Monat Oktober 2014 zu diesem Zeitpunkt bereits veranlasst gewesen sei, könne man dem Kläger nicht vorwerfen. Zudem habe er den Beklagten unmittelbar nach Erhalt der Ladung über den bevorstehenden Haftantritt informiert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2015 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Beklagte habe erst durch ein Schreiben der JVA D.-H. vom 14.10.2014 erfahren, dass der Kläger vom 13.10.2014 bis voraussichtlich 12.01.2015 inhaftiert worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt sei dem Beklagten der Haftantritt unbekannt gewesen. Am 16.10.2014, als das Schreiben der JVA D.-H. bei dem Beklagten einging, seien die Leistungen für Oktober 2014 bereits ausgezahlt worden. Der Kläger sei für diesen Zeitraum nach § 7 Abs. 4 S. 2 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Dieser Leistungsausschluss greife ab dem ersten Tag der Unterbringung, hier dem 13.10.2014. Beschäftigungen von Inhaftierten u.a. in der JVA würden nicht unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeübt werden und würden daher nicht zu einer Rückausnahme nach § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB II führen. Die zu erstattenden Leistungen seien auch hinsichtlich der Rückforderung gem. § 41 SGB II anteilig pro Kalendertag zu berechnen. Hieraus ergebe sich für den Zeitraum vom 01.10.2014 bis 12.10.2014 ein Teilanspruch von insgesamt 290,80 EUR. Demgegenüber seien tatsächlich 727,00 EUR ausgezahlt worden, was eine unrechtmäßige Überzahlung in Höhe von 436,20 EUR bedeute. Ab dem 13.10.2014 liege insofern eine Änderung der Verhältnisse vor, welche nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X zur Aufhebung der Bewilligungsentscheidung berechtige, da der Kläger auch bösgläubig gewesen sei. Die Bösgläubigkeit müsse nicht bereits im Zeitpunkt der wesentlichen Änderung vorliegen. Vorliegend sei dem Kläger bekannt gewesen, dass er eine Freiheitsstrafe habe antreten müssen. Damit hätte er sich im Klaren sein müssen, dass sein Leistungsanspruch für den Zeitraum des Haftvollzuges kraft Gesetzes weggefallen sei. Bösgläubigkeit sei spätestens aufgrund des Aufenthaltes in der JVA gegeben. Da eine gebundene Entscheidung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III vorliege, seien keine Ermessenserwägungen anzustellen gewesen. Die höhenmäßige Beschränkung der Rückforderung von Anteilen für Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II sei nach S. 2 nicht anwendbar, da lediglich eine teilweise Aufhebung vorliege.
Mit Schriftsatz vom 24.09.2015, der am Folgetag bei Gericht eingegangen ist, hat der Kläger Klage vor dem SG Duisburg erhoben. Zur Begründung seiner Klage führt der Kläger aus, der Kläger habe aufgrund der kurzen Haftstrafe ein überragendes Interesse daran gehabt, die Wohnung zu behalten. Entgegen der Ansicht im Widerspruchsbescheid erfolge die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht pro Kalendertag, sondern monatlich. Aber selbst wenn dem Kläger ab dem 13.10.2014 kein Anspruch auf Unterkunftskosten mehr zugestanden hätte, würde es an den Rücknahmevoraussetzungen fehlen. Der Kläger sei schließlich nicht bösgläubig gewesen. Er habe die Unterkunftsleistungen nach dem SGB II bis zum dritten Werktag des Monats Oktober 2014 an seinen Vermieter zahlen müssen. Dies sei geschehen. Zudem habe auch er den Beklagten nach Erhalt der Ladung über den bevorstehenden Haftantritt selbst in Kenntnis gesetzt. Zwei bis drei Tage nach der Hauptverhandlung habe er die Hotline des Beklagten angerufen und seine Verurteilung mitgeteilt. Der Mitarbeiter habe geantwortet, dass er den Ladungsbefehl nach Zugang einreichen solle. Der Kläger habe dann die Ladung am 13.09.2014 erhalten und sich ausgerechnet, dass er noch seinen Geburtstag am 12.10.2014 in Freiheit begehen könne. In der Ladung sei darauf hingewiesen worden, dass er sich innerhalb von 4 Wochen – nicht innerhalb eines Monats – zum Haftantritt melden müsse. Ein Hinweis auf Folgen der Inhaftierung für den Leistungsbezug nach dem SGB II sei in der Ladung nicht enthalten gewesen. Ihm sei bei früheren Gelegenheiten gesagt worden, dass er für den Leistungsbezug wesentliche Veränderungen vor dem 25. des Monats beim Jobcenter anzeigen müsse, da diese sonst im System nicht mehr verarbeitet werden könnten. Er habe deshalb das Ladungsschreiben im Original in der 39. Kalenderwoche 2014 beim Beklagten eingereicht. Dies sei entweder Montag (22.09.2014), Dienstag (24.09.2014) oder Mittwoch (24.09.2014) bei der Dienststelle in H. geschehen. Warum dieses Schreiben sodann nicht zur Akte gelangt sei, könne sich der Kläger nicht erklären; dies werde wohl auf einem Versäumnis in der Sphäre des Beklagten beruhen. Unmittelbar nach Erhalt der Leistungen für Oktober 2014 habe er Ende September 2014 sich noch einmal telefonisch bei dem Beklagten gemeldet und nachgefragt, ob dies alles seine Richtigkeit habe. Er habe sich selbst im Vorfeld des Haftantrittes im Internet informiert und sei davon ausgegangen, dass er keinen Leistungsanspruch mehr haben werde, sobald er die Haft antrete. Er habe Kontakt zur Wohnungsnotstelle der Stadt D. aufgenommen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 12.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2015 aufzuheben, soweit die Aufhebung bewilligter Unterkunftskosten in Höhe von 201,60 EUR betroffen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt ergänzend zu den Ausführungen des Widerspruchsbescheides vor, dass vor dem Schreiben der JVA keine Information über den Haftantritt des Klägers im Oktober 2014 erfolgt sei. Hierzu könne nur auf das abgestellt werden, was an Schriftstücken vorhanden sei. Die Erhaltung von Wohnraum für Inhaftierte sei nach §§ 67, 68 Abs. 1 S. 1 SGB XII Aufgabe des Sozialhilfeträgers. Bei rechtzeitiger Antragstellung beim Sozialhilfeträger wäre es nicht zu Problemen gekommen.
