L 1 KR 316/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 1172/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 316/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beigeladenen zu 1) gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. September 2013 wird zurückgewiesen. Die Widerklage wird abgewiesen. Der Beigeladene zu 1) hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu 2) und 3), die ihre Kosten selbst zu tragen haben. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Beteiligung des Beigeladenen zu 1) an Verhandlungen über den Abschluss von Verträgen zur Versorgung mit Hebammenhilfe.

Der Kläger vertritt als ein aus 16 Landesverbänden zusammengesetzter Berufsverband bundesweit die wirtschaftlichen Interessen von über 18.000 angestellten und freiberuflichen Hebammen. Zusammen mit dem Beigeladenen zu 2), der etwa 1.000 Mitglieder hat und ausschließlich die Interessen freiberuflich tätiger Hebammen vertritt, schloss er mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen einen am 1. August 2007 in Kraft getretenen Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Der Beigeladene zu 3) ist neben dem Kläger, dem Beklagten und dem Beigeladenen zu 2) Partei des Ergänzungsvertrags nach § 134a SGB V über Betriebskostenpauschalen bei ambulanten Geburten in von Hebammen geleiteten Einrichtungen. Der Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe wurde von dem Kläger zum 31. Dezember 2011 gekündigt.

Nachdem die nach der Kündigung aufgenommenen Vertragsverhandlungen ohne Ergebnis geblieben waren, rief der Kläger die gemeinsame Schiedsstelle an. Vor der Schiedsstelle einigten sich der Kläger, der Beklagte und der Beigeladene zu 2) am 31. Januar 2013 dahingehend, dass der bisherige Vertrag bis zum Inkrafttreten einer Neufassung, längstens aber bis zum 31. Januar 2015 fortgelten sollte. Vereinbart wurde auch, dass der Kläger, der Beigeladene zu 2) und der Beklagte unverzüglich Verhandlungen über eine Neufassung des Vertrags unter Berücksichtigung der Vorgaben des Pflege-Neuausrichtungsgesetzes aufnehmen würden. Die Vergütung der freiberuflichen Hebammen wurde durch Beschluss der Schiedsstelle vom 31. Januar 2013 festgesetzt. In dem Beschluss der Schiedsstelle war eine weitere rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft tretende Erhöhung der Vergütung für den Fall vorgesehen, dass bis zum 31. Januar 2015 eine Vereinbarung über Leistungsbeschreibungen und Qualitätsstandards gemäß dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz abgeschlossen werde.

Der Beklagte lud den Kläger und die Beigeladenen zu 1) bis 3) durch Schreiben vom 26. Februar 2013 zu Verhandlungen über die Umsetzung des Pflege-Neuausrichtungsgesetzes für den 20. März 2013 ein. Mit Schreiben vom 6. März 2013 wies der Beklagte den Kläger und die Beigeladenen zu 2) und 3) darauf hin, dass der Beigeladene zu 1) nunmehr von ihm und dem Bundesministerium für Gesundheit als maßgeblicher Verband anerkannt worden sei. Entsprechend sollte eine Vereinbarung über den Vertragsbeitritt des Beigeladenen zu 1) zu dem Vertrag nach § 134a SGB V unterzeichnet werden. Der Kläger und der Beigeladene zu 2) lehnten das ab und erklärten, dass der Beigeladene zu 1) ihrer Auffassung nach kein maßgeblicher Berufsverband der Hebammen im Sinne des § 134a Abs. 1 SGB V sei. Bei dem Gesprächstermin am 20. März 2013 lehnte der Kläger eine Beteiligung des Beigeladenen zu 1) an den Gesprächen ab und brach die Verhandlungen ab. Der Beklagte erklärte daraufhin mit Schreiben vom 22. März 2013 gegenüber dem Kläger und dem Beigeladenen zu 2), dass er gerne mit allen Verbänden gemeinsam verhandeln würde und sich vorbehalte, mit den Verhandlungspartnern zu verhandeln, die zu gemeinsamen Verhandlungen bereit seien. Der Kläger antwortete, er verstehe das so, dass der Beklagte nunmehr weitere Verhandlungen mit ihm ablehne. Der Beklagte verwies mit Schreiben vom 30. Mai 2013 auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit vom 18. April 2013, wonach die Anerkennung des Beigeladenen zu 1) als maßgeblicher Verband nachvollziehbar und vertretbar sei, und warf dem Kläger eine "nur schwer nachvollziehbare Blockadehaltung" vor.

Mit der am 1. Juli 2013 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger begehrt, den Beklagten zur Wiederaufnahme der Vertragsverhandlungen unter ausschließlicher Beteiligung der derzeitigen Vertragsparteien zu verurteilen, hilfsweise die Feststellungen, dass der Beklagte zur Wiederaufnahme der Verhandlungen unter alleiniger Beteiligung der derzeitigen Vertragsparteien verpflichtet und der Beigeladene zu 1) derzeit kein maßgeblicher Bundesverband im Sinne des § 134a Abs. 1 Satz 1 SGB V sei. Parallel ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt worden.

