Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 37 AL 1698/96
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 14/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 20. Dezember 2000 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen und das Ruhen des Anspruches wegen teilweiser Anrechnung einer Abfindung streitig.
Die 1939 geborene Klägerin war vom 01.06.1969 bis 31.12. 1995 als Pharmaberaterin bei der Arzneimittelwerk D. GmbH bzw. bei von diesem Unternehmen übernommenen Firmen beschäftigt. Vom 01.01. bis 04.08.1996 bezog sie Krankengeld. Am 30.07.1996 meldete sie sich arbeitslos und beantragte Alg. Nach der von ihr vorgelegten Auflösungsvereinbarung vom 27.06.1995, auf der allerdings die Unterschrift der Klägerin fehlt, wurde das Arbeitsverhältnis zum 31.12.1995 "aus betriebsbedingten Gründen und auf ausschließliche Veranlassung der Arbeitgeberin zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen Arbeitgeberkündigung" beendet. Gemäß Betriebsvereinbarung Nr. 8/93 entfalle der Arbeitsplatz wegen struktureller Änderungen des Außendienstes. Ein anderer zumutbarer Arbeitsplatz sei nicht möglich. Die Klägerin erhalte für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 62.188,00 DM.
In der Betriebsvereinbarung Nr. 8/93 vom 16.08.1993 heißt es, diese gelte für Mitarbeiter, die das 57. Lebensjahr vollendet hätten (in Sonderfällen auch früher) und denen aus betriebsbedingten Gründen eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahe gelegt werde. Voraussetzung dafür sei, dass deren Arbeitsplatz infolge Umstrukturierung oder Rationalisierung wegfalle bzw. für einen anderen Mitarbeiter freigemacht werde. Die Vereinbarung gelte, wenn eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses erfolge. Der früheste Termin des Ausscheidens liege grundsätzlich 32 Monate vor Vollendung des 60. Lebensjahres.
In einer Protokollnotiz vom 08.05.1995 heißt es, das in der Betriebsvereinbarung Nr. 3/94 vom 30.09.1994 vereinbarte Konzept einer schrittweisen Reduzierung um ca. 350 Mitarbeiter im Zeitraum bis 31.12.1996 reiche unter Berücksichtigung der angespannten Marktsituation und der zu erwartenden arbeitsmarkt- politischen Maßnahmen nicht aus, um oben genannte Zielsetzung zu verwirklichen. Es sei daher erforderlich, das Tempo der Personalkostenreduktion zu beschleunigen mit der Folge, dass die für das Jahr 1996 konzipierten personellen Einzelmaßnahmen zum Teil bereits im Jahre 1995 umzusetzen seien. Von dieser Regelung würden arbeitgeberseitige Kündigungen aus betriebsbedingten Gründen erfasst, die den Mitarbeitern ab dem 01.01.1995 zugegangen seien bzw. im Jahre 1995 noch zugingen und die das Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der maßgeblichen Kündigungsfrist spätestens zum 31.12.1995 wirksam beendeten. Sie gelte nur für Mitarbeiter, die im Laufe des Jahres 1996 bis einschließlich 31.12.1996 das Lebensalter 57 Jahre plus 4 Monate erreichten und deren Arbeitsplatz infolge Implementierung der Sesam-Projekte wegfalle bzw. für einen anderen Mitarbeiter freigemacht werden solle. Die der Protokollnotiz unterliegenden Mitarbeitern erhielten neben ihren Ansprüchen aus dem Sozialplan Nr. 8/93 eine zusätzliche Leistung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahre 1995. Diese betrage 50 % des durchschnittlichen monatlichen Bruttoverdienstes multipliziert mit der Anzahl der Monate zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Erreichen des Lebensalters 57 Jahre plus 4 Monate. Die zusätzliche Leistung werde Mitarbeitern, die nicht zum Abschluss einer Abwicklungsvereinbarung bereit seien, nicht gewährt.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin ab 05.08.1996 Alg. Mit Bescheid vom 02.09.1996 stellte sie den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.01. bis 24.03.1996 und die Minderung des Anspruches um 208 Tage fest. Mit weiterem Bescheid vom 02.09.1996 stellte sie das Ruhen für 40 Kalendertage vom 25.03. bis 03.05.1996 und eine Minderung um 35 Leistungstage fest.
Im Rahmen des anschließenden Widerspruchsverfahrens erläuterte der Arbeitgeber auf Anfrage der Beklagten die Zusammensetzung der der Klägerin gezahlten Abfindung dahingehend, dass sich aus der Betriebsvereinbarung Nr. 8/93 eine Abfindung von 31.875,20 DM und aus jener vom 08.05.1995 von 30.312,56 DM ergeben habe. Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.1996 zurück.