Im Rahmen des Erörterungstermins vom 26.06.2017 haben die Beteiligten einen Vergleich mit Widerrufsvorbehalt mit Widerrufsfrist bis zum 07.07.2017 geschlossen. Mit Schreiben vom 06.07.2017, das am selben Tag beim SG Duisburg eingegangen ist, hat der Kläger den Vergleich widerrufen.
Bezüglich der Ergebnisse des Verhandlungstermins wird auf das Sitzungsprotokoll vom 12.12.2017 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung waren.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] ist zulässig aber unbegründet.
I. Das Gericht kann in der Sache eine Entscheidung treffen, da der Rechtsstreit nicht zuvor von den Beteiligten durch einen Vergleichsschluss am 26.06.2017 beendet worden ist. Ein Widerrufsvergleich entfaltet seine Rechtswirkungen i.S.e. aufschiebenden Bedingung regelmäßig erst nach Ablauf einer Widerrufsfrist, sofern bis zu diesem Zeitpunkt kein ordnungsgemäßer Widerruf erfolgt sein sollte (vgl. BAG, Urt. v. 13.06.2007 – 7 AZR 287/06, juris, Rn. 13; BGH, Urt. v. 27.10.1983 – IX ZR 68/83, juris, Rn. 11). Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2017 lag kein verfahrensbeendender Vergleichsvertrag vor. Der am 26.06.2016 geschlossene Vergleich enthielt in Ziffer 5 einen Widerrufsvorbehalt, nach dem die Beteiligten das Recht hatten, den Vergleich bis zum 07.07.2017 gegenüber dem Gericht zu widerrufen. Die mit dem Vergleichsschluss verbundene Beendigung des Rechtsstreites ist nie eingetreten, da der Widerrufsvergleich fristgemäß durch die Widerrufserklärung des Klägers vom 06.07.2017 beseitigt worden ist, die am 06.07.2017 beim SG Duisburg eingegangen ist.
II. Die auch im Übrigen zulässige Klage ist als sog. isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 SGG statthaft. Dem Klagebegehren des Klägers, Beseitigung der Rückzahlungspflicht bzgl. der Unterkunftskosten für Oktober 2014 in Höhe von 201,60 EUR, kann bereits mit der entsprechenden Aufhebung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 12.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2015 durch das Gericht entsprochen werden. Streitgegenständlich sind vorliegend allein die Anteile der Unterkunftskosten, weil der Kläger den Klagegegenstand entsprechend im Widerspruchs- und Klageverfahren beschränkt hat.
III. Die Klage ist unbegründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 12.08.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2015 bzgl. der Aufhebung- und Erstattung der Unterkunftskosten für Oktober 2014 in Höhe von 201,60 EUR ist rechtmäßig.
1. Wie der Beklagte zu Recht ausgeführt hat, ist § 48 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III], § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a.F. die zutreffende Ermächtigungsgrundlage der Aufhebungsentscheidung für die zugrundeliegende Bewilligungsentscheidung vom 17.07.2014. Hinsichtlich des späteren Haftantrittes im Oktober 2014 kommt allenfalls eine sog. nachträgliche Rechtswidrigkeit der Bewilligungsentscheidung nach ihrem Erlasszeitpunkt in Betracht.
2. Die Aufhebung ist formell rechtmäßig erfolgt. Dass eine notwendige Anhörung des Klägers nach § 24 Abs. 1 SGB X vor Erlass der Aufhebungsentscheidung versäumt worden ist, führt vorliegend nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheides. Denn der Kläger konnte sich im Rahmen des durchgeführten Widerspruchsverfahrens zu allen relevanten Umständen, die ihm zuvor durch die Begründung der Aufhebungsentscheidung bekannt waren, ausreichend äußern, so dass eine Heilung nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X eingetreten ist (vgl. hierzu: BSG, Urt. v. 09.11.2010 – B 4 AS 37/09 R, juris, Rn. 17 m.w.N.; Schneider-Danwitz, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 41 SGB X, Rn. 31; Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 40, Rn. 14).
