Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 95/01
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 180/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 3. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die restliche Erstattung der Kosten eines 1997 durchgeführten Amalgamaustausches bei der Klägerin.
Der 1961 geborenen Klägerin - Verwaltungsangestellte bei der Agentur für Arbeit - bescheinigte am 07.07.1997 der Internist und Allergologe Dr.M. , dass ein Epicutantest (Dentalreihe und Quecksilber- II - Amidochlorit) eine deutlich allergische Reaktion auf Gamma-2-freies Amalgam ergeben habe und empfahl den Austausch der vorhandenen Amalgam-Füllungen gegen Goldlegierungen. Die Hausärztin Dr.G. behandelte die Klägerin wegen Abgeschlagenheit, eingeschränktem Leistungsvermögen, gehäuften Cephalgien und Konzentrationsstörungen, die sie mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Amalgam-Füllungen zurückführte und daher den Austausch gegen Gold befürwortete. Im Allergie-Pass des Dr.M. vom 21.07.1997 findet sich die Eintragung von Überempfindlichkeit gegen Amalgam. Dieser Befund sei aufgrund einer Anamnese erhoben worden. Die Laborbefunde Dentalreihe hatten in der beigefügten Testübersicht keine Allergie auf Amalgam bzw. Legierungsmetalle ergeben, wohl aber eine abklingende Empfindlichkeit nach 72 Stunden gegen Amalgam, gamma-2-frei. Ebenfalls fand sich kein Befund hinsichtlich der Testung von Quecksilber-2-Aminochlorid.
Der Vertragszahnarzt Dr.M. erstellte am 18.07.1997 einen Heil- und Kostenplan, mit dem er eine Überkronung des Zahnes 27 befürwortete, was von der Beklagten am 21.07.1997 genehmigt wurde.
Gleichfalls an diesem Tage erstellte er einen Kostenplan nach GOÄZ über den Austausch der bisherigen Einlagefüllungen an 10 Zähnen, wofür er knapp 5.000,- DM veranschlagte. Am 04.09.1997 bat die Klägerin die Beklagte schriftlich (nach vorherigem Telefonat) um umgehende Kostenzusage für den Austausch, weil ihre "psychische Verfassung aufgrund der Amalgamvergiftung sehr leidet". Nach Auswertung der Testreihen und ärztlichen Atteste kam Zahnarzt Dr.M. vom MDK am 02.09.1997 zu dem Ergebnis, dass sich daraus eine Amalgamallergie nicht nachweisen lasse, so dass die Beklagte mit Bescheid vom 15.09.1997 es ablehnte, die Kosten für den begehrten Füllungsaustausch zu übernehmen. Gleichwohl ließ die Klägerin im November und Dezember 1997 den Austausch bei Dr.M. durchführen, der ihr dafür 3.677,11 DM berechnete. Die Rechnung legte die Klägerin am 30.01.1998 der Beklagten zur Erstattung vor mit einem Attest von Dr.M. vom 07.12.1998 bzgl. ihrer Allergien.
Mit Bescheid vom 25.01.2000 verweigerte die Beklagte wiederum eine Kostenübernahme und erneuerte dies mit weiterem Bescheid vom 28.03.2000 (jeweils ohne Rechtsmittelbelehrung); sie leistete dann aber doch einen Zuschuss in Höhe von 358,97 DM.
Den klägerischen Widerspruch gegen die Weigerung der vollen Kostenerstattung wies die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 31.05.2001 zurück und führte darin aus, dass aufgrund der MDK- Stellungnahme eine Amalgamallergie auszuschließen sei und daher die bloße Verdachtsdiagnose der behandelnden Ärzte für eine Kostenübernahme nicht ausreiche.