Mit ihrer zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin angegeben, als Mitarbeiterin der wissenschaftlichen Abteilung für die Bezirke Fürstenfeldbruck, Garmisch-Partenkirchen, Weilheim, Starnberg, Miesbach, Bad Tölz, Wolfratshausen, Rosenheim, Bad Aibling, Landsberg und Schongau eingesetzt gewesen zu sein. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei ausschließliche auf Veranlassung des Arbeitgebers und zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen Arbeitgeberkündigung, wie ihr erklärt worden sei, zustande gekommen. Sie hat eine diesbezügliche Erklärung des Arbeitgebers vom 06.09.1996 vorgelegt, in der es zusätzlich heißt, der Klägerin habe kein anderer zumutbarer Arbeitsplatz innerhalb des Unternehmens angeboten werden können. Weiterhin hat sie eine Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden R. vorgelegt, wonach am 09.06.1995 dem Betriebsrat die betriebsbedingte Aufhebung des Anstellungsvertrages zum 31.12.1995 angezeigt und gleichzeitig erklärt worden sei, es werde die betriebsbedingte Kündigung folgen, sollte es nicht zum Aufhebungsvertrag kommen. Der Betriebsrat habe im Rahmen der Anhörungsfrist bis 13.06.1995 die vorgeschlagene Vorgehensweise zur Kenntnis genommen. In einer weiteren Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden vom 17.07.1997 heißt es, im Jahre 1995 seien Strukturveränderungen im Außendienst erforderlich geworden, die sowohl zu betriebsbedingten Kündigungen als auch zu Aufhebungsverträgen geführt hätten. Bei der Prüfung der personellen Einzelmaßnahmen sei auch die geringe Schutzbedürftigkeit von Außendienstmitarbeiterinnen im fortgeschrittenen Lebensalter gewertet worden. Sofern eine betriebsbedingte Kündigung gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz angezeigt worden sei, sei dieser vom Betriebsrat nicht widersprochen worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 20.12.2000 hat das SG München die Bescheide aufgehoben. Nach Auffassung des Gerichts hat die Klägerin einen wichtigen Grund gehabt, ihr Arbeitsverhältnis aufzulösen. Ihr sei eine Kündigung des Arbeitgebers mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden, einen Anlass, zum Beispiel durch arbeitsvertragswidriges Verhalten hierfür, habe sie nicht gegeben. Sie sei mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende ordentlich kündbar gewesen. Aufgrund der Betriebsumstrukturierung sei die Kündigung durch den Arbeitgeber auch arbeitsrechtlich zulässig gewesen. Im Hinblick darauf sei es der Klägerin nicht zumutbar gewesen, die arbeitgeberseitige Kündigung abzuwarten.
Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung trägt die Beklagte vor, nur unter besonderen Umständen dürfe ein Arbeitnehmer mit der Zustimmung zum Abschluss eines Auflösungsvertrages einer Kündigung durch den Arbeitgeber zuvorkommen. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin der Aufhebung im Hinblick auf die zugesagte höhere Abfindungszahlung zugestimmt habe. Auch wenn es zu einem starken Arbeitsplatzabbau gekommen sei, bedeute dies nicht zwangsläufig, dass es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit gegeben hätte, zumal nach der Protokollnotiz vom 08.05.1995 diese Regelung nur für Mitarbeiter gelte, deren Arbeitsplatz für einen anderen Mitarbeiter freigemacht werden solle. Dass ihr Arbeitsplatz weggefallen sei, sei nicht nachgewiesen. Nach der Prüfung der dringenden betrieblichen Erforder- nisse habe die soziale Auswahl zu erfolgen. Hierbei sei zunächst zu klären, welche Arbeitnehmer überhaupt in die Sozialauswahl einzubeziehen seien, sodann seien deren konkrete Sozialdaten abzugleichen. Die in Aussicht gestellte Arbeitgeberkündigung wäre nach alledem sozial nicht gerechtfertigt und arbeitsrechtlich unzulässig gewesen. Auch sei ungeklärt, wann die Klägerin den Aufhebungsvertrag unterzeichnet habe, da die von ihr bei der Arbeitslosmeldung vorgelegte Ausfertigung nicht unterschrieben gewesen sei. Eine von der früheren Arbeitgeberin der Beklagten übersandte Ausfertigung enthalte zwar eine Unterschrift, jedoch kein Datum der Unterzeichnung. In der Arbeitsbescheinigung sei als Datum der Auflösung ursprünglich der 31.10.1995 eingetragen worden, nachträglich sei eine Änderung auf den 30.06.1995 erfolgt. Auch sei ferner angegeben worden, es sei eine Kündigung seitens des Arbeitgebers ohne Abwicklungsvertrag erfolgt. Damit bleibe zu vermuten, dass die Klägerin den Aufhebungsvertrag erst unterzeichnet habe, nachdem eine Arbeitgeberkündigung erfolgt sei. Hätte diese vom 31.10.1995 datiert, so wäre eine Kündigung höchstens zum 30.06.1996 zulässig gewesen.
Die Beklagte legt ein ihr vom frühren Arbeitgeber übersandtes Schreiben der Klägerin an diesen vom 23.10.1998 vor, in dem sie sich darüber beklagt, dass man ihr zugesichert habe, es werde keine Probleme mit dem Arbeitsamt geben; sie bitte um einen Ausgleich für den Verlust des Alg-Anspruches für neun Monaten.
In einem weiteren vorgelegten Schreiben vom 09.12.1998 hat sich der Arbeitgeber bereit erklärt, den Verlust von neun Monaten Anspruch auf Alg finanziell auszugleichen. "Damit ist nach unserer Ansicht die Klage beim Sozialgericht gegenstandslos".