3. Die Aufhebungsentscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Der Tatbestand des § 48 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III, § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II a.F. ist erfüllt (a)). Die Rechtsfolgen der Vorschrift sind von dem Beklagten zutreffend angewandt worden (b)). Eine Aufhebung ist schließlich auch nicht systematisch durch § 107 SGB X ausgeschlossen (c)).
a) Der Tatbestand des § 48 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 4 SGB X ist erfüllt. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
aa) Bei der Bewilligungsentscheidung vom 17.07.2014 handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, da die entsprechende Bewilligungsentscheidung über den Erlasszeitpunkt hinausgehend Rechtswirkungen für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis zum 31.01.2015 entfaltet (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25.08.2016 – L 7 AS 1942/13, juris, Rn. 40; Brandenburg, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 48 SGB X, Rn. 54 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
bb) Die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse, die der Bewilligungsentscheidung vom 17.07.2014 zugrunde lagen, haben sich mit der Inhaftierung des Klägers zum 13.10.2014 i.S.d. § 48 SGB X nachträglich wesentlich geändert. Eine wesentliche, nachträgliche Änderung liegt insbesondere dann vor, wenn die Ausgangsentscheidung wegen einer Änderung nach Erlass des Verwaltungsaktes – so - nicht mehr getroffen werden könnte (BSG, Urt. v. 19.02.1986 – 7 RAr 55/84, juris, Rn. 15 – "Wesentlich sind alle Änderungen, die dazu führen, daß die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen."; Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 48 SGB X, Rn. 4 ff., 12 m.w.N. aus der Rechtsprechung).
Die Leistungsbewilligung vom 17.07.2014, die u.a. für den Zeitraum vom 13.10.2014 bis 31.10.2014 von einem fortbestehenden Leistungsanspruch des Klägers nach dem SGB II ausging, hätte aufgrund der Inhaftierung des Klägers zum 13.10.2014 so nicht mehr getroffen werden dürfen. Mit der Inhaftierung des Klägers ist der Leistungsanspruch des Klägers nach dem SGB II für den Zeitraum ab dem 13.10.2014 weggefallen, da der Kläger nach § 7 Abs. 4 S. 1 und 2 SGB II von Leistungen ausgeschlossen war (1.). Eine Rückausnahme nach § 7 Abs. 4 S. 3 SGB II kommt vorliegend nicht in Betracht (2.). Einem Wegfall der Leistungspflicht des Beklagten für den (Teil-) Zeitraum ab dem 13.10.2014 steht entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht entgegen, dass die Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung bezogen auf den gesamten Monat ermittelt werden (3.).
(1.) Nach § 7 Abs. 4 S. 1 SGB X erhält derjenige keine Leistungen nach dem SGB II, der in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung nach § 7 Abs. 4 S. 2 SGB II gleichgestellt.
Der Kläger hielt sich seit dem 13.10.2014 zum Vollzug seiner mit rechtskräftiger richterlicher Entscheidung aus Juli 2014 angeordneten Inhaftierung tatsächlich in der JVA D.-H. auf und unterfällt seit diesem Tag dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 4 S. 2 SGB II. Denn der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II gilt unabhängig von der Aufenthaltsdauer ab dem ersten Tag des Aufenthalts in der Einrichtung und erfasst alle richterlich angeordneten Freiheitsentziehungen in sämtlichen Rechtsbereichen (Leopold, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7, Rn. 238 ff.).
(2.) Vorliegend greift zugunsten des Klägers auch nicht die Rückausnahme nach § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB II ein. Nach § 7 Abs. 4 S. 3 SGB II erhält abweichend von Satz 1 derjenige Leistungen nach dem SGB II, der voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus untergebracht ist (Nr. 1) oder in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist (Nr. 2).
Dass der Kläger während der Haft an sechs Tagen pro Woche in der JVA D.-H. vollzeitig gearbeitet hat und für diese Tätigkeit eine Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung, führt vorliegend nicht dazu, dass die Ausnahmevoraussetzungen des § 7 Abs. 4 S. 3 Nr. 2 SGB II erfüllt wären.