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 11. September 2013 den Beklagten verurteilt, mit dem Kläger in Vertragsverhandlungen zum Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a Abs. 1 Satz 1 SGB V nebst seinen Anlagen derzeit ohne Beteiligung des Beigeladenen zu 1) zu treten und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klage sei zulässig und im Wesentlichen begründet. Der Kläger sei als maßgeblicher Berufsverband im Sinne des § 134a Abs. 1 SGB V durch das Vertragsverhalten des Beklagten möglicherweise in eigenen Rechten verletzt. Der Kläger könne den Beklagten zwar nicht darauf verweisen, mit dem Beigeladenen zu 1) einen separaten Vertrag zu verhandeln. Denn der Gesetzgeber habe nur einen bundeseinheitlichen Kollektivvertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe ermöglichen wollen. Ein Beteiligungs- und Abwehrrecht des Klägers ergebe sich aber aus seinem Recht auf Abschluss eines Hebammenhilfevertrags nach § 134a SGB V. Denn diese Vorschrift sichere die Ökonomie der Verhandlungsführung, indem als Partner der Vertragsverhandlungen nur die maßgeblichen Berufsverbände vorgesehen seien. Daraus ergebe sich das Recht, eine Störung der Vertragsbeziehung abzuwehren und gerichtlich überprüfen zu lassen. Indessen habe der Kläger nicht das Recht, von dem Beklagten die Aufnahme von Verhandlungen mit dem Beigeladenen zu 2) zu begehren. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers ergebe sich daraus, dass eine Prüfung der Beteiligungsrechte nicht über einen Vertragsschluss oder die Schiedsstelle erreicht werden könne. Auf die Rechtsauffassung des Bundesministeriums für Gesundheit als zuständige Aufsichtsbehörde komme es nicht an. Das Rechtsschutzbedürfnis fehle auch nicht wegen der vorangegangenen Totalverweigerung des Klägers. Das Abwehrrecht aus § 134a SGB V scheitere nicht daran, dass schon die Aufnahme von Sondierungsgesprächen verweigert worden sei. Die Verpflichtung des Beklagten, mit dem Kläger ohne Beteiligung des Beigeladenen zu 1) in Vertragsverhandlungen zu treten, ergebe sich daraus, dass es sich bei dem Beigeladenen zu 1) noch nicht um einen maßgeblichen Berufsverband handele. Ein Recht des Klägers auf Aufnahme von Vertragsverhandlungen ohne Beteiligung des Beigeladenen zu 1) folge dagegen nicht bereits aus der vertraglichen Übergangsvereinbarung vom 31. Januar 2013. Denn diese Vereinbarung könne nicht so ausgelegt werden, dass nicht an ihrem Abschluss beteiligte aber nach dem Gesetz verhandlungsberechtigte Dritte von weiteren Verhandlungen ausgeschlossen würden. Der Kläger werde aber in seinen ihm nach dem Gesetz zustehenden Verhandlungs- und Beteiligungsrechten verletzt, wenn der Beigeladene zu 1) als derzeit noch nicht maßgeblicher Berufsverband an den Vertragsverhandlungen gestaltend beteiligt werde. Der Beigeladene zu 1) sei Berufsverband, weil dies seinem Selbstverständnis und seiner Satzung entspreche. Unerheblich sei das Fehlen einer Gliederung nach Landesverbänden, die Bezeichnung als Fachverband und die Beschränkung auf die Vertretung der selbständigen und in Hausgeburt tätigen Hebammen. Der Begriff der Maßgeblichkeit im Rahmen des § 134a SGB V werde im Gesetz nicht definiert und müsse deswegen unter Rückgriff auf die in der Patientenbeteiligungsverordnung definierten Voraussetzungen bestimmt werden. Weil § 134a SGB V aktive Gestaltungsrechte im Rahmen der Selbstverwaltung gewähre, müsse darüber hinaus eine gewisse berufsständische Vertretungsmacht vorliegen, um maßgeblicher Berufsverband zu sein. Insbesondere müsse ein Mindestvolumen an Mitgliederzahl vorliegen, um gewichtig genug zur Teilnahme an den bundeseinheitlichen Vertragsverhandlungen zu sein. Der Beigeladene zu 1) vertrete aber lediglich 47 Hebammen, wohingegen der Kläger 18.000 Hebammen und der Beigeladene zu 2) 1000 Hebammen vertrete. Zwar könne ein neuer Konkurrenzverband nicht nur dann als maßgeblich gelten, wenn er ein bestimmtes Quorum erreiche. Denn es müsse auch die Interessenvertretung einzelner Berufsgruppen ermöglicht werden. Die Tätigkeit als Hausgeburtshebamme sei jedoch nicht einer eigenen Berufsgruppe zuzuordnen, da es nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung keine anerkannte Spezialisierung auf die Erbringung von Hausgeburten gebe. Deswegen komme es doch auf einen Mindestanteil an den Berufsausübenden an, der nach den parlamentarischen Grundsätzen auf 5 % festzulegen sei. Der Kläger und der Beigeladene zu 2) würden 1.774 bei der Hausgeburtshilfe tätige Hebammen vertreten, der Beigeladene zu 1) dagegen nur 47, was einem Anteil von 2,65 % entspreche. Das reiche nicht aus. Soweit der Kläger auch die Verurteilung der Beklagten zur Wiederaufnahme der Verhandlungen begehrt habe, sei die Klage nicht erfolgreich, weil der Beklagte sich einer Wiederaufnahme nie widersetzt habe, streitig vielmehr allein die Beteiligung des Beigeladenen zu 1) gewesen sei.