In einer weiteren von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme des früheren Arbeitgebers vom 26.02.2002 heißt es, zum 01.07. 1995 sei eine Koordinierung der Pharmaaußendienste der Arzneimittelwerk D. GmbH einerseits und der Tochterfirma A. AG andererseits erfolgt, die mit einem umfangreichen Personalabbau verbunden gewesen sei. Es sei ein Sozialplan dahingehend erarbeitet worden, dass Mitarbeiter sozial abgesichert eine ungeminderte Altersrente mit 60 hätten erreichen können. Die Klägerin habe zu den Pharmareferenten gehört, die bis 30.06.1995 eine betriebsbedingte Kündigung erhalten sollten. Sie habe keine Kündigung gewollt, sondern einen Auflösungsvertrag unterschrieben. Die Arzneimittel D. GmbH habe 1991 ca. 3.600 Mitarbeiter beschäftigt und diese bis 1998 auf 1.200 Mitarbeiter reduziert. Man habe ihr eine Nachzahlung in Höhe von 18.298,80 DM überwiesen, um eine Klage beim Sozialgericht zu vermeiden. Wäre die Klägerin mit dieser 57 plus 4-Regelung im Sozialplan nicht einverstanden gewesen, hätte sie vor dem 30.06.1995 eine betriebsbedingte Kündigung erhalten.
Die Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 20.12. 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Trotz der zusätzlichen finanziellen Leistung des ehemaligen Arbeitgebers habe sie einen finanziellen Verlust deshalb erlitten, weil sie sich für die Dauer von zehn Monaten habe privat krankenversichern und hierfür ca. 5.000,00 DM habe aufwenden müssen.
Auf Anfrage des Senats ist von seiten der Nachfolgefirma des früheren Arbeitgebers der Klägerin mit Schreiben vom 25.07.2003 mitgeteilt worden, dass keine konkreten Zahlenangaben zu dem Personalstand zu Beginn der Jahre 1995 und 1996 mehr gemacht werden könnten.
Zur Ergänzung des Tatbestanden wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
Das Rechtsmittel erweist sich auch in der Sache als begründet. Zu Unrecht hat das SG die Bescheide der Beklagten aufgehoben, da diese rechtlich nicht zu beanstanden sind.
Ein Anspruch auf Alg besteht während der von der Beklagten bis 03.05.1996 festgestellten Ruhenszeit schon deshalb nicht, weil die Klägerin bis 04.08.1996 Krankengeld erhalten und ihr Anspruch schon aus diesem Grunde gemäß § 118 Abs.1 Nr.2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) geruht hat. Der aus dem Eintritt der Sperrzeit resultierende Rechtsnachteil der Klägerin besteht in der Minderung der Anspruchsdauer um 243 Tage. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Alg für 832 Leistungstage erworben; durch den Eintritt der Sperrzeit von zwölf Wochen mindert sich gemäß § 110 Satz 1 Nr.2 AFG die Dauer des Anspruches um ein Viertel, also um 208 Tage. Gemäß § 117a Abs.2 AFG ruht der Anspruch nach Ablauf der Sperrzeit für einen Zeitraum, der sich ergibt, wenn von der wegen des Ausscheidens gezahlten Abfindung ein dem 90-fachen des kalendertäglichen Arbeitsentgelts entsprechender Betrag abgezogen, der sich ergebende Restbetrag um 80 v.H. vermindert und dieser Restbetrag durch das kalendertägliche Arbeitsentgelt geteilt wird. Die Klägerin hat in den letzten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses ein monatliches Bruttoentgelt von 6.341,61 DM, insgesamt somit 38.049,66 DM in dem 180 Kalendertage umfassenden Zeitraum bezogen, woraus sich ein kalendertägliches Arbeitsentgelt von 211,39 DM errechnet. Das 90-fache dieses Betrages, also 19.025,10 DM, sind von der Abfindung von 62.188,00 DM abzuziehen und der Restbetrag von 43.162,90 DM um 80 % auf 8.652,58 DM zu verringern; dieser Restbetrag ist durch 211,39 DM zu teilen, was das Ruhen für 40 Kalendertage ergibt und zu einem Ruhen für die Zeit vom 25.03. bis 03.05.1996 führen würde. In diesem Zeitraum liegen 35 Leistungstage, weshalb sich gemäß § 110 Satz 1 Nr.1a AFG die Dauer des Anspruches um diese 35 Leistungstage mindert.
Die Sperrzeit von zwölf Wochen ist gemäß § 119 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AFG eingetreten, weil die Klägerin durch den Abschluss der Auflösungsvereinbarung das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für ihr Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Durch den Abschluss der Auflösungsvereinbarung hat die Klägerin die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und den Eintritt der Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Ein wichtiger Grund hierfür könnte allenfalls angenommen werden, wenn nachgewiesen wäre, dass der Arbeitgeber die Beendigung des Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses zum selben Zeitpunkt durch einseitige Arbeitgeberkündigung herbeigeführt hätte, wenn es nicht zum Abschluss der Auflösungsvereinbarung gekommen wäre, diese Kündigung aus einem vom Verhalten der Klägerin unabhängigen Grund erfolgt wäre und eine solche Kündigung arbeitsrechtlich rechtmäßig gewesen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.1984, 7 RAr 28/83, DBlR Nr.2959 zu § 119 AFG). Es kann hier dahinstehen, ob als nachgewiesen angesehen werden kann, dass der Arbeitgeber ohne den Abschluss der Auflösungsvereinbarung eine betriebsbedingte Kündigung zum 31.12.1995 ausgesprochen hätte. Denn eine solche Kündigung wäre nicht rechtmäßig gewesen.