Denn Arbeitstätigkeiten im Freiheitsentzug für eine JVA werden - unabhängig von der Frage, ob eine Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III in der Arbeitslosenversicherung besteht - gerade nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erbracht (so im Ergebnis auch: LSG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 07.11.2006 – L 29 B 804/06 AS ER, juris, Rn. 26; Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 7, Rn. 250, 252). Dies würde eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit voraussetzen, die gegeben ist, wenn die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses hinsichtlich Arbeitsentgelt, Arbeitsort sowie Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeit den Bedingungen der Mehrheit der Arbeitsverhältnisse entsprechen (SG Düsseldorf, Beschl. v. 15.12.2006 – S 28 AS 336/06 ER, juris, Rn. 15 – "Der Begriff der Erwerbstätigkeit umfasst jede auf das Erzielen von Einkünften gerichtete Verwertung der Arbeitskraft, wobei dies nicht nur in einer abhängigen Beschäftigung (im Sinne des § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch -Gemeinsame Vorschriften- SGB IV), sondern auch in anderen Tätigkeitsformen (bspw. selbständige oder freiberufliche Tätigkeit) erfolgen kann [ ]. Übliche Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ist ein im Sozialversicherungsrecht, insbesondere Rentenversicherungsrecht geprägter Begriff. [ ] Übliche Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sind solche, die bei einer beachtlichen Zahl von Arbeitsverhältnissen vorhanden sind. Danach müssen Dauer, Lage und Verteilung der Arbeitszeiten, persönlichen Verteilzeiten und Pausenzeiten sowie weiterer Arbeitsumstände (Außerhäuslichkeit des Arbeitsplatzes und Wegefähigkeit des Betroffenen, um diesen zu erreichen etc.) den am allgemeinen Arbeitsmarkt üblichen Bedingungen entsprechen."). Diese Voraussetzungen sind bei Beschäftigungen in der JVA nicht erfüllt, da bereits die Sondervorschrift in § 26 Abs. 1 Nr. 4 SGB III für Strafgefangene zeigt, dass diese gerade nicht im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. § 7 SGB IV, § 25 SGB III tätig sind. Zudem sind die Tätigkeiten nicht dazu bestimmt in das allgemeine Wirtschaftsleben außerhalb der JVA einfließen. Insofern wird die Tätigkeit für die JVA selbst verrichtet nicht für einen externen Arbeitgeber ausgeübt. Schließlich beruhen die Tätigkeiten regelmäßig auch nicht der Aufnahme einer anderen Erwerbstätigkeit vergleichbar, weil sie aufgrund gesetzlicher Arbeitspflichten ausgeübt werden (a.A. scheinbar: SG Düsseldorf, Beschl. v. 15.12.2006 – S 28 AS 336/06 ER, juris, Rn. 15).
(3.) Sofern der Prozessbevollmächtigte ausführt, dass das Bundessozialgericht festgestellt habe, dass die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung monatlich erfolge und nicht pro Kalendertag, missversteht der Prozessbevollmächtigte die entsprechenden Ausführungen der Rechtsprechung.
Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II sind ein Bestandteil der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach §§ 19 ff. SGB II. Diese Leistungen werden nach § 41 Abs. 1 S. 1 SGB II für jeden Kalendertag gesondert erbracht, wobei der Monat mit 30 Tagen berechnet wird. Wenn die Leistungen einem Leistungsberechtigten nicht für einen vollen Monat zustehen, werden die Leistungen nach § 41 Abs. 1 S. 3 SGB II auch nur anteilig erbracht. Sofern das Bundessozialgericht ausführt, dass die Kosten der Unterkunft für einen ganzen Kalendermonat zu ermitteln sind (BSG, Urt. v. 29.11.2012 – B 14 AS 36/12 R, juris, Rn. 14 – "Die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung hat monatsweise zu erfolgen, obwohl zur Prüfung der Angemessenheit bei der Nutzung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen auf die im Kalenderjahr anfallenden Kosten abzustellen ist, weil vor allem die Betriebskosten für Eigenheime (etwa Grundsteuern, Beiträge zu Versicherungen) nicht monatlich, sondern ggf jährlich, halbjährlich oder vierteljährlich anfallen [ ]. Eine Rechtsgrundlage für die Berechnung eines Durchschnittsbetrags, der dann der Bedarfs- und Leistungsberechnung in den einzelnen Monaten zugrunde gelegt wird, um zB die Kosten des Heizöls bei einer einmaligen Betankung auf das ganze Jahr zu verteilen, ist trotz einer denkbaren Verwaltungsvereinfachung nicht zu erkennen [ ]."), bedeutet dies nicht, dass damit eine abweichende zeitliche Zuordnung der Leistungsbestandteile verbunden wäre (vgl. allgemein auch: Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 41, Rn. 22 ff.; Kallert, in: Gagel, SGB II / SGB III, 67. Ergänzungslieferung September 2017, § 41 SGB II, Rn. 17). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des Gesetzes, der allgemein von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (3. Kapitel, 2. Abschnitt des SGB II - §§ 19 ff., 22 SGB II) spricht und nicht nur von Regelbedarf (§ 19, 20 SGB II). Die Ausführungen des Bundessozialgerichts, auf die der Prozessbevollmächtigte Bezug nehmen möchte, beziehen sich auch erkennbar auf eine andere Fragestellung, nämlich die Ermittlung der Unterkunftskosten nach Einzel- oder Durchschnittsmonaten, als die hier einschlägige Fragestellung, welchen Einzelzeiträumen die so zutreffend ermittelten Bedarfe bei Leistungsbewilligung bzw. –aufhebung zuzuordnen sind.
cc) Vorliegend sind auch die Voraussetzungen für eine Aufhebung für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X erfüllt. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste - weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat -, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Die entsprechenden Sondervoraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X sind vorliegend einzuhalten, da mit dem Aufhebungsbescheid vom 12.08.2015 durch den Beklagten keine Aufhebung für die Zukunft, sondern die Vergangenheit vorgenommen wird. Mit dem Aufhebungsbescheid vom 12.08.2015 soll eine Aufhebung der Leistungen für den Zeitraum vom 13.10.2014 bis zum 31.10.2014 erfolgen, die bereits vor Bekanntgabe des Aufhebungsbescheides für den Kläger ausgezahlt worden waren.