Nach dem Urteil des Sozialgerichts ist das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung von dem Antragsteller und Antragsgegner übereinstimmend für erledigt erklärt worden.

Gegen das ihm am 7. Oktober 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. November 2013 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung des Beigeladenen zu 1). Die Beschwer durch das Urteil des Sozialgerichts sei nicht deswegen weggefallen, weil die Schiedsstelle am 25. September 2015 Vergütungsregelungen und damit zusammenhängende weitere Verfahrensregeln festgesetzt habe. Denn dadurch seien die im Jahre 2013 begonnenen Verhandlungen nicht endgültig beendigt worden. Es seien nicht nur die mittlerweile durch Schiedsspruch festgesetzte Höhe der Vergütung zu vereinbaren gewesen, sondern auch Fragen der Leistungsbeschreibung und Qualitätssicherung. Zudem sei der Schiedsspruch von dem Kläger gerichtlich angegriffen worden mit dem Ziel, seine vollständige Aufhebung zu erreichen. Die Verhandlungen würden auch unabhängig von dem Schiedsspruch weitergehen. In einem gegen den Schiedsspruch eingeleitetem Verfahren sei das Sozialgericht Berlin (S 211 KR 4186/15 ER) zu dem Ergebnis gekommen, dass die Schiedsstelle lediglich einzelne Paragraphen und Anlagen der insgesamt zu treffenden Vereinbarung festgesetzt habe. Jedenfalls solle sein – des Beigeladenen zu 1) - Rechtsstandpunkt im Berufungsverfahren im Wege einer Eventualwiderklage weiterverfolgt werden. Das Urteil des Sozialgerichts sei fehlerhaft, die Klage bereits unzulässig. Der Kläger könne seine Aktivlegitimation nicht aus § 134a SGB V herleiten. Aus dieser Vorschrift ergebe sich nicht, dass der Kreis der bisherigen Vertragsparteien unverändert bleiben müsse. Vielmehr ergebe sich gerade aus der im Jahre 2007 in das Gesetz aufgenommene Ergänzung für die hebammengeleiteten Einrichtungen, dass der Gesetzgeber den Kreis der Vertragsparteien für Entwicklungen öffnen wollte. Die von der Beklagten angeordnete Teilnahme an den Verhandlungen greife nicht in ein subjektives Recht des Klägers ein. Die bisher bei den Verhandlungen aufgetretenen Störungen seien allein auf den Willen des Klägers zurückzuführen. Er habe nicht das Recht, seine Bedingungen der anderen Seite aufzuzwingen. Das gelte auch für den von ihm gewünschten Ausschluss anderer von den Vertragsverhandlungen. Ein solches Recht ergebe sich auch nicht daraus, dass ihm die Vertretung der wirtschaftlichen Interessen der ihm angehörenden Hebammen obliege. Es entspreche dem demokratischen Spiel der Kräfte, dass der Kläger Konkurrenz dulden müsse. Auch aus dem Gesichtspunkt einer ökonomischen Verhandlungsführung ergebe sich vorliegend keine Klagebefugnis. Entgegen dem Sozialgericht sehe § 134a SGB V gerade nicht mehr vor, dass nur ein bundeseinheitlicher Kollektivvertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe abgeschlossen werde. Selbst unter dieser Voraussetzung würde sich aber kein Ausschlussrecht des Klägers ergeben. Eingriffe in die Ökonomie der Verhandlungsführung würden sich nicht zu einem subjektiven öffentlichen Recht verdichten. Es gebe kein Recht auf Ausschluss eines konkurrierenden Verbandes. Dies gelte erst recht, nachdem bereits der Beklagte die Aufnahme von Verhandlungen geprüft und bejaht habe. Zu Unrecht sei das Sozialgericht auch davon ausgegangen, dass er – der Beigeladene zu 1) – noch nicht als maßgeblicher Berufsverband zu qualifizieren sei. Die Maßgeblichkeit sei ein unbestimmter Rechtsbegriff. Das Bestehen eines Mindestvolumens an Mitgliederzahlen sei eine Voraussetzung, die weder dem Gesetz noch der Patientenbeteiligungsverordnung zu entnehmen sei. Das Sozialgericht präferiere die Vorstellung von geordneten und effektiven Verhandlungen zu Lasten der Selbstverwaltung. Ein subjektives öffentliches Recht auf effektive Verhandlungen könne jedenfalls nicht schrankenlos bestehen. Er – der Beigeladene zu 1) – könne sich auf die in Art. 9 Abs. 3 GG geregelte Koalitionsfreiheit berufen. Diese umfasse auch den Koalitionspluralismus. Eine effektive Verhandlungsführung sei kein Wert an sich, der dem Grundrecht entgegen gehalten werden könnte. Grundsätzlich mache jede teilnehmende weitere Koalition die Verhandlungen mühevoller. Die aufgetretenen Belastungen der Verhandlungsführung seien aber ausschließlich durch das Verhalten des Klägers