Gemäß § 1 Abs.3 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) in der bis 30.09.1996 geltenden Fassung ist eine aus dringenden betrieblichen Erfordernissen erfolgte Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Im vorliegenden Fall hätte der Arbeitgeber, wenn die Zahl der Außendienstmitarbeiter verringert werden musste, die soziale Schutzbedürftigkeit der in Frage kommenden Arbeitnehmer prüfen und nur den bei dieser Auswahl sich als weniger schutzbedürftig erweisenden Arbeitnehmern kündigen dürfen. Auswahlrichtlinien hierbei sind zumindest die drei sozialen Grunddaten Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und Unterhaltsverpflichtungen (BAG, Urteil vom 15.06.1989, EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr.27). Eine soziale Auswahl nach diesen Kriterien hat hier aber gerade nicht stattgefunden. Vielmehr ergibt sich aus der von der Klägerin selbst vorgelegten Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden R. vom 17.07. 1997, dass bei den personalen Einzelmaßnahmen gerade bei Außendienstmitarbeiterinnen "im fortgeschrittenen Lebensalter" von einer geringen Schutzbedürftigkeit ausgegangen wurde. Dies steht im klaren Gegensatz zu den bei der Sozialauswahl heranzuziehenden Kriterien. Angesichts ihrer Betriebszugehörigkeit von mehr als 25 Jahren und dem Lebensalter von 56 Jahren wäre die Klägerin im Rahmen des Sozialauswahl nach § 1 Abs.3 Satz 1 KSchG besonders schutzbedürftig und als insoweit sozial stärkere für eine Kündigung nicht in Betracht gekommen. Die Klägerin hat auch selbst nicht geltend gemacht, dass die nach der Personalreduzierung im Betrieb verbliebenen Außendienstmitarbeiter bei Heranziehung der oben dargestellten Kriterien sozial schutzbedürftiger gewesen sind.
Ursächlich für die Entscheidung der Klägerin, der Auflösungsvereinbarung zuzustimmen, war ganz offensichtlich die sich aus der Protokollnotiz vom 08.05.1995 zu der Betriebsvereinbarung Nr. 3/94 ergebende Maßnahme, die für das Ende des Jahres 1996 anvisierte Reduzierung der Mitarbeiten zum Teil bereits im Jahre 1995 umzusetzen und den mit einem vorzeitigen Ausscheiden zum 31.12.1995 einverstandenen Arbeitnehmern eine zusätzliche Abfindung in Aussicht zu stellen; die Klägerin hat zusätzlich zu der ihr aus der Betriebsvereinbarung Nr. 8/93 zustehende Ab- findung von 31.875,20 DM eine weitere Abfindung von 30.312,56 DM deshalb erhalten, weil sie mit dem Ausscheiden zum 31.12.1995 einverstanden war. Eine solche zusätzliche Abfindung kann aber nicht als wichtiger Grund für eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 119 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AFG anerkannt werden (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr.12).
Es liegt hier auch nicht der Ausnahmefall vor, in dem ein wichtiger Grund für das Ausscheiden eines älteren Arbeitnehmers zu Gunsten eines verbleibenden jüngeren im Rahmen eines drastischen kurzfristig durchzuführenden Personalabbaues anerkannt werden könnte; hierfür wär jedenfalls der Nachweis erforderlich, dass innerhalb eines Jahres der Personalstand um wenigs-tens ein Viertel der Beschäftigten reduziert wurde (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.1989, 7 RAr 86/88). Nach Auskunft des Arbeitgebers vom 26.02.2002 wurde die Zahl der Mitarbeiter in der Zeit von 1991 bis 1998 von 3.600 auf 1.200 reduziert; hierbei war laut Vereinbarung vom 30.09.1994 für die Zeit bis 31.12. 1996 eine Reduzierung von 350 Mitarbeitern vorgesehen, die zum Teil bereits 1995 umgesetzt wurde. Aus diesen Zahlen kann nicht entnommen werden, dass allein im Jahre 1995 eine Reduzierung um wenigstens 25 v.H. statt fand, da dies nur denkbar wäre, wenn bereits zum Ende des Jahres 1995 die Zahl der Mitarbeiter auf 1.200 reduziert worden wäre. Im Übrigen konnte die Nachfolgefirma der früheren Arbeitgeberin der Klägerin, wie sich aus ihrem Schreiben vom 25.07.2003 ergibt, mangels Unterlagen keine konkreten Angaben zur Zahl der im Jahre 1995 ausgeschiedenen Arbeitnehmer machen.
Anhaltspunkte für eine besondere Härte im Sinne des § 119 Abs.2 Satz 1 AFG liegen nicht vor. Insbesondere ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin vor Unterzeichnung der Auflösungsvereinbarung den Rat von Bediensteten der Beklagten in Anspruch genommen und die Auskunft erhalten hat, eine Sperrzeit würde nicht eintreten. Ihre zunächst in diese Richtung erhobene Behauptung hat sie auf mehrfache Anfragen des Senats hin nicht aufrecht erhalten.
Somit waren auf die Berufung der Beklagten der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 20.12.2000 aufzuheben und die Klage gegen die angefochtenen Bescheide der Beklagten abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen und das Ruhen des Anspruches wegen teilweiser Anrechnung einer Abfindung streitig.