Auf die dagegen am 26.06.2001 erhobene Klage hat das Sozialgericht Landshut Beweis erhoben durch die Befragung des zum Sachverständigen ernannten Prof.Dr.L. vom Klinikum der Universität R. zu der Frage, ob bei der Klägerin eine sogenannte Amalgamallergie vorgelegen habe bzw. vorliege. In seinem Gutachten nach Lage der Akten vom 30.11.2002 kommt dieser zu dem Ergebnis, dass eine Amalgamallergie gemäß der Definition der deutschen Kontaktallergiegruppe auszuschließen sei. Das Beschwerdebild der Klägerin sei durch Allgemeinsymptome dominiert, deren Bewertung abseits des allergologischen Fachbereiches liege. In ihrer Stellungnahme dazu hat die Klägerin ihren langen, krankheitsbedingten Leidensweg geschildert und dass sie nach der Amalgam-Entfernung nicht mehr krank und arbeitsunfähig gewesen sei. Schließlich sei ihr im Vorfeld durch einen Mitarbeiter der Beklagten zugesichert worden, dass die Kosten übernommen würden, sobald ein entsprechender Epicutan-Test vorläge.
Die Beklagte verweist insofern auf ein Gespräch zwischen ihrem Mitarbeiter G. , Herrn Dr.M. und dem Zahnarzt Dr.M. , in dem erörtert worden sei, dass die Eintragung in einen Allergie- Pass noch nicht zwingend eine Sanierung nach sich zöge.
Nach der mündlichen Verhandlung vom 03.06.2003, bei der die Klägerin bekundete, dass sie nach der Amalgam-Entfernung massive psychische Probleme bekommen hätte, die sich inzwischen gebessert hätten, hat das Sozialgericht am gleichen Tage die Klage abgewiesen, weil eine Amalgam-Allergie nicht ausreichend nachgewiesen sei, so dass die streitige zahnärztliche Behandlung nicht notwendig im Sinne des Gesetzes gewesen sei.
Gegen das am 18.07.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.08.2003 Berufung eingelegt und noch einmal ihren Leidensweg und ihre vielfältigen Beschwerden geschildert. Zwar hätten sich ihre körperlichen Beschwerden nach der Amalgam-Entfernung gebessert, sie habe aber durch die fehlerhafte Entfernung (kein ausreichender Schutz) des Amalgams massive psychische Probleme bekommen. Es fehle ihr an einem verantwortungsvollen Arzt, der nicht nur das Amalgam ersetze, sondern auch für eine qualifizierte Ausleitung sorge. Das eingeholte Gutachten auf der Grundlage der Akten werde ihrer Problematik nicht gerecht. Erneut beruft sich die Klägerin auf eine Kostenzusage der Beklagten. Diese hält die Ergebnisse der Begutachtung für zutreffend und beantragt daher die Berufung zurückzuweisen.
Der klägerische Antrag dagegen ist auf Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 03.06.2003 und die zugrunde liegenden Bescheide der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2001 gerichtet sowie auf Verurteilung der Beklagten zur Erstattung von 3.677,11 DM abzüglich 358,97 = 3.318,14 DM entsprechend in Euro.
Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und insbesondere der darin enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 144, 151 SGG). In der Sache selbst ist die Berufung unbegründet, denn der von der Klägerin geforderte Betrag für die Erneuerung der Füllung an 10 Zähnen ist von der Beklagten über die bisherige Leistung nicht zu erstatten. Da -wenigstens bislang - Kostenerstattung im System der gesetzlichen Krankenversicherung die Ausnahme bildet, es besteht vielmehr das Sachleistungsprinzip gemäß § 2 SGB V, gelten für eine derartige Erstattung besondere Voraussetzungen. Dass die Beklagte die 358,97 DM nicht direkt an den Zahnarzt geleistet hat, sondern an die Klägerin als Zuschuss zu der privatärztlichen Rechnung, ändert daran nichts. § 13 Abs.3 SGB V regelt die Erstattungspflicht der Krankenkasse, wofür Voraussetzung ist, dass eine der dort genannten besonderen Ausnahmesituationen vorliegen muss. Es ist einmal die dort angeführte Unaufschiebbarkeit für eine Behandlung. Sie kommt für den vorliegenden Fall nicht in Betracht, denn das Gesetz fordert dafür nicht lediglich das Bestehen einer dringlichen Behandlungssituation, sondern eine Notlage bzw. die Notwendigkeit des sofortigen, keinen Aufschub duldenden medizinischen Eingriffs, der eine vorherige Kontaktaufnahme mit der Krankenkasse nicht mehr zulässt (BSG vom 25.09.2000 - SozR 3-2500, § 13 Nr.22 Seite 105). Allein vom Zeitablauf ist diese Variante des § 13 Abs.3 SGB V auszuschließen.
Aber auch die zweite Möglichkeit, eine Kostenerstattung von der Krankenkasse zu erhalten, ist hier ausgeschlossen, denn sie hat eine geschuldete Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt, wodurch die klägerischen Mehrkosten entstanden sind. § 28 Abs.2 Satz 2 SGB V bestimmt, dass die Versicherten die Mehrkosten selbst zu tragen haben, wenn sie besondere Zahnfüllungen, hier also die Versorgung mit Goldfüllungen, in Anspruch nehmen. Hier kommt hinzu, dass die Beklagte zwar den Austausch der Füllungen bezuschusst hat, es sich jedoch nicht nachweisen lässt, ob ein solcher Austausch überhaupt eine notwendige und erforderliche Maßnahme gewesen ist, denn die Beklagte schuldet nach §§ 12, 28 SGB V nur solche zahnärztliche Behandlung, die erforderlich zur Bekämpfung von Krankheit ist. Was diesbezüglich bei der Klägerin vorlag, ist heute nicht mehr voll umfänglich festzustellen, zumindest lässt sich der von der Klägerin behauptete Krankheitsumfang nicht nachvollziehen. Nach Auskunft der Hausärztin Dr.G. lagen Krankheitbilder vor, die auf einen allgemeinen Erschöpfungszustand schließen ließen. Sie stellte dazu die Erwägung an, dass sie als allergische Reaktion auf die Amalgamfüllungen gedeutet werden könnten, weswegen sie deren Austausch befürwortet. Eine Überweisung an einen Zahnarzt stellte sie nicht aus. Der von der Klägerin selbständig aufgesuchte Zahnarzt Dr.M. erstellte seinerzeit keinen eigenen Heil- und Kostenplan (was allerdings nur bei Zahnersatz notwendig gewesen wäre), entfernte aber auch nicht die vorhandenen Füllungen in seiner Eigenschaft als Kassenarzt, wozu er verpflichtet gewesen wäre, wenn diese schadhaft oder aus anderen medizinischen Gründen nicht mehr in den Zähnen hätten belassen werden können. Es fehlt also zunächst an der kassenärztlichen Verordnung für die gewünschte Behandlung. Statt dessen hat Dr.M. auf privatzahnärztlicher Grundlage einen Kostenvoranschlag erarbeitet, den die Klägerin dann ihrer Kasse vorgelegt hat. Obwohl also nicht der vorgeschriebene Weg eingehalten wurde, hat die Beklagte nicht schon deswegen das Ansinnen der Klägerin zurückgewiesen, sondern hat eine Prüfung hinsichtlich der Notwendigkeit des Austausches eingeleitet. Erste Voraussetzung dafür wäre der Nachweis einer Amalgamunverträglichkeit mit der Folge, entweder einer allergischen Reaktion oder Vergiftungsfolgen gewesen. Daran hat es bei der Klägerin gefehlt. Zwar hat sie offensichtlich subjektiv den Eindruck, dass für ihre vielfachen Beschwerden die bisherigen Füllungen verantwortlich gewesen wären, dies wird auch ärztlicherseits bestätigt, doch fehlt es letztendlich am Nachweis. Insbesondere ergibt sich aus den Unterlagen aus der Zeit vor November/Dezember 1997 keine solch weitgehende körperliche Beeinträchtigung durch das angeschuldigte Material. Ebenso wie das Sozialgericht bezieht sich der Senat dazu auf die Feststellungen des Sachverständigen Prof.Dr.L ... Darin ist dargestellt, dass allergische Folgen mit bestimmten Symptomen einhergehen, die bei der Klägerin nicht dokumentiert sind. Dies ist auch für einen Laien weitgehend nachvollziehbar, wenn man die Testergebnisse über die Klägerin kritisch betrachtet. Einmal wird im Allergiepass nur aufgrund der Anamnese bereits eine Unverträglichkeit gegen Amalgam bescheinigt und zum anderen ergeben auch die Testreihen, wie das vom Sachverständigen ausführlich erläutert worden ist, keine derart gravierenden Hinweise wie sie erforderlich wären. Dr.M. ist vom Sozialgericht gebeten worden, seine Diagnose zu untermauern. Er hat keine weiteren Befunde vorlegen können. Wenn dann der Sachverständige aus dem vorhandenen Material den Schluss vom fehlenden Nachweis einer ernsthaften Beeinträchtigung durch Amalgam zieht, ist dies einleuchtend.
Nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die Klägerin bei der Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen persönlich nicht anwesend war. Da hier ja maßgeblich der klägerische Zustand vor dem Austausch ist, ist der Schluss erlaubt, dass eine körperliche Untersuchung danach keine stichhaltigen Nachweise mehr hätte liefern können, über den vormaligen Zustand mit dem vorhandenen Amalgam.
Bei all diesen Überlegungen darf aber nicht übersehen werden, dass die Beklagte die Entfernung des Amalgam gleichwohl bezahlt bzw. erstattet hat. Sie hat sich auch an den Kosten der neuen Füllungen beteiligt, jedoch nicht vollständig das von der Klägerin für erforderlich erachtete Material bezahlt. Diese Weigerung ist dadurch gerechtfertigt, dass aufgrund der Sachlage die Beklagte nicht einmal gehalten gewesen wäre, die der Klägerin erstatteten 358,97 DM aufzuwenden.
Abschließend sei die Klägerin noch einmal auf das ihr bereits im Verwaltungsverfahren bekannt gegebene Urteil des BSG vom 06.10.1999 - SozR 3-2500 § 28 Nr.4 - hingewiesen. Sie meint zwar, dass die dort beurteilte Ausgangslage nicht mit der ihren vergleichbar wäre, gleichwohl hat das BSG allgemeingültige Betrachtungen angestellt. Insbesondere die Feststellungen hinsichtlich des fehlenden therapeutischen Nutzens bei Austausch von Amalgam. Für den Senat besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Letztlich war den klägerischen Ausführungen über den Inhalt der zwischen ihr und dem Mitarbeiter der Beklagten geführten Gespräche nicht weiter nachzugehen. Ob dort tatsächlich Zusagen gemacht wurden und welchen Umfang sie hatten - die Beklagte hat ja den Austausch in Teilen bezahlt - ist hier ohne Belang, da es an einem schriftlichen Nachweis darüber fehlt. Gerade um solche nachträglichen Behauptungen über solche Gespräche und die Schwierigkeiten, deren Inhalt nachzuweisen, aus dem Wege zu gehen, hat der Gesetzgeber in § 34 SGB X festgelegt, dass nur schriftliche Zusagen geeignet sind, die Beklagte zu binden. Wie sinnvoll dies ist, zeigt sich am vorliegenden Fall.
Somit ergibt sich im Ergebnis keine Möglichkeit für die Klägerin, von der Beklagten mehr für den Austausch ihrer Füllungen zu erhalten, als was diese bislang bezahlt hat.
Angesichts des Verfahrensausgangs und weil auch die Beklagte keinen Anlass für den Rechtstreit gesetzt hat, sind der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe, die Revision nach § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die restliche Erstattung der Kosten eines 1997 durchgeführten Amalgamaustausches bei der Klägerin.
Der 1961 geborenen Klägerin - Verwaltungsangestellte bei der Agentur für Arbeit - bescheinigte am 07.07.1997 der Internist und Allergologe Dr.M. , dass ein Epicutantest (Dentalreihe und Quecksilber- II - Amidochlorit) eine deutlich allergische Reaktion auf Gamma-2-freies Amalgam ergeben habe und empfahl den Austausch der vorhandenen Amalgam-Füllungen gegen Goldlegierungen. Die Hausärztin Dr.G. behandelte die Klägerin wegen Abgeschlagenheit, eingeschränktem Leistungsvermögen, gehäuften Cephalgien und Konzentrationsstörungen, die sie mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Amalgam-Füllungen zurückführte und daher den Austausch gegen Gold befürwortete. Im Allergie-Pass des Dr.M. vom 21.07.1997 findet sich die Eintragung von Überempfindlichkeit gegen Amalgam. Dieser Befund sei aufgrund einer Anamnese erhoben worden. Die Laborbefunde Dentalreihe hatten in der beigefügten Testübersicht keine Allergie auf Amalgam bzw. Legierungsmetalle ergeben, wohl aber eine abklingende Empfindlichkeit nach 72 Stunden gegen Amalgam, gamma-2-frei. Ebenfalls fand sich kein Befund hinsichtlich der Testung von Quecksilber-2-Aminochlorid.
Der Vertragszahnarzt Dr.M. erstellte am 18.07.1997 einen Heil- und Kostenplan, mit dem er eine Überkronung des Zahnes 27 befürwortete, was von der Beklagten am 21.07.1997 genehmigt wurde.
Gleichfalls an diesem Tage erstellte er einen Kostenplan nach GOÄZ über den Austausch der bisherigen Einlagefüllungen an 10 Zähnen, wofür er knapp 5.000,- DM veranschlagte. Am 04.09.1997 bat die Klägerin die Beklagte schriftlich (nach vorherigem Telefonat) um umgehende Kostenzusage für den Austausch, weil ihre "psychische Verfassung aufgrund der Amalgamvergiftung sehr leidet". Nach Auswertung der Testreihen und ärztlichen Atteste kam Zahnarzt Dr.M. vom MDK am 02.09.1997 zu dem Ergebnis, dass sich daraus eine Amalgamallergie nicht nachweisen lasse, so dass die Beklagte mit Bescheid vom 15.09.1997 es ablehnte, die Kosten für den begehrten Füllungsaustausch zu übernehmen. Gleichwohl ließ die Klägerin im November und Dezember 1997 den Austausch bei Dr.M. durchführen, der ihr dafür 3.677,11 DM berechnete. Die Rechnung legte die Klägerin am 30.01.1998 der Beklagten zur Erstattung vor mit einem Attest von Dr.M. vom 07.12.1998 bzgl. ihrer Allergien.
Mit Bescheid vom 25.01.2000 verweigerte die Beklagte wiederum eine Kostenübernahme und erneuerte dies mit weiterem Bescheid vom 28.03.2000 (jeweils ohne Rechtsmittelbelehrung); sie leistete dann aber doch einen Zuschuss in Höhe von 358,97 DM.
Den klägerischen Widerspruch gegen die Weigerung der vollen Kostenerstattung wies die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 31.05.2001 zurück und führte darin aus, dass aufgrund der MDK- Stellungnahme eine Amalgamallergie auszuschließen sei und daher die bloße Verdachtsdiagnose der behandelnden Ärzte für eine Kostenübernahme nicht ausreiche.
Auf die dagegen am 26.06.2001 erhobene Klage hat das Sozialgericht Landshut Beweis erhoben durch die Befragung des zum Sachverständigen ernannten Prof.Dr.L. vom Klinikum der Universität R. zu der Frage, ob bei der Klägerin eine sogenannte Amalgamallergie vorgelegen habe bzw. vorliege. In seinem Gutachten nach Lage der Akten vom 30.11.2002 kommt dieser zu dem Ergebnis, dass eine Amalgamallergie gemäß der Definition der deutschen Kontaktallergiegruppe auszuschließen sei. Das Beschwerdebild der Klägerin sei durch Allgemeinsymptome dominiert, deren Bewertung abseits des allergologischen Fachbereiches liege. In ihrer Stellungnahme dazu hat die Klägerin ihren langen, krankheitsbedingten Leidensweg geschildert und dass sie nach der Amalgam-Entfernung nicht mehr krank und arbeitsunfähig gewesen sei. Schließlich sei ihr im Vorfeld durch einen Mitarbeiter der Beklagten zugesichert worden, dass die Kosten übernommen würden, sobald ein entsprechender Epicutan-Test vorläge.
Die Beklagte verweist insofern auf ein Gespräch zwischen ihrem Mitarbeiter G. , Herrn Dr.M. und dem Zahnarzt Dr.M. , in dem erörtert worden sei, dass die Eintragung in einen Allergie- Pass noch nicht zwingend eine Sanierung nach sich zöge.
Nach der mündlichen Verhandlung vom 03.06.2003, bei der die Klägerin bekundete, dass sie nach der Amalgam-Entfernung massive psychische Probleme bekommen hätte, die sich inzwischen gebessert hätten, hat das Sozialgericht am gleichen Tage die Klage abgewiesen, weil eine Amalgam-Allergie nicht ausreichend nachgewiesen sei, so dass die streitige zahnärztliche Behandlung nicht notwendig im Sinne des Gesetzes gewesen sei.
Gegen das am 18.07.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.08.2003 Berufung eingelegt und noch einmal ihren Leidensweg und ihre vielfältigen Beschwerden geschildert. Zwar hätten sich ihre körperlichen Beschwerden nach der Amalgam-Entfernung gebessert, sie habe aber durch die fehlerhafte Entfernung (kein ausreichender Schutz) des Amalgams massive psychische Probleme bekommen. Es fehle ihr an einem verantwortungsvollen Arzt, der nicht nur das Amalgam ersetze, sondern auch für eine qualifizierte Ausleitung sorge. Das eingeholte Gutachten auf der Grundlage der Akten werde ihrer Problematik nicht gerecht. Erneut beruft sich die Klägerin auf eine Kostenzusage der Beklagten. Diese hält die Ergebnisse der Begutachtung für zutreffend und beantragt daher die Berufung zurückzuweisen.
Der klägerische Antrag dagegen ist auf Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 03.06.2003 und die zugrunde liegenden Bescheide der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2001 gerichtet sowie auf Verurteilung der Beklagten zur Erstattung von 3.677,11 DM abzüglich 358,97 = 3.318,14 DM entsprechend in Euro.
Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und insbesondere der darin enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§ 144, 151 SGG). In der Sache selbst ist die Berufung unbegründet, denn der von der Klägerin geforderte Betrag für die Erneuerung der Füllung an 10 Zähnen ist von der Beklagten über die bisherige Leistung nicht zu erstatten. Da -wenigstens bislang - Kostenerstattung im System der gesetzlichen Krankenversicherung die Ausnahme bildet, es besteht vielmehr das Sachleistungsprinzip gemäß § 2 SGB V, gelten für eine derartige Erstattung besondere Voraussetzungen. Dass die Beklagte die 358,97 DM nicht direkt an den Zahnarzt geleistet hat, sondern an die Klägerin als Zuschuss zu der privatärztlichen Rechnung, ändert daran nichts. § 13 Abs.3 SGB V regelt die Erstattungspflicht der Krankenkasse, wofür Voraussetzung ist, dass eine der dort genannten besonderen Ausnahmesituationen vorliegen muss. Es ist einmal die dort angeführte Unaufschiebbarkeit für eine Behandlung. Sie kommt für den vorliegenden Fall nicht in Betracht, denn das Gesetz fordert dafür nicht lediglich das Bestehen einer dringlichen Behandlungssituation, sondern eine Notlage bzw. die Notwendigkeit des sofortigen, keinen Aufschub duldenden medizinischen Eingriffs, der eine vorherige Kontaktaufnahme mit der Krankenkasse nicht mehr zulässt (BSG vom 25.09.2000 - SozR 3-2500, § 13 Nr.22 Seite 105). Allein vom Zeitablauf ist diese Variante des § 13 Abs.3 SGB V auszuschließen.
Aber auch die zweite Möglichkeit, eine Kostenerstattung von der Krankenkasse zu erhalten, ist hier ausgeschlossen, denn sie hat eine geschuldete Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt, wodurch die klägerischen Mehrkosten entstanden sind. § 28 Abs.2 Satz 2 SGB V bestimmt, dass die Versicherten die Mehrkosten selbst zu tragen haben, wenn sie besondere Zahnfüllungen, hier also die Versorgung mit Goldfüllungen, in Anspruch nehmen. Hier kommt hinzu, dass die Beklagte zwar den Austausch der Füllungen bezuschusst hat, es sich jedoch nicht nachweisen lässt, ob ein solcher Austausch überhaupt eine notwendige und erforderliche Maßnahme gewesen ist, denn die Beklagte schuldet nach §§ 12, 28 SGB V nur solche zahnärztliche Behandlung, die erforderlich zur Bekämpfung von Krankheit ist. Was diesbezüglich bei der Klägerin vorlag, ist heute nicht mehr voll umfänglich festzustellen, zumindest lässt sich der von der Klägerin behauptete Krankheitsumfang nicht nachvollziehen. Nach Auskunft der Hausärztin Dr.G. lagen Krankheitbilder vor, die auf einen allgemeinen Erschöpfungszustand schließen ließen. Sie stellte dazu die Erwägung an, dass sie als allergische Reaktion auf die Amalgamfüllungen gedeutet werden könnten, weswegen sie deren Austausch befürwortet. Eine Überweisung an einen Zahnarzt stellte sie nicht aus. Der von der Klägerin selbständig aufgesuchte Zahnarzt Dr.M. erstellte seinerzeit keinen eigenen Heil- und Kostenplan (was allerdings nur bei Zahnersatz notwendig gewesen wäre), entfernte aber auch nicht die vorhandenen Füllungen in seiner Eigenschaft als Kassenarzt, wozu er verpflichtet gewesen wäre, wenn diese schadhaft oder aus anderen medizinischen Gründen nicht mehr in den Zähnen hätten belassen werden können. Es fehlt also zunächst an der kassenärztlichen Verordnung für die gewünschte Behandlung. Statt dessen hat Dr.M. auf privatzahnärztlicher Grundlage einen Kostenvoranschlag erarbeitet, den die Klägerin dann ihrer Kasse vorgelegt hat. Obwohl also nicht der vorgeschriebene Weg eingehalten wurde, hat die Beklagte nicht schon deswegen das Ansinnen der Klägerin zurückgewiesen, sondern hat eine Prüfung hinsichtlich der Notwendigkeit des Austausches eingeleitet. Erste Voraussetzung dafür wäre der Nachweis einer Amalgamunverträglichkeit mit der Folge, entweder einer allergischen Reaktion oder Vergiftungsfolgen gewesen. Daran hat es bei der Klägerin gefehlt. Zwar hat sie offensichtlich subjektiv den Eindruck, dass für ihre vielfachen Beschwerden die bisherigen Füllungen verantwortlich gewesen wären, dies wird auch ärztlicherseits bestätigt, doch fehlt es letztendlich am Nachweis. Insbesondere ergibt sich aus den Unterlagen aus der Zeit vor November/Dezember 1997 keine solch weitgehende körperliche Beeinträchtigung durch das angeschuldigte Material. Ebenso wie das Sozialgericht bezieht sich der Senat dazu auf die Feststellungen des Sachverständigen Prof.Dr.L ... Darin ist dargestellt, dass allergische Folgen mit bestimmten Symptomen einhergehen, die bei der Klägerin nicht dokumentiert sind. Dies ist auch für einen Laien weitgehend nachvollziehbar, wenn man die Testergebnisse über die Klägerin kritisch betrachtet. Einmal wird im Allergiepass nur aufgrund der Anamnese bereits eine Unverträglichkeit gegen Amalgam bescheinigt und zum anderen ergeben auch die Testreihen, wie das vom Sachverständigen ausführlich erläutert worden ist, keine derart gravierenden Hinweise wie sie erforderlich wären. Dr.M. ist vom Sozialgericht gebeten worden, seine Diagnose zu untermauern. Er hat keine weiteren Befunde vorlegen können. Wenn dann der Sachverständige aus dem vorhandenen Material den Schluss vom fehlenden Nachweis einer ernsthaften Beeinträchtigung durch Amalgam zieht, ist dies einleuchtend.
Nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Umstand, dass die Klägerin bei der Begutachtung durch den gerichtlichen Sachverständigen persönlich nicht anwesend war. Da hier ja maßgeblich der klägerische Zustand vor dem Austausch ist, ist der Schluss erlaubt, dass eine körperliche Untersuchung danach keine stichhaltigen Nachweise mehr hätte liefern können, über den vormaligen Zustand mit dem vorhandenen Amalgam.
Bei all diesen Überlegungen darf aber nicht übersehen werden, dass die Beklagte die Entfernung des Amalgam gleichwohl bezahlt bzw. erstattet hat. Sie hat sich auch an den Kosten der neuen Füllungen beteiligt, jedoch nicht vollständig das von der Klägerin für erforderlich erachtete Material bezahlt. Diese Weigerung ist dadurch gerechtfertigt, dass aufgrund der Sachlage die Beklagte nicht einmal gehalten gewesen wäre, die der Klägerin erstatteten 358,97 DM aufzuwenden.
Abschließend sei die Klägerin noch einmal auf das ihr bereits im Verwaltungsverfahren bekannt gegebene Urteil des BSG vom 06.10.1999 - SozR 3-2500 § 28 Nr.4 - hingewiesen. Sie meint zwar, dass die dort beurteilte Ausgangslage nicht mit der ihren vergleichbar wäre, gleichwohl hat das BSG allgemeingültige Betrachtungen angestellt. Insbesondere die Feststellungen hinsichtlich des fehlenden therapeutischen Nutzens bei Austausch von Amalgam. Für den Senat besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.
Letztlich war den klägerischen Ausführungen über den Inhalt der zwischen ihr und dem Mitarbeiter der Beklagten geführten Gespräche nicht weiter nachzugehen. Ob dort tatsächlich Zusagen gemacht wurden und welchen Umfang sie hatten - die Beklagte hat ja den Austausch in Teilen bezahlt - ist hier ohne Belang, da es an einem schriftlichen Nachweis darüber fehlt. Gerade um solche nachträglichen Behauptungen über solche Gespräche und die Schwierigkeiten, deren Inhalt nachzuweisen, aus dem Wege zu gehen, hat der Gesetzgeber in § 34 SGB X festgelegt, dass nur schriftliche Zusagen geeignet sind, die Beklagte zu binden. Wie sinnvoll dies ist, zeigt sich am vorliegenden Fall.
Somit ergibt sich im Ergebnis keine Möglichkeit für die Klägerin, von der Beklagten mehr für den Austausch ihrer Füllungen zu erhalten, als was diese bislang bezahlt hat.
Angesichts des Verfahrensausgangs und weil auch die Beklagte keinen Anlass für den Rechtstreit gesetzt hat, sind der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
Gründe, die Revision nach § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
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