Entsprechend der Parallelvorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X handelt derjenige grob fahrlässig im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X, der die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und deshalb nicht erkennt, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Maßgebend dafür ist dabei ein subjektiver Maßstab (BSG, Urt. v. 13.12.1972, 7 RKg 9/69; BSG, Urt. v. 27.07.2000, B 7 AL 88/99 R; BSG, Urt. v. 8.2.2001, B 11 AL 21/00 R). Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt danach, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 04.09.2013 – L 8 LW 7/13 B ER, juris, Rn. 28 m.w.N.). Soweit ersichtlich besteht Einigkeit in der Frage, dass eine frühere oder spätere Gutgläubigkeit des Bürgers für eine Aufhebung unerheblich ist, sofern der Bürger zum maßgeblichen Zeitpunkt bösgläubig gewesen ist. Wie dieser insofern maßgebliche Zeitpunkt, in dem ein Verschulden nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X vorliegen muss, jedoch zu bestimmen ist, wird hingegen nur auf den ersten Blick uneinheitlich beurteilt. Überwiegend wird – scheinbar unter Bezugnahme auf den Schutzzweck der Aufhebungsvorschriften - davon ausgegangen, dass auf den Zeitpunkt abzustellen ist, an dem Empfänger Kenntnis von der jeweiligen Leistungsauskehr erhalten hat (vgl. BSG, Urt. v. 15.02.1979 – 7 RAr 63/77, juris, Rn. 16 – "Der Kläger hat beim Empfang des Alg von insgesamt 1.328,40 DM gewußt, daß ihm diese Leistung nicht zustand. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG [ ] hat der Kläger dieses Wissen im Zeitpunkt des Erhalts der Kontenauszüge gehabt. Dies ist im vorliegenden Fall der Zeitpunkt, in dem der Kläger gewußt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewußt haben muß, daß die Voraussetzungen für die Leistung nicht vorlagen."; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 10.07.2013 – L 3 AS 2083/11, juris, Rn. 27; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27.08.2010 – L 22 R 1957/08, juris, Rn. 44; Hessisches LSG, Urt. v. 24.04.2006 – L 9 AL 786/03, juris, Rn. 20; Schütze, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 48 SGB X, Rn. 28 – "Die Kenntnis oder die grob fahrlässige Unkenntnis vom Wegfall oder Ruhen der Bezugsberechtigung muss in dem Zeitpunkt bestanden haben, in dem der Empfänger Kenntnis von der Auszahlung oder Weiterleitung erhalten hat."). Sofern teilweise in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X ausgeführt wird, dass das Verschulden frühestens ab dem Zeitpunkt der tatsächlichen Änderung der maßgeblichen Verhältnisse zur Aufhebung führen kann bzw. eine Aufhebung spätestens ab dem - erstmaligen - Zeitpunkt des Eintritts der Bösgläubigkeit erfolgt, wenn diese nicht bereits zum Zeitpunkt der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse vorgelegen hat (vgl. etwa: BSG, Urt. v. 19.02.1986 – 7 RAr 55/84, juris, Rn. 18; LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 28.01.2004 – L 12 AL 115/03, juris, Rn. 28; Heße, in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 46. Edition, Stand: 01.09.2017, Rn. 32; Steinwedel, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 96. EL September 2017, § 48 SGB X, Rn. 53), versteht die Kammer diese Ausführungen nicht als abweichende Bestimmungen des maßgeblichen Zeitpunktes für das Vorliegen der Bösgläubigkeit i.S.d. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X. Vielmehr betonen diese Ansichten zu Recht, dass - unabhängig von einem bereits früheren Eintritt der Bösgläubigkeit oder einer Änderung der Verhältnisse - eine Aufhebung nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X erst rückwirkend zu dem Zeitpunkt erfolgen kann, in dem beide Aufhebungsvoraussetzungen (Änderung und Bösgläubigkeit) erstmalig kumulativ erfüllt worden sind. Eine abweichende Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes für die Beurteilung des Vorliegens der subjektiven Aufhebungsvoraussetzungen bei § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X ist hiermit nicht verbunden.