Die 1939 geborene Klägerin war vom 01.06.1969 bis 31.12. 1995 als Pharmaberaterin bei der Arzneimittelwerk D. GmbH bzw. bei von diesem Unternehmen übernommenen Firmen beschäftigt. Vom 01.01. bis 04.08.1996 bezog sie Krankengeld. Am 30.07.1996 meldete sie sich arbeitslos und beantragte Alg. Nach der von ihr vorgelegten Auflösungsvereinbarung vom 27.06.1995, auf der allerdings die Unterschrift der Klägerin fehlt, wurde das Arbeitsverhältnis zum 31.12.1995 "aus betriebsbedingten Gründen und auf ausschließliche Veranlassung der Arbeitgeberin zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen Arbeitgeberkündigung" beendet. Gemäß Betriebsvereinbarung Nr. 8/93 entfalle der Arbeitsplatz wegen struktureller Änderungen des Außendienstes. Ein anderer zumutbarer Arbeitsplatz sei nicht möglich. Die Klägerin erhalte für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 62.188,00 DM.
In der Betriebsvereinbarung Nr. 8/93 vom 16.08.1993 heißt es, diese gelte für Mitarbeiter, die das 57. Lebensjahr vollendet hätten (in Sonderfällen auch früher) und denen aus betriebsbedingten Gründen eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahe gelegt werde. Voraussetzung dafür sei, dass deren Arbeitsplatz infolge Umstrukturierung oder Rationalisierung wegfalle bzw. für einen anderen Mitarbeiter freigemacht werde. Die Vereinbarung gelte, wenn eine einvernehmliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses erfolge. Der früheste Termin des Ausscheidens liege grundsätzlich 32 Monate vor Vollendung des 60. Lebensjahres.
In einer Protokollnotiz vom 08.05.1995 heißt es, das in der Betriebsvereinbarung Nr. 3/94 vom 30.09.1994 vereinbarte Konzept einer schrittweisen Reduzierung um ca. 350 Mitarbeiter im Zeitraum bis 31.12.1996 reiche unter Berücksichtigung der angespannten Marktsituation und der zu erwartenden arbeitsmarkt- politischen Maßnahmen nicht aus, um oben genannte Zielsetzung zu verwirklichen. Es sei daher erforderlich, das Tempo der Personalkostenreduktion zu beschleunigen mit der Folge, dass die für das Jahr 1996 konzipierten personellen Einzelmaßnahmen zum Teil bereits im Jahre 1995 umzusetzen seien. Von dieser Regelung würden arbeitgeberseitige Kündigungen aus betriebsbedingten Gründen erfasst, die den Mitarbeitern ab dem 01.01.1995 zugegangen seien bzw. im Jahre 1995 noch zugingen und die das Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der maßgeblichen Kündigungsfrist spätestens zum 31.12.1995 wirksam beendeten. Sie gelte nur für Mitarbeiter, die im Laufe des Jahres 1996 bis einschließlich 31.12.1996 das Lebensalter 57 Jahre plus 4 Monate erreichten und deren Arbeitsplatz infolge Implementierung der Sesam-Projekte wegfalle bzw. für einen anderen Mitarbeiter freigemacht werden solle. Die der Protokollnotiz unterliegenden Mitarbeitern erhielten neben ihren Ansprüchen aus dem Sozialplan Nr. 8/93 eine zusätzliche Leistung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Jahre 1995. Diese betrage 50 % des durchschnittlichen monatlichen Bruttoverdienstes multipliziert mit der Anzahl der Monate zwischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Erreichen des Lebensalters 57 Jahre plus 4 Monate. Die zusätzliche Leistung werde Mitarbeitern, die nicht zum Abschluss einer Abwicklungsvereinbarung bereit seien, nicht gewährt.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin ab 05.08.1996 Alg. Mit Bescheid vom 02.09.1996 stellte sie den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.01. bis 24.03.1996 und die Minderung des Anspruches um 208 Tage fest. Mit weiterem Bescheid vom 02.09.1996 stellte sie das Ruhen für 40 Kalendertage vom 25.03. bis 03.05.1996 und eine Minderung um 35 Leistungstage fest.
Im Rahmen des anschließenden Widerspruchsverfahrens erläuterte der Arbeitgeber auf Anfrage der Beklagten die Zusammensetzung der der Klägerin gezahlten Abfindung dahingehend, dass sich aus der Betriebsvereinbarung Nr. 8/93 eine Abfindung von 31.875,20 DM und aus jener vom 08.05.1995 von 30.312,56 DM ergeben habe. Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.1996 zurück.
Mit ihrer zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin angegeben, als Mitarbeiterin der wissenschaftlichen Abteilung für die Bezirke Fürstenfeldbruck, Garmisch-Partenkirchen, Weilheim, Starnberg, Miesbach, Bad Tölz, Wolfratshausen, Rosenheim, Bad Aibling, Landsberg und Schongau eingesetzt gewesen zu sein. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei ausschließliche auf Veranlassung des Arbeitgebers und zur Vermeidung einer ansonsten unumgänglichen Arbeitgeberkündigung, wie ihr erklärt worden sei, zustande gekommen. Sie hat eine diesbezügliche Erklärung des Arbeitgebers vom 06.09.1996 vorgelegt, in der es zusätzlich heißt, der Klägerin habe kein anderer zumutbarer Arbeitsplatz innerhalb des Unternehmens angeboten werden können. Weiterhin hat sie eine Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden R. vorgelegt, wonach am 09.06.1995 dem Betriebsrat die betriebsbedingte Aufhebung des Anstellungsvertrages zum 31.12.1995 angezeigt und gleichzeitig erklärt worden sei, es werde die betriebsbedingte Kündigung folgen, sollte es nicht zum Aufhebungsvertrag kommen. Der Betriebsrat habe im Rahmen der Anhörungsfrist bis 13.06.1995 die vorgeschlagene Vorgehensweise zur Kenntnis genommen. In einer weiteren Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden vom 17.07.1997 heißt es, im Jahre 1995 seien Strukturveränderungen im Außendienst erforderlich geworden, die sowohl zu betriebsbedingten Kündigungen als auch zu Aufhebungsverträgen geführt hätten. Bei der Prüfung der personellen Einzelmaßnahmen sei auch die geringe Schutzbedürftigkeit von Außendienstmitarbeiterinnen im fortgeschrittenen Lebensalter gewertet worden. Sofern eine betriebsbedingte Kündigung gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz angezeigt worden sei, sei dieser vom Betriebsrat nicht widersprochen worden.
Mit Gerichtsbescheid vom 20.12.2000 hat das SG München die Bescheide aufgehoben. Nach Auffassung des Gerichts hat die Klägerin einen wichtigen Grund gehabt, ihr Arbeitsverhältnis aufzulösen. Ihr sei eine Kündigung des Arbeitgebers mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden, einen Anlass, zum Beispiel durch arbeitsvertragswidriges Verhalten hierfür, habe sie nicht gegeben. Sie sei mit einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende ordentlich kündbar gewesen. Aufgrund der Betriebsumstrukturierung sei die Kündigung durch den Arbeitgeber auch arbeitsrechtlich zulässig gewesen. Im Hinblick darauf sei es der Klägerin nicht zumutbar gewesen, die arbeitgeberseitige Kündigung abzuwarten.
Mit ihrer gegen dieses Urteil eingelegten Berufung trägt die Beklagte vor, nur unter besonderen Umständen dürfe ein Arbeitnehmer mit der Zustimmung zum Abschluss eines Auflösungsvertrages einer Kündigung durch den Arbeitgeber zuvorkommen. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin der Aufhebung im Hinblick auf die zugesagte höhere Abfindungszahlung zugestimmt habe. Auch wenn es zu einem starken Arbeitsplatzabbau gekommen sei, bedeute dies nicht zwangsläufig, dass es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit gegeben hätte, zumal nach der Protokollnotiz vom 08.05.1995 diese Regelung nur für Mitarbeiter gelte, deren Arbeitsplatz für einen anderen Mitarbeiter freigemacht werden solle. Dass ihr Arbeitsplatz weggefallen sei, sei nicht nachgewiesen. Nach der Prüfung der dringenden betrieblichen Erforder- nisse habe die soziale Auswahl zu erfolgen. Hierbei sei zunächst zu klären, welche Arbeitnehmer überhaupt in die Sozialauswahl einzubeziehen seien, sodann seien deren konkrete Sozialdaten abzugleichen. Die in Aussicht gestellte Arbeitgeberkündigung wäre nach alledem sozial nicht gerechtfertigt und arbeitsrechtlich unzulässig gewesen. Auch sei ungeklärt, wann die Klägerin den Aufhebungsvertrag unterzeichnet habe, da die von ihr bei der Arbeitslosmeldung vorgelegte Ausfertigung nicht unterschrieben gewesen sei. Eine von der früheren Arbeitgeberin der Beklagten übersandte Ausfertigung enthalte zwar eine Unterschrift, jedoch kein Datum der Unterzeichnung. In der Arbeitsbescheinigung sei als Datum der Auflösung ursprünglich der 31.10.1995 eingetragen worden, nachträglich sei eine Änderung auf den 30.06.1995 erfolgt. Auch sei ferner angegeben worden, es sei eine Kündigung seitens des Arbeitgebers ohne Abwicklungsvertrag erfolgt. Damit bleibe zu vermuten, dass die Klägerin den Aufhebungsvertrag erst unterzeichnet habe, nachdem eine Arbeitgeberkündigung erfolgt sei. Hätte diese vom 31.10.1995 datiert, so wäre eine Kündigung höchstens zum 30.06.1996 zulässig gewesen.
Die Beklagte legt ein ihr vom frühren Arbeitgeber übersandtes Schreiben der Klägerin an diesen vom 23.10.1998 vor, in dem sie sich darüber beklagt, dass man ihr zugesichert habe, es werde keine Probleme mit dem Arbeitsamt geben; sie bitte um einen Ausgleich für den Verlust des Alg-Anspruches für neun Monaten.
In einem weiteren vorgelegten Schreiben vom 09.12.1998 hat sich der Arbeitgeber bereit erklärt, den Verlust von neun Monaten Anspruch auf Alg finanziell auszugleichen. "Damit ist nach unserer Ansicht die Klage beim Sozialgericht gegenstandslos".
In einer weiteren von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme des früheren Arbeitgebers vom 26.02.2002 heißt es, zum 01.07. 1995 sei eine Koordinierung der Pharmaaußendienste der Arzneimittelwerk D. GmbH einerseits und der Tochterfirma A. AG andererseits erfolgt, die mit einem umfangreichen Personalabbau verbunden gewesen sei. Es sei ein Sozialplan dahingehend erarbeitet worden, dass Mitarbeiter sozial abgesichert eine ungeminderte Altersrente mit 60 hätten erreichen können. Die Klägerin habe zu den Pharmareferenten gehört, die bis 30.06.1995 eine betriebsbedingte Kündigung erhalten sollten. Sie habe keine Kündigung gewollt, sondern einen Auflösungsvertrag unterschrieben. Die Arzneimittel D. GmbH habe 1991 ca. 3.600 Mitarbeiter beschäftigt und diese bis 1998 auf 1.200 Mitarbeiter reduziert. Man habe ihr eine Nachzahlung in Höhe von 18.298,80 DM überwiesen, um eine Klage beim Sozialgericht zu vermeiden. Wäre die Klägerin mit dieser 57 plus 4-Regelung im Sozialplan nicht einverstanden gewesen, hätte sie vor dem 30.06.1995 eine betriebsbedingte Kündigung erhalten.
Die Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 20.12. 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Trotz der zusätzlichen finanziellen Leistung des ehemaligen Arbeitgebers habe sie einen finanziellen Verlust deshalb erlitten, weil sie sich für die Dauer von zehn Monaten habe privat krankenversichern und hierfür ca. 5.000,00 DM habe aufwenden müssen.
Auf Anfrage des Senats ist von seiten der Nachfolgefirma des früheren Arbeitgebers der Klägerin mit Schreiben vom 25.07.2003 mitgeteilt worden, dass keine konkreten Zahlenangaben zu dem Personalstand zu Beginn der Jahre 1995 und 1996 mehr gemacht werden könnten.
Zur Ergänzung des Tatbestanden wird im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsunterlagen der Beklagten und der Verfahrensakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -), ein Ausschließungsgrund (§ 144 Abs.1 SGG) liegt nicht vor.
Das Rechtsmittel erweist sich auch in der Sache als begründet. Zu Unrecht hat das SG die Bescheide der Beklagten aufgehoben, da diese rechtlich nicht zu beanstanden sind.
Ein Anspruch auf Alg besteht während der von der Beklagten bis 03.05.1996 festgestellten Ruhenszeit schon deshalb nicht, weil die Klägerin bis 04.08.1996 Krankengeld erhalten und ihr Anspruch schon aus diesem Grunde gemäß § 118 Abs.1 Nr.2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) geruht hat. Der aus dem Eintritt der Sperrzeit resultierende Rechtsnachteil der Klägerin besteht in der Minderung der Anspruchsdauer um 243 Tage. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Alg für 832 Leistungstage erworben; durch den Eintritt der Sperrzeit von zwölf Wochen mindert sich gemäß § 110 Satz 1 Nr.2 AFG die Dauer des Anspruches um ein Viertel, also um 208 Tage. Gemäß § 117a Abs.2 AFG ruht der Anspruch nach Ablauf der Sperrzeit für einen Zeitraum, der sich ergibt, wenn von der wegen des Ausscheidens gezahlten Abfindung ein dem 90-fachen des kalendertäglichen Arbeitsentgelts entsprechender Betrag abgezogen, der sich ergebende Restbetrag um 80 v.H. vermindert und dieser Restbetrag durch das kalendertägliche Arbeitsentgelt geteilt wird. Die Klägerin hat in den letzten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses ein monatliches Bruttoentgelt von 6.341,61 DM, insgesamt somit 38.049,66 DM in dem 180 Kalendertage umfassenden Zeitraum bezogen, woraus sich ein kalendertägliches Arbeitsentgelt von 211,39 DM errechnet. Das 90-fache dieses Betrages, also 19.025,10 DM, sind von der Abfindung von 62.188,00 DM abzuziehen und der Restbetrag von 43.162,90 DM um 80 % auf 8.652,58 DM zu verringern; dieser Restbetrag ist durch 211,39 DM zu teilen, was das Ruhen für 40 Kalendertage ergibt und zu einem Ruhen für die Zeit vom 25.03. bis 03.05.1996 führen würde. In diesem Zeitraum liegen 35 Leistungstage, weshalb sich gemäß § 110 Satz 1 Nr.1a AFG die Dauer des Anspruches um diese 35 Leistungstage mindert.
Die Sperrzeit von zwölf Wochen ist gemäß § 119 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AFG eingetreten, weil die Klägerin durch den Abschluss der Auflösungsvereinbarung das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für ihr Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Durch den Abschluss der Auflösungsvereinbarung hat die Klägerin die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und den Eintritt der Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Ein wichtiger Grund hierfür könnte allenfalls angenommen werden, wenn nachgewiesen wäre, dass der Arbeitgeber die Beendigung des Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisses zum selben Zeitpunkt durch einseitige Arbeitgeberkündigung herbeigeführt hätte, wenn es nicht zum Abschluss der Auflösungsvereinbarung gekommen wäre, diese Kündigung aus einem vom Verhalten der Klägerin unabhängigen Grund erfolgt wäre und eine solche Kündigung arbeitsrechtlich rechtmäßig gewesen wäre (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.1984, 7 RAr 28/83, DBlR Nr.2959 zu § 119 AFG). Es kann hier dahinstehen, ob als nachgewiesen angesehen werden kann, dass der Arbeitgeber ohne den Abschluss der Auflösungsvereinbarung eine betriebsbedingte Kündigung zum 31.12.1995 ausgesprochen hätte. Denn eine solche Kündigung wäre nicht rechtmäßig gewesen.
Gemäß § 1 Abs.3 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) in der bis 30.09.1996 geltenden Fassung ist eine aus dringenden betrieblichen Erfordernissen erfolgte Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Im vorliegenden Fall hätte der Arbeitgeber, wenn die Zahl der Außendienstmitarbeiter verringert werden musste, die soziale Schutzbedürftigkeit der in Frage kommenden Arbeitnehmer prüfen und nur den bei dieser Auswahl sich als weniger schutzbedürftig erweisenden Arbeitnehmern kündigen dürfen. Auswahlrichtlinien hierbei sind zumindest die drei sozialen Grunddaten Betriebszugehörigkeit, Lebensalter und Unterhaltsverpflichtungen (BAG, Urteil vom 15.06.1989, EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr.27). Eine soziale Auswahl nach diesen Kriterien hat hier aber gerade nicht stattgefunden. Vielmehr ergibt sich aus der von der Klägerin selbst vorgelegten Erklärung des Betriebsratsvorsitzenden R. vom 17.07. 1997, dass bei den personalen Einzelmaßnahmen gerade bei Außendienstmitarbeiterinnen "im fortgeschrittenen Lebensalter" von einer geringen Schutzbedürftigkeit ausgegangen wurde. Dies steht im klaren Gegensatz zu den bei der Sozialauswahl heranzuziehenden Kriterien. Angesichts ihrer Betriebszugehörigkeit von mehr als 25 Jahren und dem Lebensalter von 56 Jahren wäre die Klägerin im Rahmen des Sozialauswahl nach § 1 Abs.3 Satz 1 KSchG besonders schutzbedürftig und als insoweit sozial stärkere für eine Kündigung nicht in Betracht gekommen. Die Klägerin hat auch selbst nicht geltend gemacht, dass die nach der Personalreduzierung im Betrieb verbliebenen Außendienstmitarbeiter bei Heranziehung der oben dargestellten Kriterien sozial schutzbedürftiger gewesen sind.
Ursächlich für die Entscheidung der Klägerin, der Auflösungsvereinbarung zuzustimmen, war ganz offensichtlich die sich aus der Protokollnotiz vom 08.05.1995 zu der Betriebsvereinbarung Nr. 3/94 ergebende Maßnahme, die für das Ende des Jahres 1996 anvisierte Reduzierung der Mitarbeiten zum Teil bereits im Jahre 1995 umzusetzen und den mit einem vorzeitigen Ausscheiden zum 31.12.1995 einverstandenen Arbeitnehmern eine zusätzliche Abfindung in Aussicht zu stellen; die Klägerin hat zusätzlich zu der ihr aus der Betriebsvereinbarung Nr. 8/93 zustehende Ab- findung von 31.875,20 DM eine weitere Abfindung von 30.312,56 DM deshalb erhalten, weil sie mit dem Ausscheiden zum 31.12.1995 einverstanden war. Eine solche zusätzliche Abfindung kann aber nicht als wichtiger Grund für eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 119 Abs.1 Satz 1 Nr.1 AFG anerkannt werden (BSG SozR 3-1500 § 144 Nr.12).
Es liegt hier auch nicht der Ausnahmefall vor, in dem ein wichtiger Grund für das Ausscheiden eines älteren Arbeitnehmers zu Gunsten eines verbleibenden jüngeren im Rahmen eines drastischen kurzfristig durchzuführenden Personalabbaues anerkannt werden könnte; hierfür wär jedenfalls der Nachweis erforderlich, dass innerhalb eines Jahres der Personalstand um wenigs-tens ein Viertel der Beschäftigten reduziert wurde (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.1989, 7 RAr 86/88). Nach Auskunft des Arbeitgebers vom 26.02.2002 wurde die Zahl der Mitarbeiter in der Zeit von 1991 bis 1998 von 3.600 auf 1.200 reduziert; hierbei war laut Vereinbarung vom 30.09.1994 für die Zeit bis 31.12. 1996 eine Reduzierung von 350 Mitarbeitern vorgesehen, die zum Teil bereits 1995 umgesetzt wurde. Aus diesen Zahlen kann nicht entnommen werden, dass allein im Jahre 1995 eine Reduzierung um wenigstens 25 v.H. statt fand, da dies nur denkbar wäre, wenn bereits zum Ende des Jahres 1995 die Zahl der Mitarbeiter auf 1.200 reduziert worden wäre. Im Übrigen konnte die Nachfolgefirma der früheren Arbeitgeberin der Klägerin, wie sich aus ihrem Schreiben vom 25.07.2003 ergibt, mangels Unterlagen keine konkreten Angaben zur Zahl der im Jahre 1995 ausgeschiedenen Arbeitnehmer machen.
Anhaltspunkte für eine besondere Härte im Sinne des § 119 Abs.2 Satz 1 AFG liegen nicht vor. Insbesondere ist nicht nachgewiesen, dass die Klägerin vor Unterzeichnung der Auflösungsvereinbarung den Rat von Bediensteten der Beklagten in Anspruch genommen und die Auskunft erhalten hat, eine Sperrzeit würde nicht eintreten. Ihre zunächst in diese Richtung erhobene Behauptung hat sie auf mehrfache Anfragen des Senats hin nicht aufrecht erhalten.
Somit waren auf die Berufung der Beklagten der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 20.12.2000 aufzuheben und die Klage gegen die angefochtenen Bescheide der Beklagten abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.
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