verursacht gewesen. Das Sozialgericht habe auch die Vorentscheidung der Beklagten als Teil der Selbstverwaltung ignoriert. Zu Unrecht habe es auch angenommen, das die Tätigkeit von Hausgeburtshebammen kein eigenständiges Berufsbild abgebe. Die Art der Berufsausübung durch eine Hausgeburtshebamme und einer Klinikhebamme unterscheide sich deutlich voneinander. Nur die Hausgeburt finde in den Privaträumen der Schwangeren statt. Die normale Ausbildung von Hebammen erfasse die Vorbereitung von Hausgeburten nicht mehr. Das erforderliche Wissen müsse zusätzlich innerhalb besonderer Strukturen erworben werden. Auch in dem bisherigen Vertrag über Hebammenleistungen gebe es entsprechende vergütungsrechtliche Differenzierungen. Soweit das Sozialgericht die Maßgeblichkeit abgelehnt habe, weil ihm der Anteil der von ihm – dem Beigeladenen zu 1) – vertretenen Hausgeburtshebammen zu gering erschienen war, habe es fälschlicherweise vom Kläger vorgelegte Zahlen übernommen. Tatsächlich sei von einer Zahl von maximal 600 Hausgeburtshebammen auszugehen. Die Zahl der Hausgeburten könne ermittelt werden durch den Vergleich der dem statistischen Bundesamt gemeldeten Geburtenzahlen insgesamt mit den Zahlen, die in den Jahresberichten der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe e.V. enthalten seien. Angesichts der zunehmenden Schwierigkeiten sei davon auszugehen, dass aktuell maximal 500 Hausgeburtshebammen tätig seien. Er – der Beigeladene zu 1) – vertrete mehr als 5 % dieser Hebammen. Von den zurzeit 165 bei ihm organisierten Hebammen würden aktuell mindestens 133 ihre Tätigkeit als Hausgeburtshebammen ausüben. Die von dem Kläger aufgestellten Anforderungen an die "soziale Mächtigkeit" der Berufsverbände würden auch durch die Beigeladenen zu 2) und 3) nicht erfüllt. Die Parallele zum Tarifvertragsrecht sei unpassend. Der Kläger versuche, ein Monopol, bestenfalls ein auf zwei begrenztes Oligopol durchzusetzen. Das gelte insbesondere im Hinblick darauf, dass er der einzige Anbieter einer Gruppenhaftpflichtversicherung für Hebammen sei.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. September 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, mit dem Beigeladenen zu 1) in Vertragsverhandlungen zum Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a Abs. 1 Satz 1 SGB V nebst seinen Anlagen einzutreten.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des Sozialgerichts im Ergebnis für zutreffend. § 134a SGB V beinhalte ein Abwehrrecht gegen Verhandlungen, an denen nicht zuständige Interessenvertretungen mitwirken wollten. Dabei handele es sich nicht um eine Norm zum Konkurrentenschutz. § 134a SGB V gewähre das Recht auf Verhandlungen nach den gesetzlichen Vorgaben und damit nur unter den maßgeblichen Berufsverbänden. Zu Unrecht habe das Sozialgericht den Beigeladenen zu 1) als Fachverband in der Unterform eines Berufsverbandes qualifiziert. Die Formulierung, dass der Beigeladene zu 1) Hebammen vertrete, deren geburtshilflicher Schwerpunkt in der aufsuchenden Geburtshilfe liege, sei fachlich nicht nachvollziehbar. Hebammen, die Betreuung bei Hausgeburten anbieten und solche, die keine oder eine anderweitige Geburtsbetreuung leisten, würden zu 93 % gleichgeartete Leistungen erbringen. Fehlerhaft habe das Sozialgericht festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) alle Voraussetzungen der Patientenbeteiligungsverordnung erfülle. Insbesondere fehle es bei dem Beigeladenen zu 1) an einer ausreichenden finanziellen Grundlage. Zu Recht habe das Sozialgericht aber eine durch die Mitgliederzahl konkretisierte berufsständische Vertretungsmacht gefordert. Bedenken begegne dagegen seine Annahme, dass es davon unabhängige passive Informationsrechte geben könne. Selbst wenn man dem Sozialgericht darin folge, dass der Beigeladene zu 1) die Hausgeburtshebammen als eine Gruppe von spezialisiert Berufsausübenden vertrete, sei von der Zahl von 1.774 Hebammen auszugehen, die Hausgeburten anbieten würden. Die von dem Beigeladenen zu 1) vorgelegten Berechnungen würden sowohl mathematische als auch logische Fehler aufweisen. Die Anwendung der 5 % Hürde erscheine nicht offensichtlich fehlerhaft, aber auch nicht als zwingend. Bei der Berechnung der Zahl der Hausgeburtshebammen müssten auch diejenigen berücksichtigt werden, welche Hausgeburten gerne anbieten würden.