Die Kammer sieht es im Rahmen der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG als erwiesen an, dass der Kläger in Folge seiner eigenen Internetrecherche - bei der er nach eigener Darstellung erfahren hatte, dass er keinen Leistungsanspruch mehr haben werde, sobald er die Haft antritt – zum maßgeblichen Zeitpunkt der fraglichen Leistungen Ende September 2014 gerade nicht davon ausging, dass während seiner Haftdauer in der JVA D.-H. noch ein Leistungsanspruch gegenüber dem Beklagten bestehen würde. Für ein entsprechendes Wissen des Klägers sprechen auch die Kontaktaufnahme mit der Wohnungsnotstelle der Stadt D. sowie die eigenen Kontaktaufnahmen des Klägers mit dem Jobcenter. Denn wenn der Kläger subjektiv nicht bereits davon ausgegangen wäre, dass er ab Oktober 2014 wegen des bevorstehenden Haftantrittes nicht länger leistungsberechtigt gewesen wäre, würde sich nicht erklären, warum der Kläger sich nach eigener Darstellung Ende September 2014 telefonisch noch einmal rückversichert hätte, dass die Leistungsauskehr für Oktober 2014 seine Richtigkeit hat.
Die entsprechenden Kenntnisse des Klägers begründen eine ausreichende Kenntnis bzw. zumindest grob fahrlässige Kenntnis des Klägers davon, dass der mit Bewilligungsbescheid vom 17.07.2014 zuerkannte Leistungsanspruch mit dem Haftantritt zum 13.10.2014 nicht länger bestanden hat. Nachdem der Kläger die Haftantrittsladung bereits Mitte September 2014 erhalten hatte, bestand die grob fahrlässige Unkenntnis auch schon zum maßgeblichen Zeitpunkt der Auskehr der fraglichen Oktoberleistungen Ende September 2014. Inwiefern durch eine spätere Antwort des Beklagten, dass mit der gesamten Leistungsauszahlung für Oktober 2014 "alles richtig wäre", die der Kläger nach eigener – nicht weiter substantiierter - Aussage an der Hotline des Beklagten erhalten hat, unabhängig von Leistungsbewilligung und –auszahlung ein anderer, späterer Vertrauenstatbestand neu geschaffen worden ist, kann das Gericht dahingestellt lassen. Denn zum insofern für § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X maßgeblichen Zeitpunkt der Leistungsauszahlung Ende September 2014 war jedenfalls eine ausreichende grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von einer entsprechenden Leistungsberechtigung gegeben.
Die vom Prozessbevollmächtigten angebrachte Differenzierung, dass der Kläger infolge seiner eigenen Internetrecherchen davon ausgegangen sei, dass allein der Regelbedarf wegfalle, während er gleichzeitig davon ausgegangen sei, dass Kosten der Unterkunft weiterhin erbracht werden würden, stellt sich für die Kammer als eine lebensfremde Schutzbehauptung dar. Für eine derart feinsinnige Differenzierung des Klägers nach einzelnen Leistungsarten bietet der Sachvortrag des Klägers keinerlei Anhaltspunkte. Es erscheint vielmehr naheliegend, dass derjenige, der erfährt, dass er mit einer Inhaftierung seine Ansprüche gegenüber dem Beklagten verliert, davon ausgehen wird, dass dies sämtliche Ansprüche – einschließlich der Miete - betrifft. Für ein entsprechendes Klägerverständnis spricht auch die tatsächliche Kontaktaufnahme des Klägers mit der Wohnungsnotstelle der Stadt D ...
Auf die Frage, ob die Haftantrittsladung des Klägers einen entsprechenden Hinweis enthielt, kommt es daher nicht mehr an. Ob der Kläger zusätzlich auch die Voraussetzungen für einen Aufhebungsgrund des § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X erfüllt hat (schuldhafte Verletzungen von Mitteilungspflichten), kann das Gericht ebenfalls dahingestellt lassen.
dd) Die weiteren Aufhebungsvoraussetzungen des § 48 Abs. 3, Abs. 4 SGB X sind ebenfalls erfüllt.
b) § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 S. 1 SGB III sieht bei § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 SGB X eine rückwirkende Aufhebung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse als gebundene Entscheidung vor. Diesen Rechtsfolgen ist der Beklagte mit der Aufhebungsentscheidung vom 12.08.2015 gerecht geworden, indem sie die Leistungsbewilligung für den Zeitraum ab dem 13.10.2014 aufhoben hat.
c) Nach Ansicht der Kammer ist die Aufhebung der Leistungsbewilligung vom 17.07.2014 auch nicht ausgeschlossen, weil der Beklagte vorrangig darauf verwiesen wäre, einen Erstattungsanspruch nach § 102 ff. SGB X gegenüber dem örtlichen zuständigen Sozialhilfeträger geltend zu machen.
Aus systematischen Erwägungen scheidet die Aufhebung eines Verwaltungsaktes aus, soweit hierdurch eine Erfüllungsfiktion nach § 107 Abs. 1 SGB X für einen anderen Leistungsträger gegeben ist. Statt der Aufhebung der Leistungen mit Erfüllungswirkung ist der leistende Sozialleistungsträger dann auf seine Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB X gegenüber dem Sozialleistungsträger beschränkt, für den eine Erfüllungswirkung eingetreten ist (vgl. hierzu insgesamt: BSG, Urt. v. 22.05.2002 – B 8 KN 11/00 R, juris, Rn. 15 ff.; Padé in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 45 SGB X, Rn. 13 m.w.N.).
Das Gericht kann hier jedoch offenlassen, ob dem Kläger gegenüber dem örtlich zuständigen Sozialhilfeträger für die Zeit seiner Inhaftierung bspw. nach §§ 67, 68 SGB XII ein Anspruch auf zuschussweise Übernahme der Unterkunftskosten für den Zeitraum vom 13.10.2014 bis zum 31.10.2014 zugestanden hat (vgl. zu diesem Anspruch: LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.05.2011 – L 9 SO 105/10, juris, Rn. 27 ff.; Wehrhahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 68 SGB XII, Rn. 33) oder zumindest ein Anspruch auf weitere Darlehensleistungen nach § 36 SGB XII bestand. Der Beklagte ist unabhängig von dem Bestehen derartiger Ansprüche mangels eingetretener Erfüllungsfiktion nach § 107 Abs. 1 SGB X nicht an einer Aufhebung der Leistungsbewilligung vom Leistungsbewilligung vom 17.07.2014 gehindert. Denn ein für die Anwendung des § 107 Abs. 1 SGB X notwendiger Erstattungsanspruch des Beklagten nach den §§ 102 ff. SGB X gegenüber dem Sozialhilfeträger besteht nicht für die Leistungen, welche dieser in dem Zeitraum vom 13.10.2014 bis zum 31.10.2014 gegenüber dem Kläger erbracht hat.
Ein entsprechender Erstattungsanspruch kommt für den Beklagten allenfalls nach § 105 Abs. 1, Abs. 2 SGB X in Betracht. Hat ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass – wie im vorliegenden Fall - die Voraussetzungen von § 102 Abs. 1 SGB X für vorläufig erbrachte Leistungen vorliegen, ist der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Dem Grunde nach ist diese Vorschrift auch dann anzuwenden, wenn anstelle von zustehenden Leistungen nach dem SGB XII zu Unrecht Leistungen nach dem SGB II erbracht worden sind (vgl. Kater, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 96. EL September 2017, § 105 SGB X, Rn. 59 ff.). Für Erstattungsansprüche nach § 105 Abs. 1, Abs. 2 SGB X, die gegenüber Trägern der Sozialhilfe geltend gemacht werden, begrenzt die Sonderregelung des § 105 Abs. 3 SGB X die Erstattung allerdings auf die Leistungen, die ab dem Zeitpunkt erbracht werden, von dem an dem Sozialhilfeträger bekannt war, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht vorlagen.
Ausgehend hiervon hat der Beklagte, mangels Kenntnis des Sozialhilfeträgers von seiner Leistungspflicht zum Zeitpunkt der Leistungserbringung durch den Beklagten Ende September 2014, keinen Erstattungsanspruch nach § 105 Abs. 1, Abs. 2 SGB X gegenüber dem zuständigen Sozialhilfeträger.
aa) Positive Kenntnis von einer Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers hatte der Sozialhilfeträger erstmalig am 27.10.2014 mit der Antragstellung des Klägers auf Leistungen nach dem SGB XII erlangt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Leistungen des Beklagten nach dem SGB II für Oktober 2014 allerdings bereits durch den Beklagten vollständig erbracht worden. Frühere Kontaktaufnahmen vor Leistungsauszahlung Ende September 2014 mit der Wohnungsnotstelle der Stadt D. hat der Kläger nicht vorgetragen. Vielmehr sprach der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung davon, dass eine frühere Kontaktaufnahme mit der Wohnungsnotstelle D. in der Vergangenheit gerade nicht wegen einer Inhaftierung erfolgte.
bb) Hinsichtlich der Frage, ob dem Sozialhilfeträger im Rahmen des § 105 Abs. 3 SGB X die Kenntnis des Beklagten von der Hilfebedürftigkeit der Klägerin und der erfolgten Leistungserbringung zugerechnet werden kann, geht die allgemeine Ansicht davon aus, dass eine Zurechnung der Kenntnis an den Sozialhilfeträger nicht möglich sei (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.10.2008 – L 7 AS 34/08, juris, Rn. 64; Prange in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 105 SGB X, Rn. 55 m.w.N.; Roos, in: v. Wulffen / Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 105, Rn. 13; Kater, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 96. EL September 2017, § 105 SGB X, Rn. 28 m.w.N.).
Die Kammer hält an dieser bisherigen Ansicht auf der Ebene der Erstattungsansprüche nach §§ 102 ff. SGB II fest, auch wenn zwischenzeitlich auf der Ebene der Leistungsansprüche anerkannt worden ist, dass dem Sozialhilfeträger eine Kenntnis anderer Behörden (sozial-) leistungsbegründend analog § 16 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I] zugerechnet werden kann (vgl. etwa: BSG, Urt. v. 03.12.2015 – B 4 AS 44/15 R, juris, Rn. 39; BSG, Beschl. v. 13.02.2014 – B 8 SO 58/13 B, juris, Rn. 8 m.w.N.; BSG, Urt. v. 02.12.2014 – B 14 AS 66/13 R, juris, Rn. 25 – "Die nach § 18 Abs 1 SGB XII [ ] erforderliche Kenntnis des beigeladenen Trägers der Sozialhilfe setzte hier mit der Antragstellung des Klägers beim Beklagten [dem Jobcenter] am 22.10.2010 ein. Denn nach der Rechtsprechung [ ] gilt § 16 SGB I, der Regelungen zur Antragstellung auf Sozialleistungen trifft, auch für die Sozialhilfe, obwohl diese nicht im eigentlichen Sinne antragsabhängig ist, und vermittelt die Antragstellung beim unzuständigen Leistungsträger die nach § 18 SGB XII erforderliche Kenntnis [ ]. Im Zweifel ist danach davon auszugehen, dass ein Antrag auf Leistungen nach dem SGB II wegen der gleichen Ausgangslage (Bedürftigkeit und Bedarf) auch als Antrag nach dem SGB XII zu werten ist.").
Für ein Festhalten an der bisherigen Rechtsprechung sprechen Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Systematik und Sinn und Zweck des § 105 Abs. 3 SGB X.
(1) Der Wortlaut des § 105 Abs. 3 SGB X stellt für den Zeitpunkt des Einsetzens der Erstattungspflicht ausdrücklich auf die eigene Kenntnis des Sozialhilfeträgers ab.
(2) Die Entstehungsgeschichte des § 105 SGB X (vgl. BT-Drs. 9/95, S. 39 zu den Vorgängervorschriften der §§ 109, 111) spricht ebenfalls nicht für eine Zurechnung der Kenntnis von anderen Behörden. Vielmehr ging der Gesetzgeber von einer Selbstverständlichkeit aus, dass es dem durch das sog. Gegenwärtigkeitsprinzip geprägten Leistungsrecht der in § 105 Abs. 3 SGB X aufgeführten Träger entspreche, dass ein auch zu Unrecht durch andere Leistungsträger gedeckter Bedarf nicht nachträglich durch Leistungen der Sozialhilfe gedeckt werden müsse.
(3) Auch die Systematik spricht gegen eine Erweiterung der § 105 Abs. 3 SGB X um die Möglichkeit einer Zurechnung der Kenntnis anderer Leistungsträger an den Sozialhilfeträger. § 105 Abs. 3 SGB X soll – abweichend von der allgemeinen Grundregelung des § 105 Abs. 1, Abs. 2 SGB X - gerade einen privilegierten Sonderstatus für die aufgeführten Leistungsträger begründen. Hiervon bliebe bei einer Zurechnung der Kenntnis kaum noch ein denkbarer Anwendungsfall.
Sofern die Zurechnungsmöglichkeit zudem auf der Ebene der Leistungsansprüche aus einer analogen Anwendung des Rechtsgedankens aus § 16 SGB I begründet wird, der eine gegenseitige Zurechnung anspruchsbegründende Antragstellungen für Sozialleistungsansprüche des Bürgers i.S.d. § 11 SGB I regelt, ist diese Begründung nicht auf die Ebene der wesensfremden Erstattungsansprüche unter staatlichen Behörden nach § 102 ff. SGB X übertragbar. Für die Ebene der Erstattungsansprüche fehlt ein entsprechender normativer Anknüpfungspunkt für eine Zurechnung, der § 16 SGB I vergleichbar wäre.
(4) Auch der Sinn und Zweck des § 105 Abs. 3 SGB X, der gerade in einer Begrenzung der Zeiträume liegt, für die der Sozialhilfeträger Leistungen zu erbringen haben soll, spricht gegen eine Erweiterung der Möglichkeit einer Kenntniszurechnung.
Gegen die Ablehnung einer Zurechnung der Kenntnis von anderen Behörden spricht dabei auch nicht der Umstand, dass in bestimmten Fallkonstellationen – wie im vorliegenden Fall – der zu Unrecht leistende Leistungsträger ungehindert seine Leistungsbescheide für die Vergangenheit zu Lasten des Bürgers zurücknehmen kann, obwohl der Bürger zumindest einen Anspruch auf Sozialleistungen gegen den Sozialhilfeträger hatte, den er nun für die Vergangenheit nicht mehr vollumfänglich geltend machen kann. Diese Problematik ist jedoch nicht in die Ebene der Erstattungsansprüche zu verlagern, sondern kann im Rahmen des hierfür einschlägigen Vertrauensschutzes bei der Aufhebung eines Verwaltungsaktes ausreichend berücksichtigt werden. Sofern – anders als im vorliegenden Fall - ein schutzwürdiges Vertrauen des Begünstigten besteht, kommt eine nachteilige Aufhebungsentscheidung nicht in Betracht.
4. Eine Rechtswidrigkeit der Erstattungsentscheidung nach § 50 Abs. 1 SGB X ist nach dem bereits Ausgeführten nicht ersichtlich. Insbesondere ist der Erstattungsbetrag von 201,60 EUR der Höhe nach zutreffend berechnet. Die Begrenzung des § 40 Abs. 4 S. 1 SGB II war aufgrund der nur teilweisen Leistungsaufhebung für Oktober 2014 nach § 40 Abs. 4 S. 2 SGB X nicht anwendbar.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved