S 2 SF 206/17 E

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 2 SF 206/17 E
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 SB 376/17 B
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag der Landeskasse auf niedrigere Kostenfestsetzung als 1.831,34 Euro wird abgelehnt.

Gründe:

I. Der Sachverständige Dr. N hat für das hiesige Gericht unter dem Aktenzeichen S 2 SB 1241/11 ein pneumologisches Sachverständigengutachten einschließlich der Durchführung einer technischen Untersuchung in Form einer Lungenfunktionsprüfung durch eine Bodyplethysmographie erstellt.

Er reichte hierzu seine Abrechnung vom 10.11.2014 über 2.099,32 Euro ein, auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Mit Schreiben vom 04.02.2015 setzte die örtliche Kostenbeamtin den zu vergütenden Betrag mit 1.831,34 Euro fest. Die in der Rechnung aufgeführten GOÄ-Ziffern bezüglich der Lungenfunktionsprüfung seien nicht erstattungsfähig. Die Vergütung richte sich nach dem JVEG, welches eine Abrechnung nach Zeitaufwand vorsehe.

Dagegen beantragte zunächst der Sachverständige selbst die richterliche Festsetzung seiner ungekürzten Rechnung. Der Bezirksrevisor legte mit Schriftsatz vom 20.05.2016 dann seinerseits Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung vom 06.02.2015 durch den örtlichen Kostenbeamten ein. Zwischenzeitlich teilten die Beteiligten mit, sie würden Gespräche in mehreren Parallelverfahren um die Vergütung führen. Nach Ladung zum Termin nahm der Sachverständige seinen Antrag auf richterliche Festsetzung zurück. Die Landeskasse hält durch den Bezirksrevisor am eigenen Antrag fest, wie sie mit Schriftsatz vom 13.10.2017 mitteilte.

II. Der Antrag der Landeskasse ist jedenfalls unbegründet. Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer erhalten gemäß § 8 Abs. 1 JVEG als Vergütung 1. ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11), 2. Fahrtkostenersatz (§ 5), 3. Entschädigung für Aufwand (§ 6) sowie 4. Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12). Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es gemäß § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags. Soweit vergütungspflichtige Leistungen oder Aufwendungen auf die gleichzeitige Erledigung mehrerer Angelegenheiten entfallen, ist die Vergütung gemäß § 8 Abs. 3 JVEG nach der Anzahl der Angelegenheiten aufzuteilen.

Soweit ein Sachverständiger oder ein sachverständiger Zeuge Leistungen erbringt, die in der Anlage 2 bezeichnet sind, bemisst sich gemäß § 10 Abs. 1 JVEG das Honorar oder die Entschädigung nach dieser Anlage. Für Leistungen der in Abschnitt O des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen (Anlage zur Gebührenordnung für Ärzte) bezeichneten Art bemisst sich gemäß § 10 Abs. 2 JVEG das Honorar in entsprechender Anwendung dieses Gebührenverzeichnisses nach dem 1,3fachen Gebührensatz. § 4 Abs. 2 Satz 1, Abs. 2a Satz 1, Abs. 3 und 4 Satz 1 und § 10 der Gebührenordnung für Ärzte gelten entsprechend; im Übrigen bleiben die §§ 7 und 12 unberührt. Soweit für die Erbringung einer Leistung nach Abs. 1 oder Abs. 2 zusätzliche Zeit erforderlich ist, erhält der Berechtigte gemäß § 10 Abs. 3 JVEG ein Honorar nach der Honorargruppe 1.

Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind gemäß § 12 JVEG mit der Vergütung nach den §§ 9 bis 11 auch die üblichen Gemeinkosten sowie der mit der Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung üblicherweise verbundene Aufwand abgegolten. Es werden jedoch gesondert ersetzt 1. die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten, einschließlich der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte, sowie die für eine Untersuchung verbrauchten Stoffe und Werkzeuge; 2. für jedes zur Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens erforderliche Foto 2 Euro und, wenn die Fotos nicht Teil des schriftlichen Gutachtens sind (§ 7 Abs. 2), 0,50 Euro für den zweiten und jeden weiteren Abzug oder Ausdruck eines Fotos; 3. für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens 0,90 Euro je angefangene 1.000 Anschläge; ist die Zahl der Anschläge nicht bekannt, ist diese zu schätzen; 4. die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer, sofern diese nicht nach § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes unerhoben bleibt. Ein auf die Hilfskräfte (Abs. 1 Satz 2 Nr. 1) entfallender Teil der Gemeinkosten wird gemäß § 12 Abs. 2 JVEG durch einen Zuschlag von 15 Prozent auf den Betrag abgegolten, der als notwendige Aufwendung für die Hilfskräfte zu ersetzen ist, es sei denn, die Hinzuziehung der Hilfskräfte hat keine oder nur unwesentlich erhöhte Gemeinkosten veranlasst.

Der Anspruch des Sachverständigen war hier jedenfalls nicht niedriger als durch die Kostenbeamtin festgesetzt im Wege der richterlichen Festsetzung zu bestimmen. Soweit der Bezirksrevisor ausführt, hier seien die für die technische Untersuchung aufgeführten GOÄ-Ziffern nicht zu ersetzen, die Vergütung erfolge ausschließlich nach Zeitaufwand, verkennt er die Struktur des JVEG.

Der Vergütungsanspruch eines medizinischen Sachverständigen stellt sich im JVEG mehrteilig dar. Für technische Untersuchungen, für die es keine spezielleren Bestimmungen gibt, stellt § 12 JVEG eine Auffangnorm für den Aufwendungsersatz dar.

Die Vergütung des Sachverständigen richtet sich für die eigentliche Erstellung des Gutachtens nach Zeitaufwand. Als weiteres sieht das JVEG für den medizinischen Bereich sodann eine Honorierung in § 10 JVEG für bestimmte häufige Aufwendungen in pauschalierter Weise vor. Hier bezieht sich § 10 Abs. 1 JVEG zunächst auf die eigene Anlage 2 zu § 10 JVEG. In den dortigen vier Abschnitten sind neben der Vergütung einer einzelnen ärztlichen Befundung differenziert ausgestaltet gleichsam vor allem die drei "Gutachtenklassiker" der ordentlichen Gerichtsbarkeit, nämlich die Obduktion, die Blutproben und Substanzproben, sowie der Vaterschaftstest.

Darüber hinaus bestimmt § 10 Abs. 2 JVEG die entsprechende Anwendung des Abschnittes O der GOÄ. Darin geregelt ist in differenzierter Weise die Vergütung für Röntgen- und sonstige strahlentechnische Untersuchungen von Personen.

Und schließlich stellt das JVEG für die Vergütung sonstiger untersuchungstechnischer Maßnahmen klar, dass nach § 10 Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz JVEG im Übrigen die Bestimmungen der §§ 7 und 12 JVEG unberührt bleiben. Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 JVEG sind die allgemeinen üblichen Aufwendungen im Sinne von Bagatellaufwendungen mitvergütet. Es werden jedoch unter anderem gesondert ersetzt nach § 12 Abs. 1 Satz 2 JVEG, dort Nr.1, die für die Vorbereitung und Erstattung des Gutachtens oder der Übersetzung aufgewendeten notwendigen besonderen Kosten, einschließlich der insoweit notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte, sowie die für eine Untersuchung verbrauchten Stoffe und Werkzeuge. Zu diesen Aufwendungen gehören nach dem Wortlaut und der Systematik der Norm ohne weiteres die apparatetechnischen Aufwendungen. Denn unter Kosten im Sinne der Norm sind hier nicht die rechtstechnischen Gerichtskosten zu verstehen im Sinne von Hauptforderung, Zinsen und Kosten. Es ergibt sich aus dem Kontext schon beinahe selbstredend, dass unter Kosten hier die Aufwendungen zu verstehen sind. Hier wird letztlich lediglich der allgemeine Rechtsgedanke des Aufwendungsersatzes des Auftragsrechts konkretisiert. Es gibt keinen vernünftigen Grund, dem Sachverständigen die Aufwendungen für notwendige apparatetechnische Untersuchungen nicht zu erstatten. Es handelt sich um besondere Kosten im Sinne der Norm. Insoweit bleibt einzig die Frage offen, wie diese Aufwendungen zu beziffern sind. Hierbei drängt es sich dann geradezu auf, entsprechend auf die einschlägigen Ziffern der GOÄ für die reine apparatetechnische Untersuchung eines medizinischen Sachverständigen wertend zurückzugreifen. Es besteht daher kein Anlass die Rechnung des Sachverständigen noch weiter zu kürzen, wie es der Bezirksrevisor unter Verweis auf die Entscheidung der 10. Kammer des SG Detmold vom 08.10.2014 zum Verfahren S 10 SF 164/14 E meint, die ebenfalls die Bestimmung des § 12 JVEG unbeachtet lässt.
Rechtskraft
Aus
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