Der Beklagte sieht von einer Stellungnahme zum Berufungsverfahren ab. Es handele sich in erster Linie um eine Streitigkeit zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1). Allerdings stelle § 134a SGB V auf einen bundeseinheitlichen Vertrag ab. Die Beschwer des Klägers sei durch den zwischenzeitlich ergangenen Schiedsspruch nicht weggefallen. Nach seinen – des Beklagten – Erkenntnissen würden 450 Hebammen ausschließlich Hausgeburtshilfe und 1.640 Hebammen auch Hausgeburten anbieten. Die erhobene Eventualwiderklage sei unzulässig.

Der Beigeladene zu 2) stellt ebenfalls - ebenso wie der Beigeladene zu 3) - keinen Antrag. Nach seiner – des Beigeladenen zu 2) - Auffassung ergibt sich die Klagebefugnis des Klägers aus dem Grundsatz der effektiven Verhandlungsführung und § 134a SGB V. Das Gesetz setze nach wie vor einen einheitlichen Kollektivvertrag voraus. Auch in der Sache könne die Berufung keinen Erfolg haben. Er – der Beigeladene zu 2) – vertrete weitaus mehr Hebammen als der Beigeladene zu 1). Die auf der Grundlage des § 134a SGB V zu treffenden Vergütungsregelungen würden die Berufsausübungsfreiheit nicht betreffen. Für die Anzahl der Hausgeburtshebammen sei hinzuweisen auf das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen v. 21. Mai 2014 – L 4 KR 259/11. Danach sei von bundesweit 500 Hebammen auszugehen, die Hausgeburten anbieten.

Der Vertrag über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a SGB V ist zuletzt durch Schiedsspruch der nach § 134a Abs. 4 SGB errichteten Schiedsstelle vom 5. September 2017 erneut geändert worden. Im Anschluss daran haben der Kläger, der Beklagte und der Beigeladene zu 2) weitere Änderungen in den Anlagen des Vertrags vereinbart.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Gerichtsakte des Verfahrens S 81 KR 1172/13 ER verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Der Senat folgt den Beteiligten in ihrer Auffassung, dass die Frage, ob der Beigeladene zu 1) in die Verhandlungen über den Abschluss eines Vertrags über die Leistungen der Hebammenhilfe nach § 134a SGB V einzubeziehen ist, nicht dadurch ihre Erledigung gefunden hat, dass die nach § 134a Abs. 4 SGB V errichtete Schiedsstelle am 25. September 2015 und auch am 4. Juli 2017 sowie am 5. September 2017 Schiedssprüche zum Inhalt dieses Vertrags gefällt hat. Denn die Beteiligten haben übereinstimmend angegeben, dass durch die ergangenen Schiedssprüche nicht alle streitigen Fragen, über die nach § 134a SGB V verhandelt wird, einem endgültigen Ergebnis zugeführt worden sind. Darüber hinaus sind die Schiedssprüche beklagt. Überdies hat die Frage, wer zu Verhandlungen über den nach § 134a Abs. 1 SGB V zu schließenden Vertrag heranzuziehen ist, nach § 134a Abs. 4 SGB V Bedeutung auch für die richtige Besetzung der Schiedsstelle. Der Streit über die Teilnahme des Beigeladenen zu 1) an Vertragsverhandlungen setzt sich demnach auch in Bezug auf die ergangenen Schiedssprüche fort.

Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, mit dem Kläger in Vertragsverhandlungen ohne Beteiligung des Beigeladenen zu 1) zu treten.

Anspruchsgrundlage ist § 134a SGB V. Danach schließt der Beklagte mit den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen gebildeten maßgeblichen Berufsverbänden der Hebammen und den Verbänden der von Hebammen geleiteten Einrichtungen Verträge auf Bundesebene über die Versorgung mit Hebammenhilfe mit bindender Wirkung für die Krankenkassen. Die durch die Vorschrift vorgenommene Aufgabenzuweisung schließt ein subjektives-öffentliches Recht der maßgeblichen Berufsverbände ein, von dem Beklagten zu Verhandlungen herangezogen zu werden. Zwar gibt § 134a SGB V keinen Anspruch auf einen Vertragsschluss, weil der Vertrag nur mit einem bestimmten Inhalt geschlossen werden kann und der Inhalt des zu schließenden Vertrags keine durch Auslegung zu ermittelnde Rechtsfrage, sondern den Parteien zur Regelung überantwortet ist. Die in § 134a Abs. 1 SGB V genannten Parteien schulden einander aber jedenfalls den ernsthaften Versuch, zu einer Einigung über die nach Auffassung der Beteiligten zu regelnden Fragen zu kommen. Denn der Gesetzgeber hält das Zustandekommen eines Vertrags für unabdingbar. Das zeigt sich daran, dass er in § 134a Abs. 3 SGB V für den Fall des Nichtzustandekommens einer Einigung zwingend die Durchführung eines Schiedsverfahrens und die Weitergeltung des bisherigen Vertrags vorgesehen hat.

Das Recht der maßgebenden Berufsverbände und der Verbände der von Hebammen geleiteten Einrichtungen auf Verhandlungen schließt ein Abwehrrecht gegen die Teilnahme eines nicht maßgeblichen Berufsverbandes an den Verhandlungen ein. Nach der Konzeption des Gesetzes soll der Beklagte mit den maßgeblichen Berufsverbänden nur einen Vertrag vereinbaren (vgl. statt aller Luthe in Hauck/Noftz, SGB V, § 134a Rn 17). Es ist ausgeschlossen, dass es mehrere Verträge über den Inhalt und die Bedingungen der Hebammenhilfe gibt, deren Anwendungsbereich sich danach unterscheidet, welchem Verband die leistungserbringende Hebamme jeweils angehört. Gibt es aber nur einen Vertrag, dann entscheidet jeder an den Verhandlungen teilnehmende Berufsverband gleichberechtigt mit den anderen Verbänden und dem Beklagten darüber, ob und mit welchem Inhalt der Vertrag zustande kommt. Verweigert er seine Zustimmung, kommt es auf die möglicherweise bei den anderen Verbänden und dem Beklagten bestehende Bereitschaft zum Vertragsschluss nicht mehr an, sondern wird nach § 134a Abs. 3 SGB V die Durchführung eines Schiedsverfahrens notwendig. Die Anerkennung eines weiteren Vereins als maßgebender Berufsverband der Hebammen beschränkt damit die Gestaltungsmöglichkeiten der anderen schon vorher anerkannten maßgebenden Verbände. Sie sind nämlich dann darauf angewiesen, sich nunmehr auch mit dem weiteren neuen Verband ins Benehmen zu setzen, ehe sie ihre Ziele verwirklichen können.

Aus der gesetzlichen Aufgabenzuweisung folgt ein gegenseitiger Anspruch der Vertragsparteien auf Berücksichtigung nur des Abstimmungsverhaltens der maßgeblichen Berufsverbände sowie des Beklagten. Dieser Anspruch umfasst auch das Recht, den Ausschluss nicht erheblicher Verbände von den Verhandlungen zu verlangen. Für ein Anhörungs- und Beteiligungsrecht solcher weiteren Organisationen, das sich ausschließlich auf die Initiative nur eines Vertragspartners begründet, ist kein Raum. Insoweit hat bereits das Sozialgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass allein schon die Anhörung eines weiteren Beteiligten die Verhandlungen verlängert und erschwert, ohne dass dafür ein rechtfertigender Grund ersichtlich wäre.

Der Kläger hat dann gegen den Beklagten einen Anspruch auf die Durchführung von Verhandlungen ohne den Beigeladenen zu 1), weil dieser kein maßgeblicher Berufsverband der Hebammen und kein Verband der von Hebammen geleiteten Einrichtungen ist. Der Beigeladene zu 1) ist zwar ein Berufsverband. Die Bildung von Berufsverbänden unterfällt der in Art. 9 GG geschützten Vereinigungsfreiheit. Für die Frage, ob der Beigeladene zu 1) ein Berufsverband der Hebammen ist, kommt es deswegen entscheidend auf das Selbstverständnis des Beigeladenen zu 1). Dieses ist insbesondere in der Satzung zum Ausdruck gekommen. Nach § 2 der Satzung des Beigeladenen zu 1) versteht er sich als Berufsverband der Hebammen, die unter anerkannten Bedingungen konsequent bedürfnisorientierte Hebammenhilfe mit entsprechender Geburtshilfe im Umfeld der Familie leisten. Er will die wirtschaftlichen und politischen Interessen von Hausgeburtshebammen durch Öffentlichkeitsarbeit vertreten, Verhandlungspartner für Vertragsabschlüsse mit Krankenkassen sein und Experten vermitteln, insbesondere für Anhörungen im Bundestag. Damit will der Beigeladene zu 1) die typischen Aufgaben eines Berufsverbandes wahrnehmen, nämlich die beruflichen Interessen seiner Mitglieder gegenüber der Öffentlichkeit und den Vertragspartnern vertreten. Die Anerkennung als Berufsverband scheitert auch nicht daran, dass die Beigeladene zu 1) Hebammen nur in einem bestimmten Teil des Berufsfeldes, im Rahmen der hausgeburtlichen Tätigkeit, vertreten will. Zur Freiheit der Berufswahl gehört es nämlich, die eigene Erwerbstätigkeit auf bestimmte Formen der Berufsausübung zu beschränken. Entsprechend muss es möglich sein, einen Verband für bestimmte Ausübungsformen eines Berufs zu gründen, ohne damit die Anerkennung als Berufsverband zu gefährden. Der Senat verweist dazu auf die Beigeladene zu 2), die sich nach ihrem Selbstverständnis auf die Vertretung der Interessen freiberuflicher Hebammen beschränkt, obwohl zum Berufsbild der Hebammen auch eine Tätigkeit als angestellte Hebamme gehört, ohne dass deswegen die Einordnung der Beigeladenen zu 2) als Berufsverband in Frage stehen würde.

Der Beigeladene zu 1) ist zwar ein Berufsverband der Hebammen, gehört aber nicht zu den maßgeblichen Berufsverbänden, so dass er aus diesem Grund nicht als Vertragspartei im Sinne des § 134a Abs. 1 SGB V anerkannt werden kann. Nach Auffassung des Senats kommt es für die Frage, ob ein Verband im Sinne des § 134a SGB V als maßgeblicher Berufsverband der Hebammen anerkannt werden kann, nicht wesentlich auf den Inhalt der für einen ganz anderen Bereich erlassenen Patientenbeteiligungsverordnung an. Vielmehr müssen die Voraussetzungen vor dem Hintergrund der den maßgeblichen Berufsverbänden durch das Gesetz übertragenen Aufgaben und Funktionen und unter Berücksichtigung der sich aus der bisherigen Vertragspraxis ergebenden Gebräuche bestimmt werden.

Unmittelbar aus dem Gesetz lässt sich ableiten, dass ein Berufsverband zunächst einen gewissen Einfluss in der Öffentlichkeit erlangt haben muss, ehe er nach § 134a SGB V zu den Vertragsverhandlungen hinzuzuziehen ist. Denn seine Maßgeblichkeit muss bereits vor Aufnahme der Verhandlungen mit der Krankenkassenseite vorhanden sein und kann sich daher nur durch Aktivitäten auf den weiteren neben den Vertragsverhandlungen für einen Berufsverband typischen Betätigungsfeldern ergeben haben. Unter Bezugnahme auf die von dem Beigeladenen zu 1) vorgelegte Auflistung seiner Aktivitäten aus den Jahren 2009 bis 2013, deren Wahrheitsgehalt auch von den übrigen Beteiligten nicht in Frage gestellt worden ist, hat der Senat aber keine Zweifel daran, dass es dem Beigeladenen zu 1) bereits gelungen ist, sich in der Öffentlichkeit als berufener Vertreter der Hausgeburtshebammen zu positionieren. Erforderlich für die Anerkennung als maßgeblicher Berufsverband ist aber darüber hinaus, dass der Beigeladene zu 1) eine hinreichende Zahl von Hebammen vertritt wird, für die der nach § 134a SGB V zu schließende Vertrag Geltung erlangen soll. Daran fehlt es vorliegend aber.

Das Erfordernis, eine hinreichende oder maßgebliche Anzahl von Mitgliedern zu vertreten, ergibt sich aus der den Berufsverbänden übertragenen Aufgabe, einen Vertrag mit Wirkung für alle Hebammen abzuschließen, die als freie Hebammen ihre Leistungen für die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen erbringen. Zusammen mit der durch den Zwang zum Einheitsvertrag einhergehenden Wirkung, dass jeder zu den Verhandlungen hinzuziehende Berufsverband das Zustandekommen einer Einigung verhindern kann, erscheint die Repräsentation einer hinreichenden Mindestanzahl von Hebammen durch die vertragsschließenden Verbände unabdingbar. Die Bedeutung eines Verbands ergibt sich nicht nur aus der von ihm betriebenen Öffentlichkeitsarbeit, sondern auch aus seiner Mitgliederzahl. Denn es ist Inhalt der Vereinigungsfreiheit, dass sich die zu repräsentierenden Berufsangehörigen aussuchen können, welcher Verband ihre Interessen vertreten soll. Die Bedeutung eines Verbandes ergibt sich daher auch daraus, wie seine Mitgliederzahl im Vergleich zu anderen Verbänden beschaffen ist, die sich die Vertretung desselben Berufsstandes auf die Fahnen geschrieben haben. Ein Verband, der nur für eine verschwindend geringe Menge von Mitgliedern sprechen kann, ist vor diesem Hintergrund nicht als maßgeblicher Verband im Sinne des § 134a SGB V anzuerkennen.

Der Senat tritt der Rechtsauffassung des Sozialgerichts bei, wonach für die Anerkennung als maßgeblicher Verband jedenfalls nicht mehr als die Repräsentation von 5 % derjenigen Berufsangehörigen verlangt werden kann, für welche der zu schließende Vertrag Geltung erlangen würde. Das steht in Übereinstimmung mit der bisherigen Vertragspraxis. Der nach § 134a SGB V zu schließende Vertrag soll Geltung erlangen für alle frei beruflich tätigen Hebammen, deren Zahl nach den Erkenntnissen des Beklagten zur Zahl der Vertragspartner der Krankenkassen im Jahre 2016 mit 18.032 anzusetzen ist. Von diesen vertritt die Beigeladene zu 2), deren Anerkennung als maßgeblicher Berufsverband unangefochten ist, mit 1.000 Hebammen gut 5 %. Über diesen Bereich hinaus darf daher die Grenze für die als hinreichend anzuerkennende Repräsentation nicht gesetzt werden. Der Beigeladene zu 1) vertritt nach seinem eigenen Vorbringen aber nur 165 Hebammen. Damit liegt er weit unterhalb der 5 % Grenze, jedenfalls wenn man diese auf die Gesamtzahl der freiberuflich tätigen Hebammen von etwa 18.000 bezieht.

Entgegen den Vorstellungen des Beigeladenen zu 1) kann sich eine hinreichende Repräsentation der durch den Vertrag potenziell betroffenen Hebammen auch nicht dadurch ergeben, dass er sich auf die Vertretung der Hausgeburtshebammen beschränkt. Der Beigeladene zu 1) gibt die Zahl der Hausgeburtshebammen mit höchstens 500 an, von denen er 133 zu seinen Mitgliedern zählt. Für die Richtigkeit der Angaben zur Zahl der Hausgeburtshebammen spricht zwar, dass das LSG Niedersachsen-Bremen sie in seinem Urteil vom 21. Mai 2014 – L 4 KR 259/11 für nachvollziehbar gehalten hat. Der Senat sieht aber Veranlassung darauf hinzuweisen, dass es nach § 134a SGB V Aufgabe der Berufsverbände ist, vertragliche Regelungen für alle das Berufsfeld der Hebammen betreffenden Bereiche mitzugestalten. Das spricht dagegen, den Maßstab der Erheblichkeit nach solchen Hebammen auszurichten, die nur in einem bestimmten Teilbereich des Berufs arbeiten, hier nach denjenigen Hebammen, die sich im Sinne des Selbstverständnisses des Beigeladenen zu 1) überwiegend der Betreuung von Hausgeburten widmen. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn in der bisherigen Vertragspraxis oder den gesetzlichen Vorgaben dazu Anhaltspunkte dafür zu finden wären, dass es eine auf bestimmte Teilbereiche der Berufsausübung beschränkte Sonderzuständigkeit für einzelne Berufsverbände gibt und die Beteiligungsrechte des betroffenen Berufsverbandes entsprechend beschränkt werden. So ist die Situation aber nur für die Geburtshäuser. Die Verbände der von Hebammen geleiteten Einrichtungen werden in § 134a Abs. 1 SGB V ausdrücklich als vertragsschließende Parteien genannt. Es gibt zudem in der Vertragspraxis einen Ergänzungsvertrag betreffend die von Hebammen geleiteten Einrichtungen, den sog. Geburtshausvertrag. Allein bei diesem Vertrag ist der Beigeladene zu 3) Vertragspartner.

In Bezug auf die Hausgeburten ist die tatsächliche Vertragspraxis eine andere und es fehlen auch entsprechende gesetzliche Vorgaben. Es gibt keinen besonderen Vertrag über Hausgeburten, bei dem der Beigeladene zu 1) als Vertragspartner auftreten könnte. Zwar gibt es Vergütungspositionen, die nur bei einer Geburt im häuslichen Umfeld abrechenbar sind. Deren Abrechenbarkeit setzt aber nicht voraus, dass eine besondere berufliche Spezialisierung der Hebamme auf Hausgeburten erfolgt ist. Auch das Gesetz nennt nicht ausdrücklich solche Verbände als Vertragspartner, die sich speziell der Förderung von Hausgeburten widmen. Dem Gesetz ist zudem nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass es Hausgeburten durch solche Regelungen und Gebührenpositionen fördern will, die speziell für diejenigen Hebammen gelten, die sich ausschließlich oder doch weit überwiegend diesem Teilbereich der Hebammentätigkeit widmen. Zwar sieht § 134a Abs. 1b SGB V die Schaffung von Sonderleistungen für Hebammen vor, die Geburtshilfe leisten, und in § 134a Abs. 1c SGB V wird die Vereinbarung von Sonderzuschlägen vorgegeben für Hausgeburten, außerklinische Geburten in von Hebammen geleiteten Einrichtungen und Geburten durch Beleghebammen in einer Eins-zu-eins Betreuung ohne Schichtdienst. Der Gesetzgeber erkennt damit aber nur die Gruppe der Hebammen, die (auch) Leistungen der eigentlichen Geburtshilfe erbringen, als relevante Sondergruppe an, nicht aber diejenigen Hebammen, die ausschließlich oder überwiegend im Rahmen von Hausgeburten Geburtshilfe leisten. Auch den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass es dem Gesetzgeber um die Förderung und Sicherstellung der Geburtshilfe (auch) durch freiberufliche Hebammen geht, nicht aber um die Initiierung und Förderung eines Berufskreises von Hebammen, die ausschließlich im Rahmen von Hausgeburten tätig werden (BT-Drucks 18/1657, S. 64). Es gibt deswegen keine Grundlage für die Annahme, dass der Gesetzgeber den Vertragsparteien nach § 134a SGB V die Vorgabe machen wollte, einen Vertrag speziell für Hebammen zu schließen, die im Wesentlichen nur bei Hausgeburten tätig werden.

Für die danach nach den gesetzlichen Vorgaben allein anzuerkennende Sondergruppe derjenigen freiberuflichen Hebammen, die auch Geburtshilfe leisten, reicht die Mitgliederzahl des Beigeladenen zu 1) nicht aus, um eine erhebliche Repräsentation anzuerkennen. Nach den Zahlen des Beklagten haben im Jahre 2016 von den insgesamt 18.032 Hebammen, die Vertragspartner der Krankenkassen sind, 5.248 Leistungen der Geburtshilfe erbracht. Wenn der Beigeladene zu 1) von diesen nur 165 zu seinen Mitgliedern zählen kann, ist das offensichtlich zu wenig, um eine in der Nähe von 5 % liegende Vertretungsquote begründen zu können. Anhaltspunkte dafür, dass sich die zugrunde liegenden Zahlen in der Zwischenzeit erheblich geändert hätten, gibt es nicht. Danach hat der Kläger das Recht, von dem Beklagten, der zu den Vertragsverhandlungen eingeladen hatte, den Ausschluss des Beigeladenen zu 1) zu verlangen.

Auch die Widerklage des Beigeladenen zu 1) hat keinen Erfolg. Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob die erst im Berufungsverfahren erhobene Widerklage zulässig ist. Jedenfalls ist sie nach dem oben bereits Ausgeführtem offensichtlich unbegründet. Der Beigeladene zu 1) hat kein Recht darauf, dass der Beklagten mit ihm in Vertragsverhandlungen zum Abschluss eines Vertrags über die Versorgung mit Hebammenhilfe nach § 134a Abs. 1 Satz 1 SGB V nebst seinen Anlagen eintritt.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG iVm § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2) und 3) sind nicht erstattungsfähig, da diese im Berufungsverfahren keine Anträge in der Sache gestellt haben.

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen. Die aufgeworfenen Rechtsfragen nach den Voraussetzungen eines maßgeblichen Berufsverbands im Sinne des § 134a SGB V sowie Inhalt und Reichweite des Rechts auf Vertragsverhandlungen aus § 134a SGB V sind höchstrichterlich bisher nicht entschieden.
Rechtskraft
Aus